Politische Reformen in Chile: Christlich - Konrad-Adenauer

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LÄNDERBERICHT
Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.
CHILE
DR. MARTIN F. MEYER
WINFRIED JUNG
27. Januar 2012
www.kas.de/chile
www.kas.de
Politische Reformen in Chile:
Christlich-Demokratische Partei
und Renovación Nacional präsentieren gemeinsames Konzept
ENTWURF EMPFIEHLT MODIFIZIERUNG DES WAHLRECHTS UND SCHAFFUNG EINES SEMIPRÄSIDENTIELLEN REGIERUNGSSYSTEMS
Schon seit längerer Zeit steht in Chile ei-
der jährlich von der KAS veröffentlichte
ne Reihe von politischen Reformen, ins-
Demokratie-Index-Lateinamerika, bei dem
besondere eine Überarbeitung des um-
Chile zuletzt an der Spitze stand, belegt. 1
strittenen binominalen Wahlrechts auf
Trotz dieser positiven Entwicklung gibt es
der politischen Agenda. Eine Verände-
seit langem eine Reihe von institutionellen
rung des aktuellen politischen Systems
Defiziten, die nach einer Reform verlangen.
war jedoch jahrelang nicht durchsetzbar,
Hierzu zählen u.a. die unverhältnismäßig
da sich die beiden dominierenden Partei-
starke Rolle der Exekutive im politischen
enbündnisse gegenseitig blockierten.
System, der schwache Grad an Dezentrali-
Umso größer daher die Überraschung, als
sierung und kommunaler Selbstverwal-
am vergangenen Mittwoch, den 18. Janu-
tung, aber auch die niedrige bürgerliche
ar 2012, die beiden Parteien Partido De-
und zivilgesellschaftliche Beteiligung im
mócrata Cristiano (PDC) und Renovación
politischen Entscheidungsprozess. Als
Nacional (RN) ein gemeinsames politi-
oberste Priorität muss jedoch die Überar-
sches Reformkonzept präsentierten, wel-
beitung des chilenischen Wahlsystems an-
ches neben der Modifizierung des Wahl-
gesehen werden.
rechts auch die Schaffung eines semipräsidentiellen Regierungssystems vor-
Sich dessen bewusst, hat die chilenische
schlägt. Besagtes Abkommen ist umso
Regierung unter Sebastián Piñera im ver-
erstaunlicher, da die chilenische
gangenen Jahr bereits mehrere politische
Christdemokratie dem oppositionellen
Reformen abgesegnet. Nachdem lange Zeit
Mitte-Links-Bündnis der Concertación, die
die Eintragung in das Wahlregister freiwil-
Renovación Nacional jedoch dem an der
lig, der anschließende Urnengang bei Wah-
Macht sich befindenden Mitte-Rechts-
len jedoch Pflicht war, gelten seit kurzem
Bündnis der „Coalición por el Cambio“
die automatische Registrierung aller Wahl-
angehört. Die Vereinbarung – sollte sie
berechtigten sowie die freiwillige Stimmen-
tatsächlich umgesetzt werden – könnte
abgabe. Auch Chilenen im Ausland können
weitreichende Auswirkungen auf die
nun an Wahlen teilnehmen. Hierdurch soll
künftige Bündnispolitik im Lande haben.
die Demokratie partizipativer und vor allem
transparenter gestaltet und der kontinuier-
Sowohl in wirtschaftlicher als auch politi-
lich sinkenden Wahlbeteiligung – insbeson-
scher Hinsicht, hat sich Chile seit der Rück-
dere der jüngeren Generation – entgegen-
kehr zur Demokratie im Jahre 1990 sehr
gewirkt werden. Weitere politische Refor-
positiv entwickelt. Gegenwärtig weist der
men wie die Überarbeitung des umstritte-
Andenstaat pro Kopf die höchste Wirt-
nen binominalen Wahlrechts – welches die
schaftsleistung in Lateinamerika auf. Auch
einen hohen Grad an demokratischer Konsolidierung kann das Land vorweisen, wie
1
Siehe: Demokratie-Index Lateinamerika 2011
www.kas.de/chile/de/publications/28989
2
Teilung des Parteiensystems in zwei große
zierte Bündnis (doblaje). Alle anderen Kan-
Lager forciert hat und kleinen Parteien und
didaten und Bündnisse gehen leer aus –
CHILE
unabhängigen Kandidaten keine ernsthafte
die für sie abgegebenen Stimmen haben
DR. MARTIN F. MEYER
Chance zur Erlangung politischer Macht
keinerlei Einfluss auf das Ergebnis.
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bietet – stehen jedoch noch aus.
27. Januar 2012
Das chilenische Parteiensystem und das
dass sich in Chile ein rigides System aus
binominale Wahlrecht
zwei großen Parteienkoalitionen formieren
Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.
Dieses Regelwerk hat dazu beigetragen,
konnte. Außerhalb dieser Bündnisse be-
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Charakteristisch für das chilenische Partei-
steht für kleine Parteien und unabhängige
ensystem ist die Blockbildung, bei der sich
Kandidaten kaum eine Chance zur Erlan-
verschiedene Parteien zu einem Bündnis
gung politischer Macht. Eine weitere Kon-
zusammenschließen. In diesem Sinne ha-
sequenz des binominalen Wahlrechts ist
ben zwei Koalitionen das politische Ge-
die Verhinderung eindeutiger Parlaments-
schehen seit dem Ende der Pinochet-
mehrheiten. Rein theoretisch ist es mög-
Diktatur im Jahr 1989 geprägt. Die erste ist
lich, dass das zweitstärkste Bündnis genau
das Mitte-Links-Bündnis der „Concertación
dieselbe Anzahl von Sitzen im Parlament
de Partidos por la Democracia“, bestehend
erreicht wie das erstplatzierte, wenngleich
aus der Christlich-Demokratischen Partei
mit weitaus weniger Stimmen. Aus diesen
(PDC), der Radikalen und Sozialdemokrati-
Gründen bezeichnen Kritiker das binomina-
schen Partei (PRSD), der Sozialdemokrati-
le Wahlsystem zu Recht als äußerst unde-
schen Partei (PPD) und der Sozialistischen
mokratisch. Angesichts der Tatsache, dass
Partei (PS). Die zweite ist die Mitte-Rechts
die beiden großen Bündnisse vom Wahlsys-
angesiedelte „Coalición por el Cambio“, be-
tem begünstig werden, war eine Reform
stehend aus der rechtskonservativen Unión
über Jahre hinweg politisch nicht durch-
Demócrata Independiente (UDI) sowie der
setzbar. In letzter Zeit ist hier jedoch eini-
moderateren Renovación Nacional (RN),
ges in Bewegung gekommen. So werden
Partei des derzeitigen Präsidenten Piñera.
z.B. Überlegungen im Hinblick auf eine
Diese Aufteilung des Parteienspektrums in
Vergrößerung des Abgeordnetenhauses
zwei große Lager erfolgte nicht willkürlich,
von 120 auf 150 Mandate ins Spiel ge-
sondern wurde aufgrund des binominalen
bracht, wobei die zusätzlichen 30 Sitze
Wahlrechts (welches Pinochet in den letz-
nach einem proportionalem System aus-
ten Monaten seiner Amtszeit einführte, um
gewählt werden sollen, um auf diese Weise
die Macht der Mitte-Links-Parteien einzu-
die vom derzeitigen Wahlrecht geschaffe-
schränken) praktisch forciert.
nen Distorsionen zumindest teilweise zu
korrigieren.
Besagtes Wahlsystem verteilt pro Wahlkreis zwei Mandate für den Einzug in das
Das Abkommen zwischen PDC und RN
Parlament, das in Chile aus zwei Kammern
besteht. Die Wahlen für das Abgeordneten-
Die gemeinsam von PDC und RN letzte
haus (120 Sitze) und den Senat (38 Sitze)
Woche erzielte Übereinkunft äußert sich
folgen dabei demselben Prinzip, jedoch ist
nicht ausdrücklich bzgl. einer möglichen
im ersten Fall das Land in 60 Wahlkreise
Vergrößerung des Kongresses und einer
unterteilt, im zweiten in 19. Eine Partei
damit verbundenen Anpassung der Wahl-
bzw. ein Parteienbündnis darf pro Wahl-
kreise, dennoch ist die Modifizierung des
kreis jeweils zwei Kandidaten vorschlagen.
binomialen Wahlrechts durch ein „korrigier-
Am Wahltag erhält dann der Kandidat mit
tes“ proportionales System eines von vier
den meisten Stimmen das erste Mandat,
zentralen Eckpunkte des Vorschlags. 2
das zweite geht aufgrund der Stärkeverhältnisse der beiden Lagern (nahezu gleich
Vorgestellt wurde das vierseitige Doku-
stark) automatisch an den bestplatzierten
ment im ehemaligen Sitz des chilenischen
Kandidaten des zweitstärksten Bündnisses.
Beide Mandate bekommt eine Koalition nur
dann, wenn sie in einem Wahlkreis doppelt
so viele Stimmen erhält wie das zweitplat-
2
Dokument abrufbar unter:
www.pdc.cl/content/propuesta-de-reformaspoliticas-dc-rn
3
Kongresses in der Hauptstadt Santiago von
Aus diesem Grund werde in dem Dokument
den jeweiligen Parteipräsidenten von PDC
eine tiefgreifende Änderung des politischen
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und RN, Ignacio Walker und Carlos Larraín,
Systems vorgeschlagen und nicht nur eine
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beide Mitglieder des Senats. Der Reform-
Modernisierung des gegenwärtigen Wahl-
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entwurf, welcher von einer gemeinsamen
rechts. „Die Wahrheit ist, dass wir uns er-
Expertenkommission über zwei Monate in
mutigt fühlten, als Carlos Larraín uns eine
streng vertraulichem Kreis ausgearbeitet
ambitiösere Perspektive, nämlich eine Än-
Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.
27. Januar 2012
und maßgeblich vom ehemaligen Präsiden-
derung des politischen Systems, vorschlug.
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ten des chilenischen Abgeordnetenhauses,
Diese sei notwenig, da es in Chile zwar ei-
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Gutenberg Martínez, verfasst wurde, ba-
ne wirtschaftliche aber keine politische Mo-
siert u.a. auf einer gemeinsam von der
dernisierung gegeben habe. Dadurch wur-
Vertretung der Konrad-Adenauer-Stiftung
de unser Appetit geweckt, weshalb wir in
in Chile und der Universidad Miguel de Cer-
diesem Dokument nicht nur eine Überar-
vantes (deren Rektor Martínez zurzeit ist)
beitung des Wahlsystems sondern auch ein
im Jahr 2009 herausgegebenen Publikati-
neues politisches System verlangen“, so
3
on , deckt sich aber auch mit den Leitlinien
der Vorsitzende der Christlich Demokrati-
des letzten Grundsatzprogramms der PDC
schen Partei.
aus dem Jahr 2007.
Konkret wird in dem Übereinkommen auPrimäres Ziel der Übereinkunft ist laut Wal-
ßer einer Überarbeitung des binominalen
ker und Larraín, das Land „weiter zu demo-
Wahlrechts vorgeschlagen: (1.) eine Stei-
kratisieren und zu dezentralisieren“. Grund
gerung der Qualität der Politik (Gesetzent-
hierfür ist, so Walker in einer Veranstaltung
wurf über Transparenz und Rolle der politi-
im renommierten Centro de Estudios Públi-
schen Parteien sowie deren öffentliche Fi-
cos, an der er vergangenen Mittwoch zu-
nanzierung, Verbot von unendlichen Wie-
sammen mit Carlos Larraín teilnahm, um
derwahlen, Parteiinterne und rechtlich ver-
das Abkommen mit einer interessierten Öf-
bindliche Vorwahlen, etc.), (2.) eine Stär-
fentlichkeit zu diskutieren, eine „Krise der
kung und Demokratisierung der regionalen
Repräsentativität und Legitimität“ des poli-
und kommunalen Regierungsebene (u.a.
tischen Systems, hervorgerufen durch ein
direkte Wahl der Präsidenten der Regional-
Wahlrecht, in dem die Mehrheit genauso
regierungen und der regionalen Ratsmit-
viel wert ist wie die Minderheit. In den letz-
glieder, Stärkung der Befugnisse der regi-
ten zwanzig Jahren habe kein Land der
onalen Regierungen und Steigerung ihrer
Welt einen so dramatischen Absturz in der
Ressourcen, etc.), und schließlich (3.) die
Wahlbeteiligung – von rund 90 auf 60 Pro-
Schaffung eines semipräsidentiellen Regie-
zent – erlebt wie Chile, so Walker. Gegen-
rungssystems (inklusive der Schaffung des
wärtig mache es praktisch keinen Unter-
Postens eines Premierministers). In Chiles
schied, für wen der Wähler seine Stimme
derzeitigem politischem System nimmt die
abgebe. Auch die monatelangen Studen-
Figur des Präsidenten wie eingangs darge-
tenproteste im vergangenen Jahr seien ein
stellt eine zentrale Rolle ein. Eine effektive-
Indiz für die gestiegene Verdrossenheit und
re Gewaltenteilung ist daher laut den Vor-
allgemeine Unzufriedenheit der Bevölke-
sitzenden von RN und PDC dringend gebo-
rung – insbesondere der Jugendlichen –
ten, wobei als Vorbild hierfür beiden die
gegenüber der Politik. Dadurch sei das öf-
aktuelle französische Verfassung dient.
fentliche Ansehen aller politischen Instituti-
Nach den Vorstellungen der beiden Unter-
onen und Akteure – Regierung, Opposition,
zeichnenden soll durch eine Reform des
Parlament – in den letzten Jahren drama-
präsidentiellen Systems eine „Flexibilisie-
tisch gesunken, wie eine Meinungsumfrage
rung“ der aktuellen Koalitionslandschaft
nach der anderen belege.
erreicht werden.
Reaktionen auf das Abkommen
Sowohl die Regierung als auch Vertreter
3
Reforma Política en Chile: Desafíos y Tareas
Pendientes.
www.kas.de/chile/de/publications/16172
aus beiden politischen Lagern zeigten sich
von dem gemeinsamen Vorpreschen von
4
Christdemokraten und Renovación Nacional
loma sprach von einer „überraschenden
überrascht. Obwohl der Reformvorschlag
und für die Einheit des Regierungsbündnis-
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aus Regierungskreisen zunächst positiv
ses schädlichen Entscheidung“. Doch auch
DR. MARTIN F. MEYER
kommentiert wurde, kam es innerhalb kür-
in der Concertación sorgte das Abkommen
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zester Zeit zu einem Meinungsumschwung.
für einigen Unmut. Seitens der Sozialisti-
Innenminister Rodrigo Hinzpeter, ebenfalls
schen Partei (PS) beklagten sich mehrere
der RN angehörend, kritisierte das Reform-
Abgeordnete zwar nicht über die Inhalte
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27. Januar 2012
papier vor allem wegen der Tatsache, dass
des Entwurfs an sich, über die in der Con-
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beide Regierungsparteien erst kürzlich
certación ohnehin weitgehende Einigkeit
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übereingekommen seien, in Bezug auf wei-
besteht, sondern einmal mehr über die
tere politischen Reformen zuerst einen
Tatsache, nicht in das Projekt eingeweiht
Konsens innerhalb des eigenen Bündnisses
gewesen zu sein (laut Walker wurden die
zu suchen und nicht in dieser Angelegen-
drei anderen Parteivorsitzenden der Con-
heit auf andere politische Parteien zuzuge-
certaciòn jedoch am Tag zuvor informiert).
hen. In den darauffolgenden Tagen distan-
Aber auch führende Mitglieder der RN zeig-
zierten sich weitere hochrangige Regie-
ten sich besorgt über negative Auswirkun-
rungsvertreter von der Übereinkunft, wel-
gen in Bezug auf das Regierungsbündnis
che laut Wirtschaftsminister Pablo Longuie-
mit der UDI. Seitens einiger Kommentato-
ra (UDI) das „gegenseitige Vertrauen“ zwi-
ren in der Presse wurde das Vorpreschen
schen RN und der Regierung schwer belas-
der beiden Parteipräsidenten aber auch als
te. In gewisser Weise hat die Regierung
Versuch gedeutet, ihre Stellung in den je-
jedoch selber zur Annäherung zwischen
weiligen Parteien zu festigen. Insbesondere
PDC und RN beigetragen, weil sie zuvor die
Carlos Larraín sah sich in letzter Zeit einer
Parteien aufgefordert hatte, sich in Bezug
zunehmend für Unruhe sorgenden Dissi-
auf dieses Thema zu verständigen.
dentenbewegung innerhalb seiner Partei
gegenüber, die sich allerdings immer für
So hatten bereits im vergangenen August
politische Reformen eingesetzt hatte. Mit
fünf hochrangige Führungskräfte der PDC
diesem seinem Vorstoß setzte sich Larraín
unter der Leitung von Ignacio Walker den
geschickt an die Spitze dieser Bewegung.
chilenischen Präsidentenpalast aufgesucht,
um den für politische Fragen zuständigen
Präsident Piñera selbst hielt sich lange Zeit
Ministern Hinzpeter, Larroulet und Chad-
in der ganzen Angelegenheit zurück. Erst
wick einen Vorschlag über politische Re-
nach einigen Tagen gab er Anfang dieser
formen zu unterbreiten. Als es daraufhin
Woche zu verstehen, dass beide Regie-
keine Reaktion gab, entschied sich der Par-
rungsparteien die Prioritäten der Exekutive
teivorstand der Christdemokraten, alterna-
(Verbesserung des öffentlichen Bildungs-
tive Möglichkeiten zu erkunden. Fortan
systems, Reform des Steuersystems, Stei-
bemühte man sich um unmittelbare Kon-
gerung der öffentlichen Sicherheit) zu res-
takte zu den beiden Regierungsparteien.
pektieren und gemeinsam an deren Lösung
Während die Gespräche mit der UDI er-
zu arbeiten hätten. Darüber hinaus schlug
gebnislos verliefen, zeigte sich die RN über-
er vor, RN als auch UDI sollten gemeinsam
raschenderweise interessiert. Nach wo-
einen Vorschlag zur Modifizierung des bi-
chenlangen Verhandlungen, die in absolu-
nominalen Wahlrechts ausarbeiten. Dies
ter Verschwiegenheit geführt wurden, ge-
schließe jedoch nicht aus, gleichzeitig auch
lang es schließlich, sich auf gemeinsame
mit anderen politischen Kräften nach ei-
Positionen zu einigen.
nem tragfähigen Kompromiss zu suchen.
Eine Reform des politischen Systems hin zu
Von der Presse wurde das Vorgehen der
einem Semipräsidentialismus stehe jedoch
beiden Parteipräsidenten als ein kühner
bis auf Weiteres nicht auf der Tagesord-
und mutiger Schritt in die richtige Richtung
nung, so das chilenische Staatsoberhaupt.
gewürdigt. Dagegen hagelte es heftige Kritik aus den Reihen der UDI, in der seit Jah-
Ausblick
ren die stärkste Opposition gegenüber einer Änderung des binominalen Wahlrechts
Noch ist nicht absehbar, ob die zwischen
besteht. Parteipräsident Juan Antonio Co-
PDC und RN geschaffene Vereinbarung
5
Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.
Auswirkungen auf die Parteienlandschaft in
Chile haben wird. Insbesondere der RN-
CHILE
Vorsitzende Larraín, der für seinen Vorstoß
DR. MARTIN F. MEYER
eine große Unterstützung seitens der Basis
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seiner Partei erhielt, hatte sich in der Vergangenheit mehrfach für eine engere Ko-
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operation mit der PDC ausgesprochen. Larraín ist des Weiteren dafür bekannt, dass
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er einen Zusammenschluss beider Parteien
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zu einer großen chilenischen Volkspartei
der Mitte befürwortet. Aber auch Ignacio
Walker kommt die Übereinkunft gelegen,
weil sich mit ihr eine Repositionierung der
PDC in Richtung politische Mitte verdeutlichen lässt, die er bei seinem Amtsantritt im
August 2010 versprochen hatte. Allerdings
stehen nicht wenige in seiner Partei einer
Zusammenarbeit mit der RN nach wie vor
kritisch gegenüber, in der sie in erster Linie
den politischen Gegner sehen. Aus diesem
Grund versicherten die Beteiligten immer
wieder, dass es sich hier um ein klar abgegrenztes Abkommen zwischen einer Regierungs- und einer Oppositionspartei und
nicht um ein Wahlbündnis handele.
Dennoch löste die Übereinkunft eine heftige
Diskussion aus, in der die verschiedensten
Konstellationen und Ideen von Vertretern
aus dem gesamten politischen Spektrum
ins Spiel gebracht wurden. So schlug etwa
als Reaktion auf den Vorstoß der beiden
Parteipräsidenten der ehemalige Staatspräsident Ricardo Lagos (PS) die Gründung
einer großen Linkspartei durch einen Zusammenschluss von PS und PPD vor, während der aktuelle Senatspräsident Guido
Girardi (PPD) die Schaffung eines „linken
Paktes“ mit anderen progressiven Kräften
und Bewegungen in Aussicht stellte. In
Kreisen der chilenischen Christdemokratie
ist man solchen Überlegungen stets mit
Vorsicht begegnet. Derzeit gebe es ein klares Bekenntnis zur Concertación, das
jüngst mit RN abgeschlossene Abkommen
erlaube jedoch, so Senator Andrés Zaldívar
in einem Interview, dass die Bündnisse in
Zukunft „flexibeler“ gestaltet werden könnten. Die nächsten Monate dürften - auch
wegen der im Oktober dieses Jahres anstehenden Kommunalwahlen und der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im
kommenden Jahr – noch spannend werden.
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