Nr. 8 – Dezember 2007 ■ www.architektur-online.com FACHMAGAZIN FÜR DIE PLANENDE, AUSSCHREIBENDE, AUFTRAGSVERGEBENDE UND AUSFÜHRENDE BAUWIRTSCHAFT Industriebau ■ LP Architektur & hobby a ■ Arch. DI G. Mitterberger ■ COOP HIMMELB(L)AU ■ KMT/n-o-m-a-d ■ Spittelwiese Architekten ■ Schlögl & Süß Architekten ■ Arch. DI Georg Steinklammer INDUSTRIEBAU INDUSTRIEBAU Alles aus einem Guss Zeitgemäße Metamorphose einer Industriebrache Text: Astrid Meyer, Fotos: Angelo Kaunat ls nördlichster Ausläufer von Salzburg verzahnt sich der Stadtteil Kasern mit den Gemeinden Bergheim und Hallwang. Dieses ursprünglich mit wenigen Bauernhäusern besiedelte Gebiet am Fuße des Plainbergs entwickelte sich im 20. Jahrhundert ob seiner Nähe zur Stadt und seiner verkehrsgünstigen Lage unweit der Westautobahn zu einem Gewerbegebiet. Als erster Industriebetrieb siedelte sich hier im Jahr 1919 die traditionsreiche Glockengießerei Oberascher an, die A heute als Manufaktur weiter besteht. Die alten Lagerhallen und Produktionsgebäude standen damit für eine neue Nutzung frei, und so wurde im Jahr 2004 ein Ideenwettbewerb für das Gusswerkareal ausgeschrieben. Mit einem gemeinsamen Projekt konnten Tom Lechner von LP architektur und Walter Schuster und Wolfgang Maul von hobby a den Hauptteil des Wettbewerbs für sich entscheiden. Durch behutsame Eingriffe sollte das Areal eine neue Identität erhalten, ohne den ihm eigenen industriellen Charakter einzubüßen. Eine offene Wegeführung und eine einheitliche Außenraumgestaltung fassen das Areal zu einer städtebaulichen Einheit. Nach Fertigstellung werden ein Leitsystem aus Wegweisern und in den Boden eingelassenen Streifen aus Gusseisen, die mit Leuchtkörpern versehen werden, die Orientierung erleichtern und das Ensemble zonieren. Bänke und Wasserflächen schaffen Aufenthaltsqualität im Industrieareal. Das beinahe 40.000 m2 große Gelände ist von historischen Lagerhallen und Produktionsgebäuden geprägt, denen eine neue Nutzung zugeschrieben wird. Ein achtgeschoßiger neu errichteter Turm füllt die stadträumliche Lücke im Süden auf und setzt ein zeitgemäßes und von weitem erkennbares Zeichen. Das Zentrum des Gusswerks bilden zwei Lagerhallen, die aufgrund der Planung der Architekten Thomas Forsthuber und Christoph Scheithauer vom Eigentümer für Events und Veranstaltungen adap- Bestandssituation tiert wurden. Nördlich davon, unmittelbar neben der Zufahrt von Norden befindet sich das ehemalige Verwaltungsgebäude, das nunmehr Büros unterschiedlicher Agenturen und Firmen beherbergt. Daran angrenzend liegt die Manufaktur der namensgebenden Glockengießerei. Nach Süden reihen sich eine von Architekt Michael Strobl gestaltete Brauerei, die als Bürogebäude genutzte ehemalige Gradierungshalle und der von Architekt Tom Lechner geplante Büroturm in offener Bebau- ung aneinander. Das Areal wird durch eine südlich vorgelagerte Parkfläche begrenzt, die von der Söllheimer Straße erschlossen wird. Nach Nordwesten schließt ein zweigeschoßiger lang gestreckter Baukörper das Grundstück ab und bildet durch die durchgängige Verbauung eine Flaniermeile aus. Die Gusshalle 9 im Nordwesteck wurde von Walter Schuster und Wolfgang Maul von hobby a zu einem Bürogebäude mit unterschiedlichen Raumhöhen und - größen umgebaut. Leitbild Legende: Legende: Bestehende bauliche Struktur Abbruch Wege Barrieren 24 architektur dezember 2007 Bestehende bauliche Struktur Neubau Neubau 2. Phase Wege∂ Platzkante Plätze dezember 2007 architektur 25 INDUSTRIEBAU INDUSTRIEBAU Loftbüros Über 115 Meter erstreckt sich der Nachkriegsbau neben der Eventhalle und bildet einen räumlichen Abschluss des Areals nach Südwesten sowie eine Zäsur zum angrenzenden Grünland. Zugunsten der Klarheit des städtebaulichen Konzepts hat Architekt Tom Lechner einen Verbindungstrakt zu den benachbarten Produktionshallen abgebrochen. Um den Charakter einer Straßenflucht zu unterstreichen und deren Ende stadträumlich zu definieren wurde der Baukörper nach Nordwesten verlängert. Der ursprünglich eingeschoßige Bau wurde um eine Ebene aufgestockt. Dabei wurden einzelne Kuben in Stahlbeton, jeweils den Büroeinheiten zugeordnet, auf den Bestand aufgesetzt. Die Straßenansicht zeigt dadurch Abwechslung und Rhythmus. Boxen, die als Schaufenster für die eingemieteten Fashion-Outlets dienen, schieben sich aus der Fassade. Eingekleidet in Cortenstahl setzen diese die ausgestellte Ware in den kontextuellen Rahmen und ziehen die Blicke der Passanten an. Auf der gegenüberliegenden Seite zum Garten hin stecken gleichsam als Gegenpol ebenso mit Cortenstahl eingekleidete Boxen in der Fassade, die flexibel genutzt werden können. Als externe Erschließung des Obergeschoßes führen straßenseitig Stahltreppen nach oben. Seitlich vom Gebäude abgespreizt erinnern sie an Landestege eines Schiffes. Treppengeländer wie 26 architektur dezember 2007 Vordach sind zum industriellen Umfeld passend aus Cortenstahl. Im Inneren sind die Einheiten als offene Lofts organisiert, wobei lediglich Sanitärzellen als einzige fixe Einbauten eingestellt wurden. Unverputzte Wände, Sichtbetondecken sowie Cortenstahl als Gelän- derbrüstung betonen den rohen Charakter des Industriebaus. Über eine Stahlbetontreppe gelangt man in die obere Ebene, die sich als Galerie zum zweigeschoßigen Raum öffnet. Eine Terrasse bietet den Mietern mit einem halbprivaten Freibereich zusätzliche Qualitäten. Grundrisse Lageplan Schnitte dezember 2007 architektur 27 INDUSTRIEBAU INDUSTRIEBAU Büroturm Als Landmark ragt der Büroturm acht Geschoße hoch und macht von weitem mit einer variablen Fassade auf sich aufmerksam. Architekt Tom Lechner setzte mit dem Neubau einen städtebaulichen Eckpunkt für das Gusswerkareal. Als Portal zum Gelände steht der Turm an der neuen Hauptzufahrt und an der vorgelagerten Parkzone. Die Fassade zeigt ein Wechselspiel von Transparenz und Geschlossenheit: Massive Wandscheiben und verglaste Öffnungen mit niedrigem Parapet variieren in einem lockeren Raster. Als Schutz vor Sonne und - in den unteren Etagen - Einblicken dienen Schiebelemente, die mit Streckmetall bespannt sind und in Schienen vor der Fassade vertikal verschoben werden. Lift und Treppenhaus liegen an der Südecke des Gebäudes und zeichnen sich durch die Verkleidung mit Profilitglas nach außen ab. Die Geschoße sind flexibel nutzbar und unterteilbar, gegliedert nur durch die Lage der Sanitäreinheiten. Durch das Lochraster sind alle Büros von mehreren Seiten gleichmäßig belichtet. In jeder Ebene bieten individuell gesetzte Loggien oder Balkone besondere Ausblicke auf den nahen Plainberg oder die Ausläufer der Stadt und erweitern den Innenraum. Die Einheiten im Erdgeschoß verfügen jeweils über separate Eingänge. Neben Büros ist in dieser Ebene ein Bistro untergebracht, dessen Terrasse zu einer großzügig gestalteten Wasserfläche orientiert ist. Mit dem Blick aufs Wasser bei einem Glas Prosecco kommt Ferienstimmung auf und lässt vergessen, dass man sich nördlich der Alpen befindet. Nachts leuchtet der verglaste Treppenturm und lockt und leitet Nachtschwärmer zum Gusswerkareal, das nunmehr Schauplatz exklusiver Veranstaltungen ist. Ansicht Süd 28 architektur dezember 2007 dezember 2007 architektur 29 INDUSTRIEBAU INDUSTRIEBAU Halle 9 Die Halle 9 schließt gemeinsam mit den Loftbüros das Westeck des Areals ein. Das zweigeschoßige Gebäude mit Dachebene war in den 1950-er Jahren in Stahlskelettbauweise errichtet worden, ein weiterer Teil kam in den 1970ern dazu. Im Zuge der Revitalisierung des Areals wurde die ehemalige Gusshalle von hobby a Architekten in ein flexibel nutzbares Bürohaus umgebaut, das nun von einem bekannten Modelabel für Präsentation und Verkauf an Zwischenhändler genutzt wird. Durch Anheben der Dachfachwerkträger in die Horizontale konnte die Dachebene als vollwertiges Geschoß gewonnen und der Baukörper in einen schlichten Kubus verwandelt werden. Die kompakte Hülle wird von fassadenbündigen Fensterbändern und von Boxen in Sandwichbauweise durchbrochen, die sich zwischen dem bestehenden Stützenraster durch die Fassade schieben. Entgegen dem Farbkonzept der Architekten wurden die Boxen – die zeitgemäße Form des Erkers – statt in Gold mit rotem PU überzogen, entsprechend der CI des Labels. Als Zitat seiner Nutzung als Modehaus wurde das Gebäude zum Teil mit einer Vinylhaut bespannt, die passend zum Kontext mit Industriemotiven in Brauntönen bedruckt ist. Auch im Inneren wurde der industrielle Charakter des Gebäudes beibehalten: Der industrielle Boden wurde erhalten bzw. durch neue Industrieböden ersetzt, Leitungen sichtbar belassen und Elemente der Produktion erhalten. Ein drei Geschoße hoher Luftraum zeichnet die Eingangshalle aus und eröffnet Blickbeziehungen zwischen den Ebenen. Diese sind aufgrund des zentral gelegenen Treppenhauses separat zu nutzen und ebenso wie die eingeschobenen Raumzellen frei zu bespielen. Im Dachgeschoß bildet ein Kubus eine Brücke über den Luftraum zur Fassade und bietet ungehinderte Fernblicke auf die sanften Hügel des Flachgau. Schnitt 1-1 30 architektur dezember 2007 dezember 2007 architektur 31 INDUSTRIEBAU INDUSTRIEBAU Halle 4 Neben der Halle 9 zeichnen hobby a auch für die Adaptierung der kürzlich fertig gestellten Gradierungshalle (Halle 4) verantwortlich. Dabei wurden alle nichttragenden Wandelemente und das Dach abgetragen. Das Stahlbetongerippe des ehemaligen Lagers für Granulate dient einem zweigeschoßigen Neubau als primäre Tragstruktur und gibt diesem gleichzeitig einen historischen Rahmen. Das aus Brandschutzgründen in Massivbauweise errichtete Gebäude ist von der Eventhalle zurückgesetzt, wodurch ein großzügiger öffentlicher Platz entsteht. Die untere Ebene tritt, als kompakte Box vom Boden abgehoben, noch weiter zurück, während die obere Ebene als schmaler lang gestreckter Baukörper weit auskragend darüber liegt. Die dadurch entstehenden gedeckten Freibereiche stellen eine weitere stadträumliche Qualität dar. Beide Bauteile öffnen sich jeweils raumhoch an ihren Schmalseiten gleichsam als Rohre mit fokussiertem Blick. Die Erdgeschoßebene wird vom südöstlich vorgelagerten Parkplatz über wenige breit angelegte Stufen erschlossen, wobei der Blick durch die großflächige Verglasung ins Innere fällt. Das Obergeschoß erreicht man über eine gedeckte Freitreppe von Nordwesten her. Seitlich gefasst durch tiefgezogene Wandelemente wird diese formal dem Obergeschoß zugeordnet. Homogenität erzeugt die metallisch glänzende Putzfassade und kontrastiert die rohe Stahlbetonstruktur des Altbestandes. Beide Ebenen sind als offene Räume konzipiert, die nur jeweils durch eine Funktionseinheit für Sanitär- und Abstellraum zoniert werden. Das Gusswerk als Nachnutzung eines Industrieareals ist in Salzburg einzigartig. Das Besondere liegt in einer stadträumlichen Qualität, die man nicht an der Peripherie der Mozartstadt vermuten würde. Die gelungene Kombination von alt und neu, von Industrie und Design macht den Reiz des Gusswerks aus. Zeitgemäße Architektur ergänzt die historische Bausubstanz, die ohne neue Interventionen leblos wäre. Umgekehrt schafft die Industriearchitektur den formalen wie historischen Zusammenhang für die divergierenden Neubauten. Erdgeschoß Obergeschoß Gusswerk, Loftbüros, Büroturm, Halle 9 und 4, Salzburg - Kasern Das Gusswerk am nördlichsten Ausläufer der Stadt Salzburg erfuhr durch das städtebauliche Gesamtkonzept von LP architektur und hobby a eine Umnutzung und gleichzeitig eine Aufwertung. Tom Lechner setzte mit einem 115 m langen Büroriegel einen räumlichen Abschluss nach Westen und mit einem achtgeschoßigen Büroturm ein signifikantes Zeichen weithin. Walter Schuster und Wolfgang Maul verwandelten die Halle 9 in ein Loftgebäude, nach außen wie innen akzentuiert durch nutzungsflexible Boxen. Die ehemalige Gradierungshalle reduzierten sie auf ihr Stahlbetongerippe, das als Rahmen und Tragstruktur für einen zweigeschoßigen Bürokubus dient. Die gelungene Kombination von alt und neu, von Industrie und Architektur macht den Reiz des Gusswerks aus. Bauherr: Gusswerk Eventfabrik GmbH Gesamtplanung: LP Architektur ZT GmbH + hobby a Baugrund: 31.700 m2 BÜROTURM LOFTBÜROS Planung: LP Architektur ZT GmbH Planung: LP Architektur ZT GmbH Projektleiter: Arch. DI Tom Lechner Projektleiter: Arch. DI Tom Lechner DI J. Schulte, Wien Bebaute Fläche: 1.631 m2 2 architektur dezember 2007 243 m2 Nutzfläche: 1.589 m2 Nutzfläche: 2.872 m Planungsbeginn: 01/2005 Planungsbeginn: 02/2006 Bauzeit: 10 Monate Bauzeit: 7 Monate Fertigstellung: 05/2006 Fertigstellung: 06/2007 HALLE 4 HALLE 9 32 DI J. Schulte, Wien Bebaute Fläche: Planung: hobby a – Schuster & Maul Planung: hobby a – Schuster & Maul Projektleiter: Arch. DI W. Maul, DI W. Schuster Projektleiter: Arch. DI W. Maul, DI W. Schuster Statik: DI J. Lienbacher Visualisierungen: Benedikt Aussenmair Nutzfläche: 2.496 m2 Statik: DI Stipschik Planungsbeginn: 02/2006 Nutzfläche: 297 m2 Bauzeit: 8 Monate Planungsbeginn: 11/2006 Fertigstellung: 06/2007 Bauzeit: 6 Monate Fertigstellung: 11/2007 dezember 2007 architektur 33 INDUSTRIEBAU INDUSTRIEBAU Der Kunde ist König bei BMW in München sogar von einer ganzen Welt! Text: Katharina Tielsch, Fotos: Ari Marcopoulos er Kauf eines neuen Automobils löst wohl bei den meisten Menschen einen gehörigen Adrenalinausschuss aus, besonders wenn es sich in Preiskategorien von gehobenen Fahrzeugen, wie es jene von BMW sind, abspielt. Und da der Kauf viel Zeit benötigt und in einem Ambiente getätigt werden will, wo man gut und gerne auch mehrere Tage verbringt, hat BMW gleich eine ganze „Welt“ für dieses unvergessliche Erlebnis errichten lassen. Als Sieger des 2001 ausgelobten Wettbewerbs ging das Architektenteam COOP HIMMELB(L)AU hervor, seit Oktober dieses Jahres ist das Gebäude nun für jedermann geöffnet und zugänglich. Auf mehr als 75.000 m2 erstreckt sich das Raum- und Funktionskonzept der BMW-Welt, das neben der Auslieferung von täglich bis zu 250 PKWs auch eine Erlebniswelt für weniger kaufkräftige Besucher bietet. Unter einem Dach, horizontal und vertikal geschichtet, wurde ein moderner, urbaner Marktplatz geschaffen, der Treffpunkt und Informationsraum zugleich ist. Das Gebäude wirkt von außen wie eine überhüllte, dahin geworfene Mikado-Skulptur, von der nur mehr ein markanter Doppelkegel als geometrische Figur erkennbar ist. Trotz Transparenz, die den Innenraum einsichtig macht, ist beim bloßen Hinsehen nicht gleich erkennbar, welchen Funktionen das Gebäude dienen soll. Dank dem Computer – denn nur mit seiner Hilfe ist die Komplexität der Form zur Funktion in seiner Dreidimensionalität formbar, vorher bestimmbar und damit baubar geworden. Ganz im Sinne der nicht realisierten „Wolkenarchitekturen“ der 1960er Jahre, die von COOP HIMMELB(L)AU hinlänglich bekannt sind, wird auch in diesem nunmehr existenten Gebäude versucht, der Schwerkraft und damit der Statik zu trotzen. Nur elf Stützen und ein zentraler Erschließungskern heben die riesige Dachlandschaft vom Erdboden ab. Sie besteht aus einer oberen und einer unteren Trägerrostlage mit einem Grundraster von 5,0 m x 5,0 m. Durch dazwischen eingefügte Raumstäbe werden die zwei Ras- D 34 architektur dezember 2007 terlagen zu einem räumlichen Tragwerk gekoppelt. Doch was für den Besucher sichtbar wird sind nur etwa ein Drittel der Fläche, alles andere spielt sich im unterirdischen Bereich ab. Der viergeschoßige unterirdische Sockel der BMWWelt enthält zwei öffentliche Parkebenen für bis zu 600 Plätze, deren Zugang dezentral über 16 Aufzugsgruppen erfolgt. Unterirdisch und damit für den Kunden ebenso unsichtbar stehen Waschstraßen, Werkstätten, Lackendkontrollplätze und Endreinigungsplätze sowie ein Tagesspeicher in Form eines automatischen Hochregallagers mit einer Kapazität von 250 Personenkraftwagen, also einer der Tagesauslieferung entsprechenden Anzahl, zur Verfügung. Kern der BMW-Welt ist die Fahrzeugauslieferung, die sowohl das räumliche Zentrum als auch das funktionale Rückgrat des Gebäudes bildet. Abholer von Neufahrzeugen checken wie in einem Hotel bei den Haupteingängen ein und haben somit Zutritt zu zwei exklusiven Ebenen im Loungebereich, die Rückzugbereiche bieten. Über eine weit gespannte Freitreppe, welche die Lounge mit dem eigentlichen Übergabeort verbindet, nähert sich der Abholer seinem neu erworbenen Fahrzeug an. Dieses bewegt sich in transparenten Glasaufzügen auf die eigentliche Übergabebühne, welche im Zentrum der BMW-Welt von allen Bereichen aus einsehbar ist. Die Übergabe erfolgt auf Drehtellern. Im Anschluss fahren die Kunden selbstständig im Gebäude und verlassen dieses über eine großzügige Rampe. Das im Norden des Gebäudes situierte Forum beherbergt ein Auditorium für 800 Personen. Der vollständige Theaterraum mit variabler Hubpodienlandschaft und Konferenzbereich kann durch mobile Trennwände für verschiedene Tagungssituationen adaptiert werden. In den Untergeschoßen wird das Forum um einen eigenen LKW-Ladehof, Cateringküchen, Künstlergarderoben und Dolmetscherkabinen sowie Lagerflächen und Technikräume ergänzt, welche zusammen noch einmal so groß sind wie die eigentlichen Kernflächen. dezember 2007 architektur 35 INDUSTRIEBAU In Richtung Olympiapark und damit im Südwesten des Gebäudes befindet sich der Restaurantturm, mit Innen- und Außenräumen. Zusätzlich zu den beiden Hauptgastronomieeinheiten befinden sich hier Ausstellungs- und Verkaufsflächen, die Verwaltung mit Arbeitsplätzen für bis zu 200 Personen sowie ein Kinder-und Jugend-Erlebnisbereich (Junior Campus). Auch diesem Bauteil sind dienende Ver- und Entsorgungsbereiche im Untergeschoß zugeordnet. Im Doppelkegel ist ein vollwertiger Veranstaltungsbereich auf mehreren Ebenen, eine Bühne mit eigener Catering-Infrastruktur, Drehtellern, Infrastrukturanschlüssen für Events wie Konzerte, Aus- 36 architektur dezember 2007 INDUSTRIEBAU stellungen und Talkshows untergebracht. Er bietet aber auch die Möglichkeit, Fahrzeuge aus dem Werkstattbereich zuzuführen. Eine abgehängte weit gespannte Brückenkonstruktion bildet eine Verbindung der Funktionen im Innenbereich, aber auch, über die Straße hinweg, mit der bestehenden Konzernzentrale von BMW. Das Gebäude wäre kaum zeitgemäß, wären nicht auch die Faktoren der Energieoptimierung mitbedacht. So wird der Hallenraum als solar beheizter, natürlich belüfteter Subklimabereich mit natürlicher Belüftung verstanden. Die Solarmodule wurden in eine Edelstahldeckung, welche über der eigentlichen Dachentwässerungsebene liegt, bündig in die Dachfläche integriert. Um der Schadstoffentwicklung der sich bewegenden Fahrzeuge entgegenzuwirken wird der Abgasentwicklung durch Unterdruck entgegengewirkt. Die gläserne Hüllfläche weist einen durchgängig geringen Wärmedurchgangskoeffizienten auf. Wolf Prix betont, dass das Gebäude im ständigen Austausch mit dem Auftraggeber BMW AG entworfen und verändert wurde. Heiße Diskussionen über die Unterschiedlichkeit des gewonnenen Wettbewerbsentwurfes und der heute erlebbaren Realisierung der BMW-Welt sind in der heimischen Architektenwelt schon entfacht. dezember 2007 architektur 37 INDUSTRIEBAU 38 architektur dezember 2007 INDUSTRIEBAU dezember 2007 architektur 39 INDUSTRIEBAU INDUSTRIEBAU Schnitt 1 BMW Erlebnis- und Auslieferungszentrum, München Das BMW-Erlebnis- und Auslieferungszentrum, in unmittelbarer Nähe zur vierzylindrigen BMW-Konzernzentrale errichtet, stellt ein markantes Zeichen in der bayrischen Hauptstadt dar. Auf 76.000 m2 erstrecken sich flexible Räumlichkeiten unter einer transparenten, hybrid geformten Hülle. Fließend gehen Dach und Wand ineinander über und zeigen auf, was heutige Technik möglich macht – nicht nur die Form betreffend, sondern auch als klimatisch effiziente Hülle. Architektur, COOP HIMMELB(L)AU, Wolf D. Prix / Grundstücksfläche: 25.000 m2 Generalplaner: W. Dreibholz & Partner ZT GmbH Gesamtfläche: etwa 76.000 m2 (exkl. Rampen) Tragwerksplanung/Statik: Bollinger + Grohmann, Frankfurt Grundriss E0 40 architektur dezember 2007 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Parken Technik Tagesspeicher Betrieb Fahrzeugvorbereitung Austellung / Versammlung Forum / Auditorium Restaurant Junior Campus 10 11 12 13 14 15 16 17 18 Premiere / Fahrzeugübergabe Kundenlounge Exklusivlounge Exklusivauslieferung Gruppenzentrum Briefing Center Markenakademie Forum Businesscenter Forum Terrasse Bebaute Fläche ü. der Erde: etwa 28.000 m2 Schmitt, Stumpf, Frühauf + Partner, Bebaute Fläche u. der Erde: etwa 48.000 m2 München Glasfassade: Projektsteuerung intern: Hans Lechner ZT GmbH, Wien, Ö. Strömungstechnische Projektleitung: Sabine Liebenau Gebäudesimulation, Bauherr: BMW AG, München Bauphysik, Akustik: Dr. Pfeiler GmbH Principal in Charge: Wolf D. Prix Wettbewerb (1. Preis): 2001 Projektarchitekt: Paul Kath Planungsbeginn: 11/2001 Design Team: Wolf D. Prix, T. Wiscombe, P. Kath, Baubeginn: 08/2003 W. Hoheneder, M. Marbach Eröffnung: Sommer 2007 G. Weber, P. Rüttimann Kosten: 100 Mio. Euro R. Weissenböck, V. Perius Fahrzeugauslieferung: max. 250 Fahrzeuge pro Tag M. Marbach Besucherfrequenz: 850.000 pro Jahr Teilprojektleiter: Interpane INDUSTRIEBAU INDUSTRIEBAU Gemeinsam gegründet: Ideenlabor am Land Gründerzentrum Pramtal Süd / Spittelwiese Architekten / Linz Text: Astrid Meyer, Fotos: Christian Schepe iner Aufstellung des TMG, der Standort- und Innovationsagentur des Landes OÖ, zufolge stellt das Bundesland Oberösterreich rund ein Viertel der Industrieproduktion und der Exporte Österreichs. Als Wirtschaftsstandort punktet das Land nicht nur durch hoch qualifizierte Arbeitskräfte und innovative flexible Unternehmen, sondern vor allem auch durch den Branchenmix, der sich auch in der Bildung von Clustern offenbart. Im Gegensatz dazu steht die im bundesweiten Vergleich relativ niedrige Zahl an Unternehmensgründungen. Die Region Pramtal Süd, ein ländliches Gebiet im Innviertel, das sich zwischen den Bezirksstädten Schärding, Ried und Grieskirchen erstreckt, liegt verkehrsgünstig und wird von der Innkreisautobahn und der Bahnstrecke, die Wels und Passau verbindet, durchquert. 14 Gemeinden haben sich hier zu einer ARGE Pramtal Süd mit der Intention zusam- E 42 architektur dezember 2007 mengeschlossen, ein Gründerzentrum zu errichten, das Jungunternehmen einen kostengünstigen Büround Betriebsstandort bieten soll. Gemeinsam konnten die Gemeinden das nötige Kapital aufbringen und mit dem Regionalmanagement OÖ, Geschäftsstelle Innviertel-Hausruck, einen Partner für die Projektentwicklung gewinnen. Basierend auf einer Analyse der TMG fiel die Entscheidung für den Standort Raab. Als Bauplatz wurde ein Grundstück westlich außerhalb des Ortszentrums gewählt, das von der Umfahrungsstraße leicht erreichbar und aufgrund der umliegenden land- und forstwirtschaftlich genutzten Parzellen von Weitem sichtbar ist. Zur Erlangung des bestmöglichen Projektes wurde ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben, den Spittelwiese Architekten mit dem Entwurf eines klar strukturierten Gebäudes für sich entscheiden konnten. Die effiziente Einbindung der infrastrukturellen Einrichtungen, die kurze Verbindung von Büros und Hallen sowie die Erweiterungsmöglichkeit des Gebäudes durch eine modulare Bauweise waren die ausschlaggebenden Kriterien für den Sieg des Linzer Architekturbüros. Auf der annähernd quadratischen Grundstücksfläche errichtete dieses einen kubischen Baukörper, der, durch einen Grünbereich von der nördlich vorbeiführenden Zufahrtsstraße zurückgesetzt, annähernd zentral auf dem Grundstück positioniert ist. Dadurch ergeben sich eine großzügige Rangierfläche für LKWs im Süden und Parkflächen für PKWs jeweils im Osten und Westen. Das Gebäude ist durch Transparenz und Erdigkeit charakterisiert. Große Glasflächen und Wandscheiben, die mit Phenolharzplatten verkleidet sind, wechseln einander ab. Die Funktionen sind von außen durch die Fassadengestaltung und durch unterschiedliche Gebäudehöhen erkennbar: Der höhere Bauteil, der den Produktionsbereich beherbergt, wird im Süden durch eine transluzente Haut aus Acrylstegplatten abgeschlossen. Die Büroräume sind im niedrigeren nördlichen Bauteil untergebracht und werden durch die nordseitige Ausrichtung blendfrei belichtet. Jeweils fünf Hallen und zehn Büros sind modular aneinandergereiht und durch eine Servicezone miteinander verbunden. Der Eingang ins Gebäude erfolgt seitlich über diesen Zwischenbereich, der als Schaltstelle und Verteiler dient sowie die Infrastruktur für beide Nutzungen beherbergt. Sanitärbereich wie auch Technik- und Serverraum wurden als Boxen frei in den Raum gestellt. Gleichsam als negative Box wurde im Herzen dieser Zone ein Atrium ausgeschnitten, das den Jungunternehmern einen introvertierten begrünten Freiraum bietet. Diesem ist einerseits ein Besprechungsraum zugeordnet, auf der anderen Seite befindet sich eine offene Gemeinschaftszone mit Teeküche. Wesentliches Entscheidungskriterium für dieses Projekt im Hinblick auf eine mögliche zukünftige Erweiterung nach Westen war die Modularität, welche durch die Holzriegelbauweise mit teilweise vorgefertigten Decken- und Wandelementen ermöglicht wird. Die Halle ist mit BSH-Trägern, die auf BSH-Stützen lagern, bei einer Feldbreite von 7,5 Metern, 15 Meter frei überspannt. Die Aussteifung erfolgt horizontal über die Dachelemente und vertikal über Stahlstreben an den Randfeldern der Südfassade. Gegen die von Süden oder Norden angreifenden Windkräfte wirken die großflächigen Wandscheiben an den Stirnseiten. Diese sind ebenso wie die Dachelemente beidseitig mit OSB beplankt, wobei im Bereich der Hallen die strukturierte Oberfläche der Spanplatten sichtbar belassen wurde. Als Bodenbelag wurde für starke Beanspruchung Industriebeton mit Hartkorneinstreuung aufgebracht. In den anderen Bereichen wurden Wände und Decken mit Gipskarton verkleidet. Weiß dominiert in der Servicezone auch durch die Möblierung im Café und die Beschichtung des Bodens mit hellem Kunstharz. Pures Design und dezente Farben vermitteln die Atmosphäre eines Think Tank oder eines Labors, in dem starke Ideen geboren und innovative Produkte entwickelt werden. Mit dem Gründerzentrum bündelten 14 Gemeinden ihre Energien, um gemeinsam den architektonischen Rahmen für junge Unternehmen zu schaffen. Nun ist es an den GründerInnen, diesen Raum zu nutzen und zum Erfolg des Wirtschaftsstandortes Oberösterreich beizutragen. dezember 2007 architektur 43 INDUSTRIEBAU INDUSTRIEBAU Grundriss 44 architektur dezember 2007 dezember 2007 architektur 45 INDUSTRIEBAU INDUSTRIEBAU Gründerzentrum Pramtal Süd, Raab, Oberösterreich 14 Gemeinden in der Region Pramtal haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam ein Gründerzentrum zu errichten. Spittelwiese Architekten entwarfen dafür einen klaren erdigen Baukörper, der sich in Bürobereich und Werkshallen, verbunden durch eine transparente Infrastrukturzone, gliedert. Im Hinblick auf eine mögliche Erweiterung wurde das Gebäude modular angelegt und in Holzbauweise konzipiert. 46 architektur dezember 2007 Bauherr: Pramtal Süd Betriebsges mbH Sektionaltore: Hörmann Planung: Spittelwiese Architekten Exteriorplatten: FunderMax Mitarbeiter: C. Konrad, G. Nowak, Glas: Eckelt B. Rihl, C. Schremmer Planungsbeginn: 07/2005 Statik: ABH, Andorf Bauzeit: 7 Monate Grundstücksfläche: 4.349 m2 Fertigstellung: 10/2006 Bebaute Fläche: 1.070 m2 Baukosten: € 690.800 Nutzfläche: 993 m2 dezember 2007 architektur 47 INDUSTRIEBAU INDUSTRIEBAU Technikzentrum mit Naturanschluss TZA – Technikzentrum Ainet / Georg Steinklammer / Ainet Text: Bettina Thun, Fotos: Wolf C. Retter as Gewerbegebiet der Osttiroler Gemeinde Ainet grenzt im Nordwesten an die naturbelassene Flusslandschaft der Isel, deren Aufnahme in die nationale Liste des europaweiten Schutzgebietnetzes Natura 2000 diskutiert wird. An diese sensible Schnittstelle hat der Architekt Georg Steinklammer das Firmengebäude eines Maschinenbauunternehmens gesetzt. Er integriert die schlichte Gebrauchsarchitektur ganz selbstverständlich in die Umgebung, ohne sie unterzuordnen. Die dunkle Fassadenhaut des Quaders entwickelt im Kontext der Landschaft eine erdige Eleganz, die zeitgemäßere Verbindungen Mensch – Technik – Natur zu knüpfen scheint, als traditionelle alpine Bauformen und – materialien es können. Das Dach fasst er als fünfte Fassadenfläche auf – mit dessen Kiesauflage reagiert er auf die daneben ausgebreiteten Schotterbänke der Isel. Wie die Rinde eines regennassen Baumstammes, dessen helles Holz an einigen Stellen herausleuchtet, öffnet sich die schwarzbraune, trapezblechverkleidete Fassade mit großzügigen Fensterflächen und lässt den Einblick bis zur holzverkleideten inneren Haut zu. Dieser Empfangs-, Erschließungs- und Bürobereich durchbricht und markiert wie eine kristalline Ader das große Gebäudevolumen. Auf weiten Strecken gibt sich die dunkle Hülle eher verschlossen, denn die Präzisionsmaschinen der Produktion erfordern gleichmäßiges Raumklima, was direkte Sonneneinstrahlung ausschließen muss. Schmale Fensterbänder mit außen liegenden Jalousien verhindern unerwünschte Einblicke und lassen in diesem Bereich gerade so viel Licht wie notwendig herein. Dabei betonen sie die horizontale äußere Struktur des Gebäudes. Der Innenraum der Produktion ist sauber und nüchtern gehalten, grauer Industriebetonboden und weiße Umgebung prägen das Bild der teilweise zweigeschoßigen Hallen, schwarze Stahlstiegen und - geländer bezeichnen Kanten und Wege. Die Eingangshalle ist zweigeschoßig und liegt seit der Fertigstellung der zweiten Baustufe in der Mitte der Längsachse des Gebäudes. Nach Südosten orientiert ist dieser Bereich offen, hell und freundlich gehalten. Eine Stahlstiege führt über einem Wasserbecken ins Obergeschoß, die Büroebene. Der Klang der Springbrunnen gestaltet den ganzen Bürobereich akustisch und ist als Referenz an das natürliche Rauschen der Isel gedacht. D 48 architektur dezember 2007 dezember 2007 architektur 49 INDUSTRIEBAU INDUSTRIEBAU Böden, Wände und Decken sind mit farblos lackierten OSB-Platten ausgekleidet, nur in der Halle entschied man sich für dunkle Fliesen als Bodenbelag. Die OSBVerschalung zieht sich bis nach außen zu den Dachuntersichten durch. Jede Fläche, die einen Einschnitt in den Gebäudequader darstellt, wird durch dieses Material definiert. Die Nottreppe an einer Schmalseite fasst den Baukörper wie eine kostbare Spange ein und ist durch die OSB-Verschalung als Element des Innenraums gekennzeichnet. Auch für den Aufenthalt der Mitarbeiter im Freien wurde vorgesorgt. An der dem Fluss zugewandten Seite bietet ein überdachter Bereich sowohl Platz für einige Parkplätze als auch einen witterungsgeschützten Pausenraum. An der Fassade kann man sehr klar die einzelnen Bereiche durch die unterschiedlichen Öffnungen und ihre Lichtwirkungen ablesen. Im Besucher- und Büroteil herrscht warme Atmosphäre, in der Produktionshalle technische Kühle. Diese Lichtfarben entstehen allein durch das Material der Innenflächen und ihrer optischen Interaktion. Neben den interessanten Einblicken bietet sich aus der Büroetage auch ein herrlicher Ausblick auf die Lienzer Dolomiten. In zwei Baustufen wurde die Halle in der kurzen Bauzeit von 7 und 6 Monaten errichtet. Konstruktiv besteht der Bau aus Stahlbetonstützen, Bodenplatte und Holzleimbindern, die ein Flachdach mit Kiesauflage tragen. Einzige Fixpunkte im Gebäude sind die Nasszellen im Erd- und Obergeschoß, die zur Gänze verfliest sind. Sämtliche Zwischenwände sind, genauso wie die Installationen, flexibel geplant. Der Außenwandaufbau besteht aus Blechkassetten mit einfacher Wärmedämmung. Das dunkelbraune Trapezblech ist horizontal verarbeitet und wird hinterlüftet. Dieser Wandaufbau in Verbindung mit Außenjalousien und natürlicher Beschattung durch Zurücksetzen der südöstlichen Fensterfront war ausreichend für ein angenehmes Raumklima ohne zusätzliche Klimageräte. Obwohl dies ein schlichter und einfacher Nutzbau ist, der ihm entsprechende Materialien verwendet, strahlt er durch sein klares Volumen und seine horizontale Gliederung Gelassenheit und schlichte Eleganz aus. Material und Farbe treten in einen assoziativen Dialog mit der Umgebung. 50 architektur dezember 2007 dezember 2007 architektur 51 INDUSTRIEBAU INDUSTRIEBAU Grundriss Erdgeschoß Grundriss Obergeschoß TZA – Technikzentrum Ainet, Ainet, Osttirol Den hohen Anforderungen dieses sensiblen Bauplatzes wird der trapezblechverkleidete Quader mehr als gerecht. Die sorgfältig überlegte Material- und Farbwahl integriert ihn gut in die anschließende Flusslandschaft der Isel. Die unterschiedlichen Funktionen lassen sich ganz klar von außen ablesen. Seine Fassade aus horizontal verarbeiteten Trapezblechen zeigt sich im Bereich der Produktion eher geschlossen und öffnet sich in den Büros großzügig und ausdrucksvoll. Bauherr: Lageplan 52 architektur dezember 2007 testtec – Prüfstandtechnik u. Nutzfläche: 3.935 m2 11/2002 Bauteilerprobungs GmbH Planungsbeginn: Planung: Arch. DI Georg Steinklammer Büromöblierung und Mitarbeiter: DI R. Hutter, DI St. Thalmann, Trennwände: Bene DI K. Steirer Bauzeit: 22 Monate Statik: DI S. Tagger Bauzeit: 22 Monate Grundstücksfläche: 5.746 m2 Fertigstellung: 04/2005 Bebaute Fläche: 2.268 m2 Baukosten: € 2,287.000 dezember 2007 architektur 53 INDUSTRIEBAU INDUSTRIEBAU Brennpunkt im Weinland Destillerie-Winzerhaus St. Nikolai / G. Mitterberger / St. Nikolai im Sausal Text: Ingrid Frisch, Fotos: Zita Oberwalder ie bevorzugte naturräumliche Lage von St. Nikolai im Sausal am nördlichen Eingang zur reizvollen Hügellandschaft der Südsteiermark hat die Marktgemeinde wesentlich profitieren lassen. Jedoch hat der wirtschaftliche Aufschwung in dem lang vernachlässigten kleinbäuerlich geprägten Landschaftsraum in der Vergangenheit auch hier deutliche Spuren im Baugefüge hinterlassen. Austauschbare, nichtssagende Allerweltsbauten haben die traditionelle Bausubstanz ersetzt. Alte Gehöfte und vor allem die historisch dichten Dorfensembles sind in dem gesamten Gebiet zusehends verschwunden. Die einst identitätsbildenden Zentren wurden von den ausgebauten Durchzugsstraßen zerschnitten, zusammenhanglose Fragmente sind Überbleibsel dieser Entwicklung. In einer Region, die neben der Vermarktung der kulinarischen Spitzenerzeugnisse auch die intakte Welt einer lebendigen Dorfkultur dem Besucher vermitteln will, erkannte man nach und nach die verloren gegangenen identitätsstiftende Baukultur als Defizit und suchte nach neuen Ansätzen. Die Marktgemeinde St. Nikolai hat es geschafft, mit den jüngsten baulichen Maßnahmen in der Ortsmitte die verlorenen räumlichen Beziehungen durch ortskernbildende Ergänzungen wiederherzustellen. Architekt Gerhard Mitterberger hat über Jahre hinweg die Gemeinde mit mehreren gewonnenen Wettbewerben auf diesem Weg begleitet. Entstanden sind dabei ein markantes, viel beachtetes Gemeindezentrum, eine Platzgestaltung für die Veranstaltungen des Ortes und zuletzt die Erweiterung eines kleinen Winzerhauses, die nun zusammen mit der nahen Kirche die neue dörfliche Mitte des Marktes formen. Das kleine lang gestreckte Ausgedingehaus ist das Fragment eines in der Vergangenheit geschliffenen großen Gehöftes im Ortskern von St. Nikolai. Dass es nicht das gleiche Schicksal ereilt hat, verdankt es vermutlich vor allem seinem Innenleben. Dem kleinen Wohntrakt war ein Presshaus mit typisch mächtiger hölzerner Weinpresse und dazugehörigen Kellerräumen angeschlossen. Dieses Inventar zu bewahren und als Teil der bäuerlichen Kultur der Region der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, waren Ausgangspunkt der Überlegung, es zu einem weiteren Bestandteil der Dorfmitte zu machen. Dass gleichzeitig die Produktionsstätte eines erfindungsreichen nebenberuflichen „Brennmeisters“ für Whisky und Obstdestillate in räumlicher Nähe aus allen Nähten zu platzen drohte, führte diesen mit den Vertretern der D 54 architektur dezember 2007 Gemeinde zusammen. Aus der anfänglichen Leidenschaft, Obstbrände zu destillieren, wagte sich Michael Weutz zusammen mit Michael Löscher, einem ambitionierten Bierbrauer in der Region, steiermarkweit einzig an das Vorhaben, Gerste zu Whisky zu veredeln. Das Experiment gelang, und zwar in so erfolgreichem Ausmaß, dass die Notwendigkeit, das Ganze in größerem Rahmen fortzusetzen und gleichzeitig der Wunsch die Öffentlichkeit daran teilhaben zu lassen, gegeben war. Das Konzept der ersten Whiskydestillerie der Steiermark mit Schauräumen war geboren und Gerhard Mitterberger abermals gewonnen, das räumliche Umfeld dafür zu schaffen. Die Vorgaben des Betreibers für den Architekten waren durch die logistischen Zusammenhänge im Produktionsablauf naturgemäß sehr präzise. Dem Schwerkraftprinzip folgend gibt es eine in den Ausmaßen exakt vorgegebene vertikale Anordnung der Wasser-, Gär- und Brandkessel. Eine Apparatur, die sich aufgrund der Größe nur in einem dreigeschoßigen Zubau unterbringen lässt. Zusätzlich wird das Raumprogramm durch Flächen für Maischkessel, Flaschen- und Fasslager, Abfüllanlage und Haustechnik erweitert und um den Ablauf der Produktion dem interessierten Publikum näher zu bringen, sollten Schauräume, Verkostungs- und Verkaufsflächen mit den erforderlichen Nebenräumlichkeiten das Raumensemble vervollständigen. Wesentliche Vorgabe war weiters, die Raumstrukturen so miteinander zu verweben, dass der Produktionsprozess gut nachvollziehbar für den Besucher einseh- und erlebbar bleibt, gleichzeitig jedoch keine Störung im Ablauf eintreten kann. Als Resultat, all diese Vorbedingungen in ein räumliches Objekt umzusetzen, entwickelt der Architekt ein zum Altbestand ähnlich großes Gebäude, das er diesem gegenüberstellt. Als Parallele zur ehemaligen Nutzung des alten Hauses als Wein-Produktionsstätte entstand im Zubau eine moderne prozessgesteuerte Produktionsstätte mit innovativster Technologie für Whisky und Obstdestillate. Diese Parallelität in der Nutzung findet ebenso in der architektonischen Ausformung ihre Entsprechung. Der nahezu auch in den Kubaturen gleich große Baukörper fügt sich über ein in der Höhe der bestehenden Traufkante eingefügtes Zwischenglied an den Altbestand. Dabei wird bewusst vermieden, die beiden Häuser miteinander zu verschmelzen und das alte Gebäude zum Neubau hin großflächig aufzumachen. Lediglich über eine Türöffnung in der restaurierten Fassade des Winzerhauses verbindet sich das Innere des alten Hauses mit der neuen Destillerie. Durch diese Haltung bleiben die historischen Proportionen des Innenraumes erhalten. Die niedrigen Raumhöhen beim Betreten des Hauses, die Kleinräumigkeit im ehemaligen Wohntrakt, der nun die Verkaufs- und Ausstellungsfläche beinhaltet, bleiben durch das Belassen der geschlossenen Außenwände spürbar. Der Raum im Presshaus öffnet sich, wie auch in seiner historischen Verwendung, bis unter das Dach und beherbergt neben der alten Weinpresse nun die Verkostungsräume. Tritt man vom alten Gebäude, das durch die Beibehaltung der kleinen Fensteröffnungen eine gedämpfte Lichtstimmung hat, in das neue Destille- riegebäude, zeigt sich eine völlig andere Raumwirkung: ein lichtdurchfluteter Raum, der sich oberhalb des Brandkessels über drei Geschoße auffaltet und durch die großzügigen Verglasungen zum Landschaftsraum hin öffnet. Wie in der Nutzung gibt es die Parallelen zwischen Alt und Neu auch in der Verwendung der Materialien. Dem Ziegelmauerwerk im Erdgeschoß und Keller des alten Gebäudes mit den kleinen Fensteröffnungen stellt der Architekt im Neubau massiven Sichtbeton mit großzügigen Glasflächen gegenüber. Der historische Holzdachstuhl bekommt eine zeitgemäße Übersetzung aus großformatigen KLH-Tafeln, die die konstruktiven Möglichkeiten im modernen Holzbau demonstrieren. Eine hölzerne Deckenkonstruktion überspannt den Schauraum und kantet sich im Bereich des dreigeschoßigen Destilleriekessels auf. Ein räumliches Holzfaltwerk, das fast ausschließlich auf beinahe filigran wirkende Pendelstützen aufsitzt, bildet den oberen Raumabschluss. Es lässt großflächige Verglasungen zu, die das Innere nach außen tragen. Das abfallende Gelände lässt das Gebäude hangseitig in seiner gesamten Höhe sichtbar werden. Durch das Einschieben eines Fensterbandes direkt oberhalb der massiven Sockelzone erhält der Baukörper eine wohltuende Zonierung, sodass dieser in seiner Maßstäblichkeit nicht mit dem alten eingeschoßigen Winzerhaus in Konkurrenz tritt. Die Transparenz der Gebäudehülle lässt das Innenleben des Gebäudes durch die Fassade treten, die Produktionsvorgänge lassen sich auch im Außenraum ablesen. Der Betriebshof mit den Anlieferzonen wird als Teil des Ganzen gesehen, er darf und soll bespielt werden und wird zum lebendigen Teil des Ensembles im Ort. Auch bei der Wahl der Materialität der Fassade gab es die konsequente Fortführung der Intention, das Gebäude als Nutzbau zu vermitteln. Bedruckte Dachpappe, ein wenig edles Material: In seiner sorgsamen Verarbeitung und mit rotem camouflageartigen Druck versehen, jedoch überraschend ansprechend, umhüllt es Fassade und Dach und zitiert die Schattierungen der umgebenden Ziegeldächer. Das kleine Winzerhaus hat mit dem Neubau einen selbstbewussten Kompagnon erhalten, der es jedoch nicht konkurrierend in den Schatten stellt und vereinnahmt, sondern „unversehrt“ als gleichwertigen Begleiter bestehen lässt. St. Nikolai hat durch Gerhard Mitterberger ein bauliches Äquivalent zur hohen Qualität der hergestellten Produkte bekommen, durch Architektur, die wieder auf die topografischen Gegebenheiten reagiert, auf die räumlichen Beziehungen der Gebäude untereinander achtet und damit dazwischen eine spannungsreiche Mitte erzeugen kann. dezember 2007 architektur 55 INDUSTRIEBAU 56 architektur dezember 2007 INDUSTRIEBAU Wir freuen uns auf Ihren Besuch auf der DOMOTE X in Ha nnover von 12. - 15. Ja nua r 20 08, Ha lle 9, Sta nd F26. INDUSTRIEBAU 1 2 3 4 5 6 INDUSTRIEBAU Windfang Verkauf/Gaststube Ausstellung Weinpresse Schauraum Arbeit / Getreidemaischanlage Abstellraum Destillerie – Winzerhaus St. Nikolai, St. Nikolai im Sausal, Südsteiermark In der bevorzugten naturräumlichen Lage am nördlichen Eingang zur reizvollen Hügellandschaft der Südsteiermark hat St. Nikolai im Sausal durch die Erweiterung eines Winzerhauses mit einer Destillerie für Whisky und Obst ein weiteres Element in der Erneuerung seiner Ortsmitte bekommen. Gerhard Mitterberger entwickelt ein zum Altbestand ähnlich großes Gebäude, das er diesem gegenüberstellt. Als Parallele zur ehemaligen Nutzung des alten Hauses als Wein-Produktionsstätte entstand im Zubau eine moderne prozessgesteuerte Produktionsstätte mit innovativster Technologie für Whisky und Obstdestillate. 1 2 3 4 5 6 7 8 Keller nicht unterkellert Haustechnik Lager Abfüllen/Gärbereich Raubrandkessel Fruchtverarbeitung/Gärbereich Manupulationsbereich Bauherr: Marktgemeinde St. Nikolai im Sausal Haustechnik: Orts- und Infrastruktur- PMC Gebäudetechnik Planungs GmbH, Graz entwicklungs-KEG Grundstücksfläche: 7.580 m2 Planung: Arch. DI G. Mitterberger ZT GmbH Bebaute Fläche: 170 m2 Mitarbeiter: DI V. Baumgartner, DI M. Landl, Nutzfläche: 480 m2 DI J. Moosbrugger, J. Reiterer, Planungsbeginn: 2001 W. Schantl Bauzeit: 2005/2006 DI J. Riebenbauer, Baukosten: € 685.000 / € 1.270/m2 Statik: (190 m2 Bestand, 290 m2 Neubau) JR-Consult ZT GmbH, Graz 58 architektur dezember 2007 dezember 2007 architektur 59 INDUSTRIEBAU INDUSTRIEBAU Holz im Rahmen seiner Möglichkeiten Betriebsgebäude R. Baumgartner / KMT/n-o-m-a-d / Radstadt, Wien Text: Astrid Meyer, Fotos: Horst Stein n Österreichs Wäldern steht insgesamt 1 Milliarde Kubikmeter Holz und jährlich kommen, einem Bericht von proHolz, zufolge, 27 bis 31 Millionen Kubikmeter hinzu. Kärnten und die Steiermark sind gemäß einer Aufstellung der Land- und Forstbetriebe mit jeweils über 60 Prozent Waldanteil an der Gesamtfläche die meist bewaldeten Bundesländer. So nimmt es kaum Wunder, dass die Holz- und holzverarbeitende Industrie in den Regionen Murtal und im benachbarten Lavant- und Görtschitztal besonders stark sind. I An der Obdacher Bundesstraße, nördlich von Reichenfels im oberen Lavanttal, befindet sich das Betriebsgelände von Raimund Baumgartner. Das Unternehmen firmiert als Zimmerei und Holzleimbaubetrieb, wobei es sich auch im Zusammenhang mit zeitgenössischer Architektur einen Namen gemacht hat. Es zeichnete beispielsweise für die Umsetzung des von Volker Giencke geplanten Red Room verantwortlich. Dieser begehbare Klangkörper wurde vom Kärntner Zimmereibetrieb als Leichtbaukonstruktion in Fichtenholz errichtet und war im Sommer 2003 im Wiener Museumsquartier ausgestellt. Nun zeigt sich die Affinität des Bauherrn zur Architektur auch in seinem Firmensitz. Die Umstellung auf neue Produktionsmethoden machte eine Erweiterung des Betriebsgebäudes notwendig. Der Architekt für die Umsetzung war rasch gefunden: Der Bruder des Statikers Josef Koppelhuber, mit dem Baumgartner immer wieder gerne zusammenarbeitet, ist der Architekt Gunther Koppelhuber. Gemeinsam mit Peter Müller und Kim Thornton leitet dieser das Architekturbüro kmt/n-o-m-a-d. Die Vorstellung der Architekten war es, der räumlichen Situation entsprechend einen markanten Baukörper zu schaffen, der durch die Bewegung rund um den Bau zur Geltung kommt. Im Sinne einer Corporate Architecture sollte der Neubau die Dynamik des Zimmereibetriebes und die technischen Möglichkeiten des Baustoffes Holz widerspiegeln. Ein bestehendes Streifenfundament im Anschluss an den Bürotrakt definierte Größe und Standort des Gebäudes. 60 architektur dezember 2007 Auf einer Grundfläche von 10 x 11 Metern erhebt sich nun ein zweigeschoßiger Kubus, der in Holzrahmenbauweise errichtet wurde. Über dem rechtwinkligen Erdgeschoß verwindet und wölbt sich im Obergeschoß die Gebäudehülle zu einer organischen Form. An zwei Seiten gekrümmt zeigt der Bau je nach Standpunkt ein anderes Erscheinungsbild. Ebenso wie die Form orientieren sich die Öffnungen nach Situation und Lage des Gebäudes: Große Fensterflächen zum Vorplatz bilden eine visuelle Verbindung zur Abbundhalle, und die Terrasse wendet sich zum Schallschutz von der Straße ab. Als zeitgemäße Anwendung des traditionellen Baustoffes Holz wurde der Baukörper mit naturbelassenen Lärchenschindeln überzogen, die sich optimal an die gebogene Form schmiegen. Farblich akzentuiert in Rot tritt die Tragstruktur an bestimmten Ausschnitten an die Oberfläche. Funktionell dient der neue Zubau als technisches Büro und ist im Erdgeschoß vom ehemaligen Bürotrakt zugänglich. Der Grundriss ist offen angelegt, eine als Sanitäreinheit dienende Box fungiert als Raumteiler zwischen Arbeitsplatz, Ausstellungsbereich und Besprechungszone. Das Obergeschoß erreicht man über eine gebogene Freitreppe, die der Gebäudeform folgt und in einer Veranda endet. In dieser Ebene sind weitere Arbeits- und Kommunikationszonen untergebracht sowie eine Betriebswohnung, der nordwestseitig eine Terrasse vorgeschaltet ist. Das Firmengebäude symbolisiert mit einer dynamischen Form zukunftsweisende Produktionstechnologien im Allgemeinen und Stärken des Zimmereibetriebs Baumgartner im Speziellen. Der Planungsund Bauprozess des eigenen Gebäudes war für das Unternehmen selbst Experimentierfeld für neue Produktionstechniken. So eignete sich ein Mitarbeiter anhand des eigenen Projekts die Fertigkeiten zum Betrieb der neuen computergesteuerten Abbundanlage an. Damit wurden Leimbinder unterschiedlicher Länge hergestellt, aus denen sich die Konstruktion zusammensetzt. Architekt Koppelhuber spricht von Variation „als systematische Veränderung von wiederkehrenden Gestaltungselementen“. dezember 2007 architektur 61 INDUSTRIEBAU 62 architektur dezember 2007 dezember 2007 architektur 63 INDUSTRIEBAU INDUSTRIEBAU Hülle Erdgeschoß Obergeschoß A-5201 Seekirchen, Salzburg Tel.: +43 (0) 6212 7563 Fax: +43 (0) 6212 6919 E-Mail: [email protected] Homepage: www.holzschindel.at Tragstruktur Betriebsgebäude R. Baumgartner Holzbau GmbH, Reichenfels, Kärnten Seine Affinität zur Architektur stellt der Zimmermeister Raimund Baumgartner mit dem von kmt/n-o-m-a-d geplanten Firmengebäude in Reichenfels/Kärnten unter Beweis. Über einer annähernd quadratischen Grundfläche verwindet sich der zweigeschoßige Baukörper zu einer dynamischen Skulptur, deren mit Lärchenschindeln verkleidete Hülle eine zeitgemäße Anwendung des Baustoffes Holz darstellt. 64 architektur dezember 2007 Bauherr: Raimund Baumgartner Nutzfläche: 200 m2 Planung: KMT/n-o-m-a-d Planungsbeginn: 07/2004 Mitarbeiter: DI G. Koppelhuber, DI P. Müller Bauzeit: 8 Monate BA (Hons) MA (Dist) K. Thonton Holzschindeln: Beyer-Holzschindel GmbH Statik: DI J. Koppelhuber Fertigstellung: 10/2005 Bebaute Fläche: 110 m2 Baukosten: € 220.000 dezember 2007 architektur 65 INDUSTRIEBAU INDUSTRIEBAU Alpiner Denkmalschutz Nordkettenbahn Innsbruck / Schlögl & Süß Architekten / Innsbruck Text: Nicole Büchl, Fotos: Nikolaus Schletterer ine lange und intensive Vorbereitungsphase ging der Entscheidung der Stadt Innsbruck voran, das Projekt der „Nordkettenbahnen Neu“ im Rahmen eines „Private Public Partnership“ Vorhabens zu realisieren. Das aktuelle Großprojekt unterteilt sich in zwei Abschnitte: Der Neubau der Hungerburgbahn, einer Standseilbahn, deren Trassenführung vom zentral gelegenen Innsbrucker Kongresshaus bis auf die Hungerburg reicht und deren neue Stationsgebäude von Zaha Hadid architects entworfen wurden. Der 2. Projektabschnitt in den höheren Sektionen wurde bereits Ende 2006 fertiggestellt. Er beinhaltet den Neubau zweier Pendelbahnen entlang der bestehenden Seilbahntrasse von der Hungerburg zur Station Seegrube und von dort bis auf das Hafelekar sowie die vollständige Modernisierung der alten Stationsgebäude. E Die drei sehr unterschiedlichen Stationen wurden zwischen 1927 und 28 nach den Entwürfen von Franz Baumann errichtet, der damit erstmalig eine Bauaufgabe des Tourismus im Sinne der Moderne interpretierte. Aufgrund der Empfehlung eines von der Stadt Innsbruck bestellten Fachbeirates, dem unter anderem Friedrich Achleitner und Marcel Meili angehörten, beauftragte das Generalplanerbüro Malojer die Architekten Hanno Schlögl und Daniel Süß mit der heiklen Planung der „Nordkettenbahn Neu". Unterstützt durch den Denkmalschutz-Beauftragten Werner Jud sollten so die durch mehrmalige Umbauten entfremdeten Räume wieder auf ihre ursprüngliche Architektur rückgeführt und behutsame Erweiterungen und Modernisierungen vorgenommen werden, welche durch die Erhöhung der Fahrgastkapazität, die geänderten Dimensionen der Pendelbahn oder Ansprüche an die Barrierefreiheit notwendig geworden waren. Baumann hat mit seinen Stationsgebäuden eine umfassende Neuformulierung des Bauens in den Bergen gewagt. Mit steigender Höhe scheint die Architektur ihre Bodenständigkeit zu verlieren und einer abstrahierten Natur näher zu rücken. Die Talstation der Hungerburg schließt mit ihren die massiven Wandkörper bedeckenden Pult- und Satteldächern noch am ehesten an die regionale Alpinarchitektur an. Das höhere Fahrgastaufkommen der neuen Bahn bedingte 2006 die Vergrößerung der Wartehalle. Die Kassa wurde, um den Verkehrsablauf weiter zu entschärfen, in eine solitäre Box auf den Vorplatz verlegt. Dunkle Stahlplatten stellen sowohl an der Kassabox als auch an den Wandflächen der Halle die 66 architektur dezember 2007 Differenzierung zwischen Alt und Neu her. Die Mittelstation Seegrube ist der größte Gebäudekomplex. Das Verkehrs- und Gastronomiegebäude erfuhr die meisten baulichen Veränderungen während der Modernisierung. Im Südosten wurde die Wartehalle durch einen auskragenden Zubau erweitert. Die Architekten zogen über die gesamte Länge der Halle ein Panoramafenster, das jegliche Assoziationen zu beengten Wartesälen verschwinden lässt. An der Nordseite ragt ein Sichtbetonkubus unter dem mächtigen Schleppdach des Bestandes hervor, in dem sich die vergrößerte Küche befindet. Mit diesem „liegenden Fels“ konnten Schlögl & Süß auch die Anforderungen an den Lawinenschutz erfüllen. Das Fensterband der Küche kann zum Schutz mittels Stahlklappen geschlossen werden. Die ungewöhnlichste Gebäudeform besitzt zweifellos die Bergstation des Hafelekar. Besonders wesentlich war es deshalb, den Komplex von sämtlichen nachträglichen Zubauten zu befreien. Die Bergstation befindet sich etwa 80 m unterhalb des Gipfels auf steilem Terrain. Ihr abgerundeter Baukörper scheint sich gleichsam den rauen Fels hinauf zu schmiegen. Von einem viertelkreisförmigen Grundriss ausgehend, steigt eine Abfolge von Räumen am Hang entlang empor bis zu dem zum Berg hin orientieren Restaurantbereich. Im Gegensatz zu den mächtigen Pultdächern der unteren Stationsbauten begleitet hier die Dachform den aufsteigenden Baukörper. Im Inneren der Stationen waren besonders die Restaurantbereiche durch Einbauten der letzten Jahrzehnte verändert worden. Die Planer holten hier die sehr ursprüngliche, hauptsächlich durch die Oberflächenmaterialien und die Aussicht bestimmte Atmosphäre wieder hervor. Ergänzungen im Lichtkonzept wurden dem Original angepasst, die neu gestalteten Bereiche erhielten vorwiegend reduzierte, funktionale Beleuchtungskörper. Die intensive Auseinandersetzung mit Baumanns Architektur war für Schlögl & Süß Architekten eine unabdingliche Voraussetzung, um die notwendigen Änderungen und Erweiterungen der bestehenden Bauten vornehmen zu können. Die Differenzierung und somit auch der Dialog zwischen Alt und Neu erfolgten am Material oder der Beschaffenheit der Oberflächen. Die elementare Formensprache Baumanns konnten sie für Ihre Zwecke neu interpretieren und erreichten damit auf eine sehr unaufdringliche Weise, das Alte gekonnt zu ergänzen und das Gesamtkonzept in ein neues Licht zu rücken. 1 2 dezember 2007 architektur 67 INDUSTRIEBAU 68 architektur dezember 2007 INDUSTRIEBAU 3 5 4 6 dezember 2007 architektur 69 INDUSTRIEBAU INDUSTRIEBAU 7 Dämmstoffe von Austrotherm führen immer zum Erfolg. Sie garantieren einfachste Verarbeitung und sorgen für wohlige Behaglichkeit. Als erfolgreiches Familienunternehmen steht Austrotherm für innovative Dämmlösungen. Ausgezeichnetes Service und Know-how machen uns zum sicheren Partner für alle Bauvorhaben. Infos unter Tel. 02633-401 oder im Internet. www.austrotherm.com Abbildungen: 1, 5, 8 2, 3, 4, 7, 10 6 Hafelekar Seegrube Hungerburg Grundriss Station Seegrube 8 10 Nordkettenbahn Innsbruck, Umbau der „Baumann“-Stationen / Innsbruck Die in den 1920er-Jahren errichteten Stationsgebäude der Nordkettenbahn wurden im Vorfeld des Innsbrucker Großprojektes durchgreifend modernisiert und für heutige Anforderungen adaptiert. Der Dialog der schützenswerten Bausubstanz und der gezielt gesetzten Eingriffe der Architekten Schlögl & Süß lässt eine spannungsreiche Bergfahrt erwarten. Bauherr: Innsbrucker Nordkettenbahnen Türen: Riha GmbH Schiebetüren: Blasi Büro MALOJER Baumanagement Fassade: Alu-König-Stahl GmbH & Co Licht: Zumtobel Planer: Schlögl & Süß Architekten Entwässerungstechnik: Aco-Passavant Bebaute Fläche: Talstation Hungerburg: 698,43 m2 Aufzüge: Kone Station Seegrube: 2.295,95 m2 Bodenversiegelung: Industrieboden GmbH, Kramsach Bergstation Hafelekar: 579,73 m2 Bauzeit: 10/2005 bis 12/2006 Generalplaner: 70 architektur dezember 2007 dezember 2007 architektur 71