Florian Hildebrand - Bayerischer Rundfunk

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Manuskript
radioWissen
SENDUNG: 4.11.2016
9.30 Uhr
AUFNAHME:
STUDIO:
NaTe
Ab 8. Schuljahr
TITEL:
Edwin Hubble Das Rätsel des gestirnten Himmels
AUTOR/IN:
Florian Hildebrand
REDAKTION:
Bernhard Kastner
REGIE:
PERSONEN:
Sprecher (Autor)
Musik
Zuspielungen
Atmo
Besondere Anmerkungen:
ED 25.09.2003, ÜN IQ
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MUSIK: Garattoni “Redshift Suite“ take 2 ab 3.50 CD 85428
KURZ HOCH UND O-TON darüber
O-TON 1 Lesch GdA 9: Was Hubble festgestellt hat, ist, daß die Welt einen Anfang
hat. Hubble hat in meinen Augen die Entdeckung des Jahrhunderts gemacht: das
Universum expandiert.
O-TON 2 Kanitscheider 2: Und das, würde ich mal sagen, war wohl eine der größten Überraschungen, die in der Wissenschaftsgeschichte je verzeichnet worden sind.
MUSIK HOCH UND UNTER AUTOR LEGEN
AUTOR: Viele haben in der Ruhmeshalle der Astronomie einen Platz bekommen.
Die größten sind zweifellos Nikolaus Kopernikus, Johannes Kepler und Galileo Galilei. Neben ihnen steht nun Edwin Powell Hubble. Vor fünfzig Jahren, am 28. September 1953 ist Hubble gestorben, er war der bedeutendste Astronom des 20. Jahrhunderts. Hubble gelang 1929 am Mount-Wilson-Observatorium in Pasadena/Kalifornien eine damals revolutionäre Entdeckung: das Universum dehnt sich aus.
Bis dahin waren die Astronomen der Ansicht gewesen, das Weltall ruhe still in sich
und sei eine Art Riesenblase. Ohne es zu ahnen, legte Hubble seinen beruflichen
Nachfahren ein Ei ins Nest, das sie bis heute nicht ausbrüten können. Auf zwei zentrale Fragen haben die Astronomen keine Antwort: welchen Anfang hat das Weltall
und wie wird es enden? Es kommt noch unbequemer: je weiter die Astronomen in die
Historie des Universum zurück schauen, desto größer werden die Rätsel. Johannes
Schmidt-Burgk, Astronom am Max-Planck-Institut für Radioastronomie an Bonn:
O-TON 3 Schmidt-Burgk 3/16: Im Augenblick sind alle großen Fragen in der Kosmologie offen, denn seit wenigen Jahren wissen wir, dass sich unser bisheriges
kosmologisches Bild überhaupt nicht halten lässt, sondern dass, je mehr man hingucken kann mit neuen Techniken, desto mehr die Erkenntnis wächst, dass die Mehrzahl der Dinge, die es im Universum gibt, bisher noch nicht gesehen worden sind,
deswegen noch nicht verstanden und noch nicht diskutiert.
AUTOR: Der Astronomie geht es da wie anderen Naturwissenschaften. Die Techniken werden immer ausgetüftelter und raffinierter. Mit ihr schauen die Forscher immer
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tiefer in Materie und Prozesse. Dort entdecken sie Dimensionen und Wechselwirkungen, eine nach der anderen, aber sie verstehen sie nicht. Mit einer neuen Erkenntnis
stoßen sie eine Tür auf, aber dahinter finden sie sieben weitere verschlossene Türen.
MUSIK CD Garattoni, „Redshift“ take 4 ab 0.07 KURZ HOCH
ZWISCHENTITEL 1: Rotverschiebung - Edwin Hubble und seine grenzenlose Entdeckung
MUSIK KURZ HOCH UND UNTER SPRECHERIN LEGEN
O-TON 4 Lesch 2b: Hubble hat praktisch das Universum neu erfunden, was heißt
erfunden, er hat es gefunden.
MUSIK KURZ HOCH UND UNTER AUTOR LEGEN
AUTOR: Edwin Hubble, Kind einer Mittelstandsfamilie aus Missouri, interessierte
sich als Junge auch für die Sterne am Himmel, aber lieber boxte er und spielte Basketball. Er studierte an einer der zehn besten Universitäten der USA in Chicago und
zwar Astronomie, Physik und Mathematik, daneben aber auch Chemie, Französisch,
Griechisch und Latein. Im britischen Oxford lernte er zusätzlich die Juristerei und unterrichtete anschließend in einer High School Spanisch und Physik.
GERÄUSCH: vorbeiziehende Sternschnuppe CD 66670 take 74 Version 2
AUTOR: Im August 1914 besuchte er die Jahreskonferenz der Amerikanischen Astronomischen Gesellschaft. Was er da erfuhr, versetze ihn in Staunen: Nebel jenseits
der Milchstraße ruhen nicht, sie schweben durchs All. Das war neu. Man wusste damals weder, was diese Nebel sind noch warum sie sich bewegten. Hubble war davon
so fasziniert, dass er sich hinsetzte und seine Doktorarbeit darüber schrieb.
O-TON 5 Kanitscheider 2: Hubble ist hervorgetreten durch zwei große Entdeckungen; das war das ungeklärte Problem der Nebel, das seit dem 18. Jahrhundert als
ein schwelendes Problem der Naturwissenschaft verstanden worden ist, und das andere war 1929 die Entdeckung der Expansion des Universums. Und das, würde ich
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mal sagen, war wohl eine der größten Überraschungen, die in der Wissenschaftsgeschichte je verzeichnet worden sind
AUTOR: Bernulf Kanitscheider, theoretischer Physiker und Philosoph an der Universität Gießen. Die Fernrohre, die Hubble am Mount-Wilson-Observatorium zur Verfügung hatte, konnten das einfallende Licht der Nebel nicht genügend auflösen, um
genaue Strukturen zu identifizieren. Aber mit verschiedenen technischen Kniffs beim
Photographieren fand er heraus: die rätselhaften Nebel setzen sich aus einer Unzahl
Sterne zusammen. Sie mussten also Galaxien wie die Milchstraße sein. Das war das
Eine.
GERÄUSCH: vorbeiziehende Sternschnuppe CD 66670 take 74 Version 3
AUTOR: Warum aber bewegten sich die Galaxien? Hubble spaltete das Spektrum ihres Lichts und kam darauf, dass es sich in den roten Bereich verschoben hatte. Das
bedeutete, die Lichtwellen wurden auseinandergezogen, gedehnt. Das ist derselbe
sogenannte Doppler-Effekt, wie er auch im Akustischen auftritt:
GERÄUSCH: Sirene nähert und entfernt sich
AUTOR: Das heißt, die in die Länge gezogenen, nach Rot verschobenen Lichtwellen
verrieten, dass sich die Galaxien vom Beobachter entfernten. Hubble schaute noch
genauer hin und fand heraus, dass es dafür ein festes Verhältnis gab. Am 15. März
1929 veröffentlichte er eine Arbeit mit der programmatischen Überschrift „A Relation
between Distance and Radial Velocity among Extra-Galactical Nebulae“, „Eine Beziehung zwischen Entfernung und Radialgeschwindigkeit bei extragalaktischen Nebeln“, und darin steht der zentrale Satz:
MUSIK UNTERLEGEN Redshift take 4 3.56 bis 4.14
ZITAT: Die Ergebnisse zeigen für Nebel mit bekannter Geschwindigkeit eine in etwa
lineare Beziehung zwischen Geschwindigkeit und Entfernung.
MUSIK WEG
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AUTOR: Wenn die Galaxien z.B. doppelt so weit entfernt sind vom Beobachter wie
andere, treibt es sie auch doppelt so schnell auseinander. Alle Galaxien und sonstige
Sternenhaufen sind diesem Gesetz, dem Hubble-Gesetz unterworfen. Hubble
schloss daraus: die Galaxien bewegen sich nicht im Raum, sondern der Raum dehnt
sich und mit ihm alles, was drin steckt. Das ist vergleichbar mit einem Hefeteig im
Backofen: die Rosinen gehen mit dem Teig auf. Die mit der Entfernung zunehmende
Beschleunigung der Raumausdehnung ist als Hubble-Konstante in die Geschichte
der Astronomie eingegangen.
Das Ergebnis seiner Berechnungen fasste Hubble vor der Veröffentlichung in ein
paar Zeilen an seinen Kollegen Harlow Shapley zusammen, der sie las, den Brief
danach sinken ließ und resignierend sagte:
ZITAT: „Hier ist der Brief, der mein Universum zerstört hat“.
AUTOR: Jetzt war Zeit ins Weltall gekommen, also Entwicklung und Geschichte, ein
Anfang und ein Ende. Was sich nämlich voneinander entfernt, muss früher enger zusammen, möglicherweise sogar ein Mal vereint gewesen sein. Da war mit einem Mal
war das Tausende von Jahren alte Bild von einem ewig gleichen, in sich ruhenden
Kosmos zerfallen.
O-TON 6 Lesch 2b: Hubble hat praktisch das Universum neu erfunden, was heißt
erfunden, er hat es gefunden. Vorher hatte man so die Position eines Eigenheimbesitzers: my home is my castle, und nach Hubble war klar: da ist viel, viel mehr als nur
dieses eine Haus, sondern da ist ein ganzes Universum voller Häuser, und heute
wissen wir dank seiner irrsinnigen Entdeckung, dass das Universum expandiert.
Hubble hat die moderne Kosmologie begründet und damit ist er einer der Giganten
der Astronomie.
AUTOR Soweit Harald Lesch, theoretischer Physiker an der Universitätssternwarte
München. Ein ganzes Universum voller Häuser, voller Milchstraßen, und alle jagen
sie davon. Sie müssen alle in fernster Vergangenheit ein Mal vereint und dann auseinander gestoben sein. Hubble hat nicht den Urknall, den big bang erfunden, das
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Wort stammt auch nicht von ihm, aber er hat den Weg dorthin gewiesen. Und damit
fingen für die Astronomen die Probleme an, die bis heute wie das Universum wachsen und wachsen.
MUSIK CD Garattoni, „Redshift“ take 4 ab 0.07 KURZ HOCH
ZWISCHENTITEL 2: Alles aus nichts - Der Anfang des Universums MUSIK KURZ HOCH UND UNTER O-TON LEGEN
O-TON 7 Schmidt-Burgk 26: Wie die Physik da war, können wir nicht wissen
MUSIK KURZ HOCH UND UNTER O-TON LEGEN
O-TON 8 Lesch 8b: Die Urknalltheorie ist an sehr vielen Experimenten getestet worden, ihre Vorhersagen stimmen im Rahmen der Möglichkeiten, die Experimente haben, d.h. d Fehler sind sehr klein, und summa summarum muss man sagen: es gibt
überhaupt keine Alternativtheorie, die die Urknalltheorie das Wasser reichen könnte.
So muss man sagen: es gibt heute niemanden mehr, der ernsthaft bezweifelt, dass
das Universum einen heißen Anfang hatte, und damit ist das Urknallmodell das Modell der Wahl.
MUSIK WEG
AUTOR: Für Harald Lesch wie für die meisten seiner Kollegen gibt es keinen ernst
zu nehmenden Grund, an der Urknalltheorie zu zweifeln. Zu eindeutig sind für ihn die
Beobachtungen im Universum. Zu eindeutig aber auch die Ergebnisse der Physik
des Kleinsten, die sich mit den Elementarteilchen beschäftigt. Am Anfang der Welt
waren ja noch keine Sterne und Galaxien geboren, es gab in einem ultraheißen Gas
nur Energie. Die teilte sich mit nachlassender Hitze in Strahlen und Materie. Erst die
Sterne erbrüteten die meisten jener Elemente, aus denen die irdische Natur und damit auch der Mensch besteht. So hängt die Physik des Größten mit der Physik des
Kleinsten zusammen. Nebenbei gesagt: kleiner Sieg der Esoteriker, die immer schon
geraunt hatten: wie oben im Weltall, so unten auf der Erde, wie innen so außen.
GERÄUSCH: vorbeiziehende Sternschnuppe CD 66670 take 74 Version 1
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O-TON 9 Schmidt-Burgk 26: Der Urknall besteht aus vielen Aspekten, aber 99 %
davon sind durch Beobachtungen belegt, und haben 99 % meiner Kollegenschaft auf
mehr oder weniger übereinstimmende Vorstellungen dieser allerersten Entwicklungen gebracht, aber das geht nur so lange gut, wenn man in der Zeit zurückgeht, also
den Urknall präzise benennt in seinen einzelnen Aspekten, wie uns die physikalischen Gesetze bekannt sind. Wenn wir extrapolieren in die allerersten Pikosekunden, wo Umstände geherrscht haben, die nichts mehr zu tun haben mit unseren Erfahrungsbereichen, Temperatur, Dichte, da muss man sagen: wie die Physik da war,
können wir nicht wissen.
AUTOR: Johannes Schmidt-Burgk. Die Probleme, sagt er, fangen also an, wenn die
Astrophysiker erklären sollen, was vor dem Urknall war. Etwas nebulös sprechen sie
von einer „Singularität“. Mit diesem Wort, zu deutsch „Einzigartigkeit“ umschreiben
sie aber nur ihre Unwissenheit. Lassen sie die Geschichte des Kosmos wie in einem
retour laufenden Film zurückspulen, dann schrumpft das Universum nach und nach
und endet schließlich vor etwa 14,5 Milliarden Jahren in einem winzigen Punkt. Das
war der Anfang, eben jene Singularität, ein Kügelchen, unendlich klein, unendlich
dicht gepackt und unendlich heiß. Bei soviel Unendlichkeit sind die Astrophysiker mit
ihrem Latein am Ende. Dafür haben sie kein Naturgesetz, keine Formel.
GERÄUSCH: vorbeiziehende Sternschnuppe CD 66670 take 74 Version 1
AUTOR: Noch schwieriger und unverständlicher wird es, wenn man beharrlich weiter
fragt: wie ist dieser unvorstellbar kleine und heiße Punkt entstanden? Stephen
Hawking, immerhin einer der derzeit bedeutendsten Physiker, weist die Frage zurück. Mit seinem Computersprechapparat sagt der schwerstbehinderte Theoretiker:
O-TON 10 Hawking 11: Time is defined by the interval between events. Time has no
meaning prior to the beginning of universe. There is no external measure of time, the
universe suddenly began with the big bang; so the question, what happenend one
minute before the big bang, has no meaning. The time was not defined.
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SPRECHER: Die Zeit ist der Abstand zwischen zwei Ereignissen. Vor dem Beginn
des Universums gab es keine Ereignisse, also auch keine Zeit. Außerhalb des Kosmos tickt keine Uhr, das Universum und damit die Zeit wurde erst mit dem Big Bang
geboren. Daher geht die Frage, was eine Minute vor dem Urknall war, ins Leere.
AUTOR: Andere Theoretiker, unter ihnen Bernulf Kanitscheider wollen sich aber das
Denken nicht verbieten lassen. Sie gehen zeitlich noch vor diese eigenartige Singularität zurück und fragen: wie ist sie entstanden?
O-TON 11 Kanitscheider 10: Man kann sich am besten ein schaumartiges Gebilde
vorstellen. Die Engländer sprechen vom spacetime foam, vom Raumzeitschaum.
Wenn man sich wie in der Badewanne so eine schaumartige, gut gefüllt mit Seifenschaum vorstellt und jetzt, sagen wir der Wind arbeitet, dann entstehen Veränderungen in dieser Schaumstruktur. Die meiste Zeit wird die Schaumstruktur für sich bleiben, und es werden keine großen Prozesse stattfinden. Nun kennen wir aber, und
das kann man an Meereswogen und an vielen Beispielen aus der terrestrischen Physik bestätigen, Fälle, wo Schwankungen sich selber verstärken, wo eine Schwankung
langsam wächst und wächst und wächst, und dann kann es sein, dass diese
Schwankung immer stärker wird, sich aufbauscht, erhebt, und dass daraus auch Materie wird.
GERÄUSCH: Meereswellen CD 85700 take 18 KURZ HOCH UND UNTER TEXT
LEGEN
AUTOR: Kurz: das Vakuum, in dem es nur reine Energie gibt, formt wie auch immer
eine Welle, eine andere kommt dazu und so weiter; sie folgen dichter und dichter und
am Ende materialisieren sie sich.
GERÄUSCH KURZ HOCH
Wie genau strukturlose Energie zu Materie wird, können die Theoretiker natürlich
nicht beschreiben, aber sie wissen: nur mit der Einsteinschen Relativitätstheorie geht
das nicht. Dafür müssen sie Relativitätstheorie und die Theorie von den Quanten zusammen bringen. Dann finden sie vielleicht eine Gleichung von dem, was vor allem
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war. Das wäre jene Weltformel, die Theorie von allem, die Supervereinigte Theorie,
über die die Physiker schon seit Einstein grübeln, bisher ohne Ergebnis.
GERÄUSCH WEG
Steven Hawking ist aber optimistisch:
O-TON 12 Hawking 7: Over the years we have discovered that the universe is governed by rational laws. It is therefore rational to exspect a complete set of rational
laws and that is, what physicists are working towards. I Think we will find it in this
century may be quite soon, Im an optimist/
VOICE OVER: Wir haben gesehen, dass das Universum nach rationalen Gesetzmäßigkeiten funktioniert. Für uns Physiker ist es deswegen plausibel, dass alle, auch die
noch unbekannten Gesetzmäßigkeiten rational sind. Ich schätze, wir finden die große
vereinigte Theorie ziemlich bald, in jedem Fall noch in diesem Jahrhundert.
MUSIK CD Garattoni, „Redshift“ take 4 ab 0.07 KURZ HOCH
ZWISCHENTITEL 3: Aus Allem wird nichts – ein Universum ohne Ende?
MUSIK KURZ HOCH UND UNTER O-TON LEGEN
O-TON 13 Schmidt-Burgk 13: Um was es sich handelt, wissen wir noch nicht.
MUSIK KURZ HOCH UND UNTER AUTOR LEGEN
O-TON 14 Lesch 13: PAUSE Das war die Antwort: völlige Stille. Es wird still werden;
es wird kein Ohr mehr geben, was hört, es wird keinen Mund mehr geben, der
spricht, es wird keine Sterne mehr geben, die leuchten, es wird überhaupt nichts
mehr geben. In einer Zeit nach der Zeit werden sämtliche Sterne ausgebrannt sein,
etliche werden sich zu Schwarzen Löchern formiert haben, und irgend wann werden
diese Schwarzen Löcher verdampfen, und am Ende bleibt nur Energie übrig/ das allerdings in einer Zeit, für die man keine Abkürzungen mehr hat. Allein die großen
schwarzen Löcher brauchen 1060 Jahre, um zu verdampfen, da brauchen wir nicht
darüber reden, das ist noch weithin.
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AUTOR: 1060 Jahre, das ist eine Dezillion, eine Zahl jenseits aller Vorstellung.
Nun kommen aber die Naturphilosophen ins Spiel, die sagen: ein Kosmos mit einem
dezidierten Anfang, aber ohne ein Ende, das ist unlogisch, unsymmetrisch und nicht
ästhetisch.
O-TON 15 Kanitscheider 7: Das Universum, wenn es schon auf der einen Seite unendlich ist, zeitlich unendlich ist, dann würde man erwarten, dass es auch von der
anderen zeitlichen Seite keinen Anfang besitzt. Die heutigen Bestrebungen, die man
kennt, die über das Urknallmodell hinausgehen, die gehen alle in diese Richtung,
diesen absoluten Nullpunkt zu vermeiden, zu umgehen, und dann gibt es eine ganze
Reihe von Spekulationen, die annehmen, dass dieser Anfang der Zeit ein Artefakt
der Theorie ist, aber in der Natur effektiv nicht vorkommt.
AUTOR: Was aber statt dessen in der Natur vorgekommen sein soll, weiß Kanitscheider auch nicht. Ideen zu einer Welt ohne Anfang gibt es eine ganze Menge. Da
ist etwa das Bild eines blubbernden Sumpfes, aus dem hier eine Blase aufsteigt und
dort eine und da drüben noch eine. Diese Vorstellung haben vor allem russische
Physiker entwickelt. Jede Blase ist ein Universum, das entsteht und wieder vergeht.
In der Tat, warum sollte es nicht viele Universen geben, die ganz unterschiedlich
aussehen? Eins unter diesen vielen könnte unser Weltall sein.
O-TON 16 Schmidt-Burgk 23b: Dann kann man sagen: wenn es 100.000 verschiedene Welten gibt, dann wird schon eine dabei sein, wo das durch Zufall alles so hinhaut. Das ist für viele Leute befriedigend, ich finde es sehr unbefriedigend, weil die
99.000 anderen kann man nicht sehen, die sind nur als Hypothese aufgestellt, aber
man kann es nicht beweisen. Mich befriedigt das nicht, aber andere finden das ästhetisch sehr schön.
AUTOR: Befriedigend findet Johannes Schmidt-Burgk nur eine neue Entdeckung am
Teleskop. Aber so lange die Frage nach dem Anfang der Welt wissenschaftlich nicht
geklärt ist, werden die Theorien blühen. Und sie dürften noch lange blühen.
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Im Ganzen also mehr Fragen als Antworten, die Edwin Hubble mit seiner Weg weisenden Entdeckung hinterlassen hat.
MUSIK CD Garattoni, „Redshift“ take 4 ab 0.07 KURZ HOCH
ZWISCHENTITEL 4: Der unbekannte Kosmos – was im Schatten ist, sieht man nicht
MUSIK KURZ HOCH UND UNTER O-TON LEGEN
O-TON 17 Lesch 32: Da ist ja was ganz Tolles am Werk.
MUSIK KURZ HOCH UND UNTER AUTOR LEGEN
O-TON 18 Schmidt-Burgk 4: Zum Beispiel scheint sich zu ergeben, dass der Großteil der Materie, die das Universum erfüllt, von der Art ist, die wir bis vor wenigen Jahren noch gar nicht wahrgenommen haben, nicht wahrnehmen konnten und jetzt erst
allmählich tastend erfahren.
AUTOR: Nie wussten die Astronomen mehr über den bestirnten Himmel als heute –
und nie weniger. Bei allem wissenschaftlichen Fortschritt seit Hubble stehen sie jetzt
aber vor einem gravierenden Problem: das Universum ist erfüllt von Materie, über die
die Fachleute nichts wissen. Nur zehn Prozent der Materie können sie irgendwie registrieren, die übrigen 90 Prozent sind ihnen Hekuba. Das ist die sog. Dunkle Materie. Sie macht sich nur durch ihre Schwerkraft bemerkbar. Immerhin kann man im Teleskop sehen, dass sie die Lichtpünktchen von ganz fernen Galaxien nach einem
Schema ausrichtet:
O-TON 19 Schmidt-Burgk 10: Man sieht Effekte, die das Licht auf dem Weg von
dieser sehr, sehr fernen Galaxie während seiner Reise von sieben Mrd Jahren bis zu
unserem Teleskop, dass das Licht beeinflusst wird von unsichtbarer Materie. Und da
erkennt man, dass alle diese Pünktchen von 100.000en von Galaxien sich nach derselben Schematik umorientieren/
AUTOR: Es kommt aber noch rätselhafter. Vor zwei Jahren fiel Astronomen auf,
dass ferne Sterne und Galaxien viel rascher fliehen als die Hubble-Konstante erlaubt,
und die Fluchtgeschwindigkeit unablässig zunimmt. Eigentlich müsste die Schwerkraft der Materie die Ausdehnung des Universums abbremsen und irgendwann um_____________________________________________________________________________________________
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kehren, bis das All schließlich in sich zusammen fällt. Aber genau das Gegenteil geschieht. Da muss es also eine ungeheure Kraft geben, die den Kosmos immer
schneller auseinandertreibt.
O-TON 20 Schmidt-Burgk 18: Diese Kraft ist überhaupt sehr merkwürdig, denn alle
Kräfte, die wir kennen, werden schwächer mit der Entfernung, während diese Kraft
scheint ja erst stark zu werden, wenn die Materie erst weit auseinander gelaufen ist,
also ganz was Anderes als alle Kräfte, die wir kennen. Diese hier ist eine ganz verrückte Sache, die einem klassischen Physiker sehr schwer fällt, selbst als Hypothese
zu akzeptieren, aber die Beobachtungen sagen eben: es ist offenbar eine Beschleunigung im Gange.
MUSIK Garattoni take 7 ab 0.37 KURZ HOCH UND UNTER TEXT LEGEN
AUTOR:
AUTOR: Edwin Hubble konnte nicht ahnen, was er mit seiner Entdeckung seinem
Fach eingebrockt hatte. Seither hat die Astronomie ungeheuer viel über das Weltall
erfahren, steht aber auch vor größeren Problemen denn je. Anfang der Welt? Nicht
sicher. Ende der Welt? Offen. Material der Welt? Weitgehend unklar. Hubble rief:
Vorhang auf! Und da gähnte ein tiefer, schwarzer Kosmos. Seither sind alle Fragen
offen.
Die Astronomen dürfen sich jetzt überlegen, was das eigentlich für eine Welt ist, in
der wir leben.
MUSIK HOCH UND WEG
stopp
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