Die tektonische Stellung von Hochwipfelfazies und

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Die tektonische
Stellung von Hochwipfelfazies und
Naßfeldfazies des Karbons der Karnischen Alpen
Von
Franz H eritsch (Graz)
(Mit 4 Textfiguren)
(V orgelegt in der Sitzung am 17. Oktober 1929)
Die folgenden Zeilen nehm en direkt B ezug auf meine A us­
einandersetzungen in den Sitzungsberichten der W iener Akadem ie
der W issenschaften 1928. W ichtige, im Som m er des Jahres 1929
gem achte B eobachtungen sind das auslösende Moment für die vor­
liegende Studie.
I.
Grundlegend für die folgenden A useinandersetzungen ist die
U nterscheidung der Naßfeldfazies und Hochwipfelfazies des Karbons.
Dabei steigt die F r a g e n a c h d e m A lte r d e r e in e n F a z i e s
au f — das Alter der Naßfeldfazies ist eine abgeschlossene Sache.
Im Jahre 1927 habe ich aus dem Gebiete der Hochwipfel­
fazies eine F au n a der C ora-Schichten beschrieben. Damit w ar der
N achw eis der Einstellung dieser versteinerungsführenden Schichten
in das höhere O berkarbon erbracht. Der A nw endung dieser Alters­
bestim m ung au f die G esam theit oder einen größeren Teil der
Hochwipfelfazies stehen aber bedeutende H indernisse entgegen.
Größere, nach der G ew innung der F auna an der Fundstätte statt­
gehabte Abräum ungen, welche durch die Erhaltungsarbeiten an der
Naßfeldstraße bedingt waren, ergaben, daß mit den fossilführenden
Lagen sowohl Q uarzkonglom erate als auch dunkle Kalke nach der
Art der Fusulinenkalke verbunden sind. Dieser Befund hat anläß­
lich der E xkursion der D eutschen Geologischen Gesellschaft im
H erbst 1928 die sehr lebhaft diskutierte Frage bedingt, ob es sich
da nicht um eine schuppenartige Einschaltung der Naßfeldfazies
handle. Im besonderen haben einige der reichsdeutschen Kollegen —
voran G. P. K r a u s e aus Berlin — im m er w ieder betont, daß die
Gesteine der H ochwipfelfazies m ehr m etam orph seien als die Ge­
steine der Naßfeldfazies. Der Unterschied in der M etamorphose
besteht zweifellos und es kann daher gesagt w erden, daß sicher
für die große H auptm asse der Gesteine der Hochwipfelfazies die
Einreihung in die Cora-Schichten nicht berechtigt ist.
Von sonstigen tierischen Resten ist mir bisher aus der Hochw'ipfelfazies nichts bekannt gew orden als einige bei der erw ähnten
E xkursion der D eutschen Geologischen Gesellschaft im Angertal
nahe dem Plöckenhaus gefundene Krinoidenstielglieder.
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W as sagen nun die seit langer Zeit bekanntgew ordenen
Pflanzenreste aus? V in a s s a d e R e g n y hat 1906 von der Forcella
M oraret Pflanzenfunde bekanntgem acht:
Neurodontopteris auriculata, C alam ites Cisti.
Nach seiner Darstellung liegen diese karbonischen Schichten
über Graptolithenschiefern; das A nstehen der letzteren ist allerdings
später von den Italienern bestritten worden.
G o r ta n i führt 1906 von der Törlhöhe (Cima di Val Puartis)
Calamites Cisti
und Sigillaria B ra rd i
im Verein mit Fusulinen und einer F auna des oberen Oberkarbons
an.Der ganzen Lage an Ort und Stelle nach kann
es sich nur
um die Na.ßfeldfazies handeln.
Von dem Fundpunkt C hianaletta bei Collina nennt G o r ta n i 1910
C alamites Cisti und Lepidostrobus cf. Geinitzianus.
Bei allen diesen F undpunkten w ird man aus dem Calamites
Cisti nicht gerade auf oberes O berkarbon schließen.
Vom Pic Chiadin wird
C alamites Cisti, Sphenophyllum cuneifolium und
Lepidophyll. trigem inm n
angegeben, w oraus man auf tieferes Oberkarbon schließen muß.
Die von K ü p p e r vom T om ritschrücken (1927) genannten
Pflanzenreste will ich nicht anführen, da es zu unsicher ist, ob sie
der Naßfeldfazies oder der Hochwipfelfazies angehören.
W enn wir die von V i n a s s a de R e g n y und G o r ta n i ange­
gebenen Pflanzen überblicken, dann wird es klar, d a ß e s s ic h
u m d a s N a m u r ie n h a n d e lt.
S c h w i n n e r hat (1927) daran festgehalten, daß in den Karni­
schen Alpen auch das U nterkarbon vertreten sei; er denkt dabei
im mer an eine V ertretung der Schichten von Nötsch. Bisher ist es
aber nicht geglückt, etw as zu finden, w as diesem prächtigen U nter­
karbon vergleichbar wäre.
Das V orhandensein von Kulm hat G. P. K r a u s e — gleichsam
in W eiterführung der Vorstellungen von Fritz F r e c h —■ mit
Energie betont und sich (1906, 1928) auf Funde von A stero calam ites scrobiculatus gestützt. Direktor J o n g m a n n s aus Heerlen,
dem ich zahlreiche, der Geologischen B undesanstalt gehörige
Pflanzenreste aus den fraglichen Schichten zeigte, sagte mir, daß
keiner derselben eine Bestimm ung als Asterocalam ites scrobiculatus
erlaube, — diese Pflanzenreste sind wesentlich besser erhalten als
jene, w elche V in a s s a de R e g n y 1906 von der Forcella M oraret
abgebildet hat — und daß auch die von K r a u s e 1928 abgebildeten
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Hochwipfelfazies
Naßfeldfazies
des Kunter
arbons
der K arnischen Alpen.
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Reste, sow eit es die A bbildung zu sagen ermöglicht, nicht mit
Sicherheit auf die genannte Art zu beziehen sind.
Daß K ü p p e r seine »M authener Schiefer« in einen unterkarbonischen Anteil mit Asterocalam ites scrobiculatus und einen
oberkarbonischen Teil mit N eurodontopteris auriculatci getrennt
hat, habe ich 1928 angeführt, ebenso auch, daß er in den Kulm
■die Gesteine mit den Kieselschieferbreccien stellt.
Ich habe dazu (1928, p. 336) geschrieben: »Den Nachw eis
allerdings, wo diese beiden durch eine D iskordanz getrennten Ab­
teilungen übereinanderliegen, ist K ü p p e r schuldig geblieben«.
Auch G o r t a n i legt sich 1921 die Frage der zw ei Dis­
kordanzen vor; denn m an m üßte sie angesichts der Stratigraphie
der Naßfeldfazies fordern, um die T rennung von transgredierenden
hohem O berkarbon einerseits und U nterkarbon beziehungsw eise
tieferem Oberkarbon andererseits zu erhalten. G o r t a n i hat dann
einen A usw eg mit der Annahme beschritten, daß ein Teil der
T ransgression unter die Cora-Schichten, vielleicht bis in das höchste
U nterkarbon herabreiche.
II.
E s ist nun die Frage, ob die Schichtenfolge, welche auf der
Südseite des Karnischen H auptkam m es von den Italienern als eine
geschlossene G esteinsserie des Oberkarbons ausgeschieden worden
ist, w i r k l i c h n u r O b e r k a r b o n ist.
Die oft in der italienischen L iteratur w iederkehrende Be­
hauptung des oberkarbonischen Alters dieses Gesteinskom plexes
ist allein schon durch die seit langer Zeit bekannten G r a p to lith e n s c h i e f e r v o n S a n C r is to di T im a u widerlegt. Diese Graptolithenschiefer haben ein bem erkensw ertes literarisches Schicksal gehabt.
Sie wraren im Verein mit anderen Graptolithenfunden seinerzeit der
Anlaß, daß die ganze Schieferserie von T a r a m e l l i und G e y e r —
im Gegensatz zu F r e c h — für Silur erklärt wurde. Als dann
G o r ta n i und V in a s s a de R e g n y es als eine sichere Tatsache
erkannt zu haben glaubten, daß die gesam ten Schiefer der S üd­
seite der Karnischen Alpen Karbon seien, w urde das Vorkommen
von San Cristo di T im au zu einem erratischen degradiert. Später
aber stieg es in der Darstellung auf Blatt P ontebba der Carta
geologica delle tre Venezie w ieder zur W ürde des A nstehenden
auf; in seiner tektonischen Stellung ist es nach dieser Karte nur
als eine Schuppe im Karbon der Hochwipfelfazies zu werten.
Damit ist aber auch die Vorstellung vom alleinigen k a n o n i­
schen Alter der Schiefer auf der Südseite der Karnischen Alpen
durchbrochen.
Dasselbe gilt auch für die Graptolithenschiefer von der Forcella Moraret, welche ich vor kurzem (1929) beschrieben habe.
Gerade das von V in a s s a de R e g n y hervorgehobene N ebeneinander
von Graptolithenschiefern und Karbonpflanzen spricht für die
Analogie mit dem Profil des Nölbinggrabens, das ich 1928
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beschrieben habe. W ichtig ist auch das P ro fil z w is c h e n d em
K o k b e r g u n d d em S c h ö n w ip f e l (Cima bella). U nter der von
mir 1929 nam haft gem achten silurischen Schichtenfolge des Kokberges liegt eine breite Zone von Karbon, in w elche ein breites
Band von Kieselschiefern und Lyditen eingeschaltet ist — also
auch Silur im Karbon der Hochwipfelfazies.
W ir sehen daher auch auf der Südseite des Karnischen
H auptkam m es einen Schuppenbau, dieselbe E rscheinung wie auf
der Nordseite — darauf habe ich 1928 ausgiebig und auch all­
gem ein (besonders p. 318) hingew’iesen.
Gerade die Profile durch die Hochwipfelfazies sind durch
eine besonders enge S chuppenstruktur ausgezeichnet und diese
B auart ist sehr wohl im stande, die D iskordanz zw ischen dem Alt­
paläozoikum und dem Karbon der Hochwipfelfazies zu verhüllen
und scheinbar abzuschw ächen. Das habe ich 1928 festgestellt und
füge hinzu, daß diese Diskordanz ganz im allgem einen sehr viel
geringer ist als jene zw ischen dem Altpaläozoikum und der Naß­
feldfazies (dazu G a e r tn e r , 1927).
III.
Die beiden italienischen Geologen G o r ta n i und V in a s s a d e
R e g n y nahm en an, der transgredierende Karbon lege sich über
Kl.Pal
Fig. 1.
1=
Schiefer des Caradoc und Tonflaserkalk.
2 = Kokkalk.
3 = Rote Kalke.
4 = Megaeraschichten.
5=
6=
Plattenkalke des
cy.
Devonkalke.
7 = Clymenienkalk.
8 = Karbon des Hochwipfelfazies.
die abgetragenen Falten des A ltpaläozoikum s wie ein M antel; das
A ltpaläozoikum trete in der Form der Ellisoidi oder der Antiklinalen
aus dem Karbon heraus, wo die Abtragung eben tief genug greife.
Ich brauche g e g e n diese Anschauung, gegen w elche auch der
hohe Grad der D urchbew egung der Gesteine der Hochwipfelfazies
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Hochwipfelfazies
Naßfeldfazies
des Kunter
arbons
der K arnischen Alpen.
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spricht, und fü r den herrschenden Baustil der S chuppenstruktur
und der Schubm assen nur das oft und zuletzt von mir 1928 er­
örterte Profil des Seekopfsockels anführen.
E s gibt zweifellos tektonische Form en in den K arnischen
Alpen, welche einem Ellissoid ähnlich sehen — wie z. B. die F a l t e
d e s F r e i k o f e ls . Aber gerade diese Falte ändert sich im Streichen
und verw eise diesbezüglich au f das in der Fig. 1 dargestellte Profil
des Kleinen Pal, das ich zusam m en mit Dr. H. R. v. G a e r t n e r
aufgenom m en habe. Ich bem erke noch dazu, daß die K artendarstel­
lung, welche G o r ta n i vom Kleinen Pal gegeben hat (Carta geol.
delle tre Venezie, Blatt Pontebba) sowohl hinsichtlich der Strati­
graphie als auch bezüglich der tektonischen Stellung des Karbons
gänzlich verfehlt ist.
P.1844
a = Hochwipfelfazies
Rote Netzkalke.
12 =
Die anderen Nummern siehe Text.
In derselben Karte hat G o r ta n i ein schönes Ellissoid am
P o lu d n i g in den östlichen Karnischen Alpen gezeichnet und in
einem Profil in den Begleitworten zu dieser Karte dargestellt.
Ich fand dagegen am Poludnig Verhältnisse, w elche keines­
w egs einem Ellissoid entsprechen. Die entscheidende Stellung nimmt
das Karbon der Hochwipfelfazies ein, welches nach der Darstellung
von G o r ta n i über dem Altpaläozoikum transgrediert. Meine folgen­
den A useinandersetzungen w erden aber zeigen, daß die Tektonik
w esentlich anders ist.
N ordöstlich unter dem Gipfel des Poludnig liegt auf 1709 m
H öhe eine größere Zahl von A lm häusern (Poludnigalm). E tw a
300 Schritte östlich der A lm häuser hat m an auf dem vom Poludnig
in Bogen herabziehenden Kam ein Kreuz, P. 1730. Von diesem
K reuz führt ein W eg zuerst auf der Ost- und dann auf der Süd­
ostflanke des Rückens, der vom Poludnig herabzieht. Auf diesem
Rücken liegt genau südlich der Poludnigalpe der P. 1844.
G o r ta n i zeichnet nun auf seiner Karte die V erhältnisse derart,
daß eine Serie vom Caradoc bis zum Obersilur den Kern eines
Ellissoides bildet und daß im Gebiete des P. 1730 das Karbon
über das Altpaläozoikum übergreift. Tatsächlich sind die Verhältnisse
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aber derart, daß dieses Karbon in die altpaläozoische Schicht­
folge parallel eingeschlichtet ist.
Von der Alpe P. 1709 bis zum Kreuz P. 1730 zieht das
Karbon mit einem durchschnittlichen Fallen von 40 Graden gegen
Süden durch — so wie auch die ganze nun zur Beschreibung
kom m ende Schichtenfolge gegen Süden einfällt (siehe die T e x t­
figur 2). Dieses Karbon liegt auf einem nördlichen Zug von Devon­
kalken, der etw as gebändert ist. Auf dem W eg vom P. 1730 gegen
•den P. 1844 liegen über dem W eg sehr gut aufgeschlossen, mit
einem im mer steiler gegen Süden gerichteten Einfallen, die folgen­
den Schichten:
1. Ein sehr schm aler Streifen von grünlichen Schiefern des
Caradoc.
2. Kieselschiefer und Lydit in 20 m Mächtigkeit
3. Eine einen halben Meter m ächtige Bank von blauem Kalk.
4. Kieselschiefer in 20 m Mächtigkeit.
5. Eine schm ale Lage von schw arzen Schiefern, welche
gleich sind den Trilobitenschiefern des W olaier Gebietes.
6. Blaue Kalke in 25 m M ächtigkeit; das sind die Kokkalke
und das Cardiolaniveau.
7. Gelbe Flaserkalke des eß.
8. Blaue Kalke mit etw as Hornstein, 20 m m ächtig; das sind
die Schichten des e*(, welche mit einem Fallen von
80 Graden gegen Süden über den P. 1840 ziehen und
40 m m ächtig sind.
9. Rote N etzkalke — w enn sie Silur sind, dann w äre es
eine Schuppe; es ist aber nicht ausgeschlossen, daß es
sich um Devon handelt. In diesen Gesteinen kom m t man
auf dem W eg um die Ecke knapp unter dem P. 1845.
10. Grünlicher Schiefer des Caradoc.
11. Dunkle Kokkalke in senkrechter Aufrichtung (mit einem
Versuchsstollen auf M anganerz wie am Kokberg).
Ich brauche im Hinblick auf meine D arstellung der Schichten­
folge des Kokberges (1929) wohl nicht zu erwähnen, daß es sich
hier um ein ausgezeichnetes Silurprofil handelt.
Aus dem Profil geht aber mit Klarheit hervor, daß es sich
hier nicht um den Kern eines Ellissoides handeln kann, sondern
daß eine Schuppenstruktur vorliegt, w elche eine nördliche, unter die
Schuppen einfallende D evonkalkzone von einer südlichen, am S ü d ­
abfall des Poludnig aufsteigende Devonkalkzone trennt.
IV
E ntscheidend aber für den ganzen Komplex der Fragen sind
d ie B e o b a c h t u n g e n b e i d e r B is c h o f a lm . Diese Alm (siehe
dazu den touristischen Führer durch die Karnischen Alpen von
P ic h l) ist die Kurnikalm der älteren Ausgabe der österreichischen
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Hochwipfelfazies
Naßfeldfazies
des Kunter
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der K arnischen Alpen.
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Spezialkarte, auf w elche die geologische Karte von G e y e r gedruckt
ist, und entspricht der oberen italienischen Skarnitzalm der neueren,
farbigen Ausgabe der österreichischen Spezialkarte.
Das System der steil gegen Süden fallenden Schuppen oder
Schubm assen, wrelche m an im K r o n h o f g r a b e n verquert, zu
schildern, hat für die vorliegende Frage keinen Zw eck — um so
weniger, als es von G e y e r (1895, p. 7 4 ff.) tektonisch richtig dar­
gestellt w urde; nur die A ltersbestim m ungen G e y e r ’s sind teilweise
zu ändern.
Das Devon des Feldkogelzuges, in w elchen hier Graptolithenschiefer eingepreßt sind, w ird von Karbon der Hochwipfelfazies
überlagert; das ist zum Teil schon jene Zone, in w elcher im
Nölblinggraben der Schuppenbau aufgeschlossen ist. Ü ber dem
Karbon liegen rote und graue Flaserkalke (wohl Devon), w elche
Fig. 3.
a = Rücken des Colondiaul.
b = Bischofalm.
c — Mittlere italienische Skarnitzalpe.
1=
2=
3=
4 =
Kieselschiefer und Lydit.
Altpaläozoische Kalke.
Hochwipfelfazies.
Naßfeldfazies.
im Graben vor der U nteren Frondellalpe durchziehen. D arüber liegt
w ieder Karbon der Hochwipfelfazies.
Das H angende sind neuerdings rote Kalke (Silur?). Diesem
Kalkzug, der bei der D eutsch-Skarnitzalpe und der U nteren K urnikalpe durchzieht, gehören auch Kalke an, in w elche die Italiener
Clymenien gefunden haben. Die Kalke ziehen im östlichen T al­
gehänge aufw ärts und bilden den Rücken, w elcher die Mittlere von
der Oberen italienischen Skarnitzalpe (das ist die Bischofalpe) trennt;
sie werden wieder von Karbon der Hochwipfelfazies überlagert,
welches vom Tal herauf in das Kar zw ischen dem Hohen Trieb
(Cuest alta) und dem oben erwähnten Rücken zieht. D arüber liegen
die sehr steil gegen Süden fallenden altpaläozoischen Kalke des
Hohen Trieb. Der Karbonstreifen ist aber durchaus nicht etw a ein­
fach nur eine Synklinale oder ein normal gebauter Hangendteil
einer Schuppe oder Schubm asse; denn es tritt m itten im Karbon
eine Lage von fürchterlich zertrüm m ertem Lydit und Kieselschiefer
au f — eine Parallele zu den früher vom Profil nördlich des Kokberges geschilderten Verhältnissen.
S i t z u n g s b e r i c h t e d. m a t h e m . - n a t u n v . K l . , Ab t. I, 138. B d ., 8. H eft.
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W enn man aus dem erw ähnten Kar, an dessen A usgang die
Mittlere italienische Skarnitzalpe steht, zur Bischofalm geht, dann
tritt m an aus dem Karbon in den K alkzug der D eutsch-Skarnitzalpe ein, dessen Hangendteile aus Clym enienkalken bestehen. Die
Gliederung der in einem Schützengraben ausgezeichnet auf­
geschlossenen, m ächtigen Kalke muß erst versucht w erden; jeden­
falls ist das eine klar, daß in die Kalke von unten her Kiesel­
schiefer und Lydite eingequetscht sind und daß diese Erscheinung
in dunkelgrauen Kalken (wohl Silur) geschieht. W elche Stellung die
an m ehreren Stellen vorhandenen Flaserkalke haben, ist noch ganz
unsicher. Am Nordrand des Kalkzuges, wo sich schon der Blick
auf die Bischofalm öffnet, liegt unter den Kalken ein Band von
Kieselschiefern und Lyditen, welche auf das Karbon der Hochwipfel­
fazies bei der Bischofalm überschoben, beziehungsw eise an dasselbe
an einer steilen Bewegungsfläche angepreßt sind.
Aufschluß nördlich der Bisehofalm, 10 m lang.
1 = altpaläozoischer Kalk
2 = Naßfeldfazies.
Der muldenförmige, schöne Boden der Bischofalm ist in das
H ochwipfelkarbon eingeschnitten, das gelegentlich auch sehr steiles
Nordfallen zeigt.
B esonders wichtig sind die A ufschlüsse an dem W eg von der
B i s c h o f a l p e zum P. 1728 auf C o le n d ia u l. Von der H ütte w eg
geht man zu erst über H ochwipfelkarbon; dieses liegt transgressiv
auf den Netzkalken und Flaserkalken, welche von der unteren
Frondellalpe im östlichen Gehänge des K ronhofgrabens heraufziehen.
Die Kalke sow ohl als auch das Karbon der Hochwipfelfazies sind
sehr steil aufgerichtet und die Schiefer sind stark gefaltet.
Der W eg führt auf die Höhe des R ückens nördlich der Bischof­
alm. Genau nordnordöstlich von der Bischofalm hat man über Devon­
kalken, deren Streichen Nord 60 W est beträgt und deren Fallen sehr
steil gegen S üdsüdw esten gerichtet ist, norm al aufgelagert und nur
auf eine kleine Strecke durch eine Störung getrennt, Sandsteine und
T onschiefer der Naßfeldfazies mit einem Streichen in Ost—W est und
einem unter 10 bis 20° gegen S gerichteten Fallen (siehe Fig. 4).
Genau östlich von der Bischofalm stechen an dem im Gehänge
führenden W ege Lydite und Kieselschiefer, welche mit den Schiefern
der Hochwipfelfazies parallel gepreßt sind, von unten her durch und
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H ochw ipfelfazies
Naßfeldfazies
des Kunter
arbons
der K arnischen Alpen.
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sind am W eg aufgeschlossen. Am Kamm über dieser Stelle liegt
keine Naßfeldfazies. Das, w as davon über den Kalken liegt, ist also
nur ein kleiner, von der H auptm asse getrennter Lappen, den die
A btragung verschont hat.
In großer und w eiter V erbreitung liegt die Naßfeldfazies erst
in dem flachen Sattel des Colendiaul, am P. 1728.
Man kann also in der Um gebung der Bischofalm d a s S y s te m
A l t p a l ä o z o i k u m p lu s H o c h w i p f e l k a r b o n , w e lc h e b e id e s t e i l
a u f g e r i c h t e t s in d , v o n d em f l a c h g e la g e r te n , t r a n s g r e s s i v
d a r ü b e r g r e if e n d e n K a r b o n d e r N a ß f e l d f a z i e s t r e n n e n .
Ich muß nun, um das Verdienst, das sich Georg G e y e r um
die Geologie der K arnischen Alpen erw orben hat, ins rechte Licht
zu setzen, das anführen, w as dieser Forscher 1895 (p. 87) über diese
Verhältnisse geschrieben hat — er w ar ja der einzige Geologe, der
den G rundzug Karnischen Baues richtig erkannt hat. E r sagt, daß
sich die oberkarbonische T ransgression von Osten bis au f den Rücken
fortsetze, der den Hohen Trieb mit dem Zoller verbindet. »Gerade
in dieser Region, wo die transgredierende Decke durch Denudation
auf eine geringe M ächtigkeit zusam m engeschrum pft ist, läßt sich in
den tiefer einschneidenden Hohlformen des Reliefs das Übergreifen
des söhlig gelagerten Oberkarbons über den saigeren Tonschiefer
und N etzkalk der Silurformation beobachten.« Die m oderne Forschung
hat eigentlich n ur das eine erkannt, daß diese Tonschiefer zum
größten Teil dem H ochwipfelkarbon angehören.
Genau dieselben Verhältnisse sieht man, w enn man vom tiefsten
Punkt des C o l e n d i a u l r ü c k e n s gegen das C o l e n d i a u l t ö r l geht.
Man kom m t aus dem flachliegenden Naßfeldkarbon in das steil
aufgerichtete Hochwipfelkarbon, in w elches auch hier Lagen von
obersilurischen Kieselschiefern und Lj^diten eingelagert sind (in der
Mulde, wo der W eg von P. 1728 gegen Südosten mit dem m arkierten
W eg, der direkt von der Bischofalm heraufzieht, zusam m entrifft;
dann am W eg vom Colendiaultörl gegen den Zöllner See 180 Schritte
von der österreichischen Stellung beim Golendiaultörl entfernt).
Vom Findenigkofel (Monte Lodin) hat V i n a s s a d e R e g n y
1908 ein zum Teil richtiges Profil gegeben. Leider hat er die Platten­
kalke des ey, die roten Kalke des eß und die schw arzen Kokkalke
nich voneinander getrennt; die hellen Kalke des österreichischen
Abfalles des Findenigkofels gehören in das Devon. Ferner hat
V i n a s s a d e R e g n y in seinem Profil nicht die Serie des Hoch­
w ipfelkarbons von den Graptolithenschiefern getrennt. Trotzdem ist
die H auptauffassung des Profiles richtig; denn die Graptolithenschiefer, die altpaläozoischen Kalke und das Hochwipfelkarbon
bilden eine enggepreßte Schuppen- und Faltenzone, deren Fallen
auf der österreichischen Seite gegen Süden gerichtet ist, und darüber
liegt im N ordhang transgressiv das flach gegen Norden fallende
Karbon der Naßfeldfazies.
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V.
In m einer A bhandlung von 1928 habe ich auf die Schw ierig­
keiten hingewiesen, w elche sich — bei der Annahme der zeitlichen
A ltersäquivalenz — aus den derzeit bestehenden B eziehungen der
Hochwipfelfazies zur Naßfeldfazies ergeben (p. 330, 331). Ich habe
(p. 331) das Profil von G o r ta n i von der Creta rossa zur Nölblinger
H öhe w iedergegeben und die zw ei einzigen Möglichkeiten der E r­
klärung — Deckscholle oder stratigraphische V erknüpfung — an ­
geführt. Im Sinne der stratigraphischen Auffassung der Italiener vom
Alter des Hochwipfelkarbons schien die tektonische Lösung die
wahrscheinlichere zu sein.
Dann habe ich in derselben Abhandlung (1928, p. 337, 338)
die drei Möglichkeiten für die L ösung der Frage des Karnischen
Gebirgsbaues erörtert und dabei im Auge behalten, daß die Naßfeld­
fazies sam t einem Teil des Altpaläozoilum s eine Deckscholle sei.
Diese L ösung ist ebenso wie die dort als zw eite angeführte
(Naßfeldfazies zw ischen der Hochwipfelfazies abgelagert) nun durch
die neuen Beobachtungen unm öglich gew orden.
W ir haben in den K arnischen Alpen tatsächlich zwei variszische D iskordanzen — von der gering entwickelten takonischen
D iskordanz ist in diesem Z usam m enhang nicht zu reden. Die erste
liegt über dem Altpaläozoikum und ist an vielen Stellen recht
klein (wie z. B. an der berühm ten Stelle am Großen Pal, wo die
Clym enienkalke vom Karbon nur mit einer sehr kleinen V erschieden­
heit überlagert w erden (siehe dazu G a e r tn e r , 1927); diese erste
Diskordanz ist eher sudetisch als bretonisch.
Das Karbon der Hochwipfelfazies und das Altpaläozoikum
ist in einen Falten-, Schuppen- und Schubm assenbau gelegt. Nach
den A ltersverhältnissen des K arbons beider Entw icklungen geschah
das in der asturischen Phase. D arüber liegt die Naßfeldfazies, deren
D iskordanz zum Altpaläzoikum sehr scharf (z. B. Roßkofel), gegen
die Hochwipfelfazies dagegen m eist — w egen der Ähnlichkeit der
übereinanderliegenden Kom plexe — etw as undeutlich oder w enigstens
schw er erkennbar ist, ohne daß sie fehlen würde.
Es scheint mir nun wahrscheinlich zu sein, daß der größere
Teil des Gebirgsbaues schon vor dem Uralien fertig gew esen ist
(dazu G a e r t n e r 1929). Aber es dürfen die späteren Bew egungen
nicht etw a als klein und unbedeutend eingeschätzt w erden; denn
w ir haben eine V ertretung der saalischen Phase in der Diskordanz
üb er den Trogkofelkalken. Daß auch die alpidischen Phasen sich
stark an der H erstellung des heutigen G ebirgsbaues beteiligen,
zeigen die Verhältnisse des Grödener Sandsteines, der in die
Gebiete der Naßfeldfazies eingelagert ist, dann die großen B ew egungen
im Karbonder Naßfeldfazies, die ich 1928 geschildert habe. Alpidisch
ist die große Bewegung, welche die Serie von den Schichten mit
Schw agerina princeps angefangen bis in die T rias in den östlichen
Karnischen Alpen wie eine gew altige Decke gegen Norden b e­
fördert hat.
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d. Wissenschaften
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H och w ip felfazies
N aßfeldfazies
des Kunter
arbons
der K arnischen Alpen.
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Das geologische Bild der Karnischen Alpen ist im Fließen.
Jedes Jah r spendet dieses herrliche Gebirge neue E rkenntnisse und
mit heißer Liebe gedenke ich der herrlichen T age, die ein gütiges
Schicksal mir auch im Jahre 1929 wieder in diesen Bergen beschert
hat. Das sind die T ag e der Erkenntnis, in d e n e n w ir n i c h t g e l e b t
w e r d e n , s o n d e r n le b e n .
V erzeichn is der L iteratur,
auf w elche in dieser Abhandlung Bezug genom m en wurde.
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