Molekulare Einblicke in die dynamische Architektur

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KA R R IE R E , KÖP FE & KON Z EPTE
Monika M. Golas
Jahrgang 1976. 1996–2001 Studium der Humanbiologie an der
Universität Marburg. 1998–2004
Medizinstudium an den Universitäten Marburg und Göttingen.
2002–2005 Promotion und seit
2005 Postdoktorandin am MaxPlanck-Institut für biophysikalische Chemie, Göttingen.
ó In einer Zelle wird die genetische Information in prä-mRNA transkribiert, aus welcher für eine korrekte Translation in Proteine zunächst bestimmte Sequenzen, die
Introns, exakt herausgeschnitten werden.
Katalysiert wird dieser als Spleißen bezeichnete zentrale Prozess der Genexpression von
einer komplexen und dynamischen makromolekularen Maschine, dem Spleißosom. Dieses selektiert die Schnittstellen der prä-mRNA
nukleotidgenau und leistet durch die Verwendung verschiedener Verknüpfungsmöglichkeiten einen wichtigen Beitrag zur ausgeprägten menschlichen Proteinvielfalt. Aus
biochemischen Experimenten ist bekannt,
dass ein Proteinkomplex des Spleißosoms,
der Spleißfaktor 3b (SF3b), eine entscheidende Rolle bei der Erkennung der prä-mRNA
spielt[1, 2]. Eines seiner Proteine, p14, interagiert direkt mit dem Verzweigungspunkt,
welcher die 5’-Spleißstelle angreift, und ist
somit am katalytischen Zentrum des Spleißosoms lokalisiert[3]. Die Architektur des
Spleißosoms und die strukturelle Basis für
das Erkennen der prä-mRNA blieben hingegen ungeklärt.
Mittels der Kryo-Elektronenmikroskopie
konnten wir erstmals auf der dreidimensionalen (3-D) Ebene eine molekulare Karte des
U11/U12 di-snRNP[4], eines der Hauptakteure des sogenannten minoren Spleißosoms,
Karl-Lohmann-Preis der GBM
Molekulare Einblicke in die dynamische Architektur
der humanen prä-mRNA-Spleißmaschine
MONIKA M. GOLAS
MAX-PL ANCK-INSTITUT FÜR BIOPHYSIKALISCHE CHEMIE, GÖTTINGEN
und seiner Untereinheit SF3b[5] bei einer Auflösung von etwa einem Nanometer entschlüsseln. Die dreidimensionale Struktur
des humanen SF3b zeigt ein globuläres Partikel mit einigen Protuberanzen einschließlich einer kleinen Domäne im Inneren des
Proteinkomplexes. Im SF3b wurden drei der
an der Erkennung der prä-mRNA beteiligten
Proteine (SF3b155, SF3b49 und p14) direkt
anhand ihrer Domänenarchitektur identifiziert (Abb. 1A, B). Hierbei macht SF3b49
einen Teil der äußeren Protuberanzen aus,
während SF3b155 sich von einer Hälfte des
Partikels zur anderen schlängelt und diese
in einer Scharnierregion miteinander verknüpft. Das Protein p14 wurde im Inneren
des SF3b, umgeben von weiteren Proteindichten, gefunden[5, 6].
Die Architektur des SF3b warf die funktionelle Frage auf, wie das zentral lokalisierte
p14 mit der prä-mRNA interagieren könnte.
Zur Entschlüsselung des Mechanismus haben
wir die dreidimensionale Struktur des humanen U11/U12 di-snRNP bestimmt[4]. U11/U12
di-snRNP ist aus einem globulären Hauptkörper mit einigen Appendices aufgebaut.
Durch die Lokalisierung von SF3b innerhalb
der Struktur des U11/U12 di-snRNPs mittels
direkter Identifikation von Strukturdomänen
sowie Antikörpermarkierung konnten Einblicke in die Architektur früher spleißoso-
maler Komplexe und deren Dynamik gewonnen werden (Abb. 1C). Wichtige Proteine des
SF3bs – SF3b49, SF3b155 und p14 – sind in
enger räumlicher Nachbarschaft im U11/U12
di-snRNP prä-organisiert, woraus ein Modell
für die Erkennung der prä-mRNA auf der
Oberfläche des U11/U12 di-snRNPs vorgeschlagen werden kann. Demnach liegt der
Schlüssel zum Mechanismus der prä-mRNABindung in einer konformationellen Öffnung
des SF3b. Hierdurch wird p14 an die Oberfläche verlagert und kann direkt mit der prämRNA interagieren.
ó
Literatur
[1] Gozani, O., Feld, R., Reed, R. (1996): Evidence that
sequence-independent binding of highly conserved U2 snRNP
proteins upstream of the branch site is required for assembly
of spliceosomal complex A. Genes Dev. 10: 233–243.
[2] Gozani, O., Potashkin, J., Reed, R. (1998): A potential role
for U2AF-SAP 155 interactions in recruiting U2 snRNP to the
branch site. Mol. Cell. Biol. 18: 4752–4760.
[3] Query, C. C., Strobel, S. A., Sharp, P. A. (1996): Three
recognition events at the branch-site adenine. EMBO J. 15:
1392–1402.
[4] Golas, M. M., Sander, B., Will, C. L., Lührmann, R., Stark,
H. (2005). Major conformational change in the complex SF3b
upon integration into the spliceosomal U11/U12 di-snRNP as
revealed by electron cryomicroscopy. Mol. Cell. 17: 869–883.
[5] Golas, M. M., Sander, B., Will, C. L., Lührmann, R., Stark,
H. (2003): Molecular architecture of the multiprotein splicing
factor SF3b. Science 300: 980–984.
[6] Schellenberg, M. J., Edwards, R. A., Ritchie, D. B., Kent,
O. A., Golas, M. M., Stark, H., Lührmann R., Glover, J. N. M.,
MacMillan, A. M. (2006): Crystal structure of a core spliceosomal protein interface. PNAS 103: 1266–1271.
Korrespondenzadresse:
Dr. Monika M. Golas
Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie
Am Faßberg 11
D-37077 Göttingen
Tel.: 0551-201 1306
Fax: 0551-201 1197
[email protected]
¯ Abb. 1: A, 3-D-Struktur des SF3b. Teile der Proteine SF3b155,
SF3b49 und p14 sind farblich hinterlegt. Das zentral gelegene p14 ist
kaum zugänglich für eine Interaktion mit der prä-mRNA. B, Detailansicht der p14/SF3b155Peptid-Domäne. Ein Vergleich der Kristallstruktur und der korrespondierenden Domäne im SF3b deutet auf eine sehr
ähnliche Konformation hin. C, 3-D-Struktur des U11/U12 di-snRNP.
Das Protein p14 (gelb) wird bei der Assemblierung an die Oberfläche
des U11/U12 di-snRNP verlagert. Hierdurch wird eine Interaktion mit
der prä-mRNA auf der Oberfläche des U11/U12 di-snRNPs ermöglicht.
BIOspektrum | 01.08 | 14. Jahrgang
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