Erwin Kerber: Fünfzehn Jahre Salzburger Festspiele, in: Ewiges Theater. Salzburg und seine Festspiele. München: Piper, 1935, S. 37–44. „Nebel verhüllt die Welt und endlos scheint der Weg des schrecklichsten aller Kriege. Niemand weiß, was die nächste Stunde bringt. Trotzdem sei es gewagt, den Gedanken eines dem Frieden, der Kunst, der Freude geweihten Salzburger Festspielhauses auszusprechen. Wer an die Macht der Kunst glaubt, wer vertraut, daß allein die Werke und Werte der Kultur das Bleibende sind im ewigen Wechsel der Dinge, der komme zu uns und helfe mit, im Zeichen Mozarts eine Stätte zu schaffen, an der, wenn einst die nachtdunklen Wolken des Weltverhängnisses verflogen sind, die Kunstfreunde aller Länder in festlicher Freude sich wiederfinden.“ So sprach ein Aufruf, mit dem die im Jahre 1917 gegründete „Salzburger FestspielhausGemeinde“ an die Öffentlichkeit trat. Mag es ein kühnes Unterfangen gewesen sein, im Zeichen des Krieges ein Zeichen des Friedens zu setzen – das Echo, das dem Rufe ward, erklang von tausend Seiten. Vielleicht, weil etwas Erhebendes, etwas Beglückendes darin lag, daß in aller Not der Plan aufflammte, sich aus der drückenden Schwere des Alltags in das befreiende Reich der Kunst zu retten und in den Sinnbildern des Dramas, in den Geheimnissen der Musik neue Zuversicht zu suchen. Auch reichte der Plan festlichen Spiels zu Salzburg viele Jahrzehnte zurück. Erstmals 1842 bei der Enthüllung von Salzburgs Mozartdenkmal ausgesprochen, nahm ihn Richard Wagner auf, der von einem den Meisterwerken des gesamtdeutschen Kunstschaffens gewidmeten Salzburger Festspielhaus träumte, bevor ihn die Munifizenz des bayrischen Königshauses nach Bayreuth rief. Hans Richter entflammte die Idee von neuem bei der Hundertjahrfeier des „Don Giovanni“ im Jahre 1887. Damals kam es sogar zum Ankauf eines Grundstückes auf dem Mönchsberg, doch versandete das Projekt nach kurzen Jahren. Der internationalen Stiftung „Mozarteum“ fällt das große Verdienst zu, den schönen Gedanken durch die Veranstaltung periodischer Musikfeste lebenskräftig erhalten zu haben. Als dem Mozarteum kurz vor Beginn des Krieges die Erbauung des prachtvollen Mozarthauses geglückt war, überließ es, um die verfügbaren Kräfte ungeschmälert dem Aufbau seiner angesehenen Musikschule und der liebevollen Betreuung von Mozarts Geburtshaus zu widmen, die Verfolgung des Festspielprojektes der neu gegründeten Festspielhausgemeinde. Ein „Star“ stellte sich von allem Anbeginn in den Dienst der Sache, ein Star, den auch die phantastischeste Hollywood-Weltrekord-Gage den Festspielen nie und nimmer abtrünnig machen kann: der einzigartige Rahmen, den die Stadt Salzburg ihren Festspielen bietet. Humboldt nannte Salzburg neben Neapel und Konstantinopel die schönste Stadt der Welt. Ludwig Richter ist von Salzburgs Landschaft ergriffen, weil sie das Heroische mit dem Lieblichen verbinde. Hermann Bahr ruft im Anblick Salzburgs aus: „Das Unversöhnliche, hier ist’s versöhnt!“ denn lächelnd fügt sich in die deutscheste Landschaft die Stadt, über der sich der ganze Süden auftut. Und Hugo von Hofmannsthal schrieb: „Das Land Salzburg ist das Herz vom Herzen Europas. Es liegt in der Mitte zwischen Süd und Nord, zwischen Berg und Ebene, es liegt als Bauwerk zwischen dem Ländlichen und dem Städtischen, dem Uralten und dem Neuzeitlichen, dem barocken Fürstlichen und dem lieblich ewig Bäuerlichen: Mozart ist der genaue Ausdruck von alledem. Das mittlere Europa hat keinen schöneren Raum und hier mußte Mozart geboren werden.“ W.A. Mozart gibt der Festspielstadt Salzburg die besondere Weihe. Seine Werke sind älter als hundert Jahre und sie sind herrlich und frisch wie am ersten Tage. Seine Kunst ist Verklärung unseres Daseins, ist höchste Steigerung unseres Lebens, ist Befreiung von aller Erdenschwere. Sie ist Schönheit und Liebe allumfassendster Art. Seine unvergängliche Musik klingt noch heute auf fast wundersame Art in dieser märchenhaften Stadt wie ein seliges Jubilieren aus weltenfernen Sonnenträumen. „Wie manche Menschen überschwebt eben auch manche Stadt der Genius der Musik und gibt ihrer steinernen Hülle eine Schwingung, die jede Seele zum Tönen bringt“, sagt Stefan Zweig über Salzburg. So ist diese Stadt denn geradezu prädestiniert, so kostbares Gastrecht zu üben. Kleine Städte sind meist zu farblos und nichtssagend, große hinwieder müssen scheitern, weil der Geist ihres Alltags mit seinem atembeklemmenden Tempo höchstens Zerstreuung, niemals Sammlung gewährt. Eine Festspielstadt aber entführt ihren Gast in jene gehobene Atmosphäre, in der sich das Herz abkehrt von den materiellen Dingen dieser Erde, um sich in freudiger, dankbarer Empfänglichkeit den Dingen des Geistes zu öffnen. Beglückend und ermutigend war der Widerhall, den Salzburgs Aufruf fand. Ohne Zahl melden sich Weggefährten. Was Rang und Namen hat im Reiche der Kunst, bekennt sich zu Salzburg: Eugen d’Albert, Bernhard Diebold, Franz Karl Ginzkey, Carl Hauptmann, Emil Ludwig, Thomas Mann, Max Mell, Parl Marsop, Dr. Karl Muck, Hans Müller, Max Reinhardt, Alfred Roller, Felix Salten, Max von Schillings, Franz Schalk, Arthur Schnitzler, Franz Schrecker, Dr. Richard Strauß, Bruno Walter, Felix von Weingartner, Anton Wildgans, Stefan Zweig. Gerhart Hauptmann schrieb 1918: „Festspiele in Salzburg, das ist der natürlichste und glücklichste Gedanke, den es geben kann. Der immer quellende Brunnen reinster Poesie inmitten der wundervollen Stadt und der herrlichsten Natur: wer möchte nicht vor seinem Ende aus den Düsternissen dieser verwüsteten Zeit noch einmal mit Menschen des Friedens dorthin pilgern.“ Vor allen anderen schulden die Festspiele Hugo von Hofmannsthal unauslöschlichen Dank. Unermüdlich war er für Salzburg tätig. Da sein Ohr den Rhythmus, die Melodie der Dinge hörte, fand er mit visionärer Sicherheit die Richtlinien für Salzburgs Aufgabenkreis. Sein Bekenntnis zu Salzburg wies die Wege, die in die Zukunft führten. Der große Dichter, den sie das Echo verrauschter Herrlichkeiten, verlorener Töne der Pansflöte, verwehten Nymphengeflüsters nannten, bewies klaren Blick für die reale Tatsachenwelt, kannte Menschen und Dinge, kannte, mit feinen Sinnen voraussehend, alle Schwierigkeiten, bevor sie noch ernstlich ins Gewicht fielen, und steuerte das gebrechliche Schifflein der Festspiele auf dessen Erstlingsfahrten mit der mehr dem großen Staatsmann als dem großen Dichter adäquaten Ruhe und Besonnenheit in den Hafen des wirklichen Erfolges. Da riß ihn im Frühsommer 1929 ein furchtbares Geschick in den Tod. Die Nation verlor in ihm den berufensten Hüter einer kostbaren Vergangenheit, Salzburg seinen treuesten, teuersten Freund. Mit Hofmannsthal bilden in den ersten Jahren Alfred Roller, Franz Schalk, Max Reinhardt und Dr. Richard Strauß den Kunstrat, dessen erste und schwierigste Aufgabe war, dem Festspielgedanken Richtung zu geben. Gründung eines Festspielhauses an der Grenzscheide zwischen Österreich und Bayern ist symbolischer Ausdruck tiefster Tendenzen, die ein halbes Jahrtausend alt sind. Südlich-deutsches Gesamtleben tritt hier hervor. Der gewaltige Unterbau ist mittelalterlich. In Gluck war der Vorgipfel, in Mozart Vollendung und Zentrum. Drama und Musik sind eins, hohes Schauspiel und Oper im Barocktheater des 17. Jahrhunderts vereinigt, wie sie ja in der Tat untrennbar sind. Denn die höhere Oper – die Oper Mozarts vor allem, auch die Glucks, Beethovens Fidelio, von Wagners Musikdramen gar nicht zu reden – ist dramatisches Schauspiel im stärksten Sinn. Das große Schauspiel aber setzt entweder begleitende Musik voraus, wie sie etwa Goethe für seinen Faust verlangte, oder es strebt in sich selbst dem musikhaften Wesen entgegen, wie etwa Shakespeares phantastische Schauspiele, Schillers romantische Dramen oder Raimunds Zaubermärchen. In solcher Einheit tritt Weimar an Salzburg heran. Was in Goethe wahrhaft theatralisches Element war, ist ein großartiges Übereinanderschichten aller Formen, die dem süddeutschen Wesen entsprossen sind: vom Mysterium – über das Puppenspiel sowohl wie über das jesuitische Schuldrama – zur höfischen Oper. Süddeutsche Stammeseigentümlichkeit tritt scharf hervor und zugleich tritt das Verbindende klar vor die Seele. Nicht anders als in solcher Polarität kann das im tiefsten polare deutsche Wesen sich ausdrücken. Mozart ist das Zentrum. Mit seiner Dreiheit „Idomeneo“ – „Don Juan“ – „Zauberflöte“ ist Ausgangspunkt und Ziel aufs klarste gegeben. Vom „Idomeneo“ führt der Weg zu Gluck, mit Gluck aber auch zum antiken Drama, denn Gluck war nur ein Ringen deutschen Geistes um die Antike und Glucks Oper nichts anderes als die Wiedergeburt antiker Tragödie aus der Musik. Vom „Don Juan“ und den anderen Komödien Mozarts ist über Molière Anschluß gegeben an das weltliche Drama Calderons wie an das geistliche. In diese gewaltigste Auswirkung barocken Theatergeistes ist das Mysterium und das geistliche Spiel mit einbezogen. Und schließlich: an die Gemütswelt der „Zauberflöte“ reiht sich Webers Oper wie Raimunds Märchenwelt. Mit der „Zauberflöte“ ist aber auch das ältere Wiener volkstümliche Theater eingeschlossen, denn Papageno ist trotz seines so exotischen Exterieurs nichts anderes als der gefiederte Seitensprosse des alten Salzburger Hanswursts, jener alpenländischen Umprägung des Harlekins, der durch Jahrzehnte das Wiener Theater beherrschte und von dort aus zu einer europäischen Theaterfigur wurde. In der mit ihm gegebenen Stegreifkomödie manifestiert sich die Allianz mit der italienischen commedia dell’arte eines Gozzi und Goldoni, eine Allianz, die übrigens in Salzburg auch dem Auge Schritt für Schritt entgegenkommt. Jenes ältere Wiener Theater führte in seiner selbständigen Entwicklung schließlich zum Singspiel, wie es in Johann Strauß’ „Fledermaus“ seine Krönung erfuhr. So etwa formulierte, aufs knappste zusammengefaßt, Hofmannsthal die Ergebnisse der Programmberatungen des Kunstrates. Der Spielplan ist ungeheuer. Und doch ist er in seinem tiefsten Wesen von organischer Einheitlichkeit. Der Geist Salzburgs ist so reich in sich, daß er dies alles umfaßt. Wenn er dem scheinbar Gestrigen so viel Raum läßt, so nur deshalb, weil er, selbst übervoll von dem Lebendigen scheinbar abgelebter Zeiten, das Gestrige als lebend erkennen läßt. Er schließt das Heitere ein bis zum Schwankhaften. Was er ausschließt, ist allein das Finstere ohne Hoffnung, das innerlich Gewöhnliche, das völlig Weihelose. Gleichzeitig mit der Beratung des Aufgabenkreises stand die Wahl des Bauplatzes, die Fixierung des Bauprogrammes zur Diskussion. Man dachte an den herrlichen Park von Hellbrunn. Keine Geringeren als Hans Poelzig und Josef Hoffmann wurden mit den Entwürfen betraut. Die Finanzierung schien auf gutem Weg. Da kam die Geldentwertung des Jahres 1922 und alle Hoffnungen stürzten in sich zusammen. Die Festspielhausgemeinde ließ sich indes nicht entmutigen. Auf Reinhardts Anregung hin wurde ein neues Projekt in Angriff genommen: Umbau und Ausgestaltung des alten fürsterzbischöflichen Reitschulenkomplexes. Architekt Eduard Hütter arbeitete Entwürfe aus, die vom Kunstrat restlos gebilligt wurden. Die Bauführung wurde begonnen und zeitigte eine – weitgehende Überschreitung des Voranschlages. Dadurch geriet die Festspielhausgemeinde in eine geradezu unerträgliche finanzielle Lage. Da erschien in der Person des Salzburger Landeshauptmannes Dr. Franz Rehrl der Retter. Durch eine wahrhaft geniale Finanztransaktion tilgte er nicht nur die Bauschuld, sondern schuf auch namhafte weitere Mittel, das Festspielhaus auch in seinen bisher aus Geldmangel vernachlässigten Nebenräumen zu vollenden und allen Forderungen der Repräsentation (Foyer, Stadtsaal etc.) Genüge zu tun. An diese Aufgabe trat Clemens Holzmeister heran und löste sie mit so künstlerischem Elan, daß alle Not vergessen ward und Salzburg ein Theatergebäude erhielt, das die besonderen Ansprüche eines Festspielhauses zu erfüllen vermag. Holzmeister hielt dem Haus die Treue: er war es, der die erste Anregung zur Ausgestaltung des Felsarkadenhofes gab, dortselbst die „Faust“-Stadt schuf und 1934 eine äußerst glückliche Lösung des Problems fand, die „Faust“-Aufführungen von den Launen der Witterung unabhängig zu machen. Von dem Gedanken ausgehend, daß die Tat die einzig wirksame Propaganda für die Idee alljährlicher Festspiele sei, zögerte man nicht, mit den Veranstaltungen ohne Verzug zu beginnen. So war schon für die Weihnachtszeit des Jahres 1919 die Uraufführung von Max Mells „Weihnachtsspiel“ geplant. Reinhardt hatte die Regie übernommen, namhafte Künstler wie Helene Thimig, Werner Krauß, Alexander Moissi hatten ihre Mitwirkung zugesagt, der Erzbischof hatte gestattet, das Spiel in der stimmungsvollen uralten Franziskanerkirche aufzuführen, da machte die beispiellose Not der ersten Nachkriegszeit einen Strich durch die Rechnung: es glückte nicht, die Hotels mit Lebensmitteln und Kohle zu versorgen. Am 22. August 1920 aber glückte der erste Wurf. Reinhardts inzwischen längst zu Weltberühmtheit gediehene Inszenierung von Hofmannsthals „Jedermann“ erschütterte am Domplatz eine in Ergriffenheit lauschende Zuschauermenge. Von Jahr zu Jahr steigerte sich der Erfolg dieser „Moralität“. „Jedermann“ wird wohl noch auf unabsehbare Zeit im Mittelpunkt der Festspiele bleiben. Für 1935 ist projektiert, das alte Spiel bei schönem Wetter nach wie vor am Domplatz aufzuführen, bei schlechtem Wetter aber in die regengeschützte „Faust“-Stadt zu verlegen, die für eine neue Inszenierung geradezu großartige Möglichkeiten bietet. 1922 folgte in Fischer von Erlachs prachtvoller Kollegienkirche die Uraufführung von Hofmannsthals Calderon-Bearbeitung „Das Sa1zburger Große We1ttheater“ in der Regie Max Reinhardts. Mit einer Aufführung dieser unvergleichlichen Dichtung wurde ein paar Jahre später, am 13. August 1925, das Festspielhaus eröffnet. An weiteren Reinhardt-Inszenierungen folgten nun Max Mells „Apostelspiel“, „Turandot“, „Sommernachtstraum“, „Die Räuber“ und Billingers „Perchtenspiel“. Die Wiener Staatsoper, ursprünglich auf den intimen Rahmen des allzu kleinen Stadttheaters beschränkt, zog 1927 im Festspielhaus ein: mit einer grandiosen Aufführung von Beethovens „Fidelio“ unter der Leitung Franz Schalks. Es folgten in den nächsten Jahren „Rosenkavalier“, „Figaros Hochzeit“, „Zauberflöte“, „Così fan tutte“, „Entführung aus dem Serail“, Glucks „Iphigenie in Aulis“ und „Orpheus und Eurydike“, Webers „Oberon“, Richard Strauß’ „Ägyptische Helena“ in einer für Salzburg geschriebenen Neufassung, „Die Frau ohne Schatten“, „Elektra“ und Richard Wagners „Tristan und Isolde“. Schließlich 1934 in italienischer Sprache Mozarts „Don Giovanni“. Für 1935 sind Neuinszenierungen von Glucks „Iphigenie auf Tauris“ unter Bruno Walter und Verdis „Falstaff“ unter Arturo Toscanini in Vorbereitung. Im Stadttheater gab es in den ersten Jahren, außer einem Mozart-Zyklus, Donizettis „Don Pasquale“ und Strauß’ „Ariadne auf Naxos“, in Reinhardtscher Inszenierung Goldonis „Diener zweier Herren“ (bei schönem Wetter in der Felsenreitschule gespielt), Schillers „Kabale und Liebe“, Goethes „Stella“, in der Regie Richard Beer-Hoffmanns, Goethes „Iphigenie auf Tauris“. Neben diesen Theaterabenden stehen vom ersten Tage an im Brennpunkt der Festspiele die Festkonzerte der Wiener Philharmoniker, Bernhard Paumgartners vielbejubelte Mozart-Serenaden, gespielt des Abends im Hof der alten fürsterzbischöflichen Residenz, und Joseph Meßners Domkonzerte. Kein Wunder, daß solche Fülle der Darbietungen im Lauf der Jahre eine Legion namhafter Künstler nach Salzburg führte. Als Leiter der Oper Fritz Busch, Franz Schalk, Clemens Krauß, Dr. Karl Muck, Bruno Walter und Richard Strauß. Neben ihnen als Konzertdirigenten Sir Thomas Beecham, Ernst von Dohnányi, Wilhelm Furtwängler, Vittorio Gui, Hans Knappertsbusch, Willem Mengelberg, Arturo Toscanini und Felix von Weingartner. Als Regisseure im Schauspiel Max Reinhardt mit seinen Helfern Dr. Stefan Hock und Richard Metzl, Richard Beer-Hoffmann und Eduard Köck. In der Oper zuvörderst Dr. Lothar Wallerstein, dem der überwiegende Teil der Inszenierungen zu danken ist, neben ihm Carl Ebert, Dr. Otto Erhardt, Marie Gutheil-Schoder, Ernst Lert, Karl Heinz Martin und Alois Mora. In Schauspiel wie Oper die Choreographin Margarete Wallmann. Für die Bühnenbilder schufen Clemens Holzmeister, Eduard Hütter, Robert Kautsky, César Klein, Alfred Roller, Ludwig Sievert und Oscar Strnad die Entwürfe. Unabsehbar ist die Reihe der Sänger. Im „Don Juan“ hatte die Titelrolle im Lauf der Jahre Hans Duhan, John Forsell, Karl Hammes, Alfred Jerger und Ezio Pinza als Vertreter; die Donna Anna sangen Dusolina Giannini, Felicie Hüni-Mihacsek, Maria Nemeth, Rose Pauly und Helene Wildbrunn, den Don Ottavio Tino Borgioli, Koloman von Pataky, Alfred Piccaver und Richard Tauber, die Zerline Edith Fleischer, Maria Ivogün, Adele Kern, Maria Raydl, Lotte Schöne, Elisabeth Schumann. Die Constanze in der „Entführung“ Gabrielle Ritter-Ciampi, Maria Gerhart, Selma Kurz und Elisabeth Rethberg, den Osmin Paul Bender, Emanuel List, Karl Norbert. Andere Partien bleiben in einer Hand: der Fidelio bei Lotte Lehmann, der Ochs von Lerchenau bei Richard Mayr, Rezia bei Maria Müller und die unübertreffliche Besetzung der „Frau ohne Schatten“ mit Gertrud Rünger, Viorica Ursuleac, Josef von Manowarda und Franz Völker. Helge Roswaenge und Charles Kullmann alternieren als Hüon im „Oberon“, Ludwig Hoffmann, Alfred Jerger und Wilhelm Rode als Pizarro, Sigrid Onegin und Rosette Anday als Orpheus. Ähnlich im Schauspiel. Bunt ist die Reihe bedeutender Namen. Sybille Binder, Hedwig Bleibtreu, Lil Dagover, Nora Gregor, Lady Diana Manners, Fritzi Massary, Lotte Medelsky, Hansi Niese, Rosamond Pinchot, Frieda Richard, Alma Seidler, Dagny Servaes, Helene Thimig, Paula Wessely, Gisela Werbezirk, Else Wohlgemuth. Raoul Aslan, Ewald Balser, Kurt Bois, Wilhelm Diegelmann, Egon Friedell, Paul Hartmann, Friedrich Kayßler, Werner Krauß, Raoul Lange, Alexander Moissi, Hans Moser, Lothar Müthel, Max Pallenberg, Richard Romanowsky, Luis Rainer, Hans, Hermann und Hugo Thimig, Gustav Waldau, Eduard von Winterstein. Und das Publikum? Ist es geglückt, im Laufe der Jahre zu ihm tragfähige Beziehungen herzustellen? Da sich das Interesse der gesamten Kulturwelt von Jahr zu Jahr steigert, mag diese Schicksalsfrage als bejaht gelten. Den außerordentlichen Künstlern, die am Werk sind, ist es zu danken, dem beglückend reichen Eigenleben Salzburgs und zu oberst seinem großen Sohn, der diese seltsam berauschende Stadt und alles in ihr mit zeugender Kraft, die von Geschlecht zu Geschlecht fortwirkt, hinauf zu überströmendem Licht führte, Wolfgang Amadeus Mozart, dessen Genius so gewaltig, so einmalig, so allumfassend war, daß ein Goethe sich über sein tragisch rasches Verglühen zu trösten sann: „Jeder außerordentliche Mensch hat eine gewisse Sendung, die er zu vollführen berufen ist. Hat er sie vollbracht, so ist er auf Erden in dieser Gestalt nicht länger von Nöten und die Vorsehung verwendet ihn wieder zu etwas anderem. Mozart starb im Alter von 36 Jahren, Raffael im gleichen Alter. Sie hatten ihre Mission auf das vollkommenste erfüllt und es war wohl Zeit, daß sie gingen, damit anderen Leuten auf dieser für eine lange Dauer berechneten Welt auch noch etwas zu tun übrig bleibe.“