5 Escherichia coli und der Bakteriophage Lambda: Gene und Gen-Expression 1. Infektionszyklus 2. Infektionszyklus Rekombination ? 0 0 Abb. 5.16 Transduktion. 1. Infektionszyklus: Eine Bakterienkultur wird mit transduzierenden Phagen (etwa mit dem Phagen P1) infiziert. Whrend der Infektion kommt es zur Zerstckelung des Bakterienchromosoms und – natrlich – zur Vermehrung der PhagenDNA. Im weiteren Verlauf der Infektion werden die Strukturproteine der Phagenhllen gebildet, die die vorhandenen DNA-Molekle einschließen. Auch Bruchstcke des Bakterienchromosoms werden in die Phagenhlle gepackt, u. a. das Bruchstck, das den genetischen Marker X enthlt. 2. Infektionszyklus: Bakterien mit der Mutation 0 werden infiziert. In den meisten Zellen der Kultur luft ein gewhnlicher Infektionszyklus ab. Ein Teil der Zellen wird jedoch durch Partikel infiziert, die statt des Phagengenoms Bruchstcke des Bakterienchromosoms enthalten. So wird in einigen Fllen auch das Fragment mit dem Marker X bertragen. Findet man unter den berlebenden Zellen Rekombinanten vom Typ X0, dann kann man schließen, dass die Mutation X sich an einer anderen Stelle auf dem Bakteriengenom befindet als die Mutation 0. Hufig wird die Cotransduktion als Maß fr die rumliche Nhe von genetischen Markern bestimmt. Dabei wird die Frage gestellt, wie oft zwei genetische Marker gemeinsam auf einem Chromosomenfragment in einer Population transduzierender Phagenpartikel angetroffen werden. Je hufiger ein solches Zusammentreffen zweier Marker auf einem Chromosomen-Bruchstck ist, desto nher benachbart mssen beide Marker auf dem Bakterienchromosom liegen. Der Nachteil wurde schon frh erkannt und durch das Verfahren der Transduktion teilweise ausgeglichen (Abb. 5.16). Einige Bakteriophagen, z. B. P 22 bei Salmonella typhimurium oder P1 bei E. coli, bertragen genetisches Material der Wirtszelle von einer Bakterienzelle in eine andere („allgemeine“ Transduktion; N. Zinder und J. Lederberg, 1952). Wenn sich diese Phagen in einer Bakterienzelle vermehren, packen sie nicht nur, wie bei einem normalen Infektionszyklus, virale DNA, sondern gelegentlich auch ein Stck des Wirtszell-Genoms in die Virushlle ein. Die Lnge des eingepackten Stcks Bakterien-DNA entspricht der Lnge des Virusgenoms. Bei P1 sind das ungefhr 90 103 Basenpaare. Wenn ein Phagenpartikel mit einem Stck Wirtszell-DNA eine andere Zelle infiziert, wird dort dieses DNA-Stck aus der frheren Wirtszelle freigesetzt und kann nun dort mit dem Chromosom rekombinieren (Abb. 5.16). Trotz aller offensichtlichen Einschrnkungen haben Konjugation und Transduktion wesentliche Informationen ber die Organisation des E. coli-Genoms geliefert, lange vor Abschluss des E. coli-Genomprojektes. Die Bestimmung der Gesamtsequenz der mehr als 4,6 Millionen bp hat im Wesentlichen die biologische Gen-Karte besttigt, aber zugleich viele zustzliche Informationen geliefert, insbesondere ber die vielen Gene, von deren Existenz man vor Abschluss des Sequenzierprojektes nichts ahnte. Aber viel wichtiger ist, dass sich inzwischen die Praxis der molekularen Genetik grundlegend gendert hat. Forscher knnen sich jedes Gen und jeden beliebigen Abschnitt des E. coli-Genoms auf den Monitor ihres Computers holen und mit Hilfe und unter Bercksichtigung der Sequenzinformationen ihre Experimente planen. Grundlagen bakterieller Gen-Regulation Nur ein Teil der Gene des E. coli-Genoms ist stndig aktiv, auch in Bakterien, die sich gut und schnell vermehren. Viele Gene sind verschlossen und werden erst bei Bedarf angeschaltet, etwa wenn sich die Umweltbedingungen oder die Angebote an Nhrstoffen ndern. In der Fachsprache ausgedrckt: Ein Teil der Gene wird konstitutiv exprimiert, andere Teile unterliegen der Regulation. Eine wichtige Erkenntnis der Forschungsgeschichte – nicht nur von E. coli, sondern von allen anderen Organismen – besagt, dass jedes Gen auf seine eigene Art reguliert wird. Im Laufe der Evolution hat sich mit dem Gen der passende Mechanismus seiner Regulation entwickelt. Trotz der verwirrenden Vielfalt erkennt man einige verbreitete Prinzipien, die wir im Folgenden, aber auch in spteren Kapiteln (Kap.12, Kap.13 u. a.) an Beispielen vorstellen. Regulons: Gen-Gruppen unter gemeinsamer Kontrolle Als Reaktion auf Vernderungen in der Umwelt werden manchmal viele E. coli-Gene gleichzeitig angeschaltet. Auslsende Faktoren knnen z. B. Mangel an stickstoffhaltigen oder phosphathaltigen Verbindungen im Nhrmedium, Schdigung der DNA (SOS-Reparaturweg, S. 284) oder eine pltzliche Erhhung der Temperatur sein. Funktionell zusammengehrende Gene knnen oft weit verteilt auf dem Bakteriengenom vorkommen, aber unterliegen trotzdem einer gemeinsamen Kontrolle. Eine solche Gruppe gemeinsam regulierter Gene bildet ein Regulon. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Knippers, R.: Molekulare Genetik (ISBN 9783134770094) © 2006 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 100 101 Grundlagen bakterieller Gen-Regulation Wir whlen als Beispiel das Hitzeschock-Regulon, um die Verhltnisse nher zu betrachten. Dies ist besonders interessant, weil die Antwort einer Zelle auf eine Erhhung der Temperatur in der Evolution hochkonserviert ist. Viele der im Zuge dieser Antwort gebildeten Proteine findet man nmlich nicht nur in Bakterien, sondern in abgewandelter Form auch in Tier- und Pflanzenzellen. 6 Syntheserate 5 Beispiel: Hitzeschock-Gene 3 DnaK 2 GroEL 1 0 5 Zeit [min] Abb. 5.17 Synthese von Hitzeschock-Proteinen. Die Abbildung zeigt die Zunahme von Syntheseraten (Menge an Protein, gebildet innerhalb von 45 Sekunden) in der Zeit nach Erhhung der Temperatur von 30C auf 42C [nach 41]. groESL, lysU dnaKJ 10 90 80 20 70 30 rpoH rpoD 60 40 50 grpE Abb. 5.18 Lage einiger Hitzeschock-Gene auf der E. coli-Gen-Karte (Erklrung s. Tab. 5.4). Abb. 5.19 10-Region Standard-Promotor: TCTTGAC 1618 bp TATAAT Hitzeschock-Promotor: CCTTGAA 1315 bp CCCCAT lon htpG 100 Konsensus-Sequenzen 35-Region 10 Vergleich von Promotor-Sequenzen. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Knippers, R.: Molekulare Genetik (ISBN 9783134770094) © 2006 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Innerhalb weniger Minuten nach der Erhhung der Temperatur von 30 C auf 42 – 45 C werden in E. coli mehr als 40 verschiedene Proteine mit zum Teil stark erhhter Rate synthetisiert. Aber bald fllt die Syntheserate auf einen Wert zurck, der meist dem Zwei- bis Vierfachen des Wertes bei niedriger Temperatur entspricht (Abb. 5.17). Nach der Rckkehr zur Ausgangstemperatur wird rasch wieder der Normalwert erreicht. Der gleiche Effekt wird nicht nur nach Temperaturerhhung, sondern auch nach anderen schdlichen Einwirkungen beobachtet, z. B. bei Vernderungen des pH-Wertes, bei manchen Antibiotika, nach Zusatz von Ethanol oder Schwermetallen u. a. Manchmal spricht man deshalb von einer Stressreaktion. Wir bleiben hier jedoch bei der Bezeichnung Hitzeschock-Reaktion, weil diese auch die Nomenklatur beeinflusst hat. Die Ursache fr die vermehrte Synthese der Hitzeschock-Proteine ist eine gesteigerte Transkription von Genen, die an ganz verschiedenen Stellen des E. coli-Genoms lokalisiert sind (Abb. 5.18). Die gesteigerte Transkription wird von einer starken Zunahme eines Regulators hervorgerufen, dem alternativen Sigma-Faktor mit der Bezeichnung Sigma-32 (s32). Die Zahl 32 entspricht der ungefhren Molmasse von 32 kDa. Der Faktor Sigma-32 nimmt auf der RNA-Polymerase die Stelle des Standard-Sigma-Faktors Sigma-70 (s70) ein. Mit Hilfe von Sigma-32 erkennt die RNA-Polymerase die Hitzeschock-Promotoren, die eine andere Nucleotid-Sequenz als normale Promotoren haben (Abb. 5.19), und die deswegen einer RNA-Polymerase mit dem Sigma-70-Faktor verschlossen bleiben. Umgekehrt bindet eine RNA-Polymerase mit Sigma-32 nur schlecht an Promotoren von Genen, die nicht zum Hitzeschock-Regulon gehren. Die Zunahme der Zahl von normalerweise etwa 30 auf mehr als 500 Sigma-32-Molekle pro Bakterienzelle hat drei Grnde: 1. Eine Aktivierung des Gens rpoH, das den Transkriptionsfaktor Sigma32 kodiert. 2. Eine Steigerung der Translation der betreffenden mRNA. 3. Die Stabilisierung des Proteins: Bei niedriger Temperatur wird die Hlfte des gebildeten Sigma-32-Proteins innerhalb einer Minute wieder abgebaut, aber bei hoher Temperatur ist das Protein ungefhr zehnmal stabiler. HtpG 4 5 Escherichia coli und der Bakteriophage Lambda: Gene und Gen-Expression Wenn eine dieser drei Reaktionen gestrt ist, verringert sich die Menge an Sigma-32. Dementsprechend fllt die Hitzeschock-Reaktion schwcher aus oder fehlt ganz. Das verringert dann drastisch die Chancen der Bakterienzelle, bei erhhter Temperatur zu berleben. Wenn das Sigma32-Protein ganz fehlt, etwa bei Verlust des Gens rpoH, sind Temperaturen ber 30 C tdlich fr E. coli. Eine Schlsselrolle hat der Sigma-32-Faktor auch bei der weiteren Regulation der Hitzeschock-Antwort. Wir hatten in der Abb. 5.17 gesehen, dass nach anfnglich starker Aktivierung der Synthese von Hitzeschock-Proteinen eine Phase der Adaptation eintritt, bei der die Synthese der Proteine kaum hher als normal ist. Dies beruht auf einer Inaktivierung von Sigma-32 ber eine negative Rckkopplung. Eines der Hitzeschock-Proteine (das DnaJ-Protein) bindet an Sigma-32 und blockiert damit dessen Funktion (Abb. 5.20). Mit anderen Worten: Sigma32 aktiviert die Hitzeschock-Gene, aber sobald gengende Mengen an Hitzeschock-Proteinen vorhanden sind, regulieren sie selbst ihre Produktion durch Blockade des Aktivators. So kommen wir schließlich zur Frage nach der Natur und Funktion der Hitzeschock-Proteine. Dabei mssen wir uns zwei Punkte klarmachen: Erstens werden diese Proteine in geringen Mengen auch bei normaler Temperatur gebildet (s. Abb. 5.17) und ben deshalb auch eine Funktion unter Normalbedingungen aus. Zweitens hat eine Erhhung der Temperatur oder andere Umstnde, die zur Hitzeschock-Antwort fhren knnen, eine Denaturierung von Proteinen zur Folge. Tatschlich ermglichen viele Hitzeschock-Proteine eine korrekte Faltung von Polypeptid- P1 P3 P4 P5 rpo H-Gen mRNA Abbau negativer Effekt auf Translation Sigma-32 hemmt die Bindung von Sigma-32 an RNA-Pol. fördert den Abbau RNA-Polymerase Hitzeschock-Gene PHS Hitzeschock-Proteine, u. a. DnaJ Abb. 5.20 Selbstregulation. Das Ausmaß der Hitzeschock-Antwort hngt von verfgbarem Sigma-32-Faktor ab. Wenn die Menge des Hitzeschock-Proteins DnaJ einen kritischen Wert berschreitet, bindet es an Sigma-32. Die Konsequenzen sind eine Blockade der Wechselwirkung von Sigma-32 mit der RNA-Polymerase und eine Beschleunigung des Abbaus von Sigma-32. Die Regulation der Sigma-32-Mengen ber einen gesteuerten Abbau ist ein Beispiel fr ein weit verbreitetes Regulationsprinzip: Viele Transkriptionsfaktoren in E. coli werden ber diesen Mechanismus kontrolliert. Mit anderen Worten, Sigma-32 reguliert sich sozusagen selbst. brigens keine Besonderheit von Sigma-32: Die Mengen vieler anderer Transkriptionsfaktoren in E. coli werden auf hnliche Weise ber „Selbst-Regulation“ eingestellt [nach 38]. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Knippers, R.: Molekulare Genetik (ISBN 9783134770094) © 2006 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 102 Grundlagen bakterieller Gen-Regulation Plus 5.3 berblick ber die Funktion von Hitzeschock-Proteinen / molekulare Chaperone Hsp70 (DnaK) 5' 103 N 3' N 3' 5' + ATP ATP (DnaJ) (GrpE) ADP (DnaJ) (GrpE) ATP[N] ADP ADP[N] gefaltetes Monomer + + Hsp60 (GroEL) ATP[N] Hsp10 (GroES) ADP[N] + + zusammengefügtes Oligomer Die Abbildung gibt eine Vorstellung von der Wirkungsweise der Hitzeschock-Proteine als „molekulare Chaperone“. Im oberen Teil sehen wir den Verlauf von Faltungsreaktionen bei der Proteinsynthese. Dabei ist zu bedenken, dass der Austrittskanal am Ribosom (S. 68) eine wachsende Polypeptid-Kette von wenigstens 30 Aminosuren enthlt, die sich nicht korrekt falten kann, einfach weil der Kanal zu eng ist. Deshalb ist Hilfe erforderlich. Die beginnt mit der Anlagerung eines Proteins, Trigger Factor (in der Abb. nicht gezeigt), gefolgt von der Bindung des DnaK-Proteins und assistiert von den Proteinen DnaJ und GrpE. Zusammen fhren die Proteine unter Verbrauch von zellulrer Energie (Spaltung von ATP) korrekte Faltungen ein. Ein Teil (10 – 15 %) der neuentstehenden Proteine wird an die GroE-Chaperon-Maschine (Chaperonin) geleitet. Aber vor allem gelangen dorthin denaturierte Proteine, die bei erhhten Temperaturen oder anderen Stress-Reaktionen entstehen. – Denaturierte oder falsch gefaltete Proteine binden sich an das Innere des Doppelringes aus je 7 GroEL-Moleklen; – daran lagert sich dann der Ring aus 7 GroES-Moleklen; – im Innern des GroE-Zylinders werden in einer Serie von Bindungen und Freisetzungen schrittweise die korrekten Faltungen in das Polypeptid eingefhrt. Dafr ist die Spaltung von ATP als der energieliefernde Prozess notwendig. Wie unterscheiden Chaperone entfaltete oder denaturierte Proteine (an die sie binden) von gefalteten oder nativen Proteinen (an die sie nicht binden)? An Bereichen mit hydrophoben Aminosuren (Tab. 3.1) – zugnglich bei denaturierten Proteinen, aber im Innern verborgen bei korrekt gefalteten Proteinen. Ketten. Eine kurze Zusammenfassung vieler Untersuchungen auf diesem aktuellen Gebiet der Biochemie findet man in der Box Plus 5.3. Die Tab. 5.4 zeigt einige (nicht alle) Proteine, die im Zuge der Hitzeschock-Antwort vermehrt gebildet werden. Dazu gehren die Hitzeschock-Proteine (Plus 5.3), aber zustzlich auch eine Protease, die in Gegenwart von ATP falschgefaltete Proteine abbaut, aber auch der Stan- Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Knippers, R.: Molekulare Genetik (ISBN 9783134770094) © 2006 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. gefaltetes Monomer 5 Escherichia coli und der Bakteriophage Lambda: Gene und Gen-Expression Hitzeschock-Proteine sind hochkonserviert. Sie kommen nicht nur bei Bakterien vor, sondern auch in Hefe-, Tier- und Pflanzenzellen. Die E. coli-Proteine haben jedoch besondere Bezeichnungen, die historisch sind: Die Gene dnaK und dnaJ wurden bei Untersuchungen der DNA-Replikation von Bakteriophagen entdeckt. Die Gene groEL, groES und grpE beeinflussen die Vermehrung (growth) von Bakteriophagen. Sie tragen den Zusatz E, weil die entsprechenden Gen-Produkte mit dem GenE-Protein des Phagen Lambda reagieren. S und L stehen fr small und large als Hinweise auf die Grße der betreffenden Proteine. Ein molekulares Chaperon ist ein Protein-Komplex, der die korrekte Faltung von Polypeptid-Ketten ermglicht. Ein solches Chaperon „begleitet“ sozusagen die Polypeptid-Kette vom Ort ihrer Synthese bis zum Ort ihrer Funktion in der Zelle. (Chaperon: „… ltere Dame, die eine jngere als Beschtzerin begleitet“, aus: Meyers Enzyklopdisches Lexikon, 1972). Tab. 5.4 Gen Einige Hitzeschock-Gene und Hitzeschock-Proteine von E. coli Protein Funktion ±± ±± ±± ± ±± ±± ± ±± ± ±± ± dnaK DnaK (Hsp70) dnaJ DnaJ (Hsp40) diese 3 Proteine bilden zusammen eine funktionelle Einheit, die als Chaperon die native Faltung von Polypeptiden frdert grpE GrpE groEL groES GroEL (Hsp60) GroES (Hsp10) htpG hnlich dem eukaryotischen Protein Hsp90 lon ATP-abhngige Protease lysU Lysyl-tRNA-Synthetase, Form II rpoD Sigma-70-Faktor auch diese Proteine bilden ein Chaperon, das die native ProteinFaltung frdert dard-Sigma-70-Faktor, dessen Synthese wohl als Vorbereitung auf die Zeit nach Normalisierung der Temperatur verstanden werden kann, sowie eine Lysyl-tRNA-Synthetase mit einer noch unbekannten Rolle in der Hitzeschock-Reaktion. Alternative Sigma-Faktoren Die meisten Gene, die whrend der normalen exponentiellen Vermehrung von E. coli exprimiert werden, bentigen den Standard-Sigma-Faktor: Sigma-70 (70s) (S. 52). Aber einige Gruppen von Genen sind auf andere, „alternative“ Sigma-Faktoren angewiesen. Als Beispiel haben wir die Hitzeschock-Gene kennengelernt. Deren Promotor-Sequenzen weichen deutlich von denen der Standard-Gen-Promotoren (Abb. 5.19) ab. Deswegen brauchen sie einen eigenen Sigma-Faktor, Sigma-32. Dieser und einige zustzliche Sigma-Faktoren sind in der Tab. 5.5 aufgefhrt. Die Sigma-Faktoren unterscheiden sich in der Grße und an vielen Stellen in der Primrstruktur, aber sie besitzen auch konservierte Bereiche mit hnlichen Aminosure-Folgen, was man ja auch erwarten wrde, denn alle Sigma-Faktoren haben trotz der Unterschiede im Detail eine gemeinsame Aufgabe, nmlich eine Vermittlung der Wechselwirkung zwischen der RNA-Polymerase und den Anfngen von Genen. Tab. 5.5 Einige Sigma-Faktoren von E. coli Bezeichnung Molmasse Gen Funktion Sigma-70 (70s) 70 kDa rpoD Standard- oder Haupt-Sigma-Faktor Sigma-32 ( s) 32 kDa rpoH Hitzeschock-Reaktion Sigma-54 (54s) 54 kDa proN Mangel an Stickstoff-Verbindungen Sigma-28 (28s) 28 kDa flaI Synthese von Flagellen Sigma-24 (24s) 24 kDa rpoE Aktivierung des rpoH-Promotors (Abb. 5.20) Sigma-38 (38s) 38 kDa rpoS Aktivierung von Genen, die beim bergang in die stationre Wachstumsphase exprimiert werden 32 Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Knippers, R.: Molekulare Genetik (ISBN 9783134770094) © 2006 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 104 Grundlagen bakterieller Gen-Regulation 105 Bakterien in rasch wachsenden Kulturen verwenden den grßten Teil ihrer Zeit und Energie fr die Synthese von Proteinen. Deshalb bentigen sie große Mengen von Ribosomen. Unter optimalen Wachstumsbedingungen besteht mehr als ein Viertel der gesamten Zellmasse aus Ribosomen. Doch verringert sich die Menge an Ribosomen bei niedrigeren Vermehrungsraten. Die Beziehungen zwischen Zellvermehrung und Ribosomen-Bildung ist auf komplexe Weise reguliert. In diesem Abschnitt geht es um die Synthese von ribosomaler RNA (rRNA) und von ribosomalen Proteinen, unter besonderen Umweltbedingungen, nmlich bei einem Mangel an Aminosuren. Unter diesen Bedingungen wird die Synthese von rRNA, aber auch von tRNA stark verringert, whrend die Transkription proteinkodierender Gene, also die Synthese von mRNA, zumindest teilweise weiterluft, ja, bei einigen Genen sogar gesteigert ist. Die komplizierte Antwort der Bakterien auf Aminosure-Mangel bezeichnet man als „stringente Kontrolle“. Bevor wir die Grundlagen der stringenten Kontrolle besprechen, ist ein Blick auf die rRNA-Gene und die tRNA-Gene notwendig. Gene fr ribosomale RNA: Wie schon bei der Besprechung der Abb. 5.4 erwhnt, trgt das E. coli-Genom sieben Gene fr rRNA, die zwar verteilt auf dem Genom vorkommen, aber einer gemeinsamen Regulation unterworfen sind. Die rRNA-Gene sind sehr hnlich aufgebaut (Abb. 5.21): – Jedes Gen enthlt hintereinander liegende Abschnitte fr die 16S rRNA, die 23S rRNA und die 5S rRNA mit kurzen Trennstrecken (spacer) dazwischen. – Im Spacer zwischen dem 16S rRNA-Gen-Abschnitt und dem 23S rRNAGen-Abschnitt liegen ein oder zwei Gene fr tRNAs. Manche rRNAGene tragen zustzlich noch tRNA-Gene im 3¢-Bereich stromabwrts vom 5S rRNA-Gen (Tab. 5.6). – Die rRNA-Gene besitzen zwei Promotoren: Der Promotor P1 liegt etwa 300 bp, der Promotor P2 etwa 200 bp vor dem Beginn des 16S rRNA-Gen-Abschnitts. Der Promotor P1 ist mehrfach „strker“ 1 1000 2000 3000 4000 5000 6000 bp P1 P2 5' RNase III 16S rRNA 23S rRNA tRNA präRNA 5S rRNA Abb. 5.21 Aufbau eines bakteriellen rRNAGens. Die obere Linie gibt die Lnge des Gens in Basenpaaren (bp) an. Von einem der beiden Promotoren (P1, P2) wird ein langes primres Transkriptionsprodukt hergestellt, das dann in weiteren Einzelschritten in die Bestandteile zerlegt wird: 1. Die Endonuclease RNase III trennt die einzelnen Abschnitte voneinander. 2. Einige Nucleotide in der 16S rRNA und der 23S rRNA werden durch Methylierung „modifiziert“. 3. Die noch unfertigen rRNAs lagern sich an ribosomale Proteine. Dann entfernen weitere RNasen endstndige Nucleotide, um die 5¢-Enden und 3¢-Enden der reifen rRNAs zu bilden. Die Reifung der tRNA erfolgt ber einen besonderen Mechanismus (s. Abb. 5.22). Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Knippers, R.: Molekulare Genetik (ISBN 9783134770094) © 2006 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Stringente Kontrolle 106 5 Escherichia coli und der Bakteriophage Lambda: Gene und Gen-Expression Tab. 5.6 Gene fr tRNAs in den rRNA-Transkriptionsabschnitten Gen tRNA zwischen 16Sund 23S-rRNA-Gen tRNA im 3¢-Ende des Gens rrnA tRNAIle1; tRNAAla1B – rrnB tRNAGlu2 – rrnC tRNAGlu2 tRNAAsp1; tRNATrp rrnD tRNAIle1; tRNAAla1B tRNAThr1 rrnE tRNAGlu2 rrnG tRNAGlu2 rrnH tRNAIle1; tRNAAla1B tRNAAsp1 Gene fr tRNA: Das E. coli-Genom enthlt 83 tRNA-Gene, von denen 14 in den Transkriptionsabschnitten der rRNA-Gene vorkommen (Tab. 5.6). Die brigen tRNA-Gene kommen entweder einzeln vor, jedes mit einem eigenen Promotor versehen, oder als Operons in Folgen, die gemeinsam von einem Promotor aus transkribiert werden. In diesen Fllen mssen die einzelnen tRNAs aus den primren Transkriptionsprodukten ausgeschnitten werden, vergleichbar der Reifung der rRNAs (Abb. 5.21). Aber in keinem Fall ist damit die Bildung der tRNAs abgeschlossen. Die RNA-Produkte tragen noch berstehende Sequenzen am 5¢-Ende und meist noch einige Nucleotide am 3¢-Ende. ber die Herstellung der „fertigen“ tRNA informiert die Legende zur Abb. 5.22. Die Zahl von 83 tRNA-Genen erscheint hoch, wenn man die Zahl der notwendigen Anticodons und den Wobble bei der Codon-Anticodon-Erkennung bercksichtigt (S. 81). Tatschlich kommen einige tRNA-Gene in bis zu vierfacher Ausfhrung vor, wie auch die Tab. 5.6 an einigen Beispielen zeigt. Andere tRNA-Gene sind dagegen nur ein- oder zweimal vertreten. Ein Grund dafr ist ein hherer Bedarf an tRNAs, die zu hufig vorkommenden Codons passen, und ein geringerer Bedarf an tRNAs fr seltenere Codons (S. 84). „Stringent factor“ und die Synthese von ppGpp: Wir haben gesagt, dass die stringente Kontrolle bei Aminosure-Mangel einsetzt und zu einer starken Abnahme der Synthese von rRNA und tRNA fhrt. Die Erforschung dieser Regulation begann mit der Untersuchung einer E. coliMutante, bei der diese Antwort nicht auftritt (Abb. 5.23). Die Kontrolle bei dieser Mutante ist nicht mehr „stringent“, sondern „relaxiert“. Daher stammt die Bezeichnung rel fr diese Mutante, oder genauer relA. Abb. 5.22 Vorlufer-Sequenz einer tRNA. Der nach innen gerichtete rote Pfeil gibt die Schnittstelle fr das Enzym RNase P an. Die bakterielle RNase P ist ein Ribonucleoprotein, aufgebaut aus einem basischen Protein (ca. 120 Aminosuren) und einer RNA (377 Nucleotide). Der RNA-Baustein von RNase P vermittelt die Spaltung der Vorlufer-RNA, whrend das Protein nur eine stabilisierende Funktion hat. Die RNA in RNase P ist ein Beispiel fr katalytisch wirkende RNA. Andere Beispiele lernen wir spter kennen (S. 413). Die berschssigen Nucleotide am 3¢-Ende des tRNA-Vorlufers werden durch konventionelle RNasen entfernt. Dabei entsteht die charakteristische CCA-Folge am 3¢-Ende der tRNA. Hier ist der Hinweis angebracht, dass dies eine Spezialitt von Bakterien, genauer von E. coli, ist, denn bei vielen anderen Organismen, insbesonders bei Eukaryoten, wird die CCA-Folge erst nachtrglich mit eigenen Enzymen an die 3¢-Enden von tRNA geheftet (s. S. 364). Schließlich muss die fertig geschnittene tRNA noch modifiziert werden (s. Abb. 4.14) [10]. RNase 5' RNase P A C C 3' bis zu 150 Nucleotide Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Knippers, R.: Molekulare Genetik (ISBN 9783134770094) © 2006 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. (S. 54) als der Promotor P2, und die meisten Regulationsvorgnge betreffen die Aktivitt des Promotors P1. – Das gesamte rRNA-Gen wird in Form einer langen RNA transkribiert („primres Transkriptionsprodukt“), die durch Einwirkung von Ribonucleasen in ihre Bestandteile, die drei rRNAs und tRNAs, zerlegt werden. Grundlagen bakterieller Gen-Regulation b J-53 4 800 + Met + Met 1200 58-161 Met 600 + Met 3 200 1 600 58-161 Met J-53 Met 0 1,0 1,5 2,0 2,5 Zellgenerationen 1,0 1,5 2,0 (bei ausreichenden Mengen an Aminosäuren) Abb. 5.23 Stringente und relaxierte Kontrolle. a Effekt eines Aminosure-Entzuges auf die RNA-Synthese. Der E. coli-Stamm J-53 ist methioninbedrftig. In Gegenwart von gengenden Methionin-Mengen baut er das radioaktive [14C]-Uracil in RNA ein (rote Linie). Bei Methionin-Entzug sinkt die Rate des [14C]-Uracil-Einbaus und damit die Menge an synthetisierter RNA drastisch (orange Kurve). Der E. coli-Stamm 58-161 ist ebenfalls methioninbedrftig (blaue Kurve). Im Kontrollexperiment mit gengendem Methionin-Angebot unterscheidet er sich nur unwesentlich vom Stamm J-53. Anders bei Methionin-Entzug (grne Kurve): Der Einfluss auf die RNA-Synthese ist bei weitem nicht so ausgeprgt wie beim Stamm E. coli J-53. Der Stamm 58-161 ist eine rel-Mutante. b Dies ist ein Kontrollexperiment. Es zeigt, dass durch Methionin-Entzug die Proteinsynthese (gemessen am Einbau von [14C]-Leucin) erwartungsgemß gehemmt wird. Einbau von [14C]-Leucin in Protein in Gegenwart von Methionin (blaue Kurve). Einbau in Abwesenheit von Methionin (grne Kurve) [nach 36]. ATP In relA-Mutanten ist ein Gen fr ein Enzym ausgefallen, das man zuerst als „stringent factor“ bezeichnet hatte. Bald lernte man, dass dieses Enzym locker an Ribosomen gebunden vorkommt und dort normalerweise in einem nichtaktiven Zustand verbleibt. Wenn als Konsequenz eines Aminosure-Mangels unbeladene tRNAs an das Ribosom gelangen, wird das Enzym aktiv und stellt nun mit Hilfe von ATP aus GTP die Verbindung pppGpp her, welche in einem zweiten Schritt in ppGpp (Guanosin-3¢,5¢-bis-diphosphat) berfhrt wird (Abb. 5.24). Das Ausmaß der stringenten Regulation und die Menge an produziertem ppGpp sind eng korreliert. Große Mengen ppGpp (0,5 – 1 mM) gehen mit einer kompletten Hemmung der rRNA-Synthese einher, whrend die Reduktion der ppGpp-Konzentration rasch wieder zu einer Zunahme der rRNA-Bildung fhrt. Wie ppGpp seinen Effekt auf die Synthese von rRNA und tRNA ausbt, ist immer noch nicht ganz geklrt. Offensichtlich ist die PromotorStruktur von Bedeutung. Tatschlich zeichnen sich die Promotoren, die im Zuge der stringenten Kontrolle negativ reguliert werden, durch Folgen von GC-Basenpaaren stromabwrts vom – 10-Erkennungselement und durch andere Merkmale aus. Und an diesen Promotoren beeinflusst ppGpp irgendwie den bergang vom geschlossenen zum offenen Promotor-Komplex und zum ersten Syntheseschritt (S. 54). Dazu bindet ppGpp an eine Stelle in der Nhe des aktiven Zentrums der RNA-Poly- AMP pppG pppGpp stringent factor 1 (Guanosin-5'(Guanosin-5'triphosphat) triphosphat-3'diphosphat) 2 ppG (Guanosin-5'diphosphat) 3 ppGpp (Guanosin-5'-diphosphat-3'-diphosphat) Abb. 5.24 Synthese von ppGpp. 1. Bei Aminosure-Mangel wird der „stringent factor“ (pppGpp-Synthetase; ATP: GTP-Pyrophosphat-Transferase) aktiv und bertrgt eine Pyrophosphat-Gruppe von ATP auf die 3¢-OH-Gruppe der Ribose des GTP. 2. Das entstandene pppGpp wird in ppGpp umgewandelt (durch das Enzym pppGpp-5¢-Phosphohydrolase). 3. Nach Zusatz von Aminosure zur Bakterienkultur wird ppGpp rasch in ppG berfhrt (durch das SpoT-Protein, die ppGpp-3¢-Pyrophosphohydrolase). Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Knippers, R.: Molekulare Genetik (ISBN 9783134770094) © 2006 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 1800 14C-Leucin 14C-Uracil eingebaut in RNA [cpm] a 107 108 5 Escherichia coli und der Bakteriophage Lambda: Gene und Gen-Expression Gene fr ribosomale Proteine: Die meisten Gene fr ribosomale Proteine von E. coli sind als Transkriptionseinheiten oder Operons zusammengefasst, d. h. die Gene werden in Form von langen, polygenischen mRNAs abgelesen. Aber ein Blick auf die Abb. 5.25 zeigt, dass die Struktur und Anordnung der Gene fr ribosomale Proteine alles andere als einheitlich sind. Interessanterweise enthalten manche Transkriptionseinheiten auch Gene fr nichtribosomale Proteine, etwa fr die Untereinheiten der RNA-Polymerase u. a. (Tab. 5.7). Mit anderen Worten, ribosomale und nichtribosomale Proteine knnen koordiniert exprimiert werden. Abb. 5.25 Gene fr ribosomale Proteine in E. coli. Die meisten Transkriptionseinheiten werden nach einem der beteiligten Gene bezeichnet (S1, S2, S20, L11 und L10 usw.). Die Lngen der Gene sind (ungefhr) maßstabsgerecht wiedergegeben. Die Promotoren sind mit P (blau) bezeichnet, d. h. die Transkription erfolgt in der gewhlten Darstellung von links nach rechts. Neben den Promotoren am Beginn einer Gen-Folge kommen auch „interne“ Promotoren vor. So kann die Transkriptionseinheit L11 – L10 sowohl vom links außen gelegenen Promotor oder vom "internen" Promotor vor dem L10-Gen transkribiert werden. In manchen Einheiten kann die Transkription an inneren Terminationsstellen (t) vorzeitig zum Halt kommen. Manche polygenischen mRNAs knnen durch RNase III in Einzelstcke zerlegt werden (grn, III). Ein Anteil der gezeigten Transkriptionseinheiten enthlt außer den Genen fr ribosomale Proteine auch Gene fr andere Proteine (Tab. 5.7) [nach 42]. P1 P2 P1 P2 P1 III S20 S2 S2 S20 P t L20 L20 Phe S P1 P2 PHS t DNA-Primase S21 S21 P P L13 L13 S9 str S12 S10 spc P L3 S10 L24 P L4 L5 S7 S19 L6 S18 S5 S13 P L11+L10 L11 P2 L1 L17 III L10 L12 EF-TuA S17 L29 L15 L30 P L28 S15 S15 L16 L36 sec y L33 L28 P1 L34 beta beta' S6 P 0 S6 X S18 L9 1 000 2 000 3 000 4 000 L19 Trm D X PTuA S3 L22 alpha S4 S16 EF-G S14 S11 t III S1 P Sigma-70 L2 S8 S1 S16 L23 L14 alpha EF-Ts P2 Basenpaare Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Knippers, R.: Molekulare Genetik (ISBN 9783134770094) © 2006 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart P2 Rnp A L34 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. merase und behindert die Aufnahme und Verwendung des ersten Ribonucleosidtriphosphates. Die Wirkung des ppGpp hngt von einem Hilfsprotein ab, genannt DksA (DnaK suppressor A), das ebenfalls mit der RNA-Polymerase Kontakt aufnimmt. Jedenfalls ist die stringente Kontrolle eine sinnvolle Reaktion der Zelle auf einen Mangel an Aminosuren. Denn wenn Aminosuren fehlen, bleiben Ribosomen unbeschftigt, und die Synthese von rRNA wre eine nutzlose Verschwendung zellulrer Energie. Das trifft natrlich auch auf die Synthese von ribosomalen Proteinen zu. Tatschlich ist ihre Synthese eng an die von rRNA gekoppelt, wie im folgenden Abschnitt beschrieben. 109 Grundlagen bakterieller Gen-Regulation Transkriptionseinheiten fr ribosomale Proteine Bezeichnung der Transkriptionseinheit Lage auf der E. coli-Gen-Karte Zahl der Gene pro Einheit davon nichtribosomale Proteine S10 72 11 – spc 73 12 SecY (Funktion beim Export von Proteinen durch die Zellmembran); Protein unbekannter Funktion alpha 72 5 alpha (Untereinheit der RNA-Polymerase) str 73 4 EF-G und EF-Tu (Faktoren fr die Proteinsynthese) L28 81 2 – 82 2 RnpA (Protein-Bestandteil der RNase P, Abb. 5.22) 90 6 b und b¢ (Untereinheiten der RNA-Polymerase) S2 4 2 EF-Ts (Faktor fr die Proteinsynthese) L20 37 2 PheS (Phenylalanyl-tRNA-Synthetase) S21 67 3 DNA-Primase (DnaG-Protein, S.182), Sigma-70 S16 57 4 TrmD (tRNA-Methyltransferase) S15 68 2 Polynucleotid-Phosphorylase (eine 3¢-Exonuclease, die am Abbau von mRNA beteiligt ist) Wie solche Vorgnge zu einer Kopplung zwischen der Synthese von rRNA und ribosomalen Proteinen beitragen knnen, zeigt beispielhaft die Abb. 5.26. Die Struktur am 5¢-Ende der mRNA des spc-Operons hat hnlichkeit mit der Bindestelle des Proteins S8 auf der 16S rRNA, und Experimente haben gezeigt, dass das Protein S8 gut an jede der beiden RNA-Arten bindet. Aus diesen und hnlichen Beobachtungen lsst sich ein (vielleicht zu einfaches) Modell ableiten: – Die regulatorischen Proteine der Abb. 5.25 binden direkt an rRNA. Normalerweise kommen deswegen freie ribosomale Proteine in nur sehr geringen Mengen in Bakterien vor. – Wenn im Zuge der stringenten Regulation keine rRNA gebildet wird, sammeln sich freie ribosomale Proteine in der Zelle an. Diese Pro- ... 10 ... ... Diese Wechselwirkung kann sich folgendermaßen auswirken: – Regulation der Einleitung der Translation: Ein regulatorisches Protein heftet sich in die Nhe der Ribosomen-Bindestelle auf der mRNA (Abb. 5.26) und verhindert damit die Ausbildung eines Initiationskomplexes (s. Abb. 4.25). – Kontrolle der Stabilitt der mRNA: Das gebundene Protein verringert die Ribosomen-Dichte auf der mRNA, die damit vermehrt dem Angriff von Nuclease ausgesetzt ist. A A A A 630 A C C-U . . . C U G GG-C AU G AU G AG G U . . . UG G-C C-G U-A +1 U-A U A-U C-G G-C C-G 600 A-U C C-G C-G U-A U640 U-A A G G A A A C A C +10 A-U A-U +80 U-G C-G U-G G-C U-A G-C U-A A-U 590 U-A C-G U-A G U UAC U . . . +90 . Jedes regulatorische Protein geht eine Wechselwirkung mit seiner eigenen (polygenischen) mRNA ein. b a .. In vielen Operons nimmt eines der Gene eine Sonderstellung ein (hervorgehoben in Abb. 5.25). Das Produkt solcher „Sonder-Gene“ ist fr die Regulation des betreffenden Operons verantwortlich. Wir knnen hier nicht alle bekannten Einzelheiten der Regulation beschreiben, aber es lsst sich ein gemeinsames Prinzip benennen. ... L34 L11 – L10 +20 spc-mRNA 16S rRNA Abb. 5.26 Bindestellen fr das ribosomale Protein S8. a Eine vom Computer ermittelte Sekundrstruktur der mRNA des spc-Operons. Die Ribosomen-Bindestelle und das Start-Codon AUG sind orange eingerahmt. Die Nummerierung beginnt mit +1 am AUG. Die Nucleotide 23 – 73 sind nicht angegeben. Die experimentell ermittelte Bindestelle fr S8 ist grn hervorgehoben. b Ein Abschnitt aus der 16S rRNA (Nummerierung s. Abb. 4.21). Die Bindestelle fr das Protein S8 in der 16S rRNA gleicht der Bindestelle in der mRNA [nach 42]. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Knippers, R.: Molekulare Genetik (ISBN 9783134770094) © 2006 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Tab. 5.7 5 Escherichia coli und der Bakteriophage Lambda: Gene und Gen-Expression Plus 5.4 Anmerkungen ber Gene fr ribosomale Proteine Viele Transkriptionseinheiten werden nach einem der beteiligten Gene bezeichnet, als S1-, S2-, L20-Operon usw. (s. Abb. 5.25). Aus historischen Grnden werden aber zwei Operons nach Antibiotika benannt, das str(Streptomycin-) und das spc-(Spectromycin-)Operon. Sie wurden bei E. coli-Mutanten entdeckt, die gegenber den genannten Antibiotika resistent sind. Es zeigte sich bei einer genaueren Untersuchung, dass Streptomycin z. B. mit dem ribosomalen Protein S12 reagiert und dadurch eine ungenaue Proteinsynthese verursacht. Entsprechendes gilt fr Spectromycin. Noch einige Bemerkungen zum S21-Operon, das gelegentlich auch MMS-Operon genannt wird. MMS ist die Abkrzung fr „macromolecular synthesis“ und bedeutet, dass die Gene in diesem Operon die Information fr Proteine tragen, die jeweils eine Schlsselrolle bei der Synthese von genetisch interessanten Makromoleklen tragen: – Protein S21 hat eine Schlsselrolle in der Proteinsynthese, indem es sich durch Bindung der mRNA an der Ausbildung des Initiationskomplexes beteiligt. – Der Sigma-70-Faktor ist fr die Synthese der RNA wichtig. – Die DNA-Primase hat eine Funktion bei der Synthese von DNA (S.182). Das S21/MMS-Operon ist exquisit reguliert: 1. Es enthlt mehrere Promotoren, die unterschiedlich auf Regulationssignale reagieren. 2. Hinter dem S21-Gen liegt eine Terminationsstelle (Abb. 5.25). In mehr als 90 % aller Transkriptionsvorgnge kommt es hier zu einem Stopp. Das ist sinnvoll, weil in schnell wachsenden Bakterienzellen viele zehntausend S21-Molekle, aber nur einige hundert Sigma-70- und Primase-Molekle bentigt werden. 3. Schließlich liegt direkt vor dem Sigma70-Gen noch ein Extra-Promotor (Abb. 5.25), der nur bei der Hitzeschock-Reaktion aktiv ist (s. Tab. 5.4). teine binden an definierte Stellen auf der eigenen mRNA und verhindern damit ihre Synthese und die Synthese der anderen Proteine des Operons. Dieses Modell der Autoregulation hat den Vorteil einer einfachen Erklrung fr einen komplexen Sachverhalt. Es schließt jedoch andere Regulationsvorgnge nicht aus. Zum Beispiel lassen einige Experimente den Schluss zu, dass die ppGpp-vermittelte Hemmung der RNA-Polymerase sich auch bei der Transkription von Genen fr ribosomale Proteine auswirkt (Plus 5.4). Negative und positive Gen-Regulation: das lac-Operon als Bezugssystem J. Monod hat in grundlegenden Arbeiten seit 1945 die Schaltmechanismen an einer experimentell gut zugnglichen Gen-Gruppe untersucht. Im Jahre 1961 konnte er gemeinsam mit F. Jacob in einer einflussreichen Arbeit ein umfassendes Modell der Gen-Regulation vorstellen, das bis heute als ein wichtiges Bezugssystem fr berlegungen ber die Regulation genetischer Aktivitt gilt. Die Wertschtzung des Modells von Jacob und Monod zeigt sich auch darin, dass ihre Terminologie bis heute fr die Beschreibung von Gen-Regulationen verwendet wird. Die beiden Forscher fhrten ihre Untersuchungen an einem wohldefinierten experimentellen System durch: an den Genen, die die Information zur Synthese von Enzymen des Lactose-Stoffwechsels tragen. Die Aktivitt dieser Gene unterliegt einer genauen Regulation, denn im lactosefreien Nhrmedium werden in einer Bakterienzelle nur wenige Molekle der lactoseverwertenden Enzyme gebildet, aber in Gegenwart von Lactose als einziger Kohlenstoff-Quelle nimmt die Menge an Lactose-Enzymen um das mehr als 1 000fache zu. Der Grund dafr ist, dass die von der Zelle aufgenommene Lactose bzw. ein Umwandlungsprodukt die Transkription der Lactose-Gene anregt. Dieses Regulationsphnomen wollen wir im Folgenden genauer beschreiben. Die Gen-Produkte Schon 3 Minuten nach Zusatz von Lactose zu einer Bakterienkultur kann eine Zunahme der intrazellulren Menge des Enzyms b-Galactosidase gemessen werden. In Gegenwart von Lactose als einziger KohlenstoffQuelle nimmt die Zahl der Enzymmolekle von 60 bis auf 60 000 pro Zelle zu. Nach Entfernung der Lactose sinkt die Konzentration rasch wieder auf den Ausgangswert ab. b-Galactosidase, ein Tetramer aus vier gleichen Untereinheiten mit je 1023 Aminosuren, spaltet das Disaccharid Lactose in Glucose und Galactose, die dann jeweils ber eigene Stoffwechsel-Wege zur Gewinnung zellulrer Energie abgebaut werden. Zugleich mit der b-Galactosidase wird die Synthese von zwei anderen Proteinen induziert: – Permease, ein membrangebundenes Protein, das die Aufnahme von Lactose in die Zelle erleichtert. – Transacetylase, das die Anheftung von Acetyl-Gruppen an Phenyl-, Thiophenyl- und Nitrophenyl-Galactosiden katalysiert. Die physiologische Bedeutung dieses Enzyms fr den Bakterienstoffwechsel ist noch nicht abschließend erforscht. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Knippers, R.: Molekulare Genetik (ISBN 9783134770094) © 2006 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 110 111 Grundlagen bakterieller Gen-Regulation Zunchst noch eine Bemerkung zur genetischen Organisation der lac-Gene. Die Gene der drei koordiniert exprimierten Proteine haben die Bezeichnungen lacZ (b-Galactosidase), lacY (Permease) und lacA (Transacetylase). Die Gene liegen eng hintereinandergeschaltet als Operon im lac-Locus bei etwa 8 Minuten auf der Gen-Karte, und zwar in der Reihenfolge lacZ, lacY, lacA. Die drei Gene werden nach der Induktion in Form einer langen polygenen mRNA transkribiert. Lactose HO 4 OH O HO b OH 1 HO O 1 OH OH O Glucose Galactose b-galactosidische Bindung; wird durch das Enzym b-Galactosidase gespalten Isopropyl-thiogalactosid HO HO OH O HO CH3 S CH CH3 Diese Bindung kann nicht durch E. coli-Enzyme gespalten werden Abb. 5.27 (IPTG). Lactose und Isopropyl-thiogalactosid Mutanten mit vernderter Gen-Regulation A. B. Pardee, F. Jacob und J. Monod (1959) entdeckten eine E. coli-Mutante, die auch in Abwesenheit eines Induktors maximale Mengen an b-Galactosidase, Permease und Transacetylase produzierte („konstitutive Synthese“). Das fr diese so genannte I – -Eigenschaft verantwortliche Gen lacI wurde nahe vor dem Gen lacZ lokalisiert (Plus 5.5). Die entscheidende Information ber die Funktion des lacI-Gens brachte folgende experimentelle Anordnung: In die I – -Mutante wurde ein F¢-Plasmid eingefhrt, das alle drei Gene des Lactose-Operons und außerdem ein funktionierendes lacI-Gen trug Plus 5.5 4 HO Bakterien-Genetik: frher und heute Auf diesen Seiten geht es um Forschungsarbeiten, die mehr als vierzig Jahre zurckliegen. Damals und noch bis zur Mitte der siebziger Jahre begannen genetische Untersuchungen mit der Isolierung von zufllig auftretenden Bakterienmutanten, gefolgt von einer genauen Beschreibung ihrer Phnotypen und der Einordnung der betreffenden Genein die biologische Gen-Karte durch Konjugation und Transduktion. Heute sind die Nucleotid-Sequenzen aller Gene von E. coli bekannt. Wenn sich Molekularbiologen fr die Auswirkungen von Nucleotid- oder Aminosure-Austuschen interessieren, isolieren sie zunchst das betreffende Gen mit Hilfe gentechnischer Verfahren (s. Kap.10). Dann werden durch eine Kombination biochemischer und mikrobiologischer Maßnahmen gezielt Vernderungen an der Gen-Sequenz vorgenommen (site directed mutagenesis; ortsspezifische Mutagenese). Schließlich wird das vernderte Gen in Bakterien bertragen und der Phnotyp registriert – Reverse Genetics: „Umgekehrte“ Genetik. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Knippers, R.: Molekulare Genetik (ISBN 9783134770094) © 2006 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Außer Lactose knnen mehrere andere Galactoside die Synthese der drei Proteine induzieren, darunter sind auch solche Galactoside, die von der b-Galactosidase nicht gespalten werden. Der strkste Induktor, Isopropyl-b-D-thiogalactosid (IPTG), gehrt zu dieser Gruppe von Galactosiden (Abb. 5.27). Diese Tatsache hat in der Geschichte der Regulationsforschung eine große Rolle gespielt. Denn, wenn Induktoren wie IPTG nicht vom Enzym b-Galactosidase als Substrat erkannt werden, kommt das Enzym nicht als Kontrollelement seiner eigenen Synthese in Betracht. Es kann daher auf ein besonderes Kontrollelement geschlossen werden, das zugleich die Synthese der Permease und Transacetylase reguliert. brigens ist auch nicht die Lactose selbst der natrliche Induktor, sondern das intrazellulre Umwandlungsprodukt Allolactose („1,6-O-b-D-Galactopyranosyl-D-glucose“). Wir werden gleich sehen, dass genetische Untersuchungen die Existenz eines eigenen Kontrollelementes direkt beweisen. 112 5 Escherichia coli und der Bakteriophage Lambda: Gene und Gen-Expression Konstitutive Synthese der b-Galactosidase (Teil I) Stamm Genotyp Phnotyp b-Galactosidase-Aktivitt nichtinduziert Wildtyp i-Mutante Merodiploid Merodiploid Merodiploid I+Z+ I – Z+ I – Z+/F¢I+Z+ I+Z+/F¢I – Z+ I – Z+/F¢I – Z+ < 0,1 140 < 0,1 < 0,1 195 induziert (durch 10 – 4 IPTG) 100 130 280 240 190 Anmerkung: Die b-Galactosidase-Aktivitt ist in relativen Einheiten angegeben: 100 bedeutet die b-Galactosidase-Aktivitt in maximal induzierten Wildtyp-Zellen. Die Expression des lacA- und des lacY-Gens ist hier nicht dargestellt [nach 11]. F'-Plasmid (I+ P+ O+ Z+ Y+ A+) PO lac-Gene Z Y A DNA Bakterienwand lac-Gene Z PO YA Chromosom (I P+ O+ Z+ Y+ A+) Abb. 5.28 Merodiploide Zelle vom Typ I – /F¢I+. Das lac-Operon ist im Verhltnis zu groß gezeichnet. Es nimmt in Wirklichkeit nur den Platz von etwa 0,15 % des E. coli-Chromosoms ein. Das Wildtyp-lacI-Gen des Plasmids produziert einen aktiven Repressor (grne Kugeln), der sich frei in der Zelle befindet und deshalb sowohl am chromosomalen lac-Operator als auch am plasmidalen lac-Operator angreifen kann. Zur Bedeutung der genetischen Elemente P und O siehe Text. (Abb. 5.28). Diese Bakterienzelle war also, in Bezug auf das LactoseSystem, diploid: Je eine Kopie der Gen-Gruppe befindet sich auf dem Haupt-Chromosom und auf dem F¢-Plasmid. Der Phnotyp (Tab. 5.8): Die merodiploiden Zellen zeigen die normale lac-Gen-Regulation. Daraus folgt, dass das Gen lacI auf dem F¢-Plasmid ein Produkt herstellt, welches die Gen-Aktivitt auf dem Haupt-Chromosom regulieren kann. Die Kontrollen zu diesem Experiment sind ebenfalls in der Tab. 5.8 gezeigt: 1. Mutationen sowohl im lacI-Gen des Plasmids als auch im lacI-Gen des Haupt-Chromosoms fhren zur konstitutiven lac-Gen-Expression. 2. Das lacI-Produkt des Haupt-Chromosoms kann die lac-Gene des F¢Plasmids regulieren. Die Kontrollen zeigen, dass das Produkt des lacI-Gens frei durch das Cytoplasma der Zelle diffundieren kann. In der Sprache der klassischen Genetik heißt das: Der I+-Genotyp ist dominant ber den I – -Genotyp. Man spricht deswegen von trans-dominanten oder – allgemein – trans-wirkenden Faktoren, weil sie ihre Funktion nicht im Bereich ihres Gens, sondern an rumlich getrennten Genen im Genom der Zelle ausben (trans, lat. jenseits). Da das Produkt des lacI-Gens die Expression einer Gen-Folge unterdrckt, wurde es als Repressor bezeichnet. Außer I-Mutanten wurde noch eine andere Klasse von konstitutiven Mutanten (Oc) gefunden, die ebenfalls in Abwesenheit eines Induktors große Mengen an b-Galactosidase herstellen, sich aber in folgenden Eigenschaften von den I – -Mutanten unterscheiden: 1. Der Phnotyp „konstitutive Gen-Expression“ wird nicht durch Einfhren eines intakten lacI-Gens auf einem F¢I+-Plasmid beeinflusst. 2. Der Gen-Ort fr die Mutation Oc liegt nicht im Bereich des lacI-Gens. 3. Die Mutation Oc ist ebenfalls dominant, im Unterschied zur I-Mutation jedoch cis-dominant. Man spricht von cis-Dominanz oder von ciswirkenden Elementen, wenn deren Funktion nur die Expression der Gene auf dem gleichen Chromosom beeinflusst (cis, lat. diesseits). Die cis-Dominanz konnte mit folgendem genetischem Experiment nachgewiesen werden: Merodiploide Zellen werden hergestellt, bei denen das Haupt-Chromosom eine Oc-Mutation hat und zugleich eine Mutation im lacZ-Gen, die die Synthese einer abartigen b-Galactosidase zur Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Knippers, R.: Molekulare Genetik (ISBN 9783134770094) © 2006 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Tab. 5.8 Grundlagen bakterieller Gen-Regulation Tab. 5.9 113 Konstitutive Synthese der b-Galactosidase (Teil II) Stamm Genotyp Phnotyp b-Galactosidase normal b-Galactosidase abnormal (CRM) Wildtyp O+Z+ < 0,1 100 – – merodiploid O+Z+/F¢O+ZCRM < 0,1 105 < 0,1 310 c O -Mutante c + OZ merodiploid O+Z+/F¢OcZ+ mit Oc-Mutation 25 95 – – 70 220 – – 90 30 180 merodiploid O+Z+/F¢OcZCRM < 0,1 mit Oc-Mutation Beachte: 1. Die Expression der Z-Gen-Aktivitt in Oc-Mutanten ist nicht so ausgeprgt wie in I-Mutanten (Tab. 5.8). 2. CRM bedeutet „cross reacting material“. Diese Bezeichnung bezieht sich auf die immunologische Methode zum Nachweis der abartigen bGalactosidaseCRM. 3. Alle Stmme enthalten ein aktives lacI-Gen [nach 24]. Folge hat. Diese abartige b-Galactosidase ist enzymatisch nicht aktiv, lsst sich aber mit immunologischen Methoden als Protein nachweisen (b-GalactosidaseCRM). In den gleichen Zellen befindet sich ein F¢-Plasmid mit normalen lac-Genen (Tab. 5.9). In Abwesenheit eines Induktors ist (wegen der Oc-Mutation) nur das b-Galactosidase-Gen des Haupt-Chromosoms aktiv. Entsprechend wird die b-GalactosidaseCRM gebildet. In Gegenwart von IPTG findet man auch normale b-Galactosidase in der Zelle, weil nun auch das Gen auf dem F¢Plasmid exprimiert wird (Tab. 5.9). Rekombinationsanalysen zeigen, dass der Gen-Ort fr die Oc-Mutation unmittelbar vor dem Gen lacZ liegt. Das Modell Aus den Eigenschaften der beiden Mutationen I – und Oc wurde ein Modell der Lactose-Gen-Regulation abgeleitet (Abb. 5.29). Dieses Modell besagt folgendes: 1. Das lacI-Gen stellt einen Repressor her, der sich im nichtinduzierten Zustand an einen DNA-Abschnitt vor der Gen-Folge lacZ-lacY-lacA bindet und dadurch deren Transkription verhindert. 2. Ein Induktor wie IPTG heftet sich an den Repressor, der dadurch seine Bindungseigenschaften ndert und von der DNA abfllt. Die lac-Gene sind nun frei fr die Transkription. Die DNA-Bindungsstelle vor den lac-Genen ist durch die oc-Mutation charakterisiert, bei der die Struktur der DNA so verndert ist, dass eine Repressor-Anheftung nicht mehr stattfindet. Diese Bindungsstelle nennt man Operator. Die gesamte Regulationseinheit, bestehend aus dem Operator und der Folge der Strukturgene, wird als Operon bezeichnet. Wo liegt der Promotor? Der Promotor P fr die lac-Gene liegt direkt vor dem Operator, wie zuerst Studien an Promotor-Mutanten und dann spter biochemische Untersuchungen gezeigt haben. Diese Ergebnisse werden wir uns bald genauer ansehen. 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Aus dem Modell der Abb. 5.29 folgern wir, dass der Repressor zwei Bindungsstellen hat: eine fr den Operator und eine zweite fr den a Promotor Operator lacI 5' lacZ lacY lacA DNA mRNA 3' Protein monomer tetramer b 5' lacI DNA 5' 3' 3' mRNA Protein Permease b-Galactosidase Induktor (IPTG) Transacetylase Methode: Farbreaktionen zur einfachen Identifizierung von Bakterienkolonien mit Mutationen im lac-Operon und im lacIRegulator-Gen. Solche Verfahren sind bei Forschungen zum lac-System unentbehrliche Hilfsmittel, weil sie rasch zur Isolierung und ersten Charakterisierung einer Mutante fhren. Von den Frbeverfahren erwhnen wir die beiden gebruchlichsten: – Neutralrot plus Kristallviolett (McConkey-Agar). Auf Agar-Platten, die neben dem Zucker Lactose diese beiden Farbstoffe enthalten, bilden lac+-Bakterien tiefrote Kolonien. Der Grund dafr ist die Tatsache, dass durch die Fermentierung von Zuckern, wie der Lactose, der pH-Wert abnimmt. – X-Gal [(5-Brom-4-chlor-3-indolyl-b-D-galactosid]. MinimalmediumAgar-Platten, die außer Glucose diesen Farbstoff enthalten, ermglichen die Identifizierung von konstitutiven Mutanten. X-Gal ist kein Induktor der Lactose-Gene. Die Verbindung ist normalerweise farblos. Wenn sie jedoch durch b-Galactosidase gespalten wird, entsteht das tiefblaue 5-Brom-4-chlor-indigo. Farbreaktionen zur einfachen Identifizierung von lac-Mutanten Indikatorplatte McConkey (Lactose) X-Gal X-Gal (plus IPTG) Genotypen I+O+Z+ I+O+Z – I – O+Z+ I+OcZ+ rot weiß blau rot blau blau rot hellblau dunkelblau weiß weiß weiß Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Knippers, R.: Molekulare Genetik (ISBN 9783134770094) © 2006 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Abb. 5.29 Repression und Expression des lacOperons. a In Abwesenheit eines Induktors bindet sich der Repressor an die Operator-Sequenz und blockiert damit den Zugang der RNA-Polymerase zum Promotor. Das lac-Operon ist geschlossen. b Ein Induktor wie Allolactose oder IPTG bindet an den Repressor, der dabei seine Konformation verndert und die Fhigkeit zur DNA-Bindung verliert. Die RNA-Polymerase kann nun die Synthese von mRNA durchfhren. Das lac-Operon wird exprimiert. 115 Induktor. Gen-Mutationen, die die erste der beiden Bindungsstellen verndern, haben den I – -Phnotyp zur Folge. Wir knnen aber ebenso gut Mutanten erwarten, bei denen die zweite Bindungsstelle ausgefallen ist. Solche Mutanten sollten auch in Gegenwart eines Induktors die lac-Gene nicht exprimieren knnen. Entsprechende Mutanten sind gefunden worden: I s-Mutanten, deren Repressor kein IPTG binden kann und die deswegen „superreprimiert“ sind. Die Abb. 5.29 entspricht im wesentlichen dem Modell des lac-Operons von J. Monod und F. Jacob aus dem Jahre 1961. Das Modell erlaubt eine einfache und einleuchtende Erklrung fr die Repression: Ein LacRepressor am Operator schließt eine Bindung der RNA-Polymerase an den Promotor aus, einfach weil sich Operator- und Promotor-Sequenzen teilweise berlappen und der gebundene Repressor den Promotor versperrt. Im Laufe der Zeit ist das Jacob-Monod-Modell berprft und in vielen Punkten ergnzt, erweitert und verfeinert worden. Interessierte Leser finden einen sehr lebhaften Bericht der Forschungsgeschichte – mit allen Erfolgen und vielen Irrwegen – im Buch von B. Mller-Hill „The lac Operon. A Short History of a Genetic Paradigm“ (1996). Auf den folgenden Seiten werden einige der wichtigsten Ergebnisse beschrieben. Der Lac-Repressor Expression: Wie gesagt, wird der Lac-Repressor vom Gen lacI kodiert (I, Induktion: das lac-Operon wird „induziert“, wenn das Gen lacI durch Mutation geschdigt ist). Der Kodierungsregion ist ein Promotor vorgeschaltet, der in mehreren Punkten vom Ideal- oder Standard-Promotor (S. 53) abweicht (Abb. 5.30): – Zwischen dem Startpunkt der Transkription und der – 10-Region befinden sich ausschließlich GC-Basenpaare, whrend ein „starker“ Promotor hier bevorzugt AT-Basenpaare hat. – Eine typische – 10-Region ist gekennzeichnet durch die Sequenz: TATAAT. Aber im lacI-Promotor wird die Sequenz durch GC-Basenpaare unterbrochen. – Auch die – 35-Region des lacI-Promotors weicht erheblich von der eines Standard-Promotors ab. Die Konsequenz ist, dass der Promotor des lacI-Gens „schwach“ ist und die RNA-Polymerase mit geringer Effizienz bindet. Aber das reicht aus, um eine Bakterienzelle mit der notwendigen und ausreichenden Menge von 10 – 20 Lac-Repressor-Moleklen zu versorgen. Man kennt Mutanten, die weit mehr Repressor-Molekle herstellen als Wildtyp-Bakterien, Iq-Mutanten (q, quantity). Die Ursache dafr ist ein Basenaustausch in der Promotor-Region (Abb. 5.30), die sich damit der Sequenz des Standard-Promotors nhert. 50 40 30 20 10 Abb. 5.30 Der Promotor des lacI-Gens. Die wichtigen Regionen um die Nucleotide – 35 und – 10 sind hervorgehoben. Durch den Austausch des CGBasenpaars gegen ein AT-Basenpaar bei der Position – 36 erfolgt eine Annherung an die Sequenz eines Konsensus-Promotors. Damit steigt die Effizienz der Transkription. Das Ergebnis ist der Phnotyp einer Iq-Mutation: vermehrte Bildung des Repressors [nach 14]. 10 20 30 40 G A C A C C A T C G A A T G G C G C A A A A C C T T T C G C G G T A T G G C A T G A T A G C G C C C GG A A G A G A G T C A A T T C A G G G T G G T G A A T G T G A A A C C A G T A A C G C T G T G G T A G C T T A C C G C G T T T T G G A A A G C G C C A T A C C G T A C T A T C G C GGG C C T T C T C T C A G T T A A G T C C C A C C A C T T A C A C T T T G G T C A T T G C Iq T A ppp GGAAGAGAGUGAAU U CAGGGUGGU A A UGUGA A A C C AGUA A C G Met . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Knippers, R.: Molekulare Genetik (ISBN 9783134770094) © 2006 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Grundlagen bakterieller Gen-Regulation 116 5 Escherichia coli und der Bakteriophage Lambda: Gene und Gen-Expression Die Iq-Mutanten waren sehr wichtig bei den frhen Arbeiten ber den Lac-Repressor, weil mit ihrer Hilfe große Mengen an Repressor produziert werden konnten, als Voraussetzung fr biochemische Untersuchungen. Heute stellen Molekularbiologen große Mengen eines seltenen Proteins mit gentechnischen Verfahren her (S. 311). IPTG C Abb. 5.31 Dreidimensionale Struktur einer Untereinheit des Lac-Repressors. Beschreibung der Domnen im Text. Beachte, dass der aktive Repressor aus zwei Dimeren, also insgesamt vier Untereinheiten besteht [nach 28, 33]. Struktur: Ein intakter Lac-Repressor ist ein Tetramer, zusammengesetzt aus zwei Dimer-Komponenten, also aus insgesamt vier gleichen Untereinheiten. Jede Untereinheit besteht aus 360 Aminosuren, die sich zu Domnen falten (Abb. 5.31): – Das „Kopfstck“, die aminoterminale Domne mit den ersten 50 Aminosuren, besteht aus drei a-Helices, die sich in einer charakteristischen Form anordnen und die Bindung des Lac-Repressors an die Operator-Sequenz vermitteln. – Das „Kopfstck“ der DNA-Bindedomne steht ber ein kurzes flexibles Zwischenstck mit der großen zentralen Domne aus den Aminosuren 62 – 324 in Verbindung. Die zentrale Domne besteht aus zwei hnlich aufgebauten Teilen oder Subdomnen, getrennt durch einen Spalt mit der Bindestelle fr den Induktor IPTG. Bereiche in beiden Subdomnen vermitteln Wechselwirkungen mit dem DimerPartner. – Die carboxyterminale Domne mit einer a-Helix zwischen den Aminosuren 340 und 357 ist fr die Ausbildung des Tetramers verantwortlich: Jede Untereinheit beteiligt sich mit ihrer carboxyterminalen Domne an einem Bndel aus vier a-Helices. Aus einigem Abstand betrachtet, hat ein nativer Lac-Repressor die Form des Buchstabens V, wobei jeder Schenkel aus einem Dimer und das Verbindungsstck aus dem Vier-a-Helix-Bndel besteht. Bindung an DNA: Das aminoterminale Kopfstck vermittelt die Bindung an DNA. Die Struktur besteht aus drei kurzen a-Helix-Bereichen, die durch Drehungen (turns) in der Polypeptid-Kette miteinander verbunden sind (Abb. 5.31). Sie bilden das bei Bakterien weit verbreitete Helix-Turn-Helix-Motiv DNA-bindender Proteine. Eine zentrale Funktion hat die Helix II mit den Aminosuren 17 – 26, die Erkennungshelix. Sie legt sich in die große Rinne der DNA, whrend die beiden anderen a-Helix-Bereiche quer zur Erkennungshelix liegen und die Protein-DNA-Wechselwirkung stabilisieren (Abb. 5.32). Zwei Arten von DNA-Bindung mssen unterschieden werden: – Unspezifische Bindung an beliebige DNA-Sequenzen, hauptschlich vermittelt durch elektrostatische Wechselwirkungen zwischen den positiv geladenen Seitenketten von Arginin und Lysin (s. Tab. 3.1, S. 39) sowie Histidin mit der DNA. Diese Bindungen sind verhltnismßig schwach. Aber wichtig, denn in der Zelle geht der Lac-Repressor zuerst unspezifische Kontakte mit der DNA ein und gleitet dann sozusagen an der DNA entlang, bis er auf den Operator trifft, an den er sehr viel fester bindet. – Spezifische Bindung an die Sequenz des Operators. Die Spezifitt der Wechselwirkung beruht auf Wasserstoffbrcken zwischen hydrophilen Aminosuren (Arginin, Glutamin, Serin, Tyrosin) und Basenpaaren im Operator (Abb. 5.32). Die Ergebnisse der Strukturuntersuchungen finden eine eindrucksvolle Besttigung durch die Sequenzanalyse von I – -Mutanten. Beispielsweise fhrt ein Austausch des Tyrosins an Stelle 17 oder des Glutamins an Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Knippers, R.: Molekulare Genetik (ISBN 9783134770094) © 2006 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. N Grundlagen bakterieller Gen-Regulation 1 5 10 15 20 Met-Lys-Pro-Val-Thr-Leu-Tyr-Asp-Val-Ala-Glu-Tyr-Ala-Gly-Val-Ser-Tyr-Gln-Thr-ValHelix II Helix I 21 25 30 35 40 Ser-Arg-Val-Val-Asn-Gln-Ala-Ser-His-Val-Ser-Ala-Lys-Thr-Arg-Glu-Lys-Val-Glu-AlaHelix III 41 45 50 Ala-Met-Ala-Glu-Leu-Asn-Tyr-Ile-Pro-Asn-Argb Abb. 5.32 Das Helix-Turn-Helix-Motiv DNA-bindender Proteine. a Aminosure-Sequenz, „Kopfstck“ des Lac-Repressors mit der Position der a-Helices und der Position von Aminosure-Austusche, die zum Verlust der DNA-Bindung fhren (I-Mutationen). b Die drei a-Helices an der DNA: Helix II ist die Erkennungshelix. c Die Skizze erinnert daran, dass die aktive Form des Repressors ein Dimer ist. d Einige Mglichkeiten fr Wasserstoffbrcken zwischen Aminosure-Seitenketten und reaktiven Gruppen in der großen Rinne der DNA [26, 32, 33]. d kleine Rinne II O T III N N N A N N H O H3C I N N H H H O N H C H2C CH2 Gln kleine Rinne c O T N N N A N N H O H3C N N H H H O CH2 Ser kleine Rinne H H O C N N N H H N N N N N O H H H N H2C H2C C H2 G C N H N Arg H Stelle 18 durch andere Aminosuren (Abb. 5.32) zu einem Verlust der spezifischen DNA-Bindung und zum Phnotyp einer konstitutiven lacGen-Expression (Tab. 5.9). Die Abb. 5.32 ist eine abstrakte Darstellung mit dem Vorteil einer einfachen Einfhrung in das Prinzip der spezifischen Protein-DNA- Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Knippers, R.: Molekulare Genetik (ISBN 9783134770094) © 2006 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. I-Mutationen Val Ala a 117 5 Escherichia coli und der Bakteriophage Lambda: Gene und Gen-Expression Wechselwirkung – und dem Nachteil, dass sie die wirklichen Verhltnisse nur als Ausschnitt zeigt. Denn aufgrund der Abb. 5.32 wrden wir schließen, dass die Repressor-Bindestelle nur etwa einer halben Drehung der Doppelhelix entspricht. Aber in Wirklichkeit umfasst ein Operator zwei komplette Doppelhelix-Drehungen und besteht aus 21 palindromisch angeordneten Basenpaaren (in der Abb. 5.33 mit lacO1 bezeichnet). Demnach existieren im Operator zwei Bindestellen, je eine fr ein Kopfstck in einem der beiden Dimer-Partner. Jedes Kopfstck bindet als Helix-Turn-Helix an seine Stelle, aber gemeinsam ndern sie den Lauf der DNA, indem sie eine Beugung von 60 in der Mitte des Operators induzieren (Abb. 5.32). Demnach reicht ein Dimer aus zwei Repressor-Untereinheiten fr eine effiziente Bindung an den Operator aus. Warum ist dann ein normaler Repressor ein Tetramer, aufgebaut aus zwei Dimeren? Um diese Frage zu beantworten, mssen wir die einfache Skizze vom lac-Operon (Abb. 5.29) ergnzen, und zwar durch Eintragen von zwei weiteren Repressor-Bindestellen: Eine der beiden Bindestellen mit der Bezeichnung lacO2 liegt etwa 400 bp stromabwrts vom klassischen oder HauptOperator, lacO1, also innerhalb der Kodierungssequenz fr die b-Galactosidase; die zweite Bindestelle, lacO3, liegt etwa 90 bp stromaufwrts (Abb. 5.33). Die Neben- oder Hilfs-Operatoren binden im biochemischen Versuch den Lac-Repressor weniger gut als der Haupt-Operator, aber fr die Regulation des lac-Operons ist das Vorhandensein mindestens eines Hilfs-Operators wichtig. Das zeigt folgender Zahlenvergleich: Mit intakten Kontrollelementen, also mit allen drei Operator-Sequenzen, wird nach Entzug des Induktors oder der Lactose im Nhrmedium die Expression des lac-Operons auf 0,1 % des Wertes im vollinduzierten Zustand zurckgedreht. Wenn aber nur der Haupt-Operator, lacO1, vorhanden ist, betrgt die Expression der Gene unter den gleichen Bedingungen immerhin noch 2,5 % des maximalen Wertes. Experimente zeigen, dass der tetramere Lac-Repressor gleichzeitig an zwei Operatoren binden kann, je ein Dimer-Paar an einen der beiden Operatoren. Der dazwischen liegende DNA-Abschnitt bildet eine Schleife, was zu einem effektiven Verschluss des gesamten Regulationsbereiches, einschließlich des Promotors, beitrgt (Abb. 5.33). Im klassischen Jacob-Monod-Modell (Abb. 5.29) war das Modell fr die Repression des lac-Operons einfach: Der operatorgebundene Repressor hlt Teile des Promotors besetzt und blockiert damit den Zugang fr die RNA-Polymerase. Aber das gibt nur einen Teil der Wirklichkeit wieder. Ein anderer Teil ist die Bildung der DNA-Schleife, die insbesondere die „positive Regulation“ beeinflusst, von der im nchsten Abschnitt die Rede sein wird. Aber zuerst noch einige Bemerkungen zur Induktion. Induktion: Bei der Bindung eines Induktors (IPTG) ndert sich die Lage der beiden Subdomnen in der zentralen Domne einer Untereinheit, zugleich verschieben sich auch die beiden Untereinheiten des Repressor-Dimers. Diese molekularen Bewegungen werden ber die Zwischenstcke (Abb. 5.31) zu den aminoterminalen DNA-Bindedomnen bertragen. Als Konsequenz verndern sich deren Konformation und deren Anordnung zueinander, so dass der Repressor seine Affinitt zur DNA verliert und den Operator frei gibt (Abb. 5.33). Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Knippers, R.: Molekulare Genetik (ISBN 9783134770094) © 2006 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 118 Grundlagen bakterieller Gen-Regulation A A T T G T G A G C G G A T A A C A A T relative Affinität zum Repressor T 1 T T A A C A C T C G C C T A T T G T T A A A A A T G T G A G C G A G T A A C A A C C T T T A C A C T C G C T C A T T G T T G G G G C A G T G A G C G C A A C G C A A T T C C G T C A C T C G C G T T G C G T T A A a lacO2 lacO3 b O3 O1 0,12 Abb. 5.33 Die lac-Operatoren und das lac-Operon. a Der Lac-Repressor bindet mit hchster Affinitt an das (fast) perfekte Palindrom des lacO1-Operators. b Die Lage der Operator-Sequenzen im lac-Operon, einschließlich der Transkriptionsprodukte (monogenische lac I-mRNA; polygenische lac-mRNA) und der kodierten Proteine. c Die Bindung eines Repressor-Tetramers erzeugt eine DNA-Schleife [nach 27, 31]. 0,005 O2 DNA 1080 bp mRNA Pi I Lac-Repressor 3072 bp 1251 bp 609 bp Z Y A b-Galactosidase Permease Transacetylase c DNA-Schleife zwischen zwei lac-Operator-Stellen: O2 P1 Operator Positive Regulation: das CAP-Protein Die Dissoziation des Lac-Repressors reicht fr eine volle Expression des lac-Operons nicht aus. Dazu ist die Anwesenheit eines positiv wirkenden Transkriptionsfaktors notwendig. Dieser Faktor wurde im Verlauf der Analyse eines eigentmlichen und, wie sich herausstellte, beraus sinnvollen Regulationsvorgangs entdeckt. Dieser Vorgang wird als Katabolit- oder Glucose-Repression der Lactose-Verwertung bezeichnet. Man beobachtet ihn, wenn als Kohlenstoff-Quelle außer Lactose noch Glucose im Medium vorhanden ist. Unter diesen Bedingungen sind die lac-Gene nur sehr wenig, wenn berhaupt, aktiv. Das ist fr die Bakterien konomisch sinnvoll, denn eine energetisch aufwendige Synthese von Lac-Enzymen wre in Gegenwart der leichter verwertbaren Glucose berflssig. Die „KatabolitRepression“ betrifft nicht nur die Expression der Gene des Lactose-Stoffwechsels, sondern auch die Expression der Gene fr die Verwertung anderer Zucker: Galactose, Arabinose, Maltose u. a. Der Nachweis von cAMP (zyklisches AMP; Adenosin-3¢-5¢-Monophosphat) in Bakterien fhrte auf die Spur, die dann schließlich zu einer Klrung der Situation beitrug. Es zeigte sich nmlich, dass in Gegenwart von Glucose die Konzentration an cAMP in Bakterien sehr niedrig ist, aber nach Entzug von Glucose stark ansteigt. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Knippers, R.: Molekulare Genetik (ISBN 9783134770094) © 2006 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. lacO1 119 120 5 Escherichia coli und der Bakteriophage Lambda: Gene und Gen-Expression Die Erhhung des cAMP-Spiegels ist der eine Teil des Geschehens. Der zweite Teil ist die Bindung des cAMP an ein Protein, das als CAP (catabolite activator protein) oder als CRP (cAMP receptor protein) bezeichnet wird. Ein aktives CAP-Protein besteht aus zwei Untereinheiten mit je 209 Aminosuren (s. Abb. 3.13). Jede Untereinheit kann ein Molekl cAMP binden. Die Bindung verndert die Konformation des Proteins, das nun in der Lage ist, sich mit hoher Spezifitt an einen DNA-Abschnitt direkt vor dem Promotor des lac-Operons zu binden. Jede Untereinheit des CAP-Proteins bindet an eine Hlfte des palindromischen DNA-Bindeorts und induziert eine krftige Beugung der DNA mit einem Winkel, der zwischen 90 und 130 liegen kann (Abb. 5.34). Die Beugung der DNA ist fr die Funktion wichtig, denn sie frdert die Kontaktaufnahme des CAP-Proteins mit einer a-Untereinheit der RNA-Polymerase. Dies ist der entscheidende Punkt bei der positiven Wirkung auf die Transkription, sehr wahrscheinlich weil gebundenes CAP-Protein die Affinitt der RNA-Polymerase zum Promotor erhht. Im brigen ist eine CAP-Bindestelle keine Besonderheit des lac-Operons: Alle Operons, die der Regulation durch Katabolit-Repression un- Abb. 5.34 Der Transkriptionsfaktor CAP an der DNA. Das Protein CAP hat uns im Kap. 3 als Beispiel fr ein Protein mit Domnen-Struktur gedient. Ein Blick auf die Abb. 3.13 ist ntzlich, bevor man sich in das hier gezeigte Bild vertieft. Denn dieses Bild gibt die aktive Dimer-Form des Proteins wieder (mit gebundenem cAMP, rechts als Kugeln). Die Erkennungshelix des Helix-Turn-Helix-Motivs liegt in der grossen Rinne. Die Bindung des Dimers verursacht eine Beugung der DNA [nach 18, 35]. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Knippers, R.: Molekulare Genetik (ISBN 9783134770094) © 2006 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Der Grund dafr ist eine Vernderung der Aktivitt des Enzyms Adenylat-Cyclase, das aus ATP das regulatorische cAMP herstellt. Die Aktivitt der Adenylat-Cyclase wird durch ein membrangebundenes Glucose-Transportsystem gesteuert: – Eine Komponente des Transportsystems befindet sich in einer Art Ruhezustand, wenn Glucose in der Umgebung der Bakterien fehlt. Unter diesen Umstnden ist das Protein phosphoryliert und aktiviert als Phosphoprotein die Adenylat-Cyclase. – Umgekehrt, wenn Glucose in die Zelle transportiert wird, gibt das Transportprotein seine Phosphat-Gruppe an Glucose weiter. Das dephosphorylierte Protein verliert seinen Einfluss auf die Adenylat-Cyclase: Die Bildung von cAMP unterbleibt, und die intrazellulre Konzentration an cAMP fllt. Grundlagen bakterieller Gen-Regulation 121 Kontrollelemente des lac-Operons: Ein Blick auf die Sequenz der promotornahen Kontrollelemente des lac-Operons (Abb. 5.35) mag bei der Zusammenfassung dieses Abschnitts ntzlich sein: – In Abwesenheit von Lactose oder eines anderen Induktors (IPTG) ist der Operator durch den Lac-Repressor besetzt. Da Operator und Promotor teilweise berlappen, erschwert der Repressor die Bindung der RNA-Polymerase. Aber dies reicht fr die vollstndige Repression nicht aus. Dazu ist mindestens einer der beiden Hilfs-Operatoren (lacO2 oder lacO3 der Abb. 5.33) notwendig. Wegen der eigentmlichen tetrameren und V-frmigen Struktur kann der Lac-Repressor zugleich Kontakt mit dem Haupt-Operator (lacO1) und einem der Hilfs-Operatoren aufnehmen. Es kommt zur Schleifenbildung und zum effektiven Verschluss des Promotors, auch und vor allem im Hinblick auf die korrekte Lage des aktivierenden CAP-Proteins. – In Gegenwart von Lactose lst sich der Repressor von seinen Bindestellen, aber fr eine volle Expression des lac-Operons muss ein aktives CAP-Protein an seiner Bindestelle gleich stromaufwrts von der – 35-Region des Promotors sitzen. Dadurch wird aus dem an sich schwachen Promotor ein starker Promotor mit der Konsequenz, dass schließlich mehr als 20 RNA-Polymerase-Molekle gleichzeitig und in enger Folge mit der Transkription des lac-Operons beschftigt sind. Als Ergebnis wird dann eine E. coli-Zelle schließlich mit vielen Moleklen des Enzyms b-Galactosidase ausgestattet. Ende des l-Gens GG A A A G C GGG C A G T G A G C G C A A C G C A A T T A A T G T GAG T T AG C T C A C T C A T T C C T T T CGCGCG T C A C T CGCG T T GCG T T A A T T A C A C T C A A T C GA G T GAG T AA Glu Ser Gly Gln Stop 80 70 60 CAP-Bindungsstelle Promotor A GG C A C C C C A GG C T T T A C A C T T T A T G C T T C C GG C T C G T A T G T T C C G T GGGG T C C G A A A T G T G A A A T A C G A A G G C C G A G C A T A C A 50 40 20 30 RNA-Polymerase-Bindungsstelle 10 Abb. 5.35 Kontrollelemente des lac-Operons. Beachte die Lage der CAP-Bindestelle und die Lage des Operators relativ zum Promotor mit der – 10und der – 35-Region. Das CAP-Protein dient als positiver Regulator fr viele E. coli-Gene, aber seine Bindestelle liegt nicht immer vor den PromotorGrundelementen, sondern oft auch an anderen Stellen vor dem Transkriptionsstart. CAP-Stellen ebenso wie Operator-Sequenzen sind als Palindrome organisiert. Im Bild wird das Zentrum des Palindroms durch eine grne Wellenlinie gekennzeichnet. Jede Palindromhlfte wird durch einen Partner im dimeren DNA-Bindeprotein besetzt [nach 17]. Beginn des Z-Gens Operator T G T G T G G A A T T G T G A G C G G A T A A C A A T T T C A C A C A GG A A A C A G C T A T G A C C A T G A C A C A C C T T A A C A C T C G C C T A T T G T T A A A G T G T G T C C T T T G T C G A T A C T GG T A C 1 10 mRNA 20 30 fMet Thr Met 40 Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Knippers, R.: Molekulare Genetik (ISBN 9783134770094) © 2006 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. terworfen sind, also alle Operons mit Genen fr zuckerverwertende Enzyme, enthalten eine oder auch mehrere CAP-Bindestellen, meist in enger Nhe zur – 35-Region ihrer Promotoren. Schließlich wollen wir noch vermerken, dass das Phnomen der Katabolit-Repression mit der Beschreibung des CAP-Proteins und seiner Rolle als Transkriptionsfaktor lngst nicht komplett beschrieben ist. Ein Beispiel zustzlicher Regulation ist, dass ein aktives Glucose-Transportsystem die Lac-Permease hemmt, und damit die Menge an verfgbarem Induktor herabsetzt. 5 Escherichia coli und der Bakteriophage Lambda: Gene und Gen-Expression Verallgemeinerungen: Das Kennzeichen des E. coli-Genoms – und berhaupt der Genome von Bakterien – sind Operons: Folgen von Genen, die von einem Promotor aus als polygenische mRNA transkribiert werden. Diese Anordnung garantiert die koordinierte Expression zusammengehrender Gene. Unter guten Nhrstoff- und Umweltbedingungen wird eine Reihe von Operons und von einzelnen Genen konstitutiv exprimiert. Die Effizienz der Expression hngt dabei im Wesentlichen von der Sequenz des Promotors ab: – RNA-Polymerasen haben eine hohe Affinitt zu „starken“ Promotoren, deren Struktur der Standard- oder Konsensus-Sequenz (S. 53) nahe kommt, und eine geringe Affinitt zu „schwachen“ Promotoren, die entsprechend seltener transkribiert werden. Der Promotor des lacI-Gens hat uns als Beispiel fr einen schwachen Promotor gedient (Abb. 5.30). Viele Operons des E. coli-Genoms werden reguliert exprimiert: – Sigma-Faktoren erkennen jeweils eigene Promotor-Sequenzen: Die meisten Gene sind auf den Sigma-70-Faktor angewiesen, andere Gene bentigen einen der alternativen Sigma-Faktoren (Tab. 5.5). – Viele der Sigma-70-abhngigen Promotoren stehen unter der Kontrolle von Repressoren. Man spricht von negativer Regulation. Ein spezifischer Repressor ist jeweils fr einen zugehrigen Promotor zustndig. Im Einzelnen unterscheiden sich die Strukturen der verschiedenen Repressoren, aber alle besitzen zumindest zwei gemeinsame Merkmale, nmlich eine DNA-Bindedomne (meist in Form einer Helix-Turn-Helix-Anordnung) und eine Stelle fr den jeweiligen Induktor. Etwa die Hlfte der repressorkontrollierten Promotoren haben zwei oder mehr Bindestellen fr den passenden Repressor. hnlich wie beim lac-Operon liegt eine der Bindestellen in der Nhe der Eintrittsstelle fr die RNA-Polymerase, die anderen Bindestellen sind weiter entfernt. In diesen Fllen mssen fr eine vollstndige Repression beide Bindestellen vom Repressor besetzt sein. Andere Promotoren haben nur eine Repressor-Bindestelle. Sie liegt an der Eintrittsstelle fr die RNA-Polymerase und blockiert die Initiation der Transkription. Zahlreiche Promotoren stehen zustzlich oder manche sogar ausschließlich unter positiver Regulation. Signale, die an der Oberflche etwa als Vernderungen im Nhrstoffangebot registriert werden, gelangen in das Innere der Bakterienzelle und aktivieren Transkriptionsfaktoren. Ein gut untersuchtes Beispiel ist das cAMP/CAP-Protein-System. Dutzende von Promotoren haben CAP-Bindestellen. Oft liegen sie wie beim lac-Promotor (Abb. 5.34) unmittelbar stromaufwrts von der – 35Region, auf jeden Fall aber mit der RNA-Polymerase auf der gleichen Seite der DNA-Doppelhelix, so dass die CAP-Protein-induzierte DNABeugung zu direkten Kontakten zwischen CAP-Protein und RNA-Polymerase fhrt. Nicht wenige Promotoren besitzen zustzlich noch Bindestellen fr das Protein IHF (S. 90), welches die Beugung der DNA begnstigt oder stabilisiert. Regulationen ber Repressor und Aktivator sind bei weitem nicht die einzigen Mechanismen der Gen-Regulation bei Bakterien. Leser mgen sich an die „stringente Kontrolle“ oder die Hitzeschock-Antwort erin- Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Knippers, R.: Molekulare Genetik (ISBN 9783134770094) © 2006 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 122 nern. Andere Mechanismen betreffen die Elongation der Transkription und die Regulation der Translation. Wir nennen einige Beispiele in Stichworten: – Die Regulation der Elongation wird durch das N-Protein des Phagen Lambda und durch die Nus-Proteine von E. coli vermittelt (s. Plus 5.6). – Die Translation kann durch spezifisch gebundene Proteine blockiert werden, aber auch durch die Annahme spezieller SekundrstrukturSchleifen besonders im 5¢-Bereich. Zum Beispiel knnen diese Schleifen unter gegebenen physiologischen Bedingungen die Form von Terminationsschleifen (s. Abb. 4.10, S. 58) annehmen und dann frh die Synthese der mRNA zum Halt bringen. Aber unter anderen Bedingungen bilden sie andere Formen, die keine Blockade der Transkription verursachen. Unter bestimmten Bedingungen kann auch eine Ribozym-artige Spaltung (Abb. 5.22) der eigenen mRNA von entsprechend gefalteten 5¢-Nicht-Kodierungssequenzen ausgehen. – In einigen Genen kann unter bestimmten Bedingungen auch der Gegenstrang transkribiert werden. Es entsteht eine „Antisense“RNA, die sich mit der mRNA zu einem RNA-Doppelstrang zusammenlegt und dadurch die Einleitung der Translation verhindert. Solche RNA-Doppelstrang-Strukturen begnstigen den Abbau der mRNA. berhaupt kann die Stabilitt von mRNAs ber eine Aktivierung oder Hemmung spezieller RNA-abbauender Enzyme (RNasen) reguliert werden. Nebenbei bemerkt, ist die (post-transkriptionale) Regulation der Gen-Aktivitt ber komplementre (Antisense-)RNA und den darauf folgenden Abbau von mRNA ein Mechanismus, der bei Eukaryoten eine große Bedeutung hat – und ein erhebliches Interesse unter Molekular- und Zellbiologen findet. Darber spter mehr und ausfhrlich (S. 431 ff.). Aber nicht nur die Stabilitt von mRNA, sondern auch die Stabilitt von Proteinen steht im Dienste der Regulation genetischer Aktivitt. Als Beispiel verweisen wir auf den Abbau des Sigma-32-Proteins bei der Regulation von Hitzeschock-Genen (Abb. 5.20). Ein anderes Beispiel lernen wir kennen, wenn auf den folgenden Seiten die Regulation der Gene des Bakteriophagen Lambda zur Sprache kommen wird. Zwischenstck: Bakteriophagen Bakteriophagen – oder kurz: Phagen – sind Viren, die Bakterien infizieren (Box Plaque-Assay). Wie die Viren, die Tier- oder Pflanzenzellen infizieren, bestehen Bakteriophagen aus zwei Komponenten, aus einem Nucleinsure-Molekl und einer Hlle aus zahlreichen Protein-Bausteinen. Man kennt viele verschiedene Bakteriophagen, die E.coli-Zellen infizieren. Eine erste Einteilung orientiert sich nach der Art der Nucleinsure: – DNA-haltige Bakteriophagen wie T2, T4, T7, Lambda (l), M13 oder fd. – RNA-haltige Bakteriophagen mit Bezeichnungen wie f2, MS2, R17 und Qb. Experimente mit Bakteriophagen, insbesondere mit den beiden sehr nahe verwandten Phagen T2 und T4 (T steht fr Typ), haben in den Jahren zwischen 1945 und 1965 sehr entscheidend zur Entwicklung der modernen Genetik beigetragen. Bis heute bleiben sie ein faszinierendes Objekt Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Knippers, R.: Molekulare Genetik (ISBN 9783134770094) © 2006 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 123 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Zwischenstck: Bakteriophagen