Arbeiten Beiträge zur Architektur

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46. Jahrgang
Ausgabe 91/2010
betonprisma
www.betonprisma.de
Beiträge
zur Architektur
Arbeiten
Es scheint, als sei uns nichts
wichtiger als unsere Arbeit.
Allein in Deutschland werden
jährlich mehr als 55 Milliarden
Arbeitsstunden geleistet.
Die oft gestellte Frage: „Was
machen Sie denn beruflich?“
zielt auf weit mehr als unseren Job: Es ist auch die Frage
nach dem Selbstverständnis
unseres Lebens.
Wenn Arbeit so sehr für
unsere Identität und Selbsterfüllung steht, wir so viel Zeit
an unseren Arbeitsplätzen verbringen und die Zufriedenheit
am Arbeitsplatz so hoch im
Kurs steht, ist dann nicht der
„Ort der Arbeit“ auch wichtig?
Und zwar weit über die
Erfüllung von Richtlinien
und Normen hinaus?
Wir zeigen aktuelle Positionen
und Meinungen und berichten
über Erfahrungen und Möglichkeiten der Gestaltung von
Arbeitsräumen.
16 Anwendung
Direkt aus dem Werk
Innovative Betonlösungen für effiziente Büros
Beim Bauen geht es oft auch um Geld und um Zeit –
neben der Erfüllung von gewünschten Funktionen und
der Umsetzung von Gestaltungsideen. Immer neue Aufgaben kommen dazu. Wer heute baut, für den ist Energie
ein neues wichtiges Thema geworden.
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Fassadenentwurf wollen wir an die Entwürfe nieAlles soll möglichst effizient sein und dabei
derländischer Kubisten erinnern“, sagt Thomas
die trotzdem größer gewordenen Wünsche erPink, Geschäftsführer des in Düsseldorf ansäsmöglichen: dauerhafte Flexibilität im Bürobau etsigen Architekturbüros.
wa. Kreative Lösungen von Architekten und neue
Produkte der Industrie können bei all dem helfen.
Die Tragstruktur besteht aus Betonfertigteilen
Etwa mit Geschossdecken, die nicht nur heizen
und kühlen, sondern auch die sonstige HausÜber sechs Etagen erstreckt sich der Bürotechnik integrieren. Aber wie macht man das?
bau. Insgesamt wurden auf 14.700 QuadratmeVor Jahren befand sich auf dem Eckgrundstück
tern Bruttogeschossfläche Büroflächen für 600 Arim Düsseldorfer Stadtteil Golzheim noch eine
beitsplätze, Ausstellungsräume und ein Restaualte Tankstelle, ein unschöner Fleck an der Kairant realisiert. Nach nur fünf Monaten war der
serswerther Straße, die auf der einen Seite von rotRohbau fertig und ein knappes Jahr später zobraunen Backsteinbauten aus den 1920er Jahren
gen im Sommer 2009 die ersten Mieter ein. Die
und auf der anderen von modernen Geschäftsschnelle Bauzeit war unter
häusern gesäumt wird. Nach
anderem möglich, weil das
dem Abriss der Tankstelle
Fertigteildecken mit Vorteilen:
Gebäude komplett aus vorstanden mehr als 6.000 Quagefertigten Wand- und Dekdratmeter Fläche für einen
Produktion nach den Vorgaben
kenelementen aus Beton erBürobau zur Verfügung, Petdes Architekten, Zeitersparnis
richtet wurde. Die Entscheizinka Pink Architekten bekabeim Bau
dung für Fertigteile trafen
men den Auftrag, ein repräBauherr und Architekten
sentatives Gebäude für diesen
aber nicht nur aus Gründen
Standort zu entwerfen, dessen
der Zeitersparnis. Im Werk können die ElemenStruktur und äußere Erscheinung sich in die
te bei stabilen Bedingungen auf Schaltischen prostädtebauliche Umgebung einfügt und das im
duziert werden. Temperatur und Feuchtigkeit in
Inneren eine flexible Flächennutzung ermöglicht.
den Hallen sind genau geregelt, damit der Beton
Und natürlich sollte es energiesparend sein, um
gleichmäßig trocknen kann. Das sorgt für eine gudie späteren Betriebskosten gering zu halten.
te Qualität der Ansichtsflächen. Viele BetonferDie Architekten orientierten sich an städtetigteilhersteller unterstützen zudem Architekten
baulichen Ideen aus früheren Jahrzehnten: Um die
und Tragwerksplaner beim Entwurf der Teile, so
Kaiserswerther Straße lebendig und abwechsdass man zum Beispiel Verbindungen und Fulungsreich zu gestalten, ist die Bebauung aus den
gen vorab festlegen kann. Heiz- und Kühlelemente,
1920er und 1930er Jahren abschnittsweise vorRohrleitungen oder Wärmedämmmaterial könoder zurückversetzt. Petzinka Pink Architekten
nen so ebenfalls bereits im Werk in Wände und
greifen diese raumbildenden Elemente aus VorDecken eingebaut werden. Dabei sind nicht nur
und Rücksprüngen im „Four Elements“ auf. Die
standardisierte Fertigteile machbar, sondern die
Struktur spielt mit auskragenden Gebäudeteilen,
Produzenten werben damit, die Betonelemente
unterschiedlichen Geschosstiefen und Höhen. Die
ganz nach den Vorstellungen des Architekten oder
Fassade setzt sich aus großen Kuben zusammen,
Bauherren herstellen zu können. Runde Formen
die in breite, weiße Rahmen eingefasst sind; die
und komplizierte Geometrien sind ebenso mögetwas zurückgesetzten Fenster bestehen aus
lich wie gefärbte Betonelemente oder strukturierte
schmalen, dunkelgrauen Profilen. „Mit diesem
Oberflächen.
Nach der Qualitätskontrolle sind die Betonfertigteile zur Auslieferung und zum Einbau auf
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der Baustelle bereit. Selbst wenn dabei des öfteren
größere, leistungsstärkere Lkws und Kräne eingesetzt werden müssen, als sonst auf der Baustelle nötig sind, so hat der Einsatz der vorfabrizierten Elemente auch hier Vorteile: Die Wand-,
Decken- oder Treppensegmente kommen „just in
time“ zum Bau. Egal, welches Wetter herrscht,
die Teile können sofort montiert werden. Die vorbereiteten Verbindungen und die vorher genau
geplanten Größen sollen dabei helfen, Fehler auf
der Baustelle zu vermeiden.
Vor allem für den Bauherren des „Four Elements“ sprachen diese Argumente für den Einsatz
von Betonfertigteilen. Doch auch die Energieeffizienz stand ganz oben auf der Liste der Anforderungen an das Gebäude. Auch hierfür fanden
Petzinka Pink Architekten eine Lösung im Bereich
der vorfabrizierten Betonelemente: eine Fertigteildecke mit vorinstallierter Haustechnik, die Betonkernaktivierung zur Gebäudeklimatisierung
nutzt.
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Eine Fertigteildecke als Klimasandwich
Bauherr und Architekt entschieden sich für eine Klimadecke, hergestellt von Rudolph Baustoffwerke aus Weiler-Simmernberg. Die Elemente
setzen sich aus einer oberen und einer unteren Betonschale zusammen, die jeweils 10 Zentimeter
dick sind. Über Stahlfachwerkträger sind die Schalen so miteinander verbunden, dass zwischen den
Platten ein Hohlraum entsteht, der zur Steigerung
der Leistung im Heiz- und Kühlfall gedämmt ist.
Durch diese Sandwichbauweise ist die Klimadecke
30 Prozent leichter als eine herkömmliche Decke.
Folglich können Fundamente und andere statische Bauteile geringer dimensioniert werden. Der
isolierte Hohlraum kann auch als Installationsebene genutzt werden. Hier kann im Werk das
Rohrleitungssystem für Lüftung, Heizung und Sanitär eingelegt werden. Die Deckenelemente sind
Rudolph. Vorteilhaft ist außerdem, dass die Wärbereits mit sämtlichen Revisionsöffnungen, Kame größtenteils über Strahlung an den Raum abbelauslässen sowie Schnittstellen an den Stößen
gegeben wird. Das sorgt nicht nur für ein behagvorgerüstet, wenn sie zur Montage auf die Bauliches Raumklima – „man fühlt sich wie von eistelle kommen. Vor Ort werden die Installatinem Kachelofen gewärmt“, so Rudolph – sondern
onsleitungen miteinander verbunden und die
dadurch ist auch eine geringere RaumlufttemStoßfugen mit Beton vergossen. Da die Oberfläperatur möglich. Das spart bis zu 20 Prozent Enerchen aufgrund der Produktion im Werk absolut
gie, denn die Vorlauftemperaturen können reglatt sind, sind die Deckenunterseiten sofort
duziert werden. Somit eignet sich das System für
streichfähig. Die Klimadecke kann auch „belagsden wirtschaftlichen Einsatz von erneuerbaren
fertig“ im Werk hergestellt werden, so dass der BoEnergien, wie zum Beispiel Geothermie, Solardenbelag direkt aufgebracht werden kann. Wetechnik oder Wärmepumpen.
der ein ausgleichender Estrich ist nötig noch ein
zusätzlicher Hohlraumboden, denn alle InstalBetonfertigteildecken mit
lationen sind bereits in der Decke integriert. Ein
bis zu 16 Meter Spannweite
zusätzlicher Fußbodenaufbau für Elektroleitungen oder Heizregister ist nicht erforderlich.
Eine Betonfertigteildecke, die heizt, kühlt, Zeit
Das sprach jedoch nicht allein für den Einund Kosten spart und den Energieverbrauch eisatz der Klimadecke im „Four Elements“. Die
nes Gebäudes deutlich senkt. Das hat, so Hermann
Decke sollte über Betonkernaktivierung auch zum
Rudolph, nicht nur die Beteiligten des „Four EleBeheizen und Kühlen der Räume genutzt werden.
ments“ überzeugt: „Vor sieben Jahren haben wir
Hierzu fließt warmes oder kaltes Wasser durch die
die Decke entwickelt. Wir haben eine neue Proin die untere Betonschale integrierten Rohrregiduktionshalle gebaut, um die Platten, die Spannster, so dass die Schale entweder erwärmt bezieweiten bis zu 16 Meter haben,
hungsweise gekühlt wird.
optimal fertigen zu können.
Das Betonelement gibt die
Bei mehr als zehn Projekten,
eingelagerte Wärme oder
Vorinstallierte Haustechnik,
meist Bürobauten, kam unKälte wieder an den Raum
die Betonkernaktivierung
sere Klimadecke schon zum
ab. Die Vorzüge der Klimazur Gebäudeklimatisierung nutzt Einsatz.“ Und was bringt die
decke erläutert Hermann
Zukunft? An welchen neuRudolph, Geschäftsführer
en Betonfertigteilsystemen
der Rudolph Baustoffwerke:
plant das Allgäuer Unternehmen heute? „Zur„Mit der Sandwichbauweise optimieren wir die
zeit arbeiten wir an einer schallabsorbierenden
Betonkernaktivierung. Die beiden Schalen sind
Decke, die bald auf den Markt kommt und an Anzum einen thermisch voneinander getrennt, zum
schlussdetails für Fenster bei Thermowänden“,
anderen ist die Masse deutlich geringer. Dadurch
verrät Rudolph. „Getreu dem Motto: 'Stillstand
reagiert das System viel schneller als bei einer herheißt Rückschritt!' haben wir noch einige Prokömmlichen Betonkernaktivierung: Statt sechs bis
duktideen für Betonfertigteile, die wir in den nächacht Stunden Reaktionszeit benötigt unsere Klisten Jahren umsetzen werden.“
madecke nur etwa 55 Minuten bis zur vollen LeiAlexandra Goebel
stung.“ Entsprechend dieses „flinken“ Systems sei
es möglich, die Temperaturen in den Räumen einzeln zu regulieren und den jeweiligen Bedürfnissen anzupassen. „Wenn ein Besprechungsraum
kurzfristig gebraucht wird, kann eine Stunde vorher die Temperatur am Regler eingestellt werden, damit es später angenehme 23° C hat“, sagt
1-3 Betonfertigteildecken werden im
Werk nach den Vorgaben des Architekten
maßgeschneidert gefertigt. 4-5 Einbau der
Betonfertigteildecken
auf der Baustelle.
6 Heiz- und Kühlelemente, Rohrleitungen
und Wärmedämmmaterial werden bereits
im Werk in Wände
und Decken eingebaut. 7 Die Fassade
des Bürogebäudes
„Four Elements“
in Düsseldorf greift
den Charakter der
nachbarschaftlichen
Bebauung durch
raumbildende Elemente aus Vor- und
Rücksprüngen auf.
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