264 2 C 2 Gallenblase und Gallenwege Gallenblase und Gallenwege C-2.1 Längsschnitt am rechten Rippenbogen Die Sonographie ist bei der Untersuchung der Gallenblase führende und oftmals einzige Methode (Tab. C-2.1). Auch pathologische Veränderungen der Gallenwege können sonographisch abgeklärt werden, obgleich hier auch häufig andere Verfahren (CT/MRT, endoskopisch, retrograde oder perkutan transhepatische Cholangiographie) herangezogen werden. Die Röntgenuntersuchung der Gallenblase („orale Galle“, „i. v. Galle“) ist weitgehend obsolet. Stellenwert der Sonographie in der Diagnostik von Gallenblasen- und Gallenwegserkrankungen Symptomatik Aussagekraft der Sonographie Gallenkolik Nachweis von Gallensteinen oder einer Cholezystitis Ikterus oder entsprechende Veränderungen im Labor (Bilirubin, AP, Gamma-GT) Erkennung eines Gallenwegsaufstaus, Lokalisation der Höhe der Obstruktion. Ein direkter Nachweis der Ursache (z. B. eines Tumors oder eines Steins) ist sonographisch oft nicht möglich. Klinik beachten! Sepsis Erkennung einer Cholezystitis Bei diesen Gallensteinen findet keine komplette Schallauslöschung statt, was auf eine eher weiche Konsistenz schließen lässt. Schwache Schallschatten sind erkennbar. 2.1 Gallenblase 2.1.1 Gallensteine n Exkurs Gallensteine Gallensteine sind in der erwachsenen Bevölkerung häufig. Frauen und Übergewichtige sind bevorzugt betroffen. Nur bei der Minderzahl der Patienten („Gallensteinkranke“, ca. 25 % der Gallensteinträger) treten Beschwerden bzw. Folgeerkrankungen auf: Gallenkoliken durch Einklemmung eines Steines im Ductus cysticus. Verschlussikterus durch Einklemmung eines Steines im Ductus choledochus. Chologene Pankreatitis. Cholezystitis. Gallenblasenkarzinom (selten). Beschwerdefreie Patienten („Gallensteinträger“) werden nur behandelt, wenn anhand der Laborwerte oder der Bildgebung Anhalt für eine Folgeerkrankung besteht. Zwar sind fast nur Gallensteinträger vom Gallenblasenkarzinom betroffen, doch ist dieses zu selten, als dass eine prophylaktische Cholezystektomie gerechtfertigt wäre. Kommt es zu Gallenkoliken, Cholezystitis, Ikterus oder Pankreatitiden, wird die Gallenblase entfernt, ggf. unter Revision des Ductus choledochus. Nicht ganz eindeutig ist die Indikation zur Cholezystektomie bei Patienten mit chronisch rezidivierendem, nicht kolikartigem Schmerz im rechten Oberbauch. Nicht immer ist dieser Schmerz Folge der Cholelithiasis und bessert sich nach Operation. Sonographisches Korrelat des Gallensteins ist der echostarke Reflex mit dorsalem Schallschatten (Abb. C-2.1). Oft ist nur die dem Schallkopf zugewandte Fläche der Steine erkennbar – die abgewandten Anteile der Steine liegen bereits im Schallschatten (s. Abb. C-2.2). Es gibt allerdings auch Konkremente, bei denen in Folge einer weicheren Konsistenz, die Reflexion an der Oberfläche geringer ist und die sich „im Ganzen“ darstellen (s. Abb. C-2.1). In der Regel sind die Steine schwerer als die Gallenflüssigkeit und sinken der Schwerkraft folgend nach unten. So beobachtet man z. B. beim Aufrichten des Patienten, wie die Steine in den Gallenblasenfundus absinken. n Praktischer Tipp: Wenn man den Patienten aufstehen lässt und im Stehen schallt, kann man anhand des Absinkens der Steine ausschließen, dass sie mit der Wand verbacken sind (wie z. B. bei Cholezystitis). Die Reflexe vieler kleiner, dicht gepackter Steine können zu einem einzigen Reflex verschmelzen (Abb. C-2.2), sonographisch nicht zu unterscheiden von einem einzelnen, die Gallenblase komplett ausfüllenden Stein („Tonnenstein“) oder einer Verkalkung der Gallenblasenwand („Porzellangallenblase“, s. S. 266). Zur Unterscheidung von der Porzellangallenblase (die operiert werden muss) kann man den Patienten zunächst noch einmal streng nüchtern nachuntersuchen, um Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus St. Delorme, J. Debus: Duale Reihe - Sonographie (ISBN 978-313-136952-9) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2005 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. C-2.1 C 2.1 Gallenblase Längsschnitt am rechten Rippenbogen Diese Gallenblase ist mit Steinen regelrecht gepackt (Sack voller Steine). Nur die dem Schallkopf zugewandte Front der Gallenblase ist erkennbar; die distalen Anteile sind im Schallschatten verborgen. Solch eine Gallenblase wird leicht als Darmluft fehlgedeutet und deshalb nicht erkannt. Bei guten Schallbedingungen wie hier sind sowohl Gallenblasenwand als auch die proximalen Echos der Steine getrennt erkennbar. Oft allerdings ist die Unterscheidung von einer Porzellangallenblase schwierig (vgl. Abb. C-2.5, S. 268). Die CT kann zur Klärung helfen. ggf. einen verbleibenden Flüssigkeitssaum in der Gallenblase darzustellen. Ansonsten kann man mit der CT eine Klärung herbeiführen, weil sie einen verkalkten Stein von einer verkalkten Gallenblasenwand unterscheiden kann. 2.1.2 Sludge Beim Sludge (engl. Schlamm) handelt es sich um eingedickte Bestandteile der Galleflüssigkeit. Sludge findet sich am häufigsten nach längerer parenteraler Ernährung (z. B. nach Intensivpflege) oder absichtlichem Fasten, gelegentlich aber auch bei klinisch gesunden Nichtfastenden. Er bedarf keiner Therapie und verursacht auch keine Beschwerden. Sludge ist im typischen Fall eine im Ultraschall sehr echoarme Masse, die die Gallenblase ganz oder teilweise ausfüllt (Abb. C-2.3), evtl. mit einem waagerechten Spiegel, der ihn von der restlichen Galle trennt. Wenn er nicht allzu zäh ist, sinkt er bei Aufrichten des Patienten nach und nach in den Fundus ab. Leider kann dieser klebrige Brei aber auch bizarre Haufen bilden, die an der Wand haften, beim Umlagern deshalb nicht absinken und ungewöhnlich echodicht sind. In solchen Fällen kann die Unterscheidung von einem Gallenblasenkarzinom einiges Kopfzerbrechen bereiten. Differenzialdiagnostische Hilfen sind: Das Alter des Patienten: Das Gallenblasenkarzinom ist bei Patienten unter 50 Jahren extrem selten. Gallensteine: Sie sind beim Gallenblasenkarzinom fast obligat. Der Farb-Doppler: In Sludge sind keine Gefäße nachweisbar (ggf. mit Spektral-Doppler überprüfen!). Die CT: Dichteanstieg nach Kontrastmittelinfusion spricht für ein Gallenblasenkarzinom. n Praktischer Tipp: Die Unterscheidung von Sludge und Streuechos ist einfach, wenn man Folgendes bedenkt: Sludge befindet sich in der schallkopffernen, Streuechos finden sich nur in der dem Schallkopf zugewandten Hälfte der Gallenblase. n Merke: Asymptomatische Gallensteine werden in zunächst 6-monatigen Abständen kontrolliert. Weitere Diagnostik ist – bis auf Laborwerte – nicht indiziert. C-2.3 Sludge bei zwei Patienten a Sedimentierter Sludge (scheinbar schräg verlaufender Spiegel; der Patient wurde in Rechtsseitenlage untersucht) nach viertägiger Nahrungskarenz. b Mit Sludge prall gefüllte Gallenblase nach dreiwöchiger Intensivtherapie mit parenteraler Ernährung. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus St. Delorme, J. Debus: Duale Reihe - Sonographie (ISBN 978-313-136952-9) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2005 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. C-2.2 265 266 C 2 Gallenblase und Gallenwege der Gallenblasenwand Cholezystitis n Exkurs Cholezystitis Die Entzündung der Gallenblase verläuft akut oder chronisch. Die akute Cholezystitis entsteht in 90–95 % der Fälle auf dem Boden einer Cholezystolithiasis, kann aber auch ohne Vorliegen von Steinen auftreten (akalkulöse Cholezystitis). Eine Entzündung bei Cholezystolithiasis ist immer bakteriell bedingt. Bei Patienten mit akalkulöser („posttraumatischer“) Cholezystitis sind Bakterien meistens die Ursache: Oft liegt eine schwere Allgemeinerkrankung vor (z. B. Sepsis), oder es handelt sich um Intensivpatienten nach z. B. Verletzungen, großen Operationen, Verbrennungen. Patienten mit steinassoziierter Cholezystitis sind oft schwer krank mit Fieber, Schüttelfrost, Leukozytose sowie Druckschmerz im rechten Oberbauch. Die Symptomatik der akalkulösen Cholezystitis ist oft geringer, die Letalität jedoch soll wesentlich höher sein als die der steinassoziierten Cholezystitis. Letzteres hat wohl weniger mit einer protektiven Wirkung von Steinen zu tun, als damit, dass eine entzündliche Schwellung der Gallenblasenwand vermutlich erst bei sehr schweren Allgemeinerkrankungen auftritt. Eine schwerwiegende Komplikation der akuten Cholezystitis ist die Ruptur, die meist im Fundus auftritt. Ist sie gedeckt, entsteht ein Abzess im Gallenblasenbett. Eine freie Ruptur führt zur eitrigen Peritonitis, einem lebensbedrohlichen Krankheitsbild. Wenn die entzündlich veränderte Gallenblase mit einer benachbarten Darmschlinge verklebt, kann eine Perforation zu einer Verbindung zwischen Gallenblasenlumen und Darm führen. Dann kann es durch ein in den Darm abgegangenes Konkrement zum Gallensteinileus kommen, dieser ist jedoch selten. Bei Entzündung der steinhaltigen Gallenblase besteht die Therapie in der Cholezystektomie. Die akalkulöse Cholezystitis wird bei blandem Verlauf konservativ, sonst operativ behandelt (Cholezystektomie). Die Symptomatik der chronischen Cholezystitis ist weniger dramatisch, kann gelegentlich auch ganz fehlen. Meist ist ein Druckschmerz im Bereich der Gallenblase auslösbar. Im Verlauf einer chronischen Cholezystitis kann es zu einer Verkalkung der Gallenblasenwand kommen. Diese Porzellangallenblase ist eine fakultative Präkanzerose (Gallenblasenkarzinome in über 10 % der Fälle) und sollte operativ entfernt werden. Die chronisch entzündete Gallenblase wird in der Regel operativ entfernt. Die Gallenblasenwand ist auf über 3 mm verdickt (Abb. C-2.4) und erscheint oft geschichtet : Es lassen sich eine äußere und eine innere Schicht unterscheiden, beide mäßig echodicht. Dazwischen liegt eine echoarme oder echofreie Zone, hervorgerufen durch eine intramurale Eiteransammlung. Im Gallenblasenbett (außerhalb der Gallenblase) ist häufig zusätzlich Flüssigkeit als echofreier Saum nachweisbar. Charakteristisch ist ein umschriebener Schmerz, der bei Darstellung der Gallenblase durch Druck mit dem Schallkopf auslösbar ist („sonographisches Murphy-Zeichen“). Sammelt sich Eiter im Gallenblasenlumen (Gallenblasenempyem), ist der Inhalt der Gallenblase nicht mehr echofrei, sondern mäßig echoarm. Wenn bei einem Patienten gleichzeitig Gallensteine, eine Verdickung der Gallenblasenwand und ein lokalisierter Druckschmerz nachweisbar sind, kann die Diagnose einer Cholezystitis mit großer Sicherheit gestellt werden. Leider ist keines dieser Zeichen obligat. Die Differenzialdiagnose wird zusätzlich dadurch erschwert, dass eine verdickte Gal- lenblasenwand auch ohne eine Cholezystitis nachweisbar sein kann. Bei akalkulöser Cholezystitis sind die Beschwerden seitens der Gallenblase oft eher mäßig; der sonographische Befund ist aber überzeugend (Abb. C-2.4c). Gänzlich unabhängig davon beobachtet man bei Intensivpatienten oft eine vorübergehende Gallenblasenwandverdickung („Intensivgallenblase“), die von selbst folgenlos verschwindet. Es versteht sich, dass die Unterscheidung von einer akalkulösen Cholezystitis Probleme bereiten kann. Die Intensivgallenblase ist vollkommen asymptomatisch. Eine Ruptur der Gallenblase ist gelegentlich anhand der Unterbrechung der Gallenblasenwand nachweisbar. Hat sich der Inhalt vollständig in die Bauchhöhle entleert (freie Ruptur), kann die Gallenblase u. U. überhaupt nicht mehr darstellbar sein. Bei gedeckter Ruptur kommt es zu einem lokalen Abszess, der sonographisch als echoarme bis echoleere Raumforderung imponiert. Porzellangallenblase In der Sonographie ist lediglich die dem Schallkopf zugewandte Gallenblasenwand als echostarke, konvexe Linie erkennbar. Das Gallenblasenlumen sowie die distale Wand sind im Schallschatten verdeckt (Abb. C-2.5, S. 268). Eine Unterscheidung von einer vollständig steingefüllten Gallenblase oder einem Ausgussstein (Tonnenstein) ist schwierig. In Zweifelsfällen ist die CT hilfreich. Gallenblasenwandverdickungen anderer Ursache Eine Verdickung der Gallenblasenwand findet man auch bei Erkrankungen, die nicht die Gallenblase selbst betreffen, am häufigsten bei Patienten mit akuter Hepatitis (vor allem in den ersten Krankheitswochen, vgl. Abb. Abb. C-1.4, S. 240, S. 240) oder Aszites infolge einer Leberzirrhose (aber nicht beim malignen Aszites!), bei Intensivpatienten sowie in Einzelfällen bei Patienten mit nephrotischem Syndrom und Hypalbuminämie. n Merke: Ist bei einem Patienten mit Aszites die Gallenblasenwand verdickt, ist die Ursache des Aszites eher eine Leberzirrhose als eine Peritonealkarzinose. 2.1.4 Gallenblasentumoren Gallenblasenpolypen Kleine Gallenblasenpolypen sind ein häufiger Zufallsbefund (Prävalenz 5 %), auch bei jüngeren Patienten. Sonographisch sind sie rund und liegen der Wand an (Abb. C-2.6, S. 268). Histologisch handelt es sich meist um Papillome, Adenomyome oder Myoblastome. Papillome können grundsätzlich, wenn auch selten, entarten. Kleine Polypen mit einem Durchmesser von weniger als 1 cm sind unbedenklich; einige mittelfristige Verlaufskontrollen sind ausreichend. Bei größeren Polypen ist eine Unterscheidung von einem kleinen Karzinom schwierig, da dieses im Frühstadium ähnlich aussieht. Bei Polypen mit einem Durchmesser von mehr als 1 cm oder mit breiter Basis sollte die Gallenblase deshalb Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus St. Delorme, J. Debus: Duale Reihe - Sonographie (ISBN 978-313-136952-9) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2005 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 2.1.3 Gutartige Veränderungen C 2.1 Gallenblase Cholezystitis a Querschnitt am rechten Rippenbogen. Akute Cholezystitis mit einem großen, die Gallenblase ausfüllenden Stein („Tonnenstein“). Beachte die Wandverdickung. Nur die proximale Wand ist erkennbar. b Längsschnitt am rechten Rippenbogen. Chronische Cholezystitis bei Cholezystolithiasis. Neben den Gallensteinen erkennt man eine Wandverdickung. Es bestanden lediglich mäßige, intermittierende Schmerzen. c Längsschnitt am rechten Rippenbogen. Steinfreie Cholezystitis. Die Grunderkrankung war eine Pneumonie; zum Zeitpunkt der Untersuchung war der Patient schwer krank und septisch. d Längsschnitt am rechten Rippenbogen. Chronische Cholezystitis bei Cholezystolithiasis: kleine, wandverdickte Gallenblase mit Konkrementen, kein Lumen erkennbar. e Längsschnitt am rechten Rippenbogen. Schrumpfgallenblase bei einer 31-jährigen Frau. Seit vielen Jahren rezidivierende, rechtsseitige Oberbauchschmerzen wechselnder Intensität, gelegentlich kolikartig. Erste Sonographie: Kleine Gallenblase ohne nennenswertes Lumen, gering verdickte Wand mit hellen Einschlüssen. Keine Änderung nach Nahrungskarenz. entfernt werden, insbesondere wenn der Durchmesser der Polypen zunimmt. Von diesen „echten“ Polypen sind „Cholesterinpolypen“ zu unterscheiden, die lediglich Cholesterineinlagerungen in der Schleimhaut entsprechen, meist sehr klein sind (Durchmesser deutlich kleiner als 1cm) und auch bei jungen Patienten vorkommen. Einer Therapie bedürfen sie nicht. Gallenblasenkarzinom Das Karzinom der Gallenblase tritt ab der 6. Lebensdekade auf. Zum Zeitpunkt der Diagnose hat die überwiegende Mehrzahl der Patienten Gallensteine – ob als Ursache (chronischer Reiz) des Karzinoms oder dessen Folge (erhöhte Lithogenität an der pathologischen Oberfläche des Tumors), ist nicht klar. Auch bei vergleichsweise „früher“ Diagnose Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus St. Delorme, J. Debus: Duale Reihe - Sonographie (ISBN 978-313-136952-9) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2005 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. C-2.4 267 268 C 2 Gallenblase und Gallenwege C-2.5 Längsschnitt am rechten Rippenbogen – Porzellangallenblase Vollständige Schallreflexion an der Vorderseite der Gallenblasenwand; kein Lumen erkennbar. Wie die steinvolle Gallenblase (s. Abb. C-2.2, S. 265) wird die Porzellangallenblase leicht mit Darmluft verwechselt. C-2.6 als „szirrhöser“ Tumor flächig in der Gallenblasenwand aus, ohne ins Lumen zu ragen. Im fortgeschritteneren Stadium füllen die Tumormassen das gesamte Lumen der Gallenblase aus, oder die Wand ist breitflächig und unregelmäßig verdickt (Abb. C-2.7). Ist der Tumor durch das Gallenblasenbett hindurch breitflächig in die Leber eingebrochen, ist C-2.7 Längsschnitt am rechten Rippenbogen – Gallenblasenkarzinom Außer dem Karzinom finden sich zwei große Konkremente. Beachte die enorme Wandverdickung (Doppelfpeil) und die Ausfüllung des Lumens mit Tumormassen. Die Unterscheidung von der Cholezystitis erfolgt vor allem klinisch: Das Karzinom ist schmerzlos. Gallenblasenpolypen a Gallenblasenpolypen bei einem 38-jährigen Mann. b, c Polypoide Tumoren im Bereich der Hepatikusgabel bei einem 58-jährigen Mann. Sonographisch Erweiterung der zentralen Gallengänge, aber kein Ikterus, Laborwerte einschließlich Tumormarker unauffällig. Man muss annehmen, dass es sich um einen sehr langsam wachsenden Prozess handelt: Eine gewisse Behinderung des Gallenflusses ist an der Gangdilatation erkennbar, doch ist sie, wie die Laborwerte zeigen, durchaus kompensiert. Die Differenzialdiagnose dieses Befundes ist schwierig. Wohl kann es sich um ein Karzinom handeln, doch spricht der offenkundig lange Verlauf dagegen. Karzinome führen eher rasch zu einem Verschlussikterus mit entsprechenden Laborbefunden. Am ehesten handelt es sich um eine Gallengangspapillomatose. Eine Biopsie wurde nicht durchgeführt. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus St. Delorme, J. Debus: Duale Reihe - Sonographie (ISBN 978-313-136952-9) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2005 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. mithilfe der Sonographie ist der Tumor fast stets unheilbar, wegen Leber- oder Lymphknotenmetastasen oder einer direkten Invasion in die Leber. Das „kleine“ Gallenblasenkarzinom ragt entweder in das Gallenblasenlumen hinein und ähnelt in der Sonographie somit einem Gallenblasenpolypen (s. o.), oder breitet sich 269 C 2.2 Gallenwege 2.1.5 Befunde nach Cholezystektomie Typischerweise kommt es nach Entfernung der Gallenblase über die Jahre zu einer leichten Erweiterung des Ductus hepatocholedochus. Ursache ist möglicherweise, dass der Gallengang wegen des fehlenden Reservoirs, das die Gallenblase darstellte, stärker wechselnden Füllungsgraden ausgesetzt ist und sich nach und nach aufweitet. Möglicherweise spielen auch präoperative rezidivierende Einklemmungen abgehender Steine eine Rolle. Ein Durchmesser von bis zu 10 mm ist keine Seltenheit. Für die Unterscheidung vom Aufstau entscheidend sind im Zweifelsfall Laborparameter (Gamma-GT, AP, Bilirubin) und der Nachweis bzw. das Fehlen einer Dilatation intrahepatischer Gallengänge. Eine kurzstreckige, spindelförmige Auftreibung des extrahepatischen Gallenganges ist in der Regel normal. Flüssigkeitsansammlungen im Gallenblasenbett (mitunter so groß, dass sie wie eine gefüllte Gallenblase erscheinen – „Pseudogallenblase“) sind in den ersten Wochen nach Cholezystektomie beschrieben und scheinen harmlos zu sein. Bei Patienten mit postoperativem Fieber ist ggf. die Unterscheidung von einem „Biliom“, einer lokalen Ansammlung von Galle, oder einem Abszess erforderlich (Lokalbefund, Schmerzen, u. U. CT mit Kontrastmittel). 2.2 Gallenwege 2.2.1 Aufstau der Gallenwege Eine Verlegung der Gallenwege wird meist durch Steine, stenosierende Tumoren oder Strikturen verursacht. Oft gelingt es nicht, die eigentliche Ursache mit dem Ultraschall darzustellen; Labor, CT oder endoskopische retrograde Choledochographie (ERC) führen weiter. Nicht selten geben Anamnese und körperlicher Befund wertvolle Hinweise für die Unterscheidung gutartiger von bösartigen Verlegungen der Gallenwege: Fragen Sie besonders nach Schmerzen, Schmerzcharakter, Fieber sowie einem vorausgegangenen Ikterus (Differenzialdiagnose s. Tab. C-2.2). Aufgabe der Sonographie ist es vor allem, den Aufstau selbst nachzuweisen und die Höhe des Abflusshindernisses abzuschätzen (Tab. C-2.3, S. 270). Sind die ableitenden Gallenwege verlegt, führt dies zu einer Aufweitung der proximal des Hindernisses gelegenen Gallengänge meist einschließlich der intrahepatischen Gallengänge. Liegt die Stenose distal der Einmündung des Ductus cysticus ist, sofern die Obstruktion chronisch ist, zusätzlich die Gallenblase erweitert. Bei einer weiter proximal gelegenen Verlegung ist sie normal oder klein, ebenso bei akuter (steinbedingter) Verlegung distal der Einmündung – hier ist die Gallenblase reflektorisch kontrahiert. Einen Sonderfall stellt die Verlegung der Hepatikusgabel dar: Hier sind die intrahepatischen Gallenwege erweitert, die extrahepatischen Gallengänge nicht. Bei einer Obstruk- C-2.2 Differenzialdiagnose des Ikterus Ursache Kennzeichen Hämolyse Erhöhung des indirekten Bilirubins im Serum, evtl. Anämie, Splenomegalie Hepatitis massive Transaminasenerhöhung, Erhöhung des direkten Bilirubins im Serum Leberversagen, Leberzirrhose bekannte Grundkrankheit, Hypoalbuminämie, pathologischer Quick-Test, bei Leberzirrhose periphere Stigmata (z. B. Spider-Nävi, Palmarerythem) und sonographische Zeichen der Zirrhose Choledocholithiasis Erhöhung des direkten Bilirubins, der Gamma-GT und AP im Serum, sonographischer Nachweis von Gallensteinen, evtl. Steinnachweis im Ductus choledochus, begleitende Pankreatitis, Anamnese von Gallenkoliken Tumoren der ableitenden Gallenwege oder des Pankreas schmerzloser Ikterus, Erhöhung des direkten Bilirubins, der Gamma-GT und AP im Serum, Tumornachweis mit Sonographie, ERC oder CT tion nur des rechten oder linken Hepatikusastes sind nur die Gallengänge des jeweils dazugehörigen Leberlappens erweitert. Als Ursache einer Verlegung der Hepatikusgabel kommen neben dem Klatskin-Tumor, der vom Gallengang ausgeht (s. S. 272), zentrale hepatozelluläre Karzinome oder Metastasen in Frage, ferner (selten) intrahepatische Konkremente oder entzündliche Strikturen (z. B. primär sklerosierende oder ischämische Cholangitis). n Merke: Zur Diagnose eines Aufstaus der Gallenwege gehört eine Erhöhung der Cholestase-Parameter im Serum (direktes Bilirubin, alkalische Phosphatase, Gamma-GT). Eine Weite des Ductus hepatocholedochus von mehr als 8–9 mm (10–12 mm nach Cholezystektomie) ist zunächst pathologisch (Abb. C-2.8, S. 270), kommt jedoch beim Gesunden vor („ausgelatschter Gallengang“). Ist der Gang erweitert, verfolgen Sie ihn so weit wie möglich nach kaudal. Der direkte Stein- oder Tumornachweis gelingt u. U. nicht, aber Sie können die Lokalisation der Stenose eingrenzen. Ist dies wegen Luftüberlagerung nicht möglich (Duodenum), ist eine CT indiziert. n Praktischer Tipp: Der distale Ductus choledochus verläuft durch den rechten dorsalen Anteil des Pankreaskopfes und kann dort von ventral her dargestellt werden. Auch eine erweiterte Gallenblase kann man als Schallfenster nutzen. Wenn Sie den Patienten auf die linke Seite umlagern, legt sich die Gallenblase manchmal genau vor den Ductus choledochus und den Pankreaskopf und ermöglicht so einen guten Zugang. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus St. Delorme, J. Debus: Duale Reihe - Sonographie (ISBN 978-313-136952-9) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2005 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. die Gallenblase selbst oft kaum noch erkennbar: Sie ist mit der Leber zu einer zusammenhängenden Masse verbacken. 270 C 2 Gallenblase und Gallenwege Eine starke Dilatation der intrahepatischen Gallengänge ist häufig prima vista zu diagnostizieren: Neben den Pfortaderästen findet sich noch ein weiterer Gang mit einem Durchmesser von mehreren Millimetern (Abb. C-2.9). Wie Zysten verursachen dilatierte Gänge eine dorsale Schallverstärkung und ein laterales Schattenzeichen, wenn sie quer geschnitten werden. Sonographische Lokalisation eines Gallenwegsverschlusses sonographisches Zeichen Lokalisation des Hindernisses intrahepatische Gallengänge erweitert, Vereinigung von rechtem und linkem Hepatikusast (Ductus hepaticus dexter bzw. sinister) nicht darstellbar (Non-union-Sign) Hepatikusgabel (Klatskin-)Tumor Steine in der Hepatikusgabel sind selten Gallenwegsdilatation nur in einem Leberlappen oder -segment linker oder rechter Hepatikusast, Segmentast Tumor Strikturen kommen bei Lebertransplantierten vor oder bei primär sklerosierender Cholangitis (z. B. bei Patienten mit Colitis ulcerosa) intrahepatische Gallengänge und Ductus hepaticus dilatiert, Gallenblase und Ductus choledochus nicht dilatiert kranial der oder auf Höhe der Einmündung des Ductus cysticus Tumor schmerzloser Ikterus Stein (evtl. Mirizzi-Syndrom) Schmerzen, Koliken. Evtl. Gallensteine nachweisbar, evtl. direkter Nachweis eines Steines im Infundibulum der Gallenblase intrahepatische Gallengänge, Ductus hepaticus und Ductus choledochus dilatiert Ductus choledochus, Papilla Vateri Tumor (Ductus choledochus, Pankreas, Papille) schmerzloser Ikterus, vergrößerte Gallenblase. Sonographischer Nachweis eines Tumors oder von Lymphknotenmetastasen Steine Koliken, Fieber, keine vergrößerte Gallenblase. Sonographischer Steinnachweis im Ductus choledochus, anamnestisch bereits früher ähnliche Ereignisse Papillenstriktur früher ähnliche Ereignisse (Ikterus, Koliken, Fieber), Gallensteine bekannt, vorausgegangene endoskopische Eingriffe (z. B. Steinextraktion per ERC) C-2.8 wahrscheinliche Ursache Schrägschnitt am rechten Rippenbogen (Nabel-Schulter-Linie) – „Doppelflinte“ Der gestaute Ductus hepaticus communis und die Pfortader sind gleich weit. Die Ursache war hier eine chronische Kopfpankreatitis; dorsal der Pfortader ist noch ein Anschnitt einer Pseudozyste erkennbar. C-2.9 Entscheidungshilfen und Differenzialdiagnosen Querschnitt im Epigastrium Intrahepatischer Aufstau. Pfortaderast und Gallengang sind gleich weit. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus St. Delorme, J. Debus: Duale Reihe - Sonographie (ISBN 978-313-136952-9) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2005 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. C-2.3 n Merke: Dorsale Schallverstärkung und laterales Schattenzeichen verursachen bei ausgeprägter Gallenwegsdilatation ein starkes „Schlagschattenmuster“, das für eine Beurteilung des Leberparenchyms außerordentlich störend ist. Lebertumoren oder Lebermetastasen werden dann leicht übersehen. C 2.2 Gallenwege n Merke: Zeichen der chronischen, steinbedingten Cholangitis ist die Charcot-Trias: rezidivierender Ikterus mit Schmerzen und Fieber. Größe der Gallenblase: Eine massiv vergrößerte, evtl. palpierbare Gallenblase (Courvoisier-Zeichen) entsteht durch eine langsam zunehmende Behinderung des Gallenabflusses und spricht – besonders, wenn keine Schmerzen bestehen – für einen Tumor des Ductus choledochus, der Papilla Vateri oder des Pankreaskopfes. Beim akuten Aufstau der Gallenwege durch einen eingeklemmten Stein ist die Gallenblase eher normal groß. Liegt das Abflusshindernis proximal der Einmündung des Ductus cysticus, ist die Gallenblase nie vergrößert. n Merke: Bei Verdacht auf eine mechanische Verlegung der Gallenwege ist neben der Sonographie eine CT obligat. Die CT oder MRT ist bei der Abklärung der mechanischen Gallenwegsobstruktion ein wichtiges Hilfsmittel. Ein klarer Vorteil der MRT ist dabei nicht erwiesen. Die endoskopische, retrograde Choledocho- (Pankreatiko-) graphie (ERC[P]) bietet eine ausgezeichnete Darstellung der Gallenwege. Seit dem verbreiteten Einsatz von CT oder MRT, mit denen ggf. ein Tumor direkt nachweisbar ist, gilt sie nicht mehr uneingeschränkt als Methode der vordersten Linie. Dennoch behält sie bei mehrdeutigen CT- oder MRT-Befunden, bei der Diagnostik der Cholangitis und der Choledocholithiasis sowie als interventionelles Verfahren (Platzierung eines Gallengangstents, Papillenschlitzung, Steinextraktion) einen festen Stellenwert. Die reaktive Schwellung des Gewebes nach Interventionen erschwert die Diagnostik mittels CT, daher sollte, wenn möglich, erst die CT, dann die ERCP durchgeführt werden. Die Darstellung der Gallengänge und des Ductus pancreaticus mittels MRT (MRCP) statt ERCP ist für den Patienten wesentlich weniger belastend, aber hinsichtlich der Bildqualität klar unterlegen. Ihr Einsatz hängt vielfach von örtlichen Gepflogenheiten ab. 2.2.2 Choledocholithiasis und intrahepatische Konkremente Steine im Ductus choledochus gelangen meist aus der Gallenblase dorthin; seltener sind sie intrahepatisch entstanden. Da sie zum Verschlussikterus (s. o.) und zur Cholangitis führen können, sind sie im Rahmen einer Cholezystektomie zu entfernen. Klassisches Verfahren zum Nachweis ist die intraoperative Kontrastmitteluntersuchung und Austastung des Ductus choledochus mit Revision desselben bei Nachweis von Steinen. Bei präoperativem Nachweis von Steinen im Ductus choledochus erübrigt sich ggf. die Röntgenuntersuchung. Aber auch bei fehlendem Steinnachweis muss bei Patienten mit Gallenkoliken, Cholangitis, einem Ikterus oder einer Pankreatitis in der Anamnese, mit dilatierten intra- oder extrahepatischen Gallengängen oder mit sehr kleinen Gallenblasensteinen (die leicht einmal auch ohne Kolik passieren können) von einem erhöhten Risiko einer Choledocholithiasis ausgegangen werden. Die Anforderungen an die Sonographie, ggf. Steine nachzuweisen, sind hoch, da die meisten Cholezystektomien auf laparoskopischem Wege erfolgen und eine Choledochusdarstellung und -revision hier nicht möglich sind. Für die Darstellung des Ductus hepatocholedochus in seinem gesamten Verlauf von der Leberpforte abwärts empfiehlt es sich, den Patienten auf die linke Seite zu lagern und den Schallkopf in der rechten Medioklavikularlinie längs aufzusetzen. Bei dieser Lagerung verläuft der Gallengang oft annähernd senkrecht und gerade. Sein intrapankreatischer Verlauf kann zusätzlich von ventral her aufgesucht werden. Steine im Ductus choledochus zeigen sich als helle Reflexe im Lumen des Gallenganges mit Schallschatten (Abb. C-2.10, S. 272). Eine Sonderform der Choledochlithiasis ist das Mirizzi-Syndrom. Hierbei handelt es sich um einen im Ductus cysticus eingeklemmten Gallenblasenstein (Koliken!) mit entzündlicher Schwellung an der Einmündung und folgendem Aufstau der Galle vom Ductus hepaticus communis aufwärts. Sonographisch ist der Ductus hepaticus communis samt der intrahepatischen Gallengänge erweitert, der distale Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus St. Delorme, J. Debus: Duale Reihe - Sonographie (ISBN 978-313-136952-9) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2005 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Um eine geringgradige Dilatation der intrahepatischen Gallenwege zu erkennen, müssen die Pfortaderäste in der Leber gezielt aufgesucht werden. Normalerweise ist hier neben dem Pfortaderast nur die begleitende Arterie erkennbar, der Gallengang allenfalls andeutungsweise. Eine Erweiterung des Gallengangs auf 2 mm oder mehr kann bereits pathologisch sein. Die wichtigste Frage bei einem Aufstau der Gallenwege mit Verschlussikterus ist, ob dieser durch einen Tumor oder durch ein eingeklemmtes Konkrement verursacht ist. Folgende Merkmale sind zur Unterscheidung hilfreich: Direkter Stein- oder Tumornachweis: Gelingt es, ein Gallenwegskonkrement oder einen Tumor im Bereich der Gallenwege direkt darzustellen, ist die Frage beantwortet. Dies ist aber nicht immer möglich. Schmerzen: Ein tumorbedingter Verschlussikterus ist in aller Regel schmerzlos. Der Patient bemerkt den Sklerenikterus morgens im Spiegel oder wird von seinen Angehörigen darauf angesprochen. Patienten mit einem eingeklemmten Choledochuskonkrement haben oft kolikartige oder anhaltende Schmerzen im rechten Oberbauch. Eine Kolik kann auch vor Auftreten des Ikterus stattgefunden haben, bedingt durch die Passage eines Gallenblasensteins, der dann im Gallengang steckengeblieben ist und den Ikterus verusacht hat. Eine Pankreatitis mit entsprechender Symptomatik und typischen Laborbefunden kann durch einen präpapillären Stein bedingt, kann aber auch infolge der Schwellung des Gewebes die eigentliche Ursache der Choledochusobstruktion sein – oder eine Begleiterscheinung eines Pankreastumors. Die Bestimmung der Pankreasenzyme ist also nicht immer hilfreich. Fieber: Bei längerer oder chronisch rezidivierender Steineinklemmung kann es zur Cholangitis mit Fieber kommen. Bei einem Tumor ist die Körpertemperatur typischerweise normal. 271 272 C-2.10 C 2 Gallenblase und Gallenwege Pfortader-paralleler Schnitt am rechten Rippenbogen. Konkremente im rechten Hepatikusast Die ischämische Cholangitis ist ein Krankheitsbild, das vor allem bei Lebertransplantierten zu erheblichen Problemen führen kann. Die Blutversorgung der Gallengänge erfolgt ausschließlich arteriell. Bei einer Stenose oder einem Verschluss der Anastomose von Spender- und Empfängerarterie bilden sich an den intrahepatischen Gallengängen Veränderungen aus, die denen der PSC ähnlich sehen. Nicht selten sind die Gallengänge infolge des gestörten Abflusses mit eingedickter Galle oder Konkrementen gefüllt. Manchmal lassen sich die Stenosen endoskopisch oder interventionell dilatieren bzw. drainieren. Nicht selten ist eine operative Revision oder gar eine Retransplantation erforderlich. Ventral der Pfortader erkennt man die hellen Reflexe, teils mit Schallschatten. Der Gang ist vollständig ausgefüllt, sodass ein Lumen nicht mehr erkennbar ist. Ductus choledochus ist wie die Gallenblase nicht erweitert. Nicht immer gelingt der Nachweis eines Konkrements in der Nähe des Ductus hepaticus communis. Intrahepatische Gallenwegskonkremente sind selten und meist Folge eines gestörten Gallenabflusses, z. B. auf dem Boden einer primär sklerosierenden Cholangitis (sporadisch oder als Begleiterkrankung einer Colitis ulcerosa) oder einer ischämischen Cholangitis bei Lebertransplantierten (vgl. Exkurs Cholangitis). Es finden sich helle Reflexe mit Schallschatten in den intrahepatischen Gallengängen. Wenn diese nicht dilatiert sind (selten!), ist die intraluminale Lage der Konkremente nicht zu belegen, wohl aber ihre Nachbarschaft zu den Pfortaderästen. Die Unterscheidung von einer Aerobilie (s. S. 273) kann allerdings schwierig sein. n Exkurs Cholangitis Die häufigste Form ist die bakterielle aszendierende Cholangitis, die im Verlauf einer Sepsis, häufiger aber bei Cholestase – bei Cholangiolithiasis oder nach operativen Eingriffen an den Gallengängen (z. B. biliodigestive Anastomosen) – durch Keimaszension aus dem Darm entstehen kann. Sie kann akut mit Schmerzen, Ikterus und septischem Krankheitsbild oder chronisch – CharcotTrias: intermittierende Schmerzen, Ikterus und Fieber – verlaufen. Die Therapie erfolgt mit Antibiotika, evtl. mit chirurgischer oder interventioneller Drainage. Die primäre biliäre Zirrhose (PBC) und die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) sind abakterielle, chronische Entzündungen der Gallengänge bislang unklarer Ätiologie. Für die PSC wird eine Häufung bei Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen berichtet (bis zu 80 % der Patienten mit PSC haben eine Colitis ulcerosa), doch liegt bei diesen Patienten meistens eher eine Pericholangitis, also eine Entzündung des Glisson-Bindegewebes, vor. Bei der PSC zeigen die Gallengänge einen Wechsel von segmentalen Strikturen und Erweiterungen, die sich wiederholt durch den Endoskopiker mittels einer Gallengangssonde dilatieren lassen. Langfristig mündet diese Erkrankung wie die PBC im Leberversagen. Diese Patienten sind Transplantationskandidaten. Bei der PSC wird über eine erhöhte Inzidenz von Cholangiokarzinomen berichtet (kumulativ bis zu 8 %). Gallenwegstumoren sind meistens bösartig und infiltrieren früh in die Umgebung oder wachsen intrakanalikulär in den Gallengängen vor. Benigne Gallengangspolypen (s. Abb. C-2.6b,c, S. 268) (meist Papillome) sind vergleichsweise selten. Beim Auftreten des ersten Symptoms, meist eines schmerzlosen Ikterus, ist eine Heilung in der Regel nicht mehr möglich, weil der Tumor selbst nicht mehr reseziert werden kann oder bereits Metastasen nachweisbar sind. Ein direkter sonographischer Nachweis auch größerer Tumoren dieser Region ist oft schwierig oder gelingt überhaupt nicht, weil diese sich kaum von der umgebenden Leber abheben (Abb. C-2.11). Oft beschreibt der Untersucher die Leberpfortenregion lediglich als „unübersichtlich“. Um so wichtiger ist es, zu erkennen, auf welcher Höhe die Obstruktion liegt. Cholangiokarzinome in der Hepatikusgabel (Klatskin-Tumoren) verursachen einen intrahepatischen Aufstau. Pathognomonisch ist, dass die erweiterten rechten und linken Gallengänge gut darstellbar sind, ihre Vereinigungsstelle aber nicht (Non-union-Sign, s. Abb. C-2.12b). Wird nur ein Hepatikusast verlegt, sieht man einen Aufstau in nur einem Leberlappen. n Merke: Ein Aufstau der Gallenwege nur eines Leberlappens oder ein bilateraler Aufstau mit Nonunion-Sign ist meist durch einen zentral gelegenen Tumor verursacht, auch wenn der direkte Tumornachweis nicht gelingt. Bei einem Tumor unterhalb der Hepatikusgabel ist die Vereinigung der erweiterten Hepatikusäste darstellbar (Abb. C-2.12a), die distalen Teile des Ductus choledochus sind unauffällig. Liegt der Tumor distal der Einmündung des Ductus cysticus, ist zusätzlich die Gallenblase vergrößert, wie beim Pankreaskopf-Karzinom. Kann man den dilatierten Ductus choledochus weit nach kaudal verfolgen, muss die Obstruktion auf Höhe des Pankreas oder der Papille liegen. Eine Verlegung der Gallenwege durch vergrößerte periportale Lymphknoten ist eine Komplikation bei Tumoren des Gastrointestinaltrakts oder bei malignen Lymphomen. Im Unterschied zu den primären Gallenwegstumoren sind diese Lymphknoten mit dem Ultraschall ohne besondere Schwierigkeiten darstellbar, als Pakete von gut voneinander abgrenzbaren, rundlichen oder ovalen Raumforderungen. Besonders bei malignen Lymphomen sind diese Tumoren Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus St. Delorme, J. Debus: Duale Reihe - Sonographie (ISBN 978-313-136952-9) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2005 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 2.2.3 Tumoren der Gallenwege C 2.2 Gallenwege C-2.11 273 Hochsitzende Gallengangskarzinome C-2.12 Unterscheidung zwischen Obstruktion in oder unterhalb der Hepatikusgabel a Schrägschnitt am rechten Rippenbogen. Gallengangsverlegung unterhalb der Hepatikusgabel durch ein Pankreaskarzinom: Linker und rechter Gallengang (Hepatikusast) sind erweitert, die Aufgabelung ist darstellbar. b Querschnitt im rechten Oberbauch. Gallengangsverlegung in Höhe der Hepatikusgabel durch einen Klatskin-Tumor (Pfeile). Der infiltrierend wachsende Tumor hebt sich von der Leber kaum ab; seine Ausdehnung ist nur anhand der abbrechenden Gallengänge zu erahnen. Die Vereinigung des linken Hepastikusasts mit dem rechten Ast ist nicht darstellbar (Non-union-Sign). c Die CT nach i. v. Kontrastmittelinfusion zeigt in analoger Weise die Dilatation der beiden Gallengänge (Hepatikusäste) und die fehlende Vereinigung von rechtem und linkem Hepatikusast in Höhe des kaum abgrenzbaren Tumors (Pfeile). sehr echoarm und heben sich damit gut von ihrer Umgebung ab (Abb. C-2.13). 2.2.4 Aerobilie Die Papilla Vateri hat eine Ventilfunktion, die das Eindringen von Duodenalinhalt in Gallen- und Pankreasgang verhindert. Eine Störung dieser Ventilfunktion mit Eindringen von Luft in die Gallenwege (Aerobilie) kann durch narbige Verziehung auftreten, z. B. nach Abgang eines großen Konkrements, oder iatrogen durch Papillenschlitzung oder instrumentelle Steinextraktion. Auch nach operativ angelegter biliodigestiver Anastomose (z. B. Choledochojejunostomie) kann Luft – seltener flüssiger oder fester Darminhalt – in die Gallengänge eindringen. Luft in den Gallenwegen ist für den Patienten in aller Regel harmlos. Darminhalt in Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus St. Delorme, J. Debus: Duale Reihe - Sonographie (ISBN 978-313-136952-9) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2005 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. a Karzinom in der Hepatikusgabel. Man erkennt die dilatierten Gallengänge, die an dem stiftförmig im Gallengang wachsenden Tumor (Pfeil) abbrechen, b Karzinom des Ductus hepaticus communis bei einem 45-jährigen Mann, der aus voller Gesundheit heraus morgens im Spiegel einen Sklerenikterus bemerkte. Der Tumor (Pfeile) ist unscharf begrenzt und nur mit einiger Mühe abzugrenzen. 274 Längsschnitt rechts paramedian Lymphknotenmetastase eines Magenkarzinoms in der Leberpforte. den Gallenwegen führt in seltenen Fälle zu einer aszendierenden Cholangitis. Diese Patienten sind oft schwer krank und bei chronischem Verlauf kachektisch. Sonographisch erkennt man, wie bei intrahepatischen Konkrementen, helle, echostarke Reflexe in Nachbarschaft der Pfortaderäste (Abb. C-2.14). Wenn man aber durch Drehen des Schallkopfes die Pfortaderäste und Gallengänge im Ver- C-2.14 lauf einstellt, sieht man oft, dass die Luftbläschen im Gegensatz zu Konkrementen fein säuberlich wie Perlen auf der Schnur aufgereiht sind oder zu einer durchgehenden, hellen Linie konfluieren. Oft liegen diese Luftansammlungen in den oberen Gallengängen, beim liegenden Patienten also bauchdeckennah. Sehr charakteristisch für Lufteinschlüsse ist auch der Kometenschweif (s. S. 38). n Merke: Eine Aerobilie kann – selten – durch gasbildende Erreger im Rahmen einer Cholangitis hervorgerufen werden (Fieber? Schmerzen? Ikterus?). Luftbläschen in den Gallenwegen müssen abgegrenzt werden von Luftbläschen in den Pfortaderästen bei einer septischen Pfortaderthrombose (z. B. nach perforierter Appendizitis). Von der Aerobilie ist die so genannte Cholesteatose der Gallengänge zu unterscheiden, eine harmlose Einlagerung von Cholesterinkristallen in den peripheren Gallengängen. Wie Luftbläschen verursachen auch sie helle Reflexe, Schallschatten und – da sie ebenfalls zu Schwingungen angeregt werden – in Einzelfällen Kometenschweifartefakte. Im Unterschied zu Luft konfluieren die Reflexe nicht und sind nicht schwerkraftabhängig. Zur Unterscheidung eignet sich im Zweifelsfall die CT in Nativtechnik. Aerobilie a Minimale Aerobilie unbekannter Ursache bei einem asymptomatischen Patienten. Man erkennt vereinzelte, punktförmige, helle Reflexe in Nachbarschaft der Pfortaderäste, die bei Umlagerung des Patienten wandern. Der Kometenschweif (der „helle Schallschatten“) weist darauf hin, dass es sich tatsächlich um Luft handelt und nicht um Konkremente. b Ausgeprägte Aerobilie nach Whipple-Operation. Die größeren Gallengänge des linken Leberlappens sind fast vollständig mit Luft ausgefüllt; das Gallengangssystem ist hell und wirkt wie die Äste eines Baumes. c Zentrale Aerobilie nach Whipple-Operation. Der Ductus hepaticus communis ist luftgefüllt. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus St. Delorme, J. Debus: Duale Reihe - Sonographie (ISBN 978-313-136952-9) © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart 2005 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. C-2.13 C 2 Gallenblase und Gallenwege