MAGAZI N FÜ R BEWEGU NG I N DER ARCH ITEKTU R Medical / Wohnen im Alter puls 02 | 2011 Kein Licht. Sondern Atmosphäre. designed by Klinik im Grünen von TMK Architekten Busch-iceLight®. Einleuchtendes Design. Effizient eingesetzt. Die erste Unterputzdose mit LED-Licht zum Wohlfühlen. Passend zu Schaltern und Steckdosen. Von Stararchitekt Hadi Teherani gestaltet. Für neue Harmonie von Licht und Raum. Entdecken Sie mehr Atmosphäre auf // www.BUSCH-JAEGER.de Mehr Autonomie für den Patienten – C. F. Møller Architekten im Gespräch Modernes Pflegekonzept in Schwabing Krebszentrum in Heidelberg von Behnisch Architekten www.BUSCH-JAEGER.de Die Zukunft ist da. 02 | 2011 » Editorial Christine Nickl-Weller und Hans Nickl sind Spezialisten für Gesundheitsbauten und lehren seit Langem als Professoren an deutschen Universitäten. Zur Sache: Der Patient der Zukunft puls im Gespräch mit Prof. Christine Nickl-Weller und Prof. Hans Nickl, Nickl & Partner Wir stecken mitten im demographischen Dazu kann auch der Wunsch gehören, auf Unter Hotel verstehe ich auch einen Zustand Wandel. Inwieweit hat dies bereits auf die dem Klinikgelände ins Café zu gehen oder jenseits der typischen Krankenhausatmosphä- Architektur abgefärbt? Bankgeschäfte zu erledigen. re aus alten Tagen, als man mit einem Klini- Im Bereich der Altenpflege hat sich sehr viel Ja. Der Besucher möchte beim Betreten seiner kum noch automatisch den beißenden Geruch getan. Wir haben keine reinen Altenheime Klinik ein angenehmes Ambiente vorfinden von Desinfektionsmitteln verband. Dass man mehr, sondern betreutes Wohnen, dazu kom- und somit auch von seiner Krankheit abgelenkt heute im Krankenhaus eine wohnliche Umge- men die Demenzstationen, reine Pflegestatio- werden. Er soll eben nicht in ein dunkles Loch bung anstrebt, ist selbstverständlich geworden. nen und Hospize. Im Klinikbereich ist ebenfalls fallen und sich hilflos und ausgeliefert fühlen. In dieser puls-Ausgabe fragen wir deutsche viel Bewegung zu verzeichnen. Grundsätzlich hat sich das Bewusstsein in der Bevölkerung Dabei ist beim Patienten mehr und mehr eine Architekten, wie sie im Alter leben wollen. verändert. Der Patient sucht sich vermehrt das klinische Atmosphäre verpönt. Er möchte es Die meisten sagen, sie möchten zu Hause Krankenhaus aus, in dem er behandelt wird. vielmehr hell und freundlich. wohnen bleiben. Sie auch? Aber dieser Wunsch gilt nicht für alle Bereiche. Eigentlich schon. Deshalb ist der Bereich Der Kampf um den Patienten hat also bereits Jemand, der beispielsweise gerade einen Un- „Betreutes Wohnen“ für uns so wichtig. Wir begonnen? fall erlitten hat, will die medizinischen Appa- haben zum Beispiel eine Seniorenwohnanlage Genau. Er wird sich auch noch verstärken. Ich raturen sehen. Damit er erfährt, dass man sich in Landsberg am Lech gebaut. Hier kann man meine, wenn jemand ein Leben lang einge- um ihn sorgt und ihm hilft. relativ lange in den Wohnungen bleiben und hat gleichzeitig die Sicherheit der medizini- zahlt hat – und Krankenversorgung ist teuer –, dann hat er auch ein Recht, das zu bekommen, Können Sie mit dem Begriff vom „Patienten- schen Versorgung. So oder so ähnlich könnten was er sich vorstellt. hotel“ etwas anfangen? wir uns das auch vorstellen. 02 puls 02 | 2011 Unterwegs zum Patientenhotel > S. 4 Sicherheit, Komfort und Energieeffizienz in den eigenen vier Wänden > S. 10 Klinik im Grünen > S. 14 Alterssitze unweit der Münchner Freiheit > S. 24 Gute Besserung > S. 30 „Wie wohne ich im Alter?“ > S. 34 Mehr Autonomie für den Patienten > S. 36 Produkte für die „Silver Generation“ > S. 40 04 10 14 20 24 Titelbild: Jochen Stüber Bildbearbeitung: Raphael Pohland / stilradar Macro Unterwegs zum Patientenhotel Von Insa Lüdtke Micro Mehr Sicherheit und Komfort durch KNX Von Volkmar Runte Praxis I Klinik im Grünen – das Krankenhaus Minden Praxis II Das Krebszentrum NCT in Heidelberg Praxis III Im Schwabinger Garten – zu Besuch im Altenpflegeheim St. Nikolaus in München 30 34 36 40 42 43 Visionen Gute Besserung Umfrage Wie wollen Architekten im Alter wohnen? Zu Besuch Interview mit Julian Weyer, C. F. Møller Architekten, Aarhus Einblicke Informationen über Produkte aus dem Hause Busch-Jaeger Denkanstoß Die Preisfrage zum aktuellen Thema Impressum 03 Miguel de Guzmán » Macro Kurze Wege: In der Seniorenresidenz Santa Rita auf Menorca liegen alle Einrichtungen und Zimmer auf ein und derselben Ebene – mit Zugang zur umgebenden Gartenanlage. Zusätzlich verzichtete das Büro von Manuel Ocaña auf Korridore und Türen. Unterwegs zum Patientenhotel Der Gesundheitssektor ist in Bewegung geraten: Krankenhäuser stehen auf einmal in Konkurrenz zueinander und werben um Patienten. Gleichzeitig steigen insbesondere bei der wachsenden Generation der „jungen Alten“ die Ansprüche. Die Architektur reagiert mit ganz verschiedenen Lösungen. Ein Trend, der sich klar abzeichnet: Mehr Individualismus und Selbstbestimmung – und das sowohl im Krankenbett als auch beim betreuten Wohnen. Von Insa Lüdtke 100 Jahre wird jedes vierte Mädchen alt, das dieser Tage zu sehen, können die Potenziale eines alten Menschen wie geboren wird, so die Ergebnisse einer Studie der Universität Erfahrung und Gelassenheit in den Vordergrund der Wahr- Köln von 2010. Laut einer Erhebung der WHO (World nehmung rücken. Das bedeutet auch, dass es nicht „den Health Organization) von 2008 gab es im Jahr 2000 welt- Alten“ gibt, sondern ganz unterschiedliche Lebenswelten. weit 600 Millionen Menschen, die 60 Jahre und älter Ob klassisch in der Großelternrolle oder als Globetrotter – waren. Bis 2025 rechnet die Behörde mit einer Verdoppe- darüber entscheiden nicht zuletzt der Geldbeutel, biogra- lung, und 2050 werden es schon über zwei Milliarden sein. phische Aspekte und der Gesundheitszustand. Zum ersten Mal in der Geschichte wird es dann mehr ältere als junge Menschen auf dem Globus geben. Das gilt auch Der liberalisierte Gesundheitsmarkt hierzulande: Während 2005 circa 3,6 Millionen über 80- Gesundheit stellt das wichtigste Gut dar – auch ökono- Jährige in Deutschland lebten, werden es 2050 mit zehn misch. Heute zählt der Gesundheitsmarkt mit einem Brutto- Millionen fast dreimal so viele sein, obwohl absolut gese- inlandsprodukt (BIP) von über 10 Prozent zum größten hen die Bevölkerung weiter schrumpft. Denn nicht nur ein Wirtschaftsfaktor. Laut der Studie „Health Style – Die längeres Leben bedingt die demographische Verschiebung, Gesundheitswelt der Zukunft“ (Trendbüro Hamburg, 2009) gleichzeitig stagnieren die Geburtenraten in den Industrie- gilt der medizinisch-technische Fortschritt als einer der nationen – ob in West oder Ost. Das ist kein neuer Trend, wichtigsten Treiber des Gesundheitsmarkts. Gleichzeitig bereits seit rund vier Jahrzehnten bewegen sich die Zahlen wird unser Umgang mit und die Wahrnehmung von auf niedrigem Niveau wie z. B. in Südkorea. Hier liegt die Gesundheit durch die Möglichkeiten der modernen Medi- Geburtenrate derzeit bei 1,19 Kindern je gebärfähiger Frau, zin geprägt. Biotechnologie, Gentechnik, Stammzellfor- das ist der niedrigste Wert unter den OECD-Staaten. Vor schung und -therapie oder Nanotechnologie bieten künftig diesem Hintergrund muss und wird sich das Bild, das wir ein großes Potenzial an neuen Heilungs- und Präventions- bisher vom Alter haben, wandeln müssen. Statt das Alter formen. Dies ermöglicht unter anderem die Entwicklung als Phase zunehmender körperlicher und geistiger Defizite von individualisierten Therapien. Wir leben nicht nur län- 05 Nigel Young / Foster + Partners ger, auch der Anteil der Jahre, die wir gesund verbringen, sprechen. Bewertungsportale im Internet geben Interes- nimmt zu. Das führt zu einer wachsenden Nachfrage nach senten Auskunft über Häufigkeit und Qualität von Eingrif- Gesundheitsleistungen. Die alternden Babyboomer werden fen. Hierarchien fallen, Facharztabteilungen werden aufge- die nächste Generation der Senioren prägen und dem Alter löst, und es wird stattdessen in zentralen High-Tech-OPs mit Lebenslust, dem Wunsch nach einem selbstbestimm- operiert. Technisierung durch spezielle Software-Lösungen ten Leben und Aktivität entgegentreten. spielt eine immer größere Rolle: Über die digitale Patientenakte etwa kann ein Arzt nicht nur im OP, sondern auch bei Seit 2004 erleben wir einen Wandel von der regulierten der Visite am Patientenbett auf alle gesundheitsrelevanten Gesundheitsversorgung hin zum liberalisierten Gesund- Daten zugreifen. Zentrale Anlaufstelle der 2010 eröffneten Privatklinik Circle Bath ist das vornehme, weitläufige Atrium. Architekt ist kein geringerer als Norman Foster (oben). Das südlich von Lissabon gelegene Altenpflegezentrum von Aires Mateus & Associados gräbt sich als Kubenkonstruktion förmlich in den Berghang ein (rechts). heitsmarkt. Damals wurde die sogenannte Fallpauschale eingeführt: Je Eingriff kann der Leistungserbringer nur Effiziente Funktions- und Komfortbereiche werden also zu einen bestimmten Betrag abrechnen. Zwischen 1991 und Qualitätsmerkmalen. Weiche Faktoren wie Ambiente, aber 2007 halbierte sich die durchschnittliche Verweildauer im auch individualisierte Ernährungs- und Serviceangebote Krankenhaus von rund 14 auf acht Tage (Statistisches Bun- geraten als Kriterien zur Auswahl eines Hauses stärker ins desamt Destatis), Tendenz weiter fallend. Das zwang Blickfeld. Erste Krankenhäuser nennen das Kind beim Anbieter, auch ihre Gebäudestrukturen umzubauen: Wenn Namen: Patientenhotel. So entstand beispielsweise im Ost- es auch bislang nur vereinzelt zu Schließungen kam, so ist alb-Klinikum anstelle des Bettenhauses aus den 1950er- doch ein merklicher Bettenabbau zu beobachten. Jahren ein neues Klinikhotel von Heinle Wischer Partner Architekten. Patienten können sich in wohnlich eingerich- Effizienz und Komfort als Qualitätsmerkmale teten hellen Zimmern erholen. Speiseräume, Aufenthalts- Krankenhausanbieter müssen sich dem Wettbewerb um bereiche und Treffpunkte laden Patienten und Besucher den Patienten stellen. Als hoch spezialisierte Kompetenz- zum Verweilen ein. Dieser Hybrid aus Krankenhaus und zentren konzentrieren sie sich zunehmend auf spezielle Hotel ist zum einen gedacht für Angehörige und zum ande- Eingriffe, damit wächst die Erfahrung und Professionalität. ren für Patienten im sogenannten „Low-Care“-Bereich, die Es entsteht ein klares Leistungsprofil, und man könnte also nach OPs von der Intensivstation verlegt werden kön- bereits von einer Markenbildung im Krankenhauswesen nen und weniger medizinische Versorgung benötigen. Wie 06 puls 02 | 2011 Sergio Guerra in einem Hotel dominieren Service, Komfort und Wohn- werden im Quartier die Zukunft. Das Angebot für das Woh- lichkeit, die medizinische Apparatur rückt in den Hinter- nen – gerade für die dritte Lebensphase – wird sich immer grund. „Ambulant vor stationär" heißt auch die Parole, die mehr als bunte Angebotspalette ausdifferenzieren müssen, von der Politik ausgegeben wird. Dabei spiegelt sie auch um den heterogenen Bedarf zu befriedigen. Neben flexible- den Wunsch der meisten Menschen ab, zu Hause zu gene- ren Grundrisskonzeptionen werden auch Produkte der sen beziehungsweise gepflegt zu werden. Die ambulante Gebäude- und Informationstechnologie (Steuerung des Versorgung decken zunehmend lokal verankerte Gesund- Raumklimas, Sicherheitssysteme, Internet/Multimedia) heitszentren ab. Immer mehr Operationen finden deshalb wie auch der Ökologie stärker den Haushalt prägen. Darü- hier ambulant statt, zu Hause erfolgt die Regeneration in ber hinaus verlangen die jüngeren der alten Bewohner in den eigenen vier Wänden. Das spart Geld, und der Patient Zukunft nach mehr Mitbestimmung bei gemeinschaftli- kann sich in gewohnter Umgebung nachgewiesener- chem Wohnen. Im Idealfall leben junge Familien Tür an maßen besser erholen. Tür mit Alleinstehenden, behinderten Menschen und Älteren. Die Mietergenossenschaft SelbstBau e. G. ging diesen Lebensstil statt Lebensalter Weg und ließ vor drei Jahren mit der Schule Berlin Karls- Unabhängig von Alter und sozialer Herkunft lassen sich horst aus dem Jahr 1899 ein denkmalgeschütztes Back- Lebensläufe heute nicht mehr schematisch und linear steingebäude zu einem generationsübergreifenden, inte- erfassen wie einst: Kindheit, Ausbildung, Beruf, Familie, grativen Wohnhaus umgestalteten, das zudem zum neuen Ruhestand. Heute dagegen nimmt auch eine Rentnerin mit Arbeitsstandort der Architekten wurde. Die Zwei- bis Vier- Mitte sechzig noch ein Studium auf oder aber muss sich Zimmer-Wohnungen sind zwischen 55 und 140 Quadrat- womöglich in Heimarbeit Geld zu ihrer knappen Rente hin- meter groß, 16 der 21 Einheiten sind barrierearm, fünf roll- zuverdienen. In Zukunft werden Menschen dank eines stuhlgerecht ausgestattet. Die Initiatoren setzen auf gegen- noch längeren und vitaleren Lebens ihre Biographie immer seitige Unterstützung im Alltag. individueller gestalten können und müssen. Diese Entwicklung erfordert passende Wohnangebote. Wie das Trendbü- Quartiere für alle ro Hamburg in seiner Studie „Aging in Place – Lebensqua- Das Pflegeheim als Baustein in der Versorgungskette ist lität im Alter“ kürzlich untermauert hat, gehört dem Alt- deshalb nicht überholt. Gerade für hochaltrige Menschen 07 und deren Angehörige kann eine stationäre Einrichtung eine große Entlastung bedeuten und eine gute Lösung sein, wenn das Pflegeheim etwa im Wohnquartier integriert ist . Neben Angeboten für Anlieger kann es auch durch eine attraktive Architektur zur Aufwertung des Quartiers beitragen. So bleiben gewachsene soziale Kontakte erhalten. Auch bei diesem Gebäudetyp zeigen sich schon heute strukturelle Veränderungen: Die Häuser sind meist mit maximal 80 Plätzen deutlich kleiner als früher, befinden Wohnliches Setting statt langer anonymer Flure: Im schwedischen Norra Vram orientierte sich Marge Arkitekter an der Struktur traditioneller schwedischer Gutshöfe. Die Zimmer der 40 Bewohner sind auf Einzelhäuser verteilt, die jeweils einen eigenen Zugang zum Garten haben (rechts). sich eher im Stadtzentrum, wo Leben ist, und warten auf mit wohnlichen Settings statt einem langen anonymen Flur. So orientierte sich im schwedischen Norra Vram das Büro Marge Arkitekter beim Bau einer neuen altersgerechten Einrichtung an der Architektur alter schwedischer Gutshöfe aus dem 19. Jahrhundert. Die Zimmer der 40 Bewohner befinden sich in einzelnen Häusern mit separatem Zugang zum Garten, in der Wohnküche findet das Gemeinschaftsleben statt. Jeder Bewohner kann sich in sein Einzelzimmer zurückziehen, das sich zur zentralen Wohnküche mit angrenzenden Wirtschafträumen und Pflegebad orientiert. Hier verbringen die Bewohner in Gruppen von rund 12 bis 14 Personen, betreut von Pflegekräften und Haushaltswirtschaftern, den Tag. Über eine Terrasse gelangt man in den Garten, bepflanzte Hochbeete sind selbst für Rollator- oder Rollstuhlfahrer problemlos erreichbar. Mike Bink Wohnliche Pflegeheime und „Service Wohnen“ Langfristig wird sich in der Altenpflege die Tagesbetreuung in Form einer ambulanten Tagespflege durchsetzen, ob als Teil einer stationären Einrichtung oder integriert in ein gewöhnliches Wohnhaus. Die Zukunft wird also auch hier in der Verflechtung und Annäherung von Angeboten der stationären Pflege auf der einen und dem Gesundheitssek- Kunst sorgt für Ablenkung: Im Amsterdamer Kinderkrankenhaus Emma strahlen die von Künstlern gestalteten Muster Zuversicht aus und können den kleinen Patienten die Angst nehmen. Für die Eltern gibt es verschiedene Rückzugsmöglichkeiten (oben). Der Weg in das von Nickl & Partner neu gestaltete Universitätskrankenhaus Eppendorf führt die Besucher quer durch die großzügige Eingangshalle. Ein Café, Einkaufsmöglichkeiten und eine Bankfiliale liegen nicht weit entfernt und sind in den Komplex integriert (unten). tor auf der anderen Seite der Versorgungskette liegen. Dazwischen wird die Wohnungswirtschaft und die Kommune als Schnittstelle und Mittler noch an Bedeutung gewinnen: So zieht Wohnlichkeit in die Pflegeheime ein, im Gegenzug bieten Wohnungsunternehmen als „Service Wohnen“ zusammen mit ambulanten Diensten Zusatzleistungen von haushaltsnahen Dienstleistungen bis hin zur professionellen Pflege an. Als Bindeglied wird die auf unentgeltlicher Basis gewachsene Nachbarschaft gefordert sein. Dann kommen wir der ursprünglichen Bedeutung des Wohnens ganz nah. Der Begriff entlehnt sich aus dem Gotischen „wunian“ und meint soviel wie „umfriedet“ und Stefan Falk „zufrieden sein“. Insa Lüdtke ist Architektin und freie Journalistin. 2008 gründete sie gemeinsam mit Eckhard Feddersen in Berlin das Beratungsunternehmen „Cocon Concept“, das sich auf „Wohnen im Wandel“ spezialisiert hat. Insa Lüdtke ist Mitherausgeberin des Entwurfsatlas „Wohnen im Alter“ (2009, Birkhäuser). puls 02 | 2011 Johan Fowelin » Micro Um als Ruheständler möglichst lange zu Hause wohnen bleiben zu können, muss eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein. Neben der Barrierefreiheit bietet die automatische Steuerung von Licht, Heizung und Türkommunikation Komfort und Sicherheit. Sicherheit, Komfort und Energieeffizienz durch KNX Die „Best Ager“ sind nicht nur sehr mobil und aktiv, sondern auch moderner aufgestellt als noch die Generation vor ihnen. Sie verfügen zudem über eine hohe Konsumkraft. Die heutigen Entwicklungen der Industrie orientieren sich zunehmend daran, auch die Bedürfnisse der über 60-Jährigen bei der Produktentwicklung zu berücksichtigen. Stark im Kommen innerhalb der älteren Generationen: die Gebäudeautomation über ein KNX-System. Von Volkmar Runte Fotos A. Rinuccini Um möglichst lange unabhängig zu bleiben, möchten die leitung. Über diese kommunizieren die einzelnen Steuer- meisten der Ruheständler in den „eigenen vier Wänden“ und Bedienelemente, Sensoren und Aktoren miteinander. oder ihrem Haus wohnen bleiben. Doch um dies umzuset- Die Sensoren messen zum Beispiel Temperatur, Feuchtig- zen, müssen die Gebäude und Wohnungen eine Reihe von keit, Sonnenlicht oder Bewegung und senden entsprechen- Voraussetzungen erfüllen. Das fängt bei der Barrierefrei- de Informationen, sodass die Heizung hochgefahren, die heit am Hauseingang oder im Bad an und geht bis zur Beleuchtung angeschaltet, die Rollläden heruntergelassen automatischen Steuerung von Licht, Heizung und Türkom- oder die Alarmanlage in Gang gesetzt werden. In einer munikation. Natürlich darf auch die Sicherheit nicht zu oder mehreren Steuerzentralen laufen die Informationen kurz kommen, dazu dienen entsprechende Hausruf- und zusammen. Von dort aus können über ein Paneel oder Notrufsysteme. einen Schalter Heizung, Beleuchtung, Klimaanlage oder Lüftung gesteuert werden. Generationenübergreifende Technik Seit 20 Jahren ist der KNX-Standard für Haus- und Gebäu- Rückgewonnene Abwärme desystemtechnik ein Garant für mehr Sicherheit, Komfort KNX wird zunehmend auch durch die ältere Generation und Energieeffizienz in den eigenen vier Wänden. Die aufgrund der einfachen und oftmals selbsterklärenden damit verbundene Gebäudeautomation wirkt generatio- Funktion positiv bewertet. Der Standard ermöglicht es, die nenübergreifend. KNX ist ein sogenanntes BUS. BUS steht elektrischen Funktionen in der gesamten Wohnung über für „Binary Unit System“ und ist die Grundlage intelligen- das Smartphone, den Computer, per Touchpanel oder ter oder vernetzter Gebäudetechnik. Damit die technischen Schalter zu steuern. Jalousien und Fenster können zum Geräte in einem Gebäude ihre Informationen austauschen Beispiel mit einer Wetterstation auf dem Dach vernetzt können, bedarf es einheitlicher Standards, über die sie werden. Diese sendet ein Signal an den Zentralrechner, gemeinsam kommunizieren können. Der KNX-Standard sodass zum Beispiel bei Wind und Regen die Jalousien nutzt dazu zusätzlich zum Stromnetz eine Niedervolt- automatisch hochgefahren und die Fenster geschlossen 11 werden. Verschiedene Lichtszenerien sorgen per Knopf- während der Gebäudenutzung für Wohlbefinden sorgen druck für das passende Ambiente. So kann ganz indivi- und in Zeiten, in denen die Bewohner sich nicht im Haus duell die KNX-Anlage dafür genutzt werden, einzelne aufhalten, aber heruntergeregelt oder ausgeschaltet sind. Lichtszenen beim Betreten des Hauses zu aktivieren. Eine weitere Steigerung für mehr Energieeffizienz ermög- Farbiges Orientierungslicht im Flurbereich, die Leseleuch- lichen Präsenzmelder. Damit lässt sich der Verbrauch wei- te im Wohnzimmer oder die Küchenbeleuchtung können ter begrenzen. Die Vernetzung aller Gewerke erlaubt geschaltet werden. Über die Wetterstation ist es möglich, zudem die Integration von Sonnenschutzanlagen mit diese Situationen auch jahreszeitabhängig zu erzeugen. Tageslichtlenkung, Lüftungsklappen für Nachtausküh- Außerdem können die Stereoanlage oder der Fernseher lung, Verriegelung der Fensterlüftung, solaren Wärmege- eingeschaltet werden, um dem Bewohner „seine“ indivi- winn usw., womit sich weitere Energieeinsparpotenziale duelle Wohlfühlsumgebung nach Bedarf zu bieten. erschließen lassen. Über ein zentrales Managementsystem können schließlich Energieverbräuche überwacht, Energieeinsparpotenziale analysiert und weiter optimiert werden. Zukunftsweisend Energieeffizienz und Nachhaltigkeit sind in Zukunft mehr für effiziente Energieanwendungen sind die intelligente denn je gefragt, denn die Immobilienkosten werden Verbrauchserfassung (Smart Metering) und die Koppelung zunehmend über die Folgekosten definiert. Ohne Automa- mit intelligenten Stromnetzen (Smart Grid). Für die tion sind Beleuchtungen, Heizungs-, Klima- und Lüftungs- Umsetzung der Gebäudeautomation mit KNX stehen mitt- anlagen meist durchgehend in Betrieb, was einen hohen lerweile deutschlandweit etwa 7.000 geschulte und erfah- Energieverbrauch zur Folge hat. Bei einer mit KNX ausge- rene Systemintegratoren zur Verfügung. statteten Gebäudetechnik steuern dezentrale BUS-Geräte die Raumheizung, Klimatisierung, Beleuchtungsanlagen Einsatzmöglichkeiten und andere Energieverbraucher ganz nach Bedarf. Zeitpro- Nachfolgend einige Beispiele, die insbesondere die kom- gramme sorgen dafür, dass Licht, Wärme und Kühlung fortable Benutzerführung durch KNX verdeutlichen. 12 puls 02 | 2011 Der KNX-Standard ermöglicht es, beispielsweise über ein Touchpanel in der Wohnung sämtliche elektrischen Funktionen zu steuern. Wie hier im von Pablo Katz entworfenen Wohnhaus CK 06 in Paris. Beleuchtung - Durch Tastendruck auf einem Zentralschal- Anwesenheitssimulation durch Licht und sonstige ter im Haustürbereich kann beim Verlassen der Wohnung Aktionssteuerungen wie Rollladenbetrieb oder Fenster- der Strom abgeschaltet werden. Dabei werden die not- lüftung. Dauerlicht vor den Eingangsbereichen, jahres- wendigen Technikbereiche oder Geräte ausgenommen zeit- und helligkeitsgesteuert. wie z. B. Heizung, Klimaanlage, Computer und Kommunikationssysteme und die Alarmanlage (scharfgeschaltet). Bewässerung - Automatischer Betrieb der Garten-Bewäs- Beschattung - Sonnen- oder Sichtschutzanlagen werden serungsanlage, z. B. auch koppelbar mit Sonnenstunden. wetter- bzw. sonnenstandsabhängig oder nutzerdefiniert geöffnet oder geschlossen. Haushaltsgeräte - Sicherheitsschaltungen für den Herd, Fenster und Türen - Automatisches Schließen von Fens- Backofen (zeitgesteuert), Gefrier- und Kühlschrank, mit ter- und Türanlagen bei Regen und Wind, z. B. Dachfens- entsprechender Störmeldung an eine Servicestelle. ter, oder Lüftung bei schlechter, sensorisch gemessener Luftqualität. Computer und Kommunikationsanlagen - Diese Anlagen Heizungs- und Klimaanlage - Individuelle Einzelraum- werden üblicherweise über Dauerstrom geführt, bei steuerung, um auf aktuell veränderte Bedarfe in einem Unterbrechung geht eine Information an die Servicestelle Raum zu reagieren und nach Nutzung automatisch in die oder direkt auf das Handy. Grundeinstellung zu fahren. Steuerung per Smartphone Ebenso ist der Status der KNX-Anlage über Fernabfrage, von unterwegs oder bei Rückkehr aus dem Urlaub. Ver- z. B. durch das Mobiltelefon möglich. gleichbare Steuerungen sind auch bei Klimaanlagen möglich. Alarmanlagen - Überwachungsmöglichkeiten per Bewegungsmelder in Kombination mit Video und Aufzeichnungselektronik für den Innen- und Außenbereich. Volkmar Runte ist Pressevertreter der GGT Gesellschaft für Gerontotechnik in Iserlohn. Er ist zudem Mitbegründer des Magazins „Das Optimum – Magazin für Komfort und Qualität“, Fachorgan der GGT. Außerdem ist er Geschäftsführer des Verlages 1.01. 13 » Praxis Klinik im Grünen Der Neubau des Johannes Wesling Klinikums liegt malerisch in die Landschaft eingebettet südlich von Minden. Der niedrige, dreigeschossige Baukörper wird durch zwischengeschaltete, bepflanzte Innenhöfe gegliedert und bietet Patienten, Mitarbeitern und Besuchern herrliche Ausblicke in Natur und Umgebung. Von Britta Rohlfing Fotos Jochen Stüber Am Stadtrand von Minden entstand in nur drei Jahren Bauzeit einer der größten Klinikneubauten in Deutschland. Benannt nach dem aus Minden stammenden Gelehrten Johannes Wesling ersetzt die neue Klinik zwei alte in der Stadtmitte gelegene Häuser. Mit über 800 Betten und mit modernster Technik ausgestattet dient das Klinikum der überregionalen Versorgung. Die Düsseldorfer TMK Architekten + Ingenieure konnten 2003 den ausgeschriebenen Wettbewerb für sich entscheiden. Gewünscht wurde von den Bauherren eine maximal viergeschossige Bebauung – was bei der Größe des Klinikums eine sehr flächige Bebauung bedeutet. Der Entwurf von TMK gliedert das etwa 300 Meter lange Gebäude in mehrere einzelne Baukörper, die durch zwei Hauptwege, eine Nord- und eine Südmagistrale, miteinander verbunden werden. Zwischengeschaltete Innenhöfe und Grünbereiche stellen jeweils den Bezug zum Außenraum her und versorgen den Großteil der Klinikräume auf diese Weise mit Tageslicht und natürlicher Belüftung. Wichtige Aspekte des Entwurfs waren für die Architekten Maßstäblichkeit und Transparenz. Trotz der enormen Größe des Hauses können sich Patienten, Besucher und Mitarbeiter leicht orientieren. 14 » Praxis Transparenz und Bezug zum Außenraum als Leitmotiv – Das Besuchercafé öffnet sich zum Süden hin mit einer großzügigen Glasfassade, die Patientenzimmer bieten mit raumhohen Fenstern Ausblicke in die Landschaft. Sie erleben mit der Dreigeschossigkeit des Hauses einen chermagistrale mit Cafés, Shops, Friseur, Patientenbiblio- Maßstab, der überschaubar und begreifbar ist, und kön- thek etc. erreicht man an drei Stellen über offene Treppen nen vielerorts den Blick ins Freie schweifen lassen. Kern- und Aufzüge die verschiedenen Stationen. Auf zwei Eta- stück des Johannes Wesling Klinikums ist der sich über die gen befinden sich 21 Pflegestationen mit je 30 Betten, gesamte Gebäudebreite erstreckende Aufnahme-, Dia- hauptsächlich in Zweibettzimmern. Das dreistufige Pfle- gnostik- und Therapietrakt, dem nordwärts der zentrale gesystem entlastet die Normalstationen und stellt sicher, Logistikbereich mit Zentrallager, Küche, Zentralsterilisa- dass jeder Patient entsprechend seiner medizinischen tion, Werkstätten und Apotheke vorgelagert ist. Zur Süd- Bedürfnisse betreut wird. Die von der parallel verlaufen- seite – und damit zur landschaftlich reizvollsten Seite in den Nord- bzw. Patientenmagistrale zu erreichende zen- Richtung Wiehengebirge orientiert – schließen sich die trale OP-Abteilung ist im ersten Obergeschoss angesiedelt, Bettenhäuser an. Eine angrenzende Wasserfläche vermit- die Intensiv- und Intermediate-Care-Stationen schließen telt zwischen Architektur und Landschaft und stellt den sich hier direkt an. Im Erdgeschoss führt die Nordmagis- Übergang vom gestalteten Bereich zum Wiehengebirge her. trale zu allen Ambulanzen, Untersuchungs- und Behandlungsbereichen. Baulich nimmt das Eltern-Kind-Zentrum Getrennte Patienten- und Besucherströme eine Sonderstellung ein: Alle Bereiche von Geburtshilfe, Direkt vom Eingangsbereich an trennen sich die Wege von Kinderklinik und Früherkennungszentrum sind unter Patienten und Besuchern. Von der südlich gelegenen Besu- einem Dach vereint. Ein Anziehungspunkt im hektischen 17 Klinikalltag ist das an der Südmagistrale gelegene Besuchercafé. Auch hier setzten die Architekten auf Transparenz und Blickbeziehungen zum Außenraum. Eine Glasfassade über die gesamte Gebäudehöhe lässt den Blick auf den gestalteten Innenhof, den hauseigenen See und das dahinterliegende Wiehengebirge zu. Neue Termin- und Ressourcenverwaltung Grundriss Ebene 2 Blick in einen gestalteten Innenhof, der Geäudekomplexe voneinander trennt (oben), Anmeldeschalter einer Ambulanz (Mitte), Patientenmagistrale mit Wandmosaik, das medizinische Heilpflanzen zeigt (rechts). Die Ansicht wechselt je nach Standpunkt des Betrachters. Auf die Installation modernster Technik wurde im gesamten Krankenhaus viel Wert gelegt. Beispielsweise ermöglichen WLAN Access Points eine kabellose Kommunikation, sei es, um in den Patientenzimmern während der Visite per Notebook Befunde abzurufen oder etwa im OP Röntgenbilder einzusehen. Auf der Basis der Web-Technologie kommt eine neu entwickelte Termin- und Ressourcenverwaltung zum Einsatz: Patiententermine werden in einem zentral geführten Terminkalender koordiniert. Im Gebäudezentrum des untersten Geschosses ist die Betriebstechnik angesiedelt: Von hier aus werden robotergesteuerte Trans- Grundriss Ebene 3 18 portwagen versandt, die alle Abteilungen des Krankenpuls 02 | 2011 hauses mit Wäsche, Arzneimitteln und Speisen versorgen oder auch benutztes Geschirr abholen. Außerdem versorgt ein vollautomatisiertes Reinigungs- und Ordnungssystem Projektbeteiligte die Mitarbeiter stets mit frischer Arbeitskleidung. Mit Bauherr einem elektronischen Schließsystem wird der Zugang zum Zweckverband der Kliniken im Mühlenkreis Klinikum kontrolliert. Mittels Transponder werden individualisierte Zugangsberechtigungen innerhalb eines Architekten bestimmten Zeitplans vergeben. TMK Architekten + Ingenieure, Düsseldorf Der Landschaftsplanung wurde ebenfalls große Bedeutung zugemessen, die Umgebung lädt zu Spaziergängen Freiraumplanung ein. Ein „Arboretum medicum“ informiert die Besucher Kortemeier Brokmann Landschaftsarchitekten, Herford über die medizinische Bedeutung der angepflanzten Bäume, Sträucher und Stauden. Die zwischengeschalteten Integrierte Produkte von Busch-Jaeger Innenhöfe statteten die Landschaftsarchitekten Korte- Schalterserie Reflex SI inklusive Busch-steplight; meier Brokmann mit einem Therapiegarten, einem Eltern- Jalousieschalter; Steckdosen mit integriertem erhöhtem Kind-Hof, einem Terrassenhof mit Gastronomie, einem Berührungsschutz; Steckdosen mit LED-Funktions- Kunsthof sowie mit einem Kapellenhof aus. Letzteren anzeige; Sonderlösungen für die OP-Bereiche; gestaltete eine Künstlerin mit einer Kapelle als begehbare Bewegungsmelder im Außenbereich; Zentralscheiben Holzskulptur, die einen Rückzugsort und angenehmen für die Daten- und Kommunikationssysteme Ruhepol im Klinikalltag darstellt. 19 » Praxis Haus der Begegnung Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen NCT in Heidelberg vereint unter einem Dach Ärzte, Wissenschaftler und Patienten. Das Haus bietet eine Vernetzung interdisziplinärer medizinischer Versorgung mit kliniknaher Krebsforschung. Durch geschickte Materialwahl und eine sensible Innenarchitektur gelingt es Behnisch Architekten, ein Krankenhaus ohne typische Klinikatmosphäre zu gestalten. Das Centrum will beim Patienten die Gefühle von Zuversicht und Vertrauen stärken und mobilisieren. Von Britta Rohlfing Fotos Adam Mørk Die Stadt Heidelberg, reizvoll am Neckar gelegen, lockt mit nicht erwünscht. Im Gegenteil, der Neubau sollte den inter- seinem lieblichen Panorama von Schloss und Altstadt Milli- disziplinären Gedanken und den Modellcharakter der Ein- onen von Touristen herbei. Doch gerade ist die Stadt dabei, richtung mit seiner Architektur unterstützen. sich neu zu erfinden, mag sich nicht länger auf ihr Image als romantische Schönheit verlassen. Der Strukturwandel, Transparenz und untypische Materialien den sie unlängst erfährt, sorgt für ein internationales Klima So gestalteten die Stuttgarter Architekten um Stefan Beh- in der Stadt: Gut ein Dutzend medizinischer und naturwis- nisch, David Cook und Martin Haas das neue Gebäude ganz senschaftlicher Forschungseinrichtungen haben sich in den bewusst transparent, offen und einladend. Herzstück der vergangenen Jahrzehnten bereits ansiedelt und beeinflus- Klinik ist das zentrale von Licht durchflutete Atrium, das sen die Stadtentwicklung nachhaltig. Einen Beitrag hierzu sich über vier Geschosse erstreckt. Als ein Ort der Begeg- leistet auch das neuerbaute Nationale Centrum für Tumor- nung zwischen Ärzten und Wissenschaftlern, Patienten erkrankungen von Behnisch Architekten. Auf dem Campus und Besuchern inszeniert, erschließt sich von hier aus das des Universitätsklinikums, eingebettet zwischen Kopf- und Gebäude: An zentraler Stelle im Erdgeschoss befindet sich Kinderklinik, vereint es interdisziplinäre medizinische Ver- der Empfang, von dem aus die Besucher übersichtlich in die sorgung und kliniknahe Krebsforschung unter einem Dach. unterschiedlichen Bereiche des Hauses gewiesen werden. Es dient als zentrale Anlaufstelle für Krebspatienten, die Freie, einläufige Treppen führen die Besucher von Ebene zu von einem interdisziplinären Expertenteam auf der Basis Ebene. Bereits die Materialwahl erweist sich als für ein neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse betreut werden. Krankenhaus untypisch: geschliffener Estrich als Bodenbe- Die enge Vernetzung von Klinik und Forschung sollte sich lag im Eingangsbereich, Sichtbetonwände, Treppengelän- auch im Neubau widerspiegeln. Ein typischer Kranken- der aus Eichenholzlatten im Wechsel mit Glasgeländern hausbau war von den Bauherren, der Deutschen Krebshilfe erzeugen eine Atmosphäre der Zuversicht, des Vertrauens und der Dr. Mildred Scheel Stiftung für Krebsforschung, und der Professionalität. 20 Herzstück des Klinikums und soziale Schnittstelle – das Atrium, das sich über vier Geschosse erstreckt, wirkt hell und einladend und dank der Oberlichter sehr plastisch. puls 02 | 2011 Geographisch reagiert das Gebäude auf seine unmittelbare det. In diesen beiden ersten Geschossen sind die klinischen Umgebung: Nach Osten hin nimmt der Baukörper die ortho- Abteilungen untergebracht, die beiden oberen Geschosse gonale Struktur und die Geschossigkeit der angrenzenden sind den Bereichen Beratung und Tumorkonferenzen sowie Kopfklinik des Universitätsklinikums Heidelberg auf. Klar den Büros für Forscher und Mediziner vorbehalten. funktional gegliedert befinden sich hier auf drei Geschossen die Laborbereiche. Im westlichen Teil entwickelt sich der Offene Behandlungsareale Baukörper freier und wendet sich vermittelnd der benach- Die klinischen Areale für die Patienten wurden freundlich barten Kinderklinik zu. Augenfällig ist hier der aufgesetzte und mit Einsatz von viel Eichenholz gestaltet. Die Untersu- zweigeschossige Baukörper mit Putzfassade in typischer chungs- und Behandlungsräume sind entlang der Fassaden „Behnisch-Stapelmanier“, der auf den unteren Geschossen angeordnet, geschützte Wartebereiche bieten Blicke in die zu schweben scheint. Die skulpturale Form des Neubaus ver- Landschaft. Die Behandlungen finden in offenen, lounge- schafft dem Gebäude eine eigene Identität auf dem Campus. ähnlichen Bereichen statt, in denen durch halbhohe Durch eingeschnittene Vouten an den Fenstern bildet sich je Schrankmöbel und Trennwände kleine Sitzgruppen von drei nach Sonnenstand ein wechselndes Schattenspiel an der bis fünf speziell für das NCT entwickelten Liegesesseln gebil- Fassade. Nach Norden über den Haupteingang und nach det werden. Zarte Vorhangstoffe sorgen für eine fast wohnli- Westen hin auskragend, steht der steinerne Baukörper in che Atmosphäre. Die Fassaden sind großzügig verglast, Kontrast zu den beiden unteren Geschossen, deren Fassade sodass die Patienten freien Ausblick auf den Garten haben, aus grün eingefärbtem Glas sich mit der Umgebung verbin- den sie zwischen den Behandlungen auch nutzen können. 22 Die skulpturale Form des NCT verschafft dem Gebäude eine eigene Identität auf dem Campus (oben). Die Behandlungsbereiche sind mit speziell für das NTC entwickelten Behandlungsstühlen eingerichet (rechts). puls 02 | 2011 » Praxis Lageplan Grundriss Ebene 2 Eine vorgelagerte Terrasse steht ebenfalls während der chemotherapeutischen Behandlung zur Verfügung. Ein Raum der Stille dient den Patienten und Besuchern als Rück- Projektbeteiligte zugsort. Vom Atrium in Ebene 02 zu erreichen, scheint er wie ein geflochtenes Nest aus breiten Metallbändern förmlich im Luftraum zu schweben. Im Inneren gibt ein Oberlicht den Bauherr Blick in den Himmel frei. Ebenfalls vom Atrium aus zu errei- Deutsche Krebshilfe e. V./Dr. Mildred Scheel Stiftung chen sind eine Cafeteria mit eigens von den Architekten entworfenen Sitzbänken, ein Mehrzwecksaal sowie ein Gym- Architekt nastikraum. Das Gebäude entspricht den Anforderungen Behnisch Architekten, Stuttgart eines energetisch optimierten Funktionsbaus: Mit Hilfe einer thermischen Gebäudesimulation wurden die Tempe- Nutzfläche ratur- und Strömungsverhältnisse im Gebäude untersucht. 5.565 Quadratmeter Die Kosten für die Installation und den Betrieb der Lüftungsanlage konnten durch eine Kombination von bauteilakti- Integrierte Produkte von Busch-Jaeger vierten Decken und einer Teilklimatisierung optimiert wer- Lichtsteuerung über Präsenzmelder und KNX-System den. Das Gebäude wurde mit dem Preis „Beispielhaftes Bauen Heidelberg 2003 –2010” ausgezeichnet. 23 » Praxis Im Schwabinger Garten Eingebettet zwischen üppigen Grünanlagen liegt das Caritas Pflegeheim St. Nikolaus, das 2008 von Langecker + Partner Architekten in München-Schwabing fertiggestellt wurde. Das Konzept kombiniert Altenpflege mit betreutem Wohnen, setzt ganz auf Kommunikation und bietet den nahezu 200 Bewohnern eine helle und freundliche Umgebung, die zudem technisch auf dem neusten Stand ist. Von Lasse Ole Hempel Fotos Stefan Schumacher Schon auf dem Stadtplan scheint die Lage der Seniorenre- Baumbestand blieb erhalten sidenz St. Nikolaus attraktiv. Am westlichen Ende der Auch mit dem Neubau des Altenheims Sankt Nikolaus Osterwaldstraße liegt sie, in unmittelbarer Nachbarschaft konnte das Quartier aufgewertet werden, stand doch hier zum kleinen Osterwaldpark. Der weltberühmte Englische seit 1948 ein zunächst provisorisches Flüchtlingsheim, an Garten beginnt einen Kilometer entfernt in südlicher das immer wieder stückweise angebaut wurde und das ab Richtung. Doch Grün- und Erholungsflächen prägten den 1950er-Jahren als Altenpflegeheim genutzt wurde. Als nicht schon immer diesen Teil von Schwabing-Nord, der das Haus von seinem Standard her nicht mehr zu tolerie- heute von gepflegten Einfamilienhäusern dominiert wird ren war, wurde bald klar, dass eine Sanierung auszuschlie- und im Münchner Mietspiegel weit oben rangiert. Früher ßen war. Das Gebäude musste abgerissen wurden, und gab hier mittelständisches Gewerbe den Ton an, und nie- durch den Neubau mussten in jedem Fall die 130 Pflege- mand wäre wohl auf die Idee gekommen, den nördlichen plätze des Vorgängergebäudes ersetzt werden. Tatsächlich Teil des Englischen Gartens für ein Picknick anzusteuern. sind es heute 177 Heimplätze in St. Nikolaus, dazu kommen Einst befand sich in diesem Teil des Areals die Lokomoti- zehn Wohnungen im Dachgeschoss, deren Bewohner die venfabrik von Krauss-Maffei, in der bis in die 1990er-Jah- Pflegedienste des Heims in Anspruch nehmen können. Mediterrane Farbgebung: Der ockerfarbene Anstrich des zentralen Hauptbaukörpers nimmt Bezug zum Laub der großen Kastanienbäume im Garten auf der Gebäuderückseite. Die Holzpaneele sorgen zusätzlich für Abwechslung. re noch kräftig produziert wurde. Je nach Windrichtung konnten industrielle Düfte durch die Parklandschaft St. Nikolaus ist in drei Baukörpern angelegt. Diese Auftei- wehen. Das Revier ist heute ein typischer Beleg für die lung war vom Bebauungsplan her vorgeschrieben, da das Tatsache, dass sich der hochwertige Innenstadtbereich neue Gebäude exakt in die Umrisse des ursprünglichen der bayerischen Metropole stetig ausdehnt. Einen nicht Pflegeheims passen musste. Dazu musste der vorhandene zu unterschätzenden Anteil daran hatte die verkehrsberu- Baumbestand nach Möglichkeit gewahrt bleiben. Durch higende Maßnahme, den vielbefahrenen Mittleren Ring zusätzliche Maßnahmen wie Spundwände konnte dies unter die Erde zu legen. erreicht werden. Der Entwurf von Langecker Architekten, 24 puls 02 | 2011 Die 25 Quadratmeter großen Einzelzimmer lassen viel individuellen Gestaltungsspielraum zu (links oben). Großzügig und farblich abgestimmt erscheinen die kommunikativen Gemeinschaftsbereiche (links unten und rechts). Besonders stolz ist man auf die hauseigene Kapelle (unten rechts) der aus dem VOF-Verfahren erfolgreich hervorging, sah gen Ocker fast mediterran anmutet. In der Vertikalen wird vor, dass von der bisherigen für das Heim vorgesehenen das Gebäude über ein Treppenhaus und zwei Aufzüge Fläche von 15.000 Quadratmeter lediglich 10.000 Quadrat- erschlossen. Pro Stockwerk teilt sich eine Wohngruppe von meter für den Neubau benötigt werden. Die restlichen 15 Plätzen einen Flügel. Zwecks einer besseren Orientie- 5.000 Quadratmeter konnten erfolgreich veräußert wer- rung hat jede Wohngruppe eine eigene Farbgebung und den, der entsprechende Gewinn floss in das Kapital des einen spezifischen Namen zugewiesen bekommen. Die an Pflegeheims ein. So konnte in unmittelbarer Nachbar- den Wänden der Sektoren angebrachten Fototafeln sollen schaft eine hochpreisige Wohnanlage für Senioren entste- insbesondere jenen Menschen helfen, die an gerontopsy- hen: altersgerechtes Wohnen, mit der Option, die Betreu- chiatrischen Krankheiten wie Demenz leiden. So trifft der ungsangebote von St. Nikolaus zu nutzen und letztlich Bewohner auf ihm womöglich bekannte Straßen und Plät- auch in das Pflegeheim umzuziehen. ze aus dem Münchner Raum. Im Erdgeschoss eines Flügels wurde ein spezieller Bereich für Demenzkranke angelegt. Orientierung durch Farbgebung Für die sogenannten weglaufgefährdeten Patienten sind Trotz dieser erheblichen Zusatzeinnahme kann man bei hier besondere Vorrichtungen getroffen, wie beispielsweise St. Nikolaus mit einem Bauvolumen von rund 18 Millionen durch Zahlencodes gesicherte Türen. Die tägliche Praxis hat Euro von einem Low-Budget-Projekt sprechen, bei dem erbracht, dass man heute in St. Nikolaus Demenzkranke aber aus den Möglichkeiten nahezu das Optimum heraus- gemeinsam mit anderen Bewohner in einer Wohneinheit geholt werden konnte. Man betritt das Gebäude durch den betreut. Im Außenbereich sorgen Paneele entlang der Fas- vorstehenden mittleren Baukörper, der in seinem kräfti- sade für weitere farbige Akzente. 27 Integrative Angebote Heiligen Abend, lässt sich der Publikumsbereich durch Gerade älteren Menschen ist es besonders wenig zuträg- eine Schiebetür in Richtung des angrenzenden Cafés ein- lich, sich selbst überlassen zu sein und keine Anregungen drucksvoll vergrößern. Das helle Café ist mit seiner Fens- zu erhalten. So war es von Anfang an Teil des baulichen terfront dem Garten zugewandt und verfügt über eine Konzepts, die Bewohner in eine lebendige Umgebung zu sonnige Terrasse. Wer hier an einem Sommertag Platz integrieren. Wer körperlich bereits stark eingeschränkt ist, nimmt, wird die Nähe der schattenspendenden Bäume zu sollte zumindest durch bloßes Zuschauen und Teilhabe schätzen wissen. Die Rattanstühle und gestreiften Marki- den Bezug zu seiner Umgebung erhalten können. Heute sen lassen eine Caféhausatmosphäre aufkommen – etwas, weiß man, dass allein durch die Teilhabe am Leben Ande- das man gemeinhin kaum in einem Altenpflegeheim rer älteren Menschen ungemein geholfen werden kann. So erwarten würde. Da wundert es nicht, dass sich zumindest wurde viel Wert auf die Gemeinschaftsbereiche gelegt, die in der warmen Jahreszeit das soziale Leben rund um die jeweils an zentraler Stelle einer Wohngruppe zugeordnet Terrasse und die angrenzenden, mit Holzbänken gesäum- sind. Hier können die Bewohner selbst kochen oder fernse- ten Grünbereiche konzentriert. In den Innenräumen des hen, in dem mit bequemen Lehnstühlen, Sofas und hölzer- Cafés finden Filmvorführungen und andere Veranstal- nen Bücherregalen einladend eingerichteten Bibliotheks- tungen statt. Urbanität und grünes Flair: St. Nikolas liegt eingebettet zwischen großen Bäumen. Mit dem Rollator kommen die Bewohner bequem in den Englischen Garten – oder auch an die Münchner Freiheit. bereich können sie lesen und beinander sitzen. Für die Internet-Generation vorbereitet Besonders stolz ist man auf die eigene Kapelle, in der Alle Flur- und Zimmerbereiche sind brandüberwacht, jeden Sonntag ein Gottesdienst abgehalten wird. Bei Alarmmeldungen gehen an einer zentralen Stelle im Haus besonderen Anlässen, wie beispielsweise der Messe am ein, lösen den Alarm aus, der sofort direkt an die Feuer- 28 puls 02 | 2011 » Praxis Grundriss Erdgeschoss Grundriss Einzelzimmer Nordansicht Grundriss 1. – 3. OG wehr weitergeleitet wird. Im Hinblick auf zukünftige, internetaffine Altersheimgenerationen sind in allen Zimmern die Vorrichtungen für einen umfassenden Netz- Projektbeteiligte werkanschluss verlegt. Den Plan der Architekten, eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach zu installieren, haben Bauherr die strengen Budgetvorgaben durchkreuzt. Dennoch kann Caritasverband der Erzdiözese das Gebäude den Niedrigstenergiestandard einhalten – München und Freising, GF Altenheime, München unter anderem durch das installierte System der kontrollierten Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung. Architekten Gerade in Pflegeheimen zahlt sich diese Investition aus, da Langecker + Partner Architekten GbR so in den Zimmern immer ausreichend Luft ausgetauscht wird. Das kommt der Luftqualität im ganzen Gebäude Bauzeit zugute. Insbesondere bei Bewohnern, die den Hang haben, 2006–2008 das Fenster nie oder nur ganz selten zu öffnen, ist trotzdem ein angenehmes Raumklima garantiert. Die einge- Bauvolumen baute KNX-Anlage erlaubt eine zentrale Steuerung von 18, 1 Millionen Euro Beleuchtung, Sonnenschutz und Belüftung. Durch die Koppelung an den Wind- und Regenwächter, der auf dem Integrierte Produkte von Busch-Jaeger Dach installiert ist, lässt sie bei einem aufkommenden KNX-Anlage; Schalterprogramm Reflex SI 214 Sturm der Sonnenschutz hochfahren. 29 TMK Architekten Gute Besserung Der Mief auf den Fluren und die klinische Atmosphäre sollen der Vergangenheit angehören. Der postmoderne Architekt denkt ganzheitlich und ersinnt grüne und lebenswerte Gesundheitskomplexe, die im Inneren umfangreiche Technik verbergen. TMK Architekten: Nationales Centrum für Tumorerkrankungen, Heidelberg Der Wettbewerbsentwurf von TMK Architekten für das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg wird eine Aufsehen erregende Vision bleiben. Aus dem vom Bauherrn, der Deutschen Krebshilfe und der Dr. Mildred Scheel Stiftung für Krebsforschung, ausgerufenen Wettbewerb ging das Büro Behnisch Architekten siegreich hervor (siehe Praxisbericht S. 20ff). TMK Architekten hatten für den im Aufwind begriffenen Wissenschafts- und Technologiestandort Heidelberg eine interessante Lösung anzubieten, für die sich bereits in der äußeren Form jegliche Assoziation zu den Themen Krankenhaus und Bettenstation verbietet. Das NCT erhebt sich bei TMK Architekten ringförmig aus dem Gelände, ist auf Stützen gestellt und mutet dank des transparenten Erdgeschosses ungemein leicht an. Es soll sowohl bei Passanten als auch bei Besuchern Interesse wecken und den Eintretenden mit einer Geste der schützenden Hand im Innenraum der kreisförmigen Fassade in Empfang nehmen. Der Baukörper ist in drei Elemente unterteilt: Über dem Gartengeschoss, das die Räume für Ver- und Entsorgung beherbergt, erstreckt sich ein amorphes Erdgeschoss mit transparenten Fassadenflächen und einer großzügigen Eingangshalle. In den beiden kreisförmigen Obergeschossen sind die interdisziplinären Therapie-, Beratungs- und Tagesklinikfunktionen angelegt. Die Gefahr der Verwechslung mit den in unmittelbarer Nachbarschaft stehenden rechteckigen Gebäuden des Universitätsklinikums haben die Architekten von vornherein ausgeschlossen. 30 puls 02 | 2011 » Visionen Arakawa und Madeline Gins: Architecture against Death Das japanisch-amerikanische Künstlerpaar Arakawa und Madeline Gins widmete sein gesamtes künstlerisches Forschen und Schaffen dem Älterwerden und Sterben. Getreu dem Leitsatz „Man ist so alt wie man sich fühlt“ trainiert ihre Architektur Bewohner mit – man muss es wohl so nennen – Unbequemlichkeit. Ihr Œuvre nannten sie „Reversible Destiny“, das umkehrbare Schicksal, welches sich in Gedichten, Büchern, Gemälden und Architekturen manifestierte. Das Konzept der „Architecture against Death“ wurde über die Jahre in verschiedenen Visionen geplant, modifiziert und nahm schließlich auf Long Island als lebensverlängernde Villa konkrete bauliche Formen an. Schreiende Farben, Türen und Fenster, zu denen man sich bücken oder hochklettern muss, bestimmen die Gebäude, ein hügeliges Bodenrelief verlangt Bergsteigerkünste, „moderner“ Komfort wie ein Wasserklosett ist bewusst nicht vorhanden. Diese ständige Anstrengung, so das Künstlerpaar, lässt dem Tod keine Möglichkeit, den Menschen zu überrumpeln. Denn Behaglichkeit führe früher oder später zum Tod. Ihre größte Vision die „City of Reversible Destiny“, eine ganze Wohnsiedlung, die lebensverlängernd wirken soll, wartet noch auf Investoren. Arakawa, der 2010 im Alter von 73 Jahren verstorben ist, wird den Bau dieser unge- sondern voller Barrieren ist, nicht mehr erleben. Ms. Gins widmet sich jedoch weiterhin leidenschaftlich einer Architektur, die dem Alterungsprozess entgegen wirken soll. Arakawa + Gins wöhnlichen Form altersgerechten Wohnens, das nicht barrierefrei, Pristmangoode: Recovery Lounge Unzählige Spezialisten haben sich schon mit der schwierigen Aufgabe befasst, effizientere und kostensparende Gesundheitseinrichtungen zu schaffen. Mit Pristmangoode wagt nun ein renommiertes britisches Designbüro einen visionären und zugleich ungemein konkreten Vorschlag. Ausgehend von Optimierungen im Flugzeugkabinen-Design, bei dem auf engstem Raum den Passagieren größtmöglicher Komfort geboten wird, entwickelten sie ihre „Recovery Lounge“, eine Ambulanzklinik, die neben Entertainment für wartende Patienten optimierte Arbeitsabläufe für Ärzte und Pfleger sowie eine flexible Nutzung bietet. Es wurden Erfahrungen aus dem Low-Budget-Hoteldesign eingebracht, denn ebenso wie Hotelzimmer muss die Recovery Lounge preisgünstig, langlebig und einfach zu reinigen sein. Insbesondere der Privatsphäre der Patienten kommt ein großes Augenmerk zu. Pristmangoode betonen, dass ihr Entwurf nicht teurer ist als herkömmliche Krankenhausmöbel, den Patienten aber hohen Komfort bieten kann. Nicht zuletzt soll die Recovery Lounge mit gutem Design auch den Wohlfühlfaktor erhöhen und so zu einer schnellen Heilung der Patienten beitragen. Llewelyn Davies Yeang: Kinderklinik Great Ormond Street Das Londoner Kinderkrankenhaus Great Ormond Street ist auf dem Weg, zum „grünsten“ Krankenhaus Großbritanniens zu avancieren. Der Umbau, der 30.000 Quadratmeter umfasst und bei laufendem Betrieb stattfindet, beinhaltet zwei neue Gebäude sowie eine Grunderneuerung der bestehenden Gebäude. 20 Prozent weniger CO2-Ausstoß für das gesamte Krankenhaus sind geplant. Eine großzügige Glasfassade sorgt für natürliche Belüftung und ausreichend Helligkeit, im Inneren kommen Linoleum sowie schadstofffreie Farben zum Einsatz. Die größte Herausforderung für die Architekten war es, Funktionalität und nachhaltiges Design zu vereinbaren und dabei eine weniger sterile Atmosphäre zu schaffen. Auch für Effizienz ist gesorgt: 20 Prozent mehr Patienten können in Zukunft behandelt werden. NORD: Krebszentrum Sundhedscenter, Kopenhagen Die Herausforderung für den Wettbewerb zum neuen Krebszentrum in Kopenhagen hätte wohl größer nicht sein können: Die Architekten sollten ein Gebäude entwerfen, in dem sich Patienten wohlfühlen und ihre Lebensfreude erhalten oder neu gewinnen sollen; einen Ort der Heilung und des Lernens. Und dies, obwohl eine Krebsklinik wohl eher mit Sterilität, hochtechnisierten anonymen Abläufen und auch Angst vor dem Tod verbunden wird. Studien belegen immer wieder, wie essenziell psychologische Aspekte für den Heilungsprozess sind und welche Rolle hier die Architektur spielt. So suchten NORD-Architekten aus Kopenhagen einen „familiären Maßstab“ für ihren Entwurf, der nun aus kleinen verschachtelten Häusern mit großen Oberlichtern und viel Luftraum besteht, die über einen Innenhof verbunden sind und keine Ähnlichkeit mit einem bedrohlichen riesigen Klinikkomplex haben. Im Inneren verfügt das Zentrum neben der Ruheoase im Hof auch über eine Kletterwand, um in einem geschützten Rahmen sportliches Training und Ablenkung zu ermöglichen. Mehrere Küchen sollen unter Appetitlosigkeit leidenden Patienten die Möglichkeit bieten, für sich selbst, gemeinschaftlich oder unter Anleitung, zu kochen und so ein Stück Alltäglichkeit in die künstliche Klinikwelt transportieren. HWKN: Aging in Africa, Lagoon Aby, Elfenbeinküste Inspiriert von einem traditionellen afrikanischen Dorf entwarf das New Yorker Architekturbüro Hollwich-Kushner (HWKN) einen Altersruhesitz für katholische Priester an der Elfenbeinküste. Die pensionierten Geistlichen, die nicht über den in afrikanischen Gesellschaften noch überaus wichtigen familiären Rückhalt verfügen, sollen hier die Möglichkeit erhalten, ihren Lebensabend in einer institutionalisierten Gemeinschaft zu verbringen. In zwei langen Reihen flankieren elf Wohn- sowie drei Pflegehäuser eine breite zentrale Achse, auf der sich verschiedene öffentliche Gebäude befinden: beginnend mit dem Verwaltungsbau über die Bibliothek und den Veranstaltungspavillon bis hin zum Herzstück der Anlage – der Kirche. Angelehnt an die Silhouette klassischer christlicher Kirchen wird hier ein skulpturales Gotteshaus als Treffpunkt für die Bewohner, aber auch für die in der Umgebung lebende Bevölkerung entstehen. Die pensionierten Priester sollen weiterhin aktiv in den Ablauf der kirchlichen Veranstaltungen einbezogen werden. Ebenso öffentlich zugänglich sind das eigene Krankenhaus der Wohnsiedlung sowie das angrenzende Fußballfeld. Der Kontakt zur Nachbarschaft soll auf diese Weise gepflegt und die Integration ins allgemeine tägliche Leben erhalten bleiben. Besonderen Wert legen die New Yorker Architekten auf den Bezug zur Natur: Auf einer Halbinsel am atlantischen Ozean gelegen, integriert sich die Architektur der Wohnanlage vollständig in die Landschaft. Die beidseitig der zentralen Achse angeordneten eingeschossigen Gebäude scheinen sogar mit ihr zu verschmelzen. Die Bepflanzung der Umgebung setzt sich auf den Dächern fort, von hier bietet sich dem Bewohner und Besucher ein einzigartiger Blick über das Meer und das Umland. Die Nord-Süd-Ausrichtung der Anlage unterstützt die natürliche Luftzirkulation und beeinflusst das Wohlbefinden positiv. Sowohl der ökologische als auch der ökonomische Aspekt spielen bei der Auswahl der Materialien eine wichtige Rolle. So verwendet HWKN überwiegend aus der Region stammende Baustoffe wie Holz oder Lehmziegel. Eine Erweiterung Schule vor, in der die pensionierten Priester die Kinder der Umgebung unterrichten sollen. © HWKN der Seniorenwohnanlage sieht den Bau einer » Umfrage Ganz privat: Wie wollen Sie im Alter wohnen? Sie sind Spezialisten für barrierefreies Bauen, Krankenhäuser oder soziale Konzepte wie Mehrgenerationenhäuser. Doch wie stellen sie sich ihre eigene Wohnzukunft im Alter vor? puls hat bekannte Architekten um ihr ganz persönliches Statement gebeten. Prof. Gesche Grabenhorst ahrens grabenhorst architekten BDA, Hannover „Für einen späteren Lebensabschnitt stelle ich mir ein gemeinschaftliches Wohnen vor – mit Freunden in einem Haus. Es sollte einen Ort – ein Zentrum – für Kommunikation bieten, für gemeinschaftliches Kochen, Essen und Leben, aber auch den Rückzug des Einzelnen ermöglichen. Das Konzept muss räumlich eine Antwort auf die unterschiedlichsten Gruppierungen haben. Konstellationen verändern sich und verlangen in ihrer Komplexität architektonische Raumabfolgen, die sowohl Nähe als auch Distanz strukturieren.“ Eckhard Feddersen, feddersenarchitekten, Berlin „Das Alter wird vielfältiger – immer mehr Menschen verwirklichen auch in fortgeschrittenen Lebensphasen individuelle Entwürfe. Sie wollen sicher wohnen, schätzen Komfort, Qualität und vor allem Flexibilität. Architektur kann einen wesentlichen Beitrag für ein selbstbestimmtes Alter leisten. Indem wir Bauen im Universal Design zum Standard erheben und damit Lebensräume für alle schaffen, wird eine gesonderte, „altersgerechte“ Architektur überflüssig. Diese neue Normalität wünsche ich mir auch für mein Wohnen im Alter.“ Johannes Kister kister scheithauer gross, Köln „Wann beginnt das Alter, was zeichnet das Alter aus, zählt man schon dazu? Wesentliches möchte ich nicht anders haben. Auf jeden Fall die eigenen vier Wände. „Im Hause“ gemeinsam alt werden, dabei immer weiter eine schöne Arbeit machen.“ 34 puls 02 | 2011 » Umfrage Werner Langecker Langecker + Partner Architekten, München „Ich möchte auf jeden Fall in den eigenen vier Wänden alt werden, und ich rate allen, die Ähnliches vorhaben, früh genug mit den Vorbereitungen zu beginnen. Hier erlebe ich immer wieder, dass Bauherren von Einfamilienhäusern nicht an den eigenen Alterungsprozess denken und somit einen Fehler begehen, der sich später nur ganz schwer rückgängig machen lässt. Wenn es sich dann doch nicht vermeiden lässt, würde ich in ein Pflegeheim gehen, in dem man auf den ersten Blick spürt, dass auch alte Menschen Anspruch auf ein ansprechendes Wohnumfeld haben. “ Dieter Ben Kauffmann Kauffmann Theilig & Partner, Ostfildern „...ganz im Sinne Kurt Tucholskys Ideal: ,Ja, das möchste: Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse, vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße, mit schöner Aussicht, ländlich-mondän, vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehen, aber abends zum Kino hast du’s nicht weit…’“ Berta Heyl Grünenwald + Heyl, Karlsruhe „Bei der planerischen Begleitung von Wohnprojekten ist ein hohes Maß an persönlichem Engagement gefragt, denn neben der Rolle der Architektin rutscht man fast zwangsläufig in die Rolle der Gruppenmoderatorin, die ganz unterschiedliche Interessenlagen auf einen gemeinsamen Nenner bringen muss. Ich selbst kann mir sehr gut vorstellen, mit gleichgesinnten Menschen in einem urbanen, generationsübergreifenden Wohnprojekt zu leben – die zahlreichen erfolgreichen Beispiele, die ich bisher planen durfte, machen in jedem Fall Lust auf mehr.“ Alfred Schelenz Gatermann + Schossig, Köln „Mehrgenerationen-Wohnen und Alters-WGs halte ich für gute Ansätze, das Leben im Alter zu organisieren. Dabei kommt es in erster Linie auf das selbstbestimmte Gestalten des Tagesablaufs an. Eine wesentliche Rolle, dies zu realisieren, werden intelligente Gebäudebetriebssysteme übernehmen – bis hin zur räume für ein menschenwürdiges Leben im Alter erweitern, in denen Kommunikation, Aktivität und Freizeit im Vordergrund stehen.“ Macina Unterstützung durch Hausroboter. Diese Serviceplattformen werden die Frei- 35 » Zu Besuch Mehr Autonomie für den Patienten C. F. Møller gehört zu den führenden dänischen Architekturbüros. In ihren Gesundheitsbauten haben die Architekten immer wieder ausgeprägtes Gespür für lebenswerte und transparente Umgebungen bewiesen. Im Gespräch mit puls erzählt Partner Julian Weyer vom besonderen skandinavischen Ansatz beim Gestalten von Krankenhäusern, Residenzen und Hospizen. Von Lasse Ole Hempel Aarhus ist die zweitgrößte dänische Stadt und steht als sol- Weltweit gibt es natürlich unter Architekten eine Überein- che seit jeher im Schatten der Kapitale Kopenhagen. Umso stimmung, was diese Werte angeht. Aber interessanter- mutiger erscheint rückblickend C. F. Møllers Schritt, den weise sehen die Gebäude letztlich doch ganz anders aus. Sitz des 1924 in Kopenhagen gegründeten Büros nach Aarhus Der Besucher, der beispielsweise das von uns geplante zu verlegen. Dort arbeitete der Architekt seit 1931 an einem neue Universitätskrankenhaus in Oslo betritt, spürt doch Großprojekt, dem Bau der Universität Aarhus. Es entstand unweigerlich, dass er sich in Skandinavien befindet. eine Ikone des skandinavischen Modernismus, die auch heute nach mehreren Umbauten noch in einer ursprüng- An dem Projekt fällt die Magistrale auf, die sich durch den lichen Struktur erkennbar ist. C. F. Møller Architekten hält Hauptbaukörper zieht. die Universität Aarhus bis heute mit Umbau- und Erweiter- Die Magistrale zieht sich durch den Raum, verbindet vieles ungsbauten in Atem. Derzeit arbeiten 300 Mitarbeiter für und präsentiert den öffentlichen Raum mit all seinen Ein- C. F. Møller Architekten, das seit den 1950er-Jahren als Part- richtungen. Dieses Konzept ist natürlich nicht per se „strictly nerschaft funktioniert und mittlerweile zusätzliche Büros Scandinavian“, aber die Art, wie es umgesetzt ist: Zum Bei- in Oslo, Stockholm und London eröffnet hat. Arbeiten von spiel die Art, wie Licht und Landschaft in den Raum hinein- C. F. Møller wurden mit mehreren Preisen bedacht und fließen, und die wuchtigen Holzkonstruktionen, die an den auch bereits bei der Biennale in Venedig ausgestellt. Derzeit umgebenden Wald erinnern, wie auch die anderen Materi- plant das Büro abermals in Aarhus ein neues Mammut-Pro- alien wie Holzlatten und Naturstein – sogar der vor Ort jekt: den Neubau des Universitätsklinikums Aarhus – den gesägte Grundfels kommt als Café-Terrasse mit ins Spiel. größten Krankenhausneubau der dänischen Geschichte. Am wichtigsten erscheint aber, dass dieser Raum keines- Den Stadtcharakter auf ein Krankenhaus übertragen: Im Universitätskrankenhaus Oslo laufen an der zentralen Magistrale nicht nur wichtige Funktionen zusammen. Die Mittelachse bietet zudem die wichtige soziale Zone im Komplex. wegs nur Passage ist – hier trifft sich auch das Personal an Herr Weyer, bei skandinavischer Architektur fallen einem offenen Arbeitsstationen. Dies unterstützt die Ideen von Attribute wie demokratisch, transparent, übersichtlich ein. demokratischer Gleichwertigkeit und direkter Partizipa- Wieviel trifft davon auf die Projekte von C. F. Møller zu? tion: Man kommt sich „auf Augenhöhe" entgegen, und 36 puls 02 | 2011 Torben Eskerod Torben Eskerod vermeidet die traditionelle Distanz zwischen Patient und tieren. Man weiß, wie sie aufgebaut ist und wie sie funk- Pflegern – eine typisch skandinavische Haltung. tioniert. Auch wenn man die Stadt nicht kennt, erkennt man Teile der Stadt wieder – Elemente wie Platz, Boule- Die verschiedenen Bereiche scheinen wie die Teile einer vard, Kathedrale. Diese Begriffe planen wir ganz bewusst Stadt miteinander vernetzt. in einer Krankenhausstruktur mit ein – auch um letztend- Das Informelle des Stadtcharakters kommt hier zum Tra- lich Orientierungshilfen zu bieten. Typisch skandinavisch; Holzelemente an der Fassade des Universitätskrankenhauses in Oslo stellen die Beziehung zum umgebenden Wald her. gen. Es hat natürlich auch etwas damit zu tun, dass uns die Autonomie des Patienten sehr am Herzen liegt und dass Immer wieder betonen Architekten ihr Ziel, eine allzu wir das Gebäude auch für Besucher zu einem angenehmen klinische Atmosphäre zu vermeiden. Wie wichtig ist es Ort machen wollen. Diese Metaphorik treiben wir auch heute, Technik zu verbergen? weiter. Was vor allem sehr interessant wird, wenn man Den Einzelnen interessiert es nicht mehr, die ganze Appa- etwa das Universitätskrankenhaus in Aarhus betrachtet, an ratur zu sehen. Auf das Interface kommt es den meisten dem wir gerade arbeiten. Ein wahrlich gigantisches Projekt, an. Ein Krankenhaus darf von den Patienten nicht als das Ursprungsgebäude wurde 1985 von C. F. Møller entwor- Fremdkörper empfunden werden, der Patient muss sich fen – auf einer Fläche von 150.000 Quadratmetern. Jetzt heimisch fühlen. Natürlich ist ein Krankenhaus eine große wird die Fläche noch einmal erweitert: Bei einer Kranken- Maschine, und es muss ein extrem effektiver Organismus hausstruktur von circa 400.000 Quadratmetern reicht das geschaffen werden, der rund um die Uhr funktioniert. Vor traditionelle Denken, das so ein Gebäude wie ein Haus allem weil der Betrieb solcher Krankenhäuser so unglaub- begreift, nicht mehr aus. Komplexe wie dieser müssen viel- lich komplex und kostspielig ist. Gerade in Skandinavien mehr wie eine Stadt gedacht werden. Das gibt uns die Mög- sind die Personalkosten so hoch, dass sich das Personal in lichkeit, dieses Projekt mit seinen gigantischen Ausmaßen erster Linie mit Patienten beschäftigen soll. Wir beobach- wieder intuitiv erfassbar zu machen. Denn alle können sich ten daher in unseren Krankenhausprojekten, dass sich bei- in der traditionellen Stadt, wie wir sie kennen, leicht orien- spielsweise mehr und mehr Robotertechnik durchsetzt. 38 puls 02 | 2011 » Zu Besuch Arbeiten wie Wäsche waschen können zum Beispiel bereits problemlos von Robotern erledigt werden. Wir haben es also mit einem Trend zu mehr Automation zu tun, gleichzeitig sollte die Struktur von Krankenhäusern einen menschlicheren, lebensnahen Ansatz verfolgen. Kunst stellt sich dabei als wichtiges Element bei der Planung einer ganzheitlichen Umgebung heraus. Weil Kunst als etwas bewusst Irrationales mit unterstützen kann, die womöglich als starr empfundenen institutionellen Strukturen aufzubrechen. Denn diese Mischung, ist sehr wichtig, und sie kann auch den Heilungsprozess unterstützen. Zum anderen sprachen Sie auch bereits von dem Ziel, dem Patienten Autonomie zurück zu geben. In unseren Krankenhäusern sollte der Patient sich niemals wie ein Rädchen im Getriebe fühlen, sondern im Gegenteil: Der Patient übernimmt selbst mehr und mehr die Steuerung. Die Technik dient also einer Individualisierung. So ist nicht mehr, wie das Telefonnetz aussieht, sondern betrachten und steuern die Technik über das Interface unseres iPhones. Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Krankenhaus. Der Patient erwartet effektive Strukturen, was ihn aber noch weitaus mehr interessiert, ist die Art und Weise, wie er mit diesen Strukturen in Verbindung tritt. Ein ganz wichtiger Grundsatz wäre hier: „Je mehr Einfluss man selbst ausüben kann, desto weniger ohnmächtig fühlt man sich, und umso leichter wird man auch wieder gesund.“ Nun haben Sie mit dem Hospiz Djursland auf einer Halbinsel nordwestlich von Aarhus Räume für Menschen Torben Eskerod; Adam Mørk; Jørgen True ja heute auch unser Verhältnis zur Technik. Uns interessiert Das 2011 fertiggestellte neue Universitätskrankenhaus in Malmö (oben) reiht sich in C. F. Møllers Liste von erfolgreich realisierten Großprojekten des Gesundheitsbereichs. Sensibler Zugang: Im 2007 eröffneten Hospiz Djursland (unten) entscheiden die Patienten zwischen öffentlicher und privater Sphäre. Die gebogene Form des Baukörpers lässt großzügigen Einfall von Tageslicht zu. geplant, die keine Hoffnung mehr auf Heilung haben können. Hier ist womöglich ein noch weitaus höheres Maß an Sensibilität gefragt. Der Ausgangspunkt für das Projekt war die Landschaft und die außergewöhnlich wunderbare Lage des Gebäudes mit Aussicht auf die Bucht von Aarhus. Von Anfang an sollte man von allen Patientenzimmern eine ähnlich gute Aussicht auf die Landschaft bekommen. Deshalb liegt dieses Gebäude halbmondförmig in der Landschaft. Dabei ist der Grundriss ganz simpel zoniert. An den äußeren Enden befinden sich private Zonen, zu denen die Patientenzimmer gehören. Daran schließt sich eine halb-private Zone an, in der sich verschiedene Einrichtungen für Personal und Angehörige befinden. Im Gebäudezentrum liegt der öffentliche Bereich mit Empfang – ob seiner Biegung der kleinste Teil des Gebäudes. So kann der Patient selbst bestimmen, wie viel Öffentlichkeit er sich zumuten will, oder ob er sich lieber in den privaten Bereich zurückziehen möchte. Der Patient ist keinesfalls gezwungen, privat oder öffentlich zu sein. Es obliegt allein ihm. Seit den 1950er-Jahren wird C. F. Møller Architekten erfolgreich als Partnerschaft geführt. Julian Weyer (links) wurde in Deutschland geboren. Nach dem Architekturstudium in Aarhus begann er 1995, für C. F. Møller zu arbeiten. Seit 2007 ist er Partner. 39 » Einblicke Mit zunehmendem Alter steigen der Wunsch nach Komfort und Sicherheit sowie die Bereitschaft, mit Modernisierungsmaßnahmen in die eigene Immobilie zu investieren. Generationsübergreifende Lösungen schaffen Der Anteil der Älteren in der Bevölkerung steigt immer tabel gestalten lässt. Zur Auswahl steht eine Reihe funktio- mehr an. Schon 2030 werden 35 Prozent über 60 Jahre alt naler, zeitlos ästhetischer Produkte, die sich jeder Lebens- sein. Die sogenannten Älteren sind dabei nicht mit denen phase flexibel anpassen. Acht Busch-Jaeger-Produkte sind vergangener Generationen vergleichbar. Sie sind sportlich bereits von der GGT Deutsche Gesellschaft für Gerontotech- aktiv, sammeln auf Reisen neue Eindrücke und sind gegenü- nik mit dem Siegel für barrierefreies Wohnen ausgezeich- ber innovativen Technologien aufgeschlossen. Dabei net: Das Controlpanel steuert sämtliche Installationen und wünscht sich die „Silver Generation“, so lange wie möglich lässt sich mit großzügigen Bedienflächen von allen Genera- selbstständig in den eigenen vier Wänden zu wohnen. tionen intuitiv bedienen. Der Busch-Wächter® 220 AlarmLI- Schließlich bedeutet das bekannte Wohnumfeld Sicherheit NE sorgt für Sicherheit im Haus: Er registriert jede Bewe- und Lebensqualität und erleichtert die Pflege sozialer Kon- gung und löst automatisch die Lichtschaltung aus. Das takte. In jeder Wohnung gibt es diverse Möglichkeiten, die Alarm- und Störmeldesystem Reflex SI-Busch-Infoline® Wohnung den Anforderungen des Alters anzupassen. Einen kann von jedem Raum des Hauses Hilferufe aussenden oder entsprechenden Ansatz hierzu liefert die Idee des Universal auch zur Feuchtigkeitsüberwachung eingesetzt werden. Design. Von vornherein soll bei der Nutzung von Produkten Busch-Rauchalarm® registriert jede Rauch- und Brandent- und Dienstleistungen der Ausschluss von Menschen ver- wicklung. Die Objektsteckdose Reflex SI/Si Linear reduziert mieden werden. Integrative Lösungen wie eine barrierefreie die Unfallgefahr: Bei Zug am Kabel durch Stolpern löst sich Umgebung, Produkte, die sicher und einfach zu bedienen der Stecker leicht aus der Steckdose. Mit der Servicesteck- sind, sowie Technologien, die sich am Menschen orientie- dose Reflex SI/Si Linear lassen sich festsitzende Stecker ohne ren, werden angestrebt. Busch-Jaeger bietet eine Vielzahl Probleme herauslösen. Diese und weitere Busch-Jaeger Pro- von Produkten, mit denen sich die Umwelt bewusst komfor- dukte finden sich im Überblick auf der rechten Seite. 40 Die Deutsche Gesellschaft für Gerontotechnik (GGT) prüft, ob sich Produkte und Dienstleistungen in Komfort, Qualität und Ästhetik als generationsübergreifend erweisen. puls 02 | 2011 » Einblickes Controlpanel Das Busch-Jaeger Raum- bzw. Controlpanel bietet zahlreiche Funktionen zum Schalten und Steuern aller Installationen. Dabei ist dieses vielseitige Anzeige- und Bediengerät durch große individuell beschriftbare Bedienflächen oder Symbole einfach und intuitiv zu handhaben. Dank der übersichtlichen Menüstruktur bleiben sämtliche Einstellmöglichkeiten jederzeit im Blick. * Busch-Wächter® 220 AlarmLINE Der Busch-Wächter® 220 AlarmLINE bietet mit seiner zusätzlichen Sicherheitszone optimalen Schutz. Ein Infrarot-Bewegungsmelder registriert jede Bewegung und löst automatisch die Lichtschaltung aus. Gleichzeitig signalisiert ein rotes Warnlicht am Gerät, dass die Sicherheitszone betreten wurde. * Reflex SI Busch-Infoline® Das Alarm- und Störmeldesystem hat sich in vielen Situationen des Alltags bewährt: So kann von jedem Raum des Hauses aus ein Hilferuf gesendet werden. Der Einsatz zur Feuchtigkeitsüberwachung im Küchen- und Kellerbereich ist ebenfalls möglich. * Busch-Rauchalarm® Dieses Gerät sorgt dafür, dass Hausbewohner auch im Schlaf nicht von Rauchentwicklung und entstehenden Bränden überrascht werden, indem es rechtzeitig mit einem lauten Tonsignal warnt. Busch-Funkcontrol LED-Anzeige WaveLINE Beim Verlassen des Hauses zeigen LEDs an, ob im Haus noch ein Fenster offen steht. Das erspart den täglichen Rundgang und bietet Sicherheit auf einen Blick. Busch-axcent Busch-steplight® Eine Steckdose, die im Dunkeln den Weg weist: steplight bietet durch Licht am Boden eine sichere Orientierung im Raum. Zwei LEDs erzeugen einen senkrechten Lichtkegel, der aus der Zentralscheibe der Steckdose senkrecht nach unten scheint. Über einen separaten Schalter kann das Orientierungslicht auf Wunsch jederzeit abgeschaltet werden. Reflex SI/Si Linear Objektsteckdose Beim Zug am Kabel, wenn beispielsweise jemand darüber stolpert, löst sich der Stecker leicht aus der Steckdose. So wird die Unfallgefahr deutlich reduziert und die Installation bleibt unversehrt. * solo® Busch-Komfortschalter® Er lässt sich bedienen wie ein normaler Schalter – bietet jedoch zusätzliche Möglichkeiten, die es in einem Gerät vereint so noch nie gab. Berührungslos, manuell oder zeitgesteuert schalten – funktional, vielseitig und ästhetisch: Der neue Komfortschalter ist an Flexibilität * kaum zu überbieten. Reflex SI/Si Linear Servicesteckdose Durch leichten Druck auf den Drehhebel lassen sich z. B. selbst häufig benutzte oder festsitzende Winkelstecker ohne Probleme herauslösen. Busch-Memory-Seriendimmer® Eine neue Komfortdimension. Zum ersten Mal können zwei unterschiedliche Leuchten von einer Stelle aus geschaltet werden. Einfach, elegant und stufenlos per Tastendruck. * * * *Ausgezeichnet mit dem Siegel für barrierefreies Wohnen. 41 » Denkanstoß Worüber gab die thermische Gebäudesimulation im NCT in Heidelberg Aufschluss? Adam Mørk puls stellt in jeder neuen Ausgabe eine Preisfrage. Die Gewinner erhalten eine Belohnung in Form eines Buchpreises. Ausfüllen, kopieren und faxen an: +49 (0)1805-66 99 09 E-Mail an: [email protected] Ja, ich will. Bitte senden Sie mir „puls“ künftig regelmäßig frei Haus zu. Vorschau puls 3/2011: Schulen Antwort Nicht nur in das deutsche Schulsystem ist Bewe- Die thermische Gebäudesimulation gab im NCT Aufschluss über für das Lernen die geeignete Umgebung schaffen. gung geraten. puls 3/2011 stellt Projekte vor, die Name Büro Straße PLZ/Ort Impressum Telefon puls Zeitschrift für Bewegung in der Architektur Fax Herausgeber: Busch-Jaeger Elektro GmbH Freisenbergstr. 2 58513 Lüdenscheid www.busch-jaeger.de E-Mail Zu gewinnen: Unter allen richtigen Einsendungen verlost Busch-Jaeger je ein Exemplar der Bücher Entwurfsatlas Wohnen im Alter, erschienen im Verlag Birkhäuser, sowie Hospital. Architecture + Design, erschienen im Taschen Verlag. Einsendeschluss: 15. September 2011. Der/die Gewinner/in wird in der nächsten Ausgabe veröffentlicht. Gewinner des letzten Preisrätsels: Thea Müller aus 92318 Neumarkt und Harald Klotz aus 73035 Göppingen. Verlag: Gesellschaft für Knowhow-Transfer in Architektur und Bauwesen mbH 70771 Leinfelden-Echterdingen www.gkt-publishing.de Redaktionsteam Busch-Jaeger: Dieter Lautz, Tobias Schlitzer, Christiane Schulte, Mirko Simon Redakteure Gesellschaft für Knowhow-Transfer: Lasse Ole Hempel, Britta Rohlfing Printed in Germany – Imprimé en Allemagne © by Busch-Jaeger Alle Rechte vorbehalten. Insbesondere das Recht auf Verbreitung, Nachdruck von Text und Bild, Übersetzung in Fremdsprachen sowie Vervielfältigung jeder Art durch Fotokopien, Mikrofilm, Funk- und Fernsehsendung für alle veröffentlichten Beiträge einschließlich aller Abbildungen. Änderungen und Irrtümer vorbehalten. MAGAZI N FÜ R BEWEGU NG I N DER ARCH ITEKTU R Medical / Wohnen im Alter puls 02 | 2011 Kein Licht. Sondern Atmosphäre. designed by Klinik im Grünen von TMK Architekten Busch-iceLight®. Einleuchtendes Design. Effizient eingesetzt. Die erste Unterputzdose mit LED-Licht zum Wohlfühlen. Passend zu Schaltern und Steckdosen. Von Stararchitekt Hadi Teherani gestaltet. Für neue Harmonie von Licht und Raum. Entdecken Sie mehr Atmosphäre auf // www.BUSCH-JAEGER.de Mehr Autonomie für den Patienten – C. F. Møller Architekten im Gespräch Modernes Pflegekonzept in Schwabing Krebszentrum in Heidelberg von Behnisch Architekten www.BUSCH-JAEGER.de Die Zukunft ist da. 02 | 2011