Phototrophe Lebensweise 15.1 Überblick 466 15.2 Bedeutung und Prinzipien der Photosynthese 466 15.3 Oxygene phototrophe Bakterien (Cyanobakterien) 468 15.4 Anoxygene phototrophe Bakterien 472 15.5 Photosynthetische Pigmente und Thylakoide 478 15.6 Antennenkomplexe 482 15.7 Oxygene Photosynthese 484 15.8 Anoxygene Photosynthese 489 15.9 Bakteriorhodopsin- und proteorhodopsinabhängige Photosynthese 491 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. © Philipp Wininger – Fotolia Kapitel 15 Phototrophe Lebensweise 15 Phototrophe Lebensweise Georg Fuchs Unter Phototrophie versteht man die Nutzung von Licht als Energiequelle. Die Energie des eingefangenen Sonnenlichts wird zum Aufbau eines Protonengradienten über der Membran eingesetzt, der anschließend der ATP-Synthase zur ATP-Bildung dient (Elektronentransportphosphorylierung). Man nennt diesen Prozess auch Photophosphorylierung. Die phototrophen Bakterien gliedern sich in eine Gruppe von oxygenen Phototrophen, die Cyanobakterien, und mehrere Gruppen anoxygener Phototropher. Cyanobakterien verwenden als einzige Bakterien Wasser als Elektronendonator für ihre Biosynthesen und entwickeln Sauerstoff als Produkt der Wasserspaltung. Die Phototrophie ist eine ursprüngliche Entwicklung von Bakterien. Die Plastiden der verschiedenen Algengruppen und der Pflanzen stellen die endosymbiontisch lebenden Abkömmlinge cyanobakterieller Vorläufer mit stark reduzierten Genomen dar. Die photosynthetischen Systeme all dieser Organismen enthalten Chlorophylle bzw. Bakteriochlorophylle als wesentliche Pigmente, die für die Energiekonservierung notwendig sind. Diese Pigmente finden sich dabei sowohl in lichteinfangenden Antennenkomplexen als auch in den energiekonservierenden Reaktionszentren der Photosynthese. Photosynthetische Reaktionszentren gibt es in zwei unterschiedlichen Typen, die als Photosystem I bzw. II bezeichnet werden. Der wesentliche Unterschied zwischen anoxygenen und oxygenen Phototrophen besteht darin, dass erstere jeweils nur einen Typ von Photosystem haben, während Cyanobakterien und Plastiden beide Photosysteme benötigen. Viele Phototrophe sind darüber hinaus auch autotroph und nutzen CO2 als einzige C-Quelle; dabei werden unterschiedliche Stoffwechselwege zur CO2-Fixierung genutzt. Parallel zur (bakterio-)chlorophyll-basierten Phototrophie gibt es bei einigen prokaryontischen Gruppen auch unabhängig evolvierte Systeme mit Retinal als Pigment; Bakteriorhodopsin und Proteorhodopsin nutzen die Lichtenergie als lichtgetriebene Protonenpumpen. 15.2 Bedeutung und Prinzipien der Photosynthese Das Licht der Sonne stellt die wichtigste Energiequelle für das Leben auf der Erde dar. Mehrere Gruppen von Organismen haben sich an die Nutzung von Licht als einziger Energiequelle angepasst, die Phototrophen. Sie stehen an der Basis der Nahrungsketten auf der Erde. Selbst die Mitglieder der wenigen sonnenlichtunabhängigen Lebensgemeinschaften, z. B. der erdwärmeabhängigen Schwar- 466 zen Raucher der Tiefsee (S. 403), benötigen photosynthetisch erzeugten Sauerstoff für ihre Atmung. Diese Bezüge wurden bereits in Kapitel 1.7 dargestellt. 15.2.1 Licht als Energiequelle und phototrophes Wachstum Die Umwandlung der Lichtenergie in chemische Energie ist einer der bedeutsamsten biologischen Prozesse, der früh in der Evolution entstanden ist. Bei allen photosynthetisch aktiven Organismen sind dabei die gleichen Grundprinzipien zu finden. Auch die beteiligten Pigmente und Membranproteinkomplexe, die für die Energiekonversion notwendig sind, sind in ihrem Grundaufbau ähnlich. Eine Unterscheidung der phototrophen Organismen wird danach getroffen, ob sie bei der Photosynthese Sauerstoff aus Wasser freisetzen (oxygene Photosynthese) oder nicht (anoxygene Photosynthese). Alle phototrophen Eukaryonten (Pflanzen und Algen) sowie die Cyanobakterien betreiben oxygene Photosynthese. Die restlichen bakteriellen Gruppen von Phototrophen sind anoxygen und stellen Relikte aus der sauerstofffreien Urzeit dar. Das spätere Zusammenführen der beiden Photosysteme und die Erfindung der Wasserspaltung gekoppelt an ein Photosystem ist eines der folgenreichsten Ereignisse der Evolution. Dieser „Erfindung“ verdanken wir den Sauer- Plus 15.1 ●V Wasserspaltung: Segen und Fluch der Evolution Die Erfindung der Wasserspaltung zur Gewinnung von Reduktionsäquivalenten für die CO2-Fixierung hatte zwei gewaltige Auswirkungen auf die Evolution. 1. Die oxygene Photosynthese ermöglichte die Verwendung eines universellen und in unbegrenzten Mengen vorkommenden Elektronendonators (H2O) und entwickelte sich zum hauptsächlichen primären Produktionsprozess. 2. Gleichzeitig schuf sie Sauerstoff, Gift für die bis dahin anoxisch lebenden Bakterien. An diese „Umweltkatastrophe“ mussten sie sich anpassen oder sie starben aus – eine Herausforderung! Die oxygene Photosynthese hat sich vor etwa 2,7 Mrd. Jahren entwickelt. Der dabei entstehende Sauerstoff reicherte sich allmählich in der Atmosphäre und dann auch in den Gewässern an. Vor etwa 550 Mio. Jahren wurde dann die heutige Konzentration von 20 % erreicht, die eine explosionsartige Zunahme eukaryontischer Lebewesen und die Landbesiedlung der Pflanzen ermöglichte. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 15.1 Überblick