M E D I Z I N Rüdiger Hein1 Anja Bosserhoff2 Johannes Ring1 Zusammenfassung Weltweit ist in den letzten 30 Jahren in der hellhäutigen Bevölkerung eine Zunahme des malignen Melanoms der Haut zu beobachten. So beträgt beispielsweise die geschätzte Inzidenz im Großraum München derzeit 14 bis 16 pro 100 000 Einwohner. Während die frühzeitig diagnostizierten Melanome meist durch chirurgische Exzision geheilt werden können, ist die Prognose des metastasierenden malignen Melanoms bis heute in der Regel infaust. Da immer noch etwa 20 Prozent der Melanompatienten trotz aller Früherkennungsprogramme an der Progression ihrer Erkrankung sterben, ist das Interesse an Laboruntersuchungen und bildgebenden Verfahren zur Untersuchung asymptomatischer Patienten mit Metastasen sehr groß. Für das maligne Melanom gab es bisher keinen, außerhalb von experimentellen und klinischen D ie Zahl der Neuerkrankungen am malignen Melanom der Haut ist weltweit in den letzten 30 Jahren in der hellhäutigen Bevölkerung gestiegen. Dies wird in Deutschland durch Inzidenz- und Überlebensraten von Melanompatienten sowohl durch die Daten des Krebsregisters Saarland als auch des Tumorzentrums München bestätigt. Die Einrichtungen haben über einen Beobachtungszeitraum von 28 Jahren (1970–1998) epidemiologische Daten von Patienten mit malignen Melanomen erfasst. So beträgt beispielsweise die geschätzte Inzidenz im Großraum München derzeit 14 bis 16 pro 100 000 Einwohner (1, 2). Während die frühzeitig diagnostizierten Melanome meist durch chirurgische Exzision geheilt werden können, ist die Prognose des metastasierten malignen Melanoms bis heute in der Regel infaust. Die frühe Metastasierungsfähigkeit des malignen Melanoms ist ein klassisches Charakteristi1 Klinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein (Direktor: Prof. Dr. med. Dr. phil. Johannes Ring), Klinikum rechts der Isar, TU München 2 Institut für Pathologie (Direktor: Prof. Dr. med. Ferdinand Hofstaedter) der Universität Regensburg Tumormarker beim malignen Melanom Studien stehenden Tumormarker. Dies hat sich seit einiger Zeit geändert. Es stehen nun kommerziell erhältliche Tumormarker wie S100ββ und das Protein „melanoma inhibitory activity“ (MIA) zur Verfügung. Auf diese sowie auf die Wertigkeit experimenteller Prognosefaktoren wird im Folgenden eingegangen. Schlüsselwörter: malignes Melanom, Tumormarker, Hautkrebs, Metastasierung, Krebsdiagnostik, Prognose Summary Tumour markers in malignant melanoma The incidence of malignant melanoma of the skin has increased in Caucasian populations over the last 30 years. The estimated incidence in the Munich area is currently 14 to 16 cases kum dieses Tumors (Abbildung a, b). Die molekularbiologischen Veränderungen bei der Entstehung von Melanomen aus Melanozyten sind bisher nur wenig bekannt. Tumormarker Da immer noch circa 20 Prozent der Melanompatienten trotz aller Früherkennungsprogramme an der Progression ihrer Erkrankung sterben, ist das Interesse an Laboruntersuchungen und bildgebenden Verfahren für die Untersuchung asymptomatischer Patienten zum Ausschluss der Metastasierung sehr groß (3). Metastasen im Abflussgebiet treten im Mittel nach 24, Fernmetastasen nach 33 Monaten auf (4). Es ist außerordentlich wichtig, eine Lymphknoten- beziehungsweise Organbeteiligung frühzeitig festzustellen (Grafik 1) (5). Hierbei sind insbesondere Laboruntersuchungen, die den Patienten nur wenig belasten, interessant. Ein Melanom im Stadium III (Befall des regionären Lymphabflussgebietes) ist prognostisch günstiger als ein Melanom im Stadium IV (Organ- ⏐ Jg. 103⏐ ⏐ Heft 14⏐ ⏐ 7. April 2006 Deutsches Ärzteblatt⏐ per 100,000 inhabitants. While early treatment by surgical excision is usually curative, the prognosis of the metastatic malignant melanoma remains poor. As around 20 per cent of melanoma patients die of advanced disease despite early detection programs, laboratory investigations and imaging procedures have an important role to play in asymptomatic patients with metastases. Until recently, tumor markers for malignant melanoma have been purely experimental. This has recently changed, with the advent of some commercially available tumor markers such as S100ββ and MIA („melanoma inhibitory activity“). This review discusses these tumor markers along with experimental prognostic markers. Key words: malignant melanoma, metastases, tumour markers, skin cancer, cancer diagnosis, prognosis befall) (Grafik 2). Innerhalb des Stadiums IV zeigen Hautmetastasen (Abbildung b) eine bessere Prognose als Lungenmetastasen, diese wiederum eine bessere Prognose als beispielsweise Leber- oder Hirnmetastasen (5). Es ist daher außerordentlich wichtig, eine Lymphknoten- beziehungsweise Organbeteiligung frühzeitig festzustellen, um eine adäquate metastasenorientierte Therapie einleiten zu können. Gezielte Blutuntersuchungen zur Früherkennung von Metastasen waren jedoch bisher nicht erfolgreich. Unspezifische Parameter wie beispielsweise Lebertransaminasen, Lactatdehydrogenase (LDH) und Albumin erreichen erst im Spätstadium der Erkrankung auffällige Konzentrationen. Seit wenigen Jahren gibt es kommerziell erhältliche Tumormarker für das maligne Melanom, zum Beispiel S100β und das Protein „melanoma inhibitory activity“ (MIA), die im peripheren Blut als unabhängige prognostische Parameter bei Patienten mit malignem Melanom geeignet zu sein scheinen. Als Tumormarker werden im Blut oder in anderen Körperflüssigkeiten zirkulierende Makromoleküle verwen- A 943 M E D I Z I N det, deren Auftreten oder Konzentrationsänderung in Beziehung mit der Entstehung und dem Wachstum von malignen Tumoren stehen. Idealerweise sezernieren Tumorzellen die Signalsubstanz erst nach ihrer malignen Transformation. Ein Tumormarker sollte möglichst tumorspezifisch sein. Das heißt, ein Wert oberhalb eines so genannten CutOff (= oberer Grenzwert bei Gesunden) sollte ein Hinweis auf Tumorwachstum sein. Für die Interpretation von Tumormarkern gilt, dass ein Einzelwert nicht aussagekräftig ist, sondern stets die Tumormarkerkinetik beziehungsweise der Verlauf. Ein Spiegelabfall würde eine Tumorreduzierung beziehungsweise vollständige Tumorentfernung bedeuten; eine Spiegelpersistenz und ein Spiegelanstieg würden auf ein Rezidiv beziehungsweise eine Metastasierung hinweisen (6). Eine Übersicht über mögliche Tumormarker beim malignen Melanom wird in der Tabelle gegeben. Im Folgenden wird auf die Marker, die sich noch in Erprobung befinden beziehungsweise deren Ergebnisse sich in Studien widersprüchlich darstellen, nicht eingegangen. Aufgrund mangelnder Spezifität und Sensitivität sowie der zum Teil schwierigen Bestimmungsmethodik ist die Determination von Zytokinen, Zytokinrezeptoren, Zelladhäsionsmolekülen, Substanzen des Melaninstoffwechsels oder von Enzymen wie der Lactatdehydrogenase und der neuronenspezifischen Enolase nur in Zusammenschau mit anderen Tumormarkern und Serumwerten sinnvoll. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt daher auf den etablierten Tumormarkern S100β und MIA. „Melanoma inhibitory activity“ Das Protein MIA wurde erstmals im Zellkulturüberstand der Melanomzelllinie HTZ-19d von der Arbeitsgruppe um Bogdahn nachgewiesen (7). Bei MIA handelt es sich um ein kleines Protein (11 kD), das von Melanomzellen in den Extrazellularum sezerniert wird (8). Bisherige funktio- A 944 Knotiges, exophytisch wachsendes malignes Melanom am Unterarm einer Patientin (Stadium IIC). Weisen die Melanome kein oder nur wenig Pigment auf, werden sie oft zu spät diagnostiziert. a Kutane, nicht pigmentierte (amelanotische) Metastasen eines Patienten mit malignem Melanom (Stadium IIIC). b Abbildung: Klinische Erscheinungsformen eines malignen Melanoms nelle Analysen ergaben, dass MIA eine wichtige Rolle in der Regulation der Zelladhäsion spielt und die Metastasierung von Melanomen fördert (9). MIA wird sehr stark von allen untersuchten Melanomzellen und Melanomzelllinien exprimiert. In malignen Tumoren zeigte sich eine ausgeprägte, spezifische Expression von MIA in melanozytären Tumoren. Im Normalgewebe wurde MIA nur in differenzierten Knorpelzellen gefunden, nicht jedoch in Melanozyten, Fibroblasten oder Keratinozyten aus normaler Haut (10). Im Vergleich zwischen Haut, melanozytären Nävi, primären Melanomen und Melanommetastasen korrelierte der Anstieg der MIA-Expression mit der Progression der Erkrankung. Da es sich bei MIA um ein sezerniertes Protein handelt, wurde untersucht, ob MIA im Serum von Melanompatienten nachgewiesen werden kann und ob es sich aufgrund eines spezifischen Expressionsmusters als Tumormarker des malignen Melanoms eignet (11). MIA-Serumwerte werden mithilfe eines quantitativen, nicht radioaktiven ELISA („enzyme-linked immunosorbent assay“) gemessen. In mehreren Kontrollgruppen von gesunden Spendern konnte gezeigt werden, dass die MIA-Werte einer Gauß-Verteilung folgen. Im eigenen Klinikum wurde der obere Normalwert entsprechend der 97. Perzentile auf 10,0 ng/mL festgelegt. Bei 94 Prozent der Patienten mit metastasierten malignen Melanomen im Stadium III (Lymphknotenmetastasen) und/oder im Stadium IV (Fernmetastasen) wurden präoperativ positive MIA-Serumwerte gemessen. Acht Prozent der Seren von Patienten mit Primärtumoren (Stadium I) und 25 Prozent mit Primärtumoren im Sta- ⏐ Jg. 103⏐ ⏐ Heft 14⏐ ⏐ 7. April 2006 Deutsches Ärzteblatt⏐ M E D I Z I N dium II waren MIA-positiv. Um die Spezifität des ELISA zu kontrollieren, wurden Seren verschiedener Patientengruppen analysiert. Es zeigten zum Beispiel 50 Seren von Patienten mit Sepsis keine erhöhten MIA-Werte, sodass eine Steigerung der MIA-Serumwerte durch eine Aktivierung des Immunsystems ausgeschlossen werden konnte (9). Auch Patienten mit metastasierenden Tumoren wie Mamma-, Prostata-, Kolonkarzinomen und anderen hatten nur in wenigen Fällen – im Finalstadium der Erkrankung – erhöhte MIA-Serumwerte (e1). Bei der Untersuchung der Serumwerte von Patienten mit malignem Melanom im Stadium I beziehungsweise II ergab sich keine Korrelation zwischen den gemessenen MIASerumwerten und der Tumordicke (12). Weiterführende Studien müssen klären, ob dünne Primärtumoren, die aber viel MIA produzieren, eine schlechtere Prognose bedeuten, als die Primärtumoren, die wenig MIA produzieren. Nach chirurgischer Entfernung von Melanommetastasen bei Patienten im Stadium III und IV war bei allen Patienten ein deutlicher Abfall des Serumwertes zu verzeichnen. Exemplarisch zeigte sich dies bei dem PatiGrafik 2 enten (A) mit isolierten Leberfiliae. Nach chirurgischer Entfernung der Metastasen ließ sich bereits nach drei Tagen ein deutlicher Abfall in den Serumwerten verfolgen. Bei dem Patienten (B) spiegelt die kontinuierliche Zunahme der MIA-Serumwerte eine sich generalisierende Metastasierung wider (Leber-, Lungen- und Hirnfiliae) (Grafik 2). Um die Möglichkeit eines Nutzens des MIANachweises in der Verlaufskontrolle zu testen, wurden verschiedene Patienten mit malignem Melanom im The- Verlauf des Serumtumormarkers MIA bei zwei Patienten rapieverlauf mehrfach unter- mit malignem Melanom. Patient A: Dramatischer Abfall sucht. Patienten, die auf die der MIA-Werte nach Entfernung von Lebermetastasen. Behandlung ansprachen, zeig- Patient B: Kontinuierliche Zunahme des MIA-Wertes bei beginnender Metastasierung ten sinkende MIA-Werte, wohingegen bei Patienten mit fortschreitendem Erkrankungsverlauf gnostik ist insbesondere das S100βwährend oder nach der Therapie die Protein (S100β-Kette) interessant. DieMIA-Werte im Serum anstiegen (12, ses wird von einer Genregion auf Chro13). Diese Daten weisen daraufhin, mosom 21 kodiert und formt Homodidass eine Veränderung der Tumorlast mere, die aus zwei S100β-Molekülen durch Therapieverfahren über die Be- (ββ-Homodimere) bestehen oder Hestimmung von MIA im Serum verfolgt terodimere, die durch Assoziation mit dem S100-A1-Protein (αβ-Heterodiwerden kann. mere) gebildet werden können. Die ββHomodimere werden vornehmlich in Grafik 1 Schwann-Zellen, Astrozyten und GliaS100ββ zellen gebildet, die αβ-Heterodimere S100-Proteine umfassen ei- findet man aber auch in Melanozyten, ne Gruppe calciumbindender Adipozyten und Chondrozyten (e3–e5). saurer Proteine, denen unter Die Bestimmung von S100β im Seanderem eine Rolle bei der rum erfolgte früher immunradiomeEntfaltung der intrazellulären trisch, später immunluminometrisch, Botenfunktion von Calcium heute vorzugsweise durch ELISAzukommt. Man kennt heute Technik. Bei diesen neuen Verfahren mindestens 17 verschiedene werden hochspezifische monoklonale S100-Proteine. S100 ist ein Antikörper eingesetzt, die ausschließseit längerem etablierter im- lich die Isoformen S100ββ und munhistopathologischer Mar- S100αβ detektieren (19, 20). Einfache ker zur Identifizierung malig- Abarbeitung, kurze Inkubationszeit ner Melanome (14, 15, e2). In sowie hohe Präzision zeichnen diese letzter Zeit hat S100 zusätz- Assays aus. Als Referenzbereiche gellich als Serummarker für das ten S100β-Werte kleiner als 0,12 µg/L maligne Melanom Beachtung beziehungsweise 0,10 µg/L. Dabei ist wichtig zu wissen, dass andere KrebsStadienabhängige 10-Jahres-Überlebensrate bei Patien- gefunden. Mehrere Studien ten mit malignem Melanom. Je größer die Tumordicke, belegen seine potenzielle Beerkrankungen, renale Insuffizienz, kardesto früher die Metastasierung und schlechter die Pro- deutung in der Ausbreitungsdiovaskuläre Eingriffe, aber vor allem gnose (Stadium I und II Primärtumor, Stadium III Lymphdiagnostik und als Verlaufszerebrale Schädigungen und Polyneuknotenmetastasierung, Stadium IV Fernmetastasierung); parameter unter Therapie ropathien die Aussagekraft der Unter(modifiziert nach [5]; mit freundlicher Genehmigung der (16–18). Für die Melanomdia- suchung einschränken. In diesen FälFirma Essex) A 946 ⏐ Jg. 103⏐ ⏐ Heft 14⏐ ⏐ 7. April 2006 Deutsches Ärzteblatt⏐ M E D I Z I N ´ Tabelle 1 Wissenschaftlich untersuchte potenzielle serologische Tumormarker für das maligne Melanom Zytokine, Zytokinrezeptoren und Zelladhäsionsmoleküle II-6, II-8, II-10, s-II-R, sICAM-1,sVCAM Substanzen des Melaninstoffwechsels 5-S-Cysteinyldopa, 6-Hydroxy-5Methoxyindol-2-Carboxylsäure Tyrosinase (RT-PCR) Entzündungsparameter, Enzyme LDH, C-reaktives Protein, Serummatrixmetalloproteinase-2 Melanom-assoziierte Antigene NSE, MIA, S100 (siehe e17–e32) IL, Interleukin; s-II-R, löslicher Interleukin-2-Rezeptor; sICAM, „intercellular adhesion molecule 1“; sVCAM, „soluble vascular cell adhesion molecule 1“; LDH, Lactatdehydrogenase; NSE, Neuronenspezifische Enolase; MIA, melanoma inhibitory activity; RT-PCR, „reversed transcription-polymerase chain reaction“ len kann es zu falschnegativen oder falschpositiven Resultaten kommen. Außerdem ist zu beachten, dass Blut innerhalb von acht Stunden nach Abnahme aus dem Serum abzutrennen und einzufrieren ist (e6). Diskussion Für das maligne Melanom gab es bisher keinen außerhalb von experimentellen und klinischen Studien stehenden Tumormarker. Während die meisten in der Tabelle genannten Marker weiterhin nur in besonderen experimentellen Fragestellungen eine Rolle spielen, stehen für Routineaufgaben nun seit einiger Zeit technisch leicht bestimmbare kommerziell erhältliche Tumormarker wie MIA und S100β zur Verfügung (21, e7, e8). Ähnlich sind bei beiden Sensitivität (circa 40–46 Prozent) und Spezifität (circa 85–95 Prozent) (Stadien III und IV), die Korrelation zur Klinik in fortgeschrittenen Erkrankungsstadien sowie das Ansprechen auf eine Chemotherapie (13, 22, e9). Dagegen eignen sie sich nicht als Prognoseparameter und zur Verlaufskontrolle bei frühen Krankheitsstadien sowie zur Identifizierung von Risikogruppen in der adjuvanten Therapiesituation (Stadium I und II) (23, e9). Widersprüchlich sind die Ergebnisse bei Erkrankungsrückfall nach „tumorfreiem“ Stadium und bei Auftreten von Mikrometastasen (13, e10, e11). Die Wertigkeit einer kombinierten Bestimmung beider Marker ist bislang nur in wenigen Studien untersucht worden. Hier zeigte sich eine Kombination beider Marker der Einzelbestimmung überlegen. Vergleicht man S100β und MIA miteinander bei gleichen Patientenkollektiven so scheint MIA etwas sensitiver und spezifischer zu sein (e12); das spiegelt auch die klinische Erfahrung der Autoren wider. Diesbezüglich laufen zurzeit entsprechende klinische Untersuchungen. Ähnliche Ergebnisse findet man auch, wenn man Patienten mit einer Sonderform des malignen Melanoms, dem metastasierenden Aderhautmelanom, untersucht (e13, e14). Zur Beurteilung der gemessenen Tumormarkerwerte ist es wichtig zu wissen, wann diese physiologischerweise erhöht sein können. So misst man erhöhte S100β-Serumwerte bei Patienten mit Leber- oder Nierenerkrankungen sowie bei Erkrankungen des ZNS (24, e15). MIA wird im Normalgewebe nur im Knorpel gefunden. Bei der Serumbestimmung sind daher rheumatologische Erkrankungen zu berücksichtigen (e16). Aber auch bei Säuglingen und Kindern sowie Schwangeren kommen erhöhte Werte vor (25). Die Serumbestimmungen für S100β werden von den meisten Laboratorien für klinische Chemie angeboten, wohingegen MIA schwerpunktmäßig an Universitätszentren determiniert wird. Die Kosten liegen für beide Marker bei circa 30 Euro (1,15facher GOÄ-Satz). In den meisten Fällen ⏐ Jg. 103⏐ ⏐ Heft 14⏐ ⏐ 7. April 2006 Deutsches Ärzteblatt⏐ werden die Kosten von den Krankenkassen übernommen. Die bisherigen Daten belegen, dass die Nachweise von MIA und S100β im Serum von Melanompatienten diagnostisch relevante Tumorparameter darstellen. Zur Verlaufskontrolle bei fortgeschrittener Erkrankung bei Patienten im Stadium Ilb, III und IV sind die Assays sowohl in der Tumornachsorge als auch im Therapiemonitoring einsetzbar. Aber auch hier gilt immer der Grundsatz, dass ein Einzelwert nicht aussagekräftig ist, sondern stets die Tumorkinetik beziehungsweise der Verlauf beurteilt werden muss. Manuskript eingereicht: 29. 12. 2004, revidierte Fassung angenommen: 4. 11. 2005 Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht. ❚ Zitierweise dieses Beitrags: Dtsch Arztebl 2006; 103(14): A 943–8. Literatur 1. Stang A, Stang K, Stegmaier C et al.: Skin melanoma in Saarland incidence, survival and mortality 1970–1996. Eur J Cancer Prev 2001; 10: 407–15. 2. 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Heft 44/2005 Neue Versorgungsabläufe Solche Beiträge sind wertvoll, weil sie durch die große Verbreitung und hohe Akzeptanz des Deutschen Ärzteblattes vielen Kolleginnen und Kollegen zur Kenntnis gebracht werden und weil sie aus der Feder kompetenter Sachkenner stammen. Trotzdem sei die Frage erlaubt, ob die Autoren die gesetzten Ziele erreichen und ob sich ihre Erwartungen erfüllen. Mit anderen Worten: Was bewirken solche Beiträge? Im Deutschen Ärzteblatt und in den einschlägigen Fachzeitschriften gab es immer wieder ähnlich lautende Hodentumorartikel, sogar ein ganzes Heft haben Fachgesellschaft und Berufsverband erst kürzlich noch einmal diesem Thema gewidmet. Obwohl auch eine S2-Leitlinie „Zur Diagnostik und Therapie von Hodentumoren auf der Grundlage evidenzbasierter Medizin (EbM)“ existiert und wiederholt publiziert wurde (1, 2), hat sich an den ungenügenden Behandlungsergebnissen seit Jahren nichts geändert (3). Im internationalen Vergleich ist die Mortalitätsrate zum Beispiel in Norwegen (0,23) und in den USA (0,21 bis 0,249) niedriger als bei uns (0,36). Die Aussagen der Autoren gelangen also nicht in die Köpfe der Handelnden. Wenn für die Patienten damit zu wenig erreicht wird, gilt es umzudenken. Deshalb wollen die Mitglieder der an der Therapie von Hodentumoren beteiligten Arbeitsgruppen bundesweit die Qualität der Versorgung verbessern. Wir sehen in dem Abschluss integrierter Versorgungsverträge einen Ausweg aus der Diskrepanz zwischen der Vielzahl von Fortbildungsangeboten und den tatsächlichen Ergebnissen der Versorgung. Im konkreten Fall soll der Kollege honoriert werden, der als Ersttherapeut externe Kompetenz einholt, indem er bei Experten eine Zweitmeinung anfordert und außerdem die Qualität seiner Diagnostik, Therapie und Nachsorge prüfen lässt. Die dezentralen Versorgungsstrukturen werden beibehalten. Solche Verträge werden seit XI/2005 zunächst von der AOK Nordrhein und Hamburg angeboten; weitere Kassen werden folgen. Ein von der Deutschen Krebshilfe gefördertes Datenzentrum wird die Versorgungsforschung ermöglichen, indem die anfallenden Daten zum Erstbefund, der Zweitmeinung, der tatsächlichen Behandlung und des Verlaufs ausgewertet werden. So wichtig die Ärzteblatt-Publikationen für die Autoren, Herausgeber und Anteile der Leserschaft sind, so unzureichend beeinflussen sie die Versorgungsergebnisse. Winter et al., Dickmann et al., Krege et al. und viele andere Autoren werden zu der Erkenntnis gelangen, dass die schreibende in eine handelnde Funktion zu steigern ist. Im konkreten Fall werden also mit den Krankenkassen neue Versorgungsabläufe geschaffen, die ein Behandlungsergebnis gewährleisten sollen, von dem die Autoren ausgehen. Mit diesem Vorgehen errichten wir also nicht – wie befürchtet – „mit fragwürdiger Begründung Barrieren gegenüber Kollegen“ (4), und schon gar nicht machen wir uns zu einem Kontrollorgan der Krankenkassen. Stattdessen bemühen wir uns, die Ergebnisse unseres Handelns dem internationalen Niveau anzugleichen. Unbestritten ist die Tatsache, dass die medizinischen und ökonomischen Leistungserbringer Allianzen eingehen müssen. ⏐ Jg. 103⏐ ⏐ Heft 14⏐ ⏐ 7. April 2006 Deutsches Ärzteblatt⏐ M E D I Z I N Internet-Literaturverzeichnis Heft 14/2006, zu: Rüdiger Hein1, Anja Bosserhoff2 Johannes Ring1 Tumormarker beim malignen Melanom Literatur Internet e1. Bosserhoff AK, Moser M, Hein R et al.: In situ expression patterns of melanoma-inhibitoring activity (MIA) in melanomas and breast cancers. J Path 1999; 187: 446–54. e2. Stefansson K,Wolmann R, Jerkovic M: S-100 protein in soft-tissue tumors derived from Schwann cells and melanocytes. Am J Path 1982; 106: 261–8. e3. 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