250 Jahre altes Fachwerkhaus komplett saniert und restauriert / Große Teile der Holzkonstruktion außen und innen mussten ausgetauscht werden Als eines der ältesten Häuser Balves (Baujahr ca. 1750) im beschaulichen Sauerland dokumentiert das Fachwerkhaus in der Hofstraße Zeitgeschichte. Viele Generationen von Balvern lebten in dem Gebäude, bis es so baufällig wurde, dass ein weiteres Bewohnen lebensgefährlich wurde. Autor: Dipl.-Ing. Marco Jaschke Im Jahr 2001 hat sich der Balver Zahnarzt und Besitzer der Immobilie Christoph Koch dazu entschlossen, das denkmalgeschützte Fachwerkhaus in mehreren Schritten zu sanieren und vermietbaren Wohnraum zu schaffen. Erster Schritt der Sanierungsmaßnahmen stellte die gesamte Außenfassade, einschließlich des Austausch der Fenster durch originalgetreu nachgebaute Holz-Sprossen-Fenster dar. Zuerst wurden sämtliche Fachwerkfelder der Fassade, welche nahezu komplett ausgemauert waren und nicht mehr die ursprüngliche Lehmfüllung enthielten, entfernt, um sich ein Bild von den Schädigungen des Holz-Ständerwerks zu machen. Nach dem Freilegen der Fachwerk-Eichenbalken musste festgestellt werden, dass ca. 25 % aller Holzbalken und Stiele so beschädigt oder angegriffen waren, dass diese gegen neue Eichenhölzer ausgetauscht werden mussten. Insbesondere auf der bis dato von der optisch unansehnlichen Eternitverkleidung verdeckten Wetterseite waren die Hölzer in einem statisch besorgniserregenden Zustand. Alleine für den Austausch der Fachwerkbalken, einschließlich der notwendigen Zwischen-Abstützungsmaßnahmen wurde ein Zeitraum von ca. 3 Wochen benötigt. In Zusammenarbeit mit der Fa. Marmorit und enger Abstimmung mit der Denkmalbehörde wurde für die Neuverfüllung der Fachwerkfelder ein neuartiges System eingesetzt. Ziel der Maßnahme war es, das Gebäude ohne aufwendige und platzraubende Innendämmung, welche bauphysikalsich ebenfalls problematisch ist, auf nahezu neuesten energetischen Stand zu bringen. Das von der Fa. Mormorit entwickelte System „flotto füll“, eine leichte Dämmputzfüllung mit Styroporkugel wird hierbei lagenweise in den Gefachen eingebaut. Vorab werden die Innenseiten der Gefache mit Putzträgerplatten verschalt und zusätzlich mit Putzgittern armiert. In den Gefachen werden umlaufend Holzleisten mit Moosgummi-Dichtbänder eingebaut und das gesamte Holz-Ständerwerk mit einem umweltfreundlichen Anstrich imprägniert. Abschließend wird aussen auf den verfüllten Gefachen ein atmungsaktiver, mineralischer Edelputz aufgebracht, welcher bündig mit dem Fachwerk abschließt und mittels Kellenschnitt vom Holz getrennt wird. Im zweiten Schritt wurde der Innenraum überplant, um hier auf die heutigen Anforderungen zugeschnittenen, vermietbaren Wohnraum zu schaffen. Dies musste unter Beachtung der von der Denkmalbehörde auferlegten Bedingungen, dass möglichst alle inneren Holzständerwerke in ihrer originalen Lage beibehalten werden sollten, geschehen. Da jedoch viele alte Holzständerkonstruktionen aufgrund von jahrzehnte langen Eingriffen der ehemaligen Nutzer verändert Abb. 1: vorher Abb. 2: nachher 6/2006 29 Im Blickpunkt: Altbausanierung Denkmal vor dem Verfall gerettet Im Blickpunkt: Altbausanierung Abb. 3 und Abb. 4: Freigelegtes Holzständerwerk der Außenfassade Abb. 5 und Abb. 6: Eingebaute neue Fusshölzer 30 6/2006 oder entfernt wurden, traten nachdem Freilegen der Konstruktion einige statisch „waghalsige“ Konstellationen zutage, welche teilweise entfernt, erneuert oder abgefangen werden mussten. Ziel der Planungen war es, das ehemals mittig gelegen Treppenhaus, mit der Haupterschließung über das Erdgeschoss, durch eine Erschließung im hinteren Bereich des Gebäudes über das ebenerdige Kellergeschoß zu ersetzen. Aufgrund der vorhandenen inneren Fachwerkstrukturen stand hierzu jedoch nur sehr begrenzter Raum zur Verfügung. Letztendlich wurde jedoch eine Lösung gefunden, über welche auch das Dachgeschoß, welches später ebenfalls zu Wohnraum ausgebaut werden soll, mit einer einzigen Eichenholz-Treppenanlage vom Kellergeschoß erschlossen werden konnte. Bei dem Ausbau der Innenräume wurden große Teile der alten Fachwerkkonstruktion genutzt und zweilagig mit einer OSBund einer Gipskartonplatte verkleidet. Die Zwischenräume wurden mit einer Zellulosedämmung verfüllt. Die Verkleidung mit OSB-Platten wurde aus zwei verschiedenen Gründen gewählt: 1. Durch die Verwendung der OSB-Platten konnte für die Innenwände eine statisch erforderliche Scheibenwirkung der Wände erreicht werden und so auf zusätzliche Aussteifungen verzichtet werden. 2. Für die neuen Mieter und Nutzer ist die Anbringung von Schränken, Regalen, etc. durch die tragfähige OSB-Platte wesentlich erleichtert im Gegensatz zu einer herkömmlichen doppelten Gipskartonverkleidung. Die neu zu erstellenden Wände wurden ebenfalls als Holzstäderwerkswände in gleicher Konstruktion ausgeführt. Ein weiteres Problem bei der Schaffung von vermietbaren, hochwertigem Wohnraum stellte sich uns als Planer bei der der Einhaltung der Schallschutzvorschriften. Da die vorhanden Holzbalkendecken erhalten bleiben mussten (Denkmalbehörde) musste eine Lösung gefunden werden, den Trittschallschutz zwischen den Wohneinheiten im Erd- und Obergeschoss zu gewährleisten. Da auf die vorhanden Holzbalkendecken keine größeren zusätzlichen Lasten aufgebracht werden konnten, entfiel eine Standardlösung mit schwimmendem Estrich. Abb. 10 und Abb. 11: „Waghalsige“ Konstruktionen der inneren Holzständerwerke Im Blickpunkt: Altbausanierung Abb. 7 und Abb. 8: Verschalte Gefache mit Holzleisten So wurde von uns ebenfalls ein neuartiges System aus Estrichziegel mit Dämmung und Trittschalldämmung zum Einsatz gebracht, welches sich zusätzlich optisch gut in das Gebäude eingepasst hat. In Verbindung mit an Federschienen abgehängten doppellagigen Gipskartondecken wurde hier das notwendige Trittschalldämmmaß von 54 dB erreicht. Als letzte Maßnahme wurde die Vorbereitung zum Ausbau des Dachgeschosses in Angriff genommen. Um bei dem späteren Ausbau des Dachgeschosses möglichst wenig Eingriffe in die bewohnten darunterliegenden Etagen vornehmen zu müssen, wurde der Boden im Dachgeschoss bereits in die Sanierungsmaßnahme Abb. 9: Fertige Fassade 6/2006 31 Im Blickpunkt: Altbausanierung Abb. 12: Treppenanlage im Rohbauzustand Anzeige der unteren Geschosse integriert. Der durch Undichtigkeiten im Dach sehr stark angegriffene und in Teilbereichen nicht mehr tragfähige Holzdielenbelag im Dachgeschoss wurde komplett entfernt. Die Zwischenräume der ehemaligen Holzbalkendecke wurde komplett mit Zellulosedämmung (ca. 26 cm) verfüllt. Anschließend wurde auf den sehr unebenen Balkenlagen eine doppelte Ausgleichslattung aufgebracht, auf welcher abschließend die tragenden Bodenkonstruktion aus OSB-Platten aufgebracht wurde. So kann bei einem späteren Ausbau problemlos die auch in den unteren Geschossen gewählte Fussbodenkonstruktion mit Estrichziegel aufgebracht werden. Abschließend bleibt festzuhalten, dass die gesamten Maßnahmen aufgrund von Verzögerungen durch die Denkmalbehörde, unerwar- Abb. 13: OSB-Verkleidung alter Fachwerkkonstruktionen Abb. 14: Fertige verkleidete Wände Abb. 15: Fussbodenaufbau Estrichziegel Holzwolledämmplatten als Trittschalldämmung, 2-lagig Styropordämmung Ausgleichsschüttung 32 6/2006 Im Blickpunkt: Altbausanierung Anzeige KVH®, DUO-/TRIO-Balken® – Technische Informationen für Architekten und Planer Abb. 16: Estrichziegel beim Einbau Abb. 17: Dämmung und Ausgleichslattung Dachgeschoss KVH® und DUO-/TRIO-Balken® sind hochwertige Baustoffe für die konstruktive Verwendung im modernen Holzbau. Die neue Broschüre „KVH® Konstruktionsvollholz, DUO-/TRIO-Balken® – Technische Informationen“, liefert aktuelle Daten und Fakten für Architekten, Planer und Anwender. Weitere Informationen im Internet unter: www.kvh.de Oder kostenlos anfordern bei: Überwachungsgemeinschaft Konstruktionsvollholz e.V. PF 6128 · 65051 Wiesbaden Tel: 0611/977 06-0 Fax: 0611/977 06-22 Mail: [email protected] Abb. 18: Fertiger Boden Dachgeschoss teten Sanierungsmaßnahmen, etc. von Ende 2001 bis Mitte 2005 angedauert hat. Die Kosten für den neu erschafften Wohnraum von 2 x ca. 90 m2 Wohnfläche haben sich hierbei auf ungefähr 350.000,– Euro belaufen. Aufgrund leerer Haushaltskassen war die Förderung der Denkmalbehörde mit ca. 10.000,– Euro eher bescheiden. Eine finanzielle Belastung, die der Bauherr nur durch die Verbundenheit und Liebe zum Objekt auf sich genommen hat. I I Bitte senden Sie mir die neue Informationsschrift der Überwachungsgemeinschaft KVH® Name PLZ / Ort Straße Telefon Fax Ich bin: I Architekt I Planer I Verarbeiter I Bauherr 6/2006 33