Laser-Community | Das Laser Magazin von Trumpf © Foto | Gernot Walter BEHERRSCHTES LICHT Photonic Crystal Fibers versprechen Großes: Sie leiten weit mehr Energie als heutige Fasern und hat das Potenzial, sogar das Licht industrieller CO2 -Laser zu führen. Der Trick: Das Licht bewegt sich statt im Glas zwischen Glas. 02-04-2012 Mehr zum Thema Weitere Informationen zur Forschung von Prof. Philip Russell können Sie auf der Homepage des Photonische Kristallfasern — meist englisch Photonic Crystal Fibers oder PCF genannt – sind ein neuer Typ von mikro- oder nanostrukturierten Lichtwellenleitern. Sie bestehen aus einem Glasfaden mit einem periodischen Gitter aus winzigen Hohlkanälen, die in seiner Längsrichtung verlaufen. Diese Kanäle dienen als starke Streustellen, die es ermöglichen, Licht innerhalb eines hohlen oder massiven zentralen Kerns einzufangen. Max Planck Instituts in Erlangen Besonders interessant sind die Photonic Crystal fibers mit Hohlkern. Sie lösen ein altes Problem in der optischen Physik: Wie kann man die Brennweite einer Linse erhöhen, ohne den Durchmesser des Brennpunkts zu vergrößern? Um dies zu erreichen, muss man eine fundamentale Eigenschaft des leeren Raums überwinden, die Diffraktion (oder Beugung) eines sich ausbreitenden Lichtstrahls. Den Anstoß für PCF gab 2003 abrufen. Einen Fachbeitrag zum Thema finden Sie hier auf Optics & Photonics News. Russells detailierter Artikel in Science. Lesen Sie hier (kostenpflichtig). Eine Glaskapillare ist nicht in der Lage, Licht einzuschließen, da es bei optischen Frequenzen kein Glas gibt, das einen Brechungsindex von weniger als eins hat – dies aber wäre die Voraussetzung für ein Confinement durch die völlige interne Reflexion in einem Hohlkern. Hier eröffnen Photonic Crystal Fibers mit Hohlkern, die durch den Effekt der photonischen Bandlücke leiten, zum ersten Mal eine praktikable Lösung. Artikel online: http://www.laser-community.com/de/beherrschtes-licht/ Seite 1 / 4 Laser-Community | Das Laser Magazin von Trumpf BEMERKENSWERTE PERFEKTION Je nach Bedingungen erreichen sie einen Verlust von einem Dezibel pro Kilometer bei 1 550 Nanometer Wellenlänge. Nach einer Ausbreitung von drei Kilometern ist nur die Hälfte des Lichts verloren. In einem ein Kilometer langen Stück einer solchen Faser wird das Licht von den Spiegeln erstaunliche drei Millionen Mal zurückgeworfen, bevor es das Ende erreicht. Wenn wir bedenken, dass der Mantel des Kerns eine gekrümmte Fläche hat und dass bei jedem Rückprall ein neuer Spiegel verwendet wird, ist klar, dass solche auf der photonischen Bandlücke aufgebauten Spiegel von bemerkenswerter Perfektion sind. Das Faszinierende ist, dass die Nutzung des Bandlückeneffekts die Möglichkeit eröffnet, über Kilometer hinweg ein perfekt kontrolliertes MonomodeIntensitätsprofil in Querrichtung und eine mehr als 99-prozentige Überlappung von Licht und einem gasförmigen oder flüssigen Kernfüllmaterial mit einem niedrigen Brechungsindex aufrechtzuerhalten. Schnittbild einer photonischen Kristallfaser: Deutlich sichtbar ist die Struktur aus winzigen, parallel laufenden Hohlfasern. Die Fähigkeit, Licht in einem leeren Kern zu leiten, wobei weniger als ein Prozent des Lichts im Glas selbst wandert, bedeutet auch, dass künftig mit photonischen Kristallfasern sehr viel mehr Energie übertragen werden kann als mit „normalen“ Lichtwellenleitern. Das macht sie unter anderem für Applikationen in der Materialbearbeitung hochinteressant. ULTRANIEDRIGER VERLUST Darüber hinaus bedeutet die geringe Licht-Glas-Überlappung, dass größere Materialverluste, beispielsweise bei einer Wellenlänge von zehn Mikrometern toleriert werden können. Bei einem entsprechenden Investitionsaufwand ist es durchaus wahrscheinlich, dass es einem hochkarätigen Forschungs- und Entwicklungsteam gelingt, für diese wichtige Wellenlänge unter Verwendung von Infrarotgläsern hochleistungsfähige Hohlkern-PCFs mit ultraniedrigem Verlust zu entwickeln. Eine Herausforderung in den Bereichen der Mikrofluidik und der optischen Pinzetten besteht darin, die optimale Kontrolle der viskosen Kräfte und der Strahlungskräfte zu erreichen, die auf ein einzelnes Partikel oder eine einzelne Zelle wirken, und gleichzeitig die optischen und chemischen Eigenschaften in einer Fluidumgebung zu überwachen. Innerhalb des Hohlkerns einer Photonischen Kristallfaser, die Laserlicht leitet, kann ein dielektrisches Partikel lateral im hellen Zentrum der geführten Mode eingefangen werden, während es entlang der Faserachse einer konstanten Vortriebskraft ausgesetzt ist. Genaue Studien der Widerstandskräfte in einem Artikel online: http://www.laser-community.com/de/beherrschtes-licht/ Seite 2 / 4 Laser-Community | Das Laser Magazin von Trumpf engen, fluidgefüllten Mikrokanal werden möglich, da das Partikel im Zentrum der einen geführten optischen Mode fixiert ist, was in ausgezeichnet reproduzierbaren Strahlungsdrücken resultiert. Das Video zeigt einen Vortrag von Prof. Philip Russell auf einem Symposium an der University of California in Berkeley zum Thema Photonic Crystal Fibers. Flüssigkeitsgefüllte Photonic Crystal Fibers mit Hohlkern könnten als flexible optofluidische Kopplungen für den Transport von Partikeln oder Zellen von einem mikrofluidischen Kreis in einen anderen eingesetzt werden. In der biomedizinischen Forschung könnten winzige Mengen von Chemikalien (die eventuell durch den transparenten Fasermantel fotoaktiviert werden) in eine Zelle gebracht werden, die ortsfest gegen einen fluidischen Gegenstrom gehalten wird, wodurch die Wirksamkeit von Arzneimitteln auf der Ebene einzelner Zellen untersucht werden könnte. NEUE LASERFREQUENZEN Da Krebszellen einen anderen Brechungsindex haben als gesunde Zellen, ist es vielleicht möglich, sie anhand ihrer unterschiedlichen Geschwindigkeiten bei der Bewegung durch die Flüssigkeit zu unterscheiden. Nichtlineare Wechselwirkungen zwischen Licht und Materie nehmen mit steigender Intensität des Lichts zu, was zu zahlreichen faszinierenden Phänomenen führt, etwa der Erzeugung neuer Laserfrequenzen. Gasgefüllte Hohlkern-PCFs sind ideal für die Untersuchung derartiger nichtlinearer Wechselwirkungen in Gasen. Die sehr geringe optische Attenuation ermöglicht nahezu unbegrenzte Weglängen und die monomodale Führung erhält eine konstante Gas-Licht-Überlappung aufrecht. Ein Beispiel ist die rückwärtsstimulierte Raman-Streuung in Wasserstoffgas. Moleküle sind bei Umgebungstemperatur in einem konstanten Zustand zufälliger Bewegung. Geht ein Laserpumpstrahl durch sie hindurch, agieren sie als nanoskalige Phasenmodulatoren, wobei durch Frequenzmodulation optische Seitenbänder generiert werden. Oberhalb eines bestimmten Schwellenwerts der Pumpleistung erfolgt mit sehr hoher Effizienz eine Konversion in das eine niedrigere Frequenz aufweisende Stokes-Seitenband. Dieser Effekt wird als stimulierte Raman-Streuung (SRS) bezeichnet und häufig zur Konversion der Wellenlänge von Laserlicht genutzt. In jüngsten Studien haben wir Einschwingvorgänge bei der Rückwärts-SRS über längere Wechselwirkungsstrecken untersucht. Bei unserem Experiment wurden Pumppulse in eine mit Wasserstoff gefüllte PCF eingekoppelt, während ein schwacher StokesPuls vom anderen Ende eingekoppelt wurde. WECHSELWIRKUNG VON LICHT UND MATERIE Beim Durchgang durch den gegenläufigen Pumppuls wird der rückwärtsgerichtete Stokes-Puls kontinuierlich stärker und erreicht einen Spitzenwert, der weit über der Pumpleistung liegt. Gleichzeitig versteilt sich sein Profil und seine zeitliche Dauer sinkt weit unter die Phasenabklingzeit der molekularen Schwingungen. Photonic Crystal Fibers sind eine neue Generation von flexiblen Lichtwellenleitern, die einzigartige Möglichkeiten zur Verbesserung der Wechselwirkung von Licht und Materie bieten und sich in vielen Bereichen einsetzen lassen, darunter biomedizinische, chemische und ökologische Sensorik, gasbasierte nichtlineare Optik, Erzeugung von Breitband-Weißlicht-Superkontinua und Artikel online: http://www.laser-community.com/de/beherrschtes-licht/ Seite 3 / 4 Laser-Community | Das Laser Magazin von Trumpf Hochleistungslaserlichtabgabe. Prof. Philip Russel Prof. Philip Russell entwickelte in den 90er-Jahren die Idee und das Herstellungsverfahren für photonische Kristallfasern. Gegenwärtig ist er Direktor am Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts in Erlangen. E-Mail an den Autor: [email protected] Dieser Artikel erschien erstmals im Sommer 2010. Artikel online: http://www.laser-community.com/de/beherrschtes-licht/ Seite 4 / 4