Vorlesung 13
Aussagenlogik,
Mengenlehre
13.1
Aussagenlogik
Sei π eine Aussage. Diese ist entweder wahr (w) oder falsch (f). π ≡ (5 + 3 = 8)
ist wahr, π ≡ (5 + 3 = 7) hingegen ist falsch. 5 + 3 ist keine Aussage, 5 + 3 = 8
ist eine Aussage. Beispiele fuΜr Aussagen sind Gleichungen oder Ungleichungen.
Die Negation einer Aussage π bezeichnen wir mit ¬π. Wir haben folgende Wahrheitstafel:
¬π
π
w
f
f
w
Seien nun π und π Aussagen. Diese koΜnnen wir logisch miteinander verknuΜpfen
und wir erhalten eine neue Aussage. Es gibt
β Konjunktion
β nicht ausschließende Disjunktion
β Implikation
β AΜquivalenz
und“
”
oder“
”
wenn, . . ., dann“
”
genau dann . . ., wenn“
”
vermoΜge der folgenden Wahrheitstafeln:
π∧π
π∨π
π⇒π
π⇔π
f
f
w
f
f
f
w
f
w
w
f
f
f
f
f
w
w
π
π
w
w
w
w
w
78
w
w
π∧π
π∨π
π⇒π
π⇔π
FuΜr gewoΜhnlich benutzen wir die nicht-ausschließende Disjunktion. Die ausschließende Disjunktion entweder oder“ deο¬nieren wir vermoΜge
”
π
π
w
w
Λ
π∨π
f
w
f
w
f
w
w
f
f
f
π
π
w
w
Λ
π∨π
π∨π
w
f
w
w
f
w
w
w
f
f
f
f
Wegen
f
w
Λ ⇒ π ∨ π.
gilt π∨π
Es seien π, π, π Aussagen. Dann gelten fuΜr die ElementarverknuΜpfungen ¬, ∧, ∨,
⇒ und ⇔ folgende Grundgesetze:
β doppelte Negation:
¬(¬π) ⇔ π
β KommutativitaΜt (Symmetrie):
π∧π ⇔π∧π
β AssoziativitaΜt:
(π ∧ π) ∧ π ⇔ π ∧ (π ∧ π)
β DistributivitaΜt:
π ∧ (π ∨ π) ⇔ (π ∧ π) ∨ (π ∧ π)
π∨π ⇔π∨π
(π ∨ π) ∨ π ⇔ π ∨ (π ∨ π)
π ∨ (π ∧ π) ⇔ (π ∨ π) ∧ (π ∨ π)
β De Morgan:
¬(π ∧ π) ⇔ ¬π ∨ ¬π
β Kontraposition:
(π ⇒ π) ⇔ (¬π ⇒ ¬π)
β TransitivitaΜt:
(π ⇒ π) ∧ (π ⇒ π) ⇒ (π ⇒ π).
¬(π ∨ π) ⇔ ¬π ∧ ¬π
Die Grundgesetze werden mittels Wahrheitstafeln bewiesen.
79
Beispiel:
Beweis von De Morgan ¬(π∧π) ⇔ ¬π∨¬π. Wir haben folgende Wahrheitstafeln:
¬π
¬π
π∧π
¬(π ∧ π)
¬π ∨ ¬π
f
f
w
f
w
w
f
w
w
f
f
w
w
f
f
w
w
f
w
w
π
π
w
w
w
f
f
w
f
f
Die Wahrheitswerte in den rechten beiden Spalten stimmen in jeder Zeile uΜberein, deshalb gilt ¬(π ∨ π) ⇔ ¬π ∨ ¬π. Ebenso gilt (π ⇒ π) ⇔ ¬π ∨ π.
Das Gesetz der Kontraposition benutzen wir beim Widerspruchsbeweis.
Ausgangsposition: Bezeichnet π die Voraussetzung und π die Behauptung, so ist
π ⇒ π“ zu zeigen. Stattdessen koΜnnen wir aber auch die aΜquivalente Aussage
”
¬π ⇒ ¬π“ zeigen.
”
Wir nehmen an, die zu beweisende Aussage π ist falsch und folgern, dass dann
die Voraussetzung π falsch ist. Widerspruch, da wir wissen, dass π wahr ist.
Beispiel:
Behauptung: Jede natuΜrliche Zahl π besitzt eine Zerlegung als Produkt von
Primzahlen, d.h.
π
∏
ππππ mit ππ prim.
π=
π=1
Beweis: FuΜr π = 1 haben wir das leere Produkt. Sei nun π > 1. Angenommen, es
gibt Zahlen, die sich nicht als Produkt von Primzahlen schreiben lassen. Dann
gibt es eine kleinste solche Zahl π0 . Somit ist π0 > 1 und keine Primzahl. Da π0
keine Primzahl ist, gibt es π, π ∈ β mit π, π < π0 und π ⋅ π = π0 . Da π0 kleinste
Zahl ohne Primfaktorzerlegung ist, gilt
∏
∏
π=
ππ und π =
ππ ,
wobei ππ und ππ Primzahlen sind. Damit ist π0 = Πππ ⋅ Πππ . Dies ist ein Widerspruch!
13.2
Mengenlehre
Es seien π΄ und π΅ Teilmengen einer Menge π. Mittels logischer VerknuΜpfungen
deο¬nieren wir
80
Vereinigung von π΄ und π΅
π΄ ∪ π΅ := {π₯ ∈ π : π₯ ∈ π΄ ∨ π₯ ∈ π΅}
Schnitt von π΄ und π΅
π΄ ∩ π΅ := {π₯ ∈ π : π₯ ∈ π΄ ∧ π₯ ∈ π΅}
Diο¬erenz von π΄ und π΅
π΄βπ΅ := π΄ − π΅ := {π₯ ∈ π΄ : π₯ β∈ π΅}
Bemerke: π΄βπ΅ = π΄ ∩ π΅ c
Komplement von π΄
π΄c := {π₯ ∈ π : π₯ β∈ π΄}(:= cπ΄)
Die leere Menge, also die Menge, die kein Element enthaΜlt, bezeichnen wir mit
∅ oder auch {}. Zwei Mengen π΄ und π΅ sind disjunkt, wenn ihr Schnitt leer ist,
d.h. π΄ ∩ π΅ = ∅. Mit π(π) bezeichnen wir die Potenzmenge von π, dies ist die
Menge aller Teilmengen von π.
Beispiel:
Sei π = {1, 2, 3}. Dann ist π(π) = {∅, {1}, {2}, {3}, {1, 2}, {1, 3}, {3, 2}, π}.
Die Potenzmenge von π enthaΜlt stets ∅ und π selbst. Beachte π(∅) = {∅},
damit ist {∅} einelementig, aber ∅ ist nullelementig.
π΅ ist eine Teilmenge von π΄ bzw. π΄ ist eine Obermenge von π΅, Notation π΅ ⊆ π΄,
wenn ∀π₯(π₯ ∈ π΅ ⇒ π₯ ∈ π΄).
FuΜr Mengenoperationen gelten die analogen Gesetze, die wir schon fuΜr die logischen ElementarverknuΜpfungen von Aussagen formuliert haben: Es seien π΄, π΅, πΆ
Mengen. Dann gilt:
81
β doppelte Komplementbildung:
(π΄c )c = π΄
β KommutativitaΜt :
π΄∪π΅ =π΅∪π΄
π΄∩π΅ =π΅∩π΄
(Symmetrie)
β AssoziativitaΜt:
(π΄ ∪ π΅) ∪ πΆ = π΄ ∪ (π΅ ∪ πΆ)
(π΄ ∩ π΅) ∩ πΆ = π΄ ∩ (π΅ ∩ πΆ)
β DistributivitaΜt:
π΄ ∪ (π΅ ∩ πΆ) = (π΄ ∪ π΅) ∩ (π΄ ∪ πΆ)
π΄ ∩ (π΅ ∪ πΆ) = (π΄ ∩ π΅) ∪ (π΄ ∩ πΆ)
β De Morgan:
(π΄ ∪ π΅)c = π΄c ∩ π΅ c
β TransitivitaΜt:
[(π΄ ⊆ π΅) ∧ (π΅ ⊆ πΆ)] ⇒ π΄ ⊆ πΆ.
(π΄ ∩ π΅)c = π΄c ∪ π΅ c
Beispiel: Beweis der TransitivitaΜt.
Wir deο¬nieren π ≡ {π₯ ∈ π΄}, π ≡ {π₯ ∈ π΅}, π ≡ {π₯ ∈ πΆ}. Somit ist zu zeigen
[(π ⇒ π) ∧ (π ⇒ π)] ⇒ (π ⇒ π),
aber dies ist die TransitivitaΜt fuΜr logische VerknuΜpfungen.
Quantoren
β Wir schreiben ∃π₯ ∈ π΄ : π(π₯)“ fuΜr: Es gibt ein Element aus π΄, so dass π₯
”
die Aussage π(π₯) erfuΜllt.
β Wir schreiben ∀π₯ ∈ π΄ : π(π₯)“ fuΜr: FuΜr alle Elemente aus π΄ gilt die
”
Aussage π(π₯).
Beachte:
¬(∃π₯ ∈ π΄ : π(π₯)) ⇔ ∀π₯ ∈ π΄ : ¬π(π₯)
¬(∀π₯ ∈ π΄ : π(π₯)) ⇔ ∃π₯ ∈ π΄ : ¬π(π₯)
Es sei π : π΄ → π΅ eine Abbildung. π −1 : π(π΅) → π(π΄) deο¬niert durch
π −1 (π ) := {π₯ ∈ π΄ : π (π₯) ∈ π },
π ∈ π(π΅) (d.h. π ⊆ π΅)
heißt Urbildabbildung. π −1 (π ) ist das Urbild von π unter π .
82
Sei π : π΄ → π΅ eine Funktion. Dann ist π genau dann injektiv, wenn
∀π ∈ π΅ : β£π −1 ({π})β£ ≤ 1.
π ist genau dann surjektiv, wenn
∀π ∈ π΅ : β£π −1 ({π})β£ ≥ 1.
FuΜr das Bild und Urbild von π : π΄ → π΅ gelten stets
π −1 (π (π )) ⊇ π fuΜr alle π ⊆ π΄,
(13.1)
(π )) ⊆ π fuΜr alle π ⊆ π΅.
(13.2)
π (π
−1
(13.1) und (13.2) ergeben sich aus den Deο¬nitionen von Bild und Urbild.
Zu (13.1): Sei π ⊆ π΄. Nach Deο¬nition ist
π (π ) = {π (π₯) ∈ π΅ : π₯ ∈ π }
und damit
π −1 (π (π )) = {π₯ ∈ π΄ : π (π₯) ∈ π (π )},
dies ist die Teilmenge aus π΄, die auf π (π ) abgebildet werden und enthaΜlt daher
mindestens auch π selbst.
Analog zu (13.2): Sei π ⊆ π΅.
π −1 (π ) = {π₯ ∈ π΄ : π (π₯) ∈ π }
und damit
π (π −1 (π )) = {π (π₯) ∈ π΅ : π₯ ∈ π −1 (π )}
= {π (π₯) ∈ π΅ : π₯ ∈ {π₯ ∈ π΄ : π (π₯) ∈ π }} ⊆ π.
Es gelten
(i) π ist genau dann injektiv, wenn in (13.1) Gleichheit gilt.
(ii) π ist genau dann surjektiv, wenn in (13.2) Gleichheit gilt.
Beweis zu (i):
⇒“:
”
Sei π injektiv und π ⊆ π΄. Zu zeigen: π −1 (π (π )) = π fuΜr alle π ⊂ π΄.
83
Angenommen, π −1 (π (π )) β π . Dann π −1 (π (π )) = {π₯ ∈ π΄ : π (π₯) ∈ π (π )} β
π, d.h. es gibt π ∈ π΄βπ mit π (π) ∈ π (π ). Somit ist π nicht injektiv. Widerspruch!
⇐“:
”
Es gelte π −1 (π (π )) = π fuΜr alle π ⊆ π΄. Zu zeigen: π ist injektiv.
Angenommen, π ist nicht injektiv, d.h. es gibt π, π ∈ π΄ mit π¦ = π (π) = π (π) und
π β= π. WaΜhle π = {π}. Dann ist
π (π ) = {π¦} ⇒ π −1 (π (π )) = π −1 ({π¦}) β π,
Widerspruch, da π −1 ({π¦}) mindestens auch noch π enthaΜlt.
84