M. Enders1 F. Tewald1 G. Zöller2 M. Stemmler2 Smallpox – a review Epidemiologie Bereits vor 3000 Jahren traten immer wieder Pockenepidemien in Indien, Ägypten und China auf. Im 6. Jahrhundert wurden sie aus Asien nach Europa eingeschleppt und später durch die Kolonialisierung in alle Erdteile verbreitet. In den 50er-Jahren wurden etwa 50 Millionen Pockenfälle pro Jahr registriert. Die aggressive Fallsuche, seuchenhygienische Maßnahmen und das rigorose Impfprogramm der WHO führten zur »offiziellen« Ausrottung der Pocken. Neben Variola major wurde auch eine milder verlaufende Variante (Variola minor, Alastrim) in Südamerika, Afrika und Europa beobachtet. Die Letalitätsrate bei Variola major betrug für Geimpfte etwa 3% und für Nicht-Geimpfte 30 – 40%. Heute würde die Letalitätsrate im Rahmen eines Ausbruchs in einer nahezu nicht-immunen Population deutlich höher liegen (6, 17). Die Übertragung von Variola erfolgt in der Regel durch Tröpfcheninfektion, ist aber auch durch direkten Kontakt oder über kontaminierte Kleidung und Wäsche möglich. Gefährdet sind besonders Familienmitglieder sowie Krankenhauspersonal und Mitpatienten. Die Dissemination des Erregers als Aerosol über das Ventilationssystem im Krankenhaus wurde beschrieben. Die Kontagiosität erreicht ihr Maximum mit Auftreten des Exanthems. Vor allem bei Patienten mit starkem Husten oder hämorrhagischen Pocken besteht ein hohes Infektionsrisiko. Chronische Verlaufsformen sind nicht bekannt (6, 11, 16). Erreger Mit einer Quaderform von 160–230 x 260–300 nm sind Pockenviren die größten bekannten Viren. Ihre Erbsubstanz besteht aus linearer doppelsträngiger Desoxyribonukleinsäure, die von zahlreichen Strukturproteinen, Enzymen und einer lipidhaltigen äußeren Hüllmembran umgeben wird. Man unterscheidet innerhalb der Familie Poxviridae verschiedene Genera. Die Menschenpocken (Variola) werden im Genus Orthopoxvirus als eigene Spezies geführt (Tab.1). Drei weitere Mitglieder dieses Genus (Affenpockenvirus, Vacciniavirus und Kuhpockenvirus) können ebenso den Menschen infizieren, aber nur die Menschenpocken werden regelmäßig von Mensch zu Mensch übertragen. Selten werden lokale Infektionen durch andere tierpathogene Orthopockenviren beobachtet. Innerhalb des Genus Orthopoxvirus zeigt sich eine hohe Kreuzantigenität. Pockenviren sind relativ umweltstabil. In Hautkrusten von Pockenläsionen konnte noch nach 13 Jahren vermehrungsfähiges Variolavirus nachgewiesen werden (6, 8, 12). Pockenviren als Biowaffe Pockenerreger wurden wahrscheinlich erstmals von den britischen Streitkräften während der Indianerkriege in Nordamerika (1754–1767) als biologische Waffe eingesetzt. Nachdem Edward Jenner 1796 zeigte, dass eine Infektion mit Kuhpockenvirus gegen eine Infektion mit Menschenpocken schützt und als sich die Immunisierung mit Kuhpockenvirus, später Vacciniavirus, weltweit durchsetzte, gab es keine Grundlage mehr für einen Einsatz von Pockenviren als Biowaffe. 1980 forderte die WHO alle Länder auf, die Impfung einzustellen und vorhandene Variola-Stämme entweder zu zerstören oder an die zwei WHO-Referenzlabore – das Institut für »Virus Preparations« in Moskau oder die »Centers for Disease Control« in Atlanta – abzugeben. Ob dies geschehen ist, und welchen Regierungen oder Personengruppen vermehrungs- Institut Institut für Virologie, Infektiologie und Epidemiologie (Leiter: Prof. Dr. med. Gisela Enders), Stuttgart Institut für Mikrobiologie (Leiter: Dr. Ernst-Juergen Finke), Sanitätsakademie der Bundeswehr, München 1 2 Korrespondenz Dr. med. Martin Enders · Institut für Virologie Infektiologie und Epidemiologie · Rosenbergstraße 85 · 70193 Stuttgart eingereicht: 19.12.2001 · akzeptiert: 26.3.2002 Bibliografie Dtsch Med Wochenschr 2002; 127: 1195–1198 · © Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York · ISSN 0012-0472 Aktuelle Diagnostik & Therapie Die Pocken (Variola vera, Blattern, »small pox«) sind eine akut verlaufende, hochfieberhafte, exanthematische Viruskrankheit mit hohem Kontagiositätsindex. 1980 erklärte die WHO die Erde für pockenfrei. Die originären Pocken des Menschen sind bis heute nicht mehr aufgetreten. Der folgende Artikel vermittelt einen Überblick über Klinik, Diagnostik, Prä- und Postexpositionsprophylaxe, seuchenhygienische Maßnahmen sowie den möglichen Einsatz der Pockenviren als Biowaffe. 1195 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. Die Pocken – ein Überblick H. Meyer2 Aktuelle Diagnostik & Therapie 1196 Vorkommen und Bedeutung von Orthopockenviren. Spezies Reservoir Verbreitung Bedeutung Variolavirus Mensch Eradiziert Erreger der Pocken, Biowaffe? Affenpockenvirus Nager Regenwald in Afrika (sporadisch auftretend) Zoonoseerreger Klinik gleicht der der Pocken Kuhpockenvirus Nager Europa (sporadisch auftretend) Zoonoseerreger, lokale Läsionen Vacciniavirus Nicht bekannt Weltweit in Laboratorien Einsatz als Impfstoff Kamelpockenvirus Kamele Asien, Afrika Schwere Verlaufsformen bei Kamelen Mäusepockenvirus Nager Europa, Asien Schwere Verlaufsformen in Versuchstierzuchten fähige Pockenvorräte zur Herstellung biologischer Waffen zur Verfügung stehen, bleibt unklar. Berücksichtigt man die Situation heute – 20 Jahre nach Einstellung der gesetzlichen Pockenschutzimpfung – so ist der überwiegende Teil der Weltbevölkerung gegenüber einer Pockeninfektion ungeschützt. Vorhandene Impfstoffvorräte sind nur begrenzt verfügbar und haben nach über 20 Jahren Lagerung in ihrer Qualität nachgelassen. Zudem kommt der Mangel an Erfahrung im Erkennen einer Infektion und das Fehlen von gültigen Pockenalarmplänen. Ein Pockenausbruch könnte deshalb verheerende Schäden verursachen (1, 6, 7). Klinik Die Schleimhaut des oberen und unteren Respirationstraktes stellt in den meisten Fällen die Eintrittspforte für die Pockenviren dar. Am Ende der Inkubationszeit (12 – 14 Tage, Bereich: 7 – 17 Tage) besteht typischerweise hohes Fieber, Kopf- und Rückenschmerzen sowie starke Abgeschlagenheit. Nach 3 – 4 Tagen beginnt das makulopapulöse Exanthem im Bereich der Schleimhäute (Enanthem), des Gesichtes und der Unterarme und breitet sich dann auf den Rumpf und die Beine aus. Die Eruptionen entstehen im Gegensatz zu den Varizellen synchron. Die stecknadelkopfgroßen, blassroten Effloreszenzen entwickeln sich in etwa 5 Tagen unter Größenzunahme zu Bläschen, die sich zu gedellten Pockenpusteln umwandeln (Abb.1). Alle Pusteln eines Körperteils zeigen das gleiche Entwicklungsstadium. Zwischen dem 9. und 12. Krankheitstag beginnt die Krustenbildung. Bis zum Abfall der letzten Kruste wird der Patient als infektiös betrachtet. Klinisch werden weiterhin flache konfluierende Eruptionen (»flat-type« Pocken) und die primär hämorrhagischen Pocken (schwarze Blattern) unterschieden. Beide Verlaufsformen zeigen eine deutlich höhere Letalität. Defektheilungen mit Blindheit nach Keratitis – insbesondere bei Unterernährung und bakterieller Superinfektion – und Hirnschäden nach Enzephalitis sind möglich. Im 18. Jahrhundert wurden in Europa zwei Drittel der Erblindungen auf Pocken zurückgeführt. Differentialdiagnostisch müssen Windpocken (Tab.2), Herpes simplex generalisatus, Vaccinia generalisata und Akne in Erwägung gezogen werden. Nach früheren Berichten wurde bei Auftreten der hämorrhagischen oder malignen Verlaufsform selten an Pocken gedacht. Meist wurden solche Fälle primär als Meningokokkensepsis oder als eine akute Form der Leukämie angesehen beziehungsweise mit hämorrhagischen Windpocken verwechselt. Affenpocken sind klinisch nicht von Variola zu unterscheiden. Lediglich eine Vergrößerung der zervikalen und inguinalen Lymphknoten kann auf Affenpocken hinweisen. Im Vergleich zu Variola ist die Kontagiosität der Affenpocken deutlich geringer (3, 6, 7, 11). Dtsch Med Wochenschr 2002; 127: 1195–1198 · M. Enders et al., Die Pocken –... Abb.1 Pockenexanthem 11. Krankheitstag (Foto: Dr. H. Lieske, Hamburg). Labordiagnose Eine eindeutige und rasche Identifizierung des Erregers ist unerlässlich. Entsprechend der Biostoff-Verordnung müssen diese Untersuchungen in einem Labor der Sicherheitsstufe 4 erfolgen. Personen, die mit potenziell pockenhaltigem Untersuchungsgut arbeiten, sollten aktiv geimpft sein. Der Erregernachweis kann stadienabhängig aus verschiedenen Untersuchungsmaterialien erfolgen: 1. Initialstadium (Tag 1–4): Rachenspülproben, Zitratblut 2. Papelphase (Tag 5–6): Reizserum, Rachenspülproben, Zitratblut 3. Bläschen- und Pustelphase (ab Tag 6): Bläschen- und Pustelinhalt 4. Rekonvaleszenzphase (ab etwa 11. Tag): Krusten Bei Untersuchung von Vesikel- oder Pustelflüssigkeit sowie von Krustenmaterial mittels Elektronenmikroskopie kann man aufgrund der charakteristischen Morphologie sehr schnell einen Pockenverdacht bestätigen. Obwohl sich alle Orthopockenviren im Aussehen gleichen, kann man anhand des Vorberichtes und des klinischen Bildes ohne Schwierigkeiten eine Kuhpockenoder Vacciniavirus-Infektion abgrenzen. Dies gilt jedoch nicht für Infektionen mit Affenpockenviren. Für die endgültige Identifizierung ist die Anzucht in der Zellkultur oder auf der Chorioallantois-Membran (Hühnerembryo) erforderlich. Mit Hilfe der Polymerase-Ketten-Reaktion und der Sequenzierung kann die Identität des Erregers einwandfrei festgestellt werden (8, 9, 12). Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. Tab.1 Kriterien zur Unterscheidung von Pocken und Windpocken. Pocken Windpocken Variolavirus (Orthopockenvirus) Varicella-Zoster-Virus (Herpesvirus) Inkubationszeit 12 – 14 Tage (7–17) 12–16 Tage (8–21) Prodromi Fieber, Abgeschlagenheit 2–4 Tage vor Exanthem Minimal Verteilung der Effloreszenzen Zentrifugal Zentripetal Auftreten der Effloreszenzen vesikulär – pustulär – Nabelbildung – Kruste vesikulär auf erythematösem Grund – pustulär – Kruste Entwicklung der Effloreszenzen synchron asynchron (Heubnersche Sternkarte) Krustenbildung ab dem 9.-12. Tag nach Exanthembeginn ab dem 4. – 7. Tag nach Exanthembeginn Abfallen der Krusten 14 – 28 Tage nach Exanthembeginn innerhalb von 14 Tagen nach Exanthembeginn Kontagiosität mit Beginnn des Enanthems bis alle Krusten abgefallen sind 2 Tage vor Exanthembeginn bis alle Vesikel verkrustet sind Letalität Bis zu 40% gering Impfung Erste Berichte über die Variolation in China (Inokulation mit pockenhaltigem Material zur Prävention der Pocken) stammen aus dem 10. Jahrhundert (5). Vor etwa 200 Jahren wurde von Edward Jenner die Vakzination (Lat., vacca: Kuh; intrakutane Inokulation des Impflings mit Kuhpocken) als Alternative zur Variolation entwickelt. Es handelt sich dabei um eine Lebendimpfung, die intrakutan appliziert wird. Die Impfstoffe wurden bezüglich Reinheit und Virustiter ständig verbessert. Zuletzt wurde das Impfvirus nach Skarifizierung von Kälbern gewonnen. Die erfolgreiche Impfantwort definiert sich durch den klinischen »take«, das heißt die lokale Impfreaktion. 2–5 Tage nach Erstimpfung tritt eine Papel an der Inokulationsstelle auf. Über das Vesikelstadium entsteht eine Pustel, die nach 8–10 Tagen ihre maximale Größe erreicht. Initial ist das Bläschen von einer geröteten Induration umgeben, die häufig als bakterielle Superinfektion fehlgedeutet wird. Die Kruste fällt unter Narbenbildung nach 14–21 Tagen ab. Die Narbe dient als Hinweis auf eine erfogreiche Impfung. Personen mit partieller Immunität können nach Impfung graduell die Stufen der Impfreaktion von Ungeimpften wiederspiegeln. Eine erythematöse Reaktion, die ihr Maximum innerhalb von 48 Stunden erreicht, sollte als Hypersensitivitätsreaktion gedeutet werden und signalisiert nicht das Vorliegen einer Immunität (4, 5, 11, 14). Leichte Impfnebenwirkungen treten relativ häufig auf. Bis zu 70% der geimpften Kinder entwickeln zwischen dem 4. und 14. Tag nach Impfung für einen oder mehrere Tage Fieber über 39°C mit Schwellung der axillären Lymphknoten. Eine unbeabsichtigte Selbst- (Auge, Genitalien u.a.) (Abb.2) oder Fremdinokulation ist die häufigste dokumentierte Nebenwirkung und verläuft meist unkompliziert. Unspezifische Exantheme wurden nach Impfung beobachtet. Schwere Impfnebenwirkungen sind selten. Auf 1 Million Primärimpfungen und 4 Millionen Wiederimpfungen wird jeweils ein Todesfall angenommen. Die postvakzinale Enzephalitis (1:300000) tritt meist nach Erstimpfung auf und besitzt eine Letalitätsrate von 25%. Weitere selten auftretende Impfkomplikationen sind Vaccinia generalisata, Vaccinia progressiva und Eczema vaccinatum. Die Impfung ist bei Immunsupprimierten, Schwangeren und Ekzemerkrankten kontraindiziert. Eine akzidentelle Impfung in der Schwangerschaft kann in seltenen Fällen zur Infektion des Feten und zum Frucht- Aktuelle Diagnostik & Therapie Erreger 1197 Abb.2 Etwa 5 Tage alte Autoinokulation der rechten Wange mit Vacciniavirus. Primäre Impfreaktion linker Oberarm, 10–12 Tage alt (Foto: Prof. J.M. Leedom; Los Angeles). tod führen. Kongenitale Missbildungen nach Impfung sind nicht bekannt. Die Gabe von Vaccinia-Immunglobulin (VIG) ist bei schwer verlaufenden Impfkomplikationen indiziert, nicht aber bei postvakzinaler Enzephalitis oder Vaccinia-Keratitis (4, 6). Nach Erstimpfung galt die Dauer der Impfimmunität für 3 Jahre als sicher. Bei regelmäßigem Umgang mit Orthopockenviren wird die Auffrischimpfung alle 10 Jahre empfohlen. Neutralisierende Antikörper (AK) mit einem AK-Titer ≥ 1:10 lassen sich bei etwa 75% der Personen für 10 Jahre nach einer 2. und bis zu 30 Jahre nach einer 3. Impfung nachweisen. Ein bestimmter Antikörpertiter, der sicher gegen eine Infektion mit Pocken schützt, ist nicht bekannt. Auch bei geimpften Patienten wurden PockeDtsch Med Wochenschr 2002; 127: 1195–1198 · M. Enders et al., Die Pocken –... Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. Tab.2 rasch verifiziert beziehungsweise verworfen werden. Eine zugelassene antivirale Therapie existiert nicht. Der letzte natürliche Fall von Variola (minor) wurde 1977 in Somalia diagnostiziert. Seit 1980 wird die Pockenimpfung nur noch für Risikopersonen empfohlen. Aufgrund einer fehlenden Basisimmunität in der Allgemeinbevölkerung stellen die noch existierenden Pockenviren eine enorme Bedrohung dar. Welche Regierungen oder Personengruppen tatsächlich über vermehrungsfähige Pockenviren verfügen und inwieweit diese Pockenvorräte für bioterroristische Zwecke eingesetzt werden könnten, bleibt unklar. Auf einen Pockenausbruch sind wir derzeit weder medizinisch noch logistisch ausreichend vorbereitet. Postexpositionsprophylaxe und Therapie Literatur Als Postexpositionsprophylaxe kann eine Schutzimpfung noch innerhalb der ersten 4 (–7) Tage durchgeführt werden. Der Krankheitsausbruch wird meist nicht verhindert, die Pocken können aber mitigiert verlaufen. Um einen sicheren »take« (Angehen der Impfung) zu erzielen, hat sich die Verwendung der »bifurcated needle« bewährt. Der Einsatz von VIG in der Postexpositionsprophylaxe wird kontrovers diskutiert. Bei Schwangeren, Patienten mit Ekzem und Patienten mit Immunsuppression ist nach Exposition und ausreichender Verfügbarkeit von VIG die Durchführung einer Simultanimpfung prinzipiell indiziert (4, 6, 14). Neben supportiven Maßnahmen werden Antibiotika zur Behandlung von Superinfektionen eingesetzt. Bezüglich einer antiviralen Therapie liegen erfolgversprechende Daten aus tierexperimentellen Untersuchungen mit Cidofovir (VistideR) in Kuhpocken- und Vacciniavirus-Modellen vor (2, 13). Seuchenbekämpfung Bei Pockenverdacht sollte der zuständige Amtsarzt hinzugezogen, und der Patient zunächst am Ort der Untersuchung belassen werden. Das Gesundheitsamt und die Kreisverwaltungsbehörde veranlassen in Anlehnung an das Infektionsschutzgesetz (IfSG) die Unterbringung von Patienten, die Ermittlung und Überwachung von Kontaktpersonen, die Koordination von Transport und Diagnostik, sowie die Absperrung kontaminierter Areale. Haushaltsmitglieder und Personen mit engem Kontakt zu manifest Erkrankten sollten geimpft und beobachtet werden. Personen mit Kontakt zu Erkrankten sollten regelmäßig (2x/d) Temperatur messen und für mindestens 17 Tage überwacht werden. Temperaturen über 38,0°C können auf beginnende Pocken hinweisen. Zur Vermeidung einer Pockenepidemie sind die folgenden Maßnahmen ausschlaggebend: frühe Diagnosestellung (klinischer Verdacht und adäquate Diagnostik), Isolierung der Pockenkranken, strikte Quarantäne und Impfung der Kontaktpersonen sowie Implementierung eines selektiven Impfprogrammes (3, 6, 12, 15). 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 Fazit Pockenviren verursachen eine hochkontagiöse, häufig letal verlaufende Systemerkrankung. Das typische Pockenexanthem ist charakteristisch für die Erkrankung. Unter Verwendung der adäquaten Untersuchungsmaterialen kann die Verdachtsdiagnose Dtsch Med Wochenschr 2002; 127: 1195–1198 · M. Enders et al., Die Pocken –... Berche P. The threat of smallpox and bioterrorism. Trends Microbiol 2001; 9: 15–18 Bray M, Martinez M, Smee DF, Kefauver D, Thompson E, Huggins JW. Cidofovir protects mice against lethal aerosol or intranasal cowpox virus challenge. J Infect Dis 2000; 181: 10–19 Bundesgesundheitsamt. 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September 2001 wollen verschiedene Nationen (auch Deutschland) Impfstoffvorräte anlegen. In Deutschland wird zudem eine Vorimmunisierung mit dem Pockenimpfstamm MVA (Modifiziertes Vacciniavirus Ankara) diskutiert. Er war in Deutschland zur parenteralen Vorimpfung insbesondere von überalterten Erstimpflingen staatlich zugelassen. Die danach durchgeführte »normale« Pockenschutz-Impfung verlief schneller und vor allem nebenwirkungsfreier (4, 11).