Klimawandel und Raumplanung in Salzburg RAUMPLANUNG Materialien zur Raumplanung • Band 22 Ergebnisse des Alpenraum­ projekts CLISP zur Anpassung an den Klimawandel für die Modellregion Pinzgau–Pongau MATERIALIEN ZUR RAUMPLANUNG Band 22 impressum Impressum: Verleger: Land Salzburg, vertreten durch das Amt der Salzburger Landesregierung, Abteilung 7 – Raumplanung Herausgeber: Hofrat Ing. Dr. Friedrich Mair, Leiter der Abteilung 7 (Raumplanung) Gesamtredaktion: Univ.-Doz. Dr. Franz Dollinger, Fachreferent Raumforschung und grenzüberschreitende Raumplanung Verfasser: Univ.-Doz. Dr. Franz Dollinger, Mag. Dr. Stefan Kienberger, Dipl.-Ing. Stefan Klingler, Mag. Lydia L ampelmaier, Mag. Christian Neuwirth, Mag. Dr. Thomas Prinz, Gerald Reischenböck, M. Sc., Mag. Walter Riedler, Mag. Claudia Schönegger und Dr. Elisabeth Zeil-Fahlbusch Kartographie: Univ.-Doz. Dr. Franz Dollinger und Mag. Christian Neuwirth Gestaltung und Satz: Grafik Land Salzburg, Karl-G. Baumgartner Alle: Postfach 527, A-5010 Salzburg Korrektur: Korrifee – Mag. Uta Scholl, 5020 Salzburg Druck: Colordruck Salzburg, 5020 Salzburg ISBN 3-901343-22-9, 1. Auflage: 1000 Fotonachweise: Amt der Salzburger Landesregierung: Abb. 7, 13, 15, 16, 17, 29, 35, 39; Bezirkshauptmannschaft Zell am See: Abb. 28; Bergbahnen Flachau GmbH: Umschlagfoto hinten, Abb. 12, 26, 27; Franz Dollinger: Umschlagfoto vorne, Abb. 1, 4, 6, 9, 11, 14, 43b, 43c, 44, 45, 46; Heinz Slupetzky: Abb. 43a; Terra Cognita : Abb. 30; Hans Wiesenegger : Abb. 43d; Fabian Dosch (S. 7) Englischsprachige Originalversion: Die englischsprachige Originalversion des Endberichts zur Modellregion Pinzgau-Pongau im Rahmen des Alpenraumprojekts CLISP steht unter folgenden Links zum Download zur Verfügung: http://wwww.salzburg.gv.at/rp2_archivprojekte.htm Sowie unter: http://www.clisp.eu 2 MATERIALIEN ZUR RAUMPLANUNG Band 22 Franz Dollinger, Stefan Kienberger, Stefan Klingler, Lydia Lampelmaier, Christian Neuwirth, Thomas Prinz, Gerald Reischenböck, Walter Riedler, Claudia Schönegger und Elisabeth Zeil-Fahlbusch Klimawandel und Raumplanung in Salzburg Ergebnisse des Alpenraumprojekts CLISP zur Anpassung an den Klimawandel für die Modellregion Pinzgau–Pongau Salzburg, im Juli 2011 Die Veröffentlichung dieses Berichts wurde gefördert durch die Europäische Union im Rah­ men des Alpenraumprogramms Alpine Space 3 einleitung „Land unsrer Väter, lass‘ jubelnd dich grüßen, Garten behütet von ew‘gem Schnee, (…)“ (Beginn der Salzburger Landeshymne, Text: Anton Pichler, Melodie: Ernst Sompek, Internet: http://www.salzburg.gv.at/salzburgimages_landessymbole_hymne.htm) Abb. 1: Das „ewige“ Eis? Gletscherweg von der Franz-Josefs-Höhe zur Pasterze (Land Kärnten) Quelle: F. Dollinger, 28.5.2005; der Begriff „Ewiges Eis“ verdeutlicht die Problematik im Umgang mit dem Klimawandel: natürliche und erst recht anthropogen verursachte Klimaschwankungen übersteigen das Wahrnehmungsvermögen unserer Sinne für mittel- bis langfristige Veränderungen. So wie heute eine gender­ gerechte Umformulierung der ersten Zeile der Salzburger Landeshymne öffentlich diskutiert wird, werden wir in einigen Jahrzehnten auch um die Anpassung der zweiten Zeile nicht herumkommen. 4 geleitwort Landesrat Walter Blachfellner Walter Blachfellner Landesrat für Raumordnung, Umwelt, Gewerbe und Wohnbauförderung Geleitwort Als das u. a. für Raumplanung und Klimaschutz zuständige Mitglied der Landesregierung freut es mich, dass im Rahmen des Alpenraumprojekts CLISP einige sehr wichtige Hand­ lungsmöglichkeiten der Landespolitik zur Anpassung an den bereits unver­ meidlichen Klimawandel gefunden werden konnten. Die Organisation „Germanwatch“ (www.germanwatch.org) veröffent­ licht seit 2006 einen Vergleich der Staaten mit dem größten CO2-Aus­ stoß und beurteilt den Emissions­ trend, das Emissionsniveau und die Klimapolitik; Österreich rutschte in dieser Beurteilung vom Rang 37 im Jahr 2008 auf den Rang 50 im Jahr 2009 zurück und verbesserte sich auf den Rang 42 im Jahr 2010 und auf 40 im Jahr 2011. Der aktuelle Klima­ schutzbericht des Umweltbundes­ amts 2011 verdeutlicht, dass insbe­ sondere der Verkehrssektor für eine schlechte internationale Beurteilung der österreichischen Klimapolitik ver­ antwortlich ist, denn in diesem Sek­ tor stiegen die Emissionen zwischen 1990 und 2009 von 14,0 auf 21,7 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente (In­ dustrie und produzierendes Gewer­ be von 21,3 Mio. Tonnen CO2-Äqui­ dann folgten die Arbeitsstätten mit 24 Prozent und die Haushalte mit 20 Prozent. Der Rest teilte sich auf sons­ tige Emittenten auf. valente 1990 auf 22,5 Mio. Tonnen 2008). Der Verkehrssektor steht mit 27,1 Prozent an zweiter Stelle beim Anteil der Sektoren an den gesam­ ten Treibhausgas-Emissionen (Indus­ trie und produzierendes Gewerbe 28,1 Prozent), noch vor der Energie­ aufbringung mit 15,9 Prozent. (UBA Wien 2011, S. 23f.) Im Land Salzburg ist die Situation nicht viel anders. Die Experten der Umweltabteilung haben festgestellt, dass im Jahr 2006 der Straßenver­ kehr für 28 Prozent der Treibhaus­ gasemissionen verantwortlich war, Klimapolitik ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Ge­ meinden. Auf Landesebene sind wir daher aufgerufen, in unserem Kom­ petenzbereich die Maßnahmen dort zu setzen, wo sie notwendig und am wirkungsvollsten sind. Daher ist es klar, dass insbesondere im Verkehrs­ bereich und bei der Abwärme sowie beim Energieverbrauch von Arbeits­ stätten und Haushalten die notwen­ digen Maßnahmen zu ergreifen sind. Zum Beispiel würde eine konsequen­ te Raumordnungspolitik den Ausstoß an CO2 verringern. Daher möchte ich als das für die Raumordnung zustän­ dige Mitglied der Landesregierung den Auftrag des Raumordnungsge­ setzes für eine konsequente Orien­ tierung der Siedlungsentwicklung am Öffentlichen Verkehr ernst nehmen und habe die zuständige Abteilung beauftragt, die notwendigen Grund­ lagen zu erheben und für die Um­ setzung im Rahmen der Örtlichen Raumplanung zu sorgen. Walter Blachfellner 5 Vorwort HR Ing. Dr. Friedrich Mair HR Ing. Dr. Friedrich Mair Leiter der Abteilung Raumplanung Vorwort Der Klimawandel bildet eine der we­ sentlichen globalen Herausforderun­ gen an die Verkehrs-, Wirtschafts-, Energie- und Siedlungspolitik der nächsten Jahrzehnte. Die Tempe­ raturerhöhung ist am Schmelzen der Gletscher deutlich sichtbar. Ein geordneter Skibetrieb ist ohne Be­ schneiung kaum mehr möglich. Zeit­ weilig bewegen sich aufgrund des fehlenden Schnees schon mehr Ski­ tourengeher auf beschneiten Ski­ pisten als im freien Gelände. zu reagieren. Es wurden viele kon­ krete Anpassungsempfehlungen er­ arbeitet. Die konsequente Freihal­ tung der Gefahrenzonen gehört zu den wohl wichtigsten Maßnahmen. Die Qualitätssteigerung und die Weiterentwicklung des Angebotes im Sommertourismus sind weitere Empfehlungen. Bessere betriebliche, kulturelle und infrastrukturelle An­ gebote in Verbindung mit neuen Ziel­ gruppen und Herkunftsmärkten wer­ den als Beispiele hierzu angeführt. Salzburg lebt sehr stark vom Win­ tertourismus. Der Wintertourismus ist wie kaum ein anderer Sektor von klimatischen Bedingungen abhängig. Mit dem Wintertourismus verbunden sind eine starke Siedlungsentwick­ lung in den Tourismusorten sowie ei­ ne Veränderung der Sportangebote, was sich wiederum auf die Raumord­ nung auswirkt. Die Schaffung von schneeunabhängigen Angeboten ist dazu einer der Vorschläge. Doch auch die Ziele einer verstärkten Erzeugung von erneuerbarer Energie und der Herstellung von mehr Ener­ gieautarkie stellen uns vor neue He­ rausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Auch hier spielen Raumordnung und Baurecht eine Schlüsselrolle. Demgegenüber kann davon aus­ gegangen werden, dass es zu einer Verlängerung der Sommersaison und zu einer Wiederentdeckung der Som­ merfrische kommen wird. Die Alpen­ regionen werden touristisch gesehen deshalb eher Gewinner des Klima­ wandels sein, zumal die höheren Re­ gionen auch in vierzig Jahren immer noch kühl genug sein werden, um HR Ing. Dr. Friedrich Mair 6 den hitzegeplagten Bewohnern von südlichen Ländern Erholung bieten zu können. Damit verbunden ist ein anhaltender Bauboom in den Alpen­ tälern, der die Konkurrenz um die an­ haltend knappen Bodenressourcen weiter verschärfen wird. Die Besied­ lung wird weiter nach oben wandern. Auch die Häufung der Naturgefah­ ren, u. a. verursacht durch das Auf­ tauen des Permafrosts, bringen für die Raumordnung neue Herausfor­ derungen. Das Projekt „CLISP. Anpassung an den Klimawandel durch Raumpla­ nung im Alpenraum“ versucht ei­ nerseits die vielen Veränderungen darzustellen und andererseits auf diese durch Maßnahmenvorschläge Der vorliegende Abschlussbericht soll die Planer, die Betriebe, die Gemein­ den, die Regionalverbände und die sonstigen Behörden dazu anregen, entsprechende Maßnahmen recht­ zeitig zu setzen und den fortschrei­ tenden Klimawandel bei den Inves­ titionen mit zu berücksichtigen. Ich danke den vielen Experten, die an dem Projekt mitgewirkt haben, für ihren Beitrag und wünsche uns allen, dass möglichst viel aus den Ergebnis­ sen umgesetzt werden kann. Vorwort Univ.-Doz. Dr. Franz Dollinger Univ.-Doz. Dr. Franz Dollinger Verantwortlicher Salzburger Projektpartner beim Alpenraumprojekt CLISP Herausforderung Klimawandel Anti-Raucher-Politik, und zwar von der Tabak-Industrie in den sech­ ziger Jahren des 20. Jahrhunderts bezüglich der (Un-)Gefährlichkeit des Rauchens bzw. Passivrauchens (Gore 2006, S. 264a). „Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder bleibt wie‘s ist.“ Mit dieser verballhornten Bauernregel drückt der Volksmund aus, was sich viele Menschen im Zu­ sammenhang mit dem Klimawandel denken: „Unsere Handlungsmöglichkeiten sind eingeschränkt, und außerdem macht das Wetter ohnehin, was es will.“ Allerdings besteht aus Expertensicht kein Zweifel mehr am anthropogen verursachten Klimawandel. Seit dem letzten Bericht des Weltklimarats (In­ tergovernmental Panel on Climate Change – IPCC) steht fest, dass sich die Weltdurchschnittstemperatur seit Beginn der Industrialisierung um fast 0,8° C erhöht hat, im alpinen Raum sogar um 1,8° C. Seit dem sogenannten „Stern-Report“ des Ökonomen Sir Nicholas Stern so­ wie dem Buch und dem Film von Al Gore „Eine unbequeme Wahrheit“ stieg auch das Interesse der Öffentlich­ keit und der Medien an diesem Thema. Es fällt insbesondere auf, dass mittler­ weile auch in konservativen Medien kaum mehr Zweifel an den anthropo­ genen Ursachen des aktuellen Klima­ wandels geäußert werden. Die Salz­ burger Nachrichten widmen z. B. seit letztem Jahr jeden Montag eine ganze Seite dem Thema „Klimawandel“. Al­ lerdings zeigte eine in den Salzburger Nachrichten am 23. Juli 2010 veröf­ fentlichte Kontroverse in Verbindung mit einer Online-Abstimmung auf ih­ rer Internetseite, dass in der Öffent­ lichkeit doch noch erhebliche Zweifel über Ursache und Auswirkungen des Klimawandels bestehen (siehe Infor­ mations-Anhang, Kap. 1: „Eine Kon­ troverse zum Klimawandel“). Genau hier liegt nun das Problem für die Politik: „Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer“, sagt ein be­ kanntes Sprichwort, um zu verdeut­ lichen, dass aufgrund von Einzeler­ eignissen keine allgemeingültigen Aussagen getroffen werden kön­ nen. Mit diesem Hinweis auf unge­ klärte Fragen in Bezug auf den Kli­ mawandel kann sich die Politik aus der Verantwortung stehlen und not­ wendige Entscheidungen hinauszö­ gern. Al Gore stellt in seinem Buch fest, dass dieser Trick schon einmal erfolgreich eingesetzt wurde: in der Sir Nicholas Stern hat nachgewiesen, dass frühzeitige Maßnahmen gegen den Klimawandel aus ökonomischer Sicht sinnvoll sind und jährlich nur ein Prozent des Bruttoinlandspro­ dukts für Klimaschutzmaßnahmen zur Stabilisierung der Treibhausgase bis 2050 ausgegeben werden müss­ te (Stern 2006, S. 239). Aus dieser Perspektive erscheint eine Verzöge­ rung staatlicher Eingriffe aus ökono­ mischer Sicht unverständlich. Aus politischer Sicht ist es sicher­ lich leichter, auf die eingangs zitierte Bauernregel zu verweisen, um anzu­ deuten, dass ohnehin alles unsicher ist. Leider wissen die wenigsten, dass es sich dabei um eine Verballhornung einer Bauernregel handelt, die ur­ sprünglich lautete: „Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter, kräht er auf dem Hühnerhaus, hält das Wetter die Woche aus.“ 1 Das wirklich Problematische ist, dass uns nur mehr ein sehr kleines Zeit­ fenster bleibt, um das Ausmaß der globalen Erwärmung auf ein erträg­ liches Maß zu beschränken, nämlich bis ca. 2015–2020. Sollte es nicht gelingen, die ohnehin nicht mehr zu 1 Feser und Sievers (2006, S. 17) stellen dazu fest: „So dumm, wie die Verballhornung uns weismachen will, ist die Regel gar nicht. So könnten sich bei stabilen Hochdruckwetterlagen die Kleinstlebewesen auf dem Misthaufen ins Innere zurückziehen, da die Oberfläche austrocknet – der Hahn findet auf dem Mist einfach nichts mehr zu fressen.“ 7 Vorwort Univ.-Doz. Dr. Franz Dollinger vermeidende Erwärmung auf 2° C zu beschränken, könnte auch ein Kipp-Punkt 2 überschritten werden, bei dem es durch positive Rückkop­ pelungseffekte zu dramatischen Er­ eignissen kommen kann. Dabei wür­ de insbesondere das Überleben der Menschheit auf dem Spiel stehen. Das Ökosystem selbst wird sich mit­ tel- bis langfristig an eine neue Situ­ ation anpassen können. Es hat auch schon schlimmere Katastrophen überlebt (z. B. die vielen Massen­ sterben in der Erdgeschichte), wenn auch die Erholungsphase oft mehre­ re tausend bis Millionen Jahre dauer­ te.3 Daher wäre die Menschheit gut beraten, eine doppelte Strategie zur Bewältigung der Herausforderung Klimawandel zu wählen: erstens, das derzeit stattfindende „Experiment mit dem Planeten Erde“ (Hauser 2003) so rasch wie möglich zu been­ den und sich durch eine weitgehen­ de Verminderung des Ausstoßes an Treibhausgasen auf die sichere Seite der möglichen Entwicklung zu bege­ ben; zweitens, sich an die heute be­ reits unvermeidliche Erwärmung der globalen Mitteltemperatur um ca. 2° C so anzupassen, dass auch eine noch stärkere Erwärmung nicht zum Zusammenbruch der gesellschaftli­ chen Strukturen führt. Mit Hilfe der vorliegenden Ergebnis­ se aus dem Alpenraumprojekt CLISP sollen insbesondere die Antworten im Hinblick auf die zweite Strategie gegeben werden, obwohl die Raum­ planung auch im Bereich der Emis­ sionsreduktion bedeutende Beiträge leisten könnte. Die vorliegende Veröffentlichung wur­ de im Rahmen des Alpenraumprojekts CLISP zur Kommunikation der Projekt­ ergebnisse im Land Salzburg erarbei­ tet. Zur Erklärung von Zusammenhän­ gen bzw. zur Vertiefung bestimmter Sachthemen wurde dem Endbericht ein Informationsanhang beigefügt. Während der Hauptteil von einem Autorenkollektiv erarbeitet wurde, be­ steht der Informationsanhang aus Ein­ zelbeiträgen, deren Verfasser jeweils am Ende des Beitrags genannt werden. Univ.-Doz. Dr. Franz Dollinger 2 Als solche Kipp-Punkte kommen zum Beispiel das völlige Schmelzen des Meer-Eises in der Arktis, das Schmelzen des Grönländischen Eisschildes, eine Instabilität des Westantarktischen Eisschildes, die Austrocknung des Amazonas-Regenwaldes, die Freisetzung von Methan und CO2 durch das Auftauen des Permafrostbo­ dens etc. in Frage – vgl. UBA Berlin (2008). Anmerkung: Zur Unterscheidung des österreichischen Umweltbundesamtes vom deutschen Umweltbundesamt wird in dieser Publikation jeweils die Ortsbezeichnung Wien bzw. Berlin beigefügt. 3 An der Schwelle Ordovizium/Silur vor 440 Mio. Jahren wurde fast das ganze Leben auf der Erde vernichtet, und nur Tiefseeorganismen überlebten den Kollaps des Ökosystems, der möglicherweise durch eine Supernova eines Sterns in der astronomischen Nähe unseres Sonnensystems verursacht wurde – vgl. Ludwig 2007, S. 35. 8 inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis I. Zusammenfassung und Handlungsstrategien ����������������������������������������������������������������������������������������� 13 II. Die Ergebnisse des Alpenraumprojekts CLISP für die Modellregion Pinzgau–Pongau (Land Salzburg) ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 18 1. Das ETZ-Projekt CLISP „Anpassung an den Klimawandel durch Raumplanung im Alpenraum“ ����������������������������������������������� 18 2. Die Modellregion im Überblick ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 21 2.1 Geographische Lage ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 21 2.2 Geologie und Tektonik ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 21 2.3 Die Modellregion in der letzten Eiszeit und im frühen Postglazial ��������������������������������������������������������������������������� 25 2.4 Klima ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 28 2.5 Bevölkerung ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 34 2.6 Wirtschaft ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 36 2.7 Tourismus ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 36 2.8 Die Großlandschaften der Modellregion und deren Nutzung ����������������������������������������������������������������������������������� 39 3. Der Klimawandel und seine Wirkungen in der Region ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 56 3.1 Klimaveränderungen in Europa ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 56 3.2 Klimaszenarien für die Region (nahe Zukunft bis ca. 2100) ��������������������������������������������������������������������������������������� 57 3.3 Folgen der Klimaveränderungen für die Region ����������������������������������������������������������������������������������������������������������� 3.4 Vulnerabilität ausgewählter Sektoren: Tourismus und Siedlungsentwicklung 3.5 Generische Anpassungskapazität 66 ����������������������������������������������������� 68 ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 81 4. Raumplanung und Anpassung an den Klimawandel ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 84 4.1 Instrumente der Raumplanung in der Region ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 84 4.2 Evaluierung ausgewählter regionaler und lokaler Planungs­instrumente ��������������������������������������������������������������� 86 4.3 Zusammenfassung der Erkenntnisse ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 88 4.4 Empfehlungen für eine flexible, an Klimaveränderungen angepasste Raumplanung in der Region ������������� 89 4.5 „Best Practice“-Beispiele ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 90 4.6 Risikokommunikation ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 92 III. Informationsanhang ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 95 1. Eine Kontroverse zum Klimawandel ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 95 2. Die Sage von der „übergossenen Alm“ ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 99 3. „Vulnerability“ im Kontext des Klimawandels – Ein kurzer Überblick über Konzepte und Ansätze ����������������������������������������� 101 4. Naturgefahren; global und im Land Salzburg ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 103 5. Der Naturgefahrenkataster aus dem Projekt DIS-ALP ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 105 6. Gletscher und Permafrost als Indikatoren des Klimawandels ������������������������������������������������������������������������������������������������������� 107 7. HISTALP – 250 Jahre instrumentelles Klima im Großraum Alpen ������������������������������������������������������������������������������������������������� 112 8. Die IPPC-Szenarien ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 114 9. Abrupte Klimaänderungen während der letzten Eiszeit und die Ausbreitung des Homo sapiens ����������������������������������������� 116 10. Die Kleine Eiszeit als Modell für die Anpassung an den Klimawandel? ������������������������������������������������������������������������������������� 118 9 inhaltsverzeichnis IV. Literatur und Quellen ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 121 1. Fachliteratur ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 121 2. Planungsinstrumente und informelle Quellen ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 126 Kartenverzeichnis Karte 1: Die Modellregion und die Modellgemeinden ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 20 Karte 2: Tektonische Übersichtskarte ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 23 Karte 3: Hydrogeologische Karte ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 24 Karte 4: Das Land Salzburg zum Maximum der Würm-Eiszeit ����������������������������������������������������������������������������������������������������������� 27 Karte 5: Mittlere Jahrestemperatur ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 31 Karte 6: Mittlerer Jahresniederschlag ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 32 Karte 7: Siedlungsdruck auf Gemeindeebene ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 33 Karte 8: Einwohner mit Hauptwohnsitz je 1.000-Meter-Rasterzelle ��������������������������������������������������������������������������������������������������� 35 Karte 9: Tourismusgemeinden ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 37 Karte 10: Die Großlandschaften des Landes Salzburg ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 38 Karte 11: Höhenverteilung der Skipistenflächen in Kaprun ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 42 Karte 12: Höhenverteilung der Skipistenflächen in Zell am See ���������������������������������������������������������������������������������������������������������� 44 Karte 13: Höhenverteilung der Skipistenflächen in Saalbach-Hinterglemm ��������������������������������������������������������������������������������������� 45 Karte 14: Höhenverteilung der Skipistenflächen in Goldegg ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 48 Karte 15: Höhenverteilung der Skipistenflächen in Eben im Pongau ������������������������������������������������������������������������������������������������� 49 Karte 16: Überflutungsflächen im Bereich Mittersill ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 77 Karte 17: Gefahrenzonen und dokumentierte Naturereignisse ����������������������������������������������������������������������������������������������������������� 78 Karte 18: Permafrostvorkommen in der Modellregion ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 110 Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Das „ewige“ Eis? Gletscherweg von der Franz-Josefs-Höhe zur Pasterze (Land Kärnten) �������������������������������������������������� 4 Abb. 2: Die Modellregionen im Rahmen des Alpenraumprojekts CLISP ������������������������������������������������������������������������������������������� 19 Abb. 3: Temperaturverlauf vom Würm-Maximum bis Heute ������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 26 Abb. 4: Das Habachkees in den Hohen Tauern ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 28 Abb. 5: Verteilung der Einwohner in der Modellregion nach Höhenlage 2001 ��������������������������������������������������������������������������������� 34 Abb. 6: Blick von der Schieferzone über das Pongauer Becken zum Hagen- und Tennengebirge im Hintergrund ��������������������� 39 Abb. 7: Karstplateau des Tennengebirges, Blickrichtung nach Südost ����������������������������������������������������������������������������������������������� 40 Abb. 8: Höhenverteilung der Skipistenflächen [ha] in der Modellregion Pinzgau–Pongau ������������������������������������������������������������� 41 Abb. 9: Skigebiete im Zeller Becken – Schmittenhöhe und Kaprun-Kitzsteinhorn ��������������������������������������������������������������������������� 41 Abb. 10: Anteil der Pisten in den Modellgemeinden (Skigebiete) nach Exposition in % ����������������������������������������������������������������� 43 Abb. 11: Gletscher-Skigebiet Kitzsteinhorn auf dem Schmiedingerkees ��������������������������������������������������������������������������������������������� 50 10 inhaltsverzeichnis Abb. 12: Snow-Space Flachau – ein Skigebiet an der Tauernautobahn ��������������������������������������������������������������������������������������������� 51 Abb. 13: Das Salzachtal im Oberpinzgau ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 52 Abb. 14: Die Venedigergruppe in der Großlandschaft Nordwestliche Hohen Tauern ��������������������������������������������������������������������� 53 Abb. 15: Stubachtal und Glocknergruppe in den Nordwestlichen Hohen Tauern ����������������������������������������������������������������������������� 53 Abb. 16: Das besiedelte Raurisertal (Hüttwinkltal und Seidlwinkltal mit der Goldberggruppe und der Glocknergruppe im Hintergrund) ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 54 Abb. 17: Das Nassfeld im Gasteinertal („Sportgastein“) ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 55 Abb. 18: Temperaturveränderung in den Alpen bei doppelter CO2-Konzentration unter Berücksichtigung der Höhe ��������������� 56 Abb. 19: Die Emissions-Szenarien des IPCC ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 57 Abb. 20: Modellregion Salzburg (Pinzgau–Pongau); Veränderung der Tagesmitteltemperatur 1960/90, 2010/30 und 2030/2050 ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 60 Abb. 21: Modellregion Salzburg (Pinzgau–Pongau); Veränderung der saisonalen Niederschlagsmenge 1960/90, 2010/30 und 2030/2050 ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 61 Abb. 22: Absolute Tagesmitteltemperaturen nach Saisonen ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 62 Abb. 23: Änderung der mittleren täglichen Niederschlagsmenge nach Saisonen ����������������������������������������������������������������������������� 63 Abb. 24: Änderung der klimatologischen Parameter 1980er zu 2040er Jahre für die Bezirke des Landes Salzburg und die drei klimatischen Zonen ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 65 Abb. 25: Auswirkungen der Klimaveränderung auf die Sektoren in Abhängigkeit von der Temperaturerhöhung ����������������������� 66 Abb. 26: Nächtliche Beschneiung der Skipistenflächen im Skigebiet Snow-Space Flachau ������������������������������������������������������������� 73 Abb. 27: Seilbahnstation und Speicherteich im Skigebiet Snow-Space Flachau ������������������������������������������������������������������������������� 73 Abb. 28: Hochwasser 2005 im Bereich der Gemeinde Bramberg ������������������������������������������������������������������������������������������������������� 76 Abb. 29: Illustrierung der Auswirkungen eines Hochwassers ������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 91 Abb. 30: Arbeitsgruppen bei den CLISP-Veranstaltungen in Goldegg ����������������������������������������������������������������������������������������������� 94 Abb. 31: Verkleinerte Wiedergabe der Kontroverse vom 23. Juli 2010 ��������������������������������������������������������������������������������������������� 95 Abb. 32: Temperatur und Niederschlag zwischen den Jahren 1000 und 2000 in Mitteleuropa, bezogen auf die Referenzperiode 1960–1990 ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 96 Abb. 33: Temperaturverlauf 1850 bis 2008 ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 97 Abb. 34: Temperaturabweichungen 1850 bis 2010, bezogen auf den Mittelwert 1961–1990 ����������������������������������������������������� 98 Abb. 35: Hochkönig-Plateau mit der Übergossenen Alm ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 99 Abb. 36: Bewirtschaftete Almen auf dem Dachsteinplateau ������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 100 Abb. 37: Gegenüberstellung von Begriffen und Konzepten nach der Klimawandel- und der Katastrophenrisiko­management-Sichtweise ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 101 Abb. 38: Anzahl der Naturkatastrophen 1980–2010 ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 103 Abb. 39: Zerstörung der Pinzgauer Lokalbahntrasse während des Hochwasserereignisses 2005 ������������������������������������������������� 104 Abb. 40: Wildbachereignisse im Land Salzburg – dargestellt nach Prozesstyp und Intensität ������������������������������������������������������� 104 Abb. 41: Hochwasserfotos und geologische Phänomene im Naturereigniskataster ����������������������������������������������������������������������� 105 Abb. 42: Der Naturereigniskataster im WIS – Wasserinformationssystem Salzburg ����������������������������������������������������������������������� 106 Abb. 43: Hundert Jahre Obersulzbachkees: Vergleich der Jahre 1910, 1982, 1994, 2010 ����������������������������������������������������������� 108 Abb. 44: Die Gletscherzunge des Pasterzengletschers im Jahr 1980 und 2005 ����������������������������������������������������������������������������� 109 Abb. 45: Der Talschluss Hintermoos im Hollersbachtal mit Permafrosterscheinungen ������������������������������������������������������������������� 111 11 inhaltsverzeichnis Abb. 46: Der Tauernfleck – ein inaktiver Blockgletscher ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 111 Abb. 47: Untersuchungsgebiet von HISTALP mit der „Greater Alpine Area“ (GAR) und den Stationsdaten ����������������������������� 113 Abb. 48: Darstellung der IPCC-Szenario-Familien ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 114 Abb. 49: Die Klimageschichte der späten Würm-Eiszeit und des Holozäns nach Rekonstruktionen aus Eisbohrungen in Grönland ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 116 Abb. 50: Pieter Bruegel: Die Heimkehr der Jäger – die Extremwinter der 1560er Jahre ��������������������������������������������������������������� 118 Abb. 51: Reaktionen auf den Klimawandel der „Kleinen Eiszeit“ ����������������������������������������������������������������������������������������������������� 119 Tabellenverzeichnis Tab. 1: H andlungsstrategien und Maßnahmen der transnationalen Planungsstrategie und ihre regionalen Umsetzungsmöglichkeiten ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 15 Tab. 2: Klimaübersicht ausgewählter Pinzgauer Klimastationen (Zeitraum 1961–1990) ����������������������������������������������������������������� 29 Tab. 3: Klimaübersicht ausgewählter Pongauer Klimastationen (Zeitraum 1961–1990) ����������������������������������������������������������������� 30 Tab. 4: Skigebiete im Land Salzburg: Details – Fakten – Analysen (Stand 2008) ����������������������������������������������������������������������������� 47 Tab. 5: Verwendete Regionalmodelle im Rahmen des Projekts ����������������������������������������������������������������������������������������������������������� 58 Tab. 6: Temperatur- und Niederschlagsänderung 1980er und 2040er Jahre ������������������������������������������������������������������������������������� 58 Tab. 7: Ranking der Sektoren und wahrscheinliche Auswirkungen des Klimawandels auf die Subsektoren ��������������������������������� 67 Tab. 8: Indikatoren für die Vulnerabilitätsprofile in Tab. 9 und 10 ����������������������������������������������������������������������������������������������������� 70 Tab. 9: Vulnerabilitätsprofil für den Sektor Tourismus/Erholung ��������������������������������������������������������������������������������������������������������� 72 Tab. 10: Vulnerabilitätsprofil für den Sektor Siedlungsentwicklung ��������������������������������������������������������������������������������������������������� 80 Tab. 11: Generische Anpassungskapazität der Modellregion ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 82 Tab. 12: Raumplanungsinstrumente ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 84 Tab. 13: Funktionelle Raumplanungsinstrumente ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 85 Tab. 14: Ergebnis der Evaluierung der Planungsinstrumente ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 86 Tab. 15: Aktivitäten und Workshops in der Modellregion Pinzgau–Pongau ������������������������������������������������������������������������������������� 92 12 Zusammenfassung I. Zusammenfassung und Handlungsstrategien Aus regionaler Sicht könne man den Auswirkungen des Klimawandels vor allem durch Anpassungs­ maßnahmen begegnen, denn Vermeidungsstrategien benötigen vor allem eine internationale Zu­ sammenarbeit. Dies ist die Meinung vieler regionaler Entscheidungsträger. Es bestehen jedoch auch erhebliche Potenziale für regionale Vermeidungsstrategien durch die Raumordnungspolitik (vgl. Hiess 2010, S. 8-18). Unter Anpassung verstehen wir dabei die Anpassung der Gebietskörperschaf­ ten an die Auswirkungen des Klimawandels, unter Vermeidungsstrategien werden solche verstan­ den, welche die Emissionen an Treibhausgasen verringern. Das Grünbuch der EU (Europäische Kommission 2007) führt aus, wie Anpassungsstrategien entwickelt werden können. Die wesentlichen Handlungsfelder für eine zukunfts­ orientierte Raumentwicklungspolitik sind hier insbesondere: ■■ die Berücksichtigung von Extremer­ eignissen durch eine „flexiblere 4 Ge­ fahrenzonenplanung“ und durch ei­ ne Sicherung des Wasserrückhalts in der Fläche; ■■ die Berücksichtigung von zukünfti­ gen Änderungen bei langfristigen Planungen, da die Lebenserwar­ tung großer Infrastrukturen etwa 80 bis 100 Jahre beträgt; ■■ die Berücksichtigung der Ziele des quantitativen Bodenschutzes 5 zum Schutz des größten terrestrischen Kohlenstoffreservoirs. Die Ergebnisse des CLISP-Projekts (Arbeitspaket 7, Transnationale Pla­ nungsstrategie, stadtland 2011) be­ stätigen insgesamt den 10-Punk­ te-Plan „Klimaanpassung“ zur strategischen Neuorientierung der Raumplanung von Overbeck et al. (2008, S. 368), der adaptiert auf das Land Salzburg wie folgt zusammen­ gefasst und erweitert werden kann (vgl. Dollinger 2010, S. 22ff): 10-Punkte-Plan „Klimaanpassung“ ■■ Daten- und Wissenstransfer als Grundlage für eine Anpassungsstrategie verbessern: dabei sollten insbesondere die wissenschaftli­ chen Ergebnisse aus den Szenari­ en A1B, B1 und A2 des IPCC regi­ onalisiert aufbereitet werden, um die Bandbreite der möglichen Ent­ wicklungen aufzuzeigen und der Öffentlichkeit bewusst zu machen. Dies ist durch die Arbeiten im Rah­ men der AG Klimaschutz (Suklitsch et al. 2010) sowie im Rahmen des Projekts CLISP (EURAC 2009) im Wesentlichen bereits geschehen. Eine Regionalisierung des A2Szenarios wäre jedoch ergänzend zum Aufzeigen negativer Aus­ wirkungen noch wünschenswert. Die Weiterführung der Längenund Massenbilanzmessungen der Gletscher soll von der Landesregie­ rung finanziell und organisatorisch in Kooperation mit dem Österrei­ chischen Alpenverein abgesichert werden. Dabei sollte auch eine fi­ nanzielle Vorsorge für kurzfristig zu beauftragende Erhebungen und Luftbildbefliegungen während au­ ßergewöhnlicher Verhältnisse bzw. Extremereignisse getroffen wer­ den (z. B. sollte es möglich sein, die Gletscher während einer maxi­ malen Ausaperung wie beim Hit­ zesommer 2003 flächendeckend zu befliegen oder auch die Über­ flutungsflächen nach einem Ex­ tremereignis wie beim Hochwasser 2002 zu erfassen, ohne langwie­ rige Entscheidungswege beschrei­ ten zu müssen). ■■ Gefährdungs-, Verwundbarkeitsund Klimarisikogebiete identifizieren: dazu sollten Methoden und Indikatoren gemeinsam mit den betroffenen regionalen Ak­ teuren entwickelt und für die ver­ schiedenen Entscheidungsträger entsprechend zugänglich gemacht und visualisiert werden. ■■ Leitbilder und Anforderungen für „resiliente“ Raumstrukturen erstellen: dabei treten der Vorsor­ geaspekt, der Umgang mit Un­ sicherheiten und Lernprozesse in den Vordergrund. Ein Ansatz­ punkt dafür ist die Intensivierung und Förderung regionaler Zusam­ menarbeit im Rahmen der örtli­ chen Raumplanung (interkommu­ nale Kooperation), um die Region als Ganzes gegenüber punktuel­ len Störungen unabhängiger zu machen. Gemeindeübergreifende Abstimmungs- und Ausgleichsme­ chanismen sollten in diesem Rah­ men entwickelt werden. 4 Damit meint man eine raschere Anpassung der Gefahrenzonen an eine geänderte Gefahrensituation, als es beim derzeitigen Revisionszyklus der Wildbach- und Lawinenverbauung geschieht. 5 Begrenzung der Flächenversiegelung und -verbauung auf ein bestimmtes quantitatives Ausmaß (z. B. in Hektar pro Jahr etc.). 13 Zusammenfassung ■■ Anpassungs- und Klimaschutzstrategien mit ökonomischer Steuerung und mit sektoralen Förderpolitiken koppeln: insbesondere durch eine enge Verknüpfung der Mittelvergabe verschiedener För­ derinstrumente mit der Raumpla­ nung im Rahmen einer integrierten Raumentwicklungspolitik. Es wäre beispielsweise möglich, bei der Ver­ gabe von Förderungen im Bereich Wohnen und Wirtschaft zu prüfen, ob durch die geförderte Maßnah­ me/das geförderte Objekt ein Bei­ trag zum Klimaschutz oder zur Kli­ maanpassung geleistet wird. ■■ Auswirkungen des Klimawandels in bestehende Instrumente der Landes- und Regionalplanung integrieren: insbesondere durch die Verankerung des Freiraumschut­ zes zur Reduzierung des Zuwachses von Siedlungs- und Verkehrsflächen als Klimaschutzmaßnahme und zur Sicherung von natürlichen Kohlen­ stoffsenken. Vor allem wäre hier die Aufstellung eines Sachprogramms nach dem ROG 2009 zweckdien­ lich, in das konkrete Regelungen mit Anpassungsrelevanz integriert werden können, etwa Regelungen zur Freihaltung und Sicherung von Vorrang- und Vorbehaltsflächen für Hochwasserabfluss- und -rück­ halteräume, zu Hochwasserentste­ hungsgebieten, zum Schutz von Wasserressourcen, zum Schutz von Frisch- und Kaltluftentstehungsge­ bieten, über Eignungs- und Aus­ schlussgebiete für klimasensitive Raumnutzungen etc. ■■ Handlungsoptionen für räumliche Anpassungsstrategien durch flexible Maßnahmenportfolios offenhalten: dabei sollen Umsetzungs­ möglichkeiten von Maßnahmen auf der regionalen Ebene flexibel gestaltet werden. Dies erfordert einen „Paradigmenwechsel“ von statischen, endzustands- und re­ sistenzorientierten Leitbildern hin zu „flexibler“, „fehlertoleranter“ Planung, die stärker an der Resili­ 14 enz von Raumstrukturen, der Ge­ ringhaltung von deren Verwund­ barkeit, einem raumorientierten Risikomanagement und an lang­ fristig vorausschauendem Denken – über reguläre Revisionszyklen von Raumplänen hinaus – orientiert ist. Dies erfordert zur Umsetzung ein Denken in langfristigen Szenarien und eine formalisierte, begleitende Evaluierung, um willkürlichen Än­ derungen zu begegnen. ■■ Raumplanung zum besseren Umgang mit Unsicherheiten flexibler und prozessorientierter gestalten: um dies zu gewährleisten, sollten Indikatoren entwickelt werden, die eine begleitende Beobachtung der realen Entwicklung ermöglichen und dadurch rechtzeitig Ände­ rungsbedarf signalisieren. ■■ Risk Governance als Handlungsansatz zur Bewältigung der komplexen Herausforderungen des Klimawandels in die Planungspraxis integrieren: dazu müssen auch Methoden zur Abschätzung zu­ künftiger Gefährdungen unter Kli­ mawandelbedingungen entwickelt werden, was einem Paradigmen­ wechsel von parzellenscharfen Ge­ fahrenzonen bzw. Hochwasseran­ schlaglinien zu verstärktem Denken in natürlichen, flussdynamischen Abflussräumen gleichkommt. ■■ Herausforderungen des globalen Wandels in die Debatte um Anpassungsstrategien an den Klimawandel einbeziehen: insbe­ sondere die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die regionale Wirtschafts- und Sied­ lungsstruktur. ■■ Eine breite gesellschaftliche Debatte ist notwendig: dafür sind die fachlichen Informationen für die Öffentlichkeit aufzubereiten. Ein sehr wesentlicher Schritt in dieses Richtung wäre die Bereitstellung einer internetbasierten Informati­ onsplattform zu Klimawandel und Anpassung, wie sie bei Kropp & Daschkeit (2008, S. 360), basie­ rend auf Google Maps, dargestellt wird. Das bestehende GIS-Online könnte dafür die technische Platt­ form sein, erste Ansätze dafür wurden im Zuge des EU-Projekts DIS-ALP im Rahmen des Naturge­ fahrenkatasters entwickelt und im Rahmen dieses Projekts zur An­ wendungsreife weitergeführt (vgl. Informations-Anhang Kap. 5). Die im Rahmen des Alpenraumpro­ jekts CLISP erarbeitete transnationa­ le Planungsstrategie (stadtland 2011) fasst zahlreiche Maßnahmen in neun Handlungsstrategien zusammen. Die mögliche Implementation dieser Maßnahmen in die Instrumente des Landes Salzburg stellt die folgende Tabelle 1 dar. Projektziele und Projektumfang Tab. 1: Handlungsstrategien und Maßnahmen der transnationalen Planungsstrategie und ihre regionalen Umsetzungsmöglichkeiten Maßnahmen Implementierung in Raumordnungsinstrumente des Landes Salzburg (1) Verbesserte Planungssysteme und Planungsinstrumente M 1.1 Festlegung und Weiterentwicklung von Leitbildern mit Orientierung an langfristigen Zielen Erweiterung Raumordnungsgrundsätze im ROG 2009 und Leitbilder des Landesentwicklungsprogramms (LEP 2003) M 1.2 Forcierung der Regionalplanung Stärkung der regionalen Handlungsebene im ROG 2009 M 1.3 Steuerungsmodelle mit Bezug auf den Klimawandel entwickeln Kein unmittelbarer Handlungsbedarf M 1.4 Prüfung der Auswirkungen von Projekten und Maß­ nahmen auf das Klimasystem bzw. bezüglich der An­ passung an den Klimawandel Änderung des § 5 ROG 2009 (Umweltprüfung); Einfüh­ rung Schutzgut Klima und Anpassung an den Klimawan­ del in gesetzlicher Grundlage und in der Durchführungs­ verordnung. Änderung des Sachprogramms Skianlagen. M 1.5 Anwendung neuer innovativer Methoden und Instru­ mente in der Raumplanung Kein unmittelbarer Handlungsbedarf M 1.6 Erarbeitung von Leitfäden zur Anpassung an den Kli­ mawandel für die regionale und lokale Planungsebene Ausarbeitung eines Leitfadens für das Handbuch Raum­ planung (2) Mehr Kooperation für eine verbesserte Implementierung M 2.1 Gründung transnationaler und nationaler interdiszi­ plinärer Kooperations-Netzwerke für gemeinsame Aktionen Kein unmittelbarer Handlungsbedarf M 2.2 Förderung regionaler und interkommunaler Koope­ ration Ergänzungen im LEP 2003, Kap. 5.B.1, 5.C.1, 5.C.2, 5.D.1, 5.D.2, 5.E.1 und 5.E.3 M 2.3 Förderung der Entwicklung und Umsetzung von An­ passungsmaßnahmen Ergänzungen im LEP 2003, Kap. 5.C.2 bzw. besser Ein­ führung eines eigenen LEP-Kapitels „Anpassung an den Klimawandel“ M 2.4 Einrichtung von Dienststellen für Klimaschutz und -anpassung Nicht im Verantwortungsbereich der Raumplanung (3) Wissenstransfer ermöglichen M 3.1 Den Austausch von Expertenwissen auch auf regio­ naler Ebene organisieren (Experten-Netzwerke) In Kooperation mit der zuständigen Dienststelle vorbe­ reiten M 3.2 Entwicklung einer Informationsplattform bezüglich Anpassung an den Klimawandel im Alpenraum Die bestehende Informationsplattform der CIPRA dafür nutzen M 3.3 Zum Umgang mit Unsicherheiten einen fachlichen Austausch im Rahmen von Veranstaltungen für Raumplaner ermöglichen Die Fortbildungsveranstaltungen für die Raumplaner der Gemeinden beim SIR dafür nutzen M 3.4 Arbeitshilfen für die regionale und lokale Handlungs­ ebene entwickeln Aufbauend auf den Leitfäden für das Handbuch Raum­ planung in Kooperation mit dem SIR entwickeln (4) Bewusstseinsbildung M 4.1 Entwicklung einer transnationalen Kommunikations­ strategie zur Umsetzung von Anpassungsmaßnah­ men Kein unmittelbarer Handlungsbedarf seitens des Landes M 4.2 Schlüsselpersonen auf verschiedenen Handlungsebe­ nen als Motivatoren einsetzen Nicht im Verantwortungsbereich der Raumplanung 15 Projektziele und Projektumfang Maßnahmen Implementierung in Raumordnungsinstrumente des Landes Salzburg (5) Resiliente Raum- und Infrastruktur M 5.1 Entwicklung und Erhalt kompakter, durchmischter und durchgrünter Siedlungsstrukturen Ergänzungen im LEP 2003, Kap. 5.B.1 und 5.C.1 M 5.2 Siedlungen aus Hochrisikogebieten entfernen Ergänzungen im LEP 2003, 5.C.2 M 5.3 Zweitwohnungswesen und touristische Infrastruktur regulieren Begonnene Änderung des Landesentwicklungspro­ gramms wieder aufgreifen und weiterführen M 5.4 Entwicklung und Aufrechterhaltung „grüner“ und „blauer“ Infrastruktur (Grünräume, Feuchtgebiete, Wasserflächen) LEP-Maßnahmen in 5.C.1 verstärken M 5.5 Förderung abschattender Schutzmaßnahmen bei hit­ zeexponierten Standorten Bei der Baurechts-Novelle mit berücksichtigen M 5.6 Erhaltung von Kalt- und Frischluft erzeugenden Öko­ systemen und Frischluftschneisen LEP-Maßnahmen in 5.C.1 verstärken (6) Schutz vor Naturgefahren M 6.1 M 6.2 Verstärkung des Schutzes vor Naturgefahren und der Integration von Klimawandel abhängigen Risiken in der Raumplanung und räumlich relevanter Fachpla­ nungen LEP-Maßnahmen in 5.C.2 verstärken (bzw. in eigenem Kapitel in LEP) und Ausarbeitung eines Sachprogramms nach § 10 ROG 2009 Förderung grenzüberschreitender und intersektoraler Zusammenarbeit beim Management von Naturge­ fahren LEP-Maßnahmen in 5.C.2 verstärken (bzw. in eigenem Kapitel in LEP) und Ausarbeitung eines Sachprogramms nach § 10 ROG 2009 Einrichtung von interdisziplinären Arbeitsgruppen auf Ebene der Bezirkshauptmannschaften nach dem Muster der BH Zell am See. M 6.3 Sicherstellung von Überflutungs- und Retentions­ flächen zusätzlich und begleitend zu technischen Schutzmaßnahmen LEP-Maßnahmen in 5.C.2 verstärken (bzw. in eigenem Kapitel in LEP) und Ausarbeitung eines Sachprogramms nach § 10 ROG 2009 M 6.4 Einschränkung von Baulanderweiterungen in Gebie­ ten, die für Gefahrenzonen und Schutzmaßnahmen notwendig sind LEP-Maßnahmen in 5.C.2 verstärken (bzw. in eigenem Kapitel in LEP) und Ausarbeitung eines Sachprogramms nach § 10 ROG 2009 M 6.5 Identifikation, Kennzeichnung und Schutz kritischer Infrastrukturen und Bausubstanz LEP-Maßnahmen in 5.B.2 verstärken (bzw. in eigenem Kapitel in LEP) und Ausarbeitung eines Sachprogramms nach § 10 ROG 2009 M 6.6 Stabilisierung und Verbesserung der Schutzfunktion des Waldes Regelmäßige Evaluierung und Aktualisierung der Wald­ entwicklungspläne (7) Integriertes Wasserschutz-Management 16 M 7.1 Verstärkung des Schutzes von Grundwasser- und Trinkwasserzonen LEP-Maßnahmen in 5.C.2 verstärken (bzw. in eigenem Kapitel in LEP) und Ausarbeitung eines Sachprogramms nach § 10 ROG 2009 M 7.2 Berücksichtigung von Wassermanagementansätzen und ihrer Pläne in der Raumplanung und umgekehrt LEP-Maßnahmen in 5.C.2 verstärken (bzw. in eigenem Kapitel in LEP) und Ausarbeitung eines Sachprogramms nach § 10 ROG 2009 M 7.3 Reduktion des Ausmaßes der Versiegelung durch we­ niger Neuversiegelung und verstärkte Entsiegelung von Böden LEP-Maßnahmen in 5.B.1 und 5.C.2 überarbeiten und verstärken Projektziele und Projektumfang Maßnahmen Implementierung in Raumordnungsinstrumente des Landes Salzburg M 7.4 Reduktion von Bodenverdichtung Keine Umsetzungsmöglichkeiten durch die Raumpla­ nung M 7.5 Förderung eines dezentralisierten Regenwasser-Ma­ nagements In Kooperation mit der Wasserwirtschaft Umsetzungs­ möglichkeiten prüfen M 7.6 Koordination der Wasser-Nutzung mit den Anforde­ rungen der Landwirtschaft In Kooperation mit der Wasserwirtschaft Umsetzungs­ möglichkeiten prüfen M 7.7 Koordination der Wasser-Nutzung mit den Anforde­ rungen des Energiesektors In Kooperation mit der Wasserwirtschaft Umsetzungs­ möglichkeiten prüfen (8) Landschaftsentwicklung und Ökosystem-Management M 8.1 Erhaltung großflächiger, nicht fragmentierter Grün­ räume In Kooperatiom mit dem Naturschutz Umsetzungsmög­ lichkeiten im LEP oder in einem Sachprogramm nach § 10 ROG 2009 prüfen M 8.2 Wiederherstellung und Erhaltung ökologischer Kor­ ridore In Kooperatiom mit dem Naturschutz Umsetzungsmög­ lichkeiten im LEP oder in einem Sachprogramm nach § 10 ROG 2009 prüfen M 8.3 Herstellung eines klein strukturierten Netzwerkes von Grün- und Freiräumen, Feuchtgebieten und Wasserflächen In Kooperatiom mit dem Naturschutz Umsetzungsmög­ lichkeiten im LEP oder in einem Sachprogramm nach § 10 ROG 2009 prüfen M 8.4 Umwandlung von leerstehenden und ungenutzten Baulandflächen in ökologisch hochwertige Grün- und Freiräume und/oder Wasserflächen In Kooperatiom mit dem Naturschutz Umsetzungsmög­ lichkeiten im LEP oder in einem Sachprogramm nach § 10 ROG 2009 prüfen M 8.5 Unterstützung durch die Landwirtschaft bei der Ent­ wicklung resilienter Raumstrukturen In Kooperation mit der Landwirtschaft Umsetzungsmög­ lichkeiten prüfen M 8.6 Koordination der Anforderungen von Ökosystemen und Freiräumen mit der Energiewirtschaft In Kooperaton mit Landwirtschaft und Energiewirtschaft Umsetzungsmöglichkeiten prüfen M 8.7 Sicherung und Stärkung wichtiger Waldfunktionen In Kooperation mit der Forstwirtschaft Umsetzungs­ möglichkeiten prüfen (9) Umorientierung des Tourismus M 9.1 Kennzeichnung und Anpassung verwundbarer touris­ tischer Infrastrukturen In Kooperation mit der Tourismuswirtschaft Umsetzungs­ möglichkeiten prüfen M 9.2 Implementation eines integrierten Planungsansatzes von Raumplanung und Tourismus Weiterführung der begonnenen Arbeiten zur Ausarbei­ tung eines Sachprogramms „Raumplanung und tour­ istische Infrastruktur“ M9.3 Entwicklung regionaler Strategien für den Umgang mit dem wachsenden Druck des Tourismus in höher gelegenen Gebieten Weiterführung der begonnenen Arbeiten zur Ausarbei­ tung eines Sachprogramms „Raumplanung und tour­ istische Infrastruktur“ Quelle: Klingler et al. 2011, S. 58f 17 Die Ergebnisse des Alpenraumprojekts CLISP II. Die Ergebnisse des Alpenraumprojekts CLISP für die Modellregion Pinzgau–Pongau (Land Salzburg) 1. Das ETZ-Projekt CLISP „Anpassung an den Klimawandel durch Raumplanung im Alpenraum“ Um den zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels besser begegnen zu können, sollen mit dem transnationa­ len Alpenraumprojekt „CLISP – Climatic Change Adaption by Spatial Planning“ Vermeidungs- und Anpassungsstrategi­ en auf Ebene der Raumplanung entwi­ ckelt werden. Mit der konkreten Arbeit in der Modellregion „Pinzgau–Pongau“ und einer tiefergehenden Bearbeitung in vier Gemeinden sollen die Kernthe­ men eines „Climate Change Fitness Tools“ mit Blick auf die lokalen und re­ gionalen Gegebenheiten konkretisiert werden. Die Raumplanung stellt nach dem Grünbuch „Anpassung an den Kli­ mawandel in Europa“ (Europäische Kommission 2007) eine Schlüsselkompetenz für die Anpassung an den Klimawandel, für die Eindämmung der Vulnerabilität (Verwundbarkeit) und für eine erhöhte Resistenz gegen mögliche Auswirkun­ gen dar. Allerdings sind die Instrumen­ te und die Verfahren der Raumplanung in den meisten Mitgliedsstaaten der EU derzeit noch nicht ausreichend ge­ eignet, um die von der Europäischen Union zuerkannte Schlüsselrolle wahr­ zunehmen und umzusetzen. CLISP gilt daher als strategisches „Leuchtturm­ projekt“, das zu einer nachhaltigen, an das jeweilige Klima angepassten Raum­ entwicklungspolitik im Alpenraum bei­ tragen soll. Das Projekt verfolgt folgende Hauptziele: ■■ Erarbeitung neuer, klimasicherer Pla­ nungsstrategien für eine nachhaltige und widerstandsfähige Raument­ 18 wicklung auf transnationaler, natio­ naler und regionaler Ebene; ■■ Entwicklung und Anwendung übertragbarer Konzepte und Me­ thoden zur Bewertung regionaler, raumrelevanter Vulnerabilitäten und Bereitstellung diesbezüglichen Wissens in den Modellregionen; ■■ Evaluierung der „Klimawandelfit­ ness“ der Raumplanungssysteme und Identifizierung von Stärken, Schwächen und Verbesserungs­ möglichkeiten; ■■ Förderung der Anwendung von Risk-Governance-Ansätzen auf das Management klimawandelbe­ dingter Risiken und Unsicherhei­ ten, u. a. durch Risikokommuni­ kation in den Modellregionen und durch Untersuchung bestehender Risikomanagementsysteme; ■■ Etablierung eines transnationalen Expertennetzwerks für Raumpla­ nung und Klimawandel; ■■ Sensibilisierung von Politik und Entscheidungsträgern, Planungs­ behörden, Stakeholdern und der Öffentlichkeit für klimabedingte Risiken und die Notwendigkeit der Klimaanpassung (zusammenge­ fasst nach dem CLISP-Flyer, www. clisp.eu). Der Schwerpunkt der regionalen Beteiligung lag bei der Analyse und Beurteilung von Raumplanungsin­ strumentarien auf lokaler, regiona­ ler und Landesebene sowie auf der Entwicklung von erforderlichen An­ passungen relevanter Instrumente im Hinblick auf Anpassungs- und Bekämpfungsstrategien zum Klima­ wandel. Die Bearbeitung erfolgte im Rahmen mehrerer ausgewählter, be­ sonders betroffener Modellregionen und Fachbereichsplanungen auf lo­ kaler und regionaler Ebene. Die be­ gleitende Kommunikation und Öf­ fentlichkeitsarbeit zu diesem Thema spielte dabei eine wesentliche Rolle. Dazu wurden in den Modellregionen Workshops durchgeführt. Im Land Salzburg wurde die NUTS-3-Region Pinzgau/Pongau als Modellregion ausgewählt; innerhalb dieser werden in vier Gemeinden die Instrumen­ te der örtlichen Raumplanung einer genaueren Analyse unterzogen. Da­ bei handelt es sich um die Gemein­ den Kaprun, Zell am See, Goldegg und Eben im Pongau, da mit diesen eine repräsentative Auswahl an Ge­ meinden vorliegt, bei deren Beispiel die wahrscheinlichen Auswirkungen des Klimawandels demonstriert wer­ den können. Die Ergebnisse des Alpenraumprojekts CLISP Abb. 2: Die Modellregionen im Rahmen des Alpenraumprojekts CLISP Quelle: EURAC; Powerpointpräsentation beim CLISP-Partnertreffen in Salzburg. Die weiße Linie zeigt die Grenze des Alpenraums nach der Alpenkonvention, siehe: http://www.alpenkonvention.org Die Herausforderung für die Raum­ planung liegt in erster Linie dar­ in, dass die traditionellen Raumpla­ nungsinstrumente gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels nicht ausreichend abgesichert sind, weil sie zukünftige Veränderungen der naturräumlichen Rahmenbedin­ gungen zu wenig berücksichtigen (z. B. Veränderungen in der Häufig­ keit von winterlichen Starknieder­ schlägen). Es werden daher Modelle zu finden sein, die flexibel auf Verän­ derungen der Rahmenbedingungen reagieren und die Vulnerabilität der betroffenen Sektoren berücksich­ tigen. Durch die transnationale Zu­ sammenarbeit in diesem Projekt er­ hoffen sich die Projektpartner 6 einen wesentlichen Schritt in Richtung ei­ ner Anpassungsstrategie für den Al­ penraum. Die thematischen Schwerpunkte für das Land Salzburg sind Fragestellun­ gen im Umfeld der Veränderungen im Bereich Gletscher und Permafrost, Auswirkungen auf die Wasserkraft­ nutzung und den Tourismus sowie der Bereich Naturgefahren und not­ wendige Anpassungen im Siedlungs­ system. 6 Als Leadpartner fungierte das Umweltbundesamt in Wien, beteiligt waren 19 Projektpartner und Beobachter aus Österreich, Deutschland, Frankreich, Italien, Liechtenstein, der Schweiz und Slowenien (siehe www.clisp.eu). 19 Die Modellregion im Überblick Karte 1: Die Modellregion und die Modellgemeinden 20 Die Modellregion im Überblick 2. Die Modellregion im Überblick 2.1 Geographische Lage Die Region Pinzgau–Pongau – EURegion auf NUTS-3-Ebene und Teil des Landes Salzburg – mit den poli­ tischen Bezirken Zell am See und St. Johann und insgesamt 53 Gemeinden umfasst eine Fläche von 4.397,17 km² (Statistik Austria 2009). Der überwie­ gende Teil dieser Fläche besteht aus nicht besiedelbarem Gebirgsland mit stark ausgeprägtem Relief, weshalb der Dauersiedlungsraum mit ca. 480 km² nur 10,9 Prozent der Gesamt­ fläche einnimmt (Prinz et al. 2010, S. 2). Die Siedlungsfläche beschränkt sich hauptsächlich v. a. auf das Salz­ ach- und das Saalachtal sowie den Oberlauf der Enns im Osten der Re­ gion. Der größte See ist der Zeller See mit ca. 4 km², gefolgt vom gestau­ ten natürlichen Tauernmoossee, den Stauseen Moserboden und Wasser­ fallboden und den beiden gestauten natürlichen Seen Bockhartsee und Weißsee.7 Die größte Erhebung in der Region ist der Großvenediger (3.674 m). Die markantesten Gebirgszüge erstre­ cken sich entlang der Regionsgren­ ze im Süden bzw. im Norden. Im Süden stellt der Hauptgrat des kris­ tallinen Tauerngebirges eine natür­ liche Wasserscheide zwischen den Einzugsgebieten der Flüsse im Land Salzburg und jenen in Osttirol und Kärnten dar. Die Gebirgszüge im Norden (Tennengebirge, Hagenge­ birge und Steinernes Meer), welche bereits den nördlichen Kalkalpen zu­ zuordnen sind, werden von Salzach und Saalach in Nord-Süd-Richtung durchschnitten. Aufgrund der oro­ graphischen Barrieren kommt es zu einer starken Differenzierung des re­ gionalen Klimas. 2.2 Geologie und Tektonik Die Modellregion hat nach dem Stand der geologischen Erkundung Anteil an folgenden tektonischen Einheiten (zusammengefasst nach Dollinger 1998, S. 92f, und Pestal et al. 2009, Tafel 1, vgl. tektonische Übersichtskarte): Die Nördlichen Kalkalpen mit ihren zahlreichen Teildecken sind haupt­ sächlich durch die tirolische Decke re­ präsentiert, die nördlich der Modell­ region auf die bajuwarische Decke aufgeschoben ist und vorwiegend aus Kalken, Kalkmergeln und Dolomiten besteht, wobei die Kalke und Dolo­ mite der Trias die bedeutendste Rolle spielen. Als Besonderheit innerhalb der Nördlichen Kalkalpen sind die kreide­ zeitlichen Gosauablagerungen zu nen­ nen, die aufgrund ihrer fossilreichen Sedimente einen wesentlichen Beitrag zur zeitlichen Einordnung leisteten. Die Überschiebung der Kalkalpen auf den Flysch „als Ganzes“ (Bögel & Schmidt 1976, S. 26) wird durch die bis zum 25 Kilometer südlich des Kalkalpennord­ randes liegenden tektonischen Fens­ ter südlich des Wolfgangsees erkenn­ bar (vgl. Bögel & Schmidt 1976, S. 26; Del-Negro 1983, S. 20-31; Plöchinger 1980, S. 244-255; Plöchinger et al. 1982, S. 10-37; Plöchinger et al. 1990, S. 6-17). Südlich der tirolischen Decke ist als geomorphologisch bedeutsa­ me Einheit der Nördlichen Kalkalpen die Werfener Schuppenzone mit ihren weichen Sandsteinen, Tonschiefern und zerklüfteten Kalken zu vermerken (vgl. Plöchinger 1980, S. 252). Die ebenfalls oberostalpine Grauwackenzone mit ihren weichen, meist schwachmetamorphen paläo­ zoischen Tonschiefern, Grauwacken und Kieselschiefern, z. T. auch Sand­ steinen, Dolomiten, Kalkmergeln und Kalken, baut mit ihren sanften Formen den Abschnitt zwischen den Kalkalpen und den Zentralalpen auf. In die tektonische Einheit sind auch Quarzporphyre, Diabase und Grün­ schiefer eingeschaltet, die zusammen mit den härteren karbonatischen Ge­ steinen auch schärfere Gipfelformen verursachen (Bögel & Schmidt 1976, S. 26; Schönlaub 1980, S. 269-278). Die unterostalpine Radstädter Deckengruppe, vorwiegend aus altpa­ läozoischen Quarzphylliten und me­ sozoischen Kalken, Schiefern und Dolomiten aufgebaut, bildet den unterost­ alpinen Rahmen des Tau­ ernfensters (vgl. Del-Negro 1983, S. 39), der im Norden unter die Grau­ wackenzone und nach Osten in das Schladminger Kristallin und unter die Granatglimmerschiefer eintaucht (Bögel & Schmidt 1976, S. 27f; Thiele 1980, S. 304-307). 7 Vgl. http://www.salzburg.gv.at/sb_statistik_daten_topographie.pdf 21 Die Modellregion im Überblick Das penninische Tauernfenster baut im Wesentlichen die Zentralalpen auf. Es besteht im Bereich des Lan­ des Salzburg aus vier ZentralgneisKernen, die von der Schieferhülle umrahmt werden, wobei die Zen­ tralgneise glazial überprägte sanf­ tere Formen aufweisen, denen die zerfurchten und gegliederten Hän­ ge der Schieferhülle gegenüber­ stehen. Als Zentralgneis werden Amphibolitgneise, Orthogneise, Pa­ ragneise, Gneisgranite, Granitgneise und Migmatite zusammengefasst, während als Gesteine der Schiefer­ hülle Grünschiefer, Kalk- und Gra­ natglimmerschiefer, dunkle Phyllitte (Schwarzphyllitte) und Kalkmarmo­ re landschaftsprägend auftreten. Die Klammkalkzone am Tauernnordrand ist aufgrund ihrer Vielzahl von Klam­ men (Liechtensteinklamm, Kitzloch­ klamm) und aufgrund von Großfor­ men des Karstes (Entrische Kirche) 22 geomorphologisch herauszuheben. Sie wird in der Karte von Pestal & Hejl et al. (2005) ebenfalls zur Matreier Schuppenzone gezählt (vgl. Bögel & Schmidt 1976, S. 28f; Thiele 1980, S. 300-314; Exner 1964, S. 15-31; Pestal et al. 2009, S. 49f). in den Tal- und Beckenfüllungen von wesentlicher Bedeutung, die im Spät­ glazial und frühen Postglazial in den durch die Gletscher ausgeschürften Flusstälern abgelagert wurden (z. B. im Saalachtal zwischen Saalfelden und Lofer, vgl. ebd.). Hydrogeologisch gesehen sind in der Modellregion die wasserlöslichen Kar­ bonatgesteine, die meist fluvioglazia­ len Schotterkörper in den Tälern und Becken, die zahlreichen Schwemmund Schuttkegel und die Rutschkörper in schiefrigen und mergeligen Gestei­ nen von Bedeutung. Dabei führen lo­ kale Haselgebirgsvorkommen im Nor­ den der Modellregion und nördlich davon zu ingenieurgeologischen He­ rausforderungen für die Bauwirtschaft (vgl. Braunstingl 2009, S. 133f). Für die Wasserversorgung sind in der Mo­ dellregion neben den Karstwasservor­ räten auch zahlreiche Schotteraquifere Die Grund- und Endmoränenvorkom­ men aus der Würm-Eiszeit und wei­ tere quartäre Sedimente, wie z. B. Vorstoßschotter, fluvioglaziale Sedi­ mente, Eisrandsedimente, See- und Flussablagerungen, Schwemm- und Murenkegel (van Husen 2009, S. 110126) führen überdies lokal zu schwie­ rigen Standortverhältnissen, wobei insbesondere die durch den Rück­ zug der spät- und postglazialen Glet­ scher verursachten Veränderungen im Landschaftshaushalt und das Auftau­ en von Permafrostböden zu Gefähr­ dungen für den Siedlungsraum und die Infrastruktur führen können. Die Modellregion im Überblick Karte 2: Tektonische Übersichtskarte 23 Die Modellregion im Überblick Karte 3: Hydrogeologische Karte 24 Die Modellregion im Überblick 2.3 Die Modellregion in der letzten Eiszeit und im frühen Postglazial Das Landschaftsbild der Modellregion, wie wir es heute kennen, ist im We­ sentlichen ein Erbe des Pleistozäns, das vor etwa 10.000 Jahren endete und vor ca. 1,8 Millionen Jahren begonnen hatte. Diese Periode weltweiter Ver­ eisungen umfasst mehrere Eis-, Kaltund Warmzeiten, wobei im Alpenraum vier Eiszeiten und weitere zwei Kalt­ zeiten durch Sedimente nachgewiesen sind.8 Die letzte Vereisungsperiode be­ zeichnen wir in den Alpen als „WürmEiszeit“; sie erreichte vor etwa 21.000 Jahren ihren Höhepunkt in Form ei­ nes gewaltigen Eisstromnetzes in den Alpen. Fast das ganze Land Salzburg lag damals unter Eis, nur die höchsten Gipfel ragten aus dem kilometerdicken Eismantel, der Inn- und der Salzach­ gletscher endeten in Form gewaltiger Gletscherzungen im Alpenvorland (vgl. Karte 4 aus van Husen 1987, Gamerith & Heuberger 1999, S. 318, und Ibetsberger et al. 2010, S. 16-20). Für zukünftige Entwicklungen inte­ ressant ist, dass durch datierbare Se­ dimentfunde belegt werden konnte, dass das Inntal bis etwa 27.000 Jah­ re vor Heute [kurz: vH 9] eisfrei war, obwohl die Würm-Kaltzeit vor ca. 100.000 Jahren vH bereits begonnen hatte. Das gewaltige Eisstromnetz baute sich innerhalb von ein paar tau­ send Jahren auf und löste sich ab ca. 21.000 Jahre vH wieder auf.10 Das et­ wa 10.000 Jahre dauernde Spätglazial der Würm-Eiszeit besteht nach dem aktuellen Stand der Forschung im Wesentlichen aus drei Phasen: a. der Auflösungsphase des Eis­ stromnetzes bis etwa 17.000 vH, in der sich mindestens zwei Wie­ dervorstöße der alpinen Gletscher ereigneten, die nach Heuberger (1968) als Bühl- und Stainachsta­ dium bezeichnet werden. Wäh­ rend dieser Phase des Eiszerfalls im frühen Spätglazial und des Rückzugs des Salzachgletschers bildeten sich nach den frühspät­ glazialen Wiedervorstößen große spätglaziale Seen in den vom Glet­ scher ausgeschliffenen Talwannen im Ober- und Mitterpinzgau und im Pongau. Die noch im Spätgla­ zial mit Ausnahme des Zeller Sees weitgehend verlandeten Seen sind eine Ursache schwieriger in­ genieurgeologischer Verhältnisse. Leider kann aufgrund fehlender datierbarer Sedimente aus dieser Zeit der genaue Ablauf nicht re­ konstruiert werden (vgl. Ibetsberger et al. 2010, S. 21); bis auf das neuzeitliche Ausmaß zu­ rückgezogen haben, und zwischen etwa 12.500 bis 11.500 Jahren ei­ ner Kaltphase, die in der Eiszeitfor­ schung als Jüngere Dryas bezeich­ net wird, in der sich der sogenannte Egesen-Vorstoß der Gletscher ereig­ nete (Kerschner 2009, S. 20ff, und Ivy-Ochs et al. 2008, S. 563). Insbesondere die das Spätglazial ab­ schließende Jüngere Dryas ist nach Dollinger (2010, S. 11) für unsere Fragestellung von großem Interes­ se, „weil es ziemlich wahrscheinlich ist, dass dieser Rückfall in die Eiszeit durch das Auslaufen eines gewaltigen Süßwassersees auf den nordamerika­ nischen Kontinent in den Nordatlan­ tik ausgelöst wurde, der den Zusam­ s troms menbruch des Nordatlantik­ verursachte und die Erde für weite­ re 1.200 Jahre in eine Kaltphase zu­ rückwarf“ (ebd.). b. einer darauf folgenden Kaltpha­ se bis ca. 15.000 Jahre vH (Ältere Dryas mit mehreren spätglazialen Vorstößen, die als Gschnitz-, Cla­ vadel/Senders- und Daun-Stadi­ um bezeichnet werden), in der die Gletscher teilweise wieder bis in die Haupttäler vorstießen (in Salzburg erreichten im Gschnitz die Glet­ scher der Sulzbachtäler den Boden des Salzachtals im Becken von Ro­ sental, vgl. Seefeldner 1961, S. 187, Slupetzky 1994, S. 17, und Ibetsberger et al. 2010, S. 29); Solche Ereignisse traten während des Spätglazials mehrfach auf und wer­ den nach dem Marinegeologen Hart­ mut Heinrich als „Heinrich-Ereignis­ se“ bezeichnet (Maslin 2009, S. 87). Bei einem Heinrich-Ereignis werden ganze Armaden von Eisbergen in den Atlantik getrieben, und man geht da­ von aus, dass es sich um Bruchstücke aus dem abschmelzenden nordame­ rikanischen Eisschild handelt. Darauf deutet auch die Unregelmäßigkeit der Ereignisse hin.11 c. dem ca. um 15.000 vH begin­ nenden Bölling-Interstadial, einer Warmphase von etwa 2.000 Jahren, in der sich die Gletscher vermutlich Das Pleistozän endet mit einer letz­ ten Schwankungsphase, die heute als Präboreale Oszillation bezeichnet wird und mit der das sogenannte Kar­ 8 Seit Penck & Brückner (1908) bezeichnen wir die letzten vier großen Vereisungsphasen in den Alpen als Würm-, Riss-, Mindel- und Günzeiszeit, Mittlerweile sind fluvioglaziale Sedimente zweier weiterer Kaltzeiten nachgewiesen, die als Donau- und Biberkaltzeit bezeichnet werden. Gamerith & Heuberger (1999, S. 319) un­ terscheiden unter Berufung auf das Mondseeprofil die Bezeichnungen Würm-Kaltzeit und Würm-Eiszeit, letztere habe nicht viel länger als 10.000 Jahre gedauert. Es ist jedoch unklar, wie weit die alpinen Gletscher in den beiden ersten Würmstadialen vorstießen, da das Eisstromnetz des dritten Würm-Stadials (Würm-Maxi­ mum um ca. 25.000 bis 21.000 vH) deren Sedimente überprägt haben musste. 9 vH (vor Heute) entspricht dem englischen Terminus „Before Present“ (BP) und stellt als technischer Fachbegriff eine Altersangabe dar, die sich als Vergleichsgröße auf das Kalenderjahr 1950 bezieht. Grund dafür ist, dass wegen der Zündung der ersten Wasserstoffbombe im Jahr 1952 die Messwerte bei der Radiokarbonme­ thode nur im Vergleich zum Zeitraum vor 1952 kalibriert werden können. 10 Wir wissen sehr wenig über die Frühphase der Würm-Eiszeit, da mögliche glaziale Sedimente früherer Hochstandsphasen durch den Würm-Maximalstand von 21.000 vH überprägt wurden. Es ist jedoch anzunehmen, dass es ähnlich wie im Postglazial mehrfache Vorstoß- und Rückzugsphasen gegeben haben müsste. 25 Die Modellregion im Überblick tell-Stadial in Verbindung gebracht wird, das sich 10.800 Jahre vH ereig­ nete (Ivy-Ochs et al. 2008, S. 568). Die Zuordnung des Kartell-Stadials zum Pleistozän ist jedoch umstritten. Mit Beginn des Holozäns zogen sich die alpinen Gletscher auf die Gipfel­ bereiche zurück und stießen während des gesamten Postglazials mehrfach wieder vor. Mittlerweile wissen wir, dass die Deutlichkeit der sogenannten 1850er-Moränen auch dadurch gege­ ben ist, weil die alpinen Gletscher im Holozän öfter so weit vorstießen und sich anschließend wieder zurückzogen. Durch datierte Zirbenfunde ist bei­ spielsweise bekannt, dass im Zeitraum zwischen etwa 10.000 und 9.000 Jah­ re vor Heute, also im frühen Holozän, im Bereich des heutigen Zungenbe­ ckens der Pasterze ein Zirbenwald wuchs und sich der Gletscher wohl auf den Bereich oberhalb des sogenannten Hufeisenbruchs zurückgezogen haben musste. Diese Warmphase wird vom sogenannten 8k-Event kurzfristig un­ terbrochen, bei dem es durch ein letz­ tes Heinrich-Ereignis zu einem Rückfall in eine kältere Phase kam, der mögli­ cherweise mit einem deutlichen post­ glazialen Gletscherhochstand korres­ pondiert, dem Kerschner (2009, S. 14) aufgrund absoluter Datierungen von Ivy-Ochs et al. (2006) mit dem früher zum Spätglazial gezählten KromerStand in Verbindung bringt. Weitere Phasen mit einer kleineren Pasterze als heute sind nach verschiedenen Funden die Zeiträume um ca. 7.000, 6.000 bis 5.500, 4.800 bis 4.200 und 3.800 bis 3.400 vor Heute (Nicolussi 2009, S. 49ff, Slupetzky et al. 1998, S. 228). Wir können daher davon ausgehen, dass sich in diesen Wärmephasen die großen Gletscher in der Modellregion in die Ursprungskare zurückgezogen haben und teilweise überhaupt abge­ schmolzen waren. Nach Ibetsberger et al. (2010, S. 34f) kann angenommen werden, dass in der früh-holozänen Wärmeperiode in den Ostalpen nur mehr kleine und kleinste Karbereiche in Höhen über 3.000 Metern eisbe­ deckt waren. Am Höhepunkt dieser Wärmeperiode waren sämtliche Glet­ scher bis auf Firnfelder über 3.000 Metern Höhe abgeschmolzen, so dass die alpinen Flüsse frei von Gletscher­ schliff waren und daher ein anderes Abflussregime erhielten. Die Wieder­ einwanderung bestimmter Fischarten war dadurch möglich, Warmwasser­ fische erreichten den Zeller See (ebd., S. 37). Ibetsberger et al. (ebd., S. 35) nehmen an, dass die Durchschnitts­ temperatur im Zeller Becken damals etwa dem heutigen Klima in Bozen, Südtirol, entsprach. Nach dem endgültigen Abschmel­ zen der nordamerikanischen und skandinavischen Eisschilde um etwa 8.000 Jahre vH war auch die Zeit der Heinrich-Ereignisse vorbei. Die gro­ ße Frage für uns ist nun nach Dollinger (2010, S. 12), ob durch das Abschmelzen des Grönländischen Eisschildes aufgrund der anthropoge­ nen Erwärmung eine ähnliche Situa­ tion wie bei den Heinrich-Ereignissen entstehen könnte und durch die Un­ terbrechung der thermohalinen Zir­ kulation eine Abkühlung in Europa verursachen würde. Nach den bei Stefan R ahmstorf (2005) skizzierten Modellrechnungen gilt dies eher als unwahrscheinlich (vgl. ebd., S. 75), ist jedoch nicht völlig auszuschließen (siehe Informations-Anhang, Kap. 9: Abrupte Klimaänderungen). Abb. 3: Temperaturverlauf vom Würm-Maximum bis Heute Die Bedeutung einer globalen Mitteltemperaturzunahme um 5° Celsius kann am besten im Vergleich zur Vergangenheit illustriert werden. So fand eine Erhöhung der globalen Mitteltempera­ tur um knapp 5° Celsius zwischen dem Würm-Maximum (siehe Karte 4) und Heute statt. Sollte sich daher die globale Mitteltemperatur im Vergleich zu Heute um weitere 5° Celsius erhöhen, würde dies zum völligen Abschmelzen der Eisschilde in Grönland und auf der Antarktis führen und den Meeresspiegel um über 60 Meter im Vergleich zu Heute erhöhen, dies würde aber einige hunderte Jahre in An­ spruch nehmen (vgl. die Karte bei Kroonenberg 2008, S. 170). Quelle: Kromp-Kolb & Formayer 2005, S. 39 11 Beim Abschmelzen der großen laurentinischen Eiskappe von Nordamerika entstanden außerdem große Schmelzwasserseen hinter den Eiswällen. Der größte davon wird zu Ehren des Pioniers der Eiszeitforschung Louis Agassiz „Lake Agassiz“ genannt. Als der Eiswall, der den Lake Agassiz abgeschlossen hatte, vor 12.500 Jahren durchbrach, ergoss sich eine gewaltige Welle kalten Schmelzwassers in den Nordatlantik, wodurch die thermohaline Zirkulation unterbrochen wurde und das Klima weltweit für 1.200 Jahre aus dem Gleichgewicht geriet (Kroonenberg 2008, S. 139). 26 Die Modellregion im Überblick Karte 4: Das Land Salzburg zum Maximum der Würm-Eiszeit 27 Die Modellregion im Überblick Abb. 4: Das Habachkees in den Hohen Tauern Quelle: F. Dollinger, August 2000, Aufnahme vom Gipfel des Larmkogels; deutlich zu erkennen ist die Ufermoräne der postglazialen Hochstände im rechten Bildbereich, damals erreichte der Gletscher noch den Talboden unterhalb des Bildbereichs. 2.4 Klima Generell bewirken die Alpen eine Stauung der überwiegend aus Westen bzw. Norden kommenden Luftmassen (Häckel 1999, S. 112). Daher weisen die im alpinen Zentralraum gelegenen Täler (v. a. das Salzachtal) relativ we­ niger mittleren Jahresniederschlag auf als die Gebiete nördlich der Kalkalpen. Allgemein spielt die Luv- bzw. Leesei­ tigkeit eine zentrale Rolle. Die bayeri­ schen und Salzburger Kalkhochalpen liegen im Luv der vorherrschenden Strömungslage (Nordwestwind). Das Salzachtal südlich des Passes Lueg und teilweise auch das Saalachtal be­ finden sich im Lee, weshalb die nied­ rigen Niederschlagswerte auf diesen reliefbedingten Effekt zurückzuführen sind. Zudem lässt sich auch ein Zu­ sammenhang zwischen Seehöhe und 28 jährlicher Niederschlagshöhe erken­ nen, wobei die Niederschlagsmenge tendenziell mit der Höhe steigt. Be­ zogen auf die jahreszeitliche Nieder­ schlagsverteilung entfällt der größere Teil des Niederschlags (60 %) auf das Sommerhalbjahr (April bis Septem­ ber), was sich im Hinblick auf die Ve­ getationsentwicklung als günstig er­ weist (ZAMG 2000, o. S.). Die Differenzierung der Jahresmitteltemperatur ist vor allem durch die Höhenlage bedingt. Als Faustregel gilt der adiabatische Temperaturgra­ dient, der besagt, dass eine Höhen­ veränderung von hundert Metern eine Lufttemperaturerhöhung bzw. Abkühlung von einem Grad Kelvin bewirkt (Häckel 1999, S. 41). Auch beeinflusst die jeweilige Hangrich­ tung die Sonneneinstrahlungsdau­ er und somit die Schneedeckendau­ er. Zudem kommt es zur Ausbildung kleinräumiger Hangwindsysteme, was einen zyklischen Tagesgang der Hauptwindrichtung zur Folge hat (Häckel 1999, S. 300ff). Darüber hinaus stellen größere Was­ serflächen bzw. Siedlungsagglome­ rationen temperatur-relevante Ein­ flussgrößen für kleinräumige Gebiete dar. Seeufergebiete weisen im Som­ mer kühlere und im Winter wärme­ re Temperaturen auf (ZAMG 2000, o. S.). Für größere Siedlungsflächen ergeben sich aufgrund der erhöhten Sonnenstrahlenabsorption höhere Temperaturen (Häckel 1999, S. 327). Die Modellregion im Überblick Tab. 2: Klimaübersicht ausgewählter Pinzgauer Klimastationen (Zeitraum 1961–1990) Station Hütten (Leogangbach), Höhe über NN: 940 m Monat / Jahr Mittl. Temperatur Einh. J F M A M J J A S O N D Jahr °C -4,5 -2,6 1,1 5,5 10,7 13,8 15,9 15,3 12,1 7,1 0,8 -3,9 5,9 Höchstes Tagesmittel [°C]: 26,0 (14.08.1966) Mittl. Niederschlag mm 108 83 87 Zahl der Tage mit Schneebedeckung: 125 Niedrigstes Tagesmittel [°C]: -20,3 (16.01.1966) 84 128 169 179 177 Größte Schneehöhe [cm]: 116 107 79 92 117 1.410 Max. Niederschlag 24 h [mm]: 111,0 (19.07.1981) 116,0 (13.12.1918) Station Saalbach, Höhe über NN: 1.010 m Monat / Jahr Mittl. Temperatur Einh. J F M A M J J A S O N D Jahr °C -4,6 -3,9 0,1 4,5 9,5 11,9 14,8 14,1 11,0 6,5 0,0 -3,4 5,0 Höchstes Tagesmittel [°C]: 22,7 (11.07.1984) Mittl. Niederschlag mm 100 71 73 Zahl der Tage mit Schneebedeckung: 138 Niedrigstes Tagesmittel [°C]: -21,4 (07.01.1985) 79 122 159 182 164 Größte Schneehöhe [cm]: 95 99 71 84 97 1.301 Max. Niederschlag 24 h [mm]: 95,2 (18.05.1971) Station Krimml, Höhe über NN: 1.082 m Monat / Jahr Mittl. Temperatur Einh. J F M A M J J A S O N D Jahr °C -3,2 -1,8 1,6 5,6 10,3 13,2 15,0 14,4 11,6 7,2 1,3 -2,7 6,0 Höchstes Tagesmittel [°C]: 26,2 (11.07.1984) Mittl. Niederschlag mm 56 43 62 Zahl der Tage mit Schneebedeckung: 131 Niedrigstes Tagesmittel [°C]: -21,4 (12.01.1987) 83 125 148 182 174 Größte Schneehöhe [cm]: 58 101 66 68 59 1.167 Max. Niederschlag 24 h [mm]: 169,2 (18.07.1981) Station Mooserboden, Höhe über NN: 2.036 m Monat / Jahr Mittl. Temperatur Einh. J F M A M J J A S O N D Jahr °C -6,1 -6,0 -4,2 -1,2 3,2 6,3 8,7 8,6 6,6 3,7 -1,6 -4,7 1,1 Höchstes Tagesmittel [°C]: 19,7 (28.07.1983) Mittl. Niederschlag mm 81 65 Zahl der Tage mit Schneebedeckung: kein Messwert 87 Niedrigstes Tagesmittel [°C]: -25,7 (12.01.1987) 115 160 207 231 232 Größte Schneehöhe [cm]: kein Messwert 147 90 94 85 1.594 Niederschlag 24 h [mm]: 102,0 (09.07.1979) Quelle: Die Niederschläge, Schneeverhältnisse und Lufttemperaturen in Österreich im Zeitraum 1981–1990, Wien 1994 (= Beiträge zur Hydrographie Österreichs, Heft Nr. 52) 29 Die Modellregion im Überblick Tab. 3: Klimaübersicht ausgewählter Pongauer Klimastationen (Zeitraum 1961–1990) Station St. Johann im Pongau, Höhe über NN: 660 m Monat / Jahr Mittl. Temperatur Einh. J F M A M J J A S O N D °C -3,8 -1,5 2,7 7,7 12,6 15,8 17,3 16,5 13,2 8,1 1,9 -2,9 Höchstes Tagesmittel [°C]: 30,5 (25.06.1967) Mittl. Niederschlag mm 72 58 65 72 Zahl der Tage mit Schneebedeckung: 100 Jahr 7,3 Niedrigstes Tagesmittel [°C]: -21,5 (24.12.1962) 100 131 154 155 Größte Schneehöhe [cm]: 59 96 64 77 76 1.120 Max. Niederschlag 24 h [mm]: 85,5 (20.07.1985) 93,0 (06.07.1929) Station Hüttschlag, Höhe über NN: 1.010 m Monat / Jahr Mittl. Temperatur Einh. J F M A M J J A S O N D Jahr 130 132 93 63 75 58 983 °C keine Temperaturmessung Mittl. Niederschlag mm 55 43 50 71 Zahl der Tage mit Schneebedeckung: 126 93 120 Größte Schneehöhe [cm]: 73 Max. Niederschlag 24 h [mm]: 85,9 (03.11.1966) Station Obertauern, Höhe über NN: 1.740 m Monat / Jahr Mittl. Temperatur Einh. J F M A M J J A S O N D Jahr °C -6,5 -6,0 -3,7 -0,2 4,5 8,0 10,3 9,8 7,2 3,2 -2,2 -5,5 1,6 Höchstes Tagesmittel [°C]: 23,0 (27.07.1983) Mittl. Niederschlag mm 97 88 97 107 Zahl der Tage mit Schneebedeckung: 226 Niedrigstes Tagesmittel [°C]: -24,7 (12.01.1987) 117 180 194 191 120 74 94 102 1.461 Größte Schneehöhe [cm]: 275 Max. Niederschlag 24 h [mm]: M A M J J A S O N D Jahr -11,3 -8,3 -3,9 -0,7 1,7 1,6 -0,4 -3,3 -8,2 -11,1 -5,8 Station Sonnblick, Höhe über NN: 3.106 m Monat / Jahr Mittl. Temperatur Einh. °C J F -12,6 -12,8 Höchstes Tagesmittel [°C]: 12,7 (27.07.1983) Mittl. Niederschlag mm 129 Zahl der Tage mit Schneebedeckung: 359 110 141 157 Niedrigstes Tagesmittel [°C]: -32,6 (05.03.1971) 157 145 157 160 Größte Schneehöhe [cm]: 536 112 99 131 135 1.633 Max. Niederschlag 24 h [mm]: 102,0 (14.05.1962) Quelle: Die Niederschläge, Schneeverhältnisse und Lufttemperaturen in Österreich im Zeitraum 1981–1990. Wien 1994 (= Beiträge zur Hydrographie Österreichs, Heft Nr. 52) 30 Die Modellregion im Überblick Karte 5: Mittlere Jahrestemperatur 31 Die Modellregion im Überblick Karte 6: Mittlerer Jahresniederschlag 32 Die Modellregion im Überblick Karte 7: Siedlungsdruck auf Gemeindeebene 33 Die Modellregion im Überblick 2.5 Bevölkerung Die Region ist mit 162.905 Perso­ nen (Hauptwohnsitz) bzw. ~ 37 Ein­ wohnern pro km² bezogen auf die Gesamtfläche relativ dünn besie­ delt (Prinz et al. 2010, S. 11). Die­ ser niedrige Wert täuscht allerdings über den Umstand hinweg, dass die Region aufgrund des beschränkten Dauersiedlungsraums vergleichswei­ se hohem Siedlungsdruck ausgesetzt ist. In Bezug auf die Fläche des Dau­ ersiedlungsraums ergibt sich eine Be­ völkerungsdichte von ~ 340 Einwoh­ nern pro km² (ebd.). Aufgrund der positiven wirtschaftlichen Entwick­ lung im Land Salzburg kann auch zukünftig von starkem Siedlungs­ druck ausgegangen werden. Da sich die Siedlungsentwicklung den natur­ räumlichen Gegebenheiten anpasst, konzentriert sich der Großteil der Bevölkerung auf das Salzach- und Saalachtal. Zieht man als Klassifikati­ onsattribut für die Bevölkerungsver­ Abb. 5: Verteilung der Einwohner in der Modellregion nach Höhenlage 2001 Quelle: Prinz et al. 2010 34 teilung die Höhenstufen heran, wird deutlich, dass vor allem die Höhen­ stufe zwischen 700 und 800 Me­ tern von großer Bedeutung ist. Hier lebten zum Volkszählungszeitpunkt 2001 mehr als 50.000 Personen mit Hauptwohnsitz. Die Höhenstufe 800 bis 900 Meter kommt noch auf über 40.000 Einwohner mit Haupt­ wohnsitz. Damit lebt fast die Hälf­ te (77.145 Personen) der Einwohner oberhalb der 800-Meter-Isohypse. Die Modellregion im Überblick Karte 8: Einwohner mit Hauptwohnsitz je 1.000-Meter-Rasterzelle 35 Die Modellregion im Überblick 2.6 Wirtschaft Das reale Bruttoregionalprodukt (BRP) der Region liegt bei 31.400 Euro pro Person und liegt damit zwi­ schen dem der benachbarten NUTS3-Regionen Salzburg-Umgebung mit 40.900 Euro und Lungau mit 23.600 Euro (Statistik Austria 2007). Seit 2004/05 ist ein verstärkter Wachs­ tumstrend in allen drei Regionen zu erkennen. Die Wirtschaftsstruktur der Region ist stark vom tertiären Sektor, insbe­ sondere vom Tourismus, geprägt. Et­ wa zwei Drittel aller Erwerbstätigen am Arbeitsort finden im tertiären Sektor Beschäftigung, mit großem Abstand gefolgt vom sekundären und primären Sektor. Die Beschäf­ tigung im Tertiärsektor ist beson­ ders ausgeprägt in den Wintersport­ gemeinden Untertauern (93 % der Erwerbstätigen am Arbeitsort), Bad Gastein (89 %), Bad Hofgastein (85 %), Saalbach (85 %) und Zell am See (84 %). Dagegen liegt der Anteil des Sekundärsektors in den Gemeinden Hollersbach, Forstau, Piesendorf, Weißbach und Lend bei über 50 Prozent der Erwerbstätigen. Nur in den Gemeinden Hüttschlag, Sankt Martin bei Lofer, Dienten und Goldegg kommt dem Primärsektor mit über 20 Prozent der Erwerbstä­ tigen eine vergleichsweise große Be­ deutung zu. Betrachtet man die Gesamt-Arbeits­ platzverteilung auf Gemeindeebene, zeichnet sich ein Ungleichgewicht zwischen den zentraleren und den peripheren Gebieten ab. Besonders viele Erwerbstätige finden in den Gemeinden Zell am See, Saalfel­ den, Sankt Johann und Bischofsho­ fen Beschäftigung. Diese Gemein­ den weisen jeweils mehr als 3.000 Erwerbstätige am Arbeitsort auf. Spitzenreiter ist Zell am See mit mehr als 5.700 Arbeitsplätzen. Vergleichs­ weise wenige Erwerbstätige am Ar­ beitsort (max. 150) kommen auf die Gemeinden Hüttschlag, Viehhofen, Weißbach, Fusch, Kleinarl, Forstau und Werfenweng. ristischen Schwerpunkt in der Modell­ region gibt. Bekannte österreichische Tourismusdestinationen wie Wien oder Salzburg (mit Flachgau und Ten­ nengau) weisen trotz hoher Einwoh­ nerzahlen niedrigere Werte auf (vgl. Prinz et al. 2010, S. 30). im Salzburger Landesentwicklungs­ programm bzw. von Spitzer et al. (2010) im Interreg-Projekt EULE (Eu­ Regionale Raumanalyse) verwendet wurde. Dabei wurden Gemeinden mit mehr als 200 Übernachtungen pro Einwohner als „stark touristisch strukturiert“, mit mehr als 100 Über­ nachtungen als „überdurchschnitt­ lich touristisch strukturiert“ und mit mehr als 50 Übernachtungen pro Einwohner als „touristisch geprägt“ bezeichnet. 2.7 Tourismus Die Wichtigkeit der Tourismusbran­ che für die Region wird vor allem durch den Vergleich mit den anderen NUTS-3-Regionen Österreichs deut­ lich. In absoluten Zahlen betrachtet, gibt es unter den NUTS-3-Regionen mit dem Tiroler Unterland nur eine Region in Österreich mit mehr tou­ ristischen Betrieben (entspricht der Eurostat-Klasse „Hotels und ähnliche Betriebe“) und Fremdenverkehrszim­ mern. Zieht man die Einwohnerzahl der Regionen als Indikator für das touristische Potenzial heran, verstärkt sich der Eindruck, dass es einen tou­ 36 Zur Differenzierung innerhalb der Modellregion wurde die Anzahl der Übernachtungen auf Gemeindeebe­ ne visualisiert (siehe Karte Touris­ musgemeinden). Die Klassifikation basiert auf einem Bewertungssche­ ma, das vom L and Salzburg (2003) Die Modellregion im Überblick Karte 9: Tourismusgemeinden 37 Die Modellregion im Überblick Karte 10: Die Großlandschaften des Landes Salzburg 38 Die Modellregion im Überblick 2.8 Die Großlandschaften der Modellregion und deren Nutzung Die Großlandschaft „Salzburger Kalk­ hochalpen“ bildet nach Dollinger (1998, S. 158) eine klimatologische und landschaftsökologische Barriere im Land, welche die atlantisch beein­ flussten nördlichen Landesteile von den inneralpinen Tal- und Becken­ landschaften trennt. Diese Großland­ schaft ist vorrangig von Landschafts­ teilen mit ausgedehnten Karstflächen geprägt, die in der Eiszeit von Lokal­ gletschern bedeckt waren und deren Abtragungsspuren gemeinsam mit den Karstformen das Landschafts­ bild kennzeichnen. Im Bereich der Großlandschaft bestehen reliefbe­ dingt erhebliche klimageographische Unterschiede zwischen den einzel­ nen Tal- und Beckenlandschaften. In Nordexposition sind durch die querliegenden Riegel der Kalkalpen­ stöcke verstärkte Niederschläge zu beobachten, dagegen sind die Süd­ abhänge bereits durch trockenere und kontinentalere Verhältnisse ge­ kennzeichnet (ebd.). Abb. 6: Blick von der Schieferzone über das Pongauer Becken zum Hagen- und Tennengebirge im Hintergrund Quelle: Dollinger 2010, eigene Aufnahme vom Gipfelbereich des Gernkogels zur Pongauer Weitung mit der Stadtgemeinde Bischofshofen in der Bildmitte Die mit vorwiegend spätglazialen Se­ dimenten gefüllten Täler und Becken der Großlandschaft sind der Haupt­ siedlungsraum des Gebietes, an den sich südlich und südöstlich da­ von die sanften Hügel der Pongauer Schieferzone anschließen (siehe wei­ ter unten). Die Großlandschaft „Pinzgauer Schieferzone“ umfasst den vor allem durch Grauwacken bestimmten Be­ reich zwischen den Kitzbüheler Al­ pen und den Dientener Bergen, der mit sanften Bergrücken und -kuppen eher Mittelgebirgscharakter besitzt und in dem die steileren Hänge vor­ wiegend forstwirtschaftlich und die mittelsteilen Hänge im Sommer vor­ wiegend almwirtschaftlich und im Winter für den Wintersport genutzt werden. 39 Die Modellregion im Überblick Abb. 7: Karstplateau des Tennengebirges, Blickrichtung nach Südost Quelle: Fachreferent 7/02, Befliegung Land Salzburg 1997. Zu erkennen ist das intensiv verkarstete Hochplateau des Tennengebirges mit dem zur tertiären Altlandschaft gehörenden Pitschenbergtal in der Bildmitte (ehemaliges Flusstal, das nach der Hebung des Plateaus im Tertiär trockenfiel und im Quartär durch Glazialerosion und Karstdynamik überprägt wurde). Die klimatisch noch stärker unter dem Einfluss der ozeanisch geprägten Westströmungen stehenden Tal- und Beckenlandschaften der Großland­ schaft sind durch feucht-kühlere Be­ dingungen gekennzeichnet, welche zusammen mit den hohen Nieder­ schlagsmengen den Schneereichtum des Gebietes bewirken. Im Saalfeldner und im Zeller Becken wird durch die geschlossene Umrahmung die Bildung von winterlichen Kälteseen begüns­ tigt, wodurch eine klimatische Bevor­ zugung der Hanglagen bewirkt wird. Neben land- und forstwirtschaftlicher Nutzung findet im Bereich der Groß­ landschaft vor allem touristische Nut­ zung durch alpinen Skisport, haupt­ sächlich im Glemmtal, im Bereich der Schmittenhöhe und in den Dientner Bergen statt. 40 Die Höhenlage der Skipisten stellt einen sehr wichtigen Indikator hin­ sichtlich der Anfälligkeit von Ski­ gebieten auf den Klimawandel dar. Nach Kromp-Kolb & Formayer (2001) zeigt sich bei der zeitlichen Entwick­ lung der Andauer der Schneedecke eine sehr starke Höhenabhängig­ keit. Demnach ist die Andauer der Schneedecke vor allem in der Nie­ derung (bis etwa 1.500 m) rückläu­ fig (ebd., S. 26). In Abbildung 8 wird die Verteilung der Flächenbereiche von Skipisten (in ha) in der gesam­ ten Modellregion Pinzgau–Pongau dargestellt. Es zeigt sich hierbei sehr deutlich, dass der größte Anteil der Skipisten im Höhenbereich zwischen 1.000 m und 2.000 m liegt. Wird nun die Höhenlage von 1.500 Meter als Indikator für diese Auswertung herangezogen, so kann festgehalten werden, dass sich ein beträchtlicher Teil der Skipisten unterhalb dieser Marke befindet und daher dort von einem Rückgang hinsichtlich der An­ dauer der Schneedecke ausgegangen werden kann. Die Modellregion im Überblick Abb. 8: Höhenverteilung der Skipistenflächen [ha] in der Modellregion Pinzgau–Pongau Quelle: Prinz et al. 2010, S. 61 Abb. 9: Skigebiete im Zeller Becken – Schmittenhöhe und Kaprun-Kitzsteinhorn Quelle: F. Dollinger, September 2004. Blick von der Mitterbergstraße zum Hirschkogel, im Vordergrund der Zeller See mit den drei Hauptsiedlungskörpern der Stadtgemeinde Zell am See: Thumersbach (links unten), der Hauptort Zell am See auf dem Schwemmkegel in der Bildmitte und Schüttdorf links Mitte. Im Bildhintergrund links ist das Kitzsteinhorn mit dem Gletscherskigebiet (siehe auch Abb. 11) zu erkennen. 41 Die Modellregion im Überblick Karte 11: Höhenverteilung der Skipistenflächen in Kaprun 42 Die Modellregion im Überblick Betrachtet man die Höhenverteilung für die Skigebiete der vier Modellge­ meinden (Kaprun, Zell am See, Gol­ degg und Eben im Pongau) so wird klar ersichtlich, dass die beiden Pon­ gauer Skigebiete einen nicht unwe­ sentlichen Anteil ihrer Pistenflächen in niedrigeren Höhenlagen aufwei­ sen. Vor allem Goldegg, das mit ei­ ner Gesamtpistenfläche von etwas weniger als 13 ha ein kleines Skige­ biet darstellt, ist sehr niedrig gelegen, was bei einem möglichen Anstieg der Temperatur sowie der Schnee­ fallgrenze, bedingt durch den Kli­ mawandel, ein erhebliches Problem darstellen kann. Eben im Pongau, mit einer Pistenfläche von ca. 23,5 ha, weist im Vergleich zu Goldegg doch deutlich höher gelegene Bereiche aus, ist jedoch, nach Betrachtung der Gebiete Zell am See und vor allem Kaprun, auch als ein Skigebiet in eher geringeren Höhenlagen einzustufen. Bezugnehmend auf die Schwelle von 1.500 m ist festzuhalten, dass die Pistenflächen sowohl von Goldegg als auch der Großteil von Eben im Pongau unterhalb dieser Grenze lie­ gen und diese daher hinsichtlich der Andauer der Schneedecke sehr anfäl­ lig sind. Die Höhenverteilung der Pisten im Skigebiet Zell zeigt, dass es sich hier­ bei um ein deutlich höher gelegenes Skigebiet handelt. Der Großteil der Pistenflächen liegt in einer Höhenla­ ge von mehr als 1.500 m. Dieses Ski­ gebiet weist demnach eine geringere Verwundbarkeit auf. Abb. 10: Anteil der Pisten in den Modellgemeinden (Skigebiete) nach Exposition in % Die Höhenverteilung im Skigebiet Kaprun zeigt augenscheinlich, dass es einerseits eher tief gelegene Be­ reiche gibt (< 1.700 m) und ande­ rerseits große Gebiete in sehr großer Höhe liegen. Das ist darauf zurückzu­ führen, dass man in Kaprun zwischen zwei „Skigebieten“ unterscheiden muss. Zum einen das Skigebiet Ka­ prun–Maiskogel, welches sich zwi­ schen 760 m und 1.730 m Seehöhe erstreckt, und zum anderen Kap­ run–Kitzsteinhorn, zwischen 911 m und 3.029 m gelegen, wobei hier der Großteil oberhalb von 1.900 m liegt. Das Skigebiet Kaprun–Maiskogel, das großteils unterhalb von 1.500 m Seehöhe liegt und eine ähnliche Hö­ henlage wie die Pisten von Eben im Pongau aufweist, ist demnach um Vieles anfälliger als das Gebiet Kitz­ steinhorn. Die Auswertung der Skipisten nach ihrer Exposition wird aufgrund der Tatsache durchgeführt, dass diese einen sehr wichtigen Faktor in Be­ zug auf die Beschaffenheit, Attrak­ tivität und Schneesicherheit von Pis­ ten darstellt. Es ist hierbei vor allem der Faktor Sonneneinstrahlung he­ rauszustellen, welcher eine entschei­ dende Bedeutung hat. So liegen stei­ lere Nordhänge im Hochwinter über längere Zeit im Gebirgsschatten und erhalten deshalb keine direkte Son­ neneinstrahlung. Quelle: Prinz et al. 2010, S. 66 43 Die Modellregion im Überblick Karte 12: Höhenverteilung der Skipistenflächen in Zell am See 44 Die Modellregion im Überblick Karte 13: Höhenverteilung der Skipistenflächen in Saalbach-Hinterglemm 45 Die Modellregion im Überblick Südhänge hingegen bekommen auch im Hochwinter regelmäßig Sonne, wobei während der Mittagszeit die stärkste Sonneneinstrahlung zu ver­ zeichnen ist (SLF 2011). Aufgrund der stärkeren Einstrahlung sowie der damit verbundenen wärmeren Tem­ peraturen wird der Schnee an Süd­ hängen häufiger angetaut, bzw. die­ ser schmilzt schneller. Die Exposition von Skipistenflächen kann weiters auch als ein Kriterium für die Attrak­ tivität von Skigebieten herangezogen werden, denn eine Vielzahl der Tou­ risten bevorzugt nach Süd exponier­ te Sonnenhänge (ebd.). Des Weiteren ist die Hangexpositi­ on, neben der Steilheit des Hanges und der Hangform, ein wesentlicher Aspekt hinsichtlich der Lawinenge­ fahr. Es ist anzumerken, dass sich die Schneemassen auf Südhängen durch die stärkere Sonneneinstrah­ lung schneller verfestigen als auf nach Nord exponierten Hängen. Wie bereits erwähnt, wird der Schnee an Südhängen häufig angetaut und ge­ friert über Nacht wieder. Das kann dazu führen, dass sich ein „Eisde­ ckel“ bildet, der als Rutschbrett für Lawinen, aus frisch überschneitem Schnee, dienen kann (SLF 2011). Der Großteil der Pistenflächen in den Skigebieten der Modellgemein­ den ist nach Nord bzw. Ost expo­ niert. Mehr als 50 Prozent der Ge­ samtpistenfläche von ca. 463,5 ha ist nach Nord, Nord-Ost und Ost aus­ gerichtet. Diese Bereiche sind daher von nicht sehr starker Sonnenein­ strahlung geprägt und weisen da­ hingehend keine große Anfälligkeit auf. Lediglich knapp über 20 Pro­ zent besitzen eine südliche bzw. teils südliche Ausrichtung, was bedeutet, dass lediglich ein geringer Anteil an „Sonnenhängen“ vorhanden ist. Im Kontext der Schneesicherheit wei­ sen diese jedoch, aufgrund der stär­ keren Sonneneinstrahlung, eine hö­ here Anfälligkeit als nach Nord, Ost oder West exponierte Hänge auf. Nord- und Nordost-Hanglagen bie­ ten auch dahingehend Vorteile, dass 46 die Beschneiung erleichtert wird, da keine bis wenig direkte Sonnenein­ strahlung gegeben ist. Das Skigebiet Goldegg ist, wie aus der Karte hervorgeht, zu fast 100 Prozent nach Nord bis Ost exponiert und weist hinsichtlich der Sonnenein­ strahlung eine geringere Anfälligkeit in Bezug auf die Schneesicherheit auf. Osthänge bieten dahingehend den Vorteil, dass zwar eine Sonnen­ einstrahlung vorhanden ist, diese jedoch nicht wie bei Südlagen ver­ stärkt auftritt. Daher ist die Anfällig­ keit hinsichtlich der Schneesicherheit gering. Das Skigebiet Eben im Pongau weist einen Anteil von ca. 65 Prozent (15,3 ha) seiner Skipistenflächen in west­ lich exponierter Lage auf, 28,5 Pro­ zent (6,7 ha) sind nach Süd-West ausgerichtet. Es ist daher festzuhal­ ten, dass die Skipisten von Eben im Pongau eine Ausrichtung aufweisen, welche von der Sonneneinstrahlung beeinträchtigt wird. Es sind zwar na­ hezu keine „reinen“ Südhänge aus­ gewiesen, dennoch sind auch SüdWest- und Westhänge, vor allem in der späten Phase der Saison, der Sonne stark ausgesetzt. Das Skigebiet Kaprun weist, mit über 80 Prozent, vor allem nach Nord (70,4 ha) und Nord-Ost (87,6 ha) exponierte Hänge auf. Wie be­ reits mehrmals in diesem Kapitel er­ wähnt wurde, bieten diese Bereiche, aufgrund der nicht bzw. wenig vor­ handenen direkten Sonneneinstrah­ lung, sehr gute Voraussetzungen zur künstlichen Beschneiung, und es ist eine gewisse Schneesicherheit ge­ währleistet. Anfällige Bereiche (südbzw. westexponierte Hänge) hin­ sichtlich der Schneesicherheit sind im Skigebiet Kaprun nur äußerst schwach vertreten. Im Gegensatz zu den bereits betrach­ teten Skigebieten ist in Zell am See eine vielfältigere Verteilung im Hin­ blick auf die Exposition zu erken­ nen. Dennoch werden fünf „domi­ nierende“ Lagen augenscheinlich, Nord-Ost (31,8 ha), Ost (51,3 ha), Süd-Ost (45 ha), Süd (40,7 ha) und West (30,9 ha). Die süd- und west­ exponierten Pistenbereiche sind, wie erwähnt, durch die stärkere direkte Sonneneinstrahlung anfälliger als je­ ne Bereiche nach Osten hin. Je höher jedoch die Lage eines Skigebietes ist, desto wichtiger ist das Vorhanden­ sein von Süd- und Westhängen (vgl. Prinz et al. 2010, S. 68-70). Die Modellregion im Überblick Tab. 4: Skigebiete im Land Salzburg: Details – Fakten – Analysen (Stand 2008) Quelle: Weissenböck o. J., S. 3; Daten von der Fachabteilung 4/4 – Wasserwirtschaft 47 Die Modellregion im Überblick Karte 14: Höhenverteilung der Skipistenflächen in Goldegg 48 Die Modellregion im Überblick Karte 15: Höhenverteilung der Skipistenflächen in Eben im Pongau 49 Die Modellregion im Überblick Abb. 11: Gletscher-Skigebiet Kitzsteinhorn auf dem Schmiedingerkees Quelle: F. Dollinger, 2004; das einzige Gletscherskigebiet im Land Salzburg unterhalb des Kitzsteinhorns liegt auf dem als „Schmiedingerkees“ bezeichneten Hanggletscher und wird ganzjährig skitouristisch genutzt. Die Großlandschaft „Pongauer Schieferzone“ umfasst neben den Anteilen an der Grauwackenzone auch die große Fläche der Pongau­ er Weitung, die durch ihre anthropo­ gene Überprägung (Siedlungs- und Verkehrsflächen, Wasserkraftwerke und die großflächigen Skigebiete) physiognomisch hervortritt („Öst­ liche Schieferzone“ bei Dollinger 1998, S. 159). Durch die abschirmende Wirkung der Kalkstöcke des Tennen- und Hagenge­ 50 birges wird in der Pongauer Weitung ein deutlich kontinental beeinflusstes Klimaregime bewirkt. Dadurch erge­ ben sich eine klimatische Begünstigung der über der Talsohle liegenden Berei­ che und schneereiche Bedingungen im Bereich der Schieferberge zwischen St. Johann und den Radstädter Tauern, die eine klimatische Wetterscheide zu dem noch kontinentaleren Lungauer Becken darstellen. In den Beckenbereichen, welche ur­ banen Charakter aufweisen, ist eine intensiven Siedlungstätigkeit zu ver­ zeichnen; daneben sind die Hangbe­ reiche der Schieferberge großflächig durch skitouristische Infrastruktur­ einrichtungen (Sportwelt Amadé und Skigebiet Obertauern) gekennzeich­ net. Zusammen mit den Siedlungsge­ bieten und den Stauseen der Mittleren Salzach ist daher eine weitgehende kulturgeographische Überprägung der Großlandschaft ausmachen. Die Modellregion im Überblick Abb. 12: Snow-Space Flachau – ein Skigebiet an der Tauernautobahn Quelle: Bergbahnen Flachau GmbH Die durch das Hochgebirge der Ho­ hen Tauern und die Seitentäler des Oberpinzgaus und durch das Salz­ achlängstal geprägte Großlandschaft „Nordwestliche Hohe Tauern“ ist hauptsächlich aus Landschaftsteilen aufgebaut, die in der Eiszeit durch die großen Talgletscher angelegt und in der Spät- und Nacheiszeit durch spontane und langsame Abtragungs­ prozesse (Bergstürze, Hangrutsche, Hangkriechen, Bodenfließen, Erosi­ onsprozesse) und Verlandungsvor­ gänge im Bereich ehemaliger Zun­ genbeckenseen – mit den damit im Zusammenhang stehenden Sukzes­ sionen und der Herausbildung eines kleinräumig differenzierten Land­ schaftsmosaiks – überprägt wurden. Die kontinentaleren Klimabedingun­ gen der inneralpinen Tal- und Be­ ckenlandschaften sind durch tiefe­ re Jahresdurchschnittstemperaturen und durch trockenere Verhältnisse als in der nördlich liegenden Groß­ landschaft gekennzeichnet, wobei jedoch die reliefbedingten Unter­ schiede sowohl im Temperatur- als auch im Niederschlagsverlauf deut­ lich zu erkennen sind. Die großflä­ chig vergletscherten Bereiche der Gebirgsgruppen der Westlichen Ho­ hen Tauern und die Trogtäler bilden die Kern- und Außenzone des Natio­ nalparks Hohe Tauern. Als Siedlungs­ raum in der Großlandschaft dient vor allem das Salzachlängstal, erst im Stubachtal, Kapruner Tal und Fuscher Tal dringen Siedlungen in die Seiten­ täler ein. Im Stubachtal und im Kap­ runer Tal werden die Wasserressour­ cen energiewirtschaftlich genutzt, weshalb diese Täler aus dem Gebiet des Nationalparks zum Großteil aus­ gespart sind. 51 Die Modellregion im Überblick Abb. 13: Das Salzachtal im Oberpinzgau Quelle: Fachreferent 7/02. Befliegung Land Salzburg 1997; die Marktgemeinde Mittersill (im Vordergrund) trennt die Großlandschaft der Nordwestlichen Hohen Tauern von der nördlich davon liegenden Großlandschaft der Pinzgauer Schieferzone am rechten Bildrand. Der breite Talboden des Salzachtals wurde nach dem Zurückweichen des Talgletschers vor dem Gschnitz-Stadial mit fluvioglazialen Sedimenten gefüllt. Die großen Talgletscher aus den Seitentälern der Hohen Tauern (Krimmler Achental, Obersulzbach- und Untersulzbachtal, Habachtal, Hollersbachtal, Felbertal, Stubachtal und Kapruner Tal) erreichten während der Älteren Dryas noch den Talboden des Salzachtals. Die Gletscher aus dem Oberen und Unteren Sulzbachtal vereinigten sich und erfüllten das Becken von Rosental im Bildhintergrund. Die Gschnitz-Moränen aus dieser Zeit finden sich bei der Hieburg in Wald im Pinzgau und bei Einöd (Seefeldner 1961, S. 187; Slupetzky 1994, S. 17; und Ibetsberger et al. 2010, S. 29). 52 Die Modellregion im Überblick Abb. 14: Die Venedigergruppe in der Großlandschaft Nordwestliche Hohen Tauern Quelle: F. Dollinger, September 1981, Aufnahme vom Hochfürlegg in der Granatspitzgruppe nach Westen Abb. 15: Stubachtal und Glocknergruppe in den Nordwestlichen Hohen Tauern Quelle: Fachreferent 7/02. Befliegung Land Salzburg 1997; das Stubachtal und die Glocknergruppe prägen dieses Bild. Der Großglockner ist als deutliche Spitze rechts oben wahrzunehmen, in der Mitte der rechten Seite sind die Infrastruktureinrichtungen der ÖBB-Speicherkraftwerke (Tauernmoossee und Weißsee) zu erkennen. 53 Die Modellregion im Überblick Die Großlandschaft „Nordöstliche Hohe Tauern“ ist ebenfalls vor allem durch von eiszeitlichen Gletschern geprägte Landschaftsteile gekenn­ zeichnet, während sich die aktuelle Vergletscherung weitgehend auf die Gipfel- und Karbereiche beschränkt. Dies ist vor allem darauf zurückzu­ führen, dass sie eine geringere durch­ schnittliche Höhenlage sowie niedri­ gere Niederschlagssummen als die westlich liegende Großlandschaft aufweist. Mit der Station Sonnblick steht im Bereich dieser Großlandschaft die höchstgelegene ganzjährig in Be­ trieb befindliche Klimastation im Bereich der nivalen Höhenstufe zur Verfügung. Die Siedlungstätig­ keit des Menschen erstreckt sich in der Großlandschaft „Östliche Ho­ he Tauern“ auch auf die Talböden der breiten Seitentäler, von denen das Gasteiner Tal von einer urbanen Siedlungsstruktur geprägt und durch eine entsprechende, großflächige Umgestaltung der Talbereiche ge­ kennzeichnet ist, während die Hänge der Schieferhülle sowohl im Gastei­ ner Tal als auch im Großarler Tal ski­ touristisch genutzt werden. Im Gas­ teiner Tal erreicht die skitouristische Nutzung auch den Talschluss der Naßfelder Ache („Sport-Gastein“), während die Talschlüsse des Rauriser Tales und des Großarler Tales zum Nationalpark Hohe Tauern gehören. Der Nationalpark ist in dieser Groß­ landschaft auf die hinteren Talschlüs­ se beschränkt und reicht bis in das obere Murtal, das orographisch be­ reits zum Lungauer Becken gehört. Abb. 16: Das besiedelte Raurisertal (Hüttwinkltal und Seidlwinkltal mit der Goldberggruppe und der Glocknergruppe im Hintergrund) Quelle: Fachreferent 7/02. Befliegung Land Salzburg 1997; Grenzbereich zwischen den Nordwestlichen und Nordöstlichen Hohen Tauern 54 Die Modellregion im Überblick Abb. 17: Das Nassfeld im Gasteinertal („Sportgastein“) Quelle: Fachreferent 7/02. Befliegung Land Salzburg 1997; almwirtschaftlich und touristisch genutzte Gebiete im Randbereich des Nationalparks Hohe Tauern 55 Der Klimawandel und seine Wirkungen 3. Der Klimawandel und seine Wirkungen in der Region 3.1 Klimaveränderungen in Europa Der International Panel on Clima­ te Change (IPCC) betrachtet die globale Erwärmung als gesicher­ te Tatsache. Was die Ausmaße die­ ser Erwärmung betrifft und welche Auswirkungen diese auf die Nieder­ schlagsentwicklung hat, ist regional differenziert zu betrachten. Der europäische Kontinent war im 20. Jahrhundert generell von einer Temperaturerhöhung geprägt. All­ gemein wird in Europa eine Tempera­ turerhöhung prognostiziert, die über dem globalen Durchschnitt liegt. Mit Bezug auf die zukünftige Erwärmung ist jedoch von einer jahreszeitlichen Differenzierung zwischen nördlichem und südlichem Europa auszugehen. Während für den Mediterranraum im Speziellen eine Erwärmung des Sommerhalbjahres wahrscheinlich ist, kann im Norden Europas von ei­ ner signifikanten Erhöhung der mittleren Temperatur im Winterhalbjahr ausgegangen werden. Auch die Niederschlagsentwicklung ist differenziert zu betrachten. Im Norden ist ein Anstieg der Jah­ resniederschläge zu erwarten, wäh­ rend der südliche Mediterranraum von einem Rückgang der Jahresnie­ derschlagsmenge ausgehen kann. Im kontinental geprägten, zentralen Europa wird sich der Niederschlag vom Sommerhalbjahr zum Winter­ halbjahr verlagern. Es ist außerdem wahrscheinlich, dass extreme Tages­ niederschlagsereignisse im Norden Europas zunehmen werden. Eine besondere Situation ist für Gebirgsregionen gegeben. Durch die Verwendung regional angepasster Kli­ mamodelle kann ein Zusammenhang Abb. 18: Temperaturveränderung in den Alpen bei doppelter CO2-Konzentration unter Berücksichtigung der Höhe Quelle: Giorgi & Hewitson 2001, Abb. 1, S. 615 56 zwischen Höhe und Temperaturentwicklung abgeleitet werden. Es wird angenommen, dass die Erwärmung in größerer Höhe stärker ausfällt als in tieferen Lagen. Durch das Abschmel­ zen der Schneedecke wird mehr Wär­ me absorbiert, wodurch es zu einer Verstärkung des Erwärmungsprozes­ ses kommt (Reduktion des AlbedoEffekts). Dieser Effekt spiegelt sich auch in den Klimaentwicklungen der letzten Jahre wider. Man geht davon aus, dass der Trend hin zu besonders warmen Wintern in alpinen Regionen darauf zurückzuführen ist (vgl. Giorgi & Hewitson 2001. S. 615). Besonders stark wirkt sich der höhenabhängige Temperaturanstieg im Frühling aus. Die Temperaturerhöhung bei verdop­ pelter CO2-Konzentration beträgt hier über 6,5° Celsius auf 1.900 m ü. M., auf einer Höhe von 100 m ü. M. hin­ gegen nur um die 5° Celsius. Der Klimawandel und seine Wirkungen 3.2 Klimaszenarien für die Region (nahe Zukunft bis ca. 2100) Die nahe Zukunft bis zum Jahr 2100 wird vom IPCC mittels Klimaszenarien beschrieben, die aufgrund ei­ ner Modellierung des Klimasystems (Globale Klimamodelle) anhand der angenommenen Entwicklung der einzelnen Komponenten entstehen. Dabei werden für die Projektion der atmosphärischen Treibhausgas- und Aerosol-Konzentrationen und somit für das zukünftige Klima jene Berech­ nungen verwendet, die auf den Emis­ sions-Szenarien des IPCC-Sonderbe­ richts 2000 beruhen. Diese wurden als Aktualisierung der im zweiten IPCC-Bericht verwendeten IS92-Sze­ narien weiterentwickelt und beschrei­ ben mögliche Entwicklungspfade von Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt (siehe auch Informations-Anhang, Kap. 8: Die IPCC-Szenarien). Abb. 19: Die Emissions-Szenarien des IPCC Quelle: Universität Bern, KLIMEDIA ( http://www.klimedia.ch/kap7/a23.html ); das Szenario IS92a ist Grundlage für die regionale Studie von Suklitsch et al. 2010, die Szenarien A1B und B1 wurden von der EURAC für die Klima-Modellierung innerhalb des Projekts CLISP verwendet. Die A1-Szenarien beschreiben ei­ ne Zukunft mit sehr ausgeprägtem Wirtschaftswachstum, einer Bevöl­ kerungszahl, die in der Mitte des 21. Jahrhunderts mit 8,7 Mrd. ihren Höchststand erreicht und dann sinkt, und einer schnellen Verbreitung ef­ fizienter Technologien. Die Mensch­ heit wächst zusammen, regionale so­ ziale und wirtschaftliche Unterschiede werden ausgeglichen. Das Szenario A2 beschreibt eine heterogene Welt mit einer Bevölkerung von 15 Mrd. bis 2100 und wirtschaftlicher und so­ zialer Ungleichheit. Das Szenario B1 ist global orientiert und ist zusätzlich durch den Einsatz globaler Lenkungs­ maßnahmen und die Einführung res­ sourcenschonender Technologien ge­ kennzeichnet, während das Szenario B2 eine umweltorientierte Welt mit vielen lokalen Lösungsansätzen zur wirtschaftlichen, sozialen und öko­ logischen Nachhaltigkeit beschreibt. Die IS92-Szenarien wurden 1992 entwickelt und repräsentieren ver­ schiedene Emissionsszenarien. Das Szenario IS92e High geht von einer Verfünffachung der CO2-Emissionen bis ins Jahr 2100 aus, während das Szenario IS92a den aktuellen Trend fortschreibt („Business as usual“) und das Szenario IS92 Low von einer Ver­ ringerung der Emissionen ausgeht. Für Teilräume wie die Alpen bzw. sub­ nationale Regionen sind die globalen Klimamodelle mit ihrer räumlichen Auflösung von 100 km zu weitma­ schig. Daher werden regionale Kli­ maänderungsszenarien zur Beschrei­ bung der möglichen Entwicklungen für Teilräume verwendet, die mit Downscaling-Verfahren an globale Klimamodelle angebunden werden. 57 Der Klimawandel und seine Wirkungen Tab. 5: Verwendete Regionalmodelle im Rahmen des Projekts Nr. Regionalmodell Quelle Auflösung [km] Szenario 4 Vergleichsperioden 1 MM5 verfeinert 1 [1] 10 IS92a 1980er, 2040er 2 CLM (Consortial) 1 [2] 18 A1B 3 CLM (Consortial) 1 [2] 18 B1 4 REMO-UBA-M 2006 1 [3] 10 A1B 5 REMO-UBA-M 2006 1 [3] 10 B1 6 REMO (Ensemble) 1 [2] 25 A1B 7 RegCM (Ensemble) 1 [2] 25 A1B 8 CLM (Ensemble) 2 [2] 25 A1B 9 Aladin (Ensemble) 3 [2] 25 A1B 1961–1990, 2011–2030, 2031–2050 [1] Suklitsch et al. 2007; [2] EURAC 2010, zit. n. Ensemble FP6; [3] EURAC 2010, zit. n. Umweltbundesamt Deutschland 1 Globales Klimamodell ECHAM5 2 Globales Klimamodell HadCm3Q0 3 Globales Klimamodell ARPEGE 4 Emissionsszenarios nach IPCC 2007 Quelle: Prinz et al. 2010, S. 16 Tab. 6: Temperatur- und Niederschlagsänderung 1980er und 2040er Jahre 58 Winter (DJF) Frühling (MAM) Sommer (JJA) Herbst (SON) Mittlere Tagesmitteltemperatur in °C 1980er Jahre -4,2 3,4 12,0 5,5 Mittlere Tagesmitteltemperatur in °C 2040er Jahre -2,2 5,9 14,4 8,3 Änderung der mittleren Tagesmitteltemperatur in °C 1980er und 2040er Jahre 2,0 2,5, 2,4 2,8 Mittlere tägliche Niederschlagsmenge in mm pro Tag im Zeit­ raum 1981 bis 1990 3,0 3,0 5,4 3,1 Mittlere tägliche Niederschlagsmenge in mm pro Tag im Zeit­ raum 2041 bis 2050 3,5 3,2 4,9 2,3 Änderung der mittleren täglichen Niederschlagsmenge in mm 1980er und 2040er Jahre 0,5 0,2 -0,5 -0,8 Änderung der mittleren täglichen Niederschlagsintensität in mm/Tag 1980er und 2040er Jahre 0,8 0,1 -0,1 -0,2 Änderung der maximalen 1-tägigen Niederschlagsmenge in mm 1980er und 2040er Jahre 9,4 -1,4 -2,4 -3,5 Der Klimawandel und seine Wirkungen Winter (DJF) Frühling (MAM) Sommer (JJA) Herbst (SON) Änderung der maximalen 3-tägigen Niederschlagsmenge in mm 1980er und 2040er Jahre 16,2 -4,4 -12,2 -13,5 Änderung der maximalen 5-tägigen Niederschlagsmenge in mm 1980er und 2040er Jahre 22,6 2,7 -13,5 -21,2 Änderung der Häufigkeit von Niederschlagsereignissen in Tagen pro Saison 1980er und 2040er Jahre -1,2 1,1 -4,2 -6,3 Änderung der Dauer von Trockenperioden in Tagen 1980er und 2040er Jahre 1,8 -0,3 1,1 1,6 Quelle: Dollinger 2010, S. 16, nach Suklitsch et al. 2010 Das von Suklitsch et al. (2010) vor­ gestellte regionale Klimaszenario für das Land Salzburg baut auf dem glo­ balen Klimamodell ECHAM5 auf, das mit Hilfe des Regionalmodells MM5 verfeinert wurde. Grundlage für die Modellierung ist das IPCC-EmissionsSzenario IS92a („Business as usual“), die Vergleichszeiträume sind die bei­ den Dezennien 1981–1990 und 2041–2050. Räumlich gesehen wird das Land Salzburg in drei klimatische Zonen unterteilt (Zentralraum Süd­ ost, Zentralraum Nordwest und Al­ pen, vgl. Abb. 24). Es ist – wie aus der obigen Szenarien-Beschreibung entnommen werden kann – ein eher pessimistisches Szenario, wodurch sich die vergleichsweise hohen Wer­ te erklären. Die von der Europäischen Akademie (EURAC) in Bozen im Rahmen von CLISP durchgeführte Modellierung für die Region Pinzgau–Pongau verwen­ det hingegen acht verschiedene, frei verfügbare regionale Klimamodelle. Die Ergebnisse der acht verschiedenen Szenarien in einer Auflösung von 10 bis 25 km wurden zu den Mittelwer­ ten der HISTALP-Zeitreihe 12 der Refe­ renzperiode 1961–1990 addiert, um zu Absolut-Werten zu kommen. Als Vergleichszeiträume wurden bei den EURAC-Klimaszenarien die Zeitspan­ nen 2011–2030 und 2031–2050, be­ zogen auf die Referenzperiode 1961– 1990 dargestellt (vgl. Abb. 20 und 21). ■■ die größte mittlere Temperaturerhö­ Die Modellierung zeigt eine klare Temperaturerhöhung für alle meteo­ rologischen Jahreszeiten mit einer Er­ wärmung zwischen 1° Celsius und 2° Celsius (bis zu 2,5° Celsius im Som­ mer und Winter); nur im Frühling ist dieser Trend weniger stark. ■■ Temperaturanstieg im Frühling um Die Niederschlags-Modellierung zeigt keinen klaren Trend. Sichtbar ist eine leichte Zunahme der Nieder­ schlagsmenge im Herbst (bis zu 67 mm). Weniger sichtbar ist eine Zu­ nahme im Winter (mit bis zu 127 mm) und Frühling. Die wesentlichen Ergebnisse beider Untersuchungen für das Land Salz­ burg können wie folgt zusammenge­ fasst werden (vgl. Abb. 20 bis 24): Temperatur ■■ Die gemittelten Temperaturveränderungen zwischen den 1980er und 2040er Jahren liegen je nach Jahreszeit zwischen + 2° Celsius und + 2,8° Celsius; hung von 2,8° Celsius entfällt dabei auf die Herbstmonate, der niedrigs­ te Wert auf die Wintermonate; 2,5° Celsius, im Sommer um 2,4° Celsius; ■■ die südlichen Landesteile sind da­ bei stärker von der Erwärmung be­ troffen, v. a. im Sommer, Herbst und Winter; ■■ überproportionale Erwärmung in höheren Lagen, was sich vor allem im Frühling und Winter bereits bei geringer Höhenveränderung be­ merkbar macht; die besonders dicht besiedelte Höhenstufe zwischen 700 und 800 m ü. M. kann sich bei verdoppelter CO2-Konzentration beispielsweise im Frühling bereits um ca. 0,3° Celsius bis 0,4° Celsius stärker erwärmen als die Höhenstu­ fe zwischen 100 und 200 m ü. M.; ■■ sommerliches Temperaturan­ stiegsmaximum für den südwest­ lichen Hochgebirgsraum mit + 3° Celsius (Suklitsch et al. 2010, S. 8). Auch die EURAC-Analyse untermau­ ert die Annahme einer allgemeinen 12 HISTALP siehe Informations-Anhang Kap. 7. 59 Der Klimawandel und seine Wirkungen Erwärmung, wobei das Ausmaß der Erwärmung nach den meteorolo­ gischen Jahreszeiten erheblich ge­ streut ist, und zwar von + 0,9 bis + 2,5° Celsius im Winter, von + 0,1 bis + 2,4° Celsius im Frühling, von + 0,9 bis + 2,5° Celsius im Sommer und von + 1,5 bis + 2,2° Celsius im Herbst. Niederschlag des Niederschlags im Frühling und im Winter; die Nie­ derschlagszunahme entfällt mit + 0,5 mm pro Tag hauptsächlich ■■ Zunahme auf die Wintermonate, im Frühling wird mit einem Plus von 0,2 mm pro Tag gerechnet; ■■ die Niederschlagszunahme im Frühling und Winter konzent­ riert sich auf das Grenzgebiet zu Deutschland und Tirol, aber auch auf das Gasteiner Tal; des Niederschlags im Sommer und Herbst; der größte Niederschlagsrückgang bezieht sich dabei mit - 0,8 mm pro Tag auf die Herbstmonate, für die Sommermo­ nate wird ein Minus von 0,5 mm pro Tag prognostiziert; ■■ Abnahme ■■ Niederschlagsrückgänge auch im Frühling in den hochalpinen Ge­ bieten der Hohen Tauern; ■■ Niederschlagsmaxima sind be­ sonders ausgeprägt: in den Win­ termonaten signifikanter Anstieg kurzfristiger Starkniederschlagsmengen entlang der Hohen Tau­ ern, an der nordwestlichen Regi­ onsgrenze eine Intensivierung des Starkniederschlags im Winter von bis zu + 45,7 mm bei den 5-tä­ gigen, bis zu + 36,5 mm bei den 3-tägigen und bis zu + 18,3 mm bei den 1-tägigen Starknieder­ schlägen; Abb. 20: Modellregion Salzburg (Pinzgau–Pongau); Veränderung der Tagesmitteltem Abb. 20: Modellregion Salzburg (Pinzgau–Pongau); Veränderung der Tagesmitteltemperatur 1960/90, 2010/30 und 2030/2050 peratur 1960/90, 2010/30 und 2030/2050 Quelle: EURAC 2009 Quelle: EURAC 2009 60 Abb. 21: Modellregion Salzburg (Pinzgau–Pongau); Veränderung der saisonalen Niederschlagsmenge 1960/90, 2010/30 und 2030/2050 Der Klimawandel und seine Wirkungen Quelle: EURAC 2009 Abb. 21: 21: Modellregion Salzburg (Pinzgau–Pongau); der saisonalen Niederschlagsmenge 1960/90, Abb. Modellregion Salzburg Veränderung (Pinzgau–Pongau); Veränderung der 2010/30 saisonalen und 2030/2050 Niederschlagsmenge 1960/90, 2010/30 und 2030/2050 Quelle: EURAC 2009 Quelle: EURAC 2009 60 CLM (Consortial) A1B CLM (Consortial) B1 REMO-UBA-M AB1 REMO-UBA-M B1 RegCM (Ensembles) A1B REMO (Ensembles) A1B Aladin (Ensembles) A1B CLM (Ensembles) A1B 61 Der Klimawandel und seine Wirkungen Abb. 22: Absolute Tagesmitteltemperaturen nach Saisonen Quelle: Suklitsch et al. 2010 62 Der Klimawandel und seine Wirkungen Abb. 23: Änderung der mittleren täglichen Niederschlagsmenge nach Saisonen Quelle: Suklitsch et al. 2010 63 Der Klimawandel und seine Wirkungen ■■ Zunahme der Starkniederschlags­ menge im Frühling im Pongau (Gasteiner Tal) und im äußersten Nordwesten, wo bei den 5-tägi­ gen Niederschlagsmengen Maxi­ malwerte von bis zu + 22,4 mm auftreten; ■■ zunehmende Niederschlagsmenge und -intensität im Winter, wobei die Häufigkeit der Niederschlags­ ereignisse abnimmt; das 5-TageMaximum erhöht sich dabei am stärksten im Zentralraum Südost (30,2 mm) und im Zentralraum Nordwest (23,4 mm), während die Gebirgsgaue mit einer Erhöhung um 21,4 mm nur knapp dahinter­ liegen. Dies kann als Hinweis auf die Verschiebung extremer Nieder­ schläge vom Sommer in die Winter­ monate verstanden werden, wobei in höher gelegenen Regionen auch die Schneemengen steigen können. Die Frühlingsmonate ändern sich kaum, dafür werden Sommer und Herbst wesentlich trockener. Die 5-Tage-Maxima reduzieren sich im Zentralraum Südost im Sommer um 18,7 mm und im Herbst um 19 mm. Die Dauer der niederschlagsfreien Perioden wird zunehmen (Suklitsch et al. 2010, S. 9-13). Die EURAC-Studie zeigt bei der Nie­ derschlagsentwicklung keinen kla­ Zentralraum Nord-West ren Trend auf. Am wahrscheinlichs­ ten sind hier eine leichte Zunahme der Niederschläge im Herbst und Frühjahr und eine stärkere Zunahme im Winter. Konträr zur Studie von Suklitsch et al. wird für die Herbst­ monate ein Trend zur Niederschlags­ zunahme festgestellt. Starknieder­ schlagsereignisse wurden in der Studie nicht berücksichtigt. Starkniederschlagskategorien ver­ weisen auf diese Entwicklung (vgl. Prinz et al., o. O. 2010). Das Wissen über zukünftige Starknie­ derschlagsereignisse ist vor allem für die Naturgefahrenabschätzung von großer Bedeutung. Szenarien für die zukünftige Entwicklung eintä­ giger Starkniederschlagsereignisse sind dabei für die Erfassung konvek­ tiver Ereignisse, also Gewitter- und Hagelstürme, geeignet. Mehrtägi­ ge Niederschlagsmaxima verweisen eher auf tiefdruckbedingte Nieder­ schlagsereignisse, die häufig Aus­ löser für großflächige Hochwasser sind. Laut Suklitsch et al. können die Zuwächse der maximalen 5-tägigen Niederschlagsmenge zwischen 13 Prozent im Pinzgau und 33 Prozent im Flachgau betragen. Für kurzfris­ tige Starkniederschlagsereignisse ist anzunehmen, dass im Sommer ein­ zelne Niederschlagsereignisse ähn­ liche Niederschlagsmengen bringen werden wie heute. Im Winter kön­ nen jedoch verstärkt Niederschlags­ maxima auftreten. Alle betrachteten Im Winter ist mit einer zunehmen­ den Niederschlagsmenge und -in­ tensität zu rechnen, wobei die Häu­ figkeit der Niederschlagsereignisse abnimmt. Das 5-Tage-Maximum er­ höht sich dabei im Winter am stärks­ ten im Tennengau (30,39 mm) und im Flachgau (25,38 mm). Dies kann als Hinweis auf die Verschiebung ex­ tremer Niederschläge vom Sommer in die Wintermonate verstanden werden, wobei in höher gelegenen Regionen auch die Schneemengen steigen können. Die Frühlingsmo­ nate ändern sich kaum, dafür wer­ den Sommer und Herbst wesentlich trockener. Dabei nimmt insbesonde­ re die Länge der niederschlagsfreien Perioden zu. Die in Abb. 22 und 23 dargestellten Kartogramme hinge­ gen zeigen die Hotspots der Tempe­ ratur- und Niederschlagsänderung im gesamten Land. Suklitsch et al. (2010, S. 14) sehen zusammenfassend folgende Ent­ wicklung der Niederschlagsparame­ ter nach den fünf Gauen und den drei klimatischen Provinzen des Lan­ des Salzburg (vgl. Abb. 24): Zentralraum Süd-Ost Alpen Die klimatischen Subregionen in der Studie von Suklitsch et al. 2010 (vgl. Abb. 24) 64 Der Klimawandel und seine Wirkungen Abb. 24: Änderung der klimatologischen Parameter 1980er zu 2040er Jahre für die Bezirke des Landes Salzburg und die drei klimatischen Zonen Quelle: Suklitsch et al. 2010, S.A9 65 Der Klimawandel und seine Wirkungen 3.3 Folgen der Klimaveränderungen für die Region Der IPCC-Bericht von 2007 nimmt für die Gebirgsregionen in Europa allge­ mein u. a. folgende Auswirkungen des Klimawandels als wahrscheinlich an: ■■ weiterer Rückzug der Gletscher; ■■ Rückgang der Schneedecke; ■■ erheblicher Artenverlust. Abhängig vom Ausmaß der Erwär­ mung bis 2100 werden auch für Eu­ ropa teilweise dramatische Auswir­ kungen auf die einzelnen Sektoren erwartet, die in der folgenden Ab­ bildung 25 zusammengefasst darge­ stellt sind. Abb. 25: Auswirkungen der Klimaveränderung auf die Sektoren in Abhängigkeit von der Temperaturerhöhung Quelle: IPCC 2007, S. 31 Ob auch dramatischere Auswirkungen möglich sind – wie z. B. der völlige Zu­ sammenbruch der thermohalinen Zir­ kulation im Nordatlantik – kann aus der heutigen Sicht noch nicht beantwor­ tet werden; dies ist aber eher unwahr­ scheinlich (vgl. Rahmstorf 2005, S. 75). 66 Der Stern-Review zeichnet ein relativ düsteres Bild, wenn die Erwärmung der globalen Durchschnittstempera­ tur das Ausmaß von 2° Celsius über­ schreitet. Dabei gilt es auch zu be­ denken, dass davon etwa 1° Celsius bereits durch die CO2-Emissionen bis heute als gesichert gelten, da das Klimasystem nur sehr träge auf den Ausstoß an Treibhausgasen reagiert. Kromp-Kolb (2006, S. 82) hält für Ös­ terreich eine Zunahme der Extremer­ eignisse (Hitzeperioden, Hochwasser, Der Klimawandel und seine Wirkungen Naturgefahren im Gebirge und Stür­ me) für wahrscheinlich, allerdings dürfte es sehr erhebliche regionale Unterschiede geben. Eine Zunahme von heute zehn Hitzetagen pro Jahr auf 30 Hitzetage pro Jahr in 30 Jah­ ren würde allerdings von den meis­ ten Menschen in Österreich nicht als Nachteil gesehen werden.13 Wenn man aber bedenkt, dass der Hit­ zesommer 2003 in Europa zwischen 25.000 und 60.000 Tote forder­ te, so war dieser Sommer 2003 eine der schlimmsten Wetterkatastrophen überhaupt, der wegen seines unspek­ takulären Charakters von der Öffent­ lichkeit weitgehend unbemerkt blieb. Übereinstimmende Ergebnisse des CLISP-Projekts, des Szenarien-Pro­ jekts der ÖROK (Hiess et al. 2009) sowie des Berichts von Haas et al. (2008) zur Anpassung an den Klima­ wandel in Österreich und der Studie von Berz (2009) zur Georisikofor­ schung geben folgenden Ausblick auf den Lebensraum Alpen in den kommenden Jahrzehnten: Die Alpenregionen sind touristisch gesehen Gewinner des Klimawan­ dels, da die höheren Regionen auch in vierzig Jahren immer noch kühl ge­ nug sein werden, um hitzegeplagten Bewohnern von Flachländern Erho­ lung bieten zu können. Durch eine Verlängerung der Sommersaison und das Wiederentde­ cken der „Sommerfrische“ durch Menschen aus dem südlichen Eu­ ropa werden wirtschaftliche Vorteile für die Region entstehen. Die Schattenseite davon wird ein anhaltender Bauboom in den Alpen­ tälern sein, der die Konkurrenz um die knappen Bodenressourcen in den nächsten Jahrzehnten verschärfen wird. Basierend auf den erwähnten regi­ onalen Studien kann für das Land Salzburg mit den folgenden Auswir­ kungen des Klimawandels auf wich­ tige Sektoren bis Mitte des 21. Jahr­ hunderts gerechnet werden (vgl. Dollinger 2010, S. 19): Tab. 7: Ranking der Sektoren und wahrscheinliche Auswirkungen des Klimawandels auf die Subsektoren Sektoren (Subsektoren) Wahrscheinliche Auswirkungen Tourismus Wintertourismus Verringerung der Anzahl der Tage mit geschlossener Schneedecke; Schneemangel in tiefer gelegenen Skigebieten; erhöhtes Risiko von Extremereignissen; steigende Lawinen- und Murengefahr. Wasserwirtschaft Häufigeres Auftreten von großen Hochwassern in den Wintermonaten; weniger Wasserspende in den Sommermonaten durch die Gletscher; Beeinträchtigung der Energieproduktion durch zu geringe Wassermengen in den Sommermonaten. Siedlungsraum Siedlungsgebiete Schäden durch Extremereignisse; wachsender Siedlungsdruck insbesondere durch touristische Infrastruktur und Zweitwoh­ nungsbedarf; Entstehen hoch gelegener Siedlungsgebiete. Siedlungsraum Verkehrsinfrastruktur Schäden durch Extremereignisse; häufigeres Unterbrechen der Erreichbarkeit von peripheren Gebieten. Energiewirtschaft Hohe Energienachfrage für Kühlung im Sommer; Produktionsprobleme durch eine verringerte Gletscherspende; steigernde Nachfrage nach Gebieten für neue Wasserkraftwerke und Speicherseen. Tourismus Sommertourismus Steigende Naturgefahren durch schmelzenden Permafrost und Rückgang der Gletscher; At­ traktivitätsverluste durch Landschaftsbildveränderungen; wachsender Siedlungsdruck für Einrichtungen des Wellness-Tourismus; Attraktivitätssteigerung für Sommerfrische-Tourismus. Naturschutz Artenschutz Veränderungen in Vorkommen und Verteilung von Tier- und Pflanzenarten; Verlust an Tier- und Pflanzenarten; Veränderungen in der Phänologie. 13 Ein regionaler Stakeholder bei einem CLISP-Workshop in der Modellregion drückte es ungefähr so aus: „Was kann es Besseres für uns geben, als wenn die Som­ mer wärmer und trockener werden und im Frühjahr mehr Niederschlag fällt, der in höheren Lagen dann ohnehin als Schnee unsere Ski-Saison verlängert?“ 67 Der Klimawandel und seine Wirkungen Sektoren (Subsektoren) Wahrscheinliche Auswirkungen Forstwirtschaft Beeinträchtigungen durch Extremereignisse; Anstieg der Waldgrenze; zunehmende Konkurrenz durch zuwandernde Arten und daraus bedingter Artenverlust; Veränderung der Vegetationszonen; steigende Gefahr durch Waldbrände in den Sommermonaten. Gesundheit Zunehmende Belastungen durch Extremereignisse, durch Hitzewellen und steigende UVBelastung sowie durch Zuwanderung von infektiösen Insektenarten. Siedlungsraum Touristische Infrastruktur Gefährdung durch Extremereignisse; Stabilitätsprobleme für Bauwerke und Infrastruktur durch abschmelzenden Permafrost. Landwirtschaft Beeinträchtigungen durch Extremereignisse; häufigeres Auftreten von Tierseuchen; negative Auswirkungen auf den Tourismus durch Nutzungsänderungen; Bodenerosion und sinkende Bodenfruchtbarkeit. Quelle: Dollinger 2010, Tabelle 3, S. 19; basierend auf der im Rahmen des CLISP-Projekts erarbeiteten Excel-Tabelle zu den betroffenen Sektoren 3.4 Vulnerabilität ausgewählter Sektoren: Tourismus und Siedlungsentwicklung Aufgrund ihrer ökonomischen Be­ deutung und ihrer Betroffenheit durch die Klimaveränderungen wur­ den im Rahmen von CLISP die Sek­ toren Tourismus/Erholungsgebiete und Siedlungsgebiete/Siedlungsentwicklung in der Region Pinzgau– Pongau genauer untersucht. Tourismus ist der dominante ökono­ mische Sektor und der größte Arbeit­ geber in der Region; viele Gemein­ den sind wirtschaftlich abhängig vom Wintertourismus. Bei einer Temperaturerhöhung von + 2° Celsi­ us sinkt die Schneesicherheit auf 62 Prozent der Skigebiete (heute 90 Pro­ zent der Skigebiete). Damit in Ver­ bindung steht eine Verschlechterung der Beschneiungsmöglichkeiten in niedrigen Lagen. Siedlungsgebiete und Infrastrukturen sind aufgrund des alpinen Cha­ rakters der Region besonders be­ troffen von Naturrisiken wie Muren, Hangrutschungen, Lawinen und Felsstürzen. Da der Dauersiedlungs­ raum begrenzt ist, werden sich aller Wahrscheinlichkeit nach Siedlungen in permanent gefährdete Gebiete ausweiten. Wenn die gegenwärtige Siedlungs- und Infrastrukturentwick­ lung ungebremst fortschreitet, steht zu befürchten, dass sich die Risiken und damit das Ausmaß von Schäden aufgrund der veränderten klimati­ schen Bedingungen erhöhen sowie Konflikte mit dem Naturschutz ver­ schärfen. Die qualitativen und quantitativen Ergebnisse für die Vulnerabilität der beiden Sektoren lassen sich wie folgt zusammenfassen. 3.4.1 Tourismus-Erholungs­gebiete Status quo/Anfälligkeit ■■ Die Gesamtwertschöpfung des Wintertourismus betrug im Bun­ desland Salzburg in der Saison 2006/07 ca. 1,72 Milliarden Euro; neun Prozent des BIP wurden di­ rekt aus dem Wintertourismus ge­ schöpft (Breiling et al. 2008); 68 ■■ die Intensität des Tourismus ist im Vergleich zu jener in anderen ös­ terreichischen Regionen hoch, so­ wohl in absoluten Zahlen als auch im Verhältnis zur Einwohnerzahl: die Anzahl der Übernachtungen lag im Pinzgau bei 3.618.373 im Sommer 2010 und bei 5.597.535 im Winter 2009/10; im Pongau bei 3.080.706 im Sommer 2010 und bei 5.376.737 im Winter 2009/10 (Landesstatischer Dienst 2011); ■■ die Kapazitäten von Beherber­ gungsbetrieben sind in der Perio­ de 1998 bis 2008 gestiegen (von 64.845 auf 72.591 Betten); die An­ zahl der Betriebe hat sich im selben Der Klimawandel und seine Wirkungen Zeitraum verringert zugunsten der Konzentration auf größere Betriebe; ■■ der Wintertourismus ist wie kaum ein anderer Sektor von klimati­ schen Bedingungen abhängig; vor allem kalte Temperaturen in den Monaten November und Dezem­ ber stellen eine wichtige Grundlage für eine erfolgreiche Wintersaison dar, da sie zum einen natürlichen Schnee begünstigen und da zum anderen, bei einer Temperatur von ca. - 2°Celsius (Breiling et al. 2008), die Möglichkeit der künstli­ chen Beschneiung besteht; ■■ im Land Salzburg werden 3.001,4 ha Pistenflächen (Stand 2008; Weissenböck o. J., S. 3) durch 101 wasserrechtlich bewilligte Be­ schneiungsanlagen mit Kunst­ schnee versorgt; diese Beschnei­ ungsanlagen verschlangen ca. 200 Millionen Euro (Breiling et al. 2008) an Investitionskosten und verursachen jährlich rund 20 Milli­ onen Euro an Betriebskosten; ■■ bereits kleine klimatische Verän­ derungen (Niederschlag, Erwär­ mung, Dauer der Schneedecke, Bedingungen für KunstschneeProduktion) haben enorme Wir­ kung auf die Rahmenbedingungen bzw. Voraussetzungen für eine Wintertourismussaison; Massenbewegungen und Hangin­ stabilitäten, vgl. Braun 2009; Prob­ leme für Adventure-Sportarten wie Rafting durch Niedrigwasserstände). ■■ attraktives Schlechtwetterangebot; Die sektorale Anfälligkeit kann durch Sektor-Maßnahmen und/oder durch allgemeine Strategien zur Vermei­ dung der Folgen des Klimawandels oder zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels abgefangen wer­ den. Der Workshop zur Anpassung an den Klimawandel in Salzburg (vgl. Lexer 2009) hat folgende Empfehlungen für den Sektor Tourismus/ Erholungsgebiete abgegeben: Ergänzt werden diese Empfehlungen durch Vorschläge von Haas et al. (2008) zur Anpassung des Sektors an direkte Einflüsse des Klimawan­ dels und/oder veränderte Rahmen­ bedingungen (vgl. Prinz et al. 2010): a) für den Wintertourismus ■■ Diversifizierung des Angebotes, v. a. in klassischen Wintersportre­ gionen, in Richtung alternative An­ gebote ohne Schnee (Gesundheits­ tourismus, Kongresstourismus); ■■ Schaffung von schneeunabhän­ gigen Angeboten in der Winter­ saison, z. B. Winterwanderwege, Infrastruktur für neue Fun-Sport­ arten; ■■ Positionierung als Ganzjahrestou­ rismusregion, d. h. Entwicklung von neuen Angeboten für Zwischensai­ sonen bzw. für den Sommer; ■■ Schneeversicherung ■■ veränderte klimatische Bedin­ gungen, wie steigende Luft- und Wassertemperaturen, zunehmen­ de Sonnentage und abnehmende Niederschlagshäufigkeit im Som­ mer, haben positive Aspekte für den Sommertourismus, der aber bislang eine untergeordnete Rolle in der Region spielt; ■■ veränderte klimatische Bedingun­ gen, wie steigende Niederschlagsva­ riabilität (trockene Sommer mit ver­ regneten Perioden), und Zunahme von Wetterextremen haben negati­ ve Aspekte für den Sommertouris­ mus (Gefährdung von alpinen Wan­ derwegen und Klettersteigen durch und Wetter­ derivate zur Abfederung des Ri­ sikos für wetterabhängige Unter­ nehmen (Seilbahnbetriebe); ■■ Förderung und Ausbau des Naher­ holungsangebots. ■■ Anpassung der Tourismusstrategien an veränderte Klimabedingungen, d. h. Erarbeitung von breiten Ange­ boten mit Betonung von regionalen Besonderheiten, Konzentration auf Skitourismus in schneeunsicheren Regionen minimieren, Verbesserun­ gen im bildungs- und kulturtouristi­ schen Angebot, Bemühen um neue Zielgruppen (50+), welche auch in Nebensaison aktiv sein können; ■■ spezielle Förderung für klimascho­ nende Projekte zur Verminderung des Verbrauchs fossiler Energien, Reduktion der Energieabhängig­ keit � Kostenreduktion; ■■ gezielte Förderung von Beschnei­ ungsanlagen unter Vorgaben zu effizientem und nachhaltigem Ein­ satz von Fördermitteln; ■■ Steueranreize zur Senkung von CO2-Emissionen; Förderung von Investitionen zur Energiekostensen­ kung und zum Schutz der Umwelt; ■■ Überprüfung von Verordnungen (hohe Sicherheitsstandards); ■■ Ausstieg aus dem Wintertourismus und Konzentration auf neue Tou­ rismusformen (z. B. Wellnesstou­ rismus, Bergtourismus). b) für den Sommertourismus ■■ Qualitätssteigerung und Weiter­ entwicklung des Angebots, d. h. betriebliches, kulturelles und in­ frastrukturelles Angebot in Verbin­ dung mit neuen Zielgruppen und Herkunftsmärkten; ■■ „sanft-mobiler Tourismus” (Rei­ sen ohne Auto; Erhöhung des An­ gebots, mit umweltverträglichen Verkehrsmitteln zu reisen); ■■ Förderung von thermischen Sanie­ rungen, Ausstieg aus Ölheizungen zur Verringerung der Energieab­ hängigkeit von Betrieben (großes Einsparpotenzial); ■■ Erhöhung der Energieeffizienz, Senkung des Wasserverbrauchs 69 Der Klimawandel und seine Wirkungen und Verbesserung des Abflussver­ haltens von Beschneiungsanlagen inklusive Schaffung einer Grund­ lage für umweltbewusste Ent­ scheidungen zur Reduktion des Wasser- und Energieverbrauchs (Schnittstelle zwischen Energieund Wasserwirtschaft). Im Rahmen der Vulnerabilitätsab­ schätzung im Projekt CLISP wur­ den sowohl Sektor-Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel als auch Maßnahmen zur Abfederung der Folgen des Klimawandels ei­ ner Wirksamkeits-Überprüfung im Hinblick auf ihre Effektivität, die fi­ nanziellen Kosten, den Grad der Umsetzung und die negativen Ne­ beneffekte bzw. Hindernisse unter­ zogen. Daraus soll der jeweils kom­ binierte Effekt der Betroffenheit des Sektors und seines Anpassungsver­ mögens abgeleitet werden. Tab. 8: Indikatoren für die Vulnerabilitätsprofile in Tab. 9 und 10 ID Name I1 Growing season Agriculture Forestry The Growing season (GS) is defined as the period of the year when the daily mean temperature is above 5°C. I2 Growing degree unit (GDU) Agriculture Growing degree unit (GDU) or Growing degree day (GDD) is a commonly used measure of heat accumulati­ on to predict the life stages of insects, date of flowering or crop maturity. I3 Potential evapotranspiration (PET) after Thornthwaite Agriculture Forestry Tourism Water management Potential evapotranspiration (PET) is defined as the amount of evaporation that would occur if a sufficient water was available. A dryland is a place where annual potential evaporation exceeds annual precipitation. I4 Meteorological water balance Agriculture Forestry Tourism Water management The meteorological water balance is defined as the dif­ ference of precipitation sum and the sum of potential evapotranspiration. It can be used as indicator of requi­ rement for irrigation water. I5 Drought index (dMI) after De Martonne Agriculture Forestry Tourism Water management A drought index expresses the ratio between tempera­ ture and precipitation. Less precipitation means increa­ sed drought. I6 Crop suitability for wine the Huglin-Index Agriculture The Huglin Index reflects the growing credibility of diffe­ rent grapes sorts. Build-up areas / land development Within the CLISP project flood prone areas will be detected by flood modelling carried out at hazard index level of de­ tail (Petraschek and Kienholz 2003). The main scope of an analysis at this level of detail is the detection and the classi­ fication of possible hazard processes. Build-up areas / land development A snow avalanche is a snow mass with usually a volume greater than 100 m³ and a minimum length of 50 meters that slides rapidly downhill. Models for the delimitati­ on of avalanche prone areas are divided into models for identification and the delimitation of avalanche release areas and the calculation of the runout distance and the modelling of the deposition areas. Build-up areas / land development The activity of rockfall processes depends on geological, tectonic and topographical factors, but rockfall proces­ ses are also sensitive to meteorological conditions. One climate change phenomena that influences rockfall acti­ vities is the degradation of permafrost. Therefore, those areas that are located in rock faces underlying perma­ frost conditions and could represent starting points for rockfall process are considered to be climate sensitive. I7 I8 I9 70 Relevance for sector Brief description Flood prone areas at hazard index level Avalanche prone areas at hazard index level Rockfall prone areas at hazard index level Der Klimawandel und seine Wirkungen ID Name Relevance for sector Brief description Build-up areas / land development We use the term „torrential processes“ for debris flow processes. A debris flow is a fast or slow flowing mixture of water and sediments in high concentration, which often moves several surges. The deduction of the most critical factors for hazard assessment under changing en­ vironmental conditions is relatively obvious: considering natural hazards related to precipitation the most relevant changes in the environmental parameters due to climatic changes are to be expected in the intensity/frequency relation of precipitation events (rainfall, snowfall). I10 Torrential process prone areas at hazard index level I11 Numer of cooling days (CD) Energy I12 Cooling degree day (CDD) Energy The indicator HDD is used to describe the energy demand needed to heat a building. I13 Number of heating days (HD) Energy The number of heating days (HD) describes the number of days per year with a mean daily air temperature below the heating temperature threshold (Heizgrenztemperatur). I14 Heating degree day (HDD) Energy The indicator HDD is used to describe the energy de­ mand needed to heat a building. I15 Forest line - isotherm Forestry Körner (1999) describes the temperature as most plausi­ ble factor amongst all climate parameters to explain the treeline altitude. I16 Nesterov Index (NI) for fire danger rating Forestry The Nesterov Index is a simple fire danger rating created in Russia in 1949. I17 Climate indices and indicators for heat stress Health Directly derived climate indices/indicators as additional information/input considering heat stress. I18 Climate indices and indicators for summer tourism Tourism (summer) Directly derived climate indices/indicators as additional information/input in combination with the region of in­ terest. I19 Climate indices and indicators for winter tourism Tourism (winter) Directly derived climate indices/indicators as additional information/input in combination with the region of in­ terest. I20 Tourism Climate Index (TCI) Tourism The Tourism Climate Index (TCI) is a combined index which can be considered as climatic suitability for gene­ ral summer tourism purposes. I21 Line of natural snow reliability Tourism (winter) The line of natural snow-reliability indicates the height of natural snow-reliability. The number of cooling days (CD) describes the number of days per year with a mean daily air temperature above the cooling temperature threshold (Kühlgrenztemperatur) Quelle: EURAC o. J., S. 8-10 Die quantitative Bewertung der ausgewählten Indikatoren wurde vom Projektpartner Europäische Akademie Bozen (EURAC) auf Grundlage der von den Modellregionen übermittelten Daten durchgeführt (vgl. Tab. 8 für die Indika­ toren und die Tab. 9 und 10 für die Bewertungsergebnisse). 71 Potenz­ tielle Wirkung Winter­ tourismus T2 Attraktivitäts­ verlust Meteorologi­ T5 sche Extreme/ Naturgefahren T4 T3 Wassermangel Sommer­ tourismus T1 Aspekte very low low moderate high very high Tourismus/ Erholung Anpass­ ungskapa­ zität Winter­ tourismus Sommer­ tourismus Wirkungsspe­ zifische Vulnerabilität Attraktivitäts­ verlust Meteorologi­ T5 sche Extreme/ Naturgefahren T4 T3 Wassermangel T2 T1 Aspekte Sektorspe­ zifische Vulnerabilität ■■ Winter mit weniger Eis, mehr heftigen Regen und milderen Temperaturen schaffen Bedingungen für Aktivitäten ohne Schnee (sightseeing, clubbing). Jedoch werden reduzierte Schnee-Ver­ lässlichkeit und Nachfrage nach Kunstschnee wichtige Faktoren in der Zukunft werden ■■ Wenn vermehrte Steinschläge auftreten, wird sich das auf Bergsteiger-Aktivitäten auswirken. ■■ Es gibt keine Anhaltspunkte für eine höhere Lawinenfrequenz; gegenwärtige Risikogebiete werden sich wahrscheinlich nicht verändern. ■■ Urbane Gebiete mögen einem vermehrten Risiko durch Naturgefahren und meteorologische Extreme unterliegen. Jedoch scheint die diesbezügliche Anpassungskapazität in der Region positiv zu sein. ■■ Höhere Sommertemperaturen mögen vermehrt Touristen anziehen. Im Allgemeinen ist ein höherer tourism climate index (TCI) gut für den Sommertourismus. Tourismus/Erholung 72 I1 I2 I3 I4 I5 I6 I7 I8 I9 I10 I11 I12 I13 I14 I15 I16 I17 I18 I19 I20 I21 Tab. 9: Vulnerabilitätsprofil für den Sektor Tourismus/Erholung Der Klimawandel und seine Wirkungen Der Klimawandel und seine Wirkungen Abb. 26: Nächtliche Beschneiung der Skipistenflächen im Skigebiet Snow-Space Flachau Quelle: Bergbahnen Flachau GmbH; Talabfahrt Flachau Abb. 27: Seilbahnstation und Speicherteich im Skigebiet Snow-Space Flachau Quelle: Bergbahnen Flachau GmbH; Speicherteich beim Starjet 3, Talstation 73 Der Klimawandel und seine Wirkungen 3.4.2 Siedlungsgebiete/Siedlungsentwicklung Status quo/Anfälligkeit Siedlungsentwicklung ■■ In den nächsten Jahren sind ein Be­ völkerungszuwachs und ein steigen­ der Bedarf an Bauland zu erwarten, v. a. in den durch die Tourismuswirt­ schaft begünstigten und verkehrs­ technisch gut erreichbaren Gebieten der Region Pinzgau und Pongau. ■■ Die Verteilung der Gemeinden mit überdurchschnittlich hohen Zu­ wächsen weist eine auffallende Kon­ zentration im Osten der Region auf, aber auch im Pinzgau gibt es grö­ ßere zusammenhängende Gebiete mit Einwohnerzuwächsen entlang der Salzach (Stuhlfelden, Uttendorf, Niedernsill, Piesendorf, Kaprun, Zell am See) und im Norden (Maishofen, Saalfelden, Leogang); Bevölkerungs­ wachstum ist nicht unbedingt auf Gemeinden mit höherer Einwohner­ zahl beschränkt (z. B. Untertauern, St. Martin oder Werfenweng). ■■ Falls sich der Klimawandel zu ne­ gativ auf den Tourismus der Regi­ on auswirkt, mag es allerdings zu einer Verlagerung der Bevölkerung von den ländlichen Regionen in die Ballungsräume kommen und damit zu einer Entlastung der Region. ■■ Von großer Bedeutung für die Haus­ halts- und Wohnungsbedarfsent­ wicklung sind die Veränderungen durch die fortlaufende Differenzie­ rung sozialer Beziehungen sowie die zunehmende Überalterung der Bevölkerung, was dazu führt, dass man auch in Zukunft von einem überproportionalen Wohnungsbe­ darf in Relation zur Bevölkerungs­ entwicklung ausgehen darf. ■■ In den Gebirgstälern bewirken die mangelnde Verfügbarkeit von Baulandflächen und der zuneh­ mende Flächenverbrauch eine Zer­ siedelung der freien Landschaft. 74 ■■ Durch die Auflösung der gewach­ senen Siedlungsstrukturen und die Nichtbeachtung naturräumlicher Begrenzungen kommt es in den letz­ ten Jahren verstärkt zur Gefährdung von Objekten durch Überschwem­ mungen, Muren, Rutschungen und andere Massenbewegungen. ■■ Aufgrund des starken Reliefs der Landschaft ist der Platz für Be­ bauung (Landwirtschaft, Besie­ delung und Verkehrsinfrastruktur) beschränkt (Dauersiedlungsraum), und die Bevölkerungsdichte ist re­ lativ hoch: besonders hohe Dichte weisen die Gemeinden Bad Gastein, Zell am See und Bischofshofen auf; mehr als zwei Drittel der Gemein­ den weisen eine Bevölkerungsdich­ te von mehr als 250 Einwohnern pro Quadratkilometer auf. ■■ Bei diesen Zahlen ist zudem zu be­ rücksichtigen, dass hier der Dauer­ siedlungsraum auch jene Flächen mit einschließt, die eigentlich aufgrund erhöhter Gefährdung durch verschie­ dene Naturgefahren nicht besiedelt werden sollten; daher kann von noch höheren tatsächlichen Bevölkerungs­ dichten ausgegangen werden. ■■ Der Siedlungsdruck (Platzbedarf für Bevölkerung und Arbeitsstät­ ten) ist besonders groß in den Ge­ meinden Zell am See, Schwarzach, Sankt Johann und Bischofsho­ fen. Relativ geringer Siedlungs­ druck ist für die Gemeinden Maria Alm, Weißbach, Unken, Dienten, Krimml, Wald, Flachau, Untertau­ ern, Werfenweng und Pfarrwer­ fen gegeben (zur genauen Analy­ se vgl. Prinz et al. 2010, S. 44-48). Siedlungsentwicklung und Naturgefahrenereignisse ■■ In der Datenbank DIS-ALP wurden 512 gravitative Schadensereignisse aus der Gutachtensammlung des landesgeologischen Dienstes im Land Salzburg seit 1975 dokumen­ tiert, wobei sich die Murgänge fast alle in der Region Pinzgau–Pongau ereigneten. ■■ In DIS-ALP sind außerdem Hochwas­ serfotos der Abteilung Wasserwirt­ schaft im Land Salzburg dokumen­ tiert, u. a. des März-Hochwassers von 2002 (mit einem Durchfluss am Pegel „Salzburg Salzach“ von 1.060m³/s, dem größten gemes­ senen Durchfluss im März seit Be­ ginn der Aufzeichnungen 1951), des Hochwassers im August 2002 (mit einem Spitzenabfluss von 2.300m³/s am Salzachpegel „Salzburg Stadt“ und somit als 100-jährliches Hoch­ wasser bezeichnet; geschätzter Scha­ den im Bundesland Salzburg 168 Millionen Euro), des Hochwassers im Juli 2005, von dem vor allem Mitter­ sill im Pinzgau betroffen war (die Nie­ derschlagsmenge für die Zeitdauer von 72 Stunden lag im Bereich Wald bis Mittersill bei 50-160 mm und im Pongau bei 45-80 mm. Dieser Nie­ derschlag führte am Pegel Mittersill zu einem Spitzendurchfluss von 320 m³/s, was einem 50-jährlichen Hoch­ wasser gleichzusetzen ist). ■■ Der durch die Erwärmung bedingte Rückgang des Permafrosts mag ei­ ne allgemeine Destabilisierung der Hänge im hochalpinen Gelände zur Folge haben. Diese Entwicklung wird sich aufgrund einer womög­ lich beschleunigten Erwärmung in höheren Lagen verstärken. ■■ Zunehmende Ausbreitung des Sied­ lungsraums auf Gebiete, in denen durch Permafrost gesteuerte Pro­ zesse involviert sind; Wildbäche, deren Akkumulationskegel teilweise dicht besiedelt sind, können zukünf­ tig verstärkt im vormals stabilen Per­ mafrost angreifen und somit zu ei­ ner Erhöhung der Murgang-Gefahr führen; durch den Rückgang des Permafrosts auch Hangrutschun­ Der Klimawandel und seine Wirkungen gen im Winter möglich; für Fels­ stürze soll es zu einer Verlagerung der Sturzprozesse von tieferen in hö­ here Lagen kommen; mögliche Zu­ spitzung der Gefahrenlage aufgrund vermehrt auftretender Starknieder­ schlagsereignisse (v. a. Murgänge und Hangrutschungen); Erhöhung der Lawinengefahr durch Verlage­ rung des Niederschlags von den Sommermonaten hin zu den Win­ termonaten; mögliche Verstärkung des Lawinenprozesses durch einen häufigeren Frost-Tau-Wechsel. ■■ Ein wichtiger Aspekt, dem im Zu­ sammenhang mit gravitativen Mas­ senbewegungen besondere Be­ deutung zukommt, betrifft den Schutzwald. Eine ganz wesentliche Funktion des Schutzwaldes (im Spe­ ziellen des Objektschutzwaldes) be­ zieht sich auf den Schutz baulicher Einrichtungen vor gravitativen Mas­ senbewegungen (BMLFUW 2006). Als Folge der Erwärmung wird u. a. ein allgemeiner Anstieg der Vege­ tationsgrenze prognostiziert. Die­ ser Anstieg kann laut der Kärntner Verwaltungsakademie (2008) einer­ seits zu einer Stabilisierung alpiner Einzugsgebiete führen, andererseits liegt jedoch auch eine Destabilisie­ rung durch verstärkte Windschäden im Bereich des Möglichen; mögliche Verlagerung der Hochwassersaison von den Sommermonaten zu den Wintermonaten, z. T. bedingt durch früheres Einsetzen der Schnee­ schmelze; mögliche kleinräumige Hochwasser v. a. in den Sommerund Herbstmonaten. Exposition besiedelter Flächen gegenüber Naturgefahren ■■ Insgesamt leben in der Modellre­ gion zum Volkszählungszeitpunkt 2001 14.604 Personen in Gebieten mit Hangneigungen > 20°. Dies entspricht einem Anteil von 8,69 Prozent an der Gesamteinwoh­ nerzahl von 162.905. Hänge mit Hangneigungen > 20° sind beson­ ders rutschungsgefährdet. Ab ei­ ner Neigung von 60° überwiegen zunehmend Sturzprozesse. verhältnismäßig hoher Bau­ landflächenanteil im Pinzgau liegt in gelben oder roten Gefahrenzo­ nen; insgesamt befinden sich 157 ha unverbautes Bauland im Pinz­ gau in der gelben Gefahrenzone und 43 ha in der roten Gefahren­ zone. Bezogen auf das gesamte un­ verbaute Bauland ergibt dies einen Anteil von 20,7 bzw. 5,7 Prozent. Im Pinzgau können auf Basis der digitalen Katastralmappe von den 41.445 Gebäuden 23.720 Gebäu­ de dem raumrelevanten Bereich zu­ geordnet werden. Davon befinden sich 14.359 ganz oder teilweise in Wildbachgefahrenzonen. ■■ hydrologisches Informationssys­ tem zur Hochwasservorhersage (HYDRIS); ■■ Ein ■■ Ausgehend von den Gebäuden mit Adressbezug (22.209) befinden sich 13.957 im raumrelevanten Bereich, wobei 8.255 ganz oder teilweise in Gefahrenzonen liegen. In Prozent ausgedrückt handelt es sich um 23,3 Prozent der Gebäude mit Adressbe­ zug in gelben Gefahrenzonen und um 13,9 Prozent in roten Gefahrenzonen (zur genauen Analyse vgl. Prinz et al. 2010, S. 37-40). Für den Pongau feh­ len allerdings Vergleichszah­len. ■■ Es gibt kein obligatorisches Soli­ darversicherungssystem gegen­ über Naturgefahren. ■■ Vorstoß in Richtung Bund zur Un­ tertunnelung der Bahn-Trasse zwi­ schen Golling und Werfen; ■■ ÖBB: Einrichtung einer WetterMessstelle am Pass Lueg; ■■ ÖBB: Studie über die Gefährdung der Schienen in Salzburg (Schwer­ punkt Hochwasser); ■■ Wasserinformationssystem (WIS Salzburg); ■■ verschiedene Hochwasserschutz­ projekte (Salzach-Aufweitung bei Wald; Hochwasserschutz in Rauris, Fusch, Niedernsill, Mittersill usw.); ■■ Arbeitsgruppe Hochwasserstatis­ tik; ■■ Info-Folder: Vorsorge gegen Hoch­ wasser; ■■ flächendeckende Gefahrenzonen­ planung durch die WLV; ■■ Permafrost-Kartierung; ■■ regionale Klimaszenarien (z. B. Suklitsch et al. 2010); ■■ Berücksichtigung Anpassungsmaßnahmen Die sektorale Anfälligkeit kann durch Sektor-Maßnahmen und/oder durch allgemeine Strategien zur Vermeidung oder Anpassung an die Folgen des Kli­ mawandels abgefangen werden. des vorbeugen­ den Hochwasserschutzes durch das LEP 2003 (neuerliche Adaptierung wurde bereits beantragt); ■■ Novellierung des Hochwasser­ schutzgesetzes vom 4. Feb. 2004; ■■ laufende Bereits eingeleitete Anpassungsmaßnahmen (Prinz et al. 2010) ■■ Aufbau eines Natur-Ereigniskatas­ ters, der einen Überblick über ver­ gangene Naturgefahrenereignisse bietet (DISALP); Rückwidmung gefährde­ ter Widmungsbestände (Überarbei­ tung der Flächenwidmungspläne). Anpassungsempfehlungen für die Siedlungsentwicklung (Prinz et al. 2010) ■■ leitbildorientierte Raumordnung: Umsetzung resistenzorientierter 75 Der Klimawandel und seine Wirkungen Leitbilder (z. B. geschlossene Sied­ lungen sind effizienter vor Natur­ gefahren zu schützen, Erhaltung natürlicher Rückhalteräume usw.); ■■ Verankerung ■■ Aufstellung eines Sachprogramms zum Schutz vor Naturgefahren; ■■ regionale Sicherung großräumiger Retentionsflächen; der Klimaanpassung im ROG; auf Landesebene (höhere Wirksamkeit zu erwarten); ■■ verpflichtende Behandlung von Klimafolgen im REK; ■■ Planung ■■ Erweiterung der Datenbestände (z. B. Klimaszenarien); ■■ konsequente Freihaltung von Ge­ fahrenzonen, Rückwidmung und Bausperren für unbebaute Bau­ landflächen in Gefahrenzonen, Verbot der Errichtung von Skiliften auf Permafrostflächen; ■■ Risikominimierung durch Bebau­ ungsplanung, verbesserte Exekution baurechtlicher Auflagen (technische Sicherung von Objekten), Anpas­ sung von Baunormen an die Klima­ veränderung (z. B. Erdleitungsstra­ ßen in sturmgefährdeten Lagen); Abb. 28: Hochwasser 2005 im Bereich der Gemeinde Bramberg am Wildkogel (Obergpinzgau) Quelle: Bezirkshauptmannschaft Zell am See 76 Der Klimawandel und seine Wirkungen Karte 16: Überflutungsflächen im Bereich Mittersill 77 Der Klimawandel und seine Wirkungen Karte 17: Gefahrenzonen und dokumentierte Naturereignisse 78 Der Klimawandel und seine Wirkungen ■■ flächendeckende Erarbeitung von Hochwasseranschlaglinien, Har­ monisierung der Methodik; ■■ Ausbau der DISALP-Datenbank (Aufnahme von WLV-Daten); und Instandhaltung tech­ nischer Schutzvorrichtungen, Si­ cherung von gefährdetem Bebau­ ungsbestand; ■■ Monitoring und Modellierung von Naturgefahren (z. B. mittels numerischer Modelle oder Fern­ erkundung) unter verstärkter Be­ rücksichtigung von Klimawan­ delparametern (Einrechnung von Sicherheitsspielräumen); bindliche Verankerung der Ge­ fahrenzonenplanung, Verbreitung der Information (z. B. an Liegen­ schaftseigentümer); ■■ grenzüberschreitende Kooperation und Wissensaustausch. ■■ Ausbau ■■ Gefährdungskartierung für Ver­ kehrswege, Aktualisierung von Gefahrenzonenplänen, rechtsver­ 79 I1 I2 I3 I4 I5 I6 I7 I8 I9 I11 I12 I13 I14 I15 I16 I17 Anpassungskapazität Temperatur­ B2 anstiege/ Hitzestress B7 Steinstürze B6 Wildbäche B5 Lawinen very low low moderate high very high B7 Steinstürze B6 Wildbäche B5 Lawinen Windgeschwin­ digkeitsmuster Heftige B1 Niederschlags­ ereignisse Aspekte B4 Fluten I18 B4 Fluten I19 B3 I20 Windge­ B3 schwindig­ keitsmuster Tempera­ B2 turanstiege/ Hitzestress Heftige B1 Niederschlags­ ereignisse Aspekte I21 Wirkungs­ spezifische Vulnerabilität Sektor­ spezifische Vulnerabilität ■■ Naturgefahren werden sich verstärken, jedoch hat die Landplanung Maßnahmen entwickelt, um mit diesen umzugehen. ■■ Hitzestress wird ein Thema in urbanen Gebieten mit hohen Sommertemperaturen sein. ■■ Heftige Niederschlagsereignisse mögen urbane Gebiete in mehrerer Hinsicht bedrohen; obgleich es keine spezifischen Hinweise auf zunehmende heftige Niederschläge gibt, legt die Struktur mancher städtischer Gebiete nahe, dass ihre Abflusssysteme von diesen Ereignissen überfordert sind. Siedlungsgebiete/-entwicklung Potentielle Wirkung I10 80 Siedlungs­gebiete/ -entwicklung Tab. 10: Vulnerabilitätsprofil für den Sektor Siedlungsentwicklung Der Klimawandel und seine Wirkungen Der Klimawandel und seine Wirkungen Folgende Matrix für die Aggregierungs-Schritte nach prädefinierten Regeln wurde benutzt: Potential impact Adaptive capacity -- - 0 + ++ -- -- -- -- -- - - -- - - 0 0 0 0 0 0 0 0 + 0 0 + + + ++ + ++ ++ ++ ++ 3.5 Generische Anpassungskapazität Die Untersuchungen der Vulnerabilität haben zu folgenden tabellarisch darge­ stellten Ergebnissen bzgl. des gesamtgenerischen Anpassungsvermögens der Region im Vergleich mit der EU bzw. dem Alpenraum gesamt geführt: genug detailliert für regionale An­ passung sind; ■■ „-“ wenn keine Anpassungsstrate­ gien existieren; ■■ „0“ Folgende Bewertungskriterien wurden angewendet: ■■ „++“ wenn regionale Anpassungs­ strategien bekannt sind und um­ gesetzt werden; ■■ „+“ wenn nationale Anpassungs­ strategien vorhanden, aber nicht wenn nichts bekannt über na­ tionale Anpassungsstrategie und keine regionale Strategie existiert; ■■ „++“ wenn Kooperation zwischen mehr als fünf Sektoren; ■■ „+“ wenn Kooperation zwischen weniger als fünf Sektoren oder zu wenig Information; „0” wenn we­ niger Kooperation oder irrelevant; ■■ vorhandene Information über den Klimawandel (forschungsorien­ tiert): „++“ wenn viele Informati­ onen und Quellen vorhanden sind bzw. genutzt werden und wenn diese Information als ausreichend angesehen wird; „+“ wenn einiges an Informationen vorhanden ist, aber diese als nicht ausreichend angesehen werden; „0” wenn we­ nig vorhanden und als nicht ausrei­ chend angesehen; ■■ für die Bewertung demografischer, ökonomischer und sozial-kultureller Parameter wurden europäische und überregionale Vergleichszahlen he­ rangezogen. 81 Der Klimawandel und seine Wirkungen Themen Beschreibung Politischer Anpassungswille Politische Initiativen, Beschlüsse, Strategien, Programme, Aktionspläne zur Anpassung an den Klimawandel Neben der nationalen Anpassungsstrategie (in Erarbeitung) gibt es eine Arbeitsgruppe Klimaschutz, die auch zur Nationalen An­ passungsstrategie beiträgt Kooperation zwi­ schen Behörden in Fragen der Anpassung an den Klimawandel Formalisierte Koopera­ tion (durch Gesetz oder bindende Vorschriften geregelt, informelle Kom­ munikation, Information, Partizipation) Keine Angaben über die Art der Koopera­ tion; realisiert in der Arbeitsgruppe Klima­ schutz bei 9 Sektoren Absolute Bevölkerungs­ zahlen Trend der absoluten Bevölkerungszahl und qualitative Informationen 2009: 162.905 Personen, relativ dünn be­ siedelt, Bevölkerungsdichte von circa 37 Ein­ wohnern pro km², Großteil der Bevölkerung konzentriert sich auf Salzach- und Saalachtal; in den nächsten Jahren Zuwachs zu erwar­ ten. Entw. 2001-2009: einige Gemeinden mit überdurchschn. Rückgang (- 5 %), im Osten Konzentration Gemeinden mit 5 % Zuwachs, gesamte Region 0,56 %; fortlaufende Dif­ ferenzierung sozialer Beziehungen; Bevölke­ rungsentwicklung (EUROSTAT): Demografie Aspekte Politische Rahmenbedingungen Tab. 11: Generische Anpassungskapazität der Modellregion BewußtseinI/nformation/Bildung Evaluierung (EURAC 2010) „+“ „++“ „0“ 2008: 162.999, 2007: 162.962, 2006: 163.271, 2005: 162.841, 2004: 162.433, 2003: 161.948, 2002: 161.909 Bevölkerungs­ struktur Bevölkerung nach Alters­ klassen (results compared with average Europe and Alps, EUROSTAT EU 15: class1 = 14,8 %, class2 = 66,9 %, class3 = 18,4%) Bevölkerungspyramide: kontinuierlicher Rückgang jüngerer Jahrgänge; Bevölke­ rungsstruktur 2009 (Statistik Austria): < 15J: 27.185 / 16,68 %, 15–64J: 110.694 / 67,95 %, 65+J: 25.026 / 15,36 % Indikator: durchschnitt­ liches Alter im Vergleich über die letzten 10 Jahre (EUROSTAT EU 15: ave­ rage age 1998 = 38,65 yrs, 2009 = 40,59 yrs) Durchschnittsalter der Bevölkerung im Bun­ desland Salzburg (Statistik Austria): 2001: 38,4; 2002: 38,7; 2003: 38,9; 2004: 39,2; 2005: 39,4; 2006: 39,7; 2007: 40; 2008: 40,3; 2009: 40,9 Bewusstsein, In­ formation, Of­ fenheit gegen­ über Wandel/ Innovation Zugang zu Information (Nutzung neuer Techno­ logien) Abdeckung von Internet/DSL (EUROS­ TAT EU 15: 2009, 69 % of households have internet access) Haushalte mit Internetzugang im Bundes­ land Salzburg (EUROSTAT): 2006: 54%, 2007: 60%, 2008: 69%, 2009: 74% Existierende Information zum Klimawandel (for­ schungsorientiert) Vieles vorhanden, siehe Antworten 4.1., 4.3., 4.6., und eigene Einschätzung 4.2. (ausrei­ chend/nichtausreichend); Regionale Klima­ szenarien (z. B. Suklitsch et al. 2010) Trend Alterung der Bevölkerung 82 Daten/Informationen „+“ „0“ „+“ „++“ Der Klimawandel und seine Wirkungen Aspekte Themen Forschung & Entwicklung Soziale und kulturelle Aspekte Wirtschaftsstruktur Beschäftigungs­ situation Wirtschaft Wirtschaftlicher Wohlstand Beschreibung Daten/Informationen Evaluierung (EURAC 2010) Wille und Kapazitäten, in Forschung zu investieren (Research expenditure % of GDP; EUROSTAT EU 15, 2008:1,99 %) F&E-Investitionen im Bundesland Salzburg gesamt in Mio. Euro 2007 (EUROSTAT): 210.027; F&E-Investitionen im Bundesland Salzburg, Anteil am BIP 2007 (Statistik Aus­ tria): 1,23 % Einkommen (GDP per capita (€); trend over the last 10 years; EUROSTAT EU 15, Real Gross Dome­ stic Product per capita 2009: 24.400 €) Bruttoregionalprodukt pro Person (2007): 31.400 € (im Vergleich zu anderen Salzbur­ ger NUTS-3-Regionen niedriger als SalzburgUmgebung und höher als Lungau), stabiles Wachstum seit 1995 Employment rate (%); trend over the last 10 years EUROSTAT (2008): 87.400 Personen „öko­ nomisch aktiv“ Unemployment rate (%): EUROSTAT EU 15, 2008: 7,1 % Ungleichgewicht zwischen Zentral-und Pe­ ripherräumen, keine Angaben zu Arbeitslo­ senzahlen Diversität des GDP Region von Tourismus abhängig, 9 % des BIP im Bundesland kommen vom Winter­ tourismus; Bruttowertschöpfung in Milli­ onen 2007 (Statistik Austria): insgesamt: 4.624, Sektor 1: 89, Sektor 2: 1.384, Sektor 3: 3.151 „-“ Erwerbstätige nach Sektoren 2007 (Statistik Austria): insgesamt: 83.800, Sektor 1: 6.700, Sektor 2: 19.300, Sektor 3: 57.800 „0“ Diversität der Sektoren/ Beschäftigung Demokratische Beteiligung Regionale Agenda-21Ini­tiativen, Klimaallianz, Bürger-Aktionskomitees, Vereinigungen Fairer Zugang zu Ressourcen/ Entscheidungen Ungleichheiten bei Ein­ kommensverteilung (EU­ ROSTAT EU 15: S80/S20 income quintile share ratio 2008: 4,9) 14.258 Sozialbeihilfebezieher im Bundesland Salzburg (2008), entspricht 2,7 % der Ge­ samtbevölkerung (Statistik Austria) Geschlechtergleichstellung (EUROSTAT EU 15, 2008: female 44,96 %, male 55,04 %) (2007) ges. 87.400, 47.600 männlich (54,46 %) und 39.800 weiblich (45,54 %), geschlechtsspezifisches Verhältnis 1:0,84 „0“ „+“ „0“ 83 Raumplanung und Anpassung an den Klimawandel 4. Raumplanung und Anpassung an den Klimawandel Im Rahmen von CLISP wurden die vorhandenen Instrumente und Ab­ läufe der Raumplanung in den Al­ penregionen im Hinblick auf ihre Eignung, auf Klimawandelfolgen an­ gemessen zu reagieren, untersucht. Dies wurde sowohl transnational ver­ gleichend als auch regional mit Be­ zug auf spezifische Gegebenheiten und Herausforderungen und unter Einbeziehung regionaler Experten, Entscheidungsträger und Interessen­ vertreter durchgeführt. 4.1 Instrumente der Raumplanung in der Region Tab. 12: Raumplanungsinstrumente Europäische und nationale politische Konzepte und Strategien Europäisches Raumentwicklungskonzept: fungiert als nicht-bindendes strategisches Konzept auf europäischer Ebene mit verschiedenen Zielen, besonders im Hinblick auf die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen und den Umweltschutz. Alpenkonvention, Protokoll „Raumplanung und nachhaltige Entwicklung“: beinhaltet Ziele und Normen für den Alpen­ raum, insbesondere Restriktionen zur Ausweitung urbaner Gebiete sowie generelle Richtlinien zu Landnutzungsplänen. Österreichisches Raumentwicklungskonzept 2001: verabschiedet von der ÖROK; Richtlinienkonzept, das Trends, Ziele, the­ matische Schwerpunkte und Maßnahmen definiert; Fokus auf Stärkung der urbanen Zentren und Formulierung von Strate­ gien für den ländlichen Raum. Nationaler Strategischer Rahmenplan 2007–2013: verabschiedet von der ÖROK; Implementierung der EU-Strukturfonds. Zwölfter Raumordnungsbericht, 2008, verabschiedet von der ÖROK; regelmäßige Beobachtung räumlicher Entwicklungen. Gesetze Landes-Raumordnungsgesetz, ROG: planmäßige Gestaltung des Landes zwecks bestmöglicher Nutzung und Sicherung des Lebensraumes im Interesse des Gemeinwohles; bindend für Land, Region, Gemeinden sowie Landeigentümer; langfristiger Planungshorizont ; Grundlage für Sektor-Programme und andere Raumordnungspläne, Standards für allgemeine und spezi­ fische Ziele der Raumplanung. Pläne und Programme Landesentwicklungsprogramm, LEP: Festlegung der Grundsätze und Leitlinien der Landesplanung, Zentrale Orte und Ent­ wicklungs- und Hauptverkehrsachsen, grundlegende Aussagen über Siedlungsstrukturen und -dichten, Festlegung von Planungsregionen; bindend für Land, Region, Gemeinden; langfristiger Planungshorizont; definiert sektorübergreifende Ziele der Landesverwaltung. Sachprogramme: ergänzende Teile des LEP; Vorgaben für Regionalprogramme und die kommunale Raumplanung in de­ finierten, raumbezogenen Sachthemen (z. B. Siedlungsentwicklung und Betriebsstandorte im Salzburger Zentralraum; Skianlagen; Golfanlagen); bindend für Land, Region, Gemeinde; Planungshorizont: 10–15 Jahre; strategisches Instrument; definiert sektorübergreifende Ziele der Landesverwaltung. Regionale Raumordnungsprogramme und Verordnungen, Regionale Entwicklungskonzepte ■■ Standortverordnungen (Land) für Handelsgroßbetriebe: regelt die Zulässigkeit von Großbetrieben des Einzelhandels an bestimmten Standorten; bindend für die Gemeinden (Flächenwidmungsplan); ■■ Regionale Entwicklungskonzepte (regional): Anzustrebende räumliche Ordnung und Entwicklung einer Region; strate­ gisches Instrument; langfristiger Planungshorizont; bindend für Land, Region, Gemeinde; komplexes regionales Beteili­ gungsverfahren. Regionale Entwicklungskonzepte: Ziele und Maßnahmen zur regionalen Entwicklung; strategisches Instrument; erstellt von Regionalverband und dem Land zur Kenntnis vorgelegt (muss jedoch nicht von diesem genehmigt werden). Örtliche Räumliche Entwicklungskonzepte (REK): Entwicklungsvorstellung der Gemeinde; strategisches Instrument; Grundlage für die Ausarbeitung des Flächenwidmungsplans; thematisch umfassend: Ziele und Maßnahmen zur Gesamt­ entwicklung, zur Freiraumgestaltung, zur Siedlungsentwicklung, zur Verkehrsplanung und zur Entwicklung der technischen und sozialen Infrastruktur. 84 Raumplanung und Anpassung an den Klimawandel Örtliche Flächenwidmungspläne (FWP): regeln die geordnete Nutzung des gesamten Gemeindegebietes durch die Festle­ gung der Nutzungsarten Bauland, Verkehrsflächen und Grünland; Rechtsakt; grundeigentümerverbindlich; ständig an neue Entwicklung angepasst. Bebauungspläne: regeln die Nutzung eines Grundstückes bzw. die Art und Weise der Verbauung; Rechtsakt; grundeigentü­ merverbindlich; ständig an neue Entwicklung angepasst. Tab. 13: Funktionelle Raumplanungsinstrumente Sektor Planung – Gesetze und Verordnungen Sektorplanungsinstrumente/Zuständigkeit Forstgesetz Waldentwicklungsplan/Bund Gefahrenzonenpläne in alpinen Bereichen/Bund Umweltschutzgesetz (USG) Umweltverträglichkeitsprüfung UVP/Bund Strategische Umweltprüfung SUP/Land Wasserrechtsgesetz (WRG) Schutzwasserwirtschaftliche Grundsatzkonzepte (Hochwasserschutz, Gefahrenzonen nach Wasserrecht)/Bund Wasserschutz- und Schongebiete/Bund Wasserbauprojekte Naturschutzrecht Schutzgebiete/Land Straßengesetze Bundesstraßen (Autobahnen und Schnellstraßen), Landesstraßen, Gemeindestraßen Bodenschutzgesetz Bodenschutzplanung (bodenschutzrelevante Daten u. a. als Grundlage für die Raum­ ordnung)/Land Die wichtigsten für den Klimawandel relevanten Ziele und Grundsätze, die in den Instrumenten der örtlichen Raum­ planung (REK und FWP) nach dem neuen ROG 2009 umgesetzt bzw. be­ rücksichtigt werden müssen, können wie folgt zusammengefasst werden: Ziele gemäß ROG 2009: ■■ Schutz der natürlichen Lebens­ grundlagen, um sie für die Zu­ kunft in ausreichender Qualität und Menge zu erhalten; rungsdichte mit der ökologischen und wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Raumes im Einklang steht und dass eine bestmögliche Abstim­ mung der Standorte für Wohnen, Wirtschaft und Erholung erreicht wird; ■■ Sicherung und Verbesserung der Grundlagen für die langfristige Entwicklung der Wirtschaft, der Infrastruktur und des Wohnungs­ wesens sowie für die erforderli­ chen Strukturanpassungen; Schutz der Bevölke­ rung vor Gefährdung durch Natur­ gewalten und Unglücksfälle außer­ gewöhnlichen Umfanges sowie vor Umweltschäden, -gefährdungen und -belastungen durch die richtige Standortwahl von Einrichtungen und durch Schutzmaßnahmen; ■■ das Siedlungssystem soll so ent­ wickelt werden, dass die Bevölke­ Grundsätze gemäß ROG 2009: ■■ haushälterische und nachhaltige Nutzung von Grund und Boden (sparsamer Umgang mit Bauland); ■■ Vermeidung von Zersiedelung und ■■ Sicherstellung ■■ bestmöglicher der Vielfalt der Freizeit- und Erho­ lungsbedürfnisse der Gäste auch durch die Sicherung geeigneter Flächen entwickelt und konkur­ renzfähig erhalten werden. der Erhaltung einer lebensfähigen bäuerlichen Landund Forstwirtschaft; Vorrang für die Siedlungsentwick­ lung nach innen; ■■ verstärkte ■■ der Tourismus soll unter Berück­ sichtigung der ökologischen Be­ lastbarkeit und der wirtschaftli­ chen Tragfähigkeit des Raums, der Erfordernisse des Landschafts- und Naturschutzes, der vorrangigen Beteiligung der einheimischen Be­ völkerung an der Entwicklung und Berücksichtigung der Umweltbelange bei der Abwägung ökologischer und ökonomischer Ansprüche an den Raum; ■■ Unterstützung des Natur- und Landschaftsschutzes; ■■ aktive Bodenpolitik der Gemeinden. 85 Raumplanung und Anpassung an den Klimawandel 4.2 Evaluierung ausgewählter regionaler und lokaler Planungs­ instrumente Folgende Planungsinstrumente wurden evaluiert: ■■ Hauptauswirkungen ■■ Regionalentwicklungskonzept Folgende Erhebungsmethoden wurden angewendet: Pongau, ■■ Regionalprogramm und Einfluss des Instruments. „Unteres Saa­ lachtal”, Pinzgau–Pongau und VertreterIn­ nen der Landesverwaltung sowie interessierter NGOs; ■■ Workshop mit den Bürgermeis­ terInnen der Modellgemeinden und deren OrtsplanerInnen; ■■ Interviews mit regionalen AkteurIn­ ■■ Raumentwicklungskonzepte der Gemeinden Eben i. Pongau, Gold­ egg, Kaprun und Zell a. See (REK). Folgende Kriterien wurden in der Evaluierung berücksichtigt: ■■ Relevanz des Instruments (inkl. Verbindlichkeit und Flexibilität), ■■ Kohärenz des Instruments mit Geset­ zen und übergeordneten Vorgaben, nen und EntscheidungsträgerInnen (Geschäftsführer Regionalmanage­ ment, Obleute und Geschäftsführer Regionalverbände, Bezirkshaupt­ leute, Bürgermeister und Ortspla­ ner der Modellgemeinden); ■■ Workshops mit regionalen Ak­ teurInnen und Entscheidungs­ trägerInnen (u. a. mit der Arbeits­ gruppe Naturgefahren Pinzgau); ■■ Workshop mit den MitarbeiterIn­ nen der örtlichen und überörtlichen Raumplanung in der Landesverwal­ tung (Abteilung 7, Raumplanung); ■■ Literaturanalyse. Die Ergebnisse der Evaluierung sind in Tabelle 14 zusammengefasst: ■■ zwei Workshops mit VertreterIn­ nen der Gemeinden der Region Tab. 14: Ergebnis der Evaluierung der Planungsinstrumente Relevanz des Instrumentes (inkl. Verbindlichkeitscharakter und Anpassungsfähigkeit) Regionales Entwicklungskonzept Pongau Instrument 86 Stärken Schwächen Das RegEK wurde unter intensiver Einbindung der regionalen Bevölkerung erstellt und behandelt jene Themen, die der Region ein besonderes Anliegen sind. Die Umsetzung des Programms beruht auf freiwilliger Basis – Selbstbindung in der Region. Die Umsetzungs­ richtlinie berücksichtigt nur Widmungskategorien ab einer bestimmten Größe und Kategorie � umfasst nicht alle regional relevanten Widmungen in den Ge­ meinden. Die Daten sind aktuell und berücksichtigen auch neue Studien, z. B. zur Schneesicherheit bei Skigebieten. Klimawandel wird insbesondere im Zusammenhang mit Tourismus thematisiert – Qualitätsstrategien für den naturraumbetonten Tourismus bzw. für den in­ frastrukturbetonten Tourismus wurden formuliert. Klar formulierte Qualitätsstandards für die Entwick­ lung der Siedlungsstruktur im Zusammenhang mit Mobilität – jedoch breite Ausnahmeregelungen (z. B. für gewachsene Streusiedlungsstrukturen). Ziele sind teilweise zu allgemein formuliert und bein­ halten keinen konkreten räumlichen Bezug (Entwick­ lungskonzept als Vorstufe für ein Regionalprogramm). Bewusstsein für die Notwendigkeit von zukunftsori­ entierten Anpassungsstrategien bei lokalen Entschei­ dungsträgerInnen noch nicht sehr ausgeprägt. Angst vor Restriktionen vor allem für die Tourismuswirt­ schaft überwiegt den Willen zur Steuerung der Ent­ wicklung. Raumplanung und Anpassung an den Klimawandel Räumliches Entwicklungs­ konzept Zell am See Räumliches Entwick­ lungs-konzept Kaprun Räumliches Entwicklungs­konzept Goldegg Räumliches Entwicklungs­konzept Eben im Pongau Regionalprogramm Unteres Saalachtal Verbindlichkeit des Programms. Umfassende Strukturanalyse. Gefährdete Bereiche wurden textlich angeführt (Hochwasserüberflutungsbereiche, Einzugsbereiche von Wildbächen und Lawinen), jedoch nicht verortet, bzw. es wurde kein Konnex zu möglichen Verände­ rungen hergestellt. Verbindliche Maßnahmen und konkret festgelegte Bereiche zur Vermeidung der Gefahr von Hochwas­ sern (Retentionsräume). Grundsätzliche Möglichkeiten, im REK Ziele und Maßnahmen festzulegen, sind im Zuge der „guten Raumplanung“ auch für Themen im Zusammenhang mit dem Klimawandel möglich. Verfahren zur Erstellung des REK bietet gute Mög­ lichkeiten, Experten-Know-how abzufragen und als Grundlage zu berücksichtigen. Verpflichtung zur Öffentlichkeitsarbeit bietet Mög­ lichkeit zur Sensibilisierung auch für Themen des Klimawandels – v. a. im Zusammenhang mit der Not­ wendigkeit, die Siedlungsentwicklung zu steuern bzw. zu konzentrieren. Kaum relevante Aussagen in Bezug auf den Klima­ wandel. Daten veraltet � Aktualisierung der Daten mit Fokus auf für die Anpassung an den Klimawandel relevante Daten erforderlich. Keine planerische Darstellung der Gefahrenzonen bzw. Gefährdungsbereiche, jedoch Festlegung von Retentionsräumen. Daten für Risikoabschätzung zu alt und zu wenig de­ tailliert. Naturgefahren werden nur oberflächlich thematisiert (Wald, Wildbäche, Hangrutschungen). Ziele und Maßnahmen eher statisch. Als mögliche Auswirkungen des Klimawandels wird nur auf das Thema Naturgefahren eingegangen. Daten veraltet (Risikoabschätzung und Abschätzung der Vulnerabilität schwierig). Keine Gefahrenzonenpläne in der planerischen Dar­ stellung � Gesamtsicht schwierig. Gefährdung durch Muren und Hochwasser wird als gering eingestuft und deshalb nur oberflächlich be­ handelt. vgl. REK Goldegg und Eben zusätzlich: Das Thema Naturgefahren wird sowohl im Text als auch im planerischen Teil ausführlich behandelt (Gefahrenzonen Wildbach [gelb, rot, blau], HQ30, Maßnahmen [Wald] zum Schutz vor Lawinen und Muren). Keine aktuellen Daten (Risikoabschätzung und Ab­ schätzung der Vulnerabilität schwierig). Ausweisung von Entwicklungsbereichen in Gefahren­ zonen, da Rückwidmungen nur schwer durchsetzbar. Anpassung an den Klimawandel und Vermeidung von Umweltauswirkungen spielen bei den Zielsetzungen der Gemeinde eine untergeordnete Rolle. vgl. REK Goldegg und Eben zusätzlich: Aktualität der Daten. Detaillierte Informationen zum Thema Klima, Geolo­ gie, Luft, Naturgefahren in der Strukturanalyse. Nachhaltige Entwicklung (z. B. Vermeidung von Um­ weltauswirkungen) ist als Ziel definiert. Druck der Bevölkerung auf verfügbares Bauland, das jedoch nicht nur auf den dafür geeignetsten Standor­ ten gegeben ist. Anliegen und Notwendigkeiten einer vorausschauen­ den Planung von gemeindeübergreifenden Reten­ tionsräumen politisch nur schwer vermittelbar bzw. durchsetzbar. Klimawandel wird indirekt thematisiert. Instrument Stärken Schwächen Regionales Entwicklungs­ konzept Pongau Kohärenz des Instrumentes Vorgaben zur Orientierung der Siedlungsentwicklung an den Achsen des Verkehrs (vgl. LEP) sowie Vor­ überlegungen zur Steuerung der Ansiedlung von Feri­ endörfern und Beherbergungsgroßbetrieben wurden im RegEK aufgegriffen und weiter konkretisiert. Qualitätsstrategien ohne räumliche Konkretisierung ermöglichen breiten Argumentationsspielraum, wa­ rum von diesen abgewichen wird. 87 Räumliche Ent­ wicklungs-kon­ zepte Goldegg, Kaprun, Zell Räumliches Entwicklungs­ konzept Eben im Pongau Regionalpro­ gramm Unteres Saalachtal Raumplanung und Anpassung an den Klimawandel Grundsätzlich Orientierung an den Zielen und Grund­ sätzen des ROG sowie am LEP. Definierte Standortkriterien für die Neuausweisung von Bauland von Gemeinde festgelegt � naturräumli­ che Eignung steht dabei an oberster Stelle. Sehr konkrete Maßnahmen für einzelne Ortsteile, die auch auf die bestehenden Gefahrensituationen (z. B. Überflutungsbereiche bei geplantem Gewerbestand­ ort Ennsbogen) eingehen. Da im ROG bzw. im LEP keine konkreten Vorgaben mit direktem Bezug zur Berücksichtigung des Klima­ wandels bzw. möglicher Folgen zum Zeitpunkt der Erstellung gegeben waren, wurden dazu auch kaum konkrete Maßnahmen gesetzt. Da im ROG bzw. im LEP keine konkreten Vorgaben mit direktem Bezug zur Berücksichtigung des Klima­ wandel bzw. möglicher Folgen zum Zeitpunkt der Erstellung gegeben waren, wurden dazu auch kaum konkrete Maßnahmen gesetzt. Aussagen beziehen sich vorwiegend auf Siedlungs­ raum. Bauverbotsbereiche und Baubeschränkungen sind im Siedlungsleitbild planerisch erfasst. Grundsätzlich Orientierung an den Zielen und Grund­ sätzen des ROG sowie am LEP. Hauptauswirkungen und Einfluss Regionales Entwick­ lungsprogramm Unteres Saalachtal Regionales Ent­ wicklungskon­ zept Pongau Instrument Stärken Schwächen Regionaler Konsens über langfristige Entwicklungen sowie Qualitätsstrategien zu Naturraum, Raument­ wicklung und Mobilität sowie Kooperationen. Bisher keine Bereitschaft zur Festlegung konkreter Maßnahmen und verbindlicher „Beschränkungen“ auf Regionsebene. Verbindliche Vorgaben für örtliche Raumplanung. Aktualität der Daten � Aktualisierung und Erweite­ rung der Datengrundlagen erforderlich; Aktualisierung der Gefahrenzonenpläne und des Waldentwicklungsplanes erforderlich. Da derzeit noch keine Kriterien bzw. Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel in den Instrumenten festgelegt wur­ den, die über die Umsetzung der Ziele und Grundsätze der Raumplanung hinausgehen, können auch keine direkten Einflüs­ se bzw. Auswirkungen festgehalten werden. Grundsätzlich gelten daher die Auswirkungen und Einflüsse „guter Raumpla­ nung“ im Sinne von kompakten Siedlungen und Infrastruktureinrichtungen an dafür geeigneten Standorten. Die Eignungskriterien, z. B: Lage außerhalb von Naturgefahren, keine negativen Entwicklungen aufgrund ungünstiger Expo­ sition (z. B: bei Skipisten) sowie gute Erreichbarkeit und Versorgung tragen indirekt zu einer Anpassung an den Klimawandel bei, wurden hier aber nicht im Detail für die einzelnen Standorte evaluiert. 4.3 Zusammenfassung der Erkenntnisse ■■ Großteils wurden veraltete Da­ tengrundlagen für die Struktur­ untersuchung verwendet. Trends und Szenarien sind – ausgenom­ 88 men solche zur Entwicklung der Bevölkerung, der Haushalte sowie des Flächenbedarfs für Wohnbau­ land und Gewerbegebiete – nicht dargestellt, jedoch auch nicht als Grundlage verfügbar. Raumplanung und Anpassung an den Klimawandel ■■ Neuere Planungen (Regiona­ les Entwicklungskonzept Pongau, Räumliches Entwicklungskonzept Zell am See) gehen eher auf Erfor­ dernisse zur Anpassung an den Kli­ mawandel bzw. auf die Verringe­ rung der Folgeerscheinungen des Klimawandels ein. Dies betrifft vor allem die Berücksichtigung von Hochwasserabfluss­gebieten sowie Gefahrenzonen der WLV. liche Vorgabe für die Ausweisung von Bauland sowie die Entwick­ lung der Gemeinde darstellt. Die Pläne und Programme sind grundsätzlich fit betreffend die Möglichkeit, auf Folgen des Klima­ wandels zu reagieren, da sie einen umfassenden Handlungsspielraum bieten. Aber: ■■ sie ■■ Das Bewusstsein für die Notwen­ digkeit von Anpassungsstrategi­ en ist bei Planern und Gemein­ den noch eher gering ausgeprägt und wird auch sehr kontrovers gesehen. Die Sicherstellung von verfügbarem Bauland für die Be­ völkerung und die wirtschaftliche Entwicklung sind vorrangige Ziele der räumlichen Entwicklung; diese orientiert sich maßgeblich an den bereits bestehenden Strukturen sowie an den Bedürfnissen der Be­ völkerung und Wirtschaft. ■■ Eine Ausnahme stellt der Schutz vor Naturgefahren dar, der in allen Instrumenten, allerdings in unter­ schiedlichem Detaillierungsgrad, behandelt wird und eine maßgeb­ werden derzeit auf Basis von eher statischen Grundlagen erstellt (z. B.: Gefahrenzonenpläne); ■■ die Zusammenhänge zwischen den Möglichkeiten „guter Raum­ planung“, um bei der Umsetzung der Ziele auf die Folgen des Kli­ mawandels zu reagieren, werden noch nicht erkannt bzw. sehr se­ lektiv gehandhabt; ■■ die Möglichkeiten zur Steuerung der Entwicklung werden nicht zur Gänze ausgeschöpft und stehen unter starkem regional- bzw. kom­ munalpolitischem Druck; ■■ der Mut zur Selbstbeschränkung bzw. Steuerung in den Gemeinden ist nicht sehr hoch; ■■ vor allem in den alpinen Gemeinden und Gebieten mit hohem Anteil des Wintertourismus an der regionalen Wertschöpfung sind die Folgen des Klimawandels zwar Thema, werden aber eher mit Risiken bei Investiti­ onen sowie Haftungsansprüchen als mit der Notwendigkeit einer vo­ rausschauenden Planung in Verbin­ dung gebracht; ■■ die evaluierten Pläne und Pro­ gramme auf örtlicher Ebene haben einen klaren und starken Fokus auf dem Siedlungsraum. Eine voraus­ schauende Planung zur Freiraum­ nutzung ist nicht enthalten, wurde aber auch seitens des Landes nicht in vergleichbarem Umfang gefor­ dert; ■■ direkte Bezüge zu Folgen des Kli­ mawandels können nur aus der Umsetzung der Gefahrenzonen­ planung sowie der Ausweisung von Hochwasseranschlaglinien gezogen werden. Hier besteht ein hohes Problembewusstsein und, basierend auf den Vorgaben des ROG, auch ein hohes Planungsbe­ wusstsein. 4.4 Empfehlungen für eine flexible, an Klimaveränderungen angepasste Raumplanung in der Region Die Vorschläge zur Verbesserung der Klimawandel-Fitness der Salzburger Raumplanung können im Wesentli­ chen in drei Bereiche untergliedert wer­ den: Bewusstseinsbildung und Infor­ mation, Aufbereitung von Daten und Grundlagen und Anpassung bestehen­ der Planungsinstrumente (nach Prinz et al. 2010 und Dollinger 2010, S. 22ff). Bewusstseinsbildung und Information ■■ Maßnahmen zur Bewusstseins­ bildung auf grundsätzlicher Ebe­ ne und speziell zum Klimawandel sollten forciert werden, um den Nutzen und die Chancen einer „guten“ und vorausschauenden Planung, die auf konkreten räumli­ chen Zielen und Festlegungen ba­ siert, zu kommunizieren. ■■ Anpassungs- und Klimaschutzstra­ tegien sollten mit ökonomischer Steuerung (Förderpolitik) gekop­ pelt werden. die breite Öffentlichkeit soll­ ten sachliche Informationen zum Klimawandel aufbereitet werden, z. B. Einrichtung einer auf dem Internet basierten Informations­ plattform zu Klimawandel und An­ passung (das bestehende SAGISOnline könnte dafür die technische Plattform sein). ■■ „Good practice“-Beispiele für kli­ marobuste Planung sollten verfüg­ bar gemacht werden. Aufbereitung von Daten und Grundlagen ■■ Für ■■ Für Gemeinden und Ortsplaner sollten aktuelle Datengrundlagen (z. B. rationalisierte Klimaszenarien, Veränderung Niederschlag, Tem­ 89 Raumplanung und Anpassung an den Klimawandel peratur, Schneegrenze, Besonnung und Exposition, Gefährdungsberei­ che außerhalb des Dauersiedlungs­ raums) z. B. auf SAGIS-Online ver­ fügbar sein sowie Gefährdungs-, Verwundbarkeits- und Klimarisiko­ gebiete für das gesamte Bundes­ land identifiziert werden; ■■ Übersetzung von Klimaszenarien in räumliche Auswirkungen und Durchführung von Klimafolgenab­ schätzungen; ■■ durch eine flexiblere Gefahrenzonen­ planung und durch eine Sicherung des Wasserrückhalts in der Fläche (z. B. in Form von gemeindeübergreifenden Retentionsflächen) wäre eine bes­ sere Berücksichtigung von Extrem­ ereignissen in der Planung möglich; ■■ die Methoden zur Ausweisung von Gefahrenzonen und Hochwasser­ anschlaglinien zwischen WLV und Bundeswasserbauverwaltung soll­ ten harmonisiert werden; ■■ da in Salzburg Regionale Planungs­ verbände vor Ort auch über gewisse operative Strukturen verfügen, gilt es, dieses „Vermittlungspotenzial“ künftig verstärkt zu nutzen und die Raumplanung als eine Kernaufgabe des Regionalverbandes gem. ROG stärker zu positionieren; ■■ Weiterführung der Längen- und Massenbilanzmessungen der Glet­ scher in Kooperation mit dem Ös­ terreichischen Alpenverein, damit diese Änderungen als Indikatoren des Klimawandels weiter doku­ mentiert werden können. Anpassung bestehender Planungsinstrumente ■■ Planerische Vorgaben, z. B. in Form eines Sachprogramms mit Auswei­ sung von langfristigen Retentions­ räumen, Gefährdungsbereichen, Ausschlussgebieten für bestimmte Nutzungen (z. B. Rohstoffabbau, Skigebietserschließung); ■■ da mit dem ROG 2009 das REK neu positioniert wurde und künftig auch einer SUP unterzogen werden muss, ist es grundsätzlich möglich, The­ men des Klimawandels zu behan­ deln, bzw. kann dies auch seitens des Landes eingefordert werden; ■■ hilfreich ist dazu, aufbauend auf ei­ ner (Relevanz-)Matrix der Schutz­ güter (Wirkungen bzw. Wechselwir­ kungen der Schutzgüter) konkrete Fragen zu formulieren, die eine Be­ rücksichtigung des Klimawandels si­ cherstellen. Diese Fragen sollten je­ doch sowohl Anpassungs- als auch Vermeidungsstrategien betreffend den Klimawandel berücksichtigen; ■■ die Raumplanung sollte zum bes­ seren Umgang mit Unsicherheiten flexibler und prozessorientierter gestaltet werden; ■■ Festlegung von „sensiblen Ge­ bieten“, die einen gewissen Prü­ fumfang im Zusammenhang mit Projekten vorgeben. So wird die Entscheidung, ob ein bestimm­ tes Projekt sinnvoll und möglich ist, auf jenen Zeitpunkt verlegt, wo bereits detailliertere Informa­ tionen zum Projekt bekannt sind, im Sinne einer vorausschauenden Planung aber bereits frühzeitig auf mögliche Wirkungen bzw. Risiken durch die Festlegung „sensibel“ im REK hingewiesen; ■■ Integration von Klimaanpassung in die SUP und UVP („climate proo­ fing“) von Planungen und Projekt­ vorhaben: neben Wirkungen des Vorhabens auf das Schutzgut Kli­ ma sollten umgekehrt auch mögli­ che Klimafolgenrisiken für Vorhaben geprüft werden – vorausgesetzt, es liegen entsprechend stabile und ge­ sicherte Grundlagendaten dazu vor; ■■ die Potenziale des Bebauungsplans sollten zur Risikominimierung stär­ ker ausgeschöpft werden. Der Be­ bauungsplan sollte auch gezielt zur Ausschöpfung von Energieef­ fizienzsteigerungspotenzialen ver­ wendet werden; ■■ bautechnische ■■ Kenntlichmachung von Unsi­ cherheitsspannen (mögliche Schwankungsbreite zukünfti­ ger Naturgefahrener­ eignisse) in Raumplänen zur Förderung der individuellen Risikovorsorge, z. B. in Form von klimasensitiven Ge­ bieten und Nutzungen, Vulnerabi­ litäts-„Hotspots“; Anpassungsmaß­ nahmen sollten ins Baurecht übernommen werden. Die Bun­ deswasserbauverwaltung sollte harmonisiert werden. 4.5 „Best Practice“-Beispiele Publikationen und Fach­information Ein sachlicher Austausch findet im Land Salzburg bisher derzeit vor al­ 90 lem auf Ebene der Fachexperten statt. Maßgeblich sind dabei die Publikatio­ nen des Salzburger Instituts für Raum­ planung (vgl. Köck 2010: Band 34 der „SIR-Mitteilungen und Berichte“ zum Thema „Klimawandel und Raument­ wicklung“; und Haider 2010: SIR-Info „Klimawandel“). Beide Publikationen können zur Sensibilisierung vor allem auch der OrtsplanerInnen beitragen. Raumplanung und Anpassung an den Klimawandel Mit der Darstellung der Ergebnisse des Alpenraumprojekts CLISP im Raumord­ nungsbericht 2010 und in dieser Veröf­ fentlichung soll auch eine breitere Öf­ fentlichkeit angesprochen werden. Bewusstseinsbildung in den Gemeinden Vor rund 40 Jahren wurden in der Ge­ meinde Altenmarkt im Pongau auf­ wendige Gewässerregulierungen, die vor allem für die Entwässerung des Talbodens und die Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktivität vor­ genommen wurden, abgeschlossen. Im Zuge einer aktuellen Überarbeitung der Gefahrenzonenplanung wurde jedoch festgestellt, dass ab ca. 20-jährlichen Hochwasserereignissen mit massiven Überflutungen großer Teile des Orts­ gebietes zu rechnen ist. Dies führte zu gravierenden Einschränkungen der zu­ künftigen Flächenwidmung und der Bebauungsmöglichkeiten in der Ge­ meinde, damit verbunden zu heftigen Diskussionen in der Bevölkerung. Von einigen GemeindebürgerInnen wurde diese Planung zunächst als Panikma­ che abgetan. Eine intensive Bewusst­ seinsbildungsarbeit in der Gemeinde wurde erforderlich. Um der Bevölke­ rung die Höhe möglicher Überflutun­ gen begreiflich zu machen, wurden daher an mehreren frequentierten Punkten im Ortsbereich gut sichtba­ re Pflöcke eingeschlagen, die mit den Anschlagslinien von 30- und 100-jähr­ lichen Hochwassern markiert wurden. Die Akzeptanz und die Planung neuer Hochwasserschutz-maßnahmen konn­ te dadurch bestens unterstützt werden, die Umsetzung der Baumaßnahmen ist für 2012/2013 geplant. Abb. 29: Illustrierung der Auswirkungen eines Hochwassers Quelle: T. Prodinger, Land Salzburg, Fachabteilung Wasserwirtschaft 91 Raumplanung und Anpassung an den Klimawandel 4.6 Risikokommunikation Die spezifischen Ziele des inten­ siven Austauschs im Rahmen von CLISP mit InteressenvertreterInnen, PlanerInnen, ExpertInnen, Politiker­ Innen, EntscheidungsträgerInnen und Vertre­terInnen von NGOs in der Re­ gion lassen sich wie folgt zusammen­ fassen: Insgesamt wurden folgende Perso­ nen/Institutionen im Rahmen von CLISP über Information, Konsultati­ on oder Kooperation in den Kommu­ nikationsprozess eingebunden: Gemeinden der Modellregi­ on Pinzgau–Pongau: Bürgermeis­ terInnen und Gemeindeverwal­ tungen; BürgermeisterInnen und Gemeindeverwaltungen von vier Modellgemeinden; Ortsplaner der Gemeinden Eben, Goldegg, Zell am See, Kaprun; regionale Anliegen, Themen und Befürchtungen lernen (Inter­ view Phase 1, Workshop Arbeits­ gruppe Naturgefahren, Pinzgau); ■■ Information der Raumplanungs­ instrumente und Diskussion des Handlungsbedarfs sowie der Op­ tionen zur Verbesserung der Ins­ trumente auf lokaler und regi­ onaler Ebene (Think Tank mit ausgewählten Gemeinden, Think Tank mit dem Planungsteam des Amts der Salzburger Landesregie­ rung, Interviews Phase 2); und Diskussion von Anpassungsstrategien auf regio­ naler Ebene (Think Tank mit dem Planungs­team des Amts der Salz­ burger Landesregierung); der CLISP-Projekter­ gebnisse für die Region und Dis­ kussion, wie diese in die Planungs­ instrumente des Landes integriert werden können (Klimagipfel). ■■ Österreichischer Alpenverein Pinz­ gau und Pongau; ■■ Leopold-Kohr-Akademie/Verein Tauriska; ■■ Sprecher Pongau; Be­ zirkshauptfrau Pinzgau; Be­ zirkshauptmannschaft Pinzgau Gewerbe und Bau; Bezirkshaupt­ mannschaft Pinzgau Katastro­ phenreferent; Hotellerie Pinzgau; ■■ Bezirkshauptmann ■■ Evaluierung ■■ Erkundung Salzburg – Raumplanung, Umweltschutz, Naturschutz, Tou­ rismus, Geologischer Dienst, Wasserwirt ­schaft, Lawinenwarn­ dienst, Energie, Agrarwirtschaft, Baurecht, Forstwirtschaft, Gewer­ bewesen, Finanzangelegenheiten; ■■ 53 ■■ über über die Prozesse des CLISP-Projekts vermitteln (Risiko­ dialog); ■■ Land ■■ Sprecher Seilbahnwirtschaft Pinzgau; ■■ SalzburgerLand Tourismus (Saa­ lachtal); SalzburgerLand Touris­ mus (Pongau Nord/Ost); Salzbur­ gerLand Tourismus Pongau Süd; Ferienregion Nationalpark Hohe Tauern; ■■ Österreichische Bundesforste Pinz­ gau; ■■ Bergrettung Pinzgau und Pongau; Pinzgauer und Salzburger Jäger­ schaft; Alpinpolizei Pinzgau; ■■ Wildbachverbauung Pinzgau und ■■ Bezirksbauernkammer Pinzgau und Bezirksbauernkammer Pon­ gau; ■■ Landesumweltanwaltschaft; Pongau; ■■ Regionalverband National­ parkregion Hohe Tauern und Saa­ lachtal; Salzburg Stadt und Umgebungsgemeinden; ■■ LEADER-Management ■■ Klimabündnis Salzburg; ■■ Präsentation ■■ Regionalmanagement Pinzgau; Regionalmanagement + LEADERManagement Pongau; ■■ Großglockner Hochalpenstraße AG. Im Rahmen von CLISP fanden folgen­ de Workshops statt (vgl. Tab. 15): Tab. 15: Aktivitäten und Workshops in der Modellregion Pinzgau–Pongau 92 Datum Ort Zielsetzung Anzahl Teilnehmer 26. 01.2010 Zell am See Workshop mit der Arbeitsgruppe Naturgefahren, Pinzgau 13 2009–April 2010 Zell am See St. Johann, Pongau Erste Interviewphase 4 Raumplanung und Anpassung an den Klimawandel Datum Ort Zielsetzung Anzahl Teilnehmer 13.04.2010 Goldegg Risiko-Dialog-Workshop 26 29.06.2010 Goldegg Think Tank mit ausgewählten Gemeinden 8 27.09.2010 Salzburg Think Tank mit Experten des Landes 7 Aug.–Sept 2010 Zell am See St. Johann, Pongau Zweite Interviewphase 6 12.10.2010 Goldegg Klimagipfel 24 Die Erfahrungen aus dem Risiko-Kommunikationsprozess lassen sich wie folgt zusam­ menfassen: ■■ Das Bewusstsein für Folgen des Klimawandels ist noch nicht sehr stark ausgeprägt und betrifft vor allem Vermeidungsstrategien, wie die Reduktion des CO2-Ausstoßes. ■■ Der einzige Grundsatz der Raum­ planung, der in direkte Verbindung mit dem Klimawandel gebracht wird, ist die Konzentration der Sied­ lungsentwicklung an den Achsen des Öffentlichen Verkehrs. Selbst dieser Grundsatz ist aus Sicht der Gemeinden vor allem in inneralpi­ nen Regionen aufgrund der beste­ henden gewachsenen Siedlungs­ strukturen nur schwer umsetzbar. Handlungsoptionen werden nicht in der Steuerung der Siedlungsent­ wicklung, sondern in der Verbesse­ rung des ÖV-Angebotes gesehen. ■■ Die Folgen des Klimawandels wer­ den als Teil des täglichen Lebens und der stetigen Veränderungen im alpinen Raum betrachtet und bewertet. Auf sich ändernde Rah­ menbedingungen der Natur zu re­ agieren, ist Teil alpinen Lebens. ■■ Stärkere Sensibilität besteht in Bezug auf die Folgen der Risi­ koeinschätzung und ihrer wirt­ schaftlichen Auswirkungen. So ist es derzeit eher eine finanzi­ elle Frage im Skitourismus, auf Schwankungen bzw. Verände­ rungen der Niederschlags- und Temperaturverhältnisse zu reagie­ ren. Die regionale Wertschöp­ fung hängt künftig noch stärker von der Investitionsbereitschaft der Seilbahnunternehmen, z. B. in Beschneiungsanlagen und Quali­ tätsverbesserungen, ab als bisher. ■■ Stärker als bisher stehen auch Fragen der persönlichen Haftung (z. B. bei Baugenehmigungen in von Naturgefahren beeinflussten Gebieten) im Vordergrund; die­ se treten hinter die Möglichkeiten der Gemeindeautonomie im Sinne einer vorausschauenden Planung und Entwicklung zurück. Wunsch nach flexiblen und dynamischen Planungsinstrumen­ ten, um rasch auf sich abzeichnen­ de Veränderungen bzw. neue Da­ tengrundlagen und verbessertes Wissen reagieren zu können, steht im Spannungsverhältnis zu kon­ kreten räumlichen Zielen, die ein­ deutige Entscheidungen erfordern. zu bestehen derzeit in Salzburg gute Chancen, da mit dem neuen REK neue Anforderungen an die Planung definiert werden können und diese auch stärker im Rahmen der strategischen Umweltprüfung (SUP) eingefordert werden kön­ nen. ■■ Um die Anforderungen an die Pla­ nung im Kontext des Klimawandels künftig besser ins Blickfeld der Ak­ teure rücken zu können, müssen gleichzeitig sowohl mögliche An­ passungs- als auch Vermeidungs­ strategien kommuniziert werden, und das entsprechende Bewusst­ sein für die bereits stattfindende Veränderung – die sehr selektiv wahrgenommen wird – muss ge­ stärkt werden; ■■ Der ■■ dabei gilt es, die Grundsätze einer „guten Raumplanung“ und die damit bereits bestehenden Mög­ lichkeiten für Anpassungsstrate­ gien als erste Anknüpfungspunkte besser zu kommunizieren. ■■ Konkrete Veränderungen und die stärkere Verankerung von Anpas­ sungsstrategien in der „täglichen“ Raumplanung sind nur dann mög­ lich, wenn klare Vorgaben seitens des Landes (z. B. Sachprogramm) für alle kommen und das Bewusst­ sein auf Ebene der Entscheidungs­ träger vor Ort gestärkt wird. Da­ 93 Raumplanung und Anpassung an den Klimawandel Abb. 30: Arbeitsgruppen bei den CLISP-Veranstaltungen in Goldegg Erstellung von Risikoprofilen wäh­ rend des Risiko-Dialog-Work­ shops am 13. April 2010. Präsentation und Diskussion der regionalen Ergebnisse während des Klimagipfels am 12. Oktober 2010 in der Gemeinde Goldegg. Quelle: Terra Cognita, aufgenommen am 13. April und 12. Oktober 2010 94 Eine Kontroverse zum Klimawandel III. Informationsanhang 1. Eine Kontroverse zum Klimawandel Die „Salzburger Nachrichten” über­ raschten im Sommer 2010 mit einer Kontroverse zwischen den beiden Journalisten Andreas Unterberger und Katharina Krawagna-Pfeifer über den Klimawandel, die stellvertretend für die Kontroversen zwischen den Klimaforschern und den sogenann­ ten Klimaskeptikern 14 herangezogen werden kann. Abb. 31: Verkleinerte Wiedergabe der Kontroverse vom 23. Juli 2010 Quelle: Salzburger Nachrichten vom 23. Juli 2010 Auf der Internetseite zur Kontroverse wurde eine Abstimmung veröffent­ licht. Insgesamt haben sich an dieser Abstimmung 1.112 Personen beteiligt, von denen 641 Personen der Kernaus­ sage von Andreas Unterberger: „Erwärmung wäre ein Segen“, zustimm­ ten, während nur 444 Personen die Ansicht von Frau Katharina KrawagnaPfeifer: „Es kann nicht genug getan werden“, teilten. 27 Personen stimm­ ten keinem von beiden zu. 14 Vgl. insbesondere http://www.klimaskeptiker.info/. Das deutsche Umweltbundesamt hat in einer leicht zugänglichen Broschüre die Argumente der Klimaskep­ tiker einer fachlichen Analyse unterzogen, vgl. Umweltbundesamt Berlin (2004) und http://www.umweltbundesamt.de. Mit den Argumenten der Klimaskeptiker befasst sich auch Stefan Rahmstorf auf seiner Homepage http://www.pik-potsdam.de/~stefan/. Besonders sei auf seine Antwort auf Ausführungen des Klima­ skeptikers Almo von Alvensleben verwiesen (Rahmstorf 2004). 95 Eine Kontroverse zum Klimawandel Die online veröffentlichten Diskussi­ onsbeiträge zur Kontroverse zeigen sehr deutlich auf, dass genau die be­ schwichtigenden Argumente der Kli­ maskeptiker großen politischen Scha­ den herbeiführen können: Wenn aus fachlicher Sicht nicht geklärt ist, ob es wärmer oder kälter wird, dann braucht man sich als verantwortlicher Politiker auch nicht mit unbequemen Entschei­ dungen zu befassen, und schon wie­ der können notwendige Handlungen auf die lange Bank geschoben werden. Unterberger gibt in seinem Beitrag einschlägig bekannte Argumente der „Klimaskeptiker“ zum Besten, die sich einzeln widerlegen lassen. Das Prob­ lematische in der Argumentation ist, dass korrekte Feststellungen und Fak­ ten aus dem Zusammenhang gerissen und, miteinander kombiniert, so dar­ gestellt werden, dass eine die Wahr­ heit verzerrende Aussage entsteht. So stimmt es zwar, dass Südamerika 2010/11 einen sehr kalten Winter er­ lebte, dies war aber ein Einzelereignis – genauso wie der Hitzesommer 2003 und der strenge und schneereiche Winter 2005/06 in Europa. So wird es auch unter einem wärmeren Klimare­ gime kalte Winter geben und umge­ kehrt. Dies lässt sich aus der Klimage­ schichte auch empirisch belegen: So hat beispielsweise Glaser (2001) in seinem umfassenden Werk über die Klimageschichte Mitteleuropas her­ vorragend dargestellt, dass sowohl in der hochmittelalterlichen Wärmeperi­ ode (ca. 1200 bis 1350 n. Chr., globa­ le Durchschnittstemperatur etwa 1 bis 2° Ceslius höher als heute) kalte Ein­ zelereignisse vorkamen oder es wäh­ rend der sogenannten „Kleinen Eis­ zeit” Hitzesommer gab (ca. 1500 bis 1800 n. Chr., globale Durchschnitts­ temperatur etwa 1° Ceslius niedriger als heute, vgl. Abb. 32 ). Abb. 32: Temperatur und Niederschlag zwischen den Jahren 1000 und 2000 in Mitteleuropa, bezogen auf die Referenzperiode 1960–1990 Quelle: G laser 2001, S. 181, Abb. 56: Jahresgang von Temperatur und Niederschlag seit dem Jahr 1000 in Mitteleuropa. Die blaue Linie repräsentiert den mit­ telfristigen Verlauf, der aus den jährlichen Angaben über einen 31-jährlichen Filter errechnet wurde. Darüber hinaus ist in der roten Linie die langfristige Entwicklung dargestellt (ebd.). 96 Eine Kontroverse zum Klimawandel Zur Arbeitsweise der Klimaskeptiker Die unzulässige Vorgangsweise kann am Beispiel der folgenden Tatsachen­ behauptung illustriert werden: „Tatsache ist, dass in den letzten zehn Jahren wider aller UNO-Prognosen die weltweiten Temperaturen gesunken sind“ (Kontroverse vom 23. Juli 2010, Abb. 31, 2. Absatz, Her­ vorhebung F. D.). Unterberger be­ zieht sich dabei auf die Darstellung der weltweiten Temperaturen bei der Climatic Research Unit, die bis zum Frühjahr 2010 den globalen Tem­ peraturverlauf zwischen 1850 und 2008 anzeigte. Genau diese Aussa­ ge zeigt aber, dass der Journalist auf eine Manipulation der Klimaskepti­ ker reingefallen ist: Wie die Abb. 33 zeigt, gab es zwischen den beiden Jahren 1998 und 2008 tatsächlich ein Absinken der globalen Mitteltempe­ ratur, nämlich zwischen dem Ausrei­ ßerjahr 1998 (+ 0,55 zur Referenzpe­ riode 1960/90) und dem Normaljahr 2008 (+ 0,23 zur Referenzperiode). Zwischen dem Jahr 1999 und 2009 beträgt das Ausmaß der Erwärmung + 0,44 zur Referenzperiode und zwi­ schen 2000 und 2010 + 0,47 zur Re­ ferenzperiode (vgl. Abb. 34). Es stimmt auch, dass es auf der Er­ de schon viel wärmer und viel käl­ ter war, und dass der Meeresspiegel seit dem Ende der letzten Eiszeit vor 10.000 Jahren um über 100 Meter anstieg. Nicht dazugesagt wird aber, dass die Erwärmung um 5° Celsius und der Anstieg des Meeresspiegels am Ende der Eiszeit den Zeitraum mehrerer tausend Jahre benötigten, was die Ökosysteme, insbesondere die Pflanzengesellschaften, in die La­ ge versetzte, sich daran anzupassen. Auf der Internetseite der Klimaskep­ tiker war bis etwa Ende April 2010 folgende Grafik (anstelle der nun ak­ tuellen Grafik) im Kapitel „Treibhaus­ anhänger versuchten zu manipulie­ ren“ zu finden: Abb. 33: Temperaturverlauf 1850 bis 2008 Quelle: http://www.klimaskeptiker.info, abgefragt im April 2010 Die in dieser Grafik dargestellte Kurve der globalen Durchschnitts­ temperatur war auch bis Ende April 2010 auf der Internetseite der Cli­ mate Research Unit, http://www. cru.uea.ac.uk/cru/info/warming/, zu finden. Die beiden Pfeile und der dazugehörende Text wurden von Dritten ergänzt. Seit Vorliegen des globalen Mittelwerts für 2009 wurde diese Grafik auf der Seite der Klimaskeptiker durch eine ande­ re ersetzt, weil der Wert für 2009 offensich­ t lich nicht mehr passte (siehe Abb. 34). z. B. auch während der Kälteperio­ de des 19. Jahrhunderts im Jahr 1878 (+ 0,03 im Vergleich zur Referenzpe­ riode 1960/90) vorkam. Deutlich zu sehen ist auch, wie pro­ blematisch der Vergleich mit dem Jahr 1998 ist. Es handelt sich ein­ deutig um ein Ausreißerjahr, wie es 97 Eine Kontroverse zum Klimawandel Abb. 34: Temperaturabweichungen 1850 bis 2010, bezogen auf den Mittelwert 1961–1990 Quelle: Jones 2011, Climatic Research Unit, Internet: http://www.cru.uea.ac.uk/cru/info/warming Damit ist aus meiner Sicht die mani­ pulative Arbeitsweise von Klimaskep­ tikern überzeugend dokumentiert. Leider hat auch die Gegenseite mit der sogenannten „Hockeyschläger­ 98 kurve“ einmal verzerrend gearbeitet, da die Erfinder der Hockeyschläger­ kurve das mittelalterliche Wärmeop­ timum ignorierten. Die Hockeyschlä­ gerkurve wird vom IPCC daher auch nicht mehr verwendet (vgl. Behringer 2009, S. 11f). Franz Dollinger die sage von der übergossenen alm 2. Die Sage von der „übergossenen Alm“ Im Hintergrunde des lmlau- und Hölltales erblickt man eine mit ewigem Schnee bedeckte Hochfläche von ein und drei Viertelstunden Länge und drei Viertelstunden Breite; sie bildet die Scheidewand zwischen Werfen und der Pinzgauer Urslau und wird die „übergossene Alm“ genannt. Vor Zeiten standen hier inmitten freundlichem Waldesgrün, umgeben von grasreichen Wiesen, freundliche Sennhütten, in welchen gar schöne und reiche „Dirndln“ als Sennerinnen hausten. Wiewohl von ihren Eltern in Gottesfurcht erzogen, arteten sie hier oben, wo sie sich so ganz allein überlassen waren, aus und verfielen in Sünden aller Art. Sie verübten bald mancherlei Frevel und führten ein wahres Leben der Schande. Den Kühen hingen sie silberne Glocken um den Hals, den Stieren vergoldeten sie die Hörner, ließen den Wein fässerweise aus Salzburg bringen und bewirteten damit lustige Jägerburschen, mit welchen sie den ganzen Tag über tanzten und sangen. Das Beten hatten sie längst vergessen, dagegen taten sie alles, was sündhaft war: pflasterten den Weg zu ihren Hütten mit Käslaiben, füllten die Lücken mit Butter aus, damit der Teufel mit seinen Brüdern etwas zu fressen hätte, wenn sie des Nachts kämen; ein andermal badeten sie sich in Milch oder formten aus Butter Kugeln, mit welchen sie sich scherzend bewarfen, mit einem Worte, Sie würdigten die Gottesgaben auf jede mögliche Weise herab. Abb. 35: Hochkönig-Plateau mit der Übergossenen Alm Quelle: Land Salzburg, Fachreferent 7/02, Befliegung Land Salzburg 1997. Das Bild zeigt das verkarstete Hochplateau des Hochkönigs mit dem Plateaugletscher „Übergossene Alm“ im Vordergrund und im Hintergrund von links nach rechts das Hagengebirge und das Tennengebirge sowie das Dachsteinplateau. Da kam eines Tages ein Wanderer auf die Alpe, der vor Müdigkeit und Erschlaffung kaum noch soviel Kraft hatte, sich bis zur nächsten Alphütte zu schleppen und daselbst um Nachtherberge zu flehen. Statt nun des alten Mannes Bitte zu erfüllen, wiesen sie den Armen mit den Worten ab: „Der Teufel mag dir Herberge geben, wir bedürfen keines so ungebetenen Gastes!“ Nochmals wiederholte jener sein Flehen, doch vergeblich. 99 die sage von der übergossenen alm Jetzt war das Maß der Sünde voll, und den Frevlerinnen hatte das letzte Stündlein geschlagen. Kaum hatte sich der Wanderer entfernt, da wälzte sich’s von den Teufelshör- nern her in dunklem, unheimlichem Gewoge, und ein furchtbarer Sturm erhob sich, dass den Sünderinnen angst und bange wurde. Ihre Lippen versuchten zu beten, aber umsonst. Gottes Strafgericht brach herein. Große Schneemassen stürzten vom Himmel und begruben die Frevlerinnen samt ihren Hütten für ewige Zeiten. Quelle: R. von Freisauff, Salzburger Volkssagen, Bd. 1, Wien/Pest/Leipzig 1880, S. 317f, zit. nach Leander Petzold, Sagen aus Salzburg, München 1993, S. 146. Internet: http://www.sagen.at/texte/sagen/oesterreich/salzburg/pinzgau/uebergossene_alm.html Almwirtschaft während der Bronzezeit Bereits in der frühen Jungsteinzeit (etwa 6500 vor Heute) lassen sich nach Oeggl und Nicolussi (2009, S. 81) erste Siedlungstätigkeiten im zentralen Alpenraum nachweisen. Diese frühe Besiedelungsphase er­ reicht nach diesen beiden Autoren unter überwiegend klimatisch güns­ tigen Bedingungen um 5700 vH ih­ ren Höhepunkt. Danach kommt es zu einem dramatischen Rückgang, der im Zusammenhang mit einer Kli­ maverschlechterung zwischen 5700 und 5200 vH gesehen wird (Rot­ moos-II-Schwankung). Der Mensch dürfte in dieser Zeit also bereits ge­ lernt haben, sich klimatischen Ver­ änderungen anzupassen. So konnte durch M andl (2009) beispielswei­ se nachgewiesen werden, dass die bronzezeitliche Almwirtschaft auf dem Dachsteinplateau trotz einer um ca. 3700 vH beginnenden Kli­ maverschlechterung aufrechter­ halten und erweitert wurde (vgl. Abb. 36). Erklärt wird dies dadurch, dass die Expansion des bronzezeit­ lichen Salzbergbaus vermutlich zu einer starken Zunahme der Bevöl­ kerung und damit zu einem steigen­ den Nahrungsbedarf führte. Erst um 3100 vH nahm die Intensität der Almwirtschaft stark ab und ist nach 3000 vH nicht mehr nachweis­ bar (M andl 2009, S. 101). Weder in der Hallstattzeit (2750 bis 2450 vH) noch in der Kelten-/La-Tène-Zeit (2450 bis 2015 vH) wurde, trotz kli­ matischer Verbesserung, die Alm­ wirtschaft wieder aufgenommen. Nach M andl (2009, S. 102) wäre der aufkommende Salzhandel eine Erklärungsmöglichkeit dafür. 100 Diese Veränderungen aus der Früh­ zeit sind uns möglicherweise in Form von Sagen erhalten geblieben. So ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Sage von der übergossenen Alm auf dem Hochkönig einen Wahr­ heitskern verbirgt und es auf dem Hochplateau des Hochkönigs später aufgegebene Hochalmen gegeben haben könnte. Franz Dollinger Abb. 36: Bewirtschaftete Almen auf dem Dachsteinplateau Quelle: M andl 2009, Abb. 1: Zeittafel mit Almwirtschaft am Dachstein und Klimaentwicklung (verein­ facht nach Patzelt 2006, zit. nach Mandl, ebd., S. 98) „Vulnerability“ im Kontext des Klimawandels 3. „Vulnerability“ im Kontext des Klimawandels – Ein kurzer Überblick über Konzepte und Ansätze Das Konzept der „Vulnerability” (zu Deutsch in etwa Verwundbarkeit oder Vulnerabilität) hat seinen Ur­ sprung in den Sozialwissenschaften bzw. in der Geographie. Es wurde in den 1970er Jahren als eine Ant­ wort auf die rein „Hazard”-orientier­ te Wahrnehmung – also den alleini­ gen Blick auf die Naturgefahr – von Katastrophenrisiken gesehen. Die Diskussion entstand aufgrund eines Umdenkprozesses, welcher den Um­ gang mit Naturgefahren nicht nur auf reiner Infrastrukturebene bzw. auf bautechnischer Ebene sah, son­ dern auch die Belastbarkeit der Men­ schen bzw. einer Gesellschaft sowie die Möglichkeit, negative Auswir­ kungen aufzufangen, mit einbezog. Da es sich bei dem Konzept um einen stark interdisziplinären Ansatz han­ delt, gibt es eine Vielzahl von ver­ schiedenen Modellen und Sichtwei­ sen der Vulnerabilität. Diese reichen von ingenieurwissenschaftlichen bis hin zu soziologischen Ansätzen. Ver­ einfacht kann man zurzeit zwei un­ terschiedliche Wahrnehmungen un­ terscheiden – jene, die im Kontext des Klimawandels angesiedelt sind, und jene im Bereich der „Naturge­ fahren-Risiko”-Bewertung, in dem auch der Ursprung des Vulnerabili­ tätsansatzes liegt. Häufig werden die gleichen Begriffe verwendet, aber sie werden zum Teil sehr unterschiedlich bis widersprüchlich wahrgenommen. Eine genaue Betrachtung und Defi­ nition der Begrifflichkeiten ist daher von besonderer Bedeutung. In der untenstehenden Abb. 37 ist der An­ satz des Projektes CLISP (im Kontext des Klimawandels) einem Beispiel aus der Naturgefahren-Sichtweise gegenübergestellt. Im Bereich der Naturgefahren-Schule ist das Risi­ ko (= potenzielles Schadensereignis) auf Grundlage der Komponenten der Gefährdung 15 und der Vulnerabilität 16 definiert. In diesem Kontext ist also das Risiko die Synthese und Vulnerabilität eine Teilkomponente. Im Kontext des Klimawandels ist die Sichtweise eine andere: hier ist die Vulnerabilität die Synthese. Der Ansatz im Kontext des Klima­ wandels wurde vorwiegend vom IPCC geprägt (IPCC 2001) und im Projekt CLISP angewendet. Abb. 37: Gegenüberstellung von Begriffen und Konzepten nach der Klimawandel- und der Katastrophenrisiko­ management-Sichtweise Hier wird die Vulnerabilität als das Ausmaß verstanden, in welchem ein System vom Klimawandel betroffen und außerstande ist, ungünstige Aus­ wirkungen (durch Klimavariabilität und extreme Ereignisse) zu bewälti­ gen. Die Vulnerabilität ist weiters defi­ niert durch Charakter, Größenordnung und Rate des Klimawandels, welchen das System ausgesetzt ist („Exposu- re”), bzw. werden die Empfindlichkei­ ten einzelner Sektoren („Sensitivity”) des Systems einerseits und ihre An­ passungsfähigkeit („Adaptive Capacity”) andererseits betrachtet. 15 „Hazards“ – charakterisiert durch Häufigkeit und Intensität, z. B. bei Hochwasser HQ100. 16 Prädisposition von Gebieten oder der Gesellschaft welche von Naturgefahren betroffen sind; setzt sich aus physischen (z. B. Gebäudestruktur), ökonomischen (z. B. Unterbrechung Verkehrsverbindungen), sozialen (z. B. Altersstruktur), ökologischen, kulturellen oder institutionellen Dimensionen zusammen. 101 „Vulnerability“ im Kontext des Klimawandels Die „Exposure” ist hier nicht im räum­ lichen Kontext zu sehen (wie im Na­ turgefahren-Kontext; mit z. B. Anzahl der Gebäude in der HQ-100-Zone), sondern beschreibt die Elemente des zu erwartenden Klimawandels (z. B. Erhöhung der Temperatur, Verringe­ rung des Niederschlags im Sommer, geringerer Schneefall im Winter …). Die „Sensitivity” beschreibt demge­ genüber, welche Sektoren von die­ sen Klimaänderungen betroffen sein könnten (z. B. Wintertourismus bei geringerem Schneefall). Hier wurde in CLISP vor allem der Status quo als Grundlage herangezogen. Zusammengefasst ergeben die „Exposure” (zukünftige Änderung von Klimaelementen) und „Sensitivity” (Empfindlichkeiten von Sektoren) die möglichen Auswirkungen („Potential Impacts”). Diese können einer­ seits direkt sein (z. B. abnehmende Schneesicherheit für den Winter­ sport aufgrund geringeren Schnee­ falls), andererseits auch indirekt (z. B. Verringerung des landwirtschaftli­ chen Ertrages aufgrund der geringe­ ren Verfügbarkeit von Wasser wegen erhöhter Verdunstung durch steigen­ de Temperaturen). Diese möglichen Auswirkungen wurden im Rahmen des von der EURAC (Institut für An­ gewandte Fernerkundung der Euro­ päischen Akademie Bozen) entwi­ ckelten Bewertungsschemas je nach Möglichkeit quantitativ und qualita­ tiv bewertet. 102 Eine zweite wichtige Komponente der Vulnerabilität – neben den „Potential Impacts” – stellt die Anpassungs­ fähigkeit („Adaptive Capacity”) des Systems dar (siehe Abb. 37). Darun­ ter wird die Fähigkeit eines Systems verstanden, sich dem Klimawandel anzupassen, eventuelle Schäden aus­ zugleichen, die langfristigen Folgen zu bewältigen oder auch mögliche Vorteile, die der Klimawandel mit sich bringt, zu erkennen. Im Projekt CLISP wurde diesbezüglich der gegenwär­ tige Stand untersucht, da Progno­ sen rein spekulativ wären. Es wurden vorwiegend generische Aspekte, wie der politische, institutionelle, rechtli­ che und finanzielle Rahmen, bewertet und gefragt, inwiefern Anpassungs­ maßnahmen (z. B. Anpassungsstra­ tegien) vorhanden sind (bzw. deren Effektivität bewertet). dieses Thema u. a. in einem Sonder­ bericht des IPCC (Managing the Risks of Extreme Events and Disasters to Advance Climate Change Adaptation – SREX, http://www.ipcc-wg2.gov/ AR5/extremes-sr/) behandelt, wel­ cher im November 2011 vorliegen sollte und eine weitere Harmonisie­ rung der Konzepte erhoffen lässt. Die genannten Komponenten („Adaptive Capacity” und „Potential Impact” mit „Sensitivity” plus „Exposure”) fließen gemeinsam in die Bewertung der Vulnerabilität ein. Der im Projekt CLISP von der EURAC ge­ wählte Bewertungs­ansatz, erlaubt eine rein qualitative Aussage über die Vul­ nerabilität. Dieser sind einzelne quanti­ tative und qualitative Bewertungen der Teilkomponenten zugeordnet. Aufgrund der Vielfalt und zum Teil Widersprüchlichkeit der Begriffe ist es besonders wichtig, beide Aspekte des Begriffs Vulnerabilität zu verste­ hen. Eine weitere Herausforderung liegt darin begründet, die Thematik (egal ob Klimawandel oder Naturge­ fahren) als horizontal über verschie­ dene Zuständigkeitsbereiche verteilt zu sehen (z. B. Raumplanung, Kli­ maschutz, Katastrophenvorsorge, Hydrologie etc.). Deshalb ist es not­ wendig, unter den Beteiligten eine gemeinsame Sprache und Strategie zu entwickeln. Die bereits genannten unterschied­ lichen Sichtweisen und eine mögli­ che Harmonisierung von Ansätzen sind momentan ein notwendiger Forschungsgegenstand. Aktuell wird Ziel eines jeden „Vulnerability-Assessments” sollte sein, Handlungspoten­ ziale und Defizite aufzuzeigen, die es Entscheidungsträgern erlauben sollen, geeignete Maßnahmen zu definieren und setzen zu können. Ein weiteres Ziel ist die Verringerung der möglichen Auswirkungen des Klimawandels (oder auch von Naturgefahren) und die Be­ reitstellung von greifbaren und ver­ ständlichen Informationen in einem komplexen Handlungsfeld. Stefan Kienberger Naturgefahren; global und im Land Salzburg 4. Naturgefahren; global und im Land Salzburg Global gesehen sind die letzten drei Jahrzehnte durch eine Zunahme an Schäden durch Naturkatastrophen gekennzeichnet. Seit 1980 steigt die Anzahl der Naturkatastrophen (vgl. Abb. 38), wobei insbesondere die Zunahme von meteorologischen und hydrologischen Ereignissen auf­ fällt, also von jenen, bei denen eine Verbindung mit einer wärmeren At­ mosphäre physikalisch zu erklären ist (Löw & Wirtz 2011, S. 44). Regio­ nal gesehen sind die Hochwasserer­ eignisse der Jahre 2002 und 2005, der Hitzesommer im Jahr 2003, die Schneemassen des Winters 2005/06, die Winter-Orkane der Jahre 2007 und 2008 sowie der Föhn-Orkan im November 2002 noch in guter Erin­ nerung. Ob jedoch damit schon ei­ ne Verbindung mit dem Klimawan­ del hergestellt werden kann, ist nach derzeitigem Stand des Wissens noch unsicher. Vielmehr scheint die Aus­ dehnung der Siedlungsflächen dafür primäre Ursache zu sein (vgl. Skolaut 2010, S. 101f). Abb. 38: Anzahl der Naturkatastrophen 1980–2010 Quelle: L öw & Wirtz 2011, S. 44. Die Abbildung stellt Daten aus der Datenbank NatCatSERVICE der Münchner Rückversicherung dar, in die alle Elementarereig­ nisse einfließen, die einen Sach- oder Personenschaden verursacht haben. Nach Skolaut (2010, S. 101) ist der so­ wohl bei Wildbächen als auch bei Lawi­ nen feststellbare Trend zur Zunahme von Ereignissen in der stetigen Ausdehnung des besiedelten Raumes begründet. Als Belege dafür werden die vergleichba­ ren Auswirkungen der Hochwasser von 1899 und 2002 in Thalgau herangezo­ gen: Obwohl das Ereignis von 2002 mit einer Niederschlagsmenge von 119,5 mm bei der Station Eugendorf nicht das Ausmaß des Ereignisses von 1899 (168 mm) erreichte, waren die Schäden in et­ wa gleich groß (ebd.). Für das Land Salzburg sind folgende Naturgefahren von wesentlicher Be­ deutung: Wildbachereignissen, Vermurun­ gen und Rutschungen; ■■ winterliche ■■ großflächige Hochwasserereignisse nach sommerlichen mehrtägigen Dauerregen (Genua-Tiefdruckge­ biete), wie beim Hochwasserer­ eignis von 2002; ■■ kleinflächige Hochwasserereignis­ se nach Wärmegewittern mit Ha­ gelschlag, Starkregen und loka­ len Überflutungen, begleitet von Staublawinen und spätwinterliche Nassschneelawi­ nen (Grundlawinen) sowie auch Eislawinen; ■■ geogene Massenbewegungen (Rutschungen nach Hangkriechen und Talzuschüben, Steinschläge, Fels- und Bergstürze). Franz Dollinger 103 Naturgefahren; global und im Land Salzburg Abb. 39: Zerstörung der Pinzgauer Lokalbahntrasse während des Hochwasserereignisses 2005 Quelle: Amt der Salzburger Landesregierung, Fachabteilung Wasserwirtschaft. Abb. 40: Wildbachereignisse im Land Salzburg – dargestellt nach Prozesstyp und Intensität Quelle: Skolaut 2010, S. 254; nach INTERPRAEVENT 2009 104 Der Naturgefahrenkataster aus dem Projekt DIS-ALP 5. Der Naturgefahrenkataster aus dem Projekt DIS-ALP Das Land Salzburg beteiligte sich mit dem Prototyp eines Naturereignis­ katasters am EU-Alpenraumprojekt DIS-ALP (Disaster Information Sys­ tem of Alpine Regions, 2003–2006). Diese Datensammlung bietet eine räumliche Übersicht über historische und aktuelle Naturschadensereignis­ se. Sie wurde vom Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen SIR erstellt und in CLISP weiterverfolgt, da sie sich u. a. bestens als Hilfsmit­ tel bei der „Risikokommunikation“ eignet, einem zentralen Thema von CLISP. Im Rahmen von CLISP konnten wei­ terführende Schadensdaten erhoben und die organisatorisch-technische Integration der Daten in der Salzbur­ ger Landesverwaltung vorangetrie­ ben werden. Die Salzburger Ereignis­ daten wurden dazu in das neuartige Ereigniskataster-Modul des bundes­ länderübergreifend eingesetzten, bestens etablierten WIS – Wasser­ informationssystems (Salzburg) überführt. Dadurch sind selbstver­ ständlich auch die räumliche Suche und die Anzeige von ausgewählten Inhalten im Geographischen Infor­ mationssystem des Landes SAGIS gewährleistet. Abb. 41: Hochwasserfotos und geologische Phänomene im Naturereigniskataster Quelle: W. Riedler, SIR Im Zuge der aktuellen Arbeiten wur­ den aus rund 4.000 DIS-ALP-doku­ mentierten Hochwasserfotos 300 Hochwasserereignisse seit Ende des 19. Jahrhunderts rekonstruiert. Die Hochwasserereignisse sind mit den 4.000 digitalen Fotos verknüpft, die nun in der ebenfalls neuen zentralen Bild-Datenbank des Landes Salzburg 105 Der Naturgefahrenkataster aus dem Projekt DIS-ALP gespeichert sind. Zusätzlich wurden die genauen Informationen zu je­ dem Foto auch in diese Bild-Daten­ bank übertragen (z. B. Fluss, Gemein­ de, Ort, Autor, Koordinate). Weiters konnten zahlreiche neue geologische Schadensereignisse seit 2005 einge­ tragen werden. Damit enthält der Na­ turereigniskataster im WIS nun auch Kurzbeschreibungen von mehr als 600 Abb. 42: Der Naturereigniskataster im WIS – Wasserinformationssystem Salzburg Quelle: Land Salzburg, Fachabteilung Wasserwirtschaft 106 Naturschadensereignissen aus dem Aktenarchiv des Geologischen Lan­ desdienstes der letzten 30 Jahre. Walter Riedler Gletscher und Permafrost als Indikatoren 6. Gletscher und Permafrost als Indikatoren des Klimawandels Slupetzky & Hasslacher (2005, S. 5) bezeichnen die Gletscher als „Senso­ ren des Klimawandels“. Damit tref­ fen sie den Nagel auf den Kopf. Für uns Menschen sind die kurzfristigen Schwankungen des Wettergesche­ hens so prägend, dass wir die lang­ fristigen Trends der Klimaentwick­ lung nur indirekt durch Messungen bzw. durch andere natürliche Indika­ toren erschließen können. Das Pro­ blem bei der Klimaentwicklung liegt nun darin, dass sich die natürlichen Schwankungen überlagern und da­ durch beispielsweise trotz Erwär­ mung kalte und schneereiche Winter, wie jener von 2005/06, vorkommen können, der allgemeine Trend sich daher erst bei der statistischen Ana­ lyse im Nachhinein erkennen lässt. Wegen dieser Ausreißer sind ande­ re Indikatoren zur Beschreibung des Klimawandels besser geeignet, wie z. B. die Verschiebung von Blüte- und Brutzeiten oder auch die Vorstoßund Rückzugsphasen der Gletscher. Mit Beginn der weltweit verfüg­ baren Instrumentenmessungen ab 1860 stehen uns exaktere Daten zur Verfügung, mittels deren globalem Mittelwert wir daher einen exakten Vergleich zur klimatologischen Refe­ renzperiode durchführen können. Die Abb. 34 zeigt die Entwicklung der Temperaturabweichung vom Mittel­ wert in der meteorologischen Refe­ renzperiode 1961–1990. Darin ist die Erwärmungsphase bis in die frühen vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts deutlich zu erkennen, und auch die anschließende Abkühlungsperiode bis etwa Ende der siebziger Jahre. In dieser Zeit begannen viele kleine und mittlere Alpengletscher wieder vor­ zustoßen, größere stabilisierten sich zumindest in der Massenbilanz. Gro­ ße Talgletscher, wie z. B. die Paster­ ze (Abb. 44), reagieren nur sehr träge auf Klimaschwankungen und waren daher auch in dieser Abkühlungspha­ se auf dem Rückzug. Mittlere und kleine Hang- und Kargletscher jedoch reagierten auch auf diese kurze Ab­ kühlungsphase des 20. Jahrhunderts, und im Vorfeld dieser Gletscher ist diese Vorstoßphase durch die Moräne von 1980 markiert (Slupetzky 2005, S. 51). Diese Erholungsphase für die al­ pinen Gletscher war jedoch nur von kurzer Dauer. Ab Mitte der achtziger Jahre beschleunigte sich der Rückzug der alpinen Gletscher wieder und hält bis heute unvermindert an (vgl. die jährlichen Gletscherberichte des ÖAV, letztmals Fischer 2011). Man geht heute davon aus, dass es eine anth­ ropogene Ursache für diese kurzfris­ tige Stabilisierung der Gletscher gab: die Verschmutzung der Atmosphäre durch Emissionen von Industrie und Kraftwerken, die in der Folge als „Glo­ bal Dimming“ bezeichnet wurde.17 Die Umweltschutz-Bemühungen ab den achtziger Jahren führten zu ei­ ner saubereren Atmosphäre und da­ mit wieder zu einer Verstärkung der Erwärmung. Seitdem kam es zu ei­ ner Beschleunigung des Rückzugs der alpinen Gletscher, insbesondere die letzten 20 Jahre veränderten das Landschaftsbild in der nivalen Stufe der Alpen entscheidend. Vor allem das Entstehen neuer und größerer Seen innerhalb der jungen Moränen bildet, gemeinsam mit dem Auftauen des Permafrostes, ein neues Gefah­ renpotenzial für den Siedlungsraum. Als Permafrostboden versteht man einen dauerhaft gefrorenen Unter­ boden, bei dem das Bodeneis unter­ halb der Erdoberfläche liegt (McKnigth & Hess 2009, S. 347). Dabei handelt es sich um eine Erscheinung, die oft von anderen Periglazialer­ scheinungen begleitet wird, wie z. B. Frostmusterböden, Solifluktionser­ scheinungen (z. B. Fließzungen der gebundenen Solifluktion), aber auch Blockgletschern. Durch das Auftauen von Permafrostböden können ganze Hänge instabil werden und zu einer Gefährdung für den Siedlungsraum werden (vgl. Abb. 45 und 46). Eine Modellierung der Permafrostgebiete in Österreich erfolgte durch Ebohon & Schrott (2008). Franz Dollinger 17 Vgl. Wikipedia 2011a. Nach S. Kroonenberg (2008, S. 132) wäre eine andere Erklärung der „Gleisberg-Zyklus“ (sic!) der Sonnenfleckenaktivität, der sehr präzise eine Abkühlung zwischen 1945 und 1975 voraussagt. Allerdings ist der Gleißberg-Zyklus (benannt nach Wolfgang Gleißberg) umstritten, vgl. Wikipedia 2011b. 107 Gletscher und Permafrost als Indikatoren Abb. 43: Hundert Jahre Obersulzbachkees: Vergleich der Jahre 1910, 1982, 1994, 2010 Quelle oben links: Fotosammlung H. Slupetzky; Quelle oben rechts und Foto rechts: F. Dollinger 1982 und 1994; das rechte obere Bild zeigt das Obersulzbachkees im Jahre 1910, der Gletscher­ bruch „Türkische Zeltstadt“ passt noch zu sei­ nem Namen. Noch im Jahr 1982 reichte die Glet­ scherzunge bis zur Mitte der Felsstufe (Bild oben rechts), im Jahr 1994 hatte sich die Gletscher­ zunge des Obersulzbachkeeses bereits hinter die Felsstufe zurückgezogen (Bild rechts). Das linke obere Bild entstand exakt 100 Jahre vor dem Bild unten links und dokumentiert eindrucksvoll den Gletscherrückgang in dieser Zeitspanne. Quelle: H. Wiesenegger, Land Salzburg, Abteilung Wasserwirtschaft 2010; das Bild links zeigt das Entstehen eines Gletscherrandsees nach Ab­ schmelzen der Gletscherzunge oberhalb der Fels­ stufe mit dem Namen „Türkische Zeltstadt“. Der Name erinnert nun an den gewaltigen Eisbruch, der an der Stelle der heutigen Felsstufe vorhan­ den gewesen war. Nach Slupetzky (2011) sollte dieser See als „Obersulzbachsee“ bezeichnet werden. Dieser hat nach Messungen des hyd­ rographischen Dienstes eine maximale Tiefe von 42 Metern, in den nunmehr die Gletscherzunge des Obersulzbachkeeses kalbt. Das Obersulz­ bachkees ist mittlerweile in fünf bis sechs Einzel­ gletscher zerfallen (ebd.) 108 Gletscher und Permafrost als Indikatoren Abb. 44: Die Gletscherzunge des Pasterzengletschers im Jahr 1980 und 2005 Quelle: F. Dollinger, Juni 1980 und Mai 2005. Im Jahr 1980 stießen viele Alpengletscher wieder vor, größere Gletscher wie die Pasterze waren auch damals auf dem Rückzug, jedoch zeigte die Gletscherzunge damals noch keine Zerfallserscheinungen, die Zunge erhält noch ausreichend Eisnachschub aus dem Nährgebiet. Nur 25 Jahre später ist auf dem Bild eine rasch zerfallende Gletscherzunge zu erkennen, beim Hufeisenbruch (Gletscherbruch in der Bildmitte) sind schon die ersten Felsinseln freigelegt. Offensichtlich reicht der Eisnachschub aus dem Nährgebiet nicht mehr aus, um die Gletscherzunge zu stabilisieren. 109 Gletscher und Permafrost als Indikatoren Karte 18: Permafrostvorkommen in der Modellregion 110 Gletscher und Permafrost als Indikatoren Abb. 45: Der Talschluss Hintermoos im Hollersbachtal mit Permafrosterscheinungen Quelle: F. Dollinger, August 2000. Das eisfreie Hängetal Vorder- und Hintermoos im Bereich des Talschlusses des Hollersbachtales beherbergt eine Vielzahl an Permafrosterscheinungen, die in der Übersicht gut zu erkennen sind: ein Blockgletscher (Tauernfleck) und Solifluktionsloben auf der Hangschulter. Abb. 46 ist ein mit einem 200-mm-Teleskop gezoomter Bildausschnitt aus Abb. 45. Abb. 46: Der Tauernfleck – ein inaktiver Blockgletscher Quelle: F. Dollinger, August 2000; Der Tauernfleck-Blockgletscher im Hollersbachtal wird nach Untersuchungen (Formenausstattung, Bewuchs und gemessene Wassertemperaturen) von Lieb & Slupetzky (1993) bereits damals als inaktiv eingestuft. Seine Gesamtfläche beträgt etwa 0,15 km², der untere Rand der Stirn liegt bei 2.360 m (ebd., S. 138). 111 histalp – 250 Jahre instrumentelles Klima 7. HISTALP – 250 Jahre instrumentelles Klima im Großraum Alpen Das Projekt HISTALP (http://www. zamg.ac.at/histalp/) hat sich zum Ziel gesetzt, eine geeignete Klima­ datenbasis für den Großraum der Alpen zu schaffen. Damit soll eine bessere Abschätzung und Quantifi­ zierung des regionalen Klimawandels ermöglicht werden. Dafür ist eine so­ lide, möglichst lange zurückblickende und hochaufgelöste Datenbasis eine wichtige und ideale Voraussetzung. Die HISTALP-Datenbank wurde an der Zentralanstalt für Meteorolo­ gie und Geodynamik (ZAMG) auf­ gebaut und hat ihre Ursprünge be­ reits in den 1990er Jahren. Seit 2009 sind die Datensätze online über eine Webseite verfügbar. Diese umfassen monatliche, homogenisierte Stati­ onszeitreihen und gerasterte Felder der Lufttemperatur, des Luftdrucks, des Niederschlags, der Bewölkung und der Sonnenscheindauer für den Alpenraum (Böhm et al. 2009). doch für viele Anwendungen erst den Anfang darstellen. Im Rahmen von HISTALP wurden deshalb um­ fassende Qualitätsanalysen durch­ geführt (vgl. Auer et al. 2007). Diese beinhalten neben der Identifikation und der Korrektur von Ausreißern (Messfehler) insbesondere die Ho­ mogenisierung der Zeitreihen. Da­ bei wird mit Hilfe von statistischen Methoden versucht, Abweichungen aus den Zeitreihen zu filtern, die nur aufgrund von Veränderungen an der Station (andere Messgeräte, Beob­ achtungszeiten etc.) oder der Um­ gebung (Verstädterung) entstanden sind, aber nicht durch das Klima ver­ ursacht wurden. Im Anschluss daran wurde versucht, bestehende Daten­ lücken grenzübergreifend zu schlie­ ßen. Erst dadurch konnten die flä­ chenhaften Datensätze modelliert und in der Folge für die verschiede­ nen Nutzer bereitgestellt werden. Neben dem Aufbau und der Etab­ lierung einer Datenbank beruht der Erfolg von HISTALP auf der freiwil­ ligen – bislang nicht institutionellen – Zusammenarbeit von mehr als 20 Datenerzeugern (nationale Wetter­ dienste und regionale Datenzent­ ren), welche einen Austausch und das Sammeln der verschiedenen Da­ tenbestände erst ermöglichte. Dabei wurde versucht, ein möglichst dich­ tes, weit zurückreichendes Stations­ netz zu etablieren. Als Beispiel sei die Zeitreihe in Kremsmünster genannt: Sie geht bis 1760 zurück und gilt als längste durchgehende, stationäre Wetteraufzeichnung in Europa. Für Klima- und KlimafolgenforscherIn­ nen besteht die Möglichkeit, raster­ basierte Datensätze verschiedener räumlicher Auflösung zu verwenden, ohne die mehr als 20 Datenerzeuger einzeln kontaktieren zu müssen. Detaillierte Untersuchungen der ein­ zelnen Stationsreihen zeigten, abhän­ gig von der betrachteten Klimagröße, ganz unterschiedliche Trends. Um ei­ ne weitere Verwendung zu vereinfa­ chen, wurden ähnliche Stationen zu Regionen zusammengefasst (siehe Abb. 47). Die alleinige Sammlung und Bereit­ stellung der Datensätze würde je­ 112 Auswertungen der HISTALP-Daten ergaben die folgenden Ergebnisse. Die Erwärmung der Lufttemperatur betrug im Alpenraum seit dem 19. Jahrhundert rund + 2° Celsius und ist somit doppelt so hoch wie im globa­ len Mittel mit rund +1° Celsius. Diese Erwärmung hat sich gleich stark in al­ len Höhenregionen durchgesetzt (al­ so keine Unterschiede zwischen Talund Gipfelregionen) bzw. ebenso gleich stark zwischen Vorland- bzw. Gebirgsregionen. Diese Erwärmung erfolgte aber nicht stetig; sie war von verschiedenen kühleren (z. B. strenge Winter in den 1890er Jahren; küh­ le Sommer 1910er Jahre) und mil­ den (z. B. Winter 1910er Jahre) Pe­ rioden charakterisiert. Seit ca. 1950 waren die Sommer besonders heiß, und es gab wenig auffällige Winter. Insbesondere liefen beide Jahreszei­ ten nicht synchron, was zur beson­ ders starken Erhöhung der Jahresmit­ teltemperatur führt. Darin liegt auch eine Ursache, warum sich der Alpen­ raum besonders stark erwärmt hat. Eine Begründung liegt darin, dass sich der subtropische Hochdruck­ gürtel in den letzten Jahrzehnten verstärkt nach Norden verlagert hat, was zu einem Mehr an Schönwetter in den Alpen führte (Böhm 2009). histalp – 250 Jahre instrumentelles Klima Abb. 47: Untersuchungsgebiet von HISTALP mit der „Greater Alpine Area“ (GAR) und den Stationsdaten Quelle: Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), http://www.zamg.ac.at/histalp/content/view/21/1/index.html. Zur Charakterisierung der Stationen wurden diese in die vier Regionen (zusätzlich Gipfelstationen) aufgeteilt („Coarse Resolution Subregions“ – CRS). Im Gegensatz zur Lufttemperatur zeigt die Niederschlagsentwicklung unterschiedliche Muster in den Regi­ onen auf. Hier zeigt sich vor allem in der Region Nordwesten ein Nieder­ schlagsanstieg, welcher im Gegen­ satz zu einer Niederschlagsabnahme im Südosten steht. Dies wird insbe­ sondere auf die Trennungslinie der Alpen in der Westwindzone zurück­ geführt. Der Südwesten ist eben­ falls von einem eher leichten Nie­ derschlagsanstieg charakterisiert. Im kontinentaleren Nordosten ist keine Änderung festzustellen. Eben­ so weist die Region Nordost im Ver­ gleich zu den übrigen Regionen die geringsten Pendelungen und Trends für das Sommer- und Winterhalb­jahr auf (Böhm 2009). Für eine vereinfachte Beschreibung der Sachverhalte sei auf die Publika­ tion von Böhm (2009) verwiesen. Die Produkte von HISTALP umfas­ sen: ■■ CRSMs (Coarse Resolution Sub­ regional Means): regionale Mit­ tel für die Elemente Niederschlag, Sonnenscheindauer, Lufttempera­ tur, relative Feuchte, Dampfdruck, Bewölkung und Luftdruck; ■■ Grid-1-mode-Daten: mit einer räumlichen Auflösung von einem Grad für die Elemente Lufttempe­ ratur, Niederschlag und Luftdruck; mung der Eigentümer weitergege­ ben werden). Zukünftig ist angepeilt, neben den Monatsmittelwerten auch Tageswer­ te bzw. Tagesgänge bereitzustellen. HISTALP wurde 2006 mit dem Kli­ maschutzpreis der Österreichischen Hagelversicherung ausgezeichnet. Stefan Kienberger und Markus Ungersböck ■■ einen räumlich hoch aufgelösten Niederschlagsdatensatz mit 1/6 Grad Auflösung wurde in enger Zusammen­arbeit mit der Clima­ tic Research Unit der University of East Anglia geschaffen. Er besteht aus 2.448 monatlichen, absoluten Niederschlagsfeldern, beginnend mit 1800; ■■ homogenisierte Stationsdaten (die zugrunde liegenden Originaldaten können aufgrund der Wahrung von Datenrechten nur mit Zustim­ 113 IPPC-Szenarien 8. Die IPPC-Szenarien Um zukünftige Auswirkungen von möglichen Klimaänderungen ab­ schätzen zu können, wird meist ein vorausschauender Zeitrahmen von 100 Jahren angewandt. Da der Aus­ stoß von Emissionen von sozialen, politischen und ökonomischen Ent­ wicklungen abhängt, ist eine spezifi­ sche Prognose schwierig. Aus diesem Grund hat das IPCC Szenarien entwi­ ckelt, welche unterschiedliche Mög­ lichkeiten der zukünftigen, globalen Entwicklung berücksichtigen. Erste Szenarien wurden vom IPCC 1992 (Leggett et al. 1992) veröffentlicht und sind unter der Bezeichnung IS92 bekannt; sie wurden im Weiteren überarbeitet und aktualisiert. Die­ se „neueren” Szenarien wurden im „Special Report on Emissions Scena­ rios” (SRES) vom IPCC im Jahre 2000 (IPCC 2000) veröffentlicht und glie­ dern sich in vier Hauptgruppen (A1, B1, A2, B2). Diese vier Hauptgruppen (siehe Abb. 44) unterscheiden eine stark ökonomisch orientierte versus eine umweltorientierte Entwicklung bzw. eine globalisierte (homoge­ ne Welt) versus eine regionalisierte Entwicklung (heterogene Welt). Die unterschiedlichen Antriebskräfte be­ rücksichtigen Veränderungen in der Bevölkerung, Ökonomie, Technolo­ gie, Energie und Landwirtschaft. Abb. 48: Darstellung der IPCC-Szenario-Familien Quelle: http://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php/Klimaszenarien#cite_note-SRES-Kap4-Scenarios-0; modifiziert nach IPCC 2000 Die Emissionsszenarien wurden auf Deutsch vom IPCC wie folgt definiert (IPCC 2007): „A1. Die A1-Modellgeschichte bzw. -Szenarien-Familie beschreibt eine zukünftige Welt mit sehr raschem Wirt­schaftswachstum, einer Mitte des 21. Jahrhunderts kulminierenden und danach rückläufigen Weltbevölkerung, und rascher Einführung 114 neuer und effizienterer Technologien. Wichtige grundlegende Themen sind Annäherung von Regionen, Entwicklung von Handlungskompetenz sowie zunehmende kulturelle und soziale Interaktion bei gleichzeitiger substantieller Verringerung regionaler Unterschiede der ProKopf-Einkommen. Die A1-Szenarien-Familie teilt sich in drei Gruppen auf, die unterschiedliche Ausrich- tungen technologischer Änderungen im Energiesystem beschreiben. Die drei A1-Gruppen unterscheiden sich in ihrer technologischen Haupt ­s toßrichtung: fossil-intensiv (A1FI), nichtfossile Energiequellen (A1T) oder eine ausgewogene Nutzung aller Quellen (A1B) (wobei ausgewogene Nutzung definiert ist als eine nicht allzu große Abhängigkeit von einer bestimmten Energiequelle IPPC-Szenarien und durch die Annahme eines ähnlichen Verbesserungspotentials für alle Energieversorgungs- und -verbrauchstechnologien). A2. Die A2-Modellgeschichte bzw. -Szenarien-Familie beschreibt eine sehr heterogene Welt. Das Grundthema ist Autarkie und Bewahrung lokaler Identitäten. Regionale Fruchtbarkeitsmuster konvergieren nur sehr langsam, was eine stetig zunehmende Bevölkerung zur Folge hat. Die wirtschaftliche Entwicklung ist vorwiegend regional orientiert und das Pro-Kopf-Wirtschaftswachstum und technologische Veränderungen sind bruchstückhafter und langsamer als in anderen Modellgeschichten. B1. Die B1-Modellgeschichte bzw. -Szenarien-Familie beschreibt eine sich näher kommende Welt, mit der gleichen, Mitte des 21. Jahrhunderts kulminierenden und danach rückläufigen Weltbevölkerung wie in der A1-Modellgeschichte, jedoch mit raschen Änderungen der wirt- schaftlichen Strukturen in Richtung einer Dienstleistungs- und Informationswirtschaft, bei gleichzeitigem Rückgang des Materialverbrauchs und Einführung von sauberen und ressourcen-effizienten Technologien. Das Schwergewicht liegt auf globalen Lösungen für eine wirtschaftliche, soziale und umweltgerechte Nachhaltigkeit, einschließlich erhöhter sozialer Gerechtigkeit, aber ohne zusätzliche Klimainitiativen. B2. Die B2-Modellgeschichte bzw. -Szenarien-Familie beschreibt eine Welt mit Schwerpunkt auf lokalen Lösungen für eine wirtschaftliche, soziale und umweltgerechte Nachhaltigkeit. Es ist eine Welt mit einer stetig, jedoch langsamer als in A2 ansteigenden Weltbevölkerung, wirtschaftlicher Entwicklung auf mittlerem Niveau und weniger raschem, dafür vielfältigerem technologischem Fortschritt als in den B1- und A1-Modellgeschichten. Obwohl das Szenario auch auf Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit ausgerichtet ist, liegt der Schwerpunkt auf der lokalen und regionalen Ebene.“ (IPCC 2007, S. 18, kursive Hervorhebung: F. D.) Für jede der sechs Szenarien-Grup­ pen A1B, A1FI, A1T, A2, B1 und B2 wurde ein illustratives Szenario ge­ wählt. Alle sollten als gleich stichhal­ tig betrachtet werden. Die SRES-Szenarien beinhalten keine zusätzlichen Klimainitiativen, d. h. es sind keine Szenarien berücksich­ tigt, die ausdrücklich eine Umset­ zung des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Kli­ maänderungen (UNFCCC) oder der Emissionszielsetzungen des KyotoProtokolls annehmen. Stefan Kienberger 115 Abrupte Klimaänderungen 9. Abrupte Klimaänderungen während der letzten Eiszeit und die Ausbreitung des Homo sapiens Als Ursache für die sogenannten „Kleine Eiszeit“ zwischen 1400 und 1850 wird eine verringerte Sonnen­ einstrahlung im sogenannten Maun­ derminimum 18 in Verbindung mit einer gesteigerten vulkanischen Ak­ tivität angenommen. Dabei handelt es sich um ein periodisches Ereignis mit einer Periodizität von 1.470 Jah­ ren, das auch als Dansgaard-Oesch­ ger-Zyklus bezeichnet wird und das in den Schichten des Grönlandeises nachgewiesen wurde (Kroonenberg 2008, S. 125).19 Mit dem Dansg­ aard-Oeschger-Zyklus stehen nach S. R ahmstorf (2005, S. 71ff) die so­ genannten Dansgaard-OeschgerEvents in Verbindung, bei denen es sich um abrupte Klimaänderungen während der Würm-Kaltzeit han­ delt: Binnen weniger Jahre erhöh­ te sich die Temperatur in Grönland um 8 bis 10° Celsius und kehrte erst nach Jahrhunderten wieder zum nor­ malen kalten Niveau der Würm-Kalt­ zeit zurück. Durch Modellversuche wurde nachgewiesen, dass von den drei möglichen Strömungszuständen im Atlantik während einer Kaltphase nur jene stabil ist, bei der warmes At­ lantikwasser nur bis in mittlere Brei­ ten strömt. Hingegen sind während der Warmphasen die beiden ande­ ren Strömungszustände stabil, und zwar jener, der dem heutigen Zu­ stand entspricht, und die Situation eines völligen Abrisses der Strömung im Atlantik (der Zustand bei einem sogenannten Heinrich-Ereignis). Abb. 49: Die Klimageschichte der späten Würm-Eiszeit und des Holozäns nach Rekonstruktionen aus Eisbohrungen in Grönland Quelle: R ahmstorf 2005, S. 70; das Bild zeigt die Rekonstruktion der Temperatur der letzten 50.000 Jahre auf Basis von Messungen des Sauerstoffisotops 18 im Eis. Die stabile Warmphase der letzten 10.000 Jahre ist das Holozän, die instabile Kaltphase davor ist die zweite Hälfte der Würm-Eiszeit. 13 Daansgard-Oesch­ ger-Events sind rot markiert und nummeriert. Die vertikalen Linien haben einen Abstand von 1.470 Jahren, die meisten DO-Events fallen in die Nähe einer solchen Linie. Für den Zyklus von 1.470 Jahren ist derzeit kein Auslöser bekannt, es könnte sich allerdings um eine Überlagerung mehrerer Zyklen handeln, da 1.470 das kleinste gemeinsame Vielfache zwischen Gleißberg- und De-Vries-Zyklus ist (Rahmstorf 2005, S. 74). Beide Zyklen sind kurz- bis mittelfristige Schwankungen der Sonnenaktivität, wobei der Gleißbergzyklus eine Periodizität von 87 Jahren und der De-Vries-Zyklus eine solche von 210 Jahren hat (vgl. Dollinger 2010, S. 12). Während es sich bei den DansgaardOeschger-Ereignissen um periodi­ sche Ereignisse handelt, sind die nach dem amerikanischen Marinegeolo­ gen Hartmut Heinrich benannten Heinrich-Ereignisse unregelmäßiger Art und hängen nach gängiger Lehr­ meinung mit Ausbrüchen riesiger Schmelzwasserseen bei Abschmelzen des nordamerikanischen Eisschildes zusammen. Dabei strömt das süße Schmelzwasser in den Nordatlantik und führt zum Zusammenbruch der thermohalinen Zirkulation. Jedenfalls wird ein derartiges Ereignis für die Zeit der Jüngeren Dryas angenom­ men (12.500 BP), und auch beim so­ genannten 8K-Event (vgl. Abb. 49) dürfte ein letztes derartiges Ereignis die Ursache sein. Dieser letzte Käl­ terückfall im frühen Postglazial ca. 8.000 Jahre vor Heute führte zu ei­ nem bedeutenden Gletschervorstoß, der möglicherweise mit einem deut­ 18 Minimum an Sonnenflecken, mit dem eine verringerte Strahlungsintensität einhergeht, vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Kleine_Eiszeit. 19 S. Kroonenberg (ebd.) beschreibt den Zyklus allerdings mit einer Periodizität von 1.480 Jahren. 116 Abrupte Klimaänderungen lichen postglazialen Gletscherhoch­ stand korrespondiert, den Kerschner (2009, S. 14) aufgrund absoluter Da­ tierungen von Ivy-Ochs et al. (2006) mit dem früher zum Spätglazial ge­ zählten Kromer-Stand in Verbindung bringt. Für die Verbreitung des Menschen war die Phase der Würm-Eiszeit von großer Bedeutung. Der Homo sapiens ver­ breitete sich während dieser von Afri­ ka kommend über die gesamte Erde, vorerst in Konkurrenz mit dem Homo neanderthalensis, der sich in Europa ca. 300.000 Jahre vH aus dem Homo heidelbergensis als eine an die Eiszeit angepasste, nördliche Form des Men­ schen herausbildete 20 (vgl. Hoffecker 2009, S. 113). Etwa zum Beginn der Würm-Eiszeit wanderte der Homo sa­ piens über den Nahen Osten nach Eu­ ropa, wo er vor etwa 40.000 Jahren Westeuropa erreichte. Etwa zu dieser Zeit erreichte er auch Ostasien und Australien. Für den großen „Sprung“ nach Amerika benötigte er eine Land­ brücke über die heutige Beringstraße auf der einen Seite, zurückweichende Gletscher in Alaska auf der anderen Seite. Diese Bedingungen dürften im Würm-Spätglazial gegeben gewesen sein; vermutlich erreichte der Homo sa­ piens Alaska um 15.000 vH, und noch im Spätglazial breitete er sich über ganz Amerika aus. Nur die pazifische Insel­ welt dürfte er erst in historischer Zeit erreicht haben (vgl. die Verbreitungs­ karte bei Hoffecker 2009, S. 120f). Der moderne Mensch kann daher als „Kind der Eiszeit“ betrachtet werden und war offensichtlich in der Lage, sich den im Würm herrschenden, rauen klimati­ schen Bedingungen anzupassen. Etwa gegen Ende des Spätglazials bis Anfang des Holozäns dürften sich die ersten Stämme des Homo sapiens im Nahen Osten sesshaft gemacht ha­ ben. Hoffecker (2009, S. 141) sieht die kurze Kaltphase der Jüngeren Dryas als Ursache für die maßgeb­ lichen Veränderungen in der Selbst­ versorgungswirtschaft, die Grundla­ ge für das rasche Aufkommen des Ackerbaus waren und die innerhalb weniger Jahrtausende zum Entste­ hen urbaner Zentren führten. Somit kann angenommen werden, dass es sich damit um eine der ers­ ten erfolgreichen gesellschaftlichen Anpassungen des Menschen an eine globale Klimaveränderung handelt. Franz Dollinger 20 Nach neuesten Erkenntnissen scheinen sich der vor ca. 30.000 Jahren ausgestorbene Homo neanderthalensis und der Homo sapiens auch genetisch vermischt zu haben – ob man daraus den Schluss ziehen kann, dass der Neandertaler Vorfahre des heutigen Menschen ist, lässt sich aus dem vierprozentigen Gen-Anteil nicht argumentieren (vgl. SN vom 7. Mai 2010, S. 27: Neandertaler ist unser Vorfahre). 117 Die Kleine Eiszeit als Modell 10. Die Kleine Eiszeit als Modell für die Anpassung an den Klimawandel? Behringer (2009) sieht den Klima­ wandel der „Kleinen Eiszeit“ (15. bis 19. Jahrhundert) als Modellfall für die Anpassungsfähigkeit von Gesell­ schaften an den Klimawandel. Als „Kleine Eiszeit“ wird eine Periode re­ lativ kühlen Klimas verstanden, die vom 15. bis in die Mitte des 19. Jahr­ hunderts eine globale Abkühlung bewirkte. Noch heute sichtbar sind die Auswirkungen in den Gletscher­ vorfeldern, der Gletscherhochstand von 1850 korrespondiert mit den klimatischen Verhältnissen der Klei­ nen Eiszeit. Allerdings ist dazu auch zu sagen, dass es auch innerhalb der Kleinen Eiszeit erhebliche Klima­ schwankungen gab; die Zeiträume von 1570 bis 1630 und von 1675 bis 1715 waren besonders kalte Zeitab­ schnitte (ebd. und Wikipedia 2011c). Abb. 50: Pieter Bruegel: Die Heimkehr der Jäger – die Extremwinter der 1560er Jahre Quelle: Kunsthistorisches Museum Wien, Pieter Bruegel d. Ältere, um 1525/30–1569. Die Darstellung zeigt den „Prototypen aller Winterlandschaften“ (Groissmann, F., 1973: Pieter Bruegel, 3. rev. Aufl. London und New York, zit. nach Behringer 2009, S. 188), das „[…] in seiner müden Farbgebung ein beträcht­ liches Ausmaß an Strenge und Trostlosigkeit ausstrahlt“ (ebd.). Nach Behringer handelt es sich dabei um ein typisches Bild aus der „Kleinen Eiszeit“, als in den Niederlanden im Winter die Kanäle und Seen zugefroren waren, was im heutigen Klima nicht der Fall ist. Die vor der Kleinen Eiszeit gelege­ ne „Hochmittelalterliche Warmzeit“ (ca. 1000 bis 1300, Behringer 2009, S. 103) führte zur Blütezeit der mit­ telalterlichen Hochkultur in Europa, 118 während der es zu einem globalen Rückzug der Gletscher, zu einem An­ steigen der Waldgrenze und zum Ein­ wandern südlicher Pflanzen und In­ sekten bis in nördliche Breiten kam. Weinbau aus dieser Zeit wurde nicht nur in den alten römischen Anbau­ gebieten an Main, Rhein und Mosel nachgewiesen, sondern auch in Pom­ mern und Ostpreußen sowie in Eng­ Die Kleine Eiszeit als Modell land, im südlichen Schottland und im südlichen Norwegen. Wesentliche Folgen dieser Verhältnisse waren das Abebben der Hungersnöte und ein langfristiger gesellschaftlicher Auf­ schwung, der zu einer Bevölkerungs­ zunahme in Europa führte (Behringer 2009, S. 108). Im Bereich des Lan­ des Salzburg kam es in dieser Zeit zu einem Wiederaufleben des Gold­ bergbaus in den Hohen Tauern und zu einem markanten Zurückweichen der Gletscher. Aufgrund kartogra­ phischer Hinweise ist zu vermuten, dass es in dieser Zeit – genauso wie in wärmeren Perioden der Kleinen Eiszeit – zum Abschmelzen kleinerer Gletscher und zum Zurückweichen der großen Talgletscher kam. Nach Ibetsberger et al. (2010, S. 39) wur­ den bereits im 16. und im 18. Jahr­ hundert ein „Sandersee“ oberhalb der heutigen Felsstufe „Türkische Zeltstadt“ beim Obersulzbachkees auf alten Karten eingezeichnet. Zur Zeit des letzten Gletschervorstoßes der Kleinen Eiszeit von 1850 lag das Gebiet dieses Sees 21 unter einer 200 Meter mächtigen Eisschicht (ebd.). änderungen der Umwelt zu gesell­ schaftlichen Problemen. Der „große Hunger“ von 1315 bis 1322, die PestEpidemien und weitere Hungersnöte aufgrund ausgefallener und schlech­ ter Ernten werden als die „Mortali­ tätskrisen“ der Kleinen Eiszeit be­ zeichnet (Behringer 2009, S. 143 und 151). Auch historische Quellen im Land Salzburg belegen das Wachs­ tum der Gletscher und eine Ver­ schlechterung des Klimas mit Miss­ ernten und gesellschaftlichen Krisen (Slupetzky & Slupetzky 1995). Die Klimaverschlechterung der Klei­ nen Eiszeit führte wegen der Ver­ Abb. 51: Reaktionen auf den Klimawandel der „Kleinen Eiszeit“ Quelle: Behringer 2009, S. 174 und 181 21 Nach Slupetzky 2011 sollte dieser See als „Obersulzbachsee“ bezeichnet werden, da der Name „Sandersee“ bereits für den See im Gletschervorfeld der Pasterze reserviert ist. 119 Die Kleine Eiszeit als Modell Als Sündenböcke für die Extremer­ eignisse und die allgemeine Ver­ schlechterung des Klimas mussten schon vor der Kleinen Eiszeit insbe­ sondere die Juden und Zauberer her­ halten. Während der Kleinen Eiszeit übernahmen nun die Hexen die Sün­ denbockrolle von den Juden, Hexe­ rei kann daher nach Behringer (2009, S. 173) als das paradigmatische Ver­ brechen der Kleinen Eiszeit betrach­ tet werden, denn die Hexen wurden direkt für das Wetter verantwort­ lich gemacht, ebenso für fehlende Fruchtbarkeit der Felder, Kinderlo­ sigkeit und für die „unnatürlichen“ Krankheiten, die im Gefolge der Krise auftraten (ebd.). Behringer stellt fest, dass der Aufstieg des Hexereidelikts als ein soziales Konstrukt im 14. Jahr­ hundert zeitlich parallel zur Entwick­ lung der Kleinen Eiszeit begann. Die Hexenjagden erlebten ihren Höhe­ punkt in Mitteleuropa während der schlimmsten Jahre der Kleinen Eis­ zeit, in den Jahrzehnten vor und nach 1600 (ebd.). sterben mussten“, SN Lokalteil vom 12. August 2011, S. 10f). Kürzlich war in den Salzburger Nach­ richten ein Bericht über die Zusam­ menhänge zwischen Hexenverfol­ gungen und der gesellschaftlichen und klimatologischen Situation im Lungau während des ausgehenden 16. Jahrhunderts zu lesen (Thomas Auinger: „Wo Zauberer und Hexen „Auch eine relativ geringe Erwärmung wird – wie der Blick auf das Exempel der Kleinen Eiszeit zeigt – die Lebens­ umstände erheblich verändern. Es wird zwingend notwendig bleiben, den Anstieg der Kohlendioxidemissi­ onen so weit zu reduzieren, dass sich der weltweite Ausstoß wenigstens Erst die Aufklärung führte zu einer Zurückdrängung des religiösen Fana­ tismus und damit zu anderen Deu­ tungsmustern und gesellschaftlichen Reaktionen. Schon den Extremwinter von 1739/40 sieht Behringer (ebd., S. 209) als einen erfolgreich bestande­ nen Test für die Anpassungsfähigkeit zur Zeit der Aufklärung. Viele Regie­ rungen hatten sich bei den ersten Anzeichen einer ungenügenden Ern­ te mit Getreidevorräten eingedeckt, wobei der Ankaufradius weit über Europa hinausreichte. Hunger wur­ de somit zu einem Synonym für eine schlechte, unvernünftige Regierung (ebd., S. 211). Nach Behringer (2009, S. 283f) kön­ nen wir nun diese erfolgreiche An­ passung der Gesellschaft an einen Klimawandel durchaus als Modell für die Anpassung an den aktuellen Kli­ mawandel sehen: auf hohem Niveau stabilisiert. Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen hat dieses Niveau bei 450 ppm angesetzt, was rechnerisch ei­ nem globalen Anstieg der mittleren Bodentemperatur um 2 Celsiusgrade entspricht. Unterhalb dieser Marken wird nicht mit größeren Katastrophen gerechnet. Oberhalb sind der Phan­ tasie kaum Grenzen gesetzt.“22 „Die Politik steht also vor einer Herausfor­ derung. Dass die Probleme nicht auf nationalstaatlicher Ebene gelöst wer­ den können, macht es nicht einfacher. Aber wenn die Menschen schon Ein­ fluss auf das Klima des Systems Erde haben, müssen sie auf diese Heraus­ forderungen gemeinsame Antworten finden. Challenge and Response – das waren die Kategorien, mit deren Hil­ fe Arnold Toynbee den Aufstieg und Niedergang von Zivilisationen in sei­ nem Gang der Weltgeschichte konzi­ piert hatte.“23 „Sie ergeben auch heu­ te noch Sinn. Der Klimawandel ist die Herausforderung unserer Generation. Von unserer Antwort hängt nicht das Wohlergehen der Welt, wohl aber unser eigenes ab“ (Behringer 2009, S. 284) (kursive Hervorhebungen Behringer, fette Hervorhebung F. D.). Dem ist nichts hinzuzufügen. Franz Dollinger 22 Fußnote 26 im Kapitel „Umweltsünden und Treibhausklima: Ein Epilog“, in Behringer 2009: „WBGU (Hrsg.), Welt im Wandel – Energiewende zur Nachhaltig­ keit, Berlin 2003. “ (Aktuelle Auflage WBGU 2008 – siehe Literaturverzeichnis, Anm. F. D.) 23 Fußnote 27 im Kapitel „Umweltsünden und Treibhausklima: Ein Epilog“, in Behringer 2009: „Arnold Toynbee, Der Gang der Weltgeschichte, 2 Bd., München 1970.“ 120 Literatur und Quellen IV. Literatur und Quellen 1. Fachliteratur Auer, I., R. Böhm, A. Jurkovic, W. Lipa, A. Orlik, R. Potzmann, W. Schöner, M. Ungersböck, C. Matulla, K. Briffa, P. D. Jones, D. Efthymiadis, M. Brunetti, T. Nanni, M. Maugeri, L. Mercalli, O. Mestre, J.-M. Moisselin, M. Begert, G. Müller-Westermeier, V. Kveton, O. Bochnicek, P. Stastny, M. Lapin, S. 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Claudia Schönegger, Geschäfts­ führerin Terra Cognita. Technisches Büro für Raumplanung und ange­ wandte Geographie. Schallmooser Hauptstraße 85a, 5020 Salzburg, E-Mail: [email protected] Mag. Dr. Stefan Kienberger, Universi­ tät Salzburg, Zentrum für Geoinfor­ matik, Schillerstraße 30, 5020 Salz­ burg, E-Mail: [email protected] Mag. Dr. Thomas Prinz, Research Studios Austria, Studio iSPACE, Schil­ lerstraße 25, Stiege Nord, 5020 Salz­ burg, E-Mail: [email protected] Mag. Markus Ungersböck, Zentral­ anstalt für Meteorologie und Geo­ dynamik, Kundenservice Salzburg und Oberösterreich, Freisaalweg 16, 5020 Salzburg, E-Mail: markus.ungersboeck@zamg. ac.at Dipl.-Ing. Stefan Klingler, stadtland Dipl.-Ing. Sibylla Zech GmbH, Tech­ nisches Büro für Raumplanung und Raumordnung, Kirchengasse 19/12, 1070 Wien, E-Mail: [email protected] Mag. Lydia L ampelmaier, Terra Cog­ nita. Technisches Büro für Raumpla­ nung und angewandte Geographie. Schallmooser Hauptstraße 85a, 5020 Salzburg, E-Mail: [email protected] Gerald Reischenböck, M. Sc., Univer­ sität Salzburg, Zentrum für Geoinfor­ matik, Schillerstraße 30, 5020 Salz­ burg, E-Mail: gerald.reischenboeck@sbg. ac.at Dr. Elisabeth Zeil-Fahlbusch, Abten­ ham 6, D-84529 Tittmoning, Bun­ desrepublik Deutschland, E-Mail: [email protected] Mag. Walter Riedler, Salzburger Ins­ titut für Raumordnung und Wohnen (SIR), Schillerstraße 25, Stiege Nord, 5020 Salzburg, E-Mail: [email protected] 127 Materialien zur Raumplanung Materialien zur Raumplanung (bis Heft 12: Materialien zur Entwicklungsplanung) Herausgegeben vom Amt der Salzburger Landesregierung, Abteilung Raumplanung, Postfach 527, A-5010 Salzburg Heft 1 bis Heft 11: vergriffen 128 Heft 12: S achprogramm „Siedlungsentwicklung und Betriebs­ standorte im Salzburger Zentralraum.“ Salzburg 1995 (= Materialien zur Entwicklungs­ planung, Heft 12), 100 S., ISBN 3-901343-12-1. Richtlinie Immissionsschutz in der Raumordnung. Hrsg. von den Referaten 7/03 – Örtliche Raumplanung, und 16/02 – Um­ weltschutz. Salzburg 2003, 32 S. Heft 13: Haas, Walter: Regionalplanung in Österreich. Entwicklung, Sachstand und Strategien ei­ ner vernachlässigten Ebene der Raumordnung. Salzburg 1998 (= Materialien zur Raumpla­ nung, Heft 13), 188 S., ISBN 3-901343-13-X. ochwasserschutz im Land Salzburg. H Ergebnisbericht der fach­übergreifenden Arbeitsgruppe Hochwasserschutz. Salz­ burg 2003, 28 S. + 7 Kartenbeilagen. Revitalisierungsoffensive Altstadt Hallein. Abschlussbericht. o.O. 2000, 16 S. + Materialienanhang. Band 19: Braumann, Christoph: 50 Jahre Raumplanung in Salzburg. 50 Jahre Salzburger Raumord­ nungsgesetz. Salzburg 2006, 232 S., ISBN 3-901343-19-9. Standortpotentiale für überregionale Betriebsstandorte im Bundesland Salzburg. GIS-gestütztes Rechenmodell zur Sicherung geeigneter Flächen, erstellt un­ ter Mitarbeit von Erich Dumfarth, Tho­ mas Gaisecker und Alexander Schwap. o. O. o. J., (2000), 28 S. Band 20: Zibell, Barbara et al.: Bedarfsgerechte Raumplanung. Gender Practise und Kriterien in der Raumplanung. Endbericht Langfassung. Salzburg 2006, 196 S., ISBN 3-901343-20-6. Kooperation von Gemeinden zur Entwicklung von Wirtschaftsstandorten. Projektbericht, bearbeitet von Friedrich Rauch, Klaus Spielmann und Bernd Go­ las im Auftrag der Bundesländer Ober­ österreich, Salzburg, Tirol und Vorarl­ berg. Innsbruck 2001, 122 S. Band 21: Zibell, Barbara et al.: Bedarfsgerechte Raumplanung. Gender Practise und Kriterien in der Raumplanung. Endbericht Langfassung. Salzburg 2006, 196 S., ISBN 3-901343-21-4. Abteilung 7: Raumplanung Fachreferent 7/02: Raumforschung und grenzüberschreitende Raumplanung Michael-Pacher-Straße 36, 5020 Salzburg Postanschrift: Postfach 527, 5010 Salzburg Telefon: 06 62 / 80 42-4651, Fax: 06 62 / 80 42- 4198 E-Mail: [email protected]