Ganz schön nachhaltig

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THEMA
Ganz schön nachhaltig
I N D U S T R I E B A U T E N Immer mehr Architekten verstehen «Ökologisches Bauen» als integralen Teil ihrer
­Arbeit. Zwei Beispiele zeigen, dass Schönheit, Nutzen und Nachhaltigkeit in der modernen Industrie- und
­Gewerbearchitektur kein Widerspruch sein müssen.
TEXT INÈS DE BOEL
Kürzer werdende Produktlebenszyklen
und ein verstärkter globaler Wettbewerb
stellen Industriebetriebe vor neue Herausforderungen. Auch das Fabrikgebäude wird zu einem relevanten Wettbewerbsfaktor, da es massgeblich dazu
beiträgt, wie der Industriebetrieb auf veränderte Anforderungen reagieren kann
und welche Investitionen dafür erforderlich sind. Ein entscheidender Faktor
hierbei sind die Kosten über den Lebenszyklus des Gebäudes. Firmen lassen sich
bei ihren Investitionsentscheidun­gen
nicht nur vom Faktor Rentabilität leiten, sondern setzen sich auch zunehmend mit dem Thema der «ökologischen Nachhaltigkeit» auseinander. So
tragen Architekten immer öfter dem
Wunsch von Bauherren Rechnung, im
gewerblichen Bereich ökologisch und
kostengünstig in Herstellung und Unterhalt zu bauen. Neben dem Aspekt, die
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Natur für unsere und künftige Generationen zu erhalten, können Ressourcen mit wirksamen architektonischen
Konzepten effizient genutzt werden.
Der Trend, nach umweltfreundlichen
Gesichtspunkten zu bauen, hat sich in
den letzten Jahren vor allem bei Gewerbebauten noch verstärkt. Dass industrielle Gebäude darüber hinaus auch
noch schöne Architektur in sich vereinen können, sollen nachfolgend zwei
verschiedene Beispiele aus der Praxis
veranschaulichen. Beide Projekte wurden vom Architekturbüro «HZDS Architektur für die Arbeitswelt» geplant und
realisiert. Sie erfüllen immer die drei
Kriterien: Nützlichkeit, Nachhaltigkeit
und Schönheit.
Heimisches Holz und viel Tageslicht
Mit der Produktionshalle und dem
­in­­tegrierten Verwaltungsbau der Esch­
bal AG, einer Herstellerin von Komponenten und Systemen für den Fensterbau, ist ein modernes und zeitloses
Gebäude von schlichter Schönheit entstanden. Den Bauherren war es sehr
wichtig, ökologisch zu bauen – trotz
des hohen Kosten- und Zeitdrucks. Ein
­weiteres Ziel war es, den Bau sowohl
den neuen Bedürfnissen als auch hinsichtlich einer möglichen Umnutzung
anzupassen.
Gelungen ist dies mit Hilfe des Dachs
der Produktionshalle, das mit einer
Grundfläche von 40 mal 40 Metern und
einer Höhe von sechs Metern auf nur
Bilder: zVg
vier baumartigen Stützen ruht. Somit
können die Produktionshalle und das
Bürogebäude – obwohl zusammengebaut – unabhängig voneinander erweitert werde­n, und ermöglichen eine flexible Nutzung.
Der Clou: Die meiste Zeit im Jahr
kann ohne Kunstlicht gearbeitet werden. Streifen- und Punktoberlichter
sorgen nämlich für gleichmässiges
Tageslicht in der Halle. Beim Bau sind
überwiegend erneuerbare und einfach
wiederverwendbare Materialien verarbeitet worden. Das Heizsystem mit
Holzpellets als erneuerbare Ener­gie­
quelle sorgt für die Wärmeerzeugung.
Nicht nur nachhaltig, sondern auch
gleichzeitig schön zeigt sich dem
Be­trachter die Aussenfront des Gebäudes. Nachwachsende Rohstoffe – hier
aus heimischer Weisstanne – verschaffen ihr einen ebenso langlebigen wie
typischen Charakter.
Und ab geht die Post! Innen
­natürlich ­belichtet und belüftet,
­aussen schwungvoll:
Das ­Logistikzentrum Post in
­Wädenswil.
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THEMA
Reduzierte Form- und Farbwahl
Die Planer standen vor der Aufgabe, ein
Logistikzentrum für die Post zu entwerfen. Das Gebäude sollte zwei eigenständige Postbereiche mit gemeinsamen
Schulungs- und Aufenthaltsräumen
unterbringen. Gar nicht so leicht: Denn
die beiden Bereiche PostMail (Briefe)
und PostLogistics (Pakete) stellten
hinsichtlich Raumbedarf, Flächen und
Logistik nicht nur ganz unterschiedliche Anforderungen, sondern sollten ebenso bei Bedarf die Kapazitäten
erweitern können.
Im Ergebnis präsentiert sich dem
Betrachter ein futuristisches, innovatives und sehr dynamisch wirkendes Bauwerk, das sich mit seiner ausgefallenen
Grundform und den grossen zusammenhängenden Flächen – sowohl in
Höhe wie Breite – in vielfältiger Weise
gewerblich nutzen lässt. Obwohl jeder
Bereich dank vertikaler Trennung separat funktioniert, kann die Nutzfläche
jederzeit horizontal und vertikal verdoppelt werden. Interessant ist auch
hier das Energiekonzept der Architekten. Sie nutzen einen saisonalen Felsspeicher, der mit Hilfe von Erdsonden
effizient die Einlagerung und Entnahme
der gespeicherten Wärme steuert. Das
Resultat: Der Elektrizitätsbedarf der
Wärmepumpen wird dadurch um 30
Prozent verringert. Im Übrigen sind alle
Räume natürlich belüftet und belichtet.
Besonders hervorzuheben ist der
schlichte Baukörper, der durch die
reduzierte Farbgebung in warmen Erdtönen und den umlaufenden Chromstahlbändern der ins Auge stechenden
Lammellenfassade einen schwungvollen Ausdruck verleiht.
Produktionshalle
und Verwaltungstrakt der Eschbal
AG in Seuzach:
Ökologische
Baustoffe
schaffen eine
gute Arbeitsumgebung.
HZDS AG
Architektur für die Arbeitswelt
HZDS sind Architekten und Generalplaner. Das Team mit zwölf ­Mit­arbeitenden plant und realisiert Bauten für die Arbeitswelt, die n
­ achhaltig,
funktionell und schön sind.
www.hzds.ch.
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Schönheit im Industriebau
Schönheit ist gut für die Psyche. Wir
Ist ein schöner Industriebau nicht
glauben daran, dass es Menschen besreiner Luxus?
ser geht, wenn sie von schönen Dingen
Heinz Zimmermann Leider gelten
umgeben sind. Wenn Mitarbeitende
Gewerbe- und Industriebauten als
das Gebäude, in dem sie arbeiten,
Zweckbauten, die nicht schön sein
als schön empfinden, entwickeln sie
müssen: Sie sollen keine Prunkbaueinen gewissen Stolz. Diese positive
ten sein. Dagegen gibt es zweierlei
Identifikation ist gut für die Arbeitsleiseinzuwenden. Erstens: Alles, was
gebaut wird, ist Zweckbau – vom
tung und die Gesundheit. Wer sich in
Kunstmuseum übers Schulhaus bis
seiner Arbeitsumgebung wohlfühlt, ist
zum Einfamilienhaus. Ein Gebäude ist
motivierter und produktiver, weniger
immer eine Hülle für eine bestimmte
anfällig für Krankheiten etc. Schönheit
Nutzung. Und die wird vom Bauherrn
zahlt sich also auch auf dieser ökonofestgelegt. Das Gebäude
mischen Ebene aus. Lichtist dann gut, wenn es
führung und der Umgang
funktioniert und seinen
mit Tageslicht gehören zu
Zweck erfüllt. Das allein
diesem Schönheitsempfinaber genügt im 21. Jahrden, aber auch der erlebbare Bezug zum Aussenhundert nicht mehr. Ein
raum. Für die Kundschaft
Gebäude muss auch schön
wird der Besuch in einem
und nachhaltig sein.
Zweitens: Schöne Bauten
attraktiven Gebäude zum
sind nicht teurer, nur besErlebnis, während neue
Mitarbeitende und Kunden
ser gestaltet.
durch ein schönes ÄusseHeinz Zimmermann,
Bringen schöne Gebäude Dipl. Architekt ETH/SIA, res auf ein Unternehmen
denn einen konkreten
ist geschäftsführender
aufmerksam werden.
Nutzen?
Partner bei HZDS AG.
Natürlich gibt es SkepDie Architekten und
Was sind die VorausGeneralplaner bauen
setzungen für schöne
tiker, die den Nutzen
nachhaltige Projekte
Bauten?
und die Leistung von
für Industrie und
Je klarer die Wünsche und
Schönheit hinterfragen.
Gewerbe.
Vorgaben des Bauherrn,
Doch Schönheit ist noch
desto besser. Diese Wünauf ganz andere Art und
Weise nützlich. Denn sie ist nie bloss
sche nehmen wir hundertprozentig
visuell oder äusserlich, sondern
ernst. Wie ich die Vorgaben aber
immer auch innerlich und emotional.
umsetze, liegt kraft meiner architektoSchönheit hat mit Haltungen und Wer- nischen Kompetenz allein bei mir. Ich
kann der Schönheit nur Raum geben,
ten zu tun. Darum bedingt Schönheit
heute Nachhaltigkeit. Ich würde Nach- wenn der Bauherr mir diese Freiheit
zugesteht. Deshalb spielt er bei einer
haltigkeit sogar als die Ethik unserer
schönen Lösung eine zentrale Rolle
Zeit bezeichnen. Hier geht es mir
und trägt entscheidend zum Projekbesonders um die soziale Dimension
der Nachhaltigkeit, die ganz konkret
terfolg bei. Die ideale Bauherrschaft
den Menschen betrifft.
macht uns klare, präzise Vorgaben,
lässt uns aber bei der Umsetzung
Inwiefern ist Schönheit auch bei
grosse Freiheit. Das sind die besten
Gewerbebauten wichtig?
Bedingungen, um Schönheit zu bauen.
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