Lindner

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Mechanik der Flüssigkeiten und Gase
9 Ruhende Flüssigkeiten und Gase
9.1
Kennzeichen des flüssigen Zustandes
Das augenfälligste Merkmal der Flüssigkeiten ist die leichte Veränderlichkeit ihrer äußeren
Gestalt. Dennoch bestehen zwischen den Molekülen noch erhebliche Anziehungskräfte, die
al1gemein als Kohäsionskräfte bezeichnet werden. Ihr Vorhandensein beweist der Heber
(Bild 9.1).
Bild 9.1: Winkelheber
Bild 9.2: BRowNsche Bewegung eines im Wasser
schwebenden Teilchens
Einmal in Gang gebracht, funktioniert er auch im luftleeren Raum. Der eine Schenkel
taucht in das Gefäß. Solange die andere Öffnung tiefer liegt als der Flü sigkeitsspiegel,
fließt Flü sigkeit aus. Sie bildet einen zusammenhängenden, nicht abreißenden Faden, de en eine Ende schwerer ist und die restliche Flüssigkeit hinter ich herzieht. Die Kohäsion kräfte der Flü igkeiten werden nur dadurch leicht über ehen, daß ihre einzelnen Teilchen beim Einwirken äußerer Kräfte sich leicht gegeneinander verschieben und je nach der
Temperatur unaufhörlich völlig regellose Bewegungen au führen. In einem Tropfen verdünnter Milch werden bei elwa 800facher Vergrößerung zahlreiche winzige schwimmende
Fettkügelchen gesehen. Sie zeigen eine fortgesetzte, unruhig hin und her verlaufende Zitterbewegung, verur acht von Dichte chwankungen, die infolge der Molekularbewegung
in der Flü igkeit ent tehen. Nach ihrem Entdecker heißt diese Erscheinung "Brownsche
Bewegung" (Bild 9.2).
9.2
Oberflächen pannung
143
9.2 Oberflächenspannung
Die an der Oberfläche einer Flü igkeit angreifenden inneren Kräfte rufen in ihrer Ge amtheit eine Wirkung hervor. die al OberHäehenspannung oder genauer aJ GrenzDächenspannung bezeichnet wird. So kann z. B. eine Stecknadel (einer elchen haftet stets eine
Spur Fett an!) vorsichtig auf eine Wasserfläche gelegt werden. Sie geht nicht unter (Bild
9.3). E sieht 0 au al bilde die Wa erfläcbe eine gespannte Haut. Das Zu tandekommen
der Oberflächen pannung erklärt ich damit, daß jede in de.r F1ü igkeit befindliche Molekül den von den ring um liegenden Molekülen ausgeübten Kohä ion kräften unterliegt
(Bild 9.4). Bei dem voll tändig im lnnem der Flü igkeit liegenden Molekül a) i t die Reultierende aller Anziehung kräfte gleich null. Liegt aber da Molekül c) in der Oberfläche,
o verbleiben allein die in da Innere gerichteten Kräfte die eine nach innen gerichtete ReuItierende Fre ergeben. atürlich wird im Gleichgewicht die e gerichtete Kraft durch eine
ent prechende Ab toßung kraft kompen iert, da on t die Teilchen eine Be chleunigung
erfahren würden. Tat ächlich aber üben die Moleküle in der Grenz chicht eine zu ätzliche
Kraft oder bes er einen Druck (Kohäsionsdruck) auf die Fltis igkeit aus, der z. B. bei der
Vergrößerung der Oberfläche einer Flü sigkeit überwunden werden muß.
-
~.
...
0)
Bild 9.3: ,Schwimmende" Stecknadel
-~
---
b)
c)
Bad 9.4: Moleküle im Lnnern eif1er Flüs igkeit
Das ergibt den Wider tand den die Flü igkeit dem Eindringen der Stecknadel entgegenetzt, denn die e biegt die Oberfläche nach unten durch und ergrößert ie.
Die Größe der Oberflächen pannung läßt ich mit einem au Draht gebogenen Rähmchen
dem_o nstrier n (Bild 9.5), de en eine Seite I minel zweier anoeb gener Ö n leicht verchiebbar i t. Man chiebt die e eite I zuer t nach oben und bringt ein wenig Seifenlö ung
in den Zwi chenraum. wodurch I an c haften bleibt. Wird J durch angehängte Drahthäkchen
bela tet, 0 pannt ich bei einer be tinunten Bela tuog z\\'i chen I und c ein Häutchen au .
Die Länge b de Häutchen kann dann innerhalb weiter Grenzen er chob n" erden. ohne
daß die Bela tung geändert werden muß. Da für fe te Körper gültige Ge etz der elastischen Dehnung trifft hier nicht zu. Die Kraft i t vielmehr vom Grad der Au dehnung de
Häutchen unabhängig, die Haut verhält ich ganz anders al z. B. eine ge 'pannte Gummimembran. Die kommt daher, daß bei jeder Verlängerung um dac Stück ßb die gleiche
Anzahl von Molekülen in die Oberfläche eintritt.
Ander dagegen i t e mit dem influß der Länge I auf die erforderliche Zugkraft. Sie i t
proportional zu F, da ie der Anzahl der kraftübertragenden Mol küIe direkt pr portiona1
i 1. Der Quotient an der zur Dehnung der Oberfläche notwendigen Kraft und der Länge
der Randlinie i t al 0 nur von den molekularen Eigen chaften der Flü igkemt abhängig.
9
144
Ruhende Flüssigkeiten und Gase
b
Bild 9.5: Belastete Seifenlamelle
Bild 9.6: Zeitlupenaufnahme eines
abfallenden Was ertropfens
Man verwendet daher diesen Quotienten, um die Oberflächenspannung als phy ikalische
Größe zu definieren:
()berOäcbenspannung
(9.1)
[a] = N/m
(Newton je Meter)
Für die spezielle Anordnung der belasteten SeifenJamelle ergibt sich die Oberflächenspannung allerdings zu a = F /(2/), da zwei Oberflächen (Vorder- und Rückseite der SeifenlameIle) gebildet werden.
Die zur Bildung bzw. Vergrößerung der Oberfläche erforderliche Arbeit i t W = F flb,
da die Kraft läng de Wege 6b konstant i t. Da nach GI. (9.1) F = a I ist, gilt somit
W = a[ 6b = a 6.A. Diese Arbeit ist als ()berftäcbenenergie (eine be ondere Art potentieller Energie) in jeder Oberfläche enthalten. Hieraus ergibt ich al zweite Deutung der
Größea:
Die pezifische Oberfläcbenenergie oder Grenzflächenenergle j t der Quotient au der
Arbeit zur Vergrößerung einer Flüssigkeitsoberßäcbe und dem Flächenzuwachs, d. h.
W
a=-
ßA
'nh'l'
[W]
J
.m
.. " dIe zu erwartend e
0 'le E
1 etteng eichung [0] = - - = 2
= --2= -N bestatlgt
[LlA]
m
m
m
Dirnen ionsüberein timmung mit (9. I).
Die Oberflächenspannung kann auch bei der Bildung von Tropfen (Bild 9.6) beobachtet
werden. Am Au flußrohr bildet die Flü igkeit eine Art Säckchen in das so lange Flü igkeit hineinläuft, bi e abreißt. Der abfallende Tropfen elbst zieht ich sofort kugelfönnig
zu ammen, weil hlerbej die Oberfläche ihren klein tmöglichen Wert erreicht.
I
9.2
145
Oberflächen pannung
So sind auch Seifenbla en kugelförmig. Der Überdruck (s. auch nächsten Abschnitt) in einer Seifenblase ergibt sich folgendermaßen: Denkt man sie sich aus zwei Halbkugeln zu ammengesetzt (Bild
9.7), so wirkt senkrecht zur Randlinie die Kraft F = 2al = 2a . 2nr. Andererseits ergibt sich diese
Kraft als Produkt aus dem Überdruck Pe und dem Querschnitt nr 2 , so daß Pe nr 2 = 4a nr und
4a
Pe=r
ist. Der in einer kleinen Seifenblase herrschende Überdruck ist also größer als in einer großen Bla e!
BI
Bild 9.7: Zum Überdruck in einer Seifenblase
e
Oberflächenspannung in N/m
Wa ser 20 oe gegen feuchte Luft
Benzen (Benzol) 20 oe gegen Luft
Ethanol (Äthylalkohol) 20 oe gegen Alkoholdampf
0,0741
0,0288
0,0220
0,500
0,375
etwa 0,030
Quecksilber gegen Luft
Quecksilber gegen Wasser
Seifenlösung gegen Luft
Zur Messung der Oberflächenspannung dient neben anderen Verfahren die Steighöhenmethode. Sie beruht auf der bekannten Tatsache, daß benetzende Flüssigkeiten in engen Röhrchen (Kapillaren) stets höher steigen, als der Spiegel im umgebenden Hauptgefäß steht (Bild 9.8). Dabei wird die Flüssigkeitssäule von der Höhe h und dem Gewicht
mg = QV g = Qnr 2 hg von derlängs ihres oberen Rande wirkenden Kraft a· 2nr getragen
(Bild 9.9).
Bild 9.8: Kapillaren ver chiedener Weite
Nach Gleichsetzen beider Ausdrücke folgt unmittelbar
~
a
h-Qgr
Kapillare Steighöhe
(9.2)
9
146
Ruhende Aü '. igkeiten und Gae
Hierau , läßt 'ich di Oberflächenspannung (j leicht b rechnen. \ 'enn Iz eem
nwird.
Die Aü i.!keibo rfl ' h in d r Kapillare ;. t mehr
r \\enig r ge - "mrnt und \ 'ird • Jeni ku
gen, nnt. Bei benetzender Flü igkeit i t er konkav vertieft). Bei nicht ben LZt!nden Hili, igkciren
(z. B. Que ~ ilber in GI ) tritt die umge ehrte ~ rrkung. dt Kap illardep
ion. ein. Der . en; ku '
i. t konve (nach oben gewölbt) Bild 9.10).
::-_-_- t:::1-_-_-~
Bild 9.9: Kapillare teigh'"he
bei benetzender Fluigkeit
Bild 9.10: Kapillardepre ion bei
nicht benetzender Flü igkeit
Be' piel :
I. EID out benetzl:er Drahtring v n 40 cm Durchme er ist an dünnen Fad n aufgehängt und wird
Ra h u dem Was er geh ben. Welche Kraft tritt im 1 m nt de breißen <tur?
le d hnende Randlinie i 1 hier ein Krei. vom ' mfang rrd. Au (9.1) ergibt. 1 b F = 0'1. Da die gebildete ringfönnige Lamelle order- und Rüc . eite be jl7t (\ 'ie im Fall der bel~ telen eifenJamelle).
eßt teh n zwei Oberflächen. Deshalb ist die ge amte Kmfl
F == lai = 20' red = 2 . O. 0741
2.
ie h
h teigt
Je teigh--be ergi
2a
"=-
(Jgr
=
Im . j[ . O. 04 m =
O. OJ 87
= I .1
. er in einer vol1kommcn benell.baren Kapillare \'on 0.10 mm Durchme er?
i haus <9_2 zu
2
--:::--~--_....:...-----:---
Om
9.3 Druck und Druckau breitung
9.3.1
Druck
Die Be, egung eine ' Kolben in einem Hydraulikzylinderberuhl. eben 0 ie die Be 'chleunigung einer Turbinen chaufel durch au trömende Gase auf einer flächenhaften Kraftübertragung. nder. aJ b im . tarren Körper, wo äußere Kräfte immer punktförmig angreifen und sich dann im Inneren verzweigen, i t die Krafleinleitung b i Aü igkeiten und
Ga en immer üb reine Grenzflä be cd rderli h. bge ehen von dem all der Reibung kräfte. wie ie b i einer Relativb wegung :wischen den Grenzfiä hen auftreten können.
wirkt dJ li ultierende Kraft zv:i. eh n der äuß ren Räche (Kolbenb d n. BehäIterwand)
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