Das Nachleuchten des Urknalls – Die 3K-Hintergrundstrahlung/CMB Michael Klein Überblick • Schwarzkörperstrahlung, Urknall • Horizontproblem, Inflation, Rotverschiebung, Hubble, Kosmologisches Prinzip • Friedmann-Modell • CMB (Cosmic Microwave Background) und Historie der Experimente • Dipolanisotropie, Multipolentwicklung • Powerspektrum + Analyse • Ableitung der kosmologischen Parameter • Aktuelle Entwicklungen • Zusammenfassung & Quellen Schwarzkörperstrahlung • Planck für die spektrale spezifische Ausstrahlung M ,T O 2 hc 2 5 1 ehc / kT • Stefan-Boltzmann-Gesetz W M T 2 m 4 • Wien-Verschiebungsgesetz max T 1 W 1 m2 m Schwarzkörperstrahlung BigBangTheorie • Idee: Universum (Zeit, Materie, Raum) entstand aus extrem heißen und dichten Zustand • Dann: Ausdehnung + Abkühlung • Beschreibung durch Einsteins Feldgleichungen (ART) + kosmologisches Prinzip • Alter: ca. 13,7±0,2 Mrd. Jahre • Indizien: Rotverschiebung, CMB, Häufigkeit der Elemente im Universum, Grenze der Altersverteilung der Sterne bei 13 Mrd. Jahren • Historische Alternative: Steady-State-Modell Vereinigung der vier WW 1979 NP: Glashow, Salam, Weinberg Schwache WW Starke WW BB Planckära Energieabnahme, Zeit Strahlungs-Ära Materie-Ära p+n Atomkerne durch Fusion: Nukleosynthese p+p und später e- +e+ p+n & Antiteilchen entstehen Elektromagnetische und Schwache WW separieren Abspaltung starke WW, Inflation: Ausdehnung x1030 Grand-Unified-Theory (GUT), Gravitation spaltet ab, Baryogenese Planck-Ära: Theorie für quantenmechanische Gravitation fehlt, Vereinigung aller 4 Grundkräfte Expansion & Abkühlung • Energiedichte Strahlung nimmt ab • abnehmender Strahlungsdruck kann Materieentstehung nicht mehr verhindern • Materie dominiert die weiteren Prozesse 1 Mrd. Jahre: Quasare entstehen, kollabierende Gaswolken bilden Sterne, schwere Elemente durch Kernfusion, deren Verteilung durch explodierende Supernovae 1 Mio. Jahren: Abnahme der Strahlung Gravitation dominiert Bildung großräumige Strukturen 397.000 Jahre (@3000K) Rekombination: leichte Atomkerne + e- bilden stabile, neutrale Atome Transparenz CMBStrahlung entsteht last scattering surface Entkopplung Horizontproblem wir Entkopplung Urknall Lösung: Inflation Vor Inflation: Materie und Strahlung wandeln sich permanent ineinander um thermisches Gleichgewicht Verzögerte Abspaltung der starken WW Unterkühlung Expansion um Faktor 1030 Erklärt Isotropie der später entstehenden Strahlung und Homogenität des Raums Erklärt Entstehung großräumiger Strukturen als Quantenfluktuation Kosmologische Rotverschiebung • Gemessen durch Analyse bekannter Spektrallinien (relative Intensitäten & Abstände) • Dehnung der Lichtwelle durch Expansion des Universums • Kein klassischer Dopplereffekt!!! • Intensität durch z-Wert beschrieben Be Sender 1 z und z 1 Sender 1 mit vObjekt c und z für 1 • Blauverschiebung: meistens in unserer Nähe, Objekte bewegen sich auf uns zu, selten, z.B. Andromeda Nebel • CMB hat z 1100 in alle Richtungen Hubble • • • • Edwin Hubble vermaß (1924/25) räumliche Verteilung und Rotverschiebung von Galaxien Expansion des Universums Rotverschiebung proportional zur Entfernung: v zc Hubble-Gesetz: v H 0 r km Hubble-Konstante: H 0 71 • • • Mpc = Megaparsec: 1pc = 3,26 Lichtjahre 1 17 10 Hubble-Zeit: t H H 0 4,3 10 s 1,37 10 j mit der dimensionslosen Einheit s* Mpc km h H 0 / 100 s* Mpc Hubbles erste Messung 1929 H 0 530 km s* Mpc Kosmologisches Prinzip • Universum ist homogen und isotrop Robertson-Walker-Metrik • Energiedichte + Druck zeitabhängig • CMB ist isotrop bis 1:105 • Distanz > 100Mpc Universum isotrop • Galaxien ≈ Gasmoleküle Friedmann-Lemaître-Modelle • basiert auf kosmologischen Prinzip • adiabatisch expandierendes Universum • Einstein postulierte seine ART und erklärt damit ein expandierendes Weltall – allerdings ging man damals noch von einem stationären Universum aus, daher fügte er seine kosmologische Konstante Λ ein • Alexander Friedmann ließ in seinem drei Modellen (1922) allerdings u.a. expandierendes Universum zu, was von Hubble sieben Jahre später bestätigt wurde • Einstein korrigierte sich auf Grund Hubbles Beobachtungen, entfernte kosmologische Konstante • Georges Henri Lemaître entwickelt eine Urknalltheorie, die von dem „Uratom“ ausgeht Friedmann-Gleichung aus Newton • • • Entwicklung vollständig bestimmt durch Zeitabhängigkeit der Entfernung zweier Galaxien Skalenfaktor: R t Überlegung: - auf m wirkt Gravitation aller inneren Galaxien - R>100Mpc - Birkhoff‘s Theorem: durch äußere Galaxien keine gravitative Kraft 4 GmM 4 M R 3 mit Massendichte ; V GmR 2 3 R 3 2 1 4 1 8 2 2 2 R E mR GmR mR 2 G 2 3 2 R 3 2E R2 2 8 mit dem Krümmungsparameter k R G 2 m 3 R R2 k 8 ... Friedmann-Gleichung: 2 2 G , quasi Energieerhaltung: T E V R R 3 Friedmann-Gleichung aus ART Metrischer Tensor (enthält Skalenfaktor) + LSG der Feldgleichung (ART) + Robertson-Walker+Metrik R2 k 8 8 ... Friedmann-Gleichung: 2 2 G G V R R 3 3 3 mit Vakuumenergiedichte V 8 G Diskussion Friedmann-Gleichung R 2 8 G k H 2 2 , aus Rotverschiebung ist bekannt: H0 0; H t ? R 3 R 2 k 2 E / m k 0 : H 0 E 0 nicht durch Gravitation gebunden Expansion für immer Universum offen k 0 : sinkt rechte Seite wird kleiner Null Expansion stoppt, dann Kontraktion geschlossenes Universum k 0 : also auch E 0 Expansion wird gebremst: H 0 (asymptotisch) flaches Universum Kritische Dichte ρc, Ω-Parameter 2 8 kR G H 2 3 (*) ist eine Lösung 8 G k 2 3 R kritische Dichte für flaches Universum: der Friedmann-Gleichung H 2 3H 2 c 8 G c aus (*): k R2 1 H 2 -Parameter: 1 k 0 offenes Universum 1 k 0 geschlossenes Universum 1 c k 0 flaches Universum Erste Temperaturabschätzung 1940 berechneten Gamov + Alpher die Temperatur der CMB über Mischungsverhältnis der leichten Elemente (Deuterium – H2): T0≈5K hc 2,9* 10 3 m f 103GHz kT0 also Mikrowellenstrahlung … 1965, Bell Labs Arno Penzias und Robert Wilson entdecken mit ihrer neuentwickelten Hornantenne ein isotropes Rauschen mit λ≈7,15cm, konnten es nicht erklären. Robert Dicke (Princeton) identifiziertes es als CMB. Penzias + Wilson NP, 1978 Probleme bei der Messung Galaktischer Vordergrund 33 GHz 23 GHz 41 GHz 95 GHz 61 GHz 1989-1996, COBE (Satellit) DMR – Differential Microwave Radiometer Cosmic Background Explorer • • • Aufbau: sechs DifferenzMikrowellen-Radiometer, Differenzwinkel 60°, je zwei quasiidentische Frequenzbänder (31,5, 53, 90 GHz), Hornantennen, Auflösung effektiv 10° perfekter Schwarzkörper CMB hochisotrop, nur minimale Fluktuationen erstmals Nachweis von Anisotropien korrigiert um Dipolmoment 1998, Maxima (Ballon) Millimeter Anisotropy eXperiment Imaging Array Palestine Texas, Flughöhe ca. 37km • Ziel: Verbesserung der Winkelauflösung, 10‘ • 16 Bolometer @100mK • Reduzierung systematischer Effekte • Flugdauer: einige Tage Messverfahren Bolometer • Absorber, verbunden mit einem isolierten Wärmereservoir, FK • Auftreffende Strahlung ändert die Temperatur des Reservoirs • Gemessen wird Widerstandsänderung des Reservoirs • TReservoir≈50-350mK teure und aufwendige Kühlung nötig HEMT-Radiometer • HEMT (High Electron Mobility Transistor) Feldeffekttransistor, für Verstärker mit bis zu 200GHz • Dipolantenne 1999-…, Dasi Degree Angular Scale Interferometer Amundsen-Scott Südpol-Station • 13 Element-Interferometer, mißt Temperatur und PolarisierungsAnisotropien •HEMT-Verstärker: 26-36GHz mit 10 Kanälen • Auflösung bis 4‘, Fehler max. 20% 2001-…, WMAP Wilkinson Microwave Anisotropy Probe Raumsonde auf Lagrange-Punkt L2 • Winkelauflösung von 0,3° • Sensibilität von 20 μK pro 0,3°-Pixel • Max. system. Fehler 5 μK pro Pixel • Spektrum: 1cm bis 3mm • Differential-MikrowellenRadiometer • bereits nach 1 Jahr exzellente Ergebnisse Dipolanisotropie • Abh. von Messrichtung Blau- bzw. Rotverschiebung: T T 1 cos mit als Richtung maximaler Blau- ΔT=3,35mK verschiebung mit als Amplitude der DipolAnisotropie mit als Beobachtungsrichtung Abweichung: T 3,35mK • Universum homogen Bewegung relativ zur CMB: – Erde 365 km/s – Milchstraße 550 km/s – Lokale Gruppe 630 km/s ΔT=3,35mK Multipolentwicklung Autokorrelationsfunktion C T m T n T0 T0 mit m n cos und mit Temperaturmittelwert T0 für kleine Winkel gilt: 1 C 4 2 a l 2l 1 Pl cos mit Legendrepolynom Pl l 2 der Ordnung / Wellennummer l und mit Koeffizienten / "powers" al2 60 l al2 über l aufgetragen ergibt das Powerspektrum Multipolentwicklung für große Winkel Verwendung von Kugelflächenfunktionen: l T T T n T0 alm Ylm n mit Koeffizienten alm l 1 m l l 1 Cl alm 2l 1 m l 180 l 2 Powerspektrum Sachs-Wolfe-Effekt (l<200) • Überlegung: kosmische Strukturen in unserer Nachbarschaft schon vor Rekombination angelegt • es existierten bereits Verdichtungen und Verdünnungen (Unterschiede im Gravitationspotential) im kosmischen Material, Quantenfluktuationen im Inflatonfeld • Photonen in überdichten Gebieten Energieverlust beim Verlassen Verringerung der Photonentemperatur • Anisotropie auf großen Winkelskalen Akustische Schwingungen (l>200) • Schwingungen im kosmischen Plasma • nur Materiewolken kleiner 240.000 Lichtjahre können schwingen (Schallhorizont) • Schallhorizont definiert Grundton der Temperaturschwankung • Synchronisierung der Schwingung gleich großer Wolken Silk-Dämpfung • begrenzt Größe der Wolken mit akustischen Schwingungen nach unten • Photonen wechselwirken mit dem Plasma (Rekombination + Entkopplung nicht instantan) • treiben entstehende Materiewolken wieder auseinander • kleine Wolken werden zerstört / weggedämpft Analyse des Powerspektrums • Große Strukturen können nur durch Sachs-Wolfe-Effekt entstehen • wegen Schallhorizont nimmt Druck (also akustische Schwingung) erst bei kleinen Strukturen Einfluss Wellenstruktur im Powerspektrum • Silk-Dämpfung erst bei kleinen Strukturen Spektrum fällt zu kleinen Strukturen exponentiell ab Λ-CDM Lambda –Cold Dark Matter • FLRW-Modell mit flacher Geometrie, BBN, CMB-Anisotropien durch Gauß‘sche Massefluktuationen • Λ: kosmologische Konstante – Dunkle Energie-Term, ca. 73% der Energiedichte • CDM: Nicht-Baryonische Materie, 23% der Energiedichte • restliche 4% bilden unsere sichtbare Materie + Photonen Ableitung kosmologischer Parameter • Bestfit für verschiedene Kombinationen kosmologischer Parameter für Powerspektrum • Lage der Maxima/Minima, Abstand zueinander, absolute Höhe und Tiefe variieren stark • Beispiel: 220 l1.Peak mit l1.Peak 220 1 • siehe: C. Grupen, Astroparticle Physics, 11.6 Variation der kosmologischen Parameter und das Powerspektrum Powerspektrum für Dichteparameter Ω0 Animationen: http://background.uchicago.edu/~whu/metaanim.html Zukunft: Planck • • • • • Winkelauflösung bis zu 5‘ Sensibilität: bis 1 Millionstel Kelvin Start voraussichtlich Anfang 2007 Spektrum: 1cm bis 0,3mm bessere Filtermöglichkeiten für Vordergrundstrahlung • Messung bis in Bereich der Silkdämpfung • Entdeckung 10.000 bis 100.000 neuer Galaxiehaufen durch Sunyev-Zel‘dovich-Effekt Zusammenfassung • WMAP: gravierende Verbesserung in Vermessung einiger kosmologischer Parameter km • Hubblekonstante: H 0 71 4 s Mpc • Universum besteht aus: – 4% gewöhnliche Materie – 23% unbekannte dunkle Materie – 73% dunkle Energie • Alter: 13,7 ± 0,2 Mrd. Jahre • Bestätigung des ΛCDM-Modells • Durch Planck eine noch exaktere Bestimmung kosmologischer Parameter Aktuelle Daten (nach WMAP, 1. Jahr) ,04 Hubble: h 0,7100,03 Gesamt-Energiedichte zu c : 1,02 0,02 Baryonen zu Photonen Verhältnis: 6 ,100,2,3 * 10 10 Baryonen-Energiedichte zu c : b 0,044 0,004 Materie-Energiedichte zu c : m 0,27 0,04 Vakuum-Energiedichte zu c : 0,73 0,04 Literatur • Matts Roos, Cosmology • Claus Grupen, Astroparticle Physics • James Rich, Fundamentals of Cosmology • Astronomie + Raumfahrt 37/2, 8 (2000) • First Year WMAP Observations: The Agular Power Spectrum, 11.2.2003 + Determination of Cosmological Parameters 17.6.2003 • Skript: de Boer • www.cern.ch • Wayne Hu: http://background.uchicago.ed u/~whu/ • http://lambda.gsfc.nasa.gov/pr oduct/cobe/ • http://map.gsfc.nasa.gov/index. html • http://www.physics.hku.hk/~nat ure/CD/regular_e/index.html • http://www.mpagarching.mpg.de/mpa/institute/ index-en.html • http://xxx.uni-augsburg.de/