Parey: Das Hundezahnbuch

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Dr. med. vet. Markus Eickhoff
Das Hundezahnbuch
Mit freundlicher Empfehlung
Dr. med. vet. Markus Eickhoff
*28.9.1966
– Ist verheiratet und hat eine Tochter und einen Hund
und eine Katze.
– Ist approbierter Tierarzt und approbierter (Human-)
Zahnarzt.
– Betreibt eine tierärztliche Fachpraxis für Zahn-, Mundund Kieferheilkunde in Weissach bei Stuttgart.
– Hält seit vielen Jahren Vorträge und Fortbildungsseminare zur Tierzahnheilkunde für Tierärzte sowie Vorträge bei Hundezuchtvereinen.
– Ist Autor eines Fachbuchs für Tierärzte mit dem Titel
„Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde bei Klein- und
Heimtieren“, welches im Enke Verlag erschienen ist.
Dr. med. vet. Markus Eickhoff
Das Hundezahnbuch
쮿 Probleme erkennen
쮿 Richtig vorbeugen
쮿 Schmerzen vermeiden
Inhalt
DAS HUNDEGEBISS
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Schädelbau und Schädelform
Entwicklung der Zähne
Die Milchzähne
Die bleibenden Zähne
Mundschleimhäute
Zahnfleisch
Zungenschleimhaut
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DIE HÄUFIGSTEN ZAHNKRANKHEITEN
DES HUNDES
쮿 Zahnkrankheiten – eine Frage des Alters?
Das Fehlen von Zähnen
Zahnüberzahl
Missgestaltete Zähne
Abgebrochene Zähne
Parodontitis
Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten
쮿 Zahnschmerz
Wie Zahnschmerz entsteht
Das Schmerzerleben des Hundes
쮿 Zahnfehlstellungen
Einbiss der Fangzähne am Gaumen
Vorbiss oder frontaler Kreuzbiss
쮿 Zahnfraktur
Behandlung
Zahnfraktur beim Jungtier
Wurzelfraktur
Traumatisch gelockerter oder herausgebrochener Zahn
쮿 Karies
Wie Karies entsteht
Was passiert bei einer Karies mit dem Zahn?
Warum bekommen Hunde so selten Karies?
Warum sind vor allem die hinteren Backenzähne
betroffen?
Behandlung der Karies
Die etwas andere Zahnextraktion beim Hund
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Inhalt
쮿 Erkrankungen des Zahnfleischs und des Zahnhalteapparats
Was führt zu einer Parodontitis?
Krieg im Zahnhalteapparat
Mechanismus der parodontalen Schädigung
Folgen einer Parodontalerkrankung
Symptome
Diagnose
Behandlung
Nachsorge und häusliche Zahnpflege
쮿 Kieferbruch
Oberkieferfrakturen
Unterkieferfrakturen
쮿 Mundhöhlentumoren
Wie entstehen Mundhöhlentumoren?
Was sind Anzeichen für einen Tumor in der
Mundhöhle?
Diagnose
Behandlung
쮿 Stöckchenverletzungen
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MASSNAHMEN ZUR VORBEUGUNG
VON ZAHNKRANKHEITEN BEIM HUND
쮿 Vorbeugende Zahnpflege
Was tun?
Anleitungsvorschlag zum Zähneputzen beim
Hund
Zahnbürsten
쮿 Futtermittel zur Verringerung der Belagsbildung
So wirken Futtermittel mit Zahnpflegeeffekt
Plaque und Zahnstein
Zusammensetzung der Futtermittel
Auswahl an Futtermitteln und Snacks für die
Zahngesundheit
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ANHANG
Das kleine Zahnlexikon
Stichwortverzeichnis
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Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser,
I
hr Hund zeigt Ihnen eine eingetretene Glasscherbe in der Regel recht
deutlich: Er entlastet das Bein, fängt
eventuell an zu humpeln und schleckt
an der verletzten Stelle. Und wenn
nicht, dann bemerken Sie vielleicht die
blutigen Tapser auf dem Teppich.
Wie verhält es sich aber mit Erkrankungen in der Mundhöhle? Das sind die
häufigsten Erkrankungen des Hundes
überhaupt. Hierzu zählen abgebrochene Zähne, Erkrankungen des Zahnfleischs und des Zahnhalteapparats,
allgemeine Entzündungen der Mundhöhle, Zahnfehlstellungen und auch
Mundhöhlentumoren. Bestehen diese
lokalen Erkrankungen über einen längeren Zeitraum, so können sie als Herderkrankung Herz, Leber und Nieren
schädigen und die Allgemeingesundheit des Hundes beeinträchtigen.
Die Mundhöhle ist der häufigste Ort
einer Herderkrankung und sollte daher
bei dem Versuch, die Gesundheit des
Hundes zu erhalten, stets gebührende Aufmerksamkeit erfahren. Durch
geeignete Vorbeuge- oder Behandlungsmaßnahmen sind Schmerzen,
Entzündungen und Folgeerkrankungen
oftmals vermeidbar.
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Problematisch ist die häufig unspezifische Symptomatik bei Erkrankungen
in der Mundhöhle. Viele Erkrankungen
können vom Tierbesitzer nur schwer
erkannt werden oder werden gar nicht
mit einer Zahnproblematik in Zusammenhang gebracht. Zum einen kann
die Mundhöhle nicht immer bis in den
letzten Winkel eingesehen werden,
zum anderen können die Tiere selbst
nur schlecht auf schmerzende Zähne
aufmerksam machen.
Über die Verweigerung des Futters
zeigen Hunde nur selten, dass etwas
mit den Zähnen nicht stimmt. Vielmehr
muss man auf andere Auffälligkeiten
achten: Anzeichen von Zahn-, Mundund Kiefererkrankungen sind schon
kleine Veränderungen wie Mundgeruch, Zahnbeläge und Zahnstein, eine
Rötung des Zahnfleischs oder vermehrtes Speicheln. Auch Nasenausfluss hat
häufig seine Ursache in Entzündungen
der Zähne und Kiefer. Offensichtliche
Symptome wie Schwellungen am Kiefer
oder Blutungen aus dem Fang werden
natürlich direkt bemerkt. Allerdings ist
die Erkrankung zu diesem Zeitpunkt
bereits weit fortgeschritten.
Vorwort
Dieser Ratgeber zeigt, wie das Hundegebiss aufgebaut ist, erläutert ausführlich alle Maßnahmen zur Zahnpflege
und Vorbeugung und gibt einen Überblick über die häufigsten Zahnkrankheiten des Hundes.
Das geschulte Auge des Tierbesitzers
kann helfen, Erkrankungen der Mund-
höhle frühzeitig zu erkennen und zu
behandeln, um weitergehende Schädigungen zu vermeiden. Und eine geeignete Zahnpflege kann dazu beitragen,
Erkrankungen bereits im Ansatz zu
verhüten und die Allgemeingesundheit
des Tieres zu fördern.
Markus Eickhoff
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Das
Hundegebiss
Schädelbau und Schädelform
Schädelbau und Schädelform
D
er Hund ist ein Fleischfresser (Karnivor) und besitzt ein Gebiss, das
im Normalfall hervorragend für seine
Funktion, nämlich das Fangen und
Zerteilen des Futters, geeignet ist. Hat
sich im Laufe der Entwicklung vom
Wolf zum Haushund die Beute auch ein
wenig verändert – weg vom Wild, hin
zur Futterdose –, so haben neben der
Futterauswahl vor allem züchterische
Ziele zu Modifikationen bei Kiefer und
Gebiss geführt.
Der „Normaltyp“ des Hundekopfes
entspricht daher auch immer noch
dem Kopf des Wolfes. Man spricht vom
mesozephalen Schädeltyp, wie man ihn
zum Beispiel beim Schäferhund oder
Münsterländer findet.
▼ Seitenansicht eines Hundeschädels
Typisch ist die enge Scherenverzahnung im
Frontzahn- und im Backenzahnbereich.
Der „Langnasentyp“ hat einen deutlich
verlängerten Gesichtsschädel, man
spricht vom dolichozephalen Schädeltyp, wie man ihn zum Beispiel beim
Collie oder Barsoi findet.
Der „Kurznasentyp“ hat einen deutlich verkürzten Gesichtsschädel, man
spricht vom brachyzephalen Schädeltyp, wie man ihn zum Beispiel beim
Boxer oder Pekingesen findet.
Eine Besonderheit stellen die ToyRassen dar, wie zum Beispiel Yorkshire
Terrieroder Malteser. Bei diesen Rassen
weicht nicht die Schädelform an sich in
ihren Proportionen vom Normaltyp ab,
jedoch müssen sich Zähne und Zahnstellung so gut es geht den beengten
Raumverhältnissen anpassen, da Kiefergröße und Zahngröße nicht immer
gut miteinander harmonieren.
Allen Formveränderungen und
-variationen zum Trotz ist die Anzahl
der beteiligten Schädelknochen bei
allen Hunderassen gleich geblieben,
lediglich in Bezug auf Form und Anordnung wurde von der Natur und auch
vom Menschen ein wenig modifiziert.
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Das Hundegebiss
Der Unterkiefer besteht aus zwei paarigen Unterkieferknochen (Mandibula),
die mittig im Frontzahnbereich miteinander verwachsen sind. Jedoch anders
als bei uns Menschen verknöchert
diese Verbindung – die Unterkiefersymphyse – nicht, sondern behält ihren
faserigen Charakter.
Der Oberkiefer setzt sich aus mehreren
Knochen zusammen: dem paarigen
Oberkieferbein (Maxilla), dem paarigen
Gaumenbein (Os palatinum) und dem
paarigen Zwischenkieferbein (Os incisivum), auch Goetheknochen genannt,
da er 1784 vom Dichter J. W. Goethe
entdeckt wurde. Die beschriebenen
Kieferknochen verwachsen über Nähte,
so genannte Suturen, miteinander, die
entweder flach aneinander liegen oder
aber sägezahnartig verbunden sind.
▲ Verbindungsnaht (Symphyse) im Unterkiefer
Die zahntragenden Abschnitte der
Kiefer bezeichnet man als Alveolarknochen, entsprechend der Namensgebung
der Zahnfächer, die Alveolen heißen.
Der Unterkiefer ist über das Kiefergelenk mit dem Schädel verbunden.
Diese gelenkige Verbindung erlaubt
überhaupt erst dessen Bewegung mithilfe der Kaumuskulatur. Insbesondere
die Kieferschließer (Musculus masseter, Musculus pterygoideus medialis,
▼ Seitenansicht des Unterkiefers
▼ Seitenansicht des Oberkiefers
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Schädelbau und Schädelform
Gehirnnerv (Nervus facialis) gesteuert.
Am Schädel finden sich daher Austrittslöcher und Knochenkanäle, die
den Gehirnnerven das Erreichen ihrer
Zielorgane ermöglichen. Gleichzeitig
verlaufen in diesen Kanälen zumeist
auch größere Arterien und Venen.
Kiefer und Zähne – ihre
besondere Bedeutung für
den Hund
▲ Der Oberkieferknochen und seine
Verbindungsnähte (Suturen)
Musculus temporalis) sind beim Hund
besonders prominent ausgebildet, während die Kieferöffner kaum ins Gewicht
fallen. Somit erklären sich auch die großen Kräfte, die beim sich schließenden
Kiefer wirken, wohingegen man durch
Umfassen der Schnauze ein Öffnen der
Kiefer relativ leicht verhindern kann.
Der fünfte Gehirnnerv (Nervus trigeminus) ist hauptsächlich für die Empfindungen im Gesichtsbereich und an
den Zähnen verantwortlich und steuert
zusätzlich noch die Bewegungen der
Kaumuskulatur. Die übrige Gesichtsmuskulatur wird dagegen vom siebten
Die Evolution hat dem Gesichtsschädel des Hundes seine dominierende
Stellung belassen. Anders als bei uns
Kopfmenschen mit ausgeprägtem
Gehirnschädel sind Kiefer und Zähne
beim Hund betont geblieben und
zeugen somit von der besonderen
Bedeutung, die sie für ihn haben. Mit
Kiefern und Zähnen wird zunächst
die Nahrungsaufnahme sichergestellt. Darüber hinaus stellen Kiefer
und Zähne aber auch Ausdrucksmittel dar in der Kommunikation mit
Artgenossen und uns Menschen, und
sie gewährleisten nicht zuletzt das
Greifen und Halten von Gegenständen.
Die Erhaltung der Mundgesundheit
geht daher weit über die reine Sicherstellung des Futterzerteilens hinaus
und hat hohen Anteil an der Erhaltung
der Lebensqualität unserer Hunde.
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Das Hundegebiss
Entwicklung der Zähne
D
ie Zahnentstehung beginnt sehr
früh in der embryonalen Entwicklung. Daran beteiligt sind sowohl
Gewebe, die sich bereits in der Mundhöhle befinden, als auch Zellen, die
aus anderen Regionen des Kopfes erst
einwandern müssen. Erst das geordnete Zusammenspiel dieser Zellen und
Gewebe unterschiedlicher Herkunft
ermöglicht einen reibungslosen Ablauf
in der Zahnentstehung.
Die außen liegenden Zellschichten (die
ehemaligen Schleimhautzellen) produzieren den Schmelz und heißen daher
Schmelzbildner oder Ameloblasten
(Zellen des inneren Schmelzepithels) .
Mit dem 25. Tag der Embryonalentwicklung lässt sich die sogenannte
Zahnleiste nachweisen, ein Teil der
Schleimhautauskleidung der primitiven
Mundhöhle. Die Zahnleiste senkt sich
in tiefere Gewebeschichten ab, begleitet vom gleichzeitigen Wachstum von
Ober- und Unterkiefer.
Schmelz und Dentin liegen direkt aufeinander, bei der weiteren Entwicklung
entfernen sich die produzierenden Zellschichten immer weiter voneinander.
Die Produktion der Zahnkrone beginnt
an der Zahnspitze und schreitet in
Richtung Wurzel fort. Schon bald ist
die endgültige Form der Zahnkrone
bereits am Zahnkeim erkennbar.
In der Tiefe des Gewebes treffen die
Schleimhautzellen auf aus anderen
Kopfregionen eingewanderte Bindegewebszellen. Abwechselnde Wachstumsreize führen zur Aktivierung und
Umbildung der an der Zahnentwicklung beteiligten Zellen, was letztlich in
der Produktion von Zahnhartsubstanz
resultiert.
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Weiter innen liegende Zellschichten
produzieren die knochenähnliche, harte Grundsubstanz des Zahnkörpers, das
Dentin, und heißen daher Dentinbildner oder Odontoblasten.
Die Zahnwurzel entwickelt sich auf
ähnliche Art und Weise, nur dass an
der Wurzel kein Schmelz benötigt
wird. Zwar helfen wiederum die ehemaligen Schleimhautzellen bei der
Formgebung. Da sie aber nicht weiter
benötigt werden, werden sie alsbald
aufgelöst. Benachbarte Bindegewebszellen liegen nun dem Dentin auf und
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