Der Anschein - Gasser Fassadentechnik AG

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Der Anschein
Infrastrukturbauten sind oft unsichtbar. Wenn sie der Versor-
einen passenden Anschein geben müssen. Die Resultate kön-
gung der Allgemeinheit dienen, versteckt man sie gerne unter
nen verblüffen.
der Erde. Doch es gibt Schnittstellen, an denen aus Infrastruktur
Redaktion: Manuel Pestalozzi | Fotos: zvg.
Architektur werden kann. Es sind für Gestaltungsfachleute eher
seltene Aufgaben, welche komplexen Prozessen und Abläufen
30 | Architektur | Schachtkopf-Betriebsgebäude, Zürich a+t 9|11
Der Querschnitt des Schachts ist durch die
gerundete Fassade erahnbar. Von der
Klarheit des berühmten Idealentwurfs für
das «Haus des Schleusenwärters» von
Claude-Nicolas Ledoux ist das SchachtkopfBetriebsgebäude aber weit entfernt: Die
«Action» wickelt sich im Untergrund ab.
Das Gebäude entstand im Zusammenhang mit
dem Ausbau der Wasserversorgung Zürich
und der Realisierung des Trinkwasserstollens Uetliberg. Kilometerlang wurde der Stollen dem Erdreich abgerungen, um die Verbindung zwischen dem Reservoir Lyren und dem
Wasserwerk Moos zu erstellen. Die Erschlies­
sung erfolgt auf der Seite Moos durch dieses
Schachtkopf- und Betriebsgebäude – den einzigen überirdisch wahrnehmbaren Anlagenteil
des Projektes.
Schacht als Fundament
Nach einer vergleichsweise ungewöhnlich langen Zeit für die Vorbereitungsarbeiten konnte
im Oktober 2009, über dem teilweise als Fundament dienenden, 80 Meter tiefen Schacht, die
Realisierung des Gebäudes in Angriff genommen werden; im Juli 2010 sind die Räumlichkeiten den beiden Nutzergruppen übergeben
worden.
Auf einer Grundfläche von 260 m2 sind im
Schachtkopf- und Betriebsgebäude alle notwendigen Nutzungen angeordnet, die den
Zugang in den Stollen für dessen Installation, Betrieb und Unterhalt ermöglichen. Die
Halle mit einer durchschnittlichen Höhe von
5,2 Metern kann von Lastwagen befahren werden, sodass schwere Güter bis maximal fünf
Tonnen mit dem Hallenkran direkt ab der Ladebrücke durch den Montageschacht in die circa
80 Meter tiefer liegende Kaverne gebracht werden können.
Die räumlichen Verhältnisse auf dem Areal
Moos und die zweckmässige, gemeinsame Nutzung von haustechnischen Anlagen, Erschlies­
sungs- und Entsorgungsleitungen, führten zur
­Projekterweiterung des Schachtkopf-Betriebsgebäudes mit den Räumlichkeiten für einen
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Schachtkopf-Betriebsgebäude, Zürich | Architektur | 31
Die Gasser Fassadentechnik AG hat für das
Objekt die Planung des Fassadensystems
mit der Trachyt-Verkleidung (Unterkonstruktion/Detaillösungen und Mitentwicklung
­Fas­sadenkonzept) erstellt sowie das Fassaden­system (Unterkonstruktion) geliefert.
bestehenden Bebauung ein und schliesst die
Anlage in der südöstlichen Ecke gegen Süden
ab. Als zweigeschossiger Baukörper tritt es –
bezogen auf die angrenzenden Volumen – deutlich in Erscheinung.
Der das Dach durchstossende Zylinder signalisiert den 80 m tiefen Schacht als Zugang zum
Trinkwasserstollen. Spangenartig umfassen die
grösstenteils geschlossenen, mit Trachyt belegten Aussenwände den in rohem Beton gehaltenen Zylinder und setzen in ihrem Ausdruck
den Neubau in Beziehung zur inventarisierten
Bausubstanz. Der östliche Schenkel der Spange
durchbricht die rechtwinklige Ordnung auf dem
Areal und visualisiert die aus dem Untergrund
resultierende Richtung des Stollens. Als Analogie zum Bestand und als optische Verankerung im Gelände ruht der Kubus auf einem
rauen Sockel aus Maggia-Granit. Die Nordfassade wurde als Aluminiumkonstruktion bewusst
anders materialisiert und in den Gebäudekubus zurückversetzt, sodass ein gedeckter Vorbereich für alle Übergänge zwischen Aussenund Innenräumen entstanden ist.
Die massive Betonstruktur tritt in den Räumen dominant in Erscheinung; die Oberflächen von Wänden und Decken sind roh belassen oder farblos hydrophobiert. Die Raumteiler
ohne tragende Funktion sind farblos hydrophobierte Kalksandstein-Wände.
Als Bodenbeläge sind zweckmässige und
unterhaltsarme Materialien eingesetzt worden:
Hartbeton in der Halle und der Werkstatt, frostbeständiger Hartbeton im Unterstand, Gummigranulat geschliffen und versiegelt in den
Netzdienststützpunkt. Der dreiteilige Trakt –
Personalräumen. Als Kontrast zu den bewusst
Fahrzeugunterstand mit Aussenlager, Werkstatt
rohbelassenen und dadurch erlebbaren Materi-
und die zweigeschossig organisierten Personal-
alien an den Fassaden und in den Innenräumen
räume – schliesst nahtlos an das Schachtkopf-
setzen die technischen Anlagen und Einbau-
und Betriebsgebäude an und bildet mit diesem
ten sowie die Möblierung farbliche Akzente. n
eine volumetrische Einheit.
Gestaltungsprämissen
Bauherrschaft: Stadt Zürich, Wasserversor-
Das Seewasserwerk Moos entstand in den Jah-
gung
ren 1910–1913 und besteht aus geometrisch
Architektur: Winzer Partner Industriearchitek-
angeordneten Gebäuden, die in ihren Dimen-
ten AG, Zürich
sionen als eingeschossige, fast geschlossene,
Fassadenbauer: Rolf Schlagenhauf AG,
flache Körper sehr ungewöhnlich sind. Sämtli-
Malen Umbauen Fassaden, Meilen/ZH
che Gebäude der Anlage sind schutzwürdig. Das
Fassadenplaner und Systemlieferant:
neue Gebäude gliedert sich in die Geometrie der
Gasser Fassadentechnik AG, St. Gallen
32 | Architektur | Schachtkopf-Betriebsgebäude, Zürich a+t 9|11
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