HNO, Augenheilkunde, Dermatologie und Urologie für - Beck-Shop

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HNO, Augenheilkunde, Dermatologie und Urologie für Pflegeberufe
von
Elmar Oestreicher, Reinhard Burk, Annelie Burk
1. Auflage
Thieme 2003
Verlag C.H. Beck im Internet:
www.beck.de
ISBN 978 3 13 130901 3
Zu Inhaltsverzeichnis
schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG
쐍 1 쐍 Ohr
1
1.1
1.1.1
1.1.2
1.2
1.2.1
1.2.2
1.2.3
1.2.4
Ohr
Erkrankungen des Ohres 쐍 12
Erkrankungen des äußeren Ohres 쐍 12
Krankheiten des Mittelohres 쐍 15
Krankheiten des Innenohres 쐍 19
P Pflegeschwerpunkt Ohroperationen 쐍 23
P Pflegeschwerpunkt Gehörlosigkeit 쐍 25
Anatomie und Physiologie 쐍 4
Anatomie 쐍 4
Physiologie 쐍 7
Untersuchung des Ohres 쐍 8
Körperliche Untersuchung 쐍 8
Hörprüfungen 쐍 8
Gleichgewichtsprüfungen 쐍 10
Bildgebende Untersuchungen 쐍 11
1.3
1.3.1
1.3.2
1.3.3
Examenswissen Aufbau des Ohres (S. 5), Innenohr:
Gleichgewichtsregulierung (S. 7), Funktion des Corti-Organs (S. 5 f,), Parazentese (S. 16, 86 f.), Otitis media (S. 16 f.),
Hörminderung (S. 17 ff.)
X
1.1
Anatomie und Physiologie
1.1.1
Anatomie
Äußeres Ohr
Das Ohr, das auf beiden Seiten des Schädels in den
Schläfenbeinen liegt, wird unterteilt in:
쐍 äußeres Ohr,
쐍 Mittelohr und
쐍 Innenohr (Labyrinth).
4
I Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde
Das äußere Ohr besteht aus der Ohrmuschel und dem
äußeren Gehörgang (Abb. 1.1). Die Ohrmuschel wiederum besteht im Wesentlichen aus Knorpel, welcher
ihr die typische Form gibt.
Der äußere Gehörgang zieht bis vor das Trommelfell, einer kreisrunden, zarten Membran von etwa 1 cm
Durchmesser. Das Trommelfell bildet die Grenze zwischen äußerem Ohr und Mittelohr. Die Haut des Ge-
D Definition
M Merke
P Pflege
W Wissen
X Examenswissen
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Anatomie und Physiologie 쐍 1.1 쐍
hörgangs enthält spezielle Schweißdrüsen (Zeruminaldrüsen), die das Ohrenschmalz (Zerumen) produzieren.
Mittelohr
Das Mittelohr besteht aus lufthaltigen Knochenhohlräumen; der größte ist die hinter dem Trommelfell
gelegene Paukenhöhle. Diese kleine lufthaltige Knochenhöhle ist mit Schleimhaut ausgekleidet. Die Paukenhöhle steht über die Eustachische Tube oder Ohrtrompete mit dem Nasenrachen in Verbindung und
wird über diese Röhre belüftet. Die Paukenhöhle enthält die 3 Gehörknöchelchen:
쐍 Hammer (Malleus),
쐍 Amboss (Incus) und
쐍 Steigbügel (Stapes).
Die Fußplatte des Steigbügels liegt im ovalen Fenster,
hinter dem die Hörschnecke beginnt. Die Schallschwingungen werden über das Trommelfell auf die
Gehörknöchelchen übertragen und vom letzten dieser 3 Knöchelchen, dem Steigbügel, gelangen sie über
das ovale Fenster in die Hörschnecke.
Nach hinten schließt sich an die Paukenhöhle ein
mit lufthaltigen Hohlräumen durchsetzter Knochen,
der Warzenfortsatz (Processus mastoideus oder Mastoid) an. Das Hohlraumsystem des Mastoids grenzt an
die Hirnhaut (Dura mater) und wird vom Gesichtsnerv (N. facialis) und vom Sinus sigmoideus, einem
Blutleiter, der das Blut aus dem Kopf zum Herzen zurückführt, durchzogen.
Abb. 1.1
쐍
Ohr. Querschnitt durch das Ohr.
vorderer Bogengang
hinterer Bogengang
seitlicher
Bogengang
Ampullen
Das Mittelohr besteht aus lufthaltigen Knochenhöhlen. Die
M größte ist die Paukenhöhle, die hinter dem Trommelfell
liegt. Die Paukenhöhle enthält 3 Gehörknöchelchen: Hammer,
Amboss und Steigbügel. Ein lufthaltiger Knochen, der Warzenfortsatz (Mastoid), schließt sich an die Paukenhöhle an.
Utriculus
Ductus
endolymphaticus
Vestibulum
(Vorhof)
Otolithenorgane
Sacculus
Schneckengang
Schnecke
Innenohr (Labyrinth)
Das Innenohr liegt tief im Schädelinneren, ist eingebettet in die Felsenbeinpyramide und ist somit vor äußeren Einflüssen geschützt. Es besteht aus einem knöchernen Röhrensystem, dem knöchernen Labyrinth.
Das knöcherne Labyrinth ist mit Flüssigkeit gefüllt,
der Perilymphe. In diese Flüssigkeit wiederum ist ein
zartes Schlauchsystem (häutiges Labyrinth) eingebettet, welches ebenfalls eine Flüssigkeit, die Endolymphe, enthält. Zum Labyrinth (Abb. 1.2) gehört das spiralig angeordnete Hörorgan, die Hörschnecke (Cochlea) und das Gleichgewichtsorgan (Vestibularorgan),
bestehend aus 3 halbkreisförmigen Kanälen, den Bogengängen und einer kammerartigen Erweiterung,
dem Vorhof (Vestibulum).
Krankheiten 쐽 < 10 000
쐽쐽 < 50 000
Abb. 1.2 쐍 Innenohr (Labyrinth). Das Labyrinth besteht aus
den 3 Bogengängen, dem Vorhof und der Hörschnecke.
Das häutige Labyrinth unterteilt die Windungen
der Hörschnecke in 3 Etagen (Abb. 1.3):
쐍 die Scala vestibuli,
쐍 die Scala tympani und dazwischen
쐍 den Ductus cochlearis.
Die Hörschnecke enthält das eigentliche Hörorgan,
das Corti-Organ (Abb. 1.4). Es enthält Haarsinneszellen, die die Schallschwingungen registrieren. An der
Basis der Haarsinneszellen setzen Nervenfasern an,
die über den Hörnerv (N. cochlearis) die Informatio-
쐽쐽쐽 > 50 000 Fälle pro Jahr
I Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde
5
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쐍 1 쐍 Ohr
innere Haarzellen
Sinneshärchen
äußere Haarzellen
Abb. 1.4 쐍 Corti-Organ. Das Corti-Organ ist in der Hörschnecke gelegen
und enthält die Sinneszellen (äußere
und innere Haarzellen), die zur Wahrnehmung der Schallwellen dienen.
Hörnervenfasern
Rotation
Sinneszellen
a
Gallerthülle
(Cupula)
Kinozilium Stereozilien
lineare Beschleunigung
Kalkkristalle
Abb. 1.3
cke.
쐍
Hörschnecke. Querschnitt durch die Hörschne-
Abb. 1.5 쐍 Crista und Macula. a Crista, für Rotationsbe- 컄
schleunigung zuständiges Sinnesorgan in den Bogengängen.
b Macula, für lineare Beschleunigung zuständiges Sinnesorgan im Utriculus und Sacculus.
nen zum Gehirn führen. Die zentrale Hörbahn endet
letztlich im Schläfenlappen des Großhirns, wo sich
der für das Hören zuständige Teil des Großhirns (Hörkortex, primärer auditorischer Kortex) befindet und
die eigentliche Sinneswahrnehmung geschieht.
Der andere Teil des Innenohres gehört zum Gleichgewichtsorgan, bestehend aus den Bogengängen und
dem Vorhof. Auch in den Bogengängen und im Vorhof
des Gleichgewichtsorgans finden sich Sinneszellen.
Im Vorhof liegen zwei kleine Sinnesorgane: Der Utriculus (großes Vorhofsäckchen) und der Sacculus (klei-
6
Sinneszellen
Gallerthülle
b
nes Vorhofsäckchen). Diese, auch als Otolithenapparat
bezeichneten Organe, enthalten beetartig angeordnete Sinneszellen (Macula utriculi und Macula sacculi), auf denen feine Kristalle (Otolithen) in einer gallertartigen Schicht sitzen (Abb. 1.5). Die Sinneszellen
reagieren auf lineare Beschleunigung in horizontaler
oder vertikaler Ebene.
Die 3 Bogengänge sind in allen 3 Raumebenen angeordnet und enthalten in Erweiterungen, den Ampullen,
die Sinneszellen. Sie sitzen auf der Crista ampullaris
und ihre Sinneshaare ragen in die Cupula hinein, einem
I Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde
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Anatomie und Physiologie 쐍 1.1 쐍
gallertigen Gebilde, das bis an das Dach der Ampulle
reicht. Die Sinneszellen registrieren die durch Drehbeschleunigung des Kopfes hervorgerufenen Flüssigkeitsbewegungen in dem jeweiligen Bogengang.
Die an den Sinneszellen des Gleichgewichtsorgans
ansetzenden Nerven führen über den Gleichgewichtsnerv (N. vestibularis) zu den Kernen des Vestibularisnervs im Hirnstamm, wo sie mit den Kernen des Augenmuskelnervs verschaltet sind und weiter zum
Kleinhirn ziehen oder Verbindungen zu motorischen
Nervenkerngebieten herstellen.
1.1.2
Physiologie
Hörorgan und Gleichgewichtsorgan sind zwei Organe
des Innenohres, die für unser tägliches Leben sehr
wichtig sind und vielfältige Aufgaben erfüllen. Ohne
Hören bleiben wir als Mensch innerhalb der hörenden
Gemeinschaft ohne Sprache und sind damit sozial
weitgehend isoliert. Der Gleichgewichtssinn ermöglicht uns die Orientierung im Raum und als einzigem
Lebewesen den aufrechten Gang.
Hörorgan
Das Hörorgan wandelt letztlich im Corti-Organ Schallwellen in eine Erregung (Abfolge von Aktionspotenzialen) des Hörnervs um (Abb. 1.6). Diese Erregung
des Hörnervs wird vom Gehirn als Ton, Geräusch oder
Sprache wahrgenommen.
Schallwellen sind Luftschwingungen mit einer
wellenförmigen Ausbreitung deren Schwingungsanzahl pro Sekunde (Frequenz, in der Einheit Hertz (Hz)
angegeben) die Tonhöhenwahrnehmung bestimmt.
Tieffrequente Töne werden als tiefe Töne wahrgenommen, hochfrequente als hohe Töne. Der hörbare
Bereich beim Menschen liegt zwischen 16 und
20 000 Hz. Die Lautstärke eines Tones wird durch den
Schalldruck bestimmt, der in Dezibel (dB) angegeben
wird. Der gerade noch gehörte Schalldruck wurde als
ein Schalldruck von 0 dB festgelegt. Die sog. Schmerzschwelle, also derjenige Schalldruck, der als unangenehm und schmerzhaft laut empfunden wird, liegt
bei ungefähr 120 dB. Die Schallwellen werden von der
Ohrmuschel aufgenommen und durch den äußeren
Gehörgang zum Trommelfell geleitet. Durch die
Schallwellen wird das Trommelfell und die Gehörknöchelchen in Schwingungen versetzt.
Das letzte Gehörknöchelchen, der Steigbügel, überträgt die Schwingungen über das ovale Fenster auf die
Hörschnecke. Durch Scherbewegungen der Sinneshärchen auf den Haarsinneszellen (Abb. 1.2) im Corti-Organ werden die ableitenden Nervenfasern erregt.
a
b
Abb. 1.6 쐍 Hörvorgang. a Basilarmembran in Ruhe, b Basilarmembran ausgelenkt: durch Scherbewegungen werden die
Stereozilien der Haarzellen ausgelenkt und führen zur Erregung der ableitenden Nerven.
Die Tonhöhenwahrnehmung wird durch die Erregung unterschiedlicher Orte der Basilarmembran bei
unterschiedlich hohen Tönen erreicht (Ortsprinzip
oder Tonotopie). Hohe Töne erregen die Haarsinneszellen am Anfang der Hörschnecke (basal) und tiefe
Töne werden am Ende der Hörschnecke registriert
(apikal). Das Prinzip der Tonotopie gilt als Ordnungsprinzip von der Hörschnecke bis zum Hörkortex.
Gleichgewichtsorgan
Das Gleichgewichtsorgan registriert durch den Otolithenapparat im Vorhof lineare Beschleunigungsbewegungen und ermöglicht Empfindungen wie Bremsen,
Beschleunigung, Fallen und Steigen. Durch den ständigen Einfluss der Erdanziehungskraft vermittelt es
auch die Empfindung für die Lage des Kopfes im
Raum. Die Beschleunigung bewirkt eine Parallelverschiebung der schwereren Otolithenkristalle gegenüber den Sinneszellen und eine Abscherung der Sinneshärchen (Abb. 1.5). Die an den Sinneshärchen ansetzenden Nervenzellen werden hierdurch erregt. In
Schwerelosigkeit (Weltall) verliert der Otolithenapparat seine Funktion.
Durch die Bogengänge werden Drehbeschleunigungen des Kopfes registriert. Die Bogengänge sind in allen 3 Ebenen angeordnet, so dass Drehungen um alle
3 Ebenen wahrgenommen werden. Die Cupula
schließt den Endolymphschlauch in der Ampulle
dicht ab. Eine Strömung der Endolymphe, wie sie bei
einer Kopfbewegung auftritt, führt daher zu einer Cupulaauslenkung und folglich zu einer Abscherung der
Sinneshärchen (Abb. 1.5). Dadurch werden die ableitenden Nerven erregt. Nach der Drehbewegung kehrt
die Cupula wieder in ihre Ruhelage zurück.
I Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde
7
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쐍 7 쐍 Untersuchungsmethoden
7
Untersuchungsmethoden
7.1
Bestimmung der Sehschärfe 쐍 105
7.1.1 Bestimmung der Sehschärfe ohne Korrektionsgläser 쐍 105
7.1.2 Überprüfung der Sehschärfe mit Korrektionsgläsern
(Refraktionsbestimmung) 쐍 105
7.2 Untersuchung der Tränensekretion und der
ableitenden Tränenwege 쐍 106
7.3 Untersuchung der Lider 쐍 106
7.4 Untersuchung der Augenvorderabschnitte 쐍 107
7.5 Messung des Augeninnendrucks 쐍 108
7.6 Untersuchung des Augenhintergrundes
(Fundusuntersuchung) 쐍 109
7.7
7.8
7.9
Untersuchung des Farbsinns 쐍 111
Gesichtsfelduntersuchung (Perimetrie) 쐍 111
Ultraschalldiagnostik und LaserscanningTomographie 쐍 112
7.9.1 Ultraschalldiagnostik (Sonographie) 쐍 112
7.9.2 Laserscanning-Tomographie des
Augenhinterabschnitts 쐍 112
7.10 Abstrichtechnik für die Labordiagnostik 쐍 112
X
Examenswissen Pupillenerweiterung (S. 109), Abstrichtechnik (S. 112)
Vorbemerkung
Die Augenheilkunde benötigt eine Vielzahl spezieller
Untersuchungsmethoden, deren Anzahl mit der Weiterentwicklung feinster Geräte und Laser ständig zunimmt. Allerdings kann ein Teil der Untersuchungs-
104
II Grundlagen der Augenheilkunde
methoden wegen der hohen Kosten nur in Zentren für
Augenheilkunde angeboten werden. In diesem Kapitel wird ein Auszug wichtiger Basisuntersuchungen
dargestellt.
D Definition
M Merke
P Pflege
W Wissen
X Examenswissen
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Bestimmung der Sehschärfe 쐍 7.1 쐍
7.1
Bestimmung der Sehschärfe
7.1.1
Bestimmung der Sehschärfe
ohne Korrektionsgläser
0,7
0,5
Die Sehschärfe (Visus, V) ist gleich 1,0, wenn das Normsehzeichen, der Landolt-Ring (Abb. 7.1), dessen Lücke und
Balkenbreite unter dem Winkel einer Bogenminute erscheint, erkannt wird.
0,2
D
Ein Visus von 1,0 entspricht nicht der normalen Sehschärfe, diese liegt bei Augengesunden für LandoltRinge nach der DIN-Norm 58 220 bei bis zu 2,0 und
höher.
Die Bestimmung der Sehschärfe ist Bestandteil jeder Augenuntersuchung. Jedes Auge wird einzeln geprüft und hierzu jeweils das andere Auge abgedeckt.
Zur Ermittlung der Sehschärfe eines Patienten sollen
nach der DIN-Norm 58 220 in 5 m Abstand als Sehzeichen (Optotypen) Landolt-Ringe einer bestimmten
Größe und mit einem festgelegten Abstand bei einer
vorgegebenen Beleuchtung dargeboten werden. Die
einzelnen Visusstufen unterscheiden sich dabei um
den Faktor 1,2589.
Der Patient soll von mindestens 4 angebotenen
Landolt-Ringen einer Visusstufe, deren Öffnungen jeweils in eine andere Richtung weisen, 3 innerhalb einer Sekunde erkennen. Die kleinste unter diesen Bedingungen erkannte Landolt-Reihe entspricht seiner
Sehschärfe ohne Korrektion (Visus s.c. = Visus sine
correctione). Abb. 7.1 zeigt verschiedene Visusstufen
und die dazugehörigen Landolt-Ringe.
Die Sehzeichen werden über einen Sehzeichenprojektor auf eine Tafel projiziert. Viele dieser Projektoren enthalten noch keine Landolt-Ringe, sondern Zahlenreihen einer bestimmten Größe, die jeweils einer
Visusstufe zugeordnet werden. Die vom Augengesunden unter diesen Bedingungen zu erreichende Sehschärfe liegt zwischen 1,25 und 1,6.
Sehbehinderte Patienten können oft nur noch
Handbewegungen (HB) in einem bestimmten Abstand (z. B. „HB in 1 m“) oder nur noch das Licht einer
Lampe („Lichtwahrnehmung“) erkennen. Wenn der
Patient noch lokalisieren kann, ob das Licht einer
Lampe das Auge von oben, unten und von der Seite
aus beleuchtet, wird dies als „Lichtprojektion intakt“
(„LP intakt“) notiert. Kann der Patient noch erkennen,
wie viele Finger in einem bestimmten Abstand vor
sein Auge gehalten werden, entspricht dies der Sehschärfe „Fingerzählen (FZ)“ (z. B. „FZ in 1 m“).
Zur Bestimmung der Sehschärfe in der Nähe (Nahvisusbestimmung) werden meist Lesetafeln (z. B. Lesetafeln nach Birkhäuser oder Nieden) mit Texten unterschiedlicher Schriftgröße eingesetzt. Neben der
Krankheiten 쐽 < 10 000
쐽쐽 < 50 000
0,1
Abb. 7.1 쐍 Visusstufen. Verschiedene Visusstufen und Beispiele für zugehörige Landolt-Ringe.
Angabe der Nummer des kleinsten, eben noch flüssig
gelesenen Textes ist die Notierung der Prüfentfernung
nötig, z. B. „Birkhäuser 1 in 35 cm“ oder „Nieden 3 in
30 cm“. Außerdem muss bei der Untersuchung auf
eine optimale Ausleuchtung der Lesetafel geachtet
werden (meist kann eine Leselampe eingeschaltet
werden).
Die Sehschärfebestimmung wird für die Ferne und
Nähe zunächst ohne Korrektionsgläser durchgeführt
und als „Visus s. c.“ angegeben (s. c. = sine correctione
= ohne Korrektion), z. B. Visus s. c. = 0,8/Birkhäuser 2
in 30 cm.
7.1.2
Überprüfung der Sehschärfe mit
Korrektionsgläsern
(Refraktionsbestimmung)
Erreicht der Patient nicht die volle Sehschärfe, ist eine
Sehschärfebestimmung mit vorhandener Brille und/
oder Korrektionsgläsern erforderlich. Die damit erreichte Visusstufe wird als „Visus c.c.“ notiert (c. c. =
cum correctione = mit Korrektion).
Als Probiergläser stehen Minusgläser zum Ausgleich einer Myopie, Plusgläser zum Ausgleich einer
Hyperopie, Zylindergläser zum Ausgleich eines Astigmatismus sowie Spezialgläser entweder in einem
Probierglaskasten oder einem Phoropter zur Verfügung. Die Probiergläser aus dem Kasten müssen einzeln in ein Probiergestell gesteckt werden, das der
Patient wie eine Brille aufsetzt. Der Phoropter ist
meistens in die augenärztliche Untersuchungseinheit
integriert und kann vorgeklappt oder vorgezogen
werden. Abb. 7.2 zeigt einen manuellen Phoropter,
bei dem die Gläser noch mit der Hand vorgeschaltet
werden müssen. Zunehmend werden diese Phoropter allerdings durch solche ersetzt, die von einem Bedienungspult oder einem Computer aus verstellt
werden können.
쐽쐽쐽 > 50 000 Fälle pro Jahr
II Augenheilkunde
105
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쐍 7 쐍 Untersuchungsmethoden
Abb. 7.2 쐍 Phoropter. Zur Bestimmung der Brillenglasstärke
können mit dem Phoropter verschiedene Probiergläser vor
das untersuchte Auge geschaltet werden.
7.2
Untersuchung der Tränensekretion und der ableitenden
Tränenwege
Die normale Tränendrüse ist bei hellhäutigen Personen weder sichtbar noch tastbar. Das obere und untere Tränenpünktchen sind reizfrei und als einzige
Strukturen der ableitenden Tränenwege zu erkennen.
Der Tränenfilm schützt das Auge unter anderem
vor Austrocknung. Er weist vorn eine Lipidschicht
(Fettschicht) auf, in der Mitte eine wässrige Schicht
mit Lysozymen (bakterienabtötende Stoffe) und direkt an das Hornhautepithel angrenzend eine Muzinschicht (Schleimschicht).
Tränenwegspülung
Eine Tränenwegspülung wird bei dem Verdacht auf
eine Verengung oder einen Verschluss der ableitenden Tränenwege und zur Operationsvorbereitung
durchgeführt. Die hierzu benötigten Gegenstände
können auf einem Pflegetablett gerichtet werden:
쐍 zur Tropfanästhesie z. B. Oxybuprocain 0,4 % Augentropfen,
쐍 sterile 2 ml-Spritze mit physiologischer Kochsalzlösung,
쐍 sterile konische Tränenwegsonde,
쐍 sterile stumpfe, feine Tränenwegkanüle.
Der Untersucher steht hinter dem sitzenden Patienten und zieht den seitlichen Lidwinkel zur Darstellung des Tränenpünktchens nach außen. Er sondiert
mit der konischen Sonde vorsichtig das untere Tränenpünktchen. Anschließend führt er dem anatomischen Verlauf des Kanalikulus folgend, die Kanüle ca.
2 mm senkrecht und anschließend 6 mm waagerecht
106
ein. Vorsichtig wird etwas Flüssigkeit injiziert. Bei
Durchgängigkeit nimmt der Patient Flüssigkeit im Rachen war. Es erfolgt kein Reflux der physiologischen
Kochsalzlösung und der Tränensack schwillt nicht an.
Prüfung der Tränensekretion (Schirmer-Test)
Die Tränensekretion ist beispielsweise beim Krankheitsbild des Trockenen Auges (Sicca-Syndrom,
S. 135) vermindert.
Nach dem Abtupfen überschüssiger Tränenflüssigkeit wird ein 3,5 cm langer und 0,5 cm breiter Lackmuspapierstreifen abgeknickt und zwischen äußerem
und mittlerem Drittel über die Unterlidkante gehängt.
Der Patient soll während der Untersuchung ruhig geradeaus blicken. Im Normalfall sind nach 5 min mehr
als 15 mm des Lackmusstreifens angefeuchtet.
Wird 60 sek vor der Untersuchung zusätzlich ein
Lokalanästhetikum instilliert, kann die Tränen-Basissekretion bestimmt werden. Im Normalfall sind dann
nach 5 min mehr als 10 mm des Lackmusstreifens angefeuchtet.
7.3
Untersuchung der Lider
Das Oberlid bedeckt den oberen Hornhautrand etwa
2 mm. Oberhalb des Tarsus ist die lidkantenparallele
Deckfalte zu erkennen. Das Unterlid lässt einen
schmalen, weißen Streifen Bindehaut mit durchscheinender weißer Lederhaut unterhalb des Hornhaut-
II Grundlagen der Augenheilkunde
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Untersuchung der Augenvorderabschnitte 쐍 7.4 쐍
randes frei. Die Lidspalte ist etwa 9 mm weit. Im nasenwärts gelegenen Lidwinkel (medialer Kanthus)
sind eine halbmondförmige Bindehautfalte (Plica semilunaris) und ein warzenartiger Schleimhauthöcker,
die Karunkel, zu erkennen. Außerdem liegen hier das
obere und das untere Tränenpünktchen. Temporal
(schläfenwärts) treffen sich Oberlid und Unterlid im
seitlichen Lidwinkel (lateraler Kanthus).
Ektropionieren
Das Ektropionieren (Umstülpen) der Lider ist z. B. bei
dem Verdacht auf einen Fremdkörper unter dem Lid
erforderlich.
Das Unterlid kann mit dem Finger vorsichtig durch
nach unten gerichteten Zug an der Haut unter der Unterlidkante umgestülpt werden und ermöglicht so die
Beurteilung des unteren Bindehautsacks (Abb. 7.3).
Das Ektropionieren des Oberlids erfolgt durch den
Arzt. Der Patient wird aufgefordert, mit beiden Augen
nach unten zu blicken. Der Arzt fasst vorsichtig mit einer Hand die Wimpern, während er mit der anderen
Hand mit einem Glasstab oder einem ähnlichen geeigneten Gegenstand das Lid am Tarsusoberrand (zu
erkennen an der Deckfalte) nasenwärts des äußeren
Liddrittels vorsichtig eindrückt. Anschließend zieht er
die Lidkante herum und kann nun die Lidunterseite
betrachten. Der Glasstab kann entfernt werden, während der Patient weiterhin nach unten blickt. Soll die
Untersuchung beendet werden, nimmt der Arzt die
7.4
Abb. 7.3 쐍 Ektropionieren. Das Ektropionieren des Unterlids
zur Darstellung des unteren Bindehautsacks. Mit dem Finger
wird vorsichtig durch nach unten gerichteten Zug an der Haut
unter der Unterlidkante das Unterlid umgestülpt.
Hand weg und lässt den Patienten nach oben schauen.
Das Oberlid nimmt hierdurch sofort wieder seine normale Position ein. Mit einem speziellen DesmarresLidhaken kann das Oberlid zur Betrachtung des oberen Bindehautsacks doppelt ektropioniert werden.
Mitunter lassen sich verrutschte Kontaktlinsen nur
auf diese Weise entfernen.
Untersuchung der Augenvorderabschnitte
Eine Vielzahl von Veränderungen der Lider, Bindehaut, Lederhaut, Hornhaut, Augenvorderkammer und
Augenlinse sind durch die Inspektion bei Tageslicht
oder mit einer einfachen Handlampe zu erkennen.
Teilweise ist es erforderlich, die Lider zu ektropionieren (s. o.) oder aufzuhalten.
Aufhalten der Lider. Zum Aufhalten der Lider wird der Patient zunächst aufgefordert, die Augen zu öffnen. Mit sterilisierten Zellstofftupfern als Unterlage und beiden Zeigefingern
werden dann von einer Pflegeperson Ober- und Unterlid dicht am
Wimpernrand auseinandergezogen oder mit einem Wattestäbchen vorsichtig zurückgehalten (Abb. 7.4).
P
Untersuchung an der Spaltlampe
Abb. 7.4 쐍 Aufhalten der Lider. Mit Tupfern als Unterlage
werden Ober- und Unterlid auseinandergezogen und dann offengehalten.
In die Untersuchungseinheit des Augenarztes (s. Kapitelfoto, S. 104) ist in der Regel eine Spaltlampe integriert. Diese ermöglicht es dem Untersucher, Verän-
II Augenheilkunde
107
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쐍 18 쐍 Ekzemkrankheiten, Schuppenflechte, Akne, verwandte Erkrankungen
18
18.1
18.1.1
18.1.2
18.1.3
18.1.4
18.2
18.3
18.1
Ekzemkrankheiten, Schuppenflechte, Akne und
verwandte Erkrankungen
Ekzemkrankheiten (Dermatitiden) 쐍 198
Toxisches Ekzem 쐍 199
Seborrhoisches Ekzem 쐍 199
Atopisches Ekzem (Neurodermitis atopica) 쐍 199
Allergisches Ekzem (Kontaktdermatitis) 쐍 202
Schuppenflechte (Psoriasis) 쐍 203
Akne und verwandte Erkrankungen 쐍 206
쐍
212
Examenswissen Arten von Ekzemkrankheiten (S. 198),
Ursachen des atopischen Ekzems (S. 199), Symptome der
Kontaktdermatitis (S. 202), Symptome der Schuppenflechte
(S. 203), Ursachen der Akne (S. 206)
X
Ekzemkrankheiten (Dermatitiden)
Das Ekzem gehört zu den häufigsten Hautkrankheiten. Es kann anhand des klinischen Bildes nicht immer auf die auslösende Ursache geschlossen werden.
Die Ekzemarten werden nach ihrer Ursache unterschieden:
쐍 toxisches Ekzem (Ekzem durch aggressive Substanzen),
쐍 seborrhoisches Ekzem,
198
18.4 Rosacea (Kupferrose) 쐍 211
18.5 Periorale und periokuläre Dermatitis
III Spezielles Wissen
쐍 atopisches Ekzem (Neurodermitis atopica),
쐍 Kontaktdermatitis (Ekzem aufgrund einer epidermalen Sensibilisierung).
Grundsätzlich stellt das Ekzem eine dermoepidermale Entzündung dar. Es besteht immer Juckreiz, der sehr stark ausgeprägt sein kann. Als Primäreffloreszenz findet sich eine Rötung,
die ggf. mit einer ödematösen Schwellung oder Bläschenbildung
einhergeht. Weiterhin finden sich Pusteln bei einer Superinfektion.
D
D Definition
M Merke
P Pflege
W Wissen
X Examenswissen
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Ekzemkrankheiten (Dermatitiden) 쐍 18.1 쐍
Als Sekundäreffloreszenzen treten nach einigen Tagen Schuppen
und Rhagaden auf. Sollte das Ekzem über Wochen bestehen und
dauernder mechanischer Irritation ausgesetzt sein (z. B. Reiben
und Kratzen) entsteht eine Verdickung der Haut (Lichenifizierung)
und eine Vergröberung der Hautfelderung.
18.1.1
Toxisches Ekzem
Das toxische Ekzem entsteht durch die äußerliche Einwirkung schädigender Substanzen. Dauer der Einwirkung und
Stärke der Substanz spielen eine wesentliche Rolle. Eine Allergie
bzw. Sensibilisierung liegt nicht vor.
D
Formen
Dieses Ekzem kann bei einem Kontakt mit Lösungsmitteln, Säuren und Laugen innerhalb kurzer Zeit auftreten und je nach Stärke der auslösenden Substanz
sehr heftige Verläufe annehmen. Eine längere Zeitdauer erfordert z. B. das häufige Austrocknungsekzem
(Exsiccationsekzematid), das durch anlagebedingte
(konstitutionelle) Faktoren zustande kommt. Vor allem bei älteren Menschen spielt die generelle Hauttrockenheit durch den Aktivitätsrückgang der
Talgdrüsen eine Rolle.
Beim degenerativen Ekzem (Abnutzungsekzem) sind
sehr lange einwirkende, nur gering schädigende Substanzen der Auslöser. Klassisches Beispiel ist das
Hausfrauenekzem der Hände, das durch den steten
Kontakt mit Reinigungsmitteln, aber in erster Linie
auch Wasser ausgelöst wird.
Fototoxische Ekzeme entstehen durch den Kontakt mit
Stoffen, die erst bei Lichteinwirkung schädigend wirken. Beispiele sind die Berloque-Dermatitis und die
Wiesengräserdermatitis, bei denen in Parfums bzw.
Pflanzen enthaltene Stoffe auf die Haut geraten und
durch Sonnenlichteinwirkung massive Ekzemreaktionen auslösen.
Symptome
Bei einem toxischen Ekzem finden sich die typische
Rötung und Schuppung, mitunter auch verbunden
mit einem Infiltrat und Bläschen an den betroffenen
Stellen.
Diagnostik
Die genannten Ekzemkrankheiten werden klinisch
anhand ihres typischen Erscheinungsbildes diagnostiziert.
Therapie
Als wichtigste Maßnahme muss der Kontakt mit der
schädigenden Substanz vermieden werden. Die betroffenen Stellen werden in erster Linie mit Externa
therapiert.
Krankheiten 쐽 < 10 000
쐽쐽 < 50 000
18.1.2
Seborrhoisches Ekzem
Beim seborrhoischen Ekzem entsteht das Ekzem aufgrund
einer Entzündungsreaktion. Die Ursache ist letztlich nicht
geklärt, dem Pilz Pityrosporum ovale wird eine maßgebliche Rolle
zugeschrieben. Betroffen sind zumeist Männer.
D
Symptome
Das seborrhoische Ekzem zeigt sich als diskrete, oftmals gelbliche Schuppung auf gerötetem Areal im Bereich von Hautgebieten, die mit Schweißdrüsen gut
versorgt sind. Diese Dermatose tritt v. a. in der Mitte
des Gesichtes ausgehend von der Nasolabialfalte und
im Bereich der vorderen Schweißrinne im Bereich des
Brustbeins auf. Eine vermehrte Schweißneigung muss
jedoch nicht vorliegen. Meist ist eine vermehrte Kopfoder Gesichtsschuppung vorhanden. Gelegentlich
wird Juckreiz angegeben.
Diagnostik
Die genannte Ekzemkrankheit wird klinisch anhand
ihres typischen Erscheinungsbildes diagnostiziert.
Therapie
Pilzmittel als Creme oder Shampoo sind die Therapie
der Wahl. Bei stark entzündlichen Formen kann auch
kurzfristig ein schwaches Kortikosteroid zum Einsatz
kommen, als Dauertherapie ist dieses jedoch nicht geeignet.
18.1.3
Atopisches Ekzem
(Neurodermitis atopica) 쐽
Unter Atopie versteht man eine erbliche Veranlagung für
eine oder mehrere der 3 Krankheiten Neurodermitis, Heuschnupfen und Asthma. Der Begriff kommt aus dem Griechischen
a topos: am falschen Ort. Das Krankheitsbild steht für eine falsche Reaktion des Körpers im Sinn einer Überreaktion auf einen eigentlich harmlosen Reiz von außen. Die Veranlagung ist an mehreren Stellen des Erbguts kodiert. Atopisch veranlagt sind ca. 15 %
der europäischen Bevölkerung.
D
Die Neurodermitis ist eine chronische Ekzemerkrankung, die in jedem Lebensalter auftreten kann. Sie ist
gekennzeichnet durch charakteristische Befallsmuster. Etwa 3−4 % aller Kinder leiden an Neurodermitis.
Ursache
Das Immunsystem der Atopiker weist eine Schwäche
der zellulären und eine zu starke Ausprägung der humoralen Immunität (Immunglobuline, v. a. der Klasse
IgE) auf. Hieraus ergibt sich eine verstärkte Neigung
zu Hautinfektionen. An erster Stelle stehen die bakte-
쐽쐽쐽 > 50 000 Fälle pro Jahr
III Dermatologie
199
aus: Oesterreicher u. a. HNO, Augenheilkunde, Dermatologie und Urologie für Pflegeberufe (ISBN 3-13-130901-6) © 2003 Georg Thieme Verlag
쐍 24 쐍 Urologische Diagnostik
24
Urologische Diagnostik
24.1 Anamnese − Vorgeschichte 쐍 268
24.2 Untersuchung der Urogenitalorgane 쐍 269
24.3 Untersuchungen im urologischen Labor 쐍 269
24.3.1 Serumuntersuchungen bei urologischen
Erkrankungen 쐍 269
24.3.2Harnuntersuchung 쐍 270
24.3.3 Untersuchungen des Ejakulats 쐍 271
24.4 Prüfung der Nierenfunktion 쐍 272
24.5 Bildgebende Verfahren 쐍 272
24.5.1 Ultraschalldiagnostik in der Urologie 쐍 272
24.5.2 Urologische Röntgenuntersuchung 쐍 273
24.1
24.6 Urodynamische Untersuchungen 쐍 274
24.7 Instrumentelle Untersuchungen 쐍 275
24.7.1 Katheterismus 쐍 275
24.7.2 Urethrozystoskopie 쐍 276
24.7.3 Ureterenkatheterismus 쐍 276
24.7.4 Innere Schienung 쐍 277
P Pflegeschwerpunkt Mithilfe bei der urologischen
Diagnostik 쐍 278
X
von
Mittelstrahlurin
Anamnese − Vorgeschichte
Die Vorgeschichte ist zur Erkennung der Krankheit, für die
Behandlung und die Genesung des Patienten besonders
wichtig.
M
Krankhafte Symptome und Befunde der Urogenitalorgane sind in der Regel charakteristisch: Blut im Harn,
Beschwerden beim Wasserlassen, Inkontinenz, Koliken u. a. Die Nachbarschaft der Verdauungsorgane zu
den Harnorganen veranlassen zur Frage nach Appetit,
Durstempfinden, Magenbeschwerden, Stuhlgang
268
Examenswissen Gewinnung
(S. 270), Katheterismus (S. 275)
IV Grundlagen der Urologie
usw. Nach früheren Geschlechtskrankheiten zu fragen, ist selbstverständlich.
Krankenbeobachtung. Bei der Krankenbeobachtung gibt
es einige Zeichen, die Ihnen Hinweise auf ein urologisches
Problem geben können: Insbesondere ist dies die Zunge des Patienten, die bei Nierenentzündungen trocken und rot und bei Urosepsis
oder Nierenversagen braun und borkig werden kann. Weiterhin
gibt der Hautturgor Auskunft über den Wasserhaushalt des Körpers − bei Flüssigkeitsdefizit bleibt nach einem leichten Kneifen eine
Hautfalte stehen, bei Ödemen bleibt nach einem leichten Eindrücken der Haut eine Delle zurück.
P
D Definition
M Merke
P Pflege
W Wissen
X Examenswissen
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Untersuchungen im urologischen Labor 쐍 24.3 쐍
24.2
Untersuchung der Urogenitalorgane
In flacher Rückenlage erfolgt die Tastuntersuchung
der Nieren. Der Harnleiter selbst ist auch bei schweren krankhaften Veränderungen selten zu tasten. Bei
der Untersuchung der Blase steht die Betrachtung des
Unterbauchs auf sichtbare Vorwölbung im Vordergrund. Nur die maximal gefüllte bzw. überdehnte
Blase ist tastbar.
Die Untersuchung des Genitales beginnt mit der
Inspektion des Penis, der Harnröhrenöffnung und der
Eichel, besonders der Kranzfurche (Sulcus coronarius)
nach Zurückstreifen der Vorhaut. Beim Abtasten der
Hoden werden ihre Größe und Druckempfindlichkeit
sowie ggf. Verhärtungen beurteilt.
Bei der Prüfung der Bruchpforten werden Hernien
ausgeschlossen. Die Untersuchungen werden am liegenden Patienten ausgeführt.
Hodenpalpation
Lagerung. Achten Sie bei der Lagerung des Patienten daP rauf, dass dieser die Beine leicht anwinkelt. Dadurch entspannt sich die Bauchdecke, wodurch die Untersuchung erleichtert und für den Patienten angenehmer wird.
Anschließend erfolgt die Beurteilung des Hodenstandes im Stehen sowie ein Vergleich der Niveauunterschiede links und rechts. Hodenkrampfadern (Varikozelen) lassen sich nur im Stehen erkennen. Die Selbstpalpation der Hoden sollte bei Vorsorgemaßnahmen
immer wieder empfohlen werden (Abb. 24.1).
M
Jede Verhärtung der Hoden ist tumorverdächtig!
Die rektale Untersuchung ist für den Patienten unangenehm und wird bei straffem Analsphinkter als
schmerzhaft empfunden, besonders wenn der Arzt
mit dem wenig eingefetteten Handschuh Haare mitzieht oder Analerkrankungen wie Hämorrhoiden vorliegen.
Abb. 24.1 쐍 Untersuchung der Hoden. Palpation der Hoden
mit beiden Händen.
Die Analöffnung und der untersuchende Finger
müssen ausgiebig eingefettet werden. Mit Zeigefinger
und Daumenkuppe der linken Hand wird die Analfalte gespreizt (Abb. 24.2). So lassen sich auch Veränderungen im Analbereich feststellen. Vom Rektum aus
ist nur die Hinterfläche der normal gut kastaniengroßen Prostata zu betasten.
Eine entspannte Position des Patienten und der ausgiebige
Gebrauch von Gleitmittel sind die Voraussetzungen jeder
rektalen Untersuchung.
M
24.3
Untersuchungen im urologischen Labor
24.3.1
Serumuntersuchungen bei
urologischen Erkrankungen
Kreatinin und Harnstoff dienen der Prüfung der Nierenfunktion. Sie sind erhöht beim Nierenversagen.
Bei den verschiedenen Formen der Steinerkrankungen sind von diagnostischer Bedeutung für die Erfassung von Stoffwechselstörungen: Harnsäure, Kalzium, Phosphor, Zitrat und Oxalat sowie Parathormon
und Kalzitonin (S. 325).
Krankheiten 쐽 < 10 000
쐽쐽 < 50 000
Nüchtern zur Blutentnahme. Der Einfluss der Nahrungsaufnahme ist vernachlässigbar bei der Bestimmung
von Kreatinin, Gesamteiweiß, Bilirubin, Elektrolyten, Amylase, alkalischer Phosphatase und Transaminasen. Soll jedoch Harnstoff,
Glukose, Cholesterin, Harnsäure oder Eisen laborchemisch untersucht werden, muss der Patient zur Blutentnahme nüchtern sein,
damit keine verfälschten Werte auftreten.
P
Bei Prostataerkrankungen dient das prostataspezifische Antigen (PSA) der Diagnostik des Prostatakarzinoms und zur Kontrolle der Therapie (S. 319).
쐽쐽쐽 > 50 000 Fälle pro Jahr
IV Urologie
269
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쐍 24 쐍 Urologische Diagnostik
Prinzipiell soll nur frischer Harn verwandt werden, um aussagekräftige Werte zu erhalten. Der Urin aus Urinauffangbeuteln ist für bakteriologische Untersuchungen ungeeignet. Hier
sollte der Urin unter sterilen Kautelen aus der im Konnektor eingelassenen Entnahmestelle entnommen werden.
M
Nach vorn gebeugter
Oberkörper (Ambulanz)
Knie-Ellenbogen-Lage
(zur differenzierteren
Diagnostik)
Mittelstrahlurin
Mittelstrahlurin. Die Gewinnung des Mittelstrahlurins ist
GrundlagefürweitereHarnuntersuchungenimLabor.Diegenaue Vorgehensweise finden Sie in Kap. 25 auf S. 281 beschrieben.
P
Der Strahlurin des Mannes stammt aus der Blase und
läuft durch die Harnröhre ab.
Die 2-Gläser- bzw. 3-Gläser-Probe dient der Unterscheidung von Erkrankungen der Harnröhre bzw.
Prostata und der oberen Harnwege (Abb. 24.3).
Bei der Harnuntersuchung sind mehrere Verfahren
möglich:
쐍 Teststreifenuntersuchungen,
쐍 mikroskopische Beurteilung des Urinsedimentes
mit der Gesichtsfeldmethode oder
쐍 Auszählung der Zellelemente in der Zählkammer.
Bei den Teststreifenuntersuchungen sind für die Urologie
wichtig: pH-Wert, spezifisches Gewicht, Glukose, Eiweiß,
Erythrozyten/Hb, Nitrit, Leukozyten. Jeder von der Norm abweichende Befund in einem Stäbchentest muss mit einer quantitativen Labormethode überprüft werden.
M
Steinschnittlage
(bei instrumentellen
Untersuchungen)
Seitenlage
(bei bettlägerigen
Patienten)
Abb. 24.2 쐍 Rektale Untersuchung.
Prostata, Samenblasen und Rektum.
Untersuchung
von
Bei Hodentumoren ist die Bestimmung der sog. Tumormarker α-Fetoprotein, β-HCG, PLAP insbesondere
auch für die Verlaufskontrolle wichtig (S. 314).
Bei hormonellen Störungen ist unter Umständen
die Bestimmung von LH, FSH, Prolaktin, Testosteron,
Östradiol, ACTH usw. von Bedeutung (S. 335).
24.3.2
Harnuntersuchung
Zu Methode und Technik der einzelnen Untersuchungen siehe auch Lehrbücher der Inneren Medizin.
270
Das spezifische Gewicht (Normwert 1001−1030 g/l)
erlaubt eine Aussage über die Harnkonzentration. Der
pH-Wert schwankt zwischen 4,5 und 8 und dient der
Kontrolle beim Steinleiden und bei Infekten. Eine Eiweißausscheidung über 150 mg in 24 Stunden ist
krankhaft und muss weiter geklärt werden. Ein Nitritnachweis stützt den Verdacht einer Harninfektion.
Die Zuckerprobe kann gelegentlich auch im Harn
Gesunder leicht positiv ausfallen. Ehe man aus dem
Befund therapeutische Konsequenzen zieht, soll die
Probe unter gleichzeitiger Kontrolle des Blutzuckers
am nächsten Tag wiederholt werden.
Mit der Sedimentuntersuchung werden die Zellelemente im Harn zahlenmäßig erfasst (Abb. 24.4).
Die Urinzytologie dient der Erkennung von Tumorzellen im Harntrakt (S. 301).
Kultur, Resistenzbestimmung
Durch die Kultur wird die Art der Erreger, durch die Resistenzbestimmung ihre Empfindlichkeit gegenüber
den Medikamenten, die therapeutisch zur Anwendung kommen sollen, bestimmt. Zur Keimzahlbestimmung hat sich in Praxis und Klinik die Objektträgerkultur bewährt.
Bei dem Verdacht auf eine Tuberkulose sollen Harnproben zur Kultur auf Tuberkelbakterien eingeschickt
werden.
IV Grundlagen der Urologie
aus: Oesterreicher u. a. HNO, Augenheilkunde, Dermatologie und Urologie für Pflegeberufe (ISBN 3-13-130901-6) © 2003 Georg Thieme Verlag
Untersuchungen im urologischen Labor 쐍 24.3 쐍
Abb. 24.3
쐍
1. Glas
2. Glas
3. Glas
10 –15 ml
Hauptmenge des
Blasenurins bis
auf geringen Rest
10 – 30 ml
Prostataexprimat
2- bzw. 3-Gläserprobe. Harnuntersuchung anhand der 2-/3-Gläserprobe.
Verflüssigungszeit:
15 – 20 Minuten
gramnegative
Bakterien
Zylinder
Epithelzellen
Ejakulatmenge:
2 – 6 ml
Erythrozyten
weiße
Blutkörperchen
Spermatozoen
Spermienzahl:
über 20 Mio./ml
Salze
Abb. 24.4 쐍 Sedimentuntersuchung. Sedimentbefunde bei
der mikroskopischen Harnuntersuchung.
M
Beweglichkeit:
über 50% beweglich
Mikrobiologische Untersuchungen sind nur an frisch und
sachgemäß gewonnenen Harnproben aussagekräftig.
Morphologie:
über 30% normal
24.3.3
Untersuchungen des Ejakulats
Zu einer orientierenden Übersichtsuntersuchung soll
das Sperma nach fünftägiger sexueller Abstinenz
durch Masturbation in den Praxisräumlichkeiten des
Arztes gewonnen werden (Abb. 24.5). Kondomsperma ist unbrauchbar.
Abb. 24.5 쐍 Spermauntersuchung.
Untersuchung
Sperma als urologische Laboruntersuchung.
von
IV Urologie
271
aus: Oesterreicher u. a. HNO, Augenheilkunde, Dermatologie und Urologie für Pflegeberufe (ISBN 3-13-130901-6) © 2003 Georg Thieme Verlag
쐍 24 쐍 Urologische Diagnostik
24.4
Prüfung der Nierenfunktion
Zur Prüfung der Nierenfunktion werden körpereigene
Substanzen (Kreatinin) oder radioaktiv markierte
Stoffe verwandt. Mit sog. Clearance-Untersuchungen
(Klärwertverfahren) lassen sich Teilfunktionen der
Niere − die Glomerulusfiltration und die Tubulusfunktionen − ggf. seitengetrennt erfassen.
24.5
Bildgebende Verfahren
24.5.1
Ultraschalldiagnostik
in der Urologie
Die Sonographie der Nieren, der Blase, der Prostata
und der Hoden gehört zur urologischen Basisdiagnostik. Nach der körperlichen Untersuchung ist die Ultraschalldiagnostik sozusagen der „verlängerte Finger“
des Urologen und für den Patienten wenig belastend.
Mit diesem Verfahren kann man sowohl Tumoren
der Niere (S. 309), Missbildungen (S. 291 ff),
a Längsschnitt
Unter einer renalen Clearance versteht man die Plasmamenge (ml/min), die von einer körpereigenen oder körperfremden Substanz innerhalb von einer Minute in der Niere befreit
wird.
D
Die Nierenperfusions- und die Nierenfunktionsszintigraphie sind wegen ihrer geringen Belastung für den
Patienten häufig benutzte Verfahren. In der Urologie
steht die Bestimmung der seitengetrennten Nierenclearance im Vordergrund.
Harnstauungen, Zysten (S. 292), Blutungen und
auch Eiteransammlungen der Nieren erfassen (Abb.
24.6). Nach einer Nierentransplantation lassen sich
Abstoßungserscheinungen schneller feststellen.
Mit der Ultraschalldiagnostik der Harnblase ist die
Restharnbestimmung leicht durchzuführen, auch die
Größe der Prostata lässt sich gut feststellen (Abb.
24.7).
Abb. 24.6 쐍 Ultraschall. Sonographische Untersuchung der Nieren.
b Querschnitt
272
IV Grundlagen der Urologie
aus: Oesterreicher u. a. HNO, Augenheilkunde, Dermatologie und Urologie für Pflegeberufe (ISBN 3-13-130901-6) © 2003 Georg Thieme Verlag
Bildgebende Verfahren 쐍 24.5 쐍
Mit speziellen Nahschallköpfen lassen sich Hodentumoren und Nebenhodenveränderungen − z. B. Spermatozele, Hydrozele etc. − erfassen.
Mit Hilfe der sonographisch gesteuerten Punktion
lassen sich einige Organe gezielt punktieren: z. B. Nierenzysten, das Nierenbeckenkelchsystem, die Blase
oder die Prostata.
24.5.2
Urologische
Röntgenuntersuchung
Einen allgemeinen Überblick über die Röntgendarstellungen in der Urologie gibt Abb. 24.8. Mit den
Standarduntersuchungen der Abdomenübersichts-
a Längsschnitt
Schambein
aufnahme und dem Urogramm − der intravenösen
Kontrastmittelfüllung der Harnwege − werden die
Nieren und die ableitenden Harnwege dargestellt.
Überempfindlichkeitsreaktionen. Es ist bekannt, dass
es Überempfindlichkeitsreaktionen gegenüber jodhaltigen
Kontrastmitteln geben kann. Alle Präparate und Geräte müssen
vorhanden sein, um eine schwere Überempfindlichkeitsreaktion
nach einer Kontrastmittelinjektion sofort bekämpfen zu können.
P
Im pflegerischen Aufnahmegespräch ist der Patient
nach Allergien (z. B. Heuschnupfen, nach Überempfindlichkeitsreaktionen gegen Nahrungsmittel, Medikamente, Pflaster) zu befragen. Unverträglichkeitserscheinungen bei früheren Röntgenuntersuchungen,
Blutungsneigung (z. B. Blutungen nach einer Zahnex-
Abb. 24.7 쐍 Restharnbestimmung.
Sonographie von Blase und Prostata
und zur Restharnbestimmung.
Blase
Prostata
b Querschnitt
Bauchdecke
Blase
Prostata
Abb. 24.8 쐍 Abdomenübersicht und
Urogramm. Röntgenaufnahmen und
Schemata des Abdomens vor und nach
einem Urogramm.
Nierenkontur
Psoasrand
Beckenkamm
Blasenkontur
a
Abb. 24.8b
컄
IV Urologie
273
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