272 © 2008 Schattauer GmbH Molekularbiologie und Hämostase Ch. Mannhalter Klinisches Institut für Medizinische u. Chemische Labordiagnostik, Medizinische Universität Wien, Österreich Schlüsselwörter Blutgerinnung, Molekularbiologie, angeborene Blutungsneigung Keywords Thrombophilie, Blood coagulation, genetics, thrombophilia, inherited bleeding disorders Zusammenfassung Summary Für die Diagnostik von Erkrankungen spielen molekularbiologische Methoden bei schweren angeborenen Krankheiten (z. B. Hämophilie A oder B) eine wichtige Rolle. Auch zur Diagnostik polygenetischer Erkrankungen (z. B. venöse und arterielle Thrombosen) sind sie unentbehrlich. Neben der Analyse der zwei häufigsten genetischen Defekte (Inversion im Intron 22 und Intron 1) im Faktor-VIII-Gen als Ursache der schweren Hämophilie A wurde in den vergangenen Jahren die Sequenzierung des Faktor-VIII-Gens in mehreren Zentren eingeführt und wird nun in der Hämophilie- und Überträgerinnen-Diagnostik eingesetzt. Bei Patienten mit Thrombophilie trägt der Nachweis von Mutationen im Protein-C- und Protein-S-Gen zur Verbesserung der Diagnostik bei bekanntem familiären Protein-C- bzw. -S-Mangel bei. Die Analysen der Arg506Gln-Mutation im Faktor-V-Gen (Faktor-V-Leiden) und die 20210G>A-Mutation im Prothrombin-Gen, die das Risiko für venöse Thrombose beeinflussen, können potenziell helfen, das individuelle Risiko für eine Thrombose bzw. Rezidivthrombose besser einzuschätzen. Allerdings führt die unkritische Untersuchung genetischer Ursachen der Thrombose zu keinem wesentlichen Informationsgewinn hinsichtlich Behandlung und Beratung der Patienten und kostet Zeit und Geld. Daher sollen immer nur jene Tests durchgeführt werden, die medizinische bzw. therapeutische Konsequenzen nach sich ziehen. Trotz der Bedeutung der molekulargenetischen Diagnostik sind die Einsatzmöglichkeiten der Mutationsdiagnostik im klinischen Alltag eines Gerinnungslabors begrenzt. Große Studien haben gezeigt, dass eine Mutation nicht bei jedem Menschen die gleiche Auswirkung hat, da endogene und exogene modulierende Faktoren den Phänotyp beeinflussen. Da sehr wenig über modulierende Faktoren bekannt ist, ist es häufig schwierig, die Auswirkung einer Mutation in ihrer Tragweite zu bewerten. Es ist daher von außerordentlicher Wichtigkeit, die Forschung voranzutreiben, um GenGen- und Gen-Umwelt-Interaktionen zu verstehen, damit in Zukunft eine zuverlässige Interpretation der Mutationsergebnisse möglich wird. Molecular biological methods have become increasingly important not only in the diagnostics of inherited monogenetic diseases such as hemophilia A or B but also in the diagnostics of polygenetic diseases e.g. venous and arterial thrombosis. In haemophilia A, sequencing of the factor VIII gene has been established in addition to the analysis of the two most frequent genetic abnormalities, the inversions in intron 22 and intron 1, in several centers. Molecular testing has proved helpful to identify haemophilia patients at high risk to develop inhibitors as well as in carrier analysis. In patients with familial protein C or protein S deficiency mutation analysis contributes to the verification of the diagnosis. The frequently performed tests for the factor V Leiden mutation and the prothrombin 20210G>A variation can potentially support the estimation of the thrombotic risk as well as the risk of recurrence. However, any uncritical application of these genetic tests does not improve diagnostics nor does it support therapeutic decision making or counselling of the patient. Therefore, one should only do genetic tests with medical or therapeutic consequences. The applicability of mutation analysis in the daily routine is still limited in spite of the importance of molecular diagnostics in the understanding of pathomechanisms of haemostatic disorders. As has been demonstrated in large studies, the phenotypic effects of mutations can vary significantly between individuals. Endogenous and exogenous modulators that are still largely unknown, play a role. Currently, the understanding of these modulators is limited, and large multicenter studies and meta-analyses are needed for a better understanding of gene-gene and gene-environment interactions. D und die Wundheilung nach Verletzungen zu fördern. Jede Störung des hämostatischen Gleichgewichtes kann zu erhöhter Bereitschaft zu abnormen Blutungen oder zu un- as System der Blutstillung ist ein homöostatischer Mechanismus und dient dazu, abnorme Blutungen oder Gefäßverschlüsse zu verhindern Molecular biology and haemostasis Hämostaseologie 2008; 28: 272–288 gewöhnlichen (meist venösen, selten arteriellen) Verschlusskrankheiten führen. In den vergangenen 30 Jahren konnte man bei fast allen angeborenen Defekten des Hämostasesystems genetische Veränderungen identifizieren. Mit der Einführung von Genanalysen in das medizinische Labor wurden neue Möglichkeiten zur direkten Untersuchung der Erbsubstanz in unterschiedlichen biologischen Systemen geschaffen. Dies hat zu signifikanten Verbesserungen im medizinisch diagnostischen Instrumentarium geführt. Da die DNA in kernhaltigen Körperzellen (z. B. weißen Blutkörperchen, Mundschleimhaut, Haarwurzeln, Urin) vorkommt, ist die Gewinnung des Untersuchungsmaterials relativ einfach. Bei angeborenen Erkrankungen unterscheidet man zwischen vererbten und im ungeborenen Lebewesen spontan entstandenen Fehlern der Erbmasse (Neumutationen). Beide können an künftige Generationen weitergegeben werden. Für die Weitergabe der genetischen Information von einer Zelle zur anderen sind Schlüsselenzyme (Polymerasen) verantwortlich. Sie sind ungeheuer leistungsfähig und zuverlässig – und machen trotzdem Fehler. Zwar verfügt der Körper über Kontroll- und Korrekturmechanismen, die solche Fehler beheben. Doch wenn der Korrekturmechanismus versagt, kann das schwere Auswirkungen haben. Genügt die Veränderung in einem Gen als Krankmacher, spricht man von einer monogenetischen Erbkrankheit. Bei polygenetischen Krankheiten müssen mehrere Veränderungen vorliegen, damit es zur Erkrankung kommt. Das Genom ist die genetische Gesamtinformation, die Blaupause des Bauplanes des Organismus. Das menschliche Genom besteht aus drei Milliarden Basenpaaren und etwa jede 100. bis 300. Base ist von Mensch zu Mensch verschieden (polymorphe DNA-Gestalt). Die Sequenzierung des Hämostaseologie 5/2008 Downloaded from www.haemostaseologie-online.com on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 273 Molekularbiologie, Hämostase Genoms ist abgeschlossen, doch nicht alle Gene (etwa 30 000) sind lokalisiert und identifiziert. Welche Gene mit Erkrankungen assoziiert sind, muss zum großen Teil noch erforscht werden. Gen und Mutationen Ein Gen ist eine physikalische und funktionelle Einheit der Vererbung. Es enthält die Information für eine Funktion. Biochemisch ist es eine geordnete Abfolge von Nukleotiden (aus den Basen: Adenin, Guanin, Cytosin, Thymin), die sich an einer bestimmten Position in unserem Genom befinden müssen. Findet sich ein Gen nicht an der definierten Position des speziellen Chromosoms, dann hat es nicht die Funktion, die es haben sollte. D. h., ein Gen muss an der richtigen Stelle, im richtigen Umfeld lokalisiert sein. Änderung der Position eines Gens führen u. U. zu geänderten Funktionen und evtl. zu Erkrankungen. Man unterscheidet verschiedene Mutationen Punkt- und kleine Mutationen sind Änderungen der genetischen Information, die eine oder wenige Nukleotide betreffen. Sie können dazu führen, dass die im betroffenen DNA-Abschnitt festgelegte Information in verminderter oder erhöhter Menge oder falsch abgelesen wird, was gravierende Konsequenzen nach sich ziehen kann. Große Mutationen (z. B. Chromosomenveränderungen wie Translokationen) sind verbunden mit dem Austausch von Sequenzen zwischen Chromosomen, Inversionen mit Sequenzverschiebungen innerhalb eines Chromosoms oder Gens, große Insertionen, große Deletionen sowie numerische Veränderungen, bei denen sich bereits im Mikroskop feststellen lässt, dass eine Abweichung von der Norm vorliegt. Große Mutationen sind in der Regel mit dem Verlust der ursprünglichen Genfunktion verbunden. Unter Umständen kann es zur Ausprägung neuer Funktionen kommen. Polymorphismen sind genetische Veränderungen (Mutationen), die in bestimmten Populationen häufig (>1%) zu finden sind, meist nur geringe Auswirkungen haben und zur Diversität des Genoms beitra- gen. Man rechnet mit mehreren Millionen Polymorphismen im humanen Genom. Ein bekanntes Beispiel einer polymorphen Variante aus dem Gebiet der Hämostaseologie ist die Faktor-V-Leiden-Mutation. Schon früh fand man heraus, dass Polymorphismen in unmittelbarer Nähe von kausalen Mutationen liegen und mit diesen vererbt werden können. Diese Polymorphismen eignen sich als genetische Marker in Familien, wo man die Mutation nicht kennt (d. h. man analysiert nicht die Mutation direkt sondern die Vererbung des Polymorphismus; man macht eine Vererbungsanalyse, eine Linkage-Analyse). Als genetische Marker dienen z. B. Restriktionsfragmentlängen-Polymorphismen (RFLP) oder short tandem repeats (STR). Inzwischen weiß man, dass Polymorphismen auch in Steuerregionen von Genen, z. B. Promoter oder 3’-untranslatierte Region (Prothrombin-20210G>A-Variante), vorkommen und die Konzentration eines Proteins beeinflussen. Diese Polymorphismen stehen häufig in Zusammenhang mit der synthetisierten Proteinmenge (z. B. führt der Polymorphismus im Prothrombin-Gen zu erhöhter Prothrombinkonzentration im Plasma). Genanalyse Die moderne Diagnostik hat zum Ziel, die Prophylaxe zu unterstützen und Erkrankungen zu verhindern. Dazu bedarf es einer spezifischen und sensitiven Diagnostik. Laboruntersuchungen mit konventionellen funktionellen oder biochemischen Tests sind häufig von externen Störfaktoren beeinflusst und dadurch ungenau. Oft sind sie erst nach Entnahme einer Gewebeprobe möglich. Genanalysen sind von externen Faktoren unabhängig. Bei molekulargenetischen diagnostischen Anwendungen ist sorgfältig zu beachten, dass ● Präanalytik, ● Qualitätssicherung, ● Standardisierung und Validierung der Tests eine große Rolle spielen. Genanalyse oder molekulargenetische Diagnostik erhöht die diagnostische Si- cherheit entscheidend. Zwei Möglichkeiten gibt es auf der DNA-Ebene: ● Die direkte genomische Analyse ist die Identifizierung der Mutationen im betroffenen Gen. ● Indirekte genomische Analyse (Kopplungsanalyse, Linkage-Analyse) ist die Untersuchung von Markern, die eng mit der im Gen lokalisierten Mutation gekoppelt sind. Wie erwähnt, ist die DNA sehr polymorph – die meisten Gene existieren in verschiedenen Ausprägungen. Man bezeichnet diese als Allele. Üblicherweise benennt man die häufigste Form als Wildtyp, die anderen Allele werden als Varianten bezeichnet. Aussagesicherheit Bei der direkten genomischen Diagnostik liegt die Sicherheit der Aussage bei 99%, da die kausale Mutation direkt bestimmt wird (41). Bei der indirekten genomischen Diagnostik hängt sie von der Lage der Marker ab: Liegt der Marker innerhalb des Gens (intragener Polymorphismus), ist z. B. bei Hämophilie B (mit dem relativ kleinen FIX-Gen) mit einer Aussagesicherheit von 99% zu rechnen. Liegt der Marker außerhalb des Gens (extragener Polymorphismus), dann ist die Aussagesicherheit geringer. Die Verminderung ist umso größer, je weiter der Marker vom Gen entfernt ist. Der Grund dafür ist das Crossing-over zwischen Marker und Mutationsort während der Reduktionsteilung (Meiose). Für extragenische Marker liegt die Aussagesicherheit in der Regel bei etwa 95%. Rechtliche Rahmenbedingungen In den vergangenen Jahren wurde in den meisten europäischen Ländern festgelegt, dass Patienten genetischen Untersuchungen zustimmen müssen. Die genauen Anforderungen sind in der EU in nationalen Gesetzen, Verordnungen oder Leitlinien festgelegt. Sie unterscheiden sich in den EUMitgliedsländern. In Österreich und Deutschland gelten ähnliche Anforderungen, die hier besprochen werden sollen. Hämostaseologie 5/2008 Downloaded from www.haemostaseologie-online.com on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 274 Mannhalter Deutschland Genetische und pränatale Untersuchungen, einschließlich Reihenuntersuchungen, sind nur erlaubt, wenn die betroffene Person frei und nach hinreichender Aufklärung zugestimmt hat. Vorbehalten bleiben die in einem Bundesgesetz vorgesehenen Ausnahmen. Ist die betroffene Person urteilsunfähig, so erteilt die Zustimmung ihr gesetzlicher Vertreter. Die Zustimmung kann jederzeit widerrufen werden. Im deutschen Bundesgesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen sind ● genetische Untersuchungen: zytogenetische und molekulargenetische Untersuchungen zur Abklärung ererbter oder während der Embryonalphase erworbener Eigenschaften des Erbguts sowie weitere Laboruntersuchungen, die unmittelbar darauf zielen, solche Informationen über das Erbgut zu erhalten. – Zytogenetische Untersuchungen: Klärung der Zahl und der Struktur der Chromosomen, – molekulargenetische Untersuchungen: Klärung der molekularen Struktur der Nukleinsäuren (DNA und RNA) sowie des unmittelbaren Genprodukts, ● präsymptomatische genetische Untersuchungen mit dem Ziel, Krankheitsveranlagungen vor dem Auftreten klinischer Symptome zu erkennen, mit Ausnahme der Untersuchungen, die ausschließlich zur Abklärung der Wirkungen einer geplanten Therapie dienen; ● pränatale genetische Untersuchungen zwecks pränataler Risikoabschätzung während der Schwangerschaft zur Abklärung von Eigenschaften des Erbguts des Embryos oder Fötus, ● pränatale Risikoabklärungen: Laboruntersuchungen, die Hinweise auf das Risiko einer genetischen Anomalie des Embryos oder Fötus geben sowie Untersuchungen des Embryos oder Fötus mit bildgebenden Verfahren, ● Untersuchungen zur Familienplanung: genetische Untersuchungen zur Abklärung eines genetischen Risikos für Nachkommen, ● Reihenuntersuchungen: genetische Untersuchungen, die systematisch der gesamten Bevölkerung oder bestimmten ● Personengruppen angeboten werden, ohne dass bei der einzelnen Person ein Verdacht besteht, dass die gesuchten Eigenschaften vorhanden sind. Genetische In-vitro-Diagnostika sind fertige Erzeugnisse zum Nachweis von Eigenschaften des Erbguts. Österreich Genetische Analysen sind Laboranalysen, die zu Aussagen über konkrete Eigenschaften hinsichtlich Anzahl, Struktur oder Sequenz von Chromosomen, Genen oder DNA-Abschnitten oder von Produkten der DNA und deren konkrete chemische Modifikationen führen und die damit nach dem Stand von Wissenschaft und Technik Aussagen zu Überträgerstatus, Krankheitsrisiko, eine vorliegende Krankheit oder einen Krankheits- oder Therapieverlauf am Menschen ermöglichen. Genetische Analysen dienen der Feststellung einer ● bestehenden Erkrankung, die auf einer Keimbahnmutation beruht, ● Prädisposition für eine Krankheit, insbesondere eine Veranlagung für eine möglicherweise künftig ausbrechende genetisch bedingte Erkrankung oder Feststellung eines Überträger(innen)status, für die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik Prophylaxe oder Therapie möglich sind, ● Prädisposition für eine Krankheit, insbesondere eine Veranlagung für eine möglicherweise künftig ausbrechende genetisch bedingte Erkrankung oder Feststellung eines Überträger(innen)status, für welche nach dem Stand von Wissenschaft und Technik keine Prophylaxe oder Therapie möglich sind einschließlich einer genetischen Analyse im Rahmen einer pränatalen Untersuchung. Genetische Analysen dürfen nur bei Vorliegen einer schriftlichen Bestätigung der zu untersuchenden Person durchgeführt werden, die zuvor durch einen in Humangenetik/medizinischer Genetik ausgebildeten oder einen für das Indikationsgebiet zuständigen Facharzt über deren Wesen, Tragweite und Aussagekraft aufgeklärt worden ist und aufgrund eines auf diesem Wissen beruhenden freien Einverständ- nisses der genetischen Analyse zugestimmt hat. Humangenetische Beratung Mit molekulargenetischer Diagnostik kann z. B. die Vererbung von Hämophilie A und B innerhalb der Familie verfolgt werden (40). Welche Familienmitglieder in die Untersuchungen für die genetische Familienberatung einbezogen werden, hängt von der Familiensituation ab. Die humangenetische Beratung ist fixer Bestandteil der genetischen Diagnostik und in Deutschland und Österreich verpflichtend vorgeschrieben. Ins Beratungsgespräch sind auch Fragen zur Behandlung und Betreuung von Hämophilen und die spezifische Situation der Familie einzuschließen. Das Beratungsgespräch ist schriftlich zu dokumentieren. Untersuchungen dürfen nur auf Wunsch des/der Ratsuchenden erfolgen – Freiwilligkeit! Die Konsequenzen aus den Ergebnissen der humangenetischen Diagnostik und Beratung hat immer die Familie, der oder die Ratsuchende(n) zu treffen. Gerinnungsstörungen Molekularbiologische Diagnostik bei Blutungsneigungen Faktor VIII, Faktor-VIII-Mangel und Hämophilie A Faktor VIII (FVIII) ist ein Pro-Kofaktor, der durch Thrombin aktiviert wird und dann als Kofaktor des Faktors IX wirkt. Sein Molekulargewicht beträgt 280 kDa. Die normale FVIII-Konzentration im Plasma liegt bei etwa 0,15 mg/l, bzw. 50–150%. Der plasmatische Faktor-VIII-Spiegel ist beeinflusst durch die Blutgruppe. Personen mit Blutgruppe 0 haben signifikant niedrigere FVIII-Spiegel als Personen mit anderen Blutgruppen. Faktor VIII ist als Akute-Phase-Protein bei Stress, Entzündung usw. erhöht. Die bei venösen und arteriellen Verschlusskrankheiten erhöhten FVIIISpiegel sind jedoch bei den meisten Patienten unabhängig von Entzündungsvorgängen. Hämostaseologie 5/2008 Downloaded from www.haemostaseologie-online.com on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 276 Mannhalter Das humane Faktor-VIII-Gen befindet sich auf dem langen Arm des X-Chromosoms (Region Xq28) und besteht aus 26 Exons mit 186 Kilobasenpaaren (kb). Es gehört zu den großen Genen des menschlichen Genoms (2). Von den 25 Introns sind sechs länger als 14 kb. Das Intron 22 (IVS22) ist 32 kb lang und enthält die intronlosen Gene F8A und F8B. F8B wird in der gleichen Richtung wie das FVIII-Gen transkribiert, F8A wird in die entgegengesetzte Richtung transkribiert. Circa 400 kb in telomerischer Richtung vom FVIII-Gen entfernt liegen zwei bis drei Kopien des F8A-Gens, die in der gleichen Transkriptionsrichtung wie das FVIII-Gen abgelesen werden. Die FVIII-mRNA enthält die Information für ein Protein mit 2351 Aminosäureresten. Das Exon 14, das für die funktionell wenig bedeutende B-Domäne im FVIII-Protein kodiert, umfasst nahezu 40% der kodierenden Sequenz (cDNA). Mit dem Namen Hämophilie bezeichnet man die Bluterkrankheit, bei der zwei Formen unterschieden werden (Hämophilie A und B), je nachdem, ob der Gerinnungsfaktor VIII oder IX im Blut fehlt. Die Krankheit wird X-chromosomal vererbt und trifft in erster Linie Männer. Frauen können Trägerinnen der Erkrankung sein und sie an ihre Söhne weitergeben, bei denen sie phänotypisch ausgeprägt ist. Töchter sind in der Regel klinisch nicht betroffen, sie können die Erkrankung an die nächste Generation vererben. Da Frauen meistens asymptomatisch sind, können X-chromosomale Defekte mehrere Generationen überspringen. In Einzelfällen ist eine Hämophilie bei Frauen möglich, die Ursachen dafür sind vielfältig und nicht vollständig erforscht. Bei chirurgischen Eingriffen können die bei Überträgerinnen häufig verminderten Faktor-VIIIGerinnungsaktivitäten zu Blutungskomplikationen führen. Wir wissen, dass Hämophilie A durch komplettes Fehlen, schweren Mangel oder defekte Funktion des Gerinnungsfaktors VIII ausgelöst wird. Da die Hämophilie B durch einen Defekt oder den Mangel an Gerinnungsfaktor IX, einem Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsprotein, verursacht wird, ist eine Unterscheidung der beiden Erkrankungen aus therapeutischen Gründen essenziell. Mittels Gerinnungstest ist die Differenzierung möglich. Genetische Untersuchungen Das Faktor-VIII- und Faktor-IX-Gen wurden Mitte der 1980er Jahre entschlüsselt. Seitdem ist es möglich, die genetischen Ursachen bei Patienten und ihren weiblichen Angehörigen zu identifizieren. Hämophilie A tritt bei etwa einem von 8000 bis 10 000 Männern auf, die Hämophilie B nur bei etwa einem von 50 000 Männern. Das klinische Bild der Hämophilie A ist heterogen. Man unterscheidet entsprechend der Faktor-VIII-Aktivität (90) Patienten mit ● schwerer Hämophilie A (<1%), ● mittelschwerer (1–5%) und ● leichter Hämophilie A (>5% – <40%). Meistens geht die verminderte funktionelle Aktivität mit dem Fehlen des FVIII-Proteins im Plasma einher. In Einzelfällen ist mit immunologischen Methoden ein defektes FVIII-Protein im Plasma detektierbar. Folgende Mutationstypen wurden bei Patienten mit Hämophilie A gefunden: ● große Deletionen und Insertionen (im kb-Bereich), ● Inversionen, ● kleine Deletionen bzw. Insertionen (<100 bp) und ● Punktmutationen. mutationen können im gesamten FVIII-Gen entstehen und mit schweren oder leichten Formen assoziiert sein. Da in der Meiose weiblicher Keimzellen die homologe Paarung der X-Chromosomen eine Rekombination wenig wahrscheinlich macht, treten bestimmte Veränderungen im FVIII-Gen (v. a. die Inversion im Intron 22) überwiegend in männlichen Keimzellen auf. Inversionen im Faktor-VIII-Gen Die Inversion im Intron 22 geht auf eine Paarung zwischen dem im Intron 22 liegenden F8A-Gen und dessen extragenen Kopien zurück. Crossing-over-Ereignisse zwischen der distalen extragenen Kopie und dem Intron-22-F8A-Gen führen zur Typ1-Inversion, Crossing over zwischen der proximalen extragenen Kopie und dem intragenen F8A-Gen zur Typ-2-Inversion. Die Inversionstypen 3A und 3B weisen auf eine dritte extragene F8A-Kopie hin. Die Inversion zerstört die FVIII-Genstruktur (schwere Hämophilie A). Eine Inversion im Intron-1 wurde vonBagnall et al. (4) beschrieben, die für 2–5% der schweren Hämophilien verantwortlich ist. Weitere Mutationstypen Deletionen und Insertionen In den ersten Untersuchungen fand man bei ca. 5% der Patienten mit Hämophilie A große Deletionen, d. h. ein Stück des FVIIIGens fehlt. Interessanterweise hatte jeder Patient seine individuelle Deletion. Das Ausmaß dieser Deletionen variierte zwischen einem kleinen Stück und der totalen Deletion des FVIII-Gens. Bei einigen Patienten mit Hämophilie A wurden Insertionen im FVIII-Gen gefunden. Sie kommen nur selten vor, und bei den wenigen beschriebenen Fällen handelte es sich stets um Neuerkrankungen. Da Hämophilie A bis vor relativ kurzer Zeit tödlich war, ihre Häufigkeit aber über Jahrtausende etwa gleich blieb, war naheliegend, dass immer wieder Neumutationen vorkommen. Daher kann auch bei Familien ohne bekannten Erbgang Hämophilie A auftreten. Etwa 30% der Hämophilie-A-Erkrankungen sind Neuerkrankungen. Neu- Mit einer Häufigkeit von je etwa 10–15% findet man ● Nonsense-Mutationen, die zu einem Stopp bei der Translation führen, ● Missense-Mutationen, bei denen es zum Austausch einer Aminosäure kommt, ● kleine Insertionen oder Deletionen, bei denen einzelne Nukleotide eingefügt werden oder fehlen und oft zur Verschiebung des Leserahmens führen, ● Spleißstellenmutationen, bei denen das Herausschneiden der Introns gestört ist. Patienten mit Faktor-VIII-Inhibitor In den vergangenen Jahren zeigte sich, dass die Art der Mutation das Risiko einer Hemmkörperbildung wesentlich beeinflusst. Etwa 20–25% der Patienten mit schwerer Hämophilie A entwickeln gegen den therapeutisch zugeführten Faktor VIII Antikörper, was die Behandlung beträcht- Hämostaseologie 5/2008 Downloaded from www.haemostaseologie-online.com on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 277 Molekularbiologie, Hämostase lich komplizieren kann. Die Hemmkörperprävalenzen reichen von 88% bei großen, mehrere Proteindomänen umfassenden Deletionen bis zu 3% bei Spleißstellen-Mutationen. Die Inversion im Intron 22 ist ebenso wie große Deletionen mit einem erhöhten Risiko der Inhibitorentwicklung verbunden (74). Aus diesem Grund ist es wichtig, nicht nur den Faktor-VIII-Spiegel zu bestimmen, sondern auch die Mutation eines Patienten zu kennen. Dank der relativ einfachen Nachweisbarkeit ist es heute möglich, mit vertretbarem Aufwand die Mutationen zu identifizieren. Tab. 1 Faktor-VIII-Gerinnungsuntersuchung und molekulare Diagnostik bei weiblichen Verwandten von Hämophilie-A-Patienten: Der Überträgerinnenstatus wurde durch Nachweis der kausalen, familienspezifischen Mutation gesichert. Nr. 1 2 Überträgerin nein 122 41 4 104 5 ja 6 7 9 Die Überträgerinnendiagnostik ist ein wichtiger Bestandteil der Hämophilie-Diagnostik. Frühe Methoden basierten auf der Faktor-VIII-Aktivität, die aber bei bei Überträgerinnen oft nicht eindeutig vermindert ist (Tab. 1). Die Aussagesicherheit beträgt daher bestenfalls 70–85%. Ein entscheidender Durchbruch in der Konduktorinnendiagnostik war die Entdeckung genetischer Varianten (Polymorphismen) im FVIII-Gen. Diese sind nicht für die Erkrankung verantwortlich, erlauben aber die Erkennung des Erbgangs des krankheitskausalen Faktor-VIII-Gens (Kopplungsanalyse, Linkage-Analyse). Die Linkage-Analyse (Kopplungsanalyse) unterliegt mehreren Einschränkungen: ● Neben dem Erkrankten müssen alle nah Verwandten (Eltern, evtl. Großeltern, Geschwister) für die Untersuchung zur Verfügung stehen. ● Die Vaterschaft muss gesichert sein. ● Manche Familien sind für die im FaktorVIII-Gen liegenden genetischen Merkmale (intragenische polymorphe Marker) nicht informativ (d. h. beide X-Chromosomen der Überträgerin sind nicht unterscheidbar). Hier kann die Vererbungsanalyse mit intragenischen Markern nicht durchgeführt werden. ● Mit zusätzlichen Markern, die außerhalb des Faktor-VIII-Gens liegen (extragenische Marker), kann die Informativität zwar erhöht werden, aber nur eine 95–96% diagnostische Sicherheit erreicht werden (Cross over). ● Neumutationen bleiben unerkannt. 81 3 10 70 171 nein 140 97 8 Überträgerinnendiagnostik Faktor VIII (%) ja 80 68 Natürlich ist die direkte Mutationsanalyse und der Nachweis des familiären ursächlichen Gendefekts (Mutation) anzustreben, da das am sichersten ist. Alle Mutationen sind einer Datenbank HAMSTeRS (International Hemophilia A Mutation, Structure, Test and Resource Site) zu entnehmen (49): http://europium.csc.mrc.ac.uk. Protein, wird im Endothel und den Plättchen gebildet und nach Freisetzung ins Blut von einer Metalloprotease (ADAMTS13) proteolytisch gespalten und in seine physiologische Form umgewandelt. Das VWF-Gen befindet sich auf Chromosom 12p13. Neben dem funktionell aktiven Gen existiert ein Pseudogen auf Chromosom 22. Defekte in den Faktoren VII, IX, X Die drei Faktoren VII, IX und X gehören neben Prothrombin zu den Vitamin-K-abhängigen prokoagulatorischen Gerinnungsfaktoren. Sie werden in der Leber synthetisiert und zirkulieren, so wie der Faktor II (Prothrombin), im Blut als Proenzyme von Serinproteasen. Die Exon/Intron-Organisation der Gene von FVII, FIX und FX ist identisch. Sie gehören zur gleichen Genfamilie (13). Jedes Exon kodiert für eine Domäne: ● Exon 1 kodiert das Signalpeptid, ● Exon 2 das Propeptid und die GlaDomaine, ● Exon 3 die aromatische Aminosäuredomaine, ● Exon 4 und 5 die EGF-Regionen, ● Exon 6 die Aktivierungsdomaine und ● Exon 7 und 8 die katalytische Domaine. Von-Willebrand-Syndrom Das von-Willebrand-Syndrom (VWS), die häufigste angeborene Blutungsstörung, ist ausgelöst durch ein Fehlen oder Defekte im von-Willebrand-Faktor (VWF). Sowohl der qualitative als auch der quantitative VWFMangel sind durch genetische Veränderungen verursacht, die im Beitrag von Schneppenheim und Budde detailliert behandelt werden (Hämostaseologie 2008; 28: 312–319). Der VWF ist ein Adhäsivprotein, das in der primären Hämostase die Verbindung von Plättchen zum Subendothel herstellt und auch Faktor VIII im Komplex bindet, was ihn vor vorzeitigem Abbau schützt. Die normale Plasmakonzentration beträgt 10 mg/l, bzw. 40–240%. Bei Personen mit Blutgruppe 0 ist die VWF-Konzentration im Blut um 25% niedriger als bei denen mit anderen Blutgruppen. Der VWF, eines der größten Glykoproteine im Blut und gleichzeitig ein Akute-Phase- Faktor IX und Faktor-IX-Mangel Faktor IX (FIX) wird durch Faktor XI oder den FVIIa-Tissue-Faktor-Komplex aktiviert. FIXa spaltet im Komplex mit FVIII, Phospholipiden und Kalzium (Tenasekomplex) den Faktor X. Die Plasmakonzentration von FIX beträgt etwa 5 mg/l, bzw. 70–120%, bzw. 0,7–1,2 E/ml. Das humane FIX-Gen besteht aus acht Exons und sieben Introns, ist 33 kb lang und auf dem langen Arm des X-Chromosoms in Region Xq27.1 lokalisiert. Der angeborene FIX-Mangel, die Hämophilie B, wird durch Fehlen oder funktionelle Defekte des Faktors IX verursacht, und wie die Hämophilie A X-chromosomal-rezessiv vererbt. Daher gelten dieselben Vererbungsregeln. Die Häufigkeit der Hämophilie B beträgt etwa 1 in 50 000. Wie bei Hämophilie A wurden folgende Mutationstypen gefunden: große Deletionen (im kb-Bereich), kleine Deletionen Hämostaseologie 5/2008 Downloaded from www.haemostaseologie-online.com on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 278 Mannhalter bzw. Insertionen (bis 30 bp) und Punktmutationen. Der größte Teil der zu einer Hämophilie B führenden Mutationen betreffen einzelne Nukleotide, die in 68% der Fälle Missense- und in 14% Nonsense-Mutationen darstellen. Deletionen oder komplexere Veränderungen des Gens sind für 3% der Faktor-IX-Gendefekte verantwortlich. Die mit einer Hämophilie B assoziierten Mutationen sind in einem internationalen Register aufgeführt (vgl. www.kcl.ac.uk/ip/pe tergreen/haembdatabase.html.). Eine Besonderheit stellt die HämophilieB-Leyden dar. Sie beruht auf genetischen Defekten, die in einem Bereich von 40 Nukleotiden in der FIX-Promoterregion angesiedelt sind. In dieser Region wurden spezifische Bindungsregionen für Transkriptionsfaktoren identifiziert und charakterisiert, z. B. binden hier NF1 (nuclear factor 1), HNF4 (hepatocyte nuclear factor 4) oder DBP (D-site Bindungsprotein). Man konnte zeigen, dass die Bindung der Transkriptionsfaktoren einem hormonellen Einfluss unterliegt und Mutationen in den Bindungsorten für diese Transkriptionsfaktoren zu Hämophilie-B-Leyden-Varianten führen. Faktor VII und Faktor-VII-Mangel Faktor VII nimmt eine Schlüsselstellung am Anfang der Gerinnungskaskade ein. Er wird durch die Faktoren IXa, Xa und XIIa aktiviert. Zusammen mit dem Tissue-Faktor (TF) aktiviert er die Faktoren IX und X. Die Aktivierung von FX erfolgt zusätzlich über FIXa. Die Exon/Intron-Organisation des FVIIGens ist identisch mit der des FIX-Gens. Auch die Aminosäuresequenzen in beiden Proteinen zeigen hohe Homologien. Das humane FVII-Gen bestehend aus 8 Exons ist 12 kb groß, am Chromosom 13q34 lokalisiert und enthält fünf polymorphe Stellen, die für ~30% der Variation des FVII-Spiegel im Plasma verantwortlich sind (22). Erblicher FVII-Mangel ist ein seltener Hämostasedefekt (Häufigkeit ca. 1 : 500 000) (73), der autosomal rezessiv weitergegeben wird. Die FVII-Konzentration im Blut ist mit 500 µg/l (10 nmol/l) sehr gering. Ca. 1% des Faktors VII liegen im Blut auch bei gesunden Personen in aktivierter Form als Faktor VIIa vor (64). FVII-Database: www.europium.csc.mrc.ac.uk. Molekulare Genetik des Faktor-VII-Mangels Die häufigste Mutation stellt die MissenseMutation Ale294Val dar. Sie wurde in 78 nicht verwandten Patienten nachgewiesen. Die hämorrhagische Prädisposition der Betroffenen ist sehr variabel. Die Korrelation zwischen FVII-Aktivität und Blutungsneigung ist eher schlecht. Patienten mit einer FVII-Aktivität unter 1% können unter schweren Blutungen leiden. Patienten, die homozygote oder doppelt heterozygote FVII-Mutationen tragen, sind meist schwerer betroffen, Heterozygote sind in der Regel asymptomatisch (41). Bemerkenswert ist, dass bei homozygoter Mutationen und sehr niedriger FVII-Aktivität die klinische Ausprägung variabel ist. Extrem schwere klinische Symptomatik wurde für homozygote Patienten der Cys135Arg-Substitution (FVII-Aktivität 1–4%) beschrieben. Die Behandlung erforderte prophylaktische FVII-Substitutionen. Bei doppelt Heterozygoten für verschiedene Mutationen ergibt sich ein differenziertes Bild. Doppelt Heterozygote für die Mutationen Ala294Val und Val 281Phe weisen in allen Fällen eine schwere Symptomatik auf. Die FVII-Aktivität bei diesen Patienten (FVII : C < 1–5%) ist stark reduziert. Ein ähnlich ausgeprägter FVII-Mangel und schwere Symptomatik findet sich bei doppelter Heterozygotie von ● Ala294Val;404delC/Arg152stop und ● Asp242-His/Thr359-Met. Soweit man aus den Daten ableiten kann, scheint eine Korrelation zwischen spezifischen Mutationen und klinischer Symptomatik zu bestehen. Weitere Studien zur Abklärung dieser Beobachtung und zur Aufklärung der Mechanismen sind erforderlich. Faktor X und Faktor-X-Mangel Die Plasmakonzentration des Faktors X beträgt 8–10 mg/l (170 nmol/l). Der aktivierte Faktor Xa spaltet im Komplex mit Faktor Va, Phospholipiden und Kalziumionen Prothrombin zu Thrombin. Das FX-Gen (Länge: >27 kb) ist am Chromosom 13q34 stromabwärts (2,8 kb) vom FVII-Gen lokalisiert. Verschiedene Polymorphismen im FX-Gen wurden beschrieben, doch ihre Be- deutung für die Bildung und Regulierung von Faktor-X-Spiegeln im Plasma ist nicht gesichert. Der angeborene FX-Mangel ist ein extrem seltenes (1 : 1 000 000) (13, 73), autosomal rezessiv vererbtes Blutungsleiden. Als Ursache wurden bei einigen Patienten große Deletionen nachgewiesen, aber die meisten Defekte sind auch hier Einzelnukleotid-Mutationen, meistens MissenseMutationen (10). Im Rahmen des Greifswalder Registers (Greifswald registry congenital FX deficiency) wurden mehr als 59 Patienten aus 28 Zentren verschiedener Länder (Deutschland, Slovakei, Costa Rica, Venezuela, Polen und Schweden) untersucht. 33 Mutationen wurden identifiziert. Data base Factor X: www.hgmd.org. Heterozygote FX-Mangelzustände weisen im Allgemeinen keine Blutungsneigung auf, die Patienten können aber perioperativ bluten. In der Greifswalder Studie wurden 28 homozygote und 7 compoundheterozygote Patienten mit FX-Mangel identifiziert, deren FX-Aktivitäten unter 2% bzw. 3% liegen. 67 Patienten mit heterozygoten FX-Mutationen wurden analysiert: Schwere Blutungen, z. B. Hirnblutungen (21% der Patienten), gastrointestinale Blutungen (12%) und Hämarthrose (33%) traten nur bei FX-Aktivitäten <1% auf (41). Faktor II und Faktor-II-Mangel Der Faktor II (Prothrombin, FII) ist das Proenzym der zentralen Serinprotease des Gerinnungssystems, Thrombin. Prothrombin wird durch den Prothrombinase-Komplex, (FXa, FVa, Phospholipide und Kalziumionen) zu Thrombin umgewandelt. FII wird in der Leber gebildet und ist Vitamin-K-abhängig. Das Molekulargewicht beträgt 72 kDa, die Plasmakonzentration liegt bei 100–200 mg/l bzw. 1,4 µmol/l. Das Gen für Faktor II ist auf Chromosom 11p11-q12 lokalisiert, etwa 20 kb lang und hat 14 Exons. Der kongenitale FII-Mangel wird autosomal-rezessiv vererbt und ist extrem selten (1 : 1 Mio. bis 1 : 2 Mio) (73). Die Blutungsneigung hängt vom Ausmaß der Verminderung ab. Vollständiger Mangel an Prothrombin ist wahrscheinlich mit dem Leben unvereinbar. Mehr als 30 verschiedene Mu- Hämostaseologie 5/2008 Downloaded from www.haemostaseologie-online.com on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 279 Molekularbiologie, Hämostase tationen sind bekannt. Ein Beispiel ist Thrombin Quick I, das bei Verwendung niedermolekularer, synthetischer, thrombinspezifischer Substrate eine normale Aktivität aufweist, die jedoch bei Verwendung des physiologischen Substrates Fibrinogen hundertfach geringer ist (38). Faktor V und Faktor-V-Mangel Faktor V (FV) ist ein Makromolekül (Molekulargewicht 330 kDa) und wird durch Thrombin zu FVa gespalten. Dieser wirkt als Kofaktor für Faktor Xa zusammen mit Phospholipiden und Kalziumionen und beschleunigt die Spaltung von Prothrombin zu Thrombin. FV wird primär in der Leber gebildet. Die Plasmakonzentration wird mit 4–14 mg/l bzw. 20 nmol/l (10, 48) angegeben. Das FV-Gen ist auf dem langen Arm des Chromosoms 1q23 lokalisiert, nicht weit vom Antithrombin-Gen, hat eine ungefähre Länge von 80 kb und enthält 25 Exons (14). Der kongenitale schwere FV-Mangel (FV < 1%) ist ein sehr seltenes Blutungsleiden (1 : 1 Mio), das autosomal rezessiv vererbt wird. Heterozygote Fälle sind etwas häufiger. Die Blutungsbereitschaft ist meist mäßig ausgeprägt, kann aber schwer sein wie bei dem erstbeschriebenen Fall durch Owren 1947. Interessant sind die sehr seltenen Fälle von angeborenem, kombiniertem Faktor-Vund -VIII-Mangel, wobei die Aktivitäten sowohl von FV als auch FVIII <10% sein können. Die Mutationen hierfür wurden auf dem Chromosom 18 lokalisiert. Die Ursache für den kombinierten Mangel liegt in einem Defekt eines intrazellulären Transportproteins (ERGIC-53, jetzt LMAN1 genannt). In einzelnen Patienten wurden auch Kombinationen eines FV-Mangels mit einer Verminderung anderer Gerinnungsfaktoren beschrieben. Faktor XI und Faktor-XI-Mangel Faktor XI wird in der Leber synthetisiert und ist das Proenzym der Serinprotease FXIa, die Faktor IX aktiviert. Faktor XI wird durch Faktor XII und durch Thrombin zu Faktor XIa aktiviert, wobei die Aktivierung durch Thrombin einen Verstärkungsmecha- nismus darstellt, wodurch zusätzliches Thrombin gebildet wird. Die FXI-Konzentration im Plasma beträgt 4–6 mg/l bzw. 30–60 nmol/l. Das FXI-Gen ist auf Chromosom 4q34-q35 lokalisiert und dem Präkallikrein-Gen benachbart. Es besteht aus 15 Exons, die sich über 23 kb erstrecken. Der angeborene Faktor-XI-Mangel wird autosomal vererbt. Der Vererbungsmodus ist nicht eindeutig rezessiv, da auch Heterozygote eine leichte, aber eindeutige Blutungsneigung aufweisen können (10). FXIMangel kommt sehr selten vor, bei Ashkenaze-Juden tritt er häufiger auf. Die Blutungsneigung manifestiert sich fast ausschließlich perioperativ. Nur selten kommen spontane Blutungen vor. Dieses gilt auch für schwere Mangelzustände von <1%. Faktor XII und Faktor-XII-Mangel Gerinnungsfaktor XII (FXII, HagemanFaktor) ist ein Proenzym einer Serinprotease und wird in der Leber gebildet. Er wird durch den Kontakt mit negativ geladenen Oberflächen gespalten und dadurch aktiviert. Faktor XIIa aktiviert Faktor XI, ist aber auch am fibrinolytischen System sowie am Kinin-Kallikrein-System und am Komplement-System beteiligt. Seine Plasmakonzentration beträgt 30 µg/ml bzw. 0,375 µmol/l. Das Faktor-XII-Gen ist 12 kb lang mit 14 Exons und auf Chromosom 5q33-qter lokalisiert (10). Im Allgemeinen besteht bei Patienten mit angeborenem FXII-Mangel keine abnorme Blutungsneigung, wenngleich der globale Gerinnungstest, die aPTT, beim Faktor-XII-Mangel ungewöhnlich stark verlängert ist. Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen spezifischen Punktmutationen im FXII-Gen und FXII-Mangel konnte nicht nachgewiesen werden (10). Im Gegenteil, sowohl schwere als auch milde FXII-Mangelzustände wurden mit einem erhöhten Risiko für venöse und arterielle Thrombosen in Verbindung gebracht, nicht zuletzt, weil der erste Patient, Hageman, bei dem ein kongenitaler FXII-Mangel nachgewiesen wurde, an einer Lungenembolie verstarb. Man weiß schon lange, dass es große individuelle Unterschiede in den Plasmakonzentrationen von FXII gibt. Heute ist klar, dass FXII-Spiegel u. a. genetisch geregelt sind. Verantwortlich dafür ist ein Polymorphismus in der Promoterregion des FXII Gens (-4C>T), der zur Bildung einer neuen ATG-Sequenz (Start-, Kozak-Sequenz) führt, die weniger aktiv ist als die originale Kozak-Sequenz und zu niedrigeren FXIISpiegeln führt (47). Der Polymorphismus findet sich besonders häufig in der ostasiatischen Bevölkerung und könnte für die niedrigen Plasma-FXII-Spiegel bei Japanern verantwortlich sein. Ob der Polymorphismus das Thromboserisiko, beeinflusst, bedarf weiterer Untersuchungen. Fibrinogen und Fibrinogendefekte Fibrinogen ist ein 340-kDa-Glykoprotein, wird in der Leber gebildet und ist auch in den Plättchen nachweisbar. Es besteht aus drei paarweise angeordneten Polypeptidketten (Aα, Bβ, γ), die durch Disulfidbrücken zusammengehalten werden. Die einzelnen Ketten bestehen aus 610, 461 und 411 Aminosäureresten (62, 66, 89).Obwohl die meisten biologischen und medizinischen Eigenschaften des Fibrinogens mit seiner Rolle in der Gerinnung zusammenhängen, handelt es sich um ein Protein mit vielen Funktionen: So vermittelt es die Plättchenaggregation wie auch andere Zell-zu-ZellInteraktionen. Als Bestandteil der extrazellulären Matrix ist es an normaler und gestörter Zellproliferation im Zusammenhang mit z. B. Wundheilung, Angiogenese, Tumorentstehung, Metastasierung beteiligt (66). Fibrinogen wird durch Thrombin zum Fibrinpolymer umgewandelt unter Abspaltung von Fibrinopeptid A von den α- und Fibrinopeptid B von den β-Ketten. Das Polymer wird durch Faktor XIII quervernetzt und stabilisiert. Der Konzentrationsbereich gerinnbaren Fibrinogens beträgt im Plasma 1,6–4,0 g/l oder 5–12 µmol/l, der des Fibrinogens 2,5–6,0 g/l. Die Fibrinogenkonzentrationen können inter- und intraindividuell im physiologischen und pathologischen Bereich erheblich schwanken. Sie werden hochreguliert in Akute-Phase-Situationen durch eine Aktivierung der IL-6-responsiven Elemente in der Promoterregion der Fibrinogenketten (43, 86). Dieses ist von besonderem Interesse, da Akute-Phasen-Reaktionen durch Stimuli (z. B. Entzündung, Rauchen) mit der Entwicklung kardiovasHämostaseologie 5/2008 Downloaded from www.haemostaseologie-online.com on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 280 Mannhalter kulärer Erkrankungen in Zusammenhang gebracht wurden. Für die drei Untereinheiten kodieren die Gene FGG, FGA und FGB, die in dieser Reihenfolge benachbart auf dem Chromosom 4q28 liegen. Dieser Gen-Cluster umfasst ca. 45 Kilobasen. Die kodierenden Sequenzen sind für das Gen FGA in fünf, für FGB in sieben und für FGG in neun Exons organisiert (10, 89). Genetische Variationen erklären ca. 50% der Fibrinogen-Variabilität im Plasma; vgl. www.geht.org/database ang/fibrinogen. Die kongenitale Afibrinogenämie ist ein extrem seltenes autosomal-rezessiv vererbtes Blutungsleiden. Mehr als 30 Mutationen wurden beschrieben, die meisten im Gen der Aα-Kette und nur wenige in dem der Bβ-Kette (39). Bei der Afibrinogenämie ist im Plasma Fibrinogen nicht oder nur in Spuren nachweisbar, während bei der Hypofibrinogenämie die Plasmaspiegel unabhängig von der Bestimmungsmethode deutlich unter dem Referenzbereich (<1,5 g/l) liegen. Hypofibrinogenämien sind ebenfalls sehr selten. Sie weisen kaum Spontanblutungen auf und sind generell durch eine eher geringe Blutungsneigung charakterisiert. Im Gegensatz zu diesen rein quantitativen Mängeln handelt es sich bei den Dysfibrinogenämien um strukturelle Defekte des Fibrinogenmoleküls, häufig erkennbar durch die Diskrepanz zwischen erniedrigter Fibrinogenkonzentration, die mit funktionellen Methoden (z. B. Clauss-Methode) bestimmt wurden und (sub)normalen Antigenwerten. Dysfibrinogenämien können mit einer abnormen Blutungsneigung oder auch in ca. 20% der Fälle mit einer erhöhten Bereitschaft zu venösen oder arteriellen Gefäßverschlüssen einhergehen. Auch das gleichzeitige Vorkommen von Thrombosen und Blutungsneigung wurde beschrieben (10, 69, 70). Dysfibrinogenämien sind durch eine große Anzahl Mutationen bedingt (>350), zumeist handelt es sich um Missense-Mutationen (65). Gelegentlich werden auch kombinierte Defekte gefunden, bei denen relativ niedrige Plasmakonzentrationen mit strukturellen Änderungen des Fibrinogens einhergehen. Die ersten molekularen Defekte im Fibrinogen wurden vor mehr als 20 Jahren durch exzellente, damals aufwändige proteinanalytische Arbeiten aufgeklärt (8). Mit der Einführung DNA-diagnostischer Methoden ist die Aufklärungsrate von Mutationen in den Fibrinogengenen sprunghaft gestiegen. Inzwischen wird von einer französischen Arbeitsgruppe eine im Internet zugängliche Datenbank aller Mutationen in den Fibrinogengenen regelmäßig aktualisiert (26): Fibrinogen variants database (www.geht.org). Polymorphismen der Fibrinogengene In den Fibrinogengenen wurde eine beträchtliche Zahl von DNA-Polymorphismen identifiziert (25, 32): im kodierenden Bereich, in den Introns, im Promotor und anderen nicht translatierten Sequenzen. Das Interesse an solchen Polymorphismen resultiert vor allem aus dem Zusammenhang zwischen erhöhter Plasmafibrinogenkonzentration und dem Risiko für koronare Herzkrankheit (24, 32). Da die Fibrinogenkonzentration zumindest teilweise genetisch determiniert ist, wurde nach DNA-Polymorphismen gesucht, die mit diesem Risikofaktor assoziiert sind. Tatsächlich steht insbesondere ein Polymorphismus im Promotor des FGBGens (–455 G/A) im Verdacht, die Syntheserate der Bβ-Ketten und damit die plasmatische Fibrinogenkonzentration zu beeinflussen. Es wurde gezeigt, dass diese Position im Promoter die Bindung von Transkriptionsfaktoren beeinflusst und damit ein funktioneller Zusammenhang zwischen Polymorphismus und Proteinbiosyntheserate möglich erscheint (33). Faktor XIII und Faktor-XIII-Mangel Der Gerinnungsfaktor XIII (FXIII) ist das Proenzym einer Transglutaminase, das durch Thrombin, aber auch durch FXa aktiviert wird. FXIII kommt im Plasma als Heterotetramer (A2B2) mit zwei katalytischen Untereinheiten A und zwei Träger-Untereinheiten B vor. In Plättchen findet sich nur die A2-Form. FXIIIa katalysiert die Quervernetzung des Fibrins durch die Bildung von kovalenten ε(γ-Glutamyl)-Lysyl-Bindungen zwischen den γ- und α-Ketten des Fibrins. Die- se Quervernetzung stabilisiert das Gerinnsel und schützt es vor vorzeitiger Auflösung durch das fibrinolytische Enzym Plasmin. FXIII vernetzt auch andere Proteine. Die Plasmakonzentration von FXIII beträgt ca. 21 µg/ml. Das Gen für die Untereinheit A liegt auf Chromosom 6p24–25. Es ist ca. 160 kb lang und enthält 15 Exons. Das Gen für die Untereinheit B liegt auf Chromosom 1q31–32.1, ist ca. 28 kb lang und hat 12 Exons. Bislang wurden annähernd 50 Mutationen im Gen der A-Kette gefunden, die über die gesamte kodierende Sequenz verteilt sind. Es gibt keine häufig wiederkehrenden Defekte, praktisch jede Patientenfamilie trägt ihre spezifische (private) Mutation (18, 44). Kongenitaler FXIII-Mangel ist eine sehr seltene autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung (1 : 5 Mio) (62). Eine schwere Blutungsneigung mit Spontanblutungen, aber auch Gelenkblutungen und Hirnblutungen besteht erst, wenn der FXIII <1% ist. Betroffene Frauen neigen zu wiederholten Spontanaborten. Häufig ist die Wundheilung gestört mit abnormen Narbenbildungen. Allerdings wurde auch bei einigen Heterozygoten eine – meist leichte – Blutungsneigung beschrieben, sodass angenommen wird, dass die Vererbung nicht ausschließlich rezessiv ist. Die meisten Heterozygoten sind asymptomatisch, wenngleich perioperativ abnorme Blutungen vorkommen können. Molekularbiologische Diagnostik und Thrombophilie Ein funktionierendes Gerinnungssystem war für das Überleben der Menschheit essenziell. Blutungsereignisse während der Geburt sowie bei Verletzungen stellten wichtige Todesursachen im jungen Alter dar. Daraus resultierte ein starker Evolutionsdruck auf das Gerinnungssystem – geringer Blutverlust infolge einer Hyperreaktivität des Hämostasesystems war ein Überlebensvorteil unter damaligen Lebensbedingungen. Auch heute ist ein aktives Gerinnungssystem wichtig, aber es muss aus- Hämostaseologie 5/2008 Downloaded from www.haemostaseologie-online.com on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 281 Molekularbiologie, Hämostase gewogen und im Gleichgewicht mit dem inhibitorischen und dem fibrinolytischen System stehen. Durch Ungleichgewicht und Hyperreaktivität kommt es zu thrombotischen Erkrankungen, die die wichtigsten Gründe für Morbidität und Mortalität in industrialisierten Ländern darstellen. Die Thromboseentstehung ist auf drei Mechanismen zurückzuführen: Veränderungen der ● Gefäßwand (Alteration der Gefäßintima), ● Blutströmung (Stase), ● Blutzusammensetzung (Hyperkoagulabilität). Erkrankungen mit einer Tendenz zur Hyperkoagulabilität des Blutes werden unter der Bezeichnung Thrombophilie zusammengefasst. Schon lange ist die familiäre Komponente der Thrombophilie bekannt. Bei mehreren Familien mit erhöhter Thrombosehäufigkeit konnten Mängel wichtiger Gerinnungsinhibitoren als Ursache der familiären Thromboseneigung identifiziert werden (Tab. 2). Aufgrund der Stammbaumanalysen nahm man zunächst einen autosomal dominanten Erbgang an. Verschiedene nachfolgende Studien stellten jedoch infrage, dass es sich bei der Thrombophilie um eine monogenetische Erkrankung handelt. Exemplarisch seien die Beobachtungen von Miletich et al. genannt (63). Die Autoren zeigten, dass Protein-C-Verminderungen bei unselektierten Blutspendern viel häufiger vorkommen, als man aufgrund der Häufigkeit des Protein-C-Mangels bei Thrombosepatienten erwarten kann. Miletich et al. postulierten, dass der Phänotyp der familiären Thrombophilie durch die Kombination mehrerer Defekte (kombinierte Defekte) ausgelöst wird. Neben dem Antithrombin(AT)-Mangel, der im Jahr 1965 beschrieben wurde (19), sind der Protein-C-Mangel und der Protein-S-Mangel als Ursachen der hereditären Thrombophilie seit etwa 30 Jahren bekannt (34). Obwohl man annahm, dass die Wahrscheinlichkeit der Manifestation der Thrombophilie mit der Anzahl der erworbenen und angeborenen Risikofaktoren eines Patienten zusammenhängt (Tab. 2), dauerte es bis 1993, bis der nächste wichtige Thromboserisikofaktor beschrieben wurde. Tab. 2 ● ● ● ● ● ● ● ● ● Einige Thrombose-Risikofaktoren Antithrombinmangel Protein-C-Mangel Protein-S-Mangel Faktor-V-Leiden-Mutation (FV : R506Q) Prothrombinvariante (FII G20210A) erhöhter Faktor VIII erhöhte Faktoren IX, XI, XII Mutationen in Thrombomodulin Mutationen im EPCR (endothelial cell protein C receptor) Antithrombin-Mangel Im Jahr 1965 beschrieben Egeberg et al (19) mit Hilfe eines Tests den Antithrombinmangel als Ursache der familiären venösen Thrombose. Antithrombin gehört zur Familie der Serpine und kann alle aktiven Enzyme der Gerinnungskaskade hemmen, bevorzugt inhibiert es Thrombin, Faktor Xa und Faktor IXa. Ohne Kofaktoren ist Antithrombin ein langsamer Inhibitor, dessen Aktivität aber durch Heparansulfate signifikant erhöht wird. Heparin, das zu den Heparansulfaten gehört, stimuliert die AntithrombinWirkung. Mit röntgenkristallographischen Untersuchungen wurden die Konformationsänderungen im Antithrombin, die für die Aktivierung verantwortlich sind, aufgeklärt werden. Auch die Heparinbindungsregion und die Domänen, die für die Interaktion mit Thrombin und FXa verantwortlich sind, wurden lokalisiert und charakterisiert. Das Antithrombin-Gen ist auf dem langen Arm von Chromosom 1 (1q23–25) gelegen und umspannt sieben Exons und sechs Introns. Molekulargenetische Untersuchungen haben unterschiedliche Mutationen (Missense, Nonsense, Deletionen) als UrsaTab. 3 Prävalenz hereditärer Veränderungen in der Normalbevölkerung Gerinnungsstörung Häufigkeit (%) Antithrombinmangel <1 Protein-C-Mangel 0,3 Protein-S-Mangel <1 Faktor-V-Leiden heterozygot 5 Faktor V-Leiden homozygot 0,2 Prothrombin G20210A 2 erhöhter Faktor VIII 5 che des Mangels identifiziert. Diese können zu verminderter Konzentration (Typ I) oder funktionellen Defekten (Typ II) führen (vgl. Lindhoff-Last et al. Hämostaseologie 2008; 28: 365–375). Bisher wurde noch kein Fall eines homozygoten Typ-I-AntithrombinMangels detektiert, was darauf hinweist, dass ein kompletter AT-Mangel mit dem Leben unvereinbar ist. Es gibt allerdings Berichte über homozygote Typ-II-Mängel mit Mutationen in der Heparin-Bindungsregion. Auch der heterozygote Typ-I-Antithrombin-Mangel ist selten und findet sich bei ca. einer von 2000 Personen (Tab. 3). Betroffene haben ein etwa zehnfach erhöhtes Thromboserisiko. Bei Patienten mit venöser Thrombose stellt der AT-Mangel in ca. 1–2% aller Fälle die Ursache für die Erkrankung dar. Protein-C-System Das Protein-C-System basiert wie das Gerinnungssystem auf der regulierten Aktivierung von Serinproteinasen, wobei Thrombin nach Bindung an Thrombomodulin eine neue Substratspezifität erhält und Protein C (PC) zu aktiviertem PC (aPC) umwandelt. Unter Mitwirkung der Kofaktoren Protein S und Faktor V spaltet aPC die aktivierten Faktoren V und VIII. Protein C Protein C gehört zu den Vitamin-K-abhängigen Plasmaproteinen. Es wird hauptsächlich in der Leber als einkettiges Polypeptid synthetisiert und umfangreich posttranslational modifiziert (β-Hydroxylierung, γ-Carboxylierung, Glykosylierung). Das modifizierte PC hat ein Molekulargewicht von 62 kD und besteht aus zwei Ketten, die über Disulfidbrücken verbunden sind. In der leichten Kette finden sich die γ-Carboxyglutaminsäure-Reste, die für die Kalzium-vermittelte Bindung des Moleküls an Phospholipidmembranen verantwortlich sind. Das aktive Zentrum liegt in der schweren Kette des PC. Die PC-Plasmakonzentration beträgt 50 bis 80 nmol/l. Durch Abspaltung eines 12 Aminosäurereste langen Aktivierungspeptids vom aminoterminalen Ende der schweren Kette durch den Thrombin/ Hämostaseologie 5/2008 Downloaded from www.haemostaseologie-online.com on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 282 Mannhalter TM-Komplex wird PC in aktiviertes PC (aPC) umgewandelt, das FVa und FVIIIa durch spezifische proteolytische Spaltung inaktiviert, wodurch die Thrombinbildung gehemmt wird. Die nicht aktivierten Faktoren V und VIII werden nicht oder nur in geringem Ausmaß durch aPC angegriffen. Das PC-Gen befindet sich am langen Arm von Chromosom 2 (2q13), ist 11 kb lang und besteht aus neun Exons, von denen nur die Exons 2 bis 9 translatiert werden. Die Exon-Intron-Organisation ist sehr ähnlich jener der anderen Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren. Die meisten Patienten mit ProteinC-Mangel zeigen eine Verminderung der PC-Werte auf ca 35–60% des Normalwertes. Bei etwa 15% der Patienten findet man einen Typ-II-Mangel mit normalem Antigen und reduzierter Aktivität. In der 1995 aktualisierten Protein-C-Datenbank sind über 330 Mutationen beschrieben (75). Die hohe Anzahl an Mutationen, die sich bei ProteinC-Mangel nachweisen lassen, weist darauf hin, dass es für keine der Mutationen einen positiven Selektionsdruck gegeben hat. Wiederkehrende Mutationen finden sich immer an besonders anfälligen Positionen (hot spots). Etwa 3/4 der Mutationen sind Missense-Mutationen. Nonsense-Mutationen oder kleine Insertionen bzw. Deletionen finden sich bei etwa ¼ der Patienten. Bei Typ-II-Mangel nachweisbare Mutationen sind ausschließlich Missense-Mutationen. In der Promoterregion des PC-Gens wurden Polymorphismen entdeckt, die den PCSpiegel beeinflussen. In einer kritischen Evaluierung der Laboranalytik für Patienten mit Verdacht auf PC-Mangel konnte bei 11/17 Patienten mit PC-Werten <70% eine Mutation detektiert werden. Die PC-Werte bei Patienten ohne nachweisbare Mutation lagen bei 64 ± 7% während sie bei Patienten mit Mutation deutlich niedriger, 50 ± 17%, waren (53). Die Sequenzierung des PCGens ermöglicht eine Abgrenzung des erworbenen vom hereditären Protein-C-Mangel und stellt eine wertvolle diagnostische Ergänzung zum Nachweis des hereditären Protein-C-Mangels bzw. zur Feststellung des Trägerstatus bei gut charakterisierten Patienten und ihren Familien dar. Die Sequenzierung sollte erst zum Einsatz kommen, nachdem der PC-Mangel eindeutig nachgewiesen wurde. Die diagnostische Strategie sollte dem Schema folgen: Erhebung der klinischen Parameter, ● wenn gerechtfertigt → PC-Aktivitätsbestimmung, ● wenn gerechtfertigt → PC-Antigenbestimmung ● bei nachgewiesenem Mangel → PCGen-Sequenzierung. Protein-S-Mangel Protein S (PS) ist ein Vitamin-K-abhängiges Plasmaprotein mit einem Molekulargewicht von ca. 70 kD. Es wird überwiegend in der Leber gebildet, aber auch in Endothelzellen, Megakaryozyten und einigen anderen Geweben. Die PS-Plasmakonzentration beträgt ungefähr 330 nmol/l. Etwa 60–70% sind an C4b-bindendes Protein, einem Bestandteil des Komplementsystems, gebunden. Der Rest zirkuliert frei im Plasma und steht als Kofaktor für aktiviertes PC zur Verfügung. PS zeigt sowohl in gereinigten als in plasmatischen Systemen eine PC-unabhängige gerinnungshemmende Wirkung. Der PS-Genlocus befindet sich auf Chromosom 3 in der Nähe des Zentromers (3q11.1–3q11.2). Er setzt sich aus zwei Genen zusammen, dem funktionellen α-Gen (PROS1) und einem inaktiven β-Gen (Pseudogen, PROS2). PROS1 ist über 80 kb lang und umfasst 15 Exons. Der Protein-S-Mangel wird durch Messung des freien und gesamten PS bestimmt. Drei Formen des PS-Mangels werden unterschieden: Verminderte Aktivitä und bei ● Typ I: vermindertes und freies PS, ● Typ II: normales gesamtes und freies PS, Typ III: normales gesamtes, vermindertes freies PS. Die Angaben zur Häufigkeit des PS-Mangels in Kaukasiern variieren zwischen 0,005 und 2,3% (Tab. 3). Diese weite Streuung der Angaben hängt zum Teil mit der diagnostischen Unsicherheit des PS-Mangels zusammen. Die klinische Bedeutung des PS-Mangels wurde durch Familienuntersuchungen demonstriert. Das Thromboserisiko der PSMangelpatienten in einer großen schwedischen Familie war elfmal größer als das der Angehörigen ohne PS-Mangel (82). Die kau- salen Mutationen beim PS-Mangel sind recht vielgestaltig und betreffen die gesamte Sequenz des PPOS1-Gens (67). In der 1997 aktualisierten PS-Datenbank sind 90 Mutationen erfasst. Die Heterogenität der PROS1-Genmutationen konnte auch in der 2005 veröffentlichten PROSIT-Studie bestätigt werden. In 79 Mangelfamilien wurden 38 PROS1-Mutationen identifiziert. Expressionsuntersuchungen einzelner Mutationen zeigten unterschiedliche Auswirkungen hinsichtlich PS-Expression und Thromboserisiko. Die molekulare Heterogenität macht eine genaue Bestimmung des Thromboserisikos, das einzelne PROS1-Mutationen vermitteln, schwierig (7). Auch in der Studie von Labrouche et al. war nur bei der Hälfte aller untersuchten Patienten mit PS-Mangel eine heterozygote Mutation detektierbar. Interessanterweise war die Treffsicherheit der Sequenzanalyse bei Männern 90% im Gegensatz zu 39% bei Frauen (53). Thrombomodulin Thrombomodulin (TM) ist ein Membranglykoprotein mit einem Molekulargewicht von 105 kD und besteht aus einer kurzen zytoplasmatischen Sequenz, einer Transmembranregion und einer extrazellulären Sequenz mit sechs epidermalen Wachstumsfaktor(EGF)-Domänen. TM findet sich vor allem an den Endothelzellen der Blutgefäße und des lymphatischen Systems, das Protein wird aber auch ins Plasma abgegeben und zirkuliert als lösliches Protein mit einem MG von 85 kD. Das Intron-lose Thrombomodulin-Gen umfasst eine Länge von 3,6 kb und liegt auf Chromosom 20. Thrombomodulin spielt eine bedeutende Rolle in der Regulation der intravaskulären Gerinnung. Neben der bekannten Funktion in der Protein-C-Aktivierung wurde eine prothrombotische Wirkung des Thrombin-TM-Komplexes beschrieben, die auf der Aktivierung des Thrombin-aktivierbaren Fibrinolyse-Inhibitors TAFI beruht. Bei Patienten mit venöser Thrombose wurden mehrere Punktmutationen im TMGen identifiziert. Allerdings konnte ihre Relevanz für die Thrombophilie nicht eindeutig nachgewiesen werden, da Familienstudien weitgehend fehlen. Hämostaseologie 5/2008 Downloaded from www.haemostaseologie-online.com on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 283 Molekularbiologie, Hämostase Kürzlich wurde nachgewiesen, dass TM einer zirkadianen Regulation unterliegt. Verantwortlich dafür dürften die Gene CLOCK und BMAL2 sein, für die Bindungssequenzen im TM-Promoter identifiziert wurden (83). In einigen Untersuchungen wurde die C>T-Mutation an Nukleotidposition 1418 (Ala455Val) mit einem erhöhten Risiko für venöse Thrombose assoziiert. Dieser Zusammenhang konnte in großen Folgeuntersuchungen (Atherosclerosis Risk in Community = ARIC Studie, Cardiovascular Health Study, Olmsted County Study) aber nicht bestätigt werden (1, 37). APC-Resistenz Im Jahr 1993 identifizierten Dahlbäck et al. eine Resistenz gegen aPC (aPC-Resistenz) als Ursache für familiär gehäufte venöse Thrombosen (17). Im Jahr 1994 wurde eine Punktmutation im Faktor-V-Gen als Ursache für die aPC-Resistenz nachgewiesen. Die Mutation wurde nach dem Ort ihrer Entdeckung (Leiden, Niederlande) FaktorV-Leiden-Mutation genannt (6). Durch die FVL-Mutation wird das Codon für Arginin an Position 506 des Faktor-V-Moleküls, an der aktiviertes Protein C den Faktor Va spaltet und inaktiviert, durch das Codon für Glutamin ersetzt (6). Das durch die Mutation entstandene Faktor-V-Leiden-Protein ist weniger sensitiv auf Spaltung durch aktiviertes Protein C als der normale Faktor Va. Daher wird der durch die Mutation entstandene Faktor Va mit einer zehnfach langsameren Rate inaktiviert und bleibt länger in der Zirkulation. Das führt zu einer erhöhten Thrombingenerierung und damit zu einem hyperkoagulabilen Zustand. Die FVL-Mutation ist für ca. 95% der Fälle von aPC-Resistenz verantwortlich (6). Der FV-Leiden ist der häufigste erbliche Gerinnungsdefekt in der kaukasischen Bevölkerung (Tab. 3). In Asien findet man die Mutation nur in Teilen der indischen, arabischen und israelischen Bevölkerung. In Schwarzafrikanern und australischen Ureinwohnern fehlt die Mutation. Der Grund für die Exklusivität von FV-Leiden in der weißen Bevölkerung liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit darin, dass es sich um eine Founder-Mutation handelt. Sie ist vermutlich etwa 25 000 Jahre alt und entstand zu einem Zeitpunkt, wo die Trennung der Kaukasier von den Asiaten und Afrikanern stattgefunden hatte (94). Im Jahr 1997 beschrieben Bernardi et al. einen bestimmten Haplotyp des FV Gens, den sie Haplotyp HR2 nannten und der bei Italienern, Indern und Somalis mit einer Häufigkeit von 8–10% vorkam (5). Die Autoren zeigten, dass der HR2-Haplotyp die aPC-Resistenz verstärkt und möglicherweise einen Risikofaktor für venöse Thrombosen (VTE) darstellt. Die Assoziation mit VTE konnte jedoch nicht in allen Studien nachgewiesen werden. 1998 wurde eine weitere Mutation im FV-Gen in Codon 306 gefunden. Diese betrifft die zweite aPCSpaltstelle im Faktor-V-Gen, ist unter dem Namen FV-Cambridge beschrieben und wurde nur bei einzelnen Personen vorwiegend chinesischer Abstammung detektiert. Ihre Bedeutung für das Thromboserisiko ist unklar. Die FV-Leiden-Mutation regte die Thromboseforschung an, wie keine genetische Veränderung zuvor. Das mit der Mutation verbundene Thromboserisiko ist in vielen Fall-Kontrollstudien eindeutig nachgewiesen und statistisch gesichert. Die heterozygote Mutation führt zu einem drei- bis siebenfach erhöhten Risiko für VTE, während die homozygote Mutation das Risiko 20- bis 80-fach erhöht. Interessanterweise sind bestimmte Ausprägungen der Thrombophilie bei der FV-Leiden-Mutation selten. So ist z. B. das Risiko, eine Lungenembolie zu entwickeln, relativ niedrig, vielleicht, weil diese Patienten seltener eine iliofemorale tiefe Venenthrombose haben als NichtMutationsträger (59). Die Einschätzung der Bedeutung der FVLeiden-Mutation für das Rezidiv-Thromboserisiko war bis vor Kurzem kontrovers. In einer Metaanalyse wurden alle randomisierten, kontrollierten Studien und prospektiven Kohortenstudien ausgewertet. Die Statistik zeigte klar, dass die heterozygote FV-Leiden-Mutation mit einem erhöhten Rezidivrisiko assoziiert ist (relative Risikoerhöhung 1,39) (57). Übereinstimmung herrscht, dass ein generelles Screening nicht von Nutzen ist, die getesteten Personen verunsichern kann und daher grundsätzlich abzulehnen ist. Eine gezielte Untersuchung von Patienten, die eine Thrombose erlitten haben bzw. von Angehörigen, die sich in Risikosituationen befinden, kann sinnvoll sein. Als Gruppen mit hohem Risiko gelten z. B. Frauen, die oral Östrogenpräparate nehmen, Schwangere und Patienten nach großen orthopädischen Eingriffen. Sowohl für die hormonale Kontrazeption als auch Hormonersatztherapie (HRT) gibt es einen gesicherten Zusammenhang zwischen FV-Leiden-Mutation und VTE-Risiko (Tab. 4). Homozygote FV-Leiden-Mutationsträgerinnen haben ein 34-fach erhöhtes Risiko während der Schwangerschaft eine Thrombose zu entwickeln. Auch die Abortusrate ist bei FV-Leiden-Trägerinnen während der gesamten Schwangerschaftsdauer erhöht. Patientinnen mit rezidivierenden Aborten könnten von einer FV-Leiden-Analyse und anschließender Behandlung mit Antithrombotika wie unfraktioniertem Heparin oder NMH profitieren (vgl. Lindhoff-Last et al. Hämostaseologie 2008; 28: 365–375). Allerdings fehlen dazu derzeit Placebo-kontrollierte multizentrische Studien. (55, 72). Eine Kosten/Nutzenrechnung zeigte, dass selektives Thrombophilie-Screening das auf vorangegangenen Ereignissen und Familienanamnese aufbaut, kosteneffektiver als generelles Screening ist. Ein Screening vor HRT ist deutlich kosteneffizienter als das vor Verschreibung hormonaler Kontrazeptiva (91). Kombinierte genetische Defekte Die hohe Prävalenz der FV-Leiden-Mutation und Prothrombinvariante machen eine Vielzahl von Kombinationen mit anderen erblichen Risikofaktoren wahrscheinlich. Bereits 1994/95 fand man heraus, dass viele Patienten mit dominantem Protein-C- oder -S-Mangel auch eine FV-Leiden-Mutation tragen (30, 68). Das beobachtete Thromboserisiko bei kombiniertem Mangel ist deutlich höher als das von Personen mit isoliertem PC- oder PS-Mangel. Die Thrombose tritt bereits im jüngeren Lebensalter auf. Wie wir und andere zeigten, kommt die FVLeiden-Mutation häufig in Kombination mit dem zweithäufigsten genetischen Risikofaktor vor, der Prothrombinvariante Hämostaseologie 5/2008 Downloaded from www.haemostaseologie-online.com on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 284 Mannhalter 20210G>A. Patienten mit beiden Varianten haben ein deutlich erhöhtes Thromboserisiko. In unserer Studie war die Wahrscheinlichkeit, eine Thrombose im Alter von 40 Jahren zu bekommen bei Vorhandensein beider Mutationen etwa fünfmal so hoch wie beim Vorliegen nur einer der beiden Mutationen (78). Dieser beiden Mutationen sind auch mit einer erhöhten Rezidivrate assoziiert (32) In Europa sind etwa 15% der Bevölkerung Träger einer oder mehrerer hereditärer Thrombophilie-Risikofaktoren. Durch Kombination thrombophiler Defekte mit exogenen Faktoren (z. B. Rauchen, hormonale Kontrazeptiva, Hormonersatztherapie, Operation oder Trauma) erhöht sich das Thromboserisiko deutlich (20). Faktor II und Thrombose Die Prothrombin-Genvariante 20210G>A ist der zweithäufigste genetische Thromboserisikofaktor neben FV-Leiden. Die Prävalenz der in der 3’ nicht translatierten Region des Prothrombin-Gens liegenden Mutation ist unter 5%, variiert aber stark je nach ethnischer Gruppe. Die Mutation führt zu einer signifikant erhöhten Plasmakonzentrationen des Prothrombins (Faktor II) (74). Wie in zahlreichen Studien gezeigt, ist die heterozygote Mutation mit einem zwei- bis dreifach höheren Thromboserisiko assoziiert. Auffällig ist, dass etwa 40% der Personen mit dem homozygoten 20210AA-Genotyp asymptomatisch sind, und dass bei einer großen Zahl der symptomatischen Patienten zusätzliche Risikofaktoren nachweisbar sind, die möglicherweise zum Phänotyp beitragen (9). Wie kürzlich nachgewiesen, entwickeln Träger der Prothrombin-20210G>A-Mutation deutlich öfter eine Pulmonalembolie als Träger der FV-Leiden-Mutation (59). Die Rolle der Prothrombin-Mutation für das Rezidivrisiko wurde lange Zeit diskutiert. In einer Metaanalyse, in der alle randomisierten, kontrollierten Studien und prospektiven Kohortenstudien ausgewertet wurden, zeigte sich klar, dass die heterozygote Prothrombin-Mutation mit einem erhöhten Rezidivrisiko assoziiert ist (relative Risikoerhöhung 1,20) (57). Tab. 4 Faktor-V-Leiden-Mutation, Hormone und venöse Thrombose SexualhormonGabe Wildtyp heterozygot homozygot 1 4–8fach 50–100fach 4fach 20–40fach mehrere 100fach Hormonersatz4,5fach therapie ca. 14fach ? nein orale Kontrazeption Faktor VII und Thromboserisiko In verschiedenen Studien wurde eine erhöhte Faktor-VII-Aktivität bei ischämischen Herzerkrankungen gefunden, z. B. Northwick Park Heart Study (61), PROCAM-Studie (36), was jedoch nicht in weiteren Studien bestätigt wurde (42). Man vermutete, dass bestimmte genetische Veränderungen, speziell einzelne Polymorphismen im Promoter und in der kodierenden Region des FVIIGens, mit erhöhter Thromboseneigung assoziiert sind (58). Tatsächlich wurde in mehreren Studien gezeigt, dass der Aminosäureaustausch Arg353Gln, sowie drei häufige Promotervarianten (eine 10-bp Insertions/ Deletionsvariante an Position –323 und die beiden Punktmutationen –401G>T and –402G>A) die plasmatische FVII-Konzentration beeinflussen. Die Bedeutung der verschiedenen Polymorphismen im FVII-Gen für arterielle und venöse Thrombosen bzw. koronare Herzkrankheiten ist unklar, wenngleich diese Polymorphismen interessante Kandidaten für Risikovorhersagen bei der koronaren Herzkrankheit sein könnten (79). Nach unseren eigenen Ergebnissen ist die –402G>A-Variation für das Schlaganfallrisiko von Bedeutung. Der homozygote –402AA-Genotyp, der zu erhöhten FVII-Spiegeln führt, findet sich häufiger bei Patienten mit ischämischem Schlaganfall als bei Gesunden (27). Bei wenigen Patienten mit nachgewiesenem FVII-Mangel wurden ebenfalls Thrombosen beschrieben. In neueren Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass bei diesen Patienten mit FVII-Mangel und Thrombosen kein Zusammenhang mit einem bestimmten Genotyp/Mutation besteht (41). FIX und venöse Thromboembolien Erhöhte FIX-Spiegel im Plasma scheinen mit einem erhöhten Risiko für venöse Thrombosen (56, 84) und Myokardinfarkt einherzugehen. Van Hylckama et al.zeigten, dass Personen mit FIX-Spiegeln oberhalb der 90. Perzentile ein zwei- bis dreifach höheres Risiko für venöse Thrombosen hatten – unabhängig von Alter, Geschlecht, hormonaler Kontrazeption oder hohen FVIIIKonzentrationen. Kürzlich wurden in Probanden der Leiden-Thrombophilie-Studie zwei Varianten im FIX-Gen identifiziert (–816G>A und 32781A>G), die in gesunden Personen einen Einfluss auf FIX-Spiegel haben (–816AA+GA Träger: 116U/dl versus –816GG Träger 103U/dl; 32781 GG+GA Träger 87U/dl versus 32781AATräger 103U/dl) (85). Es bedarf nun großer Studien in weiteren Kollektiven, um diese Daten zu bestätigen. Ob und welche Haplotypen des FIX-Gens das Thromboserisiko beeinflussen, ist unklar. Faktor VIII und Thrombose Faktor-VIII-Spiegel zeigen eine hohe interindividuelle Variabilität. In mehreren Studien wurde der Zusammenhang zwischen FVIII-Aktivität und Heredität nachgewiesen. Als genetische Komponenten konnten Polymorphismen im AB0-Blutgruppenlocus identifiziert werden. Ein konstant erhöhter FVIII-Spiegel gilt inzwischen als anerkannter Risikofaktor für venöse Thromboembolien (45, 46) und arterielle Thrombosen. Das Rezidivrisiko in Patienten mit einer ersten idiopathischen Thrombose ist bei FVIII-Spiegeln oberhalb der 90. Perzentile mehr als fünffach erhöht (15,52). Eine genetische Variation im Faktor VIII Gen, die 92714C>G Mutation, die für einen Aminosäureaustausch in Codon 1241 von Asp>Glu kodiert, konnte eindeutig mit Faktor-VIII-Aktivität assoziiert werden. Bei Trägern des C-Allels findet man signifikant höhere FVIII-Aktivitäten (87). Ob diese Variante mit einem erhöhten Thromboserisiko assoziiert ist, bedarf noch weiterer Untersuchungen. Neben Veränderungen im FVIII-Gen dürften auch Modifikationen in Rezeptoren Hämostaseologie 5/2008 Downloaded from www.haemostaseologie-online.com on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 285 Molekularbiologie, Hämostase für die Regulation des FVIII von Bedeutung sein. Wir konnten nachweisen, dass ein Polymorphismus im LDL-Rezeptor-relatedProtein 1 (LRP1), das an der Endozytose und dem Abbau des FVIII beteiligt ist, zur Regulation der FVIII-Spiegel beiträgt und mit einem erhöhten Thromboserisiko assoziiert ist (88). VWF und Thrombose Für den von-Willebrand-Faktor (VWF) gilt, wie für den Faktor VIII, dass zwar bei venösen und arteriellen Thromboembolien erhöhte VWF-Spiegel unabhängig von anderen Akute-Phase-Proteinen gemessen werden, dass aber ursächlich verantwortliche Polymorphismen nicht eindeutig nachgewiesen werden konnten. Es bedarf weiterer intensiver Forschung, um zu verstehen, wie VWF reguliert wird und welche genetischen Komponenten daran beteiligt sind. Bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 und mikrovaskulären Komplikationen hat man einen Polymorphismus in der kodierenden Region des VWF-Gens (Thr789Ala) gefunden, der anscheinend mit einem erhöhten Risiko für koronare Herzkrankheit assoziiert ist (54). Faktor XII und Thrombose Ein Zusammenhang zwischen Faktor-XIIMangel und venösen Thromboembolien wurde schon vor Jahren angenommen, wenngleich die ursprünglichen Arbeiten von Halbmayer et al. (35) von anderen Autoren nicht bestätigt werden konnten. Die klinische Relevanz verminderter FXII-Aktivität für venöse und arterielle Thrombose ist nicht endgültig geklärt, obwohl mehrere Arbeiten übereinstimmend zeigen, dass Menschen mit FXII-Konzentrationen zwischen 90% und 10% ein höheres Thromboserisiko tragen als Menschen >100% oder <10% FXII-Aktivität (3, 23, 29, 31, 92). Kanaji et al. identifizierten eine genetische Variante im Faktor-XII-Gen, die für die Regulation der Faktor-XII-Spiegel verantwortlich ist. Sie bestimmt die interindividuelle Variation der FXII-Spiegel, wenngleich FXII-Spiegel auch von HypertriglyceridHämostaseologie 5/2008 Downloaded from www.haemostaseologie-online.com on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 286 Mannhalter ämien, Rauchen, Östrogen, Defekten im FXII-Gen beeinflusst werden (21, 47). Wahrscheinlich ist die 46C>T-Variante nicht für eine erhöhte Bereitschaft zu venösen Thromboembolien verantwortlich. Bezüglich der Bedeutung für arterielle Thrombosen liegen zum Teil widersprüchliche Daten vor. Es werden weitere Studien benötigt (51, 77, 92, 93). Kürzlich konnte eine FXII-Knock-outMaus generiert werden. Mit Hilfe dieses Modells war es möglich, zu verifizieren, dass kompletter FXII-Mangel nicht mit erhöhter Blutungsneigung assoziiert ist. Gleichzeitig konnte gezeigt werden, dass FXII zur Thrombusbildung beiträgt und Mäuse mit komplettem FXII-Mangel vor arteriellen Thrombosen geschützt waren (28, 50, 76). FXII könnte also ein neues Target antithrombotischer Therapiekonzepte darstellen (80). Fibrinogen und Thrombose Erhöhte Fibrinogenspiegel im Plasma gelten als wichtiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen. Die zwei best untersuchten Polymorphismen sind der Bc/I-Polymorphismus und der G(–455)A-Polymorphismus, beide in der Promoterregion der BβKette angesiedelt. Die Verbindung zwischen diesen Polymorphismen und den Plasma-Fibrinogenspiegeln wurde in mehreren Studien nachgewiesen. Der –455G/A-Polymorphismus in der Promotorregion des Fibrinogen-Betaketten-Gens verursacht eine Steigerung der Produktionsrate der FibrinogenBeta-Kettenmoleküle und ist für eine ca. 11%ige Steigerung der Fibrinogenspiegel verantwortlich, da die Bβ-Ketten-Transkription der limitierende Schritt in der Synthese von Fibrinogen ist. Durch den höheren Fibrinogenspiegel wird auch die Viskosität des Blutes erhöht. Hohe Fibrinogenspiegel im Plasma führen zu dicken Fibrinfäden, die in weiterer Folge in wenig permeablen und dadurch schwer lysierbaren Fibringerinnseln resultieren. Durch den erschwerten Abbau steigt das Risiko, dass diese Gerinnsel zu Thrombosen führen. In einigen Arbeiten wird beschrieben, dass Mutationen in den Fibrinogengenen sowie bestimmte Haplotypen möglicherweise Risikofaktoren für das Entstehen von Thrombosen sein können (11, 16, 80). Bislang ist die Beweislage für die Bedeutung genetischer Varianten kontrovers. Geht man davon aus, dass Fibrinogen ein AkutePhase-Protein ist, könnten der Entzündungsstatus arteriosklerotisch veränderter Gefäße und die damit verbundenen hohen Fibrinogenspiegel mindestens ebenso wichtig sein. FXIII und Thrombose Der Val34Leu-Polymorphismus ist eine häufige Variabilität des Faktors XIII. Dabei wird im Exon 2 des für FXIII A kodierenden Gens G143 durch T ersetzt, was im fertigen Protein dazu führt, dass die Aminosäure Val34 im Protein durch Leucin ausgetauscht wird. Das Allel für Valin ist das häufigere (ca. 77%), die Frequenz des Leu-Allels bei Europäern (und anderen Kaukasiern) beträgt ca. 23%. Die mutierte Stelle im FXIII befindet sich in der Nähe der Thrombin-Schnittstelle. Die Aminosäuresubstitution steigert die Aktivierbarkeit von FXIII um das Zwei- bis Dreifache. Dies bewirkt eine eine beschleunigte Quervernetzung der γ- und α-Ketten der Fibrinmoleküle. Die Val34Leu-Mutation hat wahrscheinlich aufgrund der beschleunigten Fibrinquervernetzung bedeutsame Auswirkungen auf die Gerinnselstruktur. Sie sind durch dünnere Fibrinfasern und kleinere Poren elektronenmikroskopisch erkennbar. Der Val34Leu-Austausch beeinflusst nicht die FXIII-Plasmakonzentration. Die FXIII-Leu-Variante scheint mit einem verminderten Risiko für venöse Thromboembolien bei Trägern einhergehen (Odds-Ratio 0,63), unabhängig von anderen Risikofaktoren wie FV-R506Q-, Prothrombin-G20210A-Variante, Geschlecht oder Alter. Diese Beobachtung wurde nicht in allen Arbeiten bestätigt. Vermutlich hängen die widersprüchlichen Ergebnisse mit einen Polymorphismus im Gen der α-Fibrinogenkette (Th312Ala) zusammen, da dieser Polymorphismus die Gerinnselfestigkeit bei Trägern des FXIII-34Leu-Allels zu beeinflussen scheint. Die FXIII-34Leu-Variante findet sich seltener bei Patienten mit Myokardinfarkt, wenngleich das ebenfalls nicht von allen Autoren bestätigt wurde. Allerdings wurde der protektive Effekt des Leu-Allels bei arteriellen Verschlusskrankheiten in zahlreichen Studien beobachtet und auch im venösen System scheint dieser Polymorphismus eine Rolle zu spielen (12). Die Rolle dieser Mutation bei der Hirnblutung bzw. bei der Verhütung von Hirninfarkten wird kontrovers diskutiert (22). Schlussfolgerung Von den vielen beschriebenen Mutationen/ Varianten/Polymorphismen konnten nur einige wenige in unabhängigen Studien als Thromboserisikofaktor bestätigt werden. Im Wesentlichen sind dies die Faktor-V-Leiden-Mutation und die Prothrombin-20210G>A-Variante. Gründe für die widersprüchlichen Ergebnisse sind sicher die Patientenzahl, unterschiedliches Studiendesign, verschiedene Einschlusskriterien, Differenzen im ethnischen Hintergrund und retrospektives Studiendesign. Literatur 1. Aleksic N, Folsom AR, Cushman M et al. Prospective study of the A455V polymorphism in the thrombomodulin gene, plasma thrombomodulin, and incidence of venous thromboembolism: the LITE Study. J Thromb Haemost 2003;1: 88–94. 2. Antonarakis SE. Molecular genetics of coagulation factor VIII gene and hemophilia A. Thromb Haemost 1995; 74: 322–328. 3. 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