Öffentliche Bauten Crystal Hall Baku, Baku, Aserbaidschan Architektur: gmp – Architekten von Gerkan, Marg und Partner, Berlin Tragwerk: SSF Ingenieure, München sbp gmbh – schlaich bergermann und partner, Stuttgart Bauherr: State Commitee on Property Issues, Baku, Aserbaidschan Der Eurovision Song Contest fand im Mai 2012 in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku statt. Hierfür wurde in nur acht Monaten Planungs- und Bauzeit auf der zentrumsnahen Halbinsel in der Bucht von Baku ein in seiner kristallinen Struktur signifikantes Gebäude realisiert. Da der Eurovision Song Contest im Jahresturnus je nach Gewinner des Vorjahres in einem anderen Land stattfindet und somit maximal zwölf Monate für Planung, Marketing © Marcus Bredt » Mittels LED-Leuchten kann die Außenhülle durch wechselnde Farbsequenzen zum Leben erweckt werden. und Durchführung des Events zur Verfügung stehen, stellt der Neubau des Veranstaltungsorts „Crystal Hall“ eine besondere Bauaufgabe dar. Zunächst sollte lediglich ein temporäres Bauwerk für die einmalige Veranstaltung entstehen. Diese ursprüngliche Vorgabe wurde während des Planungsprozesses jedoch auf eine längerfristige Nutzung ausgeweitet, sodass das Planungskonsortium die Crystal Hall als eine multifunktionale Indoor-Arena konzipierte. Durch den Rückbau des Innendachs ließe sie sich aber auch in ein Fußballstadion verwandeln. Selbst die völlige Demontage und ein Wiederaufbau als Stadion an einem anderen Standort könnten umgesetzt werden. Modulare Konstruktion, schnelle Montage Die Bauaufgabe, in extrem kurzer Zeit ein Gebäude dieser Größe zu realisieren, spiegelt sich in Konstruktion und Materialwahl wider. Anstelle der sonst üblichen Mischbauweise wurde ein reiner Stahlbau gewählt. Das Gebäude basiert auf einer modularen additiven Struktur, die sich aus äußerer Fassade, Stadionkonfiguration und einem eingestellten Innendach zusammensetzt. Die drei wesentlichen Bauteile – Fassade, modulare Arena und Innendach – konnten auf diese Weise nicht nur parallel geplant, sondern auch unabhängig voneinander produziert und montiert werden. Winkelförmige Stahlfachwerkträger bilden die tragende Konstruktion der „Schüssel“ mit dem Tribünendach und ihrer umlaufenden thermischen Fassade. Das den gesamten Innenraum überdeckende eingestellte Dach lagert auf einer von der „Schüssel“ unabhängigen Konstruktion. Sie besteht aus vier Hauptträgern, die als dreidimensionale Fachwerkträger auf acht Stützen aufliegen, sowie der Unterkonstruktion des eigentlichen Dachs mit dessen integrierten Entrauchungsklappen. Wiederum von einer eigenen Stahlkonstruktion gehalten, legt sich die Außenfassade als Schale um das eigentliche Bauwerk: Die 36 Fassadensegmente bestehen jeweils aus zwei transluzenten und drei opaken Paneelen aus reflektierendem, im Sonnenlicht silbern glänzendem PVCPES-Gewebe und aus kieselgrauem, PVC-beschichtetem a b 40 Preis des Deutschen Stahlbaues 2014 c d © Marcus Bredt » Das Theater im Zentrum des neu angelegten Kulturparks ist auch Bühne für zahlreiche Flaneure im Freien. Polyestergewebe mit einer Gesamtfläche von rund 20.000 Quadratmetern. Wegen der Geometrie der bis zu 280 Quadratmeter großen Membranflächen mit teilweise sehr spitzen Winkeln, vor allem aber wegen der hohen Windkräfte von bis zu 55 Metern/Sekunde wurden in regelmäßigen Abständen Pfetten angeordnet, auf denen die Membran mittels spezieller Klemmleisten befestigt wurde. Organisation des Innenraums Das „Herz“ der Crystal Hall ist die modulare Arena mit einer umlaufenden Tribünenanlage für rund 12.000 Zuschauer und den auf drei Hauptebenen und dem Mezzaningeschoss an der westlichen Stirnseite aufgeteilten Nutz- und Technikräumen. Im Erdgeschoss befinden sich die öffentlichen Umgangsbereiche mit den Fan-Einrichtungen sowie VIP-Foyer und Backstage-Bereiche. Über das VIP-Foyer auf der Westseite erreichen die Gäste die Hospitality-Bereiche e f des ersten Obergeschosses, während auf den anderen Gebäudeseiten von Ebene +1 und im westlichen Mezzaningeschoss die Haustechnik untergebracht ist. Ebene +2 ist den 22 Skyboxen und den Kommentatoren-Plätzen vorbehalten. Mit ihrer charakteristischen kristallinen Struktur und mit ihren illuminierbaren und durchsichtigen Membranflächen prägt die Fassade das Erscheinungsbild des Bauwerks und spiegelt den Wunsch der aserbaidschanischen Auftraggeber wider, eine weithin sichtbare und auch medial wirksame Landmarke zu schaffen. » Piktogramm zum Aufbau der Konstruktion: aInnenraum, modulare Arena bInneres Stahltragwerk Dach cDach über den Tribünen dInnenraumverkleidung Dach mit Rauchabzugsöffnungen eUnterkonstruktion Tribünen und Fassade fWärmeschutzfassade gStahlkonstruktion äußere Fassade hÄußere Membranfassade g h bauforumstahl 41