651 © 2007 Schattauer GmbH Neuropsychologische Untersuchung von Patienten bei Demenzverdacht K. Schmidtke, M. Hüll Zentrum für Geriatrie und Gerontologie Freiburg, Universitätsklinik Freiburg Schlüsselwörter Keywords Zusammenfassung Summary Demenz, Neuropsychologie, Diagnostik Dementia, neuropsychology, diagnostic Eine neuropsychologische Untersuchung sollte das erste Diagnoseverfahren bei Verdacht auf eine beginnende demenzielle Erkrankung sein. Sie umfasst Anamnese, psychischen Befund und Testuntersuchung. Kurzverfahren wie der MiniMental-Test dienen vor allem zur Schweregradbestimmung einer bereits deutlicheren demenziellen Symptomatik, bei beginnenden Demenzerkrankungen und noch unklarer Diagnose sind aufwändigere Testserien angezeigt. Die neuropsychologische Testuntersuchung beantwortet die Frage, ob ein objektives Defizit vorliegt, identifiziert das Profil der gestörten kognitiven Leistungen, ordnet es gegebenenfalls einem Grundtyp der Demenz zu und trägt so zur Differenzialdiagnose bei. Neben Demenzerkrankungen ist auch die Diagnose einer “leichten kognitiven Beeinträchtigung“ von Bedeutung, die vielfach das Vorlaufstadium von Demenzen darstellt, vor allem in Hinblick auf die erhoffte künftige Verfügbarkeit von Medikamenten, die die Progression dieser Erkrankungen verlangsamen. A neuropsychological examination should be the first step when a dementing illness is suspected. It encompasses history taking, psychological assessment and testing. Screening tests like the Mini-MentalStatus-Examination are mainly useful for the staging of established dementias, while the work-up of early and unclear cases requires a more elaborate series of tests. The neuropsychological examination confirms or excludes the presence of an objective cognitive deficit, identifies the profile of impaired and preserved abilities, assigns it to one of several types of dementia and thereby assists in the making of a diagnosis. The diagnosis of mild cognitive impairment, frequently a prodrome of dementia, is equally important, namely with regard to the expected future availability of disease-modifying drugs. Neuropsychological examination of patients with suspected dementia Nervenheilkunde 2007; 26: 651–658 D emenzerkrankungen werden nach der ICD-10 (International Classification of Diseases) und der DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) als Erkrankungen definiert. Nach diesen Definitionen muss ● eine Störung des Gedächtnisses und ● eine Störung eines weiteren kognitiven Bereichs vorliegen. Diese Definition ist an der häufigsten Demenzerkrankung, der Alzheimer-Demenz (AD), orientiert. Als weitere, möglicherweise beeinträchtigte Bereiche werden in der DSM-IV kortikale Hirnleistungen wie zum Beispiel apraktische oder aphasische Störungen genannt (Tab. 1). Gerade diese weiteren Bereiche müssen in der Früh- und Differenzialdiagnose kognitiver Fehlleistungen neuropsychologisch erfasst werden. Das Kriterium „durch kognitive Defizite beding- te Störung des Alltags“ für eine Demenzdiagnose führt dazu, dass (noch) leichter ausgeprägte kognitive Störungen meist mit dem Begriff der „leichten kognitiven Beeinträchtigung“ (Mild Cognitive Impairment, MCI) bezeichnet werden (12). Die Diagnose einer MCI, die einen schwerwiegenden Risikofaktor für eine Demenzerkrankung darstellt, ist nur mit einer entsprechenden Testung möglich. Neben der AD mit ihrer Amyloid- und Neurofibrillenpathologie führen auch weitere pathologische Hirnveränderungen zu kognitiven Störungen (zum Beispiel LewyKörperchen, Neurofibrillen vom Motoneurontyp, Pick-Körperchen, subkortikale vaskuläre Enzephalopathie), wobei jedoch zu Beginn die Gedächtnisstörung fehlen kann. Anfangs isoliert wirkende Syndrome (organischer Persönlichkeitswandel, räumliche Orientierungsstörung, progressive Aphasien, psychomotorische Verlangsamung) münden bei diesen Erkrankungen erst im Verlauf in eine demenzielle Symptomatik einschließlich Gedächtnisstörung. Bei einer beginnenden Demenz finden sich aber auch häufig psychopathologische Symptome wie depressive Verstimmung, Apathie und wahnhafte Fehldeutungen (11, 28). Auch eine anamnestisch erfasste Depression ist ein wesentlicher Risikofaktor für eine Demenz (18). Insbesondere ältere Menschen mit einer Depression mit vorherrschender Apathie haben ein hohes Risiko, eine Demenz zu entwickeln (4). Die neuropsychologische Untersuchung ist der erste Schritt bei der klinischenAbklärung eines Demenzverdachtes. Sie kann nicht unabhängig von der Anamnese und ohne Erfassung des psychischen Befundes interpretiert werden. Die Diagnostik fußt dabei auf drei gleichwertigen Informationsquellen: ● der Eigen- und Fremdanamnese ● der Erhebung des psychischen Befundes und der Verhaltensbeobachtung während Testuntersuchung ● der Erfassung der kognitiven Leistungen in verschieden Leistungsdomänen sowie Quantifizierung eventueller Defizite. Folgende Ergebnisse kann eine neuropsychologische Untersuchung ergeben: ● Ausschluss einer Demenz und Verdachtsdiagnose einer alternativen Ursache (z. B. Depression, posttraumatische Belastungsstörung, Anpassungsstörung, Somatisierungsstörung, medikamentös induzierte Leistungsschwäche, Aufmerksamkeits-Defizitsyndrom im Erwachsenenalter) ● Diagnose einer MCI mit Beschreibung der Art der kognitiven Beeinträchtigung und Hinweis auf weitere Beobachtungsund Untersuchungsschritte Downloaded from www.nervenheilkunde-online.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 Eingegangen am: 2. April 2007; angenommen am: 5. April 2007 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Nervenheilkunde 8/2007 652 Schmidtke, Hüll Vorliegen einer Demenz ● ● ● ● Gedächtnisstörung weitere kognitive Störung dadurch bedingte Beeinträchtigung im Alltag Symptome bestehen nicht nur im Rahmen eines Delirs. Ein Bestehen der Symptome > 6 Monate erhöht die diagnostische Sicherheit. Tab. 1 Demenzkriterien der DSM-IV DSM-IV Kriterien für eine Demenz ● Kriterium A1 Gedächtnisstörung Kriterium A2 Weitere kognitive Störung A2a Aphasie A2b Apraxie A2c Agnosie A2d Exekutive Störung Diagnose einer Demenz einschließlich der Stellung einer Verdachtsdiagnose bezüglich der zugrunde liegenden Erkrankung, Vorschläge für sinnvolle apparative Zusatzuntersuchungen Anamnese und Fremdanamnese Die Eigenanamnese fragt zunächst nach wahrgenommenen Defiziten und prüft auf diese Weise auch die Krankheitseinsicht. Eine Erfassung aller Dimensionen des psychischen Befundes (insbesondere Störungen des Antriebs, der Aufmerksamkeit, der Stimmung und des Tag-Nacht-Rhythmus) ist ebenso wie eine vollständige Medikamentenanamnese für die Interpretation der Testleistungen wichtig. Starke Schlafstörungen oder ein ausgeprägter Benzodiazepingebrauch können eine testpsychologisch dokumentierte „kognitive Verlangsamung“ erklären. Depressive Verstimmungen und Angststörungen können die Aufmerksamkeit und Motivation bei der spontanen Wiedergabe von gelernten Wortlisten erheblich reduzieren (7). Neben der Eigenanamnese ist die Fremdanamnese wesentlich, da kognitive Defizite von den Betroffenen nicht selten verschwiegen oder nicht wahrgenommen werden. Ein anderer Mechanismus derAnpassung ist der stückweise Rückzug aus anspruchsvolleren Aktivitäten, zum Beispiel die Abgabe schriftlicher Angelegenheiten, komplizierter Hobbys und Vereinsaktivitäten, die ReNervenheilkunde 8/2007 duktion des Autofahrens auf den Nahbereich, der Verzicht auf Reisen. Auch Angehörige nehmen eine langsam progrediente, demenzielle Symptomatik manchmal lange nicht wahr oder verkennen sie als Zeichen des Alterns. Folgende Fragen sollten immer gestellt werden: ● Beginn, Progression und zeitliche Abfolge der Defizite ● Defizite bei anspruchsvollen Aktivitäten wie Geldangelegenheiten, Erledigungen außer Haus, Reisen ● Defizite von Orientierung, Gedächtnis (für Gesprächsinhalte, Ereignisse, zeitliche Abläufe), räumlichem Denken (Wege, Uhren lesen, Zeichnen, Einräumen), Sprache (Wortfindung, Verständnis, Sprachantrieb), Praxis (für einfache und sequenzielle manuelle Handlungen), Konzentrationsvermögen ● Änderungen von Stimmung, Antrieb, Sprachantrieb, Wesen und Verhalten Verhaltensbeobachtung Die Verhaltensbeobachtung während der Anamnese und der Testung ergänzt den psychischen Befund. Bei der Bearbeitung von Testaufgaben können charakteristische Fehlleistungen auftreten, die auf bestimmte Krankheiten oder Demenztypen hinweisen. Andererseits muss beachtet werden, dass ein Patient sich in der zeitlich limitierten und stark strukturierten Untersuchungssituation unter Umständen wesentlich geordneter verhält als zu Hause. Das Augen- merk darf nicht auf den erhaltenen Kompetenzen, sondern muss auf den Defiziten des Patienten liegen – auch wenn im Dialog mit Patienten und Angehörigen eine andere Haltung eingenommen wird. Wichtig ist auch zu registrieren, was nicht gesagt wird – zum Beispiel bei Patienten, die kaum Angaben machen, keine Fragen stellen und sich unberührt zeigen. Die folgenden psychopathologischen Symptome sollten im Gespräch beachtet werden: ● Aufmerksamkeit, Zugewandtheit, Spontaneität ● Störung des Sprachverständnisses und Auffassungsvermögens ● Störung der Klarheit und Flüssigkeit des sprachlichen Ausdrucks ● Geschwindigkeit des Denkens und Handelns, psychomotorische Unruhe ● Stimmungslage, spontane und induzierte Modulation, gegebenenfalls emotionale Indifferenz ● Verhaltensauffälligkeiten wie Distanzminderung, Dyspraxie, Neglect Die nachfolgenden Merkmale können bei der Testuntersuchung beobachtet werden. Sie betreffen die Art und Weise, wie Aufgaben gelöst werden, aber auch die Einstellung des Patienten auf die Testsituation und seine Interaktion mit dem Untersucher: ● Instruktionsverständnis fürTestaufgaben Motivation, gegebenenfalls frühe Erschöpfung und Neigung zum raschen Aufgeben ● Verlangsamung des Denkens und Handelns ● Probleme der visuellen Erfassung von Testmaterialien ● Betroffenheit oder Indifferenz gegenüber Defiziten ● Verhaltensstörungen, die auf ein Frontalhirnsyndrom hinweisen: – Ignorieren der Regeln einer Testaufgabe – Perseverationsneigung beim Zeichnen, bei der Wortflüssigkeit, bei der Gedächtnisprüfung oder bei der Apraxie-Prüfung fehlendes Vermögen, die Fehlerhaftigkeit einer Aufgabenlösung zu erkennen – unaufgefordertes Betasten und Manipulieren (utilisation behaviour) Downloaded from www.nervenheilkunde-online.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 654 Schmidtke, Hüll – bizarre Produktionen beim Zeichnen, Benennen oder bei der Prüfung der Wortflüssigkeit – Logorrhoe, assoziative Lockerung, Disinhibition ● Testuntersuchung Angesichts der zunehmenden Sensibilisierung bezüglich kognitiver Störungen und Demenzerkrankungen in der Bevölkerung ist eine vermehrte Inanspruchnahme einer ärztlichen Beratung bei beginnenden Leistungseinbußen zu beobachten. Die neuropsychologische Diagnostik bei beginnenden Demenzen stellt, wegen des hohen Zeitaufwands und der oft schwierigen Interpretation, eine Kernkompetenz von Gedächtnissprechstunden, Spezialambulanzen und fachärztlichen Schwerpunktpraxen dar. Die Testuntersuchung muss in der Hand von besonders geschultem Personal liegen. In Spezialambulanzen sind zumeist Neuropsychologen mit dieser Aufgabe betraut. Mit Hinblick auf die notwendige Verhaltensbeobachtung ist es jedoch empfehlenswert, dass der behandelnde Arzt zumindest einzelne Tests selber durchführt. Ziel ist die Feststellung eines Profils von gestörten und erhaltenen Leistungen, welches diagnostische Schlüsse zulässt. Dazu müssen die Ausgangsbegabung, die Kooperationsfähigkeit, die wechselseitige Beeinflussung verschiedener kognitiver Teilleistungsdefizite sowie der Effekte einer eventuellen affektiven Störung oder Antriebsstörung berücksichtigt werden. Ein gering ausgeprägtes Defizit kann eine besonders ausführliche Diagnostik notwendig machen. Die neuropsychologische Untersuchung sollte bezüglich der Frage, ob überhaupt eine Demenzerkrankung vorliegt, stets vor apparativen Untersuchungen erfolgen. Sie kann im Idealfall folgende Fragen beantworten: ● Welche kognitiven Werkzeugstörungen stehen beim jeweiligen Patienten im Vordergrund (z. B. Gedächtnis, Sprache, Orientierung, Verbeitungsgeschwindigkeit)? ● Welche Defizite sind genuin und welche stellen die Folge anderer, elementarer Nervenheilkunde 8/2007 ● Defizite dar (Beispiele: Defizit des verbalen Gedächtnisses bei Sprachstörung oder bei Aufmerksamkeitsstörung, Defizit des Abzeichnens bei Defizit des planerischen Denkens, Defizit des Benennens bei visueller Agnosie oder Sprachantriebsstörung)? Können die festgestellten Defizite einem Demenzsyndrom zugeordnet werden, insbesondere dem kortikalen Typ (zum Beispiel AD, lobare Degeneration), dem subkortikalen Typ (zum Beispiel zerebrale Mikroangiopathie, Multiple Sklerose), dem frontalen Typ (zum Beispiel Frontotemporale Demenz, FTD), oder einem Mischtyp (zum Beispiel LewyKörperchen-Demenz, LKD)? Ist das Profil hinweisend für eine AD, die häufigste Demenzerkrankung? Die vertiefte neuropsychologische Diagnostik setzt spezifische Tests für definierte kognitive Werkzeugleistungen oder Elementarleistungen ein. Von besonderer Relevanz für die Demenzdiagnostik sind: ● verbales Gedächtnis ● visuell-räumliches Denken ● Benennen ● Praxis ● „exekutive“ Leistungen Verbales Gedächtnis: Die Gedächtnisstörung ist das bestimmende Merkmal von Demenzerkrankungen. Sie ist besonders typisch für die AD, dagegen steht sie bei der FTD und anderen lobar beginnenden Degenerationen, wie auch subkortikalen Demenzformen, eher im Hintergrund. „Gedächtnis“ zerfällt in die Fähigkeit, neue Dinge dauerhaft aufzunehmen (Neu- oder Langzeitgedächtnis) und die Fähigkeit, altes Wissen zu bewahren und abzurufen (Altgedächtnis). „Kurzzeitgedächtnis“ ist eine funktionell und anatomisch völlig separate Funktion, die mit dem Arbeitsgedächtnis zusammenhängt und lediglich dazu dient, Inhalte für einige Sekunden präsent zu halten. Eine primäre Gedächtnisstörung oder Enkodierstörung entsteht, wenn das neuronale System der Speicherung von Gedächtnisinhalten geschädigt ist, also der Hippocampus und seine vor- und nachgeschalteten Strukturen. Schädigungen des Systems entstehen bei AD, bei der LBD und – durch temporale Atrophie – bei der FTD, aber auch nach zerebraler Hypoxie, WernickeEnzephalopathie oder Herpes-Enzephalitis. Eine sekundäre Neugedächtnisstörung resultiert dagegen aus einer unspezifischen Störung der Informationsverarbeitung, welche für die Niederlegung und den Abruf von Gedächtnisinhalten unabdingbar ist (aufmerksame Zuwendung auf einen neuen Inhalt, Analyse, Verarbeitung und Assoziation mit bestehendem Wissen, strategischer und angestrengter Abruf). Ursachen sind unter anderem Demenzerkrankungen, die das konzentrierte und strategische (exekutive) Denken besonders beeinträchtigen, vor allem subkortikale und frontale Erkrankungen, aber auch Funktionsstörungen im Rahmen von subklinischen, deliranten Zuständen bei Allgemeinerkrankungen, durch Medikamente verursacht oder bei Depression. Primäre und sekundäre Gedächtnisstörung zeigen ein unterschiedliches Profil: ● bei primärer, aber nicht bei sekundärer Gedächtnisstörung steht die Enkodierungsstörung im Vordergrund. ● bei primärer Enkodierstörung sind Hinweisreize (jemanden an etwas erinnern) wenig hilfreich. ● nur bei primären Gedächtnisstörungen ist auch das Wiedererkennen von Wörtern oder Bildern aus einer Auswahl schlecht, bei sekundärer Störung ist es oft deutlich besser als der freie Abruf (z. B. beim Wortlistenlernen). Visuell-räumliches Denken: Das visuellräumliche Denken ist im Alltagsleben von hoher Bedeutung. Es dient unter anderem der Orientierung im nahen und fernen Raum, dem Schreiben, Lesen, Rechnen, Zeichnen, Uhren lesen, Zusammenfügen und Einräumen von Gegenständen, Ankleiden, Entschlüsseln von Karten, Zeichen, Instrumenten, Verkehrssignalen, Formularen. Die Analyse visuell-räumlicher Störungen ist für die Demenzdiagnostik besonders wichtig, da es sich um gut lokalisierbare (parietale) Werkzeugstörungen handelt, die vor allem, aber nicht nur, bei AD, LBD und kortikobasaler Degeneration betroffen sind. Visuell-räumliche Störungen können durch andere Defizite überlagert sein. Eine „räumliche Desorientierung“ kann durch eine Gedächtnisschwäche bedingt sein. Des- Downloaded from www.nervenheilkunde-online.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 655 Neuropsychologische Untersuchungen bei Demenzverdacht orientierung zuhause ist dagegen ein eher spezifisches Symptom für eine Störung des visuell-räumlichen Denkens. Schwierigkeiten beim Ankleiden sind ein typisches Symptom, da Kleidungsstücke mit ihren Öffnungen und Seiten räumlich analysiert werden müssen; dieses Symptom kann jedoch durch eine Apraxie überlagert sein. Benennen: Störungen des Objektbenennens (auch: Dysnomie, Anomie, Wortfindungsstörung) sind ein kardinales und frühes Symptom von Sprachstörungen bei kortikalen Demenzerkrankungen, unter anderem der AD (15). Benennstörungen können durch Störungen des Sehens und des visuellen Erkennens von Gegenständen überlagert werden; Abhilfe schafft hierfür das Benennen nach Definition (zum Beispiel: Tiere oder Gegenstände beschreiben und benennen lassen). Bei einer differenzierten Diagnostik von Sprachstörungen im Rahmen einer Demenzerkrankung müssen auch weitere mögliche Symptome geprüft werden: Aphasie im engeren Sinne, das heißt Störungen der Satzbildung und Syntax, der Wortform (phonematische Paraphasie), der Wortwahl (semantische Paraphasie) und des Sprachverständnisses, Störungen des Wissens über den Bedeutungsgehalt von Worten, Störungen des Sprachantriebs und der Sprachpragmatik (Verstehen und Produzieren von bedeutungshaltigen, situativ angemessenen, flüssigen Äußerungen, Verstehen von Metaphern, Andeutungen und unvollständigen Sätzen). Höhergradige aphasische Störungen treten im Frühstadium bei links- und bitemporalen Atrophien auf. Apraxie: Apraxie oder Dyspraxie bedeutet, dass die Ausführung geordneter Einzelbewegungen oder Bewegungsfolgen, vor allem der Hände und Arme, gestört ist. Eine „ideomotorische Apraxie“ betrifft einfache Bewegungen, zum Beispiel Finger-NaseVersuch, Faustschluss, kämmen, Brille aufsetzen, Essen schneiden, Winken.Als „ideatorische Apraxie“ wird die Störung sequenzieller Handlungsabläufe bezeichnet, zum Beispiel Gemüse putzen, Betten beziehen oder Kaffee kochen. Eine Apraxie für einfache Bewegungen resultiert in der Regel aus links-parietalen Läsionen, zum Beispiel bei AD oder nach Schlaganfall. Eine Apraxie für komplexe, sequenzielle Tätigkeiten kann von intellektuellen Defiziten auf höherer Ebene überlagert sein, zum Beispiel Defiziten der Handlungsplanung oder des Antriebs, sowie von Störungen des visuellräumlichen Denkens (zum Beispiel bei der Benutzung von Werkzeugen, beim Ein- und Ausräumen oder beim Ankleiden). Begriffe wie Lid-Apraxie, Blick-Apraxie, GliedApraxie, Sprech-Apraxie haben keinen Bezug zu Apraxie im engeren Sinne. Eine Apraxie kann informell durch Arm-, Hand- und Fingerbewegungen geprüft werden, die der Untersucher vorführt oder mündlich vorgibt, zum Beispiel: ● Hände klatschen, Fäuste bilden, Fäuste oder Knöchel gegeneinander klopfen ● Zeigefinger und Daumen links und rechts zu einem Kreis formen und verschränken ● Überkreuz die Ohrläppchen berühren ● die Handrücken an die Stirn legen ● die Arme ausstrecken, die Handrücken aneinanderlegen und die Finger gegeneinander klopfen ● die Arme und Hände ausstrecken, die Handflächen nach außen drehen, dann Arme kreuzen und Hände klatschen ● Verschränkungen der Finger Exekutive Leistungen: Dieser unscharf definierte Begriff beschreibt ein Spektrum kognitiver Fähigkeiten, die mit zielgerichtetem, planvollem, urteilendem und flüssigem Denken verbunden sind, zum Beispiel Aufmerksamkeit, Konzentration, Denkgeschwindigkeit, Resistenz gegen Ablenkung etc. Exekutive Leistungen sind vornehmlich, aber nicht nur, bei Schädigungen des präfrontalen Assoziationskortex und seiner Verbindungen, einschließlich subkortikaler Assoziationskerne und Bahnen, beeinträchtigt. Exekutive Störungen beeinflussen alle neuropsychologischen Testleistungen mitAusnahme solcher, die kaumAnstrengung, Tempo, Planung und aktive Informationsverarbeitung erfordern (Benennen, Wiedererkennen, Uhren lesen). Allgemeine Aspekte der Testinterpretation Quantitative Testresultate müssen beim einzelnen Patienten mit Vorsicht interpretiert werden. Gründe liegen in der begrenzten Reliabilität und Objektivität der Testverfahren, der begrenzten Spezifität für bestimmte geistige Leistungen (Validität), der nicht immer verfügbaren alters- und ausbildungsstratifizierten Normwerte und dem wechselnden Kooperationsvermögen. Die Einschätzung von Testleistungen setzt voraus, dass zuvor definiert wurde, was Normalität bedeuten soll. Man kann den Standpunkt vertreten, dass Leistungen pathologisch sind, wenn sie zwei, eineinhalb oder eine Standardabweichung (SD) unterhalb des Mittelwerts liegen. In der Normalbevölkerung liegen ca. 3% unterhalb von minus zwei SD und etwa 16% unterhalb von minus einer SD. Es ist empfehlenswert, Leistungen unter minus zwei SD als pathologisch, unter minus einer SD als subnormal und Leistungen zwischen minus und plus einer SD als normal oder durchschnittlich zu bezeichnen. Aufgrund der Messungenauigkeit dürfen geringe Abweichungen von Grenzwerten nicht überbewertet werden. Je mehr Tests, desto wahrscheinlicher ist auch, dass einzelne Ergebnisse zufällig im subnormalen Bereich liegen, ohne dass ein reales Defizit vorliegt. Im Zweifelsfall müssen weitere Tests oder Wiederholungen durchgeführt werden. Empfohlene Testverfahren Screening-Tests wie der Mini-Mental-Status oder der DEMTECT genügen für anspruchsvolle Fragestellungen in der Frühdiagnostik nicht (21). Weithin eingeführt und empfehlenswert ist die Testserie des „Consortium to Establish a Registry for Alzheimer’s Disease (CERAD)“. Sie wurde für den Deutschen Sprachraum an einer großen Stichprobe standardisiert. Ihre Anwendung erfordert ca. 45 bis 60 Minuten. Eine PC-gestützte Konversion von Rohwerten in z-Werte für alle Einzeltests unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht und Bildung ist verfügbar (16, 20). Es wurden auch Normdaten an Hochbetagten (> 90 Jahre), allerdings im englischen Sprachraum, erhoben (5). Diese zeigen, dass gerade auch im hohen Alter die Normalleistung stark mit der Ausbildung korreliert. Eine gute Trennung zwischen gesunden Kontrollproban- Downloaded from www.nervenheilkunde-online.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Nervenheilkunde 8/2007 656 Schmidtke, Hüll den, Patienten mit einer leichten kognitiven Beeinträchtigung, Patienten mit einer Alzheimer Demenz und Patienten mit einer Lobaratrophie konnte für den deutschsprachigen Raum bestätigt werden (3, 10). Bei spezielleren Fragestellungen muss die CERAD-Testserie aber um weitere Testverfahren ergänzt werden (zum Beispiel des Sprachverständnisses, der Apraxietestung; siehe unten). Die CERAD-Serie umfasst diese Tests: ● verbales Gedächtnis: Sofortabruf einer Liste von zehn Worten in drei Durchgängen, Spätabruf der Wortliste ohne nochmalige Präsentation, spätes Wiedererkennen der zehn Worte in einer Auswahl von zwanzig Worten ● visuell-räumliches Denken: Abzeichnen von Kreis, Raute, zwei Vierecken und einem dreidimensionalen Würfel ● Objektbenennen: Kurzfassung des Boston-Benenntests mit 15 gezeichneten Objekten ● figurales Gedächtnis: Spätabruf der zuvor gezeichneten Figuren ● Wortflüssigkeit: Aufzählen von Tierarten in einer Minute ● Mini-Mental-Test Die CERAD-Testserie ist nicht ohne Nachteile. Das Figurenabzeichnen ist als Test des Abb. 1 visuell-räumlichen Denkens insuffizient, da die ersten drei Figuren sehr einfach sind und von vielen Patienten mit leichter Demenz ohne besondere Probleme abgezeichnet werden können, der dreidimensionale Würfel dagegen wiederum so schwierig, dass er von vielen gesunden älteren Personen nicht korrekt abgezeichnet werden kann. Die Kurzform des Boston-Benenntests zeigt im Bereich leichter Defizite eine geringe Sensitivität und wenig Differenzierungsvermögen und bereits drei Fehlleistungen sind als pathologisch zu werten. Die Wortflüssigkeit ist wenig aussagestark, weil Defizite unspezifisch sind. Insbesondere depressive Patienten zeigen schlechte Ergebnisse. Aufgrund ihrer Ausrichtung auf die AD umfasst die Testserie keinen Test der Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit. Im Folgenden wird daher eine Auswahl von Testverfahren vorgestellt, die je nach Lage des Falls zusätzlich zur CERAD-Testserie angewendet werden können. Gedächtnis: Wenn Unklarheit besteht, ob ein Defizit beim Wortlistenlernen zum Beispiel durch eine verminderte Fähigkeit zur Konzentration mitbedingt ist, kann ergänzend ein orientierender Test des figuralen Gedächtnisses durchgeführt werden, indem zehn beliebige Bilder erst benannt werden und nach ca. einer halben Stunde in einer Der Uhrenlesetest zur Diagnostik von Demenzerkrankungen und Störungen des visuell-räumlichen Denkens (24). Nervenheilkunde 8/2007 Auswahl aus 20 Bildern identifiziert werden sollen. Diese Aufgabe prüft – anders als das CERAD-Figurenabrufen – das Wiedererkennen und hat daher einen geringeren Schwierigkeitsgrad. Das vorherige Benennen sichert, dass die Bilder aufgenommen wurden. Zwei Fehler und mehr können als subnormal gelten, eine Standardisierung liegt jedoch nicht vor. Ebenso kann das Nacherzählen von Kurzgeschichten angewendet werden, um sicherzustellen, dass tatsächlich eine normale Leistung vorliegt („Logical Memory“ aus dem Wechsler-Gedächtnistest). Zur differenzierten Beurteilung leichter Gedächtnisstörungen können längere Wortlisten, zum Beispiel der California Verbal Learning Test angewandt werden (14). Visuell-räumliches Denken: Beim Uhren(zeichen-)Test erhält der Patient einen vorgezeichneten Kreis und wird gebeten, die Ziffern so einzutragen, wie sie auf einem gewöhnlichen Zifferblatt stehen (arabische Ziffern). Anschließend soll er die Zeiger so einzeichnen, dass sie die Zeit „zehn nach elf“ anzeigen. Die Uhr wird nach nach Shulman (27) nach den Kriterien „Vollständigkeit“ und „Platzierung der Ziffern und der Zeiger“ beurteilt (Testwert 1 bis 6). Der Test ist sehr sensibel für visuell-räumliche Denkstörungen. Allerdings sind nicht alle gesunden älteren Personen in der Lage, ein „normales“ Ergebnis (Testwert 1 oder 2) zu produzieren, und die wenigsten erzielen ein perfektes Ergebnis. Eine weitere Einschränkung besteht darin, dass der Uhrentest auch für Defizite höherer „exekutiver“ Leistungen sensibel ist, insbesondere des planerischen Denkens. Aus diesem Grunde ist er zur Differenzialdiagnose und insbesondere zur Frühdiagnose wenig geeignet (19). Tests des Uhrenlesens sind dagegen weitgehend spezifisch für das visuell-räumliche Denken, sofern keine Sprachstörung besteht. Ein von uns entwickelter Test (24) besteht aus zwölf Zifferblättern ohne Ziffern, die abgelesen werden sollen (Abb. 1). Bei Abweichung um bis zu fünf Minuten, um eine genau eine Stunde, wird ein halber Punkt vergeben. Patienten mit AD und LBD zeigen in der Regel schon im frühen Stadium eine pathologische Leistung, nicht dagegen Patienten mit vaskulären Demenzformen und Frontotemporaler Demenz, da der Downloaded from www.nervenheilkunde-online.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 657 Neuropsychologische Untersuchungen bei Demenzverdacht parietale Cortex dort nur gering betroffen ist. Bei einer Leistung von < 10,5 Punkten besteht der Verdacht auf eine Demenzerkrankung. Die Sensitivität für die Diagnose AD im Vergleich zu einer Gruppe gesunder 60- bis 80-jähriger Personen beträgt bei diesem Cut-off-Wert 0,82, die Spezifität 0,70. Benennen und andere Symptome der Sprache: Ergänzend zum CERAD-Benennen kann das Objektbenennen aus dem Aachener Aphasie Test (13) mit 20 Bildern angewendet werden. Bei Einschränkungen des Sehens und der visuellen Gnosis können Objekte nach Definition benannt werden. Für eine formale Prüfung des Sprachverständnisses ist der Token-Test aus dem Aachener Aphasie Test geeignet. Zur qualitativen Beurteilung von Spontansprache und Spontanantrieb kann eine beliebige bildliche Szene vorgelegt werden, die der Patient beschreiben soll. Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit: Geeignet ist der Trail Making Test (TMT) Teil A, wesentlich besser jedoch der Zahlenverbindungstest (ZVT) in der Version für geriatrische Patienten aus dem Nürnberger Altersinventar, da dieser Test in zwei Durchgängen durchgeführt und zuvor mit drei Übungsbögen eingeführt wird (17). Die Leistung im TMT und ZVT wird durch eventuelle Störungen des Sehens und der räumlichen Aufmerksamkeit überlagert. Neuropsychologisches Profil der wichtigsten Demenzerkrankungen Im Folgenden wird das typische neuropsychologische Profil im frühen Stadium der wichtigsten Demenzerkrankungen stichwortartig dargestellt. Alzheimer-Demenz: In der Anamnese stehen Gedächtnisstörung und Schwierigkeiten bei anspruchsvollen Alltagsaufgaben im Vordergrund. Die Patienten zeigen keine auffällige Verlangsamung im Gespräch und bei der Testbearbeitung. Das zweite Hauptsymptom ist meist die Störung des visuellräumlichen Denkens, die sich im Alltag anfangs durch Schwierigkeiten beim Rech- nen, Umgang mit Geld, Bearbeiten von Formularen, bei der räumlichen Orientierung und bei handwerklichen Arbeiten manifestiert. Die Testleistung im CERAD-Wortlistenlernen ist pathologisch, die Leistung für CERAD-Figurenzeichnen, Wortflüssigkeit und Benennen weniger deutlich reduziert. Der Uhrentest ist pathologisch, und das Uhrenlesen oft deutlicher pathologisch als das Figurenzeichnen. Das Arbeitstempo im TMT oder ZVT kann normal sein. Posteriore Cortikale Atrophie: Bei dieser Variante der AD mit vornehmlich parietaler Atrophie ist die visuell-räumliche Störung besonders ausgeprägt. Die Patienten zeigen schon bei einfachen Aufgaben wie CERAD-Figurenzeichnen, Uhrentest und Uhrenlesen ausgeprägte Defizite, während die Testleistungen von CERAD-Wortlistenlernen, Benennen und Wortflüssigkeit noch normal oder nur gering reduziert sind (22). Leichte kognitive Beeinträchtigung: Dieser unscharf definierte Begriff bedeutet im Kern, dass ein Patient kognitiv „nicht normal“, aber auch „nicht dement“ ist. Hierbei wird das Kriterium der alltagsrelevanten Beeinträchtigung meist zur Abgrenzung gegenüber einer bereits zu diagnostizierenden Demenz angewandt. Die leichte kognitive Beeinträchtigung („mild cognitive impairment (MCI)“) muss gegen eine „leichte kognitive Störung“ (ICD 10: F 06.7) abgegrenzt werden. Mit diesem Begriff werden in erster Linie stabile kognitive Einschränkungen nach umschriebenen Schädigungen verschlüsselt, zum Beispiel nach Schädelhirntrauma, operativ versorgtem Normaldruckhydrocephalus oder Enzephalitis. Ursache einer MCI kann eine sich entwickelnde Demenzerkrankungen sein. Da es viele unterschiedliche Ätiologien gibt, existiert kein bestimmtes neuropsychologisches Profil. Ein Sonderfall ist das „amnestic MCI“, das typischerweise das Vorstadium der AD darstellt (25). Hier ist das CERAD-Wortlistenlernen und der Spätabruf der Figuren deutlich gestört, die übrigen CERAD-Testergebnisse sind weitgehend unauffällig. Einige Patienten zeigen, trotz weitgehend erhaltender Alltagskompetenz, zusätzlich bereits Defizite in den Tests des visuell-räumlichen Denkens. Lewy-Körperchen-Erkrankung: Die Differenzialdiagnose stellt sich im Wesentlichen dann, wenn (noch) keine ParkinsonSymptomatik besteht. Die Gedächtnisstörung steht nicht im Vordergrund. Die Testleistungen sind eher diffus reduziert, vor allem auch für Tempo-abhängige Aufgaben wie CERAD-Wortflüssigkeit, TMT und ZVT. Das Gedächtnisdefizit, vor allem beim Wiedererkennen, ist weniger deutlich als bei AD, die visuell-räumlichen Defizite sind dagegen ähnlich oder stärker (1, 8, 28). Die Anamnese kann – anders als bei AD – eine Orthostasesymptomatik, imperativen Harndrang oder Harninkontinenz zeigen. Die Erkrankung setzt nicht selten scheinbar subakut ein (9). Vom Gesamteindruck her sind die Patienten erkennbar verlangsamt, antriebsgemindert und allgemein reduziert (Mischtyp aus kortikaler und subkortikaler Demenz). Die Lewy-Körperchen-Erkrankungen ist aufgrund ihrer fluktuierenden kognitiven Leistungen bei insgesamt ähnlichem Testprofil jedoch am besten durch klinischen Symptome wie Halluzinationen, REM-Schlaf-assozierte Störungen und frühe Inkontinenz von der AD abgrenzbar (2). Frontotemporale Demenz: Bei der frontalen Verlaufsform, ohne im Vordergrund stehende Aphasie, besteht anamnestisch eine Wesensänderung. Die Testleistungen sind uncharakteristisch und, einschließlich des Mini-Mental-Testwerts, oft besser als es dieAnamnese erwarten lässt. Typisch ist nur eine überproportionale, unter Umständen starke Reduktion der CERAD-Wortflüssigkeit (10). In Bezug auf das Wortlistenlernen kann der aktive Spätabruf deutlich schlechter sein als das Wiedererkennen der Wörter in der Auswahlliste. Das Uhrenlesen ist in der Regel unauffällig (24). Bei den temporalen Verlaufsformen, also der progressiven nichtflüssigen Aphasie und der semantischen Demenz, stehen aphasische Störungen im Vordergrund (6). CERAD-Benennen und -Wortflüssigkeit sind deutlich pathologisch, die Tests des visuell-räumlichen Denkens und der figurale Gedächtnistest der CERAD dagegen deutlich oft normal. Das CERAD-Wortlistenlernen kann durch die Aphasie beeinträchtigt sein. Darüber hinaus bestehen frühe Defizite des Sprachverständnisses im Token-Test, und – bei Semantischer Demenz – des Wis- Downloaded from www.nervenheilkunde-online.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Nervenheilkunde 8/2007 658 Schmidtke, Hüll sens über den Bedeutungsgehalt von Worten und über Eigenschaften von Gegenständen (26). Demenz bei subkortikaler arteriosklerotischer Enzephalopathie (SAE): Anamnestisch bestehen körperliche Symptome (Gangstörung, imperativer Harndrang, Dysarthrie, Dysphagie), sowie Verlangsamung, Antriebsminderung und Erschöpfbarkeit. Entsprechend sind vor allem Tempo-abhängige und aufmerksamkeitsintensive Testleistungen beeinträchtigt (CERADWortflüssigkeit, freier Gedächtnisabruf). Dagegen sind das Wiedererkennen der Wortliste und das Uhrenlesen bei SAE deutlich weniger beeinträchtigt als beiAD (23). Danksagung Die vorliegende Arbeit wurde mit Unterstützung des Kompetenznetzes Demenzen erstellt. Literatur 1. Ala TA, Hughes LF, Kyrouac GA, Ghobrial MW, Elble RJ. Pentagon copying is more impaired in dementia with Lewy bodies than in Alzheimer's disease. J Neurol Neurosurg Psychiatry 2001; 70: 483–488. 2. Ballard CG. Definition and diagnosis of dementia with Lewy bodies. Dement Geriatr Cogn Disord 2004; 17 Suppl 1: 15–24. 3. Barth S, Schonknecht P, Pantel J, Schroder J. 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