REMBRANDT BUGATTI FUR KINDER Staatliche Museen zu Berlin Bildung, Vermittlung, Besucherdienste Sigrid Otto www.smb.museum Wildhahn und Frosch, um 1912, Bronze, 26 × 3 7 × 1 3 cm Sladmore Gallery, London, Foto: Sladmore Gallery Wer war Rembrandt Bugatti? Grasendes Nilpferd, um 1909/10, Bronze, 31 × 6 9 × 2 2 cm David and Marie Cooper, Foto: Peter John Gates 2 Ein italienischer Bildhauer (Benvenuto Cellini) sagte einmal, dass die Skulptur die größte aller Künste sei. Sie sei sieben Mal größer als die Malerei, weil sie nicht nur eine, sondern acht Ansichten bieten muss und jede davon gleich gut. Dieser mächtigen Herausforderung hat sich ein Mann gestellt, der auch in Italien geboren wurde und ebenso Bildhauer war: Rembrandt Bugatti In Mailand vor 130 Jahren geboren, interessierte sich Rembrandt schon als kleiner Junge für Tiere und Kunst. Rembrandt Bugatti mit Modell im Zoo Antwerpen Foto: Rembrandt Bugatti Conservatoire 3 Antwerpen Paris Mailand Rembrandt erhielt nicht zufällig den gleichen Vornamen wie der berühmte holländische Maler. Er wurde in eine Künstlerfamilie hinein geboren. Der Großvater war Bildhauer und Architekt und sein Vater entwarf Möbel. Sein Bruder Ettore wollte ursprünglich Künstler und Rembrandt sollte Ingenieur werden, also etwas Technisches lernen. Doch es kam anders. Ohne eine Kunsthochschule besucht zu haben, verspürte er schon mit 15 Jahren den starken Drang, Tiere zu modellieren. Zuerst heimlich. Als man das entdeckte, war klar – Rembrandt hat großes Talent. Mit dem Umzug der Familie nach Paris, besuchte er fast täglich die »Menagerie«, den ersten modernen Zoo in der Welt. Später fühlte er sich in Belgien im Zoo von Antwerpen wie zu Hause. Es gab dort ein Elefantenhaus, das wie ein riesiger ägyptischer Tempel aussah, und extra große Paläste für Antilopen, Straußenvögel und Giraffen. In so einem schönen Umfeld erschien Rembrandt stets in Hut und Anzug, um in seinem Freiluftatelier zu arbeiten. Die Tierwärter kannten ihn und schlossen extra für ihn schon in den frühen Morgenstunden den Zoo auf. Sogar in den Gehegen zahmer Tiere konnte er sich mit seinem Modellierbock aufhalten. 4 Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren war es mit der künstlerischen Arbeit so gut wie vorbei. Rembrandt tat es in der Seele weh, wie Menschen schwer verletzt aus dem Krieg kamen. Er pflegte sie als Sanitäter im Krankenhaus und wurde selbst müde und unglücklich dabei. Nichts war mehr wie früher. Der Zoo wurde geschlossen, Tiere mangels Futter getötet. Das ging ihm so unter die Haut, dass er selbst nicht mehr leben wollte und mit 31 Jahren freiwillig aus dem Leben schied. Heute freuen wir uns an seinen wundervollen Tierplastiken, denn Rembrandt Bugatti war ein großer Tierliebhaber. Elefanten mochte er offenbar besonders. Um seinem Bruder Ettore, der schnelle und teure Autos entwarf, eine Freude zu bereiten, hatte er eine tolle Idee – und die hat mit einem Elefanten zu tun! Bestimmt kennt ihr den Mercedes-Stern, der den Autokühler ziert – aber welches Auto hat vorn schon einen Elefanten? Klingt kurios – so ein großes, schweres Tier auf einem Rennauto? Nein, es ist eine Miniaturausgabe eines auf zwei Beinen balancierenden Elefanten – wie ein Hund, der »Männchen« macht. Den Rüssel nach oben gestreckt, als wolle er zeigen, er sei der Größte – na klar, so wie der Superwagen »Bugatti« – den man auch »Royale« nannte, den Königlichen. Wäre da nicht ein Löwe, König der Tiere, passender gewesen? Über diesen später mehr. 1 Kleiner dressierter Elefant als Kühlerfigur des »Bugatti Royale«, 1926, Foto: Bernhard Angerer 5 Vorsicht! Raubkatze in der Skulpturen­halle! 2 1 3 1. OG 6 3 Drei Kudu–Antilopen oder Die verletzte Mutter, 1911, Bronze, 55 × 1 32 × 2 0 cm Privatsammlung, London, Foto: Peter John Gates Wieso steht unsere Skulptur der beiden Prinzessinnen noch so locker da, als habe sich nichts in ihrem Umfeld verändert? Merken sie nicht, wie ein gefährlicher Panther beginnt, Witterung aufzunehmen und sich in dem für ihn typischen Kreuzgang (schaut mal auf die Beine) langsam in ihre Richtung bewegt? Doch Angst müssen nicht die beiden Schwestern Luise und Friederike haben, sondern die Antilopen in der Halle, denn diese wecken sein Begehr. Waren sie doch gerade dem Panther davongelaufen, nur die Mutter ist bei der Flucht unglücklich über einen Felsbrocken gestolpert und hat sich am Bein verletzt. Wer tröstet sie nun? Und woran ist das zu sehen? 2 Laufender Panther, um 1904, Bronze, 21 × 5 3 × 1 2 cm Privatsammlung, Foto: Peter John Gates Der Künstler hat die Antilopen wie eine Familie dargestellt: Vater, Mutter, Kind. Antilopen leben nicht als Einzelgänger, so wie der Panther, sondern in einer Herde. Warum ist das wohl so? Ungerührt steht eine Lamagruppe in der Nähe des Panthers. Dieser sollte sich vorsehen, sonst wird er angespuckt. Und das dicke Flusspferd kriegt von all der Aufregung gar nichts mit. Möchte lieber schnell untertauchen – doch wo findet es Wasser in seiner Nähe? Schaut mal in den Nachbarraum! 7 Wie eine Skulptur entsteht 4 2. OG 8 Die Bronzeskulptur des laufenden Panthers war so berühmt, dass sie allein 50 Mal gegossen wurde! Aber wie und woraus wurde sie gemacht? Am Anfang steht ein Klumpen Modelliermasse, den der Künstler direkt im Zoo vor den Tieren zu formen beginnt. Wer genau hinschaut, sieht, wie er das weiche Material mit seinen Händen gepresst und gestrichen hat, bis endlich das vor seinem Auge erschien, was er vor sich sah. Sogar Fingerabdrücke sind zu entdecken. Rembrandt hat ohne vorherige Zeichnungen gleich angefangen. Es musste schnell gehen, denn das Tier saß ihm nicht ruhig Porträt, sondern lief hungrig hin und her, stritt gerade mit einem Käfignachbarn oder machte wilde Turnübungen. Nur eine Sitzung brauchte es, um den treffenden Augenblick festzuhalten. Außer seinen Händen hat Rembrandt bestimmt auch Modellierhölzer oder Schabkämme benutzt. Schaut mal genau hin! Und wenn ein Tier spindeldürre Beine hatte oder einen langen Hals benutzte er ein Drahtgerüst, um das die geschmeidige Modelliermasse gelegt wurde, bis schließlich ein Tiermodell entstand. Laufender Panther, um 1904, Bronze, 21 × 5 3 × 1 2 cm Privatsammlung, Foto: Peter John Gates 9 4 Königstiger, Detail, um 1913/14, Bronze, 41 × 7 3 × 1 9,5 cm Privatsammlung, Foto: Ken Adlard Wie eine zerklüftete Landschaft mit Straßen, Wegen und Hügeln sieht die Oberfläche aus. Licht und Schatten modellieren mit. Nicht nur die Hände haben kleine Klümpchen aufgesetzt und glatt gestrichen, bis das Abbild dem Vorbild gleicht. Das war in der damaligen Zeit neu. Ihr kennt bestimmt die Impressionisten, die sich aus dem Atelier ins Freie wagten, um zu malen. Sogar auf einem Boot auf dem Wasser oder auf einer Wiese, wo der Wind schon einmal die Staffelei umwarf oder das mitgebrachte Wasserglas. Direkt in der Natur suchten die Maler ihre Motive. Und so hat es der Bildhauer Rembrandt Bugatti auch gemacht: Der Zoo war sein Atelier und die Tiere seine Lieblingsmotive. Sein Auge war ganz wichtig beim Beobachten und seine geschickten Finger die besten Freunde beim Umsetzen seiner Idee. Unser Auge fügt die von nahem gut zu erkennenden geometrischen Formen und Strukturen der Oberfläche in der Ferne zu einem geschlossenen Ganzen zusammen. Der Augenblick wird zur Ewigkeit! Das fertige Modell aus Modelliermasse hat der Künstler gut verpackt und in eine Bronzegießerei geschickt, in der oft mehrere Abgüsse von einer Form entstanden. Versucht mit formbarem Material – Knete, Plastilin oder Wachs – es dem Künstler gleich zu tun! Fotografiert euer Ergebnis und schickt es ins Museum, die Alte Nationalgalerie. Wir sind gespannt auf eure Ergebnisse! 10 Eine Tierparade vor den groSSen Bildern von Adolph Menzel! 9–10 5–8 1. OG 11 Das hätte Adolph Menzel gut gefallen, denn er hat auch gerne im Zoo gezeichnet. Für die Kinder seiner Schwester hat er ein herrliches »Kinderalbum« mit verschiedenen Tieren fabriziert. Nun geht es an das Beobachten: Was machen sie gerade? Was ist das Besondere an den Tieren? 5 7 Die Kamele In den Höckern speichern sie Fett für schlechte Zeiten – wie schlau! 6 Die Giraffe Um im Fluss trinken zu können, hat ihr die Natur eine besonders lange Zunge geschenkt, mit der sie auch zugreifen kann. Tolle Erfindung – wie lang mag die Zunge sein? 10, 20 oder 50 Zentimeter? Schaut mal im Tierlexikon nach! Das Känguru Mit den besonders langen Hinterbeinen kann es Sprünge von fast neun Metern machen und hält dabei mit dem Schwanz die Balance. 8 Löwe und Löwin Der Löwe ist nicht nur der »König der Tiere«, er gehört auch zu den »Big Five« der wilden Tiere in Afrika. Die beiden verstehen sich ja gut. 12 Ist das mit den Wölfen und dem Merinoschaf auch so? 10 9 Merinoschaf, um 1912, Bronze, 18 × 4 3 × 2 3 cm Sladmore Gallery, London, Foto: Ken Adlard Wolf und Wölfin, um 1904, Bronze, 25,5 × 2 9 × 1 7 cm Privatsammlung, Rembrandt Bugatti Conservatoire 13 Rembrandts Arche Noah 16 13 12 15 14 11 2. OG 14 Im von Sternen bekrönten Kuppelsaal findet ihr nicht nur interessante Marmorskulpturen, sondern auch ein Bronzebildwerk: Meine Antilopen. Was ist denn da zu hören: »Aua, das tut weh, du kneifst mich in mein Augenlid – ich kann doch gar nichts mehr sehen!« – »Ach, Quatsch, ich hab dich doch gern!« 11 Ob nun Herr und Frau Antilope einander liebkosen, miteinander spielen oder sich necken, weiß nur der Künstler allein, denn er hat sie genau beobachtet – seine Antilopen! Und diesmal nicht im Freilichtatelier im Antwerpener Zoo, sondern zu Hause. Geht das denn, einfach Tiere aus dem Zoo mit nach Hause nehmen? Rembrandt Bugatti ist das gelungen. Er hat sich zwei Antilopen »geborgt«, ist mit ihnen von Antwerpen in Belgien nach Paris in Frankreich gereist und hat mit ihnen drei Monate in seiner Wohnung gemeinsam gelebt. So sehr hatte er sich an die Tiere gewöhnt, dass ihm der Abschied schwer fiel. Vielleicht hat sich Rembrandt ein Modell »seiner Antilopen« zu Hause hingestellt? Meine Antilopen, Detail, 1908, Bronze, 90 × 2 04 × 6 4 cm National Arts Program, Foto: Privat 15 12 Hoppla, ihr nähert euch jetzt einem Saal, in dem ein Ungetüm sein Maul so weit aufreißt, als wolle es euch verschlucken! Vielleicht befürchtet es, ihr wollt ihm den besten Platz im Museum streitig machen. Dann kann so ein Flusspferd nämlich ungemütlich werden. Zum Glück gähnt es nur. Nanu, ist ihm langweilig im Museum? Am liebsten halten sich Flusspferde ja im Wasser auf. Zu tief darf es aber nicht sein, denn gute Schwimmer sind sie nicht. Am liebsten waten die Hippos (abgekürzter lateinischer Name) im Schlamm herum und tauchen alle paar Minuten prustend auf, um Luft zu schnappen, kneifen die Nasenlöcher zu und sind schon wieder im Wasser verschwunden. Zum Fressen verlassen sie meist in den Abend- und Nachtstunden ihren Wohlfühlort. Ihr entdeckt bestimmt auch das »Grasende Nilpferd« in der Ausstellung – oder habt es bereits gesehen. Gähnendes Nilpferd, 1905, Bronze, 36,5 × 5 5 × 1 8 cm Privatsammlung, Foto: Privat 16 13 Asiatischer Elefant (»er wird es schaffen«), große Fassung, 1907 Bronze, 44 × 7 8 × 2 7 cm, David and Marie Cooper, Foto: Peter John Gates Gleich in der Nähe sind mehrere Dickhäuter zu entdecken! Zwei Elefanten – einer, der bettelt und einer, der es schaffen wird. Was wird er schaffen? Und worum bettelt er? Hie r ein e n A p fe l ze i c h n e n ! Ich hab da eine Idee: Jeden Morgen machte sich der Künstler zeitig in den Zoologischen Garten auf – beste Zeit zum Beobachten und Modellieren, denn da war er noch allein mit seinen Tieren. Nur eine Apfelverkäuferin schleppt ihre Körbe vor den Zoo und bietet sie den Besuchern an. Gerade das Richtige, wenn man noch nicht gefrühstückt hat, so wie Rembrandt. Eine ganze Tagesration nimmt er mit zum prachtvoll verzierten Elefantenhaus, denn heute sucht Rembrandt dort sein Motiv… 17 …Rasch den Holzbock zum Modellieren mit Ton aufgebaut, noch schnell den Apfel aufgegessen und los geht‘s. Doch der Dickhäuter fängt an zu betteln und streckt gierig seinen Rüssel aus dem Gehege. Der Künstler, nicht geizig, spendiert einen Apfel, der an den Rand des Geheges rollt und dort liegen bleibt. Wie muss sich der Elefant anstrengen, um an die Köstlichkeit zu gelangen. Das Motiv des sich mühenden Elefanten mit dem ausgestreckten Rüssel gefällt Rembrandt. So findet er ausreichend Zeit, den »Bettler« zu modellieren, doch irgendwann ist es soweit: »er wird es schaffen« und sich den Apfel angeln! Also muss sich Rembrandt beeilen und rasch die Szene modellieren. Die Apfelverkäuferin, 1912, Bronze, 63 × 3 5,2 × 3 0,5 cm Privatsammlung, Foto: Privat Die Apfelverkäuferin findet ihr übrigens im obersten Geschoss im großen „Schinkel“–Saal. 18 Wie könnte die Geschichte noch gewesen sein? Habt ihr eine andere Idee? Dann schreibt sie hier auf! 19 Und wer steht denn da herum – ohne einen Spielgefährten? Ein junges Nashorn, gerade einmal drei Jahre alt! Gefällt es euch? 14 Der Spaß, den der Bildhauer beim Modellieren hatte, ist dem Tier anzusehen. Noch ist es in der Wachstumsphase, ehe es in der Größe mit den Elefanten Schritt halten kann. Elefanten und Nashörner vertragen sich übrigens sehr gut. Elefanten fressen die Landschaft kahl. Nun können sich die Nashörner in dem Staub und Matsch suhlen. Nashörner können extrem gut riechen und hören. Raubtiere machen lieber einen Bogen um das Nashorn, denn sie verspüren keine Lust mit dessen Waffe auf der Nase in Kontakt zu kommen. Schließlich gehören Nashörner wie auch Elefanten zu den großen Fünf der Großwildarten in Afrika. Dreijähriges Nashorn, um 1909/10, Bronze, 41 × 6 9,9 × 2 2,9 cm, Hirshhorn Museum and Sculpture Garden, Smithsonian, Institution, Washington, DC, Gift of Mrs. David, K. E. Bruce, Washington, DC, 1977, Foto: Ricardo Blanc 20 Löwen halten also einen gebührenden Abstand zu Nashörnern, wenngleich dieser Löwe vom Künstler einen ähnlichen Panzer verpasst bekam wie das Nashorn und genauso unerschrocken dasteht. Denn Löwen zählen ebenfalls zu den »Big Five« Afrikas. Seine Mähne trägt der Löwe stolz wie eine Krone. Auch sein Blick und seine Haltung sind geradezu königlich. 15 Wenn ihr um diese Tierplastik herumgeht, könnt ihr gut beobachten, wie der Künstler sie aufgebaut hat, wie glatte und strukturierte Flächen miteinander harmonieren und zugleich Spannung erzeugen. Es wird erzählt, dass sich der Bildhauer in Paris mit einem Löwenjungen angefreundet habe. Als der Löwe später im Zoo von Antwerpen lebte, haben sie sich beide wieder erkannt. Der Löwe hätte ihn freudig begrüßt! Überhaupt zählten Löwen wohl zu Bugattis Lieblingsmodellen. Nubischer Löwe, um 1909/10, Bronze, 45 × 6 5 × 2 1 cm Privatsammlung, Foto: Peter John Gates 21 Gleich rollt es los, wie eine Scheibe mit Rillen – ähnlich einer Schallplatte oder einem rotierenden Kreisel! Was für ein seltsames Tier ist das denn? Schlägt es einen Purzelbaum? Oder schläft es und hat den Kopf unter sein Bauchfell gesteckt? So ein kleiner Kopf im Vergleich zum großen Körper! Und was für eine lange dünne Schnauze – mit einer noch viel längeren Zunge, die mehr als die der Giraffe misst: 60 Zentimeter! Wozu, das verrät der Name des Tieres! Sieht es wie ein Bär aus? Eher nicht, aber es ist ein Bär, der sich von Ameisen und Termiten ernährt. Und um in so einen Ameisenhügel hinein stechen zu können, braucht es scharfe Krallen. Und um die Ameisen erschnüffeln zu können, eine gute Nase. Dann noch diese dünne Schnauze mit einer klebrigen Zunge, die sich ganz schnell hin und her bewegt, um möglichst viele Ameisen einsammeln zu können und satt zu werden. Zähne fehlen dem Ameisenbär. Bei Gefahr rollt er sich zusammen und bedeckt den Körper mit seinem gewaltig buschigen Schwanz. So schnell traut sich keiner an den seltsamen Einzelgänger heran, der mit Schwanz über zwei Meter lang ist. Und wenn es ganz brenzlig wird, schwimmt er dem Gegner davon, denn das kann er gut. 16 Großer Ameisenbär, 1909, Bronze, 36 × 4 1 × 2 1,5 cm Privatsammlung, Foto: Privat Merkt ihr, wie viel Spaß Rembrandt Bugatti daran hatte, den Ameisenbär zu modellieren? Als Betrachter folgt unser Auge freudig den Strukturen der Oberfläche, dem Rhythmus der Linien. 22 Gleich und gleich gesellt sich gern? 17–19 2. OG 23 17 Im benachbarten Saal treffen ungleiche Paare aufeinander. Habt ihr schon einen Hahn und einen Frosch zusammen gesehen? Eine sonderbare Begegnung! Was haben sie miteinander zu bequaken? Wildhahn und Frosch, um 1912, Bronze, 26 × 3 7 × 1 3 cm Sladmore Gallery, London, Foto: Steve Russell 24 18 Oder hat man so etwas gesehen – ein Elefant, der in ein Kamel verliebt ist? Welchen Titel würdet ihr der Tierplastik geben? Komisch – ein Windhund, der mit einem kleinen Löwen spielt und schmust? Worüber »unterhalten« sich die beiden? Rembrandt Bugatti hat die Tiere genau beobachtet und wie bei den Menschen Gefühle zum Ausdruck gebracht – als könne er ihnen in die Seele schauen. Doch was flattert da? Direkt über uns im Saal ist es zu hören! Schnell die Treppen hoch bis zur Vogelparade! 19 Elefant und junges Kamel, 1904, Bronze, 26 × 5 3 × 2 0 cm Privatsammlung, Foto: Peter John Gates Junger Löwe und Windhund, sich aneinanderlehnend, um 1905, Bronze, 30 × 3 7 × 3 0 cm Privatsammlung, Foto: Privat 25 Vogel­parade 20–23 3. OG 26 20 Als ich neulich im Zoo war, begegneten mir zwei seltsame Geschöpfe auf streichholzdünnen Beinen. Das eine besaß einen Hals wie ein »gekrümmtes S« und das andere bog den Hals wie eine Welle. Sie schienen in ein Gespräch vertieft zu sein. Könnte ich nur die Tiersprache verstehen! Könnt ihr das? Um welche Tiere handelt es sich überhaupt? Wie hat es der Künstler angestellt, dass die beiden nicht umkippen und ihre anmutige Balance bewahren? Ein kleiner technischer Trick half ihm dabei – erratet ihr, welcher? Zwei Flamingos, um 1912, Bronze, 38 × 49 × 13 cm, Privatsammlung, Foto: Peter John Gates 27 21 Zwei große Marabus, 1907, Bronze, 45 × 3 2,5 × 2 3,5 cm Privatsammlung, Foto: Privat Stehen die beiden nicht wie ein schnäbelndes Ehepaar beieinander? Oder zwei Freunde, die einander beistehen? Wollt ihr dazu eine Geschichte erzählen oder zeichnen, wie es weitergeht – einen kleinen Comic? Obwohl Marabus mit ihren fast 30 Zentimeter langen Schnäbeln und einem Sack an der Kehle keine besonders hübschen Vögel sind, hielt sie der Künstler für darstellungswürdig. Er hat sich sogar selbst mit einem Marabu zusammen gezeichnet. Offenbar hat ihn dieser seltsame Vogel fasziniert. Rembrandt Bugatti, Selbstbildnis mit Marabu, Buntstift auf Papier, 62,5 × 5 2,5 cm, VF. Rembrandt Bugatti Conservatoire 28 Pelikane haben Rembrandt Bugatti auch gefallen, denn er hat sie mehrmals modelliert. Wie ihr wisst, gehören sie zu den Wasservögeln. Woran kann man das erkennen? Schaut mal auf die Füße! Warum reißt dieser hier frech seinen Schnabel so weit auf? 22 Pelikan mit geöffnetem Schnabel, um 1906, Bronze, 32 × 3 2 × 1 5 cm Privatsammlung, Rembrandt Bugatti Conservatoire 29 Ein Sekretär kann ein Möbelstück sein, an dem man schreibt, es kann aber auch im Büro ein Mann oder eine Frau (Sekretärin) sein, die wichtige Dinge für den Chef erledigen. Warum heißt dieser Vogel auch so? Weil die schwarzen Federn an seinem Kopf wie Gänsekielfedern aussehen, die man früher zum Schreiben benutzte. Schlangen müssen sich vor dem Sekretär in Acht nehmen, sie sind seine Lieblingsnahrung. Wer Schlangen besiegt, der kann auch noch mehr. Seine Überlegenheit machte sich Südafrika zunutze und schmückte sein Wappen mit dem Sekretärvogel. So will das Land zeigen, wie überlegen es sich seinen Feinden fühlte. Die mächtigen Schwingen des Sekretärs beschützen zusätzlich. 23 Eine Schlange hat Rembrandt Bugatti auch modelliert – eine ziemlich große (im Erdgeschoss) und eine ganz kleine (im Obergeschoss). Werdet ihr sie finden? Männlicher Sekretär mit abgespreiztem Flügel, um 1912, Bronze, 33 × 2 3 × 1 0 cm Privatsammlung, Foto: Peter John Gates 30 Wie Hund und KatzE 24–26 3. OG 31 24 Ach, ist das spannend, fast wie im Zoo, ertönt doch ein Kläffen und Fauchen im benachbarten Saal. Ein Dackel namens Wurst steht staunend dabei und kann sich nur wundern über diesen Lärm. Sein Herrchen – der Bildhauer Rembrandt Bugatti – hat alle Tiere gern und deshalb begleitet er ihn treu jeden Tag in den Zoo zu seiner Arche Noah. Dort sind die Tiere eingesperrt, er aber hat nur eine Leine. Oft darf er sogar frei herumlaufen, weil sein Herrchen arbeitet. Manchmal hat Wurst Angst, wenn vor dem Löwengehege modelliert wird, aber sonst findet er sein Hundeleben toll! Dackel, »Mein Hund Wurst«, um 1905, Bronze, 26 x 53 x 17 cm Privatsammlung, Foto: Ken Adlard 25 26 Die Bronzeplastik einer französischen Bulldogge, die übrigens der Mutter von Rembrandt gehörte, ist hier auch ausgestellt. Eine kleine Fassung davon ist Eigentum der Alten Nationalgalerie. Die vielen anderen Tiere sind von ihren Besitzern nur für diese Ausstellung geliehen und kehren dann wieder in alle Welt zurück. Ungerührt und stolz steht da eine Katze. Bemerkt sie die kleine Bulldogge gar nicht? Französische Bulldogge, große Fassung, 1905, Bronze, 29 × 2 8,3 × 1 8,1 cm Privatsammlung, Foto: Privat Katze, um 1905, Bronze, 34 × 37 × 23,5 cm Privatsammlung, Foto: Privat 32 ZOO oder MUSEUM? 33 Oh, ist die Zeit schnell vergangen – es war wie im Zoo, dabei ist das hier ein Museum. Welches der ausgestellten Tiere ist euer Lieblingstier? Gebt ihm einen Namen und anderen ausgestellten Tierplastiken vielleicht auch? Schreibt den Favoriten auf diesen Zettel und gebt ihn an der Kasse in der Alten Nationalgalerie ab. Mein Lieblingstier in der Ausstellung: Und für das nächste Mal: Tiere gibt es übrigens auch auf den Gemälden hier im Museum zu entdecken! Zu unserem Dackel Wurst gesellt sich ein anderer Hund – der heißt Caesar. Die Wurst hängt ihm ganz locker und lecker über der Nase. Könnt ihr den Hund Caesar noch aufspüren? (Tipp: das Bild hängt in einem kleinen Raum im Mittelgeschoss) Viel Spaß beim Schauen! Bis zum nächsten Mal im Museum! 34