Technische Grundlagen der Informatik WS 2008/2009 5. Vorlesung Klaus Kasper WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik Inhalt • Wiederholung – Feldeffekttransistoren (FET) – Logikschaltungen in CMOS-Technologie – Boolesche Algebra • • • • • Boolesche Gesetze Boolesche Kürzungsregeln Antivalenz und Äquivalenz Vollständige Systeme Disjunktive und konjunktive Normalform WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 2 Unterstützung • Forum und Materialien auf dem MoodleServer der Hochschule (moodle.igdv.h-da.de) • Schlüssel: TGI • Tutorien mit Silvia Krug: – Di, 14:15 - 15:45, D10/31 (1D) – Di, 16:00 - 17:30, D10/30 (1C) WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 3 npn-Transistor Der (bipolare) Transistor besteht aus zwei n-leitenden Kristallen, zwischen denen sich eine dünne p-Schicht befindet. Alle drei Bereiche sind mit einem Anschluss versehen: • Collector (C) • Basis (B) • Emitter (E) Die beiden Übergänge np und pn wirken wie zwei gegeneinander geschaltete Dioden. Ein kleiner Strom zwischen E und B bewirkt Überschwemmung der Basis mit Ladungsträgern, so dass der Transistor zwischen E und C leitend wird. WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 4 Inverter-Schaltung (npn-Transistor) Wird der Transistor am Eingang mit einer Spannung (High) größer als die Schwellspannung seiner BE-Diode angesteuert, fließt also ein Strom durch die Basis-Emitter-Diode, so ’schaltet der Transistor durch’ und wird niederohmig. Damit ergibt sich am Ausgang eine sehr kleine Spannung (Low). WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 5 Eigenschaften des Transistors • Transistor wird als aktives Bauelement bezeichnet, da er immer eine externe Spannungsversorgung benötigt. • Es werden aktuell Feldeffekt-Transistoren (FET) und Bipolar-Transistoren (npn bzw. pnp) gefertigt. • Transistoren werden zur Realisierung logischer Schaltungen (insb. Inverter) und zur Strom- bzw. Spannungsverstärkung eingesetzt. • Transistor ist ein „schaltbarer Widerstand“. WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 6 Feldeffekttransistoren WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 7 Prinzip MOSFET (n-Kanal) Metal Oxide Semiconductor Field Effect Transistor WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 8 Schaltung MOSFET (n-Kanal - selbstsperrend) MOSFET sperrt MOSFET leitet Hinweis: + kennzeichnet hier eine hohe Dotierung WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 9 MOSFET Eigenschaften • Beim FET wird der Strom von einer Ladungsträgerart getragen (unipolar). • Die Steuerelektrode (Gate) eines MOSFET ist durch eine dünne Schicht aus Metalloxid isoliert. • Der Name FET besagt, dass die Leitfähigkeit des Transistors durch ein elektrisches Feld gesteuert wird (Steuerung durch Spannung). • Das Gate ist vollständig vom Halbleiter isoliert. Der Eingangswiderstand am Gate beträgt bis zu 1015Ω. • MOSFET-Schaltungen sind besonders stromsparend. • Die empfindliche Gate-Isolation kann leicht durch statische Aufladung zerstört werden. WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 10 Realisierung logischer Schaltungen in CMOS-Technologie WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 11 Inverter in CMOS-Technologie • T1 ist ein selbstsperrender n-Kanal-MOSFET und T2 ist ein selbstsperrender pKanal-MOSFET • Ue = H: T1 leitet, T2 sperrt, Ua = L • Ue = L: T1 sperrt, T2 leitet, Ua = H • Schalter mit zwei komplementären MOSFETs (CMOSTechnologie) WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 12 NOR-Gatter (CMOS) WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 13 NOR-Gatter (CMOS) WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 14 NOR-Gatter (CMOS) WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 15 NOR-Gatter (CMOS) WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 16 NOR-Gatter (CMOS) WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 17 NOR-Gatter (CMOS) WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 18 NAND-Gatter (CMOS) n-Kanal: T1, T2 p-Kanal: T1‘, T2‘ WS 2008/2009 E1 E2 A L L H L H H H L H H H L Technische Grundlagen der Informatik 19 NAND-Gatter (CMOS) WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 20 NAND-Gatter (CMOS) WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 21 NAND-Gatter (CMOS) WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 22 Übertragungskennlinie eines CMOS-Gatters Simulation: http://tams-www.informatik.uni-hamburg.de/applets/cmos/cmos_dt.html WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 23 Fazit CMOS • Aufbau ohne Ohmsche Widerstände • Herstellungsprozesse sind für Siliziumtechnologie optimiert. • Schaltung erfolgt durch eine Spannung. • niedrige Verlustleistung • Bei jeder Umschaltung des Ausgangs fließt kurzzeitig ein Querstrom. • Verlustleistung hängt linear von der Frequenz und quadratisch von der Versorgungsspannung ab. • Sehr empfindlich gegen statische Aufladung WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 24 Überblick Halbleitertechnologien • TTL (Transistor-Transistor-Logik) – Bipolarer Transistor • Emittergekoppelte Logik (ECL) – Bipolarer Transistor – extrem schnell • Komplementäre MOS-Logik (CMOS) – MOSFET Transistor – niedrige Verlustleistung (frequenzabhängig) – empfindlich gegen statische Aufladung WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 25 Bewertung Halbleitertechnologien WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 26 Grundlagen der Booleschen Algebra WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 27 Boolesche Algebra • Die Theorie zur Booleschen Algebra wurde 1854 von dem Mathematiker George Boole entwickelt. • Die Anwendung der Booleschen Algebra für digitale Schaltungen wurde um 1940 von Claude E. Shannon eingeführt. WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 28 Boolesche Menge • Eine Boolesche Menge besteht aus zwei unterscheidbaren Elementen. • „0“ und „1“ werden in der Schaltalgebra verwendet. • „F(alse)“ und „T(rue)“ werden zur Beschreibung logischer Verknüpfungen verwendet. • „L(ow)“ und „H(igh)“ werden zur Beschreibung elektrischer Verknüpfungen verwendet. WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 29 UND-Verknüpfung (Konjunktion) • „Wenn morgen schönes Wetter ist und mein Bruder Zeit hat, gehen wir segeln.“ • Aussage A: „morgen ist schönes Wetter“ • Aussage B: „morgen hat mein Bruder Zeit“ • Aussage X: „morgen gehen wir segeln“ • Binäre Operation X = A ∧B WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 30 ODER-Verknüpfung (Disjunktion) • „Wenn ich eine Erbschaft mache oder im Lotto gewinne, mache ich eine Weltreise.“ • Aussage A: „ich mache eine Erbschaft“ • Aussage B: „ich gewinne im Lotto“ • Aussage X: „ich mache eine Weltreise“ • Binäre Operation X = A ∨B WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 31 NICHT (Negation) • „Wenn meine Schwiegermutter zu Besuch kommt, gehe ich heute Abend nicht ins Theater.“ • Aussage A: „meine Schwiegermutter kommt heute Abend zu Besuch“ • Aussage X: „ich gehe heute Abend ins Theater“ • Unäre Operation X=A WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 32 UND-Verknüpfung X1 0 X2 0 X1 ∧ X 2 0 0 1 0 1 1 0 1 0 1 WS 2008/2009 UND: ∧, • Technische Grundlagen der Informatik 33 Schaltzeichen: UND WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 34 ODER-Verknüpfung X1 0 X2 0 X1 ∨ X 2 0 0 1 1 1 1 0 1 1 1 WS 2008/2009 ODER: ∨, + Technische Grundlagen der Informatik 35 Schaltzeichen: ODER WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 36 Negation X X 0 1 1 0 Negation: ¬X, X, !X WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 37 Schaltzeichen: Negation WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 38 Boolesche Postulate Menge A mit den Elementen 0 und 1 und den Operationen UND, ODER und Negation. P1 a=0 oder a=1 P2 0 ∧ 0=0 P3 1 ∧ 1=1 P5 1∨ 1 = 1 P6 1 ∧ 0 = 0, 0 ∧ 1 = 0 P7 1 ∨ 0=1, 0 ∨ 1=1 P4 P8 WS 2008/2009 0∨0 = 0 Technische Grundlagen der Informatik ¬1=0, ¬0=1 39 Boolesche Gesetze WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 40 NULL-Gesetze X ∧0 = 0 X ∨0= X WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 41 EINS-Gesetze X ∧1 = X X ∨1 = 1 WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 42 Doppelte Negation X = (X ) = X WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 43 Idempotenzgesetze (Identitätsgesetze) X∧X = X X∨X = X WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 44 Komplementgesetze X∧X = 0 X∨X = 1 WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 45 Kommutativgesetze X1 ∧ X 2 = X 2 ∧ X1 X1 ∨ X 2 = X 2 ∨ X1 WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 46 Assoziativgesetze ( X1 ∧ X 2 ) ∧ X 3 = X1 ∧ ( X 2 ∧ X 3 ) ( X1 ∨ X 2 ) ∨ X 3 = X1 ∨ ( X 2 ∨ X 3 ) WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 47 Distributivgesetze X1 ∧ ( X 2 ∨ X 3 ) = ( X1 ∧ X 2 ) ∨ ( X1 ∧ X 3 ) 1. Distributivgesetz X1 ∨ ( X 2 ∧ X 3 ) = ( X1 ∨ X 2 ) ∧ ( X1 ∨ X 3 ) 2. Distributivgesetz WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 48 1. Distributivgesetz Der Ausdruck X1 ∧ ( X 2 ∨ X 3 ) ist genau dann wahr, wenn X1 wahr ist und zugleich X2 oder X3 wahr ist. Der Ausdruck ( X 1 ∧ X 2 ) ∨ ( X 1 ∧ X 3 ) ist genau dann wahr, wenn einer der beiden Klammerausdrücke wahr ist. Entweder muss X1 und X2 wahr sein oder es muss X1 und X3 wahr sein. X1 muss also auf jeden Fall wahr sein und zugleich muss X2 oder X3 wahr sein. WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 49 1. Distributivgesetz X1 ∧ ( X 2 ∨ X 3 ) = ( X1 ∧ X 2 ) ∨ ( X1 ∧ X 3 ) Bitte zeichnen Sie die Schaltungen! WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 50 De Morgansche Gesetze 1. ( X 1 ∧ X 2 ) = ( X 1 ∨ X 2 ) Die Negation der UND-Verknüpfung zweier Variablen ist gleich der ODER-Verknüpfung der jeweiligen NEGATION der beiden Variablen. 2. ( X 1 ∨ X 2 ) = ( X 1 ∧ X 2 ) Die Negation der ODER-Verknüpfung zweier Variablen ist gleich der UND-Verknüpfung der jeweiligen NEGATION der beiden Variablen. WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 51 Shannonsches Gesetz f( X 1 , X 2 , ... , X n , ∧, ∨ ) = f( X 1 , X 2 , ... , X n , ∨, ∧) Der invertierte Wert einer Booleschen Funktion ist gleich dem Wert, den diese Funktion liefert, wenn alle Operanden und alle Operatoren invertiert werden. WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 52 Boolesche Kürzungsregeln WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 53 Kürzungsregeln 1. 2. 3. 4. 5. 6. X1 ∨ ( X1 ∧ X 2 ) = X1 X1 ∧ ( X1 ∨ X 2 ) = X1 X1 ∨ ( X1 ∧ X 2 ) = X1 ∨ X 2 X1 ∧ ( X1 ∨ X 2 ) = X1 ∧ X 2 (X 1 ∧ X 2 ) ∨ ( X 1 ∧ X 2 ) = X 1 (X 1 ∨ X 2 ) ∧ ( X 1 ∨ X 2 ) = X 1 WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 54 1. Kürzungsregel X 1 ∨ ( X 1 ∧ X 2 ) = ( X 1 ∧ 1) ∨ ( X 1 ∧ X 2 ) = X 1 ∧ (1 ∨ X 2 ) = X1 ∧ 1 = X1 WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 55 2. Kürzungsregel (Übung) X 1 ∧ ( X 1 ∨ X 2 ) = ( X 1 ∨ 0) ∧ ( X 1 ∨ X 2 ) = X 1 ∨ (0 ∧ X 2 ) = X1 ∨ 0 = X1 WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 56 3. Kürzungsregel I WS 2008/2009 X1 ∧ X 2 X1 ∨ ( X1 ∧ X 2 ) X2 X1 ∧ X 2 X1 ∨ ( X1 ∧ X 2 ) 0 0 0 1 0 1 1 1 0 1 0 0 X1 X2 0 0 0 1 1 1 0 1 X1 Technische Grundlagen der Informatik 57 3. Kürzungsregel II X1 X2 X1 ∧ X 2 0 0 0 1 0 1 1 1 0 1 0 0 X1 ∨ ( X1 ∧ X 2 ) X1 ∨ ( X1 ∧ X 2 ) = X1 ∨ X 2 X1 X2 X1 ∧ X 2 X1 ∨ ( X1 ∧ X 2 ) 0 0 0 1 0 1 0 1 1 1 0 1 0 0 1 1 WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 58 4. Kürzungsregel (Übung) I WS 2008/2009 X1 ∨ X 2 X1 ∧ ( X1 ∨ X 2 ) X2 X1 ∨ X 2 X1 ∧ ( X1 ∨ X 2 ) 0 0 0 1 1 1 1 1 0 1 0 1 X1 X2 0 0 0 1 1 1 0 1 X1 Technische Grundlagen der Informatik 59 4. Kürzungsregel II X1 X2 X1 ∨ X 2 0 0 0 1 1 1 1 1 0 1 0 1 X1 ∧ ( X1 ∨ X 2 ) X1 ∧ ( X1 ∨ X 2 ) = X1 ∧ X 2 X1 X2 X1 ∨ X 2 X1 ∧ ( X1 ∨ X 2 ) 0 0 0 1 1 1 0 0 1 1 0 1 0 1 0 1 WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 60 5. Kürzungsregel (Übung) ( X1 ∧ X 2 ) ∨ ( X1 ∧ X 2 ) = X1 WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 61 6. Kürzungsregel (Übung) ( X1 ∨ X 2 ) ∧ ( X1 ∨ X 2 ) = X1 WS 2008/2009 Technische Grundlagen der Informatik 62