7.5 7.5 Ophthalmoskopie Ophthalmoskopie In diesem Kapitel werden die gebräuchlichsten Verfahren zur Betrachtung des hinteren Augenabschnitts und häufige Auffälligkeiten vorgestellt. Die Anwendung der Ophthalmoskopie durch Nichtaugenärzte sollte als Möglichkeit verstanden werden, anderenfalls unerkannt bleibende Auffälligkeiten herauszufinden und diese einer Abklärung durch den Augenarzt zuzuführen. Hintergrund Gesundheitszustand des Auges Methoden für die optometrische Untersuchung 7 Für eine Untersuchung ohne medikamentöse Pupillenerweiterung eignen sich die direkte Ophthalmoskopie, die binokulare indirekte Spaltlampenophthalmoskopie, die monokulare indirekte Ophthalmoskopie sowie einige moderne Funduskameras. Abb. 7.55 zeigt 3 der Instrumente und ihre Anwendung. Optische Grundlagen Direkte Ophthalmoskopie Das direkte Ophthalmoskop (DO) erlaubt die Beurteilung eines direkten, aufrechten und seitenrichtigen Fundusbildes. Das Bild des vom Instrument beleuchteten Augenhintergrundes wird von den brechenden Medien in den Fernpunkt des Patientenauges abgebildet. Bei einem emmetropen Patientenauge befindet sich dieser in Unendlich, sodass das Bild von einem akkommodationslosen, emmetropen Beobachterauge scharf gesehen werden kann (Abb. 7.56). Die Optik des Patientenauges wirkt dabei wie eine Lupe mit einer von der Fehlsichtigkeit abhängigen Vergrößerung, die bei Myopie zu- und bei Hyperopie abnimmt. Mit zunehmender Vergrößerung wird der Bildausschnitt jedoch immer kleiner, sodass die direkte Ophthalmoskopie nur bedingt zur Fundusbetrachtung bei hoher Myopie eingesetzt werden kann. Die maximale Größe des beobachtbaren Netzhautbereiches wird neben der Fehlsichtigkeit auch von der Pupillengröße des Patientenauges und vom Arbeitsabstand bestimmt. Mit zuneh- H. Dietze mendem Arbeitsabstand schattet die Pupille zunehmend die Ränder des Sehfeldes ab, weshalb ein möglichst kurzer Abstand zum Patientenauge gewählt werden sollte (Abb. 7.56). Der Ausgleich der Fehlsichtigkeit geschieht durch das Vorschalten von in das Instrument integrierten Vorsatzlinsen, deren Brechkraft jeweils der Summe der Fehlsichtigkeit von Patient und Untersucher entsprechen muss. Astigmatische Fehlsichtigkeiten bleiben unberücksichtigt. Spaltlampenophthalmoskopie Bei der Spaltlampenophthalmoskopie (SO) entsteht ein umgekehrtes, seitenverkehrtes, dreidimensionales Bild, das unter variabler Vergrößerung betrachtet werden kann. Eine vor das Auge gehaltene starke Pluslinse (meist 78 dpt oder 90 dpt) bündelt die von der Netzhaut zum Fernpunkt des Patientenauges ziehenden Strahlen rund 1 cm vor der Linse zu einem umgekehrten und seitenverkehrten Luftbild, das vom Spaltlampenmikroskop in das Beobachterauge abgebildet wird (Abb. 7.57). Die Spaltlampe ermöglicht eine variable Vergrößerung und liefert gleichzeitig die notwendige Beleuchtung der Netzhaut. Der binokulare Seheindruck lässt erhabene oder vertiefte Netzhautstrukturen stereoskopisch erscheinen und das größere Gesichtsfeld sorgt für einen besseren Einblick in die Netzhautperipherie. Nachteilig sind die am Abb. 7.56 Prinzip der direkten Ophthalmoskopie (Beobachtungsstrahlengang). Die beleuchtete Netzhaut N des Patientenauges P wird in das Beobachterauge B abgebildet. Sind beide Augen emmetrop, entsteht das Bild N’ auf der Beobachternetzhaut und wird somit scharf gesehen. Sind beide oder eines der beiden Augen fehlsichtig, wird dieser Zustand nur durch Zwischenschalten einer Summe der der Fehlsichtigkeiten entsprechenden Linse erreicht. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 240 Gesundheitszustand des Auges 241 7 Abb. 7.55a–c Drei Methoden der Ophthalmoskopie und ihre Anwendung. a Direkte Ophthalmoskopie. Für ein möglichst großes Gesichtsfeld muss der Untersucher aus unmittelbarer Nähe in das Patientenauge schauen. Der Zeigefinger der rechten Hand befindet sich am Handrad für die Vorschaltlinse zum Ausgleich der Fehlsichtigkeit. b Binokulare indirekte Spaltlampenophthalmoskopie mit einer starken Konvexlinse, die ca. 1 cm vor das Auge gehalten wird. Bei koaxialer Beleuchtung und Beobachtung fokussiert die Spaltlampe auf ein Luftbild ca. 1 cm vor der Linse. c Monokulare indirekte Ophthalmoskopie. Dargestellt ist das Panoptic Ophthalmoskop von Welch Allyn. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Hintergrund 7.5 Ophthalmoskopie Ort des Zwischenbildes entstehende Bildumkehrung, die vor allem Anfängern die Orientierung im Auge erschwert, sowie die oft störenden Reflexe an der Oberfläche der Pluslinse. Fehlsichtigkeit führt zu einer Verschiebung des Zwischenbildes entlang der optischen Achse, die durch die flexible Linsen- und Spaltlampenposition jedoch weitgehend unbemerkt bleibt. Gesundheitszustand des Auges Wahl der richtigen Linse für die Spaltlampenophthalmoskopie Für die Spaltlampenophthalmoskopie werden verschiedene Linsen sowie verschiedenes Zubehör angeboten. Die 78-dpt-Linse bietet im Vergleich zur 90-dpt-Standardlinse eine höhere Vergrößerung, sodass das Fundusbild mit einer geringeren Spaltlampenvergrößerung und dadurch mit einer besseren Tiefenschärfe betrachtet werden kann. Das Bild erscheint dadurch stabiler, wozu auch der etwas größere Linsendurchmesser und die somit bessere Handhabbarkeit beitragen. Nachteilig ist das kleinere Gesichtsfeld, das die Anwendung dieser Linse auf den zentralen Augenhintergrund beschränkt. Im Vergleich zur 90-dpt-Standardlinse erzeugen die höher brechenden Glasmaterialien der Superfield-Linse (Volk Optical Inc., Mentor, OH/USA) bei gleich bleibender Vergrößerung ein größeres Gesichtsfeld für einen besseren Überblick. Die SuperPupilLinse (Volk) ist dagegen vor allem für die Anwendung bei kleinen Pupillendurchmessern konzipiert. Ferner gibt es verschiedene Adapter, die die Brechkraft einer Ophthalmoskopierlinse erhöhen oder erniedrigen und damit einen besseren Überblick bzw. eine bessere Detailerkennbarkeit erlauben. Weitere Adapter verwandeln die Linse in ein Kontaktglas zum Aufsetzen auf das Auge. Diverse Linsenhalter versprechen eine bessere Handhabung, erschweren jedoch die Betrachtung der Fundusperipherie. Der oft angebotene Gelbfilter reduziert potenziell schädigendes kurzwelliges Licht und macht die Untersuchung für blendempfindliche Patienten komfortabler, verfälscht jedoch auch die Farben. Monokulare indirekte Ophthalmoskopie Das monokulare indirekte Ophthalmoskop (MIO) ist eine Weiterentwicklung der indirekten Ophthalmoskopie mit der handgehaltenen Ophthalmoskopierlinse und dem Handophthalmoskop. Es entsteht ein aufrechtes, seitenrichtiges zweidimensionales Bild, das einen relativen großen Netzhautbereich umfasst. Wiederum erzeugt eine Pluslinse ein umgekehrtes und seitenverkehrtes Luftbild des Augenhintergrundes, das jedoch von einem in das Instrument integriertem Mikroskop nach Unendlich abgebildet und somit für ein emmetropes Beobachterauge ohne Akkomodation sichtbar wird. Im Gegensatz zum Spaltlampenmikroskop fehlt ein Umkehrprisma, weshalb das Bild für den Betrachter nach zweimaliger Umkehr aufrecht und seitenrichtig steht (Abb. 7.57). Das Auffinden des Netzhautbildes erfordert jedoch einige 7 Abb. 7.57 Prinzip der indirekten Ophthalmoskopie. Eine positive Linse L vor dem Patientenauge P bildet die beleuchtete Netzhaut N als Luftbild N’ ab. Das Luftbild N’ wird vom Beobachterauge B ohne weitere Hilfsmittel (herkömmliche indirekte Ophthalmoskopie) oder über ein Mikroskop M (Spaltlampenophthalmoskopie und Welch-Allyn-MIO) beobachtet. An den Orten der Zwischenbilder N’ und N’’ erfolgt je eine Bildumkehrung, sodass der Beobachter ohne Mikroskop ein umgekehrtes und der Beobachter mit Mikroskop (Welch-AllynMIO) ein aufrechtes und seitenrichtiges Bild wahrnimmt. Bei der Spaltlampenophthalmoskopie sorgt ein Umkehrprisma für eine zusätzliche Bildumkehrung, sodass der Beobachter auch hier ein seitenverkehrtes und umgekehrtes Bild wahrnimmt. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 242 Hintergrund 243 DO SO (90 und 78 dpt) MIO (Welch Allyn) Bildlage aufrecht, seitenrichtig umgekehrt, seitenverkehrt aufrecht, seitenrichtig Arbeitsabstand sehr gering weit mäßig weit Vergrößerung hoch variabel relativ gering Bildausschnitt (Gesichtsfeld) gering (1–3 Papillendurchmesser) groß (schmales Band, jedoch 6–8 Papillendurchmesser hoch) mittel (3–6 Papillendurchmesser) Einfluss von Medientrübun- hoch gen auf die Bildqualität gering gering Einfluss von Fehlsichtigkeit hoch auf Vergrößerung gering gering Stereoskopisches Bild ja nein nein Übung und kann nur unter konstanter Vergrößerung betrachtet werden. Der Ausgleich einer Fehlsichtigkeit von Patient und/oder Untersucher geschieht durch Verschieben von Objektiv- oder Okularlinse des Mikroskops. Tab. 7.9 listet die wichtigsten Vor- und Nachteile dieser 3 Instrumente auf. Weitere Methoden der Ophthalmoskopie In der augenärztlichen Praxis gelangen weitere Methoden der Ophthalmoskopie zur Anwendung, die gewöhnlich die Verabreichung von lokalen Betäubungsmitteln (Anästhetika) oder Medikamenten zur Weitstellung der Pupille (Mydriatika) erfordern. Das Kontakt- oder Haftglas wird unter Verwendung eines örtlichen Betäubungsmittels und einer viskösen Flüssigkeit direkt auf die Hornhaut aufgesetzt. Die somit viel geringere Brechzahldifferenz zwischen Hornhaut und Rückfläche des Kontaktglases vermindert die sonst störenden Reflexe. Die negative Optik erzeugt ein virtuelles, aufrechtes Bild des Augenhintergrundes, das der Betrachter mittels Spaltlampe fokussiert und vergrößert. Im Inneren des Kontaktglases befinden sich häufig 3–4 Spiegel unterschiedlicher Neigung, die Beleuchtungs- und Beobachtungsstrahlengang in verschiedene Zonen der Netzhautperipherie bis hin zur Ora serrata und bis in den Kammerwinkel lenken. Durch jeden Spiegel ist jedoch nur der Einblick auf einen dem Spiegel gegenüberliegenden Netzhautsektor möglich, sodass das Glas auf dem Auge für einen vollen Einblick allmählich um 360° gedreht werden muss. Das binokulare indirekte Kopfophthalmoskop (BIO) erlaubt die Betrachtung eines Luftbildes, das von einer mit ausgestreckten Armen vor das Patientenauge gehaltenen Ophthalmoskopierlinse (ca. 20 dpt) erzeugt wird. Die mittels Stirnband getragene Kopfeinheit verfügt über eine Beleuchtungseinrichtung sowie über Nahzusätze, die ein akkommodationsfreies Beobachten des umgekehrten und seitenverkehrten Luftbildes ermöglichen. Ophthalmologen bevorzugen dieses Instrument wegen der geringen Vergrößerung und des sehr großen stereoskopischen Gesichtsfeldes vor allem zur Beurteilung peripherer Netzhautregionen und großflächiger Läsionen. Auch die Technik der monokularen indirekten Ophthalmoskopie mit dem Handophthalmoskop basiert auf einem ähnlichen Prinzip. Während das Ophthalmoskop die Beleuchtung liefert, schaut der Beobachter mit bloßem Auge oder mit seiner (Nah-) Brille auf das Luftbild, das von einer am ausgestreckten Arm vor das Patientenauge gehaltenen Konvexlinse erzeugt wird. Die früher an der Spaltlampe verwendete konkave Hruby-Linse (Brechkraft ca. –60 dpt) erzeugt ein virtuelles, verkleinertes Luftbild zwischen Patientenauge und Linse, das dann mit der Spaltlampe vergrößert betrachtet wird. Sie ist jedoch aufgrund der wenig befriedigenden Abbildungsqualität weitgehend von der konvexen 78-dptoder 90-dpt-Linse abgelöst worden. Augenkliniken und spezialisierte Praxen verfügen außerdem über weitere Verfahren für spezielle Untersuchungen (Scanning Laser Ophthalmoskop, Fluoreszenzangiographie u. a.). Gesundheitszustand des Auges Parameter 7 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Tabelle 7.9 Die Eigenschaften dreier Ophthalmoskopiemethoden im Vergleich 7.5 Ophthalmoskopie Digitale non-mydriatische Funduskamera Gesundheitszustand des Auges Infrarot-Fokussierung, Infrarot-Bildschirm und eine hohe Lichtempfindlichkeit des Sensors reduzieren die für eine Fundusuntersuchung notwendige Beleuchtungsstärke, sodass die Größe der nicht erweiterten Pupille in den meisten Fällen für eine Aufnahme ausreicht. Das Foto der zentralen Netzhaut umfasst ein großes Gesichtsfeld (ca. 45°) und kann mit weiteren Aufnahmen der Netzhautperipherie mittels Software zu einem Mosaik zusammengesetzt werden. Hinzu kommen Möglichkeiten für eine digitale Nachbearbeitung und für eine Ausschnittsvergrößerung. Der schnelle Zugriff auf den digitalen Speicher gestattet den effektiven Vergleich mit Aufnahmen aus beliebig vielen vorangegangen Sitzungen. Nicht zuletzt vereinfacht der Bildversand per EMail oder ein Ausdruck über den angeschlossenen Drucker eine Überweisung an den behandelnden Arzt. 7 3. Durchführung Direkte Ophthalmoskopie Aufgrund der hohen Vergrößerung, der guten Beweglichkeit und der relativ einfachen Handhabung gilt das direkte Ophthalmoskop auch heute noch als Standardinstrument zur Betrachtung des zentralen Augenhintergrundes. Vor der ersten Benutzung des Instrumentes sollten Lage und Funktion der wichtigsten Bauteile geläufig sein. Dazu zählen das Handrad zum Vorschalten sphärischer Linsen, der Regler für die Helligkeit sowie die Schalter für verschiedene Blenden und Filter. Vorgehensweise bei nichterweiterter Pupille. 1. Eine mittelgroße Blende einstellen. Eine zu große Blende erhöht die störenden Reflexe, eine zu kleine dagegen verkleinert das Gesichtsfeld unnötig und erschwert die Orientierung im Auge. 2. Mittels Handrad eine dioptrische Voreinstellung wählen, die in etwa der Summe der Refraktionsfehler von Patient und Untersucher entspricht. Ist der Patient beispielsweise 4. 5. 6. –4,00 dpt myop und der Untersucher + 2,00 dpt hyperop, so sollte die Einstellung ca. –2,00 betragen. Den Patienten mit beiden Augen leicht nach oben auf ein weit entferntes Fixationsobjekt schauen lassen. Eine geringe Raumhelligkeit und eine geringe Helligkeit des Fixationsobjektes wählen, damit die Pupille während der Untersuchung möglichst groß bleibt. Den Patienten instruieren, mit dem freien Auge auf das Fixationsobjekt zu schauen und mitteilen, dass Sie in dessen Auge hinein schauen möchten und daher sehr nah herankommen müssen. Die Sitzposition des Patienten sollte ein müheloses Annähern sowohl von rechts als auch von links im Stehen oder im Sitzen erlauben. Das Ophthalmoskop zur Untersuchung des rechten Auges möglichst nahe vor das rechte Untersucherauge halten und umgekehrt. Den Zeigefinger der Hand, die das Instrument hält, zur Nachregulierung der Schärfe am Handrad platzieren und während der gesamten Untersuchung dort belassen. Mit der freien Hand stabilen Halt suchen (z. B. an der Rückenlehne des Untersuchungsstuhles). Dann von leicht temporal kommend langsam an das zu untersuchende Auge annähern, bis die Pupille des zu untersuchenden Auges rötlich aufleuchtet. Die Entfernung zwischen Patientenauge und Ophthalmoskop sollte jetzt 1–2 cm betragen. Brechkraft der Vorschaltlinse schrittweise ändern, bis Blutgefäße und/oder die Papille scharf erscheinen. Durch eine Reduktion der Brechkraft von Plus nach Minus wird Akkommodation des Untersucherauges vermieden. Aufsuchen der Papille als Ausgangs- und Orientierungspunkt. Diese hebt sich wegen ihrer deutlich blasseren Färbung und wegen des Ursprungs aller Netzhautgefäße vom übrigen Augenhintergrund ab. Weil der Sehnerv etwas nasal aus dem Auge tritt, sieht man sie aus einer leicht temporalen Untersuchungsposition entweder sofort oder befindet sich beim ersten Fokussieren auf die Netzhautgefäße in deren unmittelbarer Nähe. Man braucht die Gefäße dann nur noch so lange zu verfolgen, bis sie in den Sehnerv einmünden. Stellt man sich die Aufzweigung eines Blutgefäßes als ein „V“ vor, so zeigt dessen Spitze immer zur Papille hin. Nach erneuter Fokuskontrolle Färbung des neuroretinalen Randsaumes, Schärfe der Papil- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 244 Durchführung ! Einen guten peripheren Einblick mit dem DO 9. Makula und Fovea zum Schluss untersuchen, um eine hinlängliche Adaptation des Auges an die Helligkeit zuzulassen. Für einen maximalen Pupillendurchmesser und eine minimale Blendung auf geringstmögliche Helligkeit achten. Die Fovea im Zentrum liegt etwa 2 Papillendurchmesser temporal und 0,5 mm unterhalb der Papille. Man findet sie, in dem man das Ophthalmoskop dorthin richtet oder aber den Patienten direkt in das Licht schauen lässt. Der bei einer frontalen Ophthalmoskopierposition besonders störende Hornhautreflex lässt sich reduzieren, indem man eine kleinere oder halbmondförmige Blende benutzt oder den Beobachtungswinkel leicht verändert. Makula vor allem im Hinblick auf Klarheit und Pigmentierung beurteilen (S. 247 u. 252). Filter und Blenden im direkten Ophthalmoskop Der Blaufilter kann zur (behelfsmäßigen) Betrachtung von Hornhautläsionen nach der Gabe von Fluoreszein oder zur Augenhintergrundbetrachtung bei der Fluoreszenzangiographie eingesetzt werden. Grünes (rotfreies) Licht lässt Gefäße und Blutungen deutlicher erscheinen, weil sich diese nun schwarz vom beleuchteten Hintergrund abheben. Der erfahrene Untersucher kann mit dieser Beleuchtung lokale Defekte in der Nervenfaserschicht erkennen (z. B. beim Glaukom), die sich meist als aufgehellte Streifen oder Keile tem- Gesundheitszustand des Auges erreicht man, indem man das vorgehaltene Instrument und das beobachtende Auge als starre optische Einheit betrachtet und diese durch unterschiedliche Kopfhaltungen und Standpositionen systematisch auf verschiedene Netzhautzonen richtet. Bei Geradeausblick des Patienten ermöglicht beispielsweise eine Untersuchungsposition von schräg oben einen Einblick in einen unteren Netzhautbereich. Dieser wird erheblich verbessert, indem das Patientenauge zusätzlich nach unten blickt. Dazu muss das Oberlid mit der freien Hand leicht angehoben werden. 7 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. lengrenze und Schärfe der unmittelbar über der Papille liegenden Blutgefäße beurteilen. Form, Lage, Ausdehnung und Tiefe der Exkavation feststellen. Ein Eindruck der Tiefe entsteht durch unterschiedliche Parallaxbewegungen von Blutgefäßen am Papillenrand und am Boden der Exkavation. Als Maß für die Tiefe einer Exkavation eignet sich der Brechkraftunterschied der Vorschaltlinse (in dpt) beim aufeinander folgenden Fokussieren auf Papillenrand und auf den Boden der Exkavation. Der Rand der Exkavation wird gelegentlich durch scheinbar abbiegende oder abknickende Gefäße markiert (S. 250 u. 253f). 7. Netzhautgefäße beurteilen. Von der Papille ausgehend, Blutgefäße der großen Gefäßbögen soweit wie möglich in die Peripherie verfolgen. Systematisch im Uhrzeigersinn vorgehen. Zum Beispiel im rechten Auge an der Papille bei ca. 1 Uhr beginnen und den oberen nasalen Gefäßbogen verfolgen, danach ausgehend von ca. 5 Uhr den unteren nasalen Gefäßbogen usw. Bei gleicher Vorgehensweise im linken Auge mit dem oberen temporalen Gefäßbogen beginnen, gefolgt vom unteren temporalen Gefäßbogen usw. Dabei Venen- und Arteriendurchmesser vergleichen, auf Gefäßverlauf und -Kaliber sowie auf das Aussehen von Gefäßkreuzungen achten. Lage und Größe von Blutungen, Exsudaten, Ödemen und Neovaskularisationen dokumentieren (S. 250ff u. 254f). 8. Netzhautperipherie sektorenförmig untersuchen. Zur Orientierung jeweils den oberen oder unteren temporalen Gefäßbogen nutzen und die periphere Netzhaut entlang gedachter Meridiane soweit wie möglich abscannen. Im Uhrzeigersinn vorgehen und Patient jeweils in Richtung des zu untersuchenden Sektors blicken lassen. Es eignen sich mindestens 4 Quadranten, besser jedoch 8 Sektoren. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn der Fundus ausschließlich mit dem direkten Ophthalmoskop betrachtet wird, da großflächige Veränderungen (z. B. Netzhautablösung) aufgrund des kleinen Gesichtsfeldes und der hohen Vergrößerung leicht übersehen werden. 245 7.5 Ophthalmoskopie poral der Papille zeigen. Mithilfe der Spaltblende können Konturen, wie z. B. die Exkavation der Papille oder ein Ödem, besser untersucht werden. Der Fixationsstern ermöglicht die Feststellung einer exzentrischen Fixation, indem man den Patienten auf diesen blicken lässt und das Netzhautbild des Sternes relativ zur Fovea betrachtet. Konzentrische Ringe im Gesichtsfeld mancher Ophthalmoskope erleichtern die Größeneinschätzung einer exzentrischen Fixation bzw. die Größen- und Entfernungsschätzung von Läsionen. Gesundheitszustand des Auges Binokulare indirekte Spaltlampenophthalmoskopie 7 Vorteile der Spaltlampenophthalmoskopie gegenüber der direkten Ophthalmoskopie sind das größere Gesichtsfeld, ein stereoskopisches Bild und die variable Vergrößerung. Die Schwierigkeit dieser Technik liegt in der Koordination zwischen handgehaltener Linse und Spaltlampe sowie der Interpretation des seitenverkehrten und umgekehrten Bildes. Beides kann nur durch die konsequente Anwendung der Technik erlernt werden. Vorgehensweise. 1. An der Spaltlampe eine geringe Vergrößerung (ca. 8–15-fach) sowie eine gedimmte Beleuchtung voreinstellen. Für eine optimale Bildqualität die 90- dpt-Linse vor der Anwendung auf Sauberkeit kontrollieren. 2. Zum schnelleren Auffinden der Papille den Patienten bei gedämpftem Raumlicht beidäugig auf ein seitliches Fixationsobjekt (z. B. Ohr des Untersuchers) schauen lassen, sodass das zu untersuchende Auge eine Einwärtsbewegung von ca.10–15° ausführt. 3. Bei frontaler Beleuchtung ein schmales optisches Band (S. 204) von mittlerer Höhe mittig in die Pupille des zu untersuchenden Auges projizieren. 4. An der Spaltlampe vorbei schauen und die Linse in einer Entfernung von 0,5–1 cm mittig vor das Auge halten. Die durch eine Markierung oder die Schrift auf dem Fassungsrand gekennzeichnete Unterseite der Linse dabei in Richtung des zu untersuchenden Auges halten. Die Haltehand für eine ruhigere Linsenführung mit dem kleinen Finger an der Stirnauflage der Spaltlampe einhängen oder den Ellbogen auf dem Spaltlampentisch abstützen. Spezielle Linsenhalterungen sind möglich, schränken jedoch die für die periphere Fundbetrachtung notwendige Beweglichkeit ein. 5. Mit der Spaltlampe durch allmähliches Zurückfahren auf ein schwaches, hellrotes Band fokussieren, in dem nach erfolgter Feineinstellung die Papille und/oder Blutgefäße sichtbar werden. Das zu betrachtende Luftbild liegt noch vor der Linsenvorderfläche, deren Bild beim Zurückfahren der Spaltlampe kurzzeitig sichtbar wird. 6. Nach dem Aufsuchen der Papille Beleuchtung und Vergrößerung bis auf ein gewünschtes Level erhöhen. Linse so kippen und/oder Spaltlampenbeleuchtung so auslenken, dass ein annähernd reflexfreie Betrachtung möglich wird. 7. Eine systematische Fundusuntersuchung analog zur direkten Ophthalmoskpie durchführen. ! Die im eingesehenen Netzhautbereich unten liegenden Strukturen befinden sich jetzt oben im Bild und die im eingesehenen Netzhautbereich links liegenden Strukturen sind rechts im Bild! So liegt die Makula im Bild nicht mehr temporal, sondern nasal zur Papille und der im Bild oben gesehene Gefäßbogen ist eigentlich der untere. Das Abscannen der einzelnen Strukturen gelingt durch eine Positionsänderung der Spaltlampe, die mit einer (gegensinnigen) Bewegung und sogar mit einer Verkippung der Linse gekoppelt sein kann. Will man z. B. eine weiter oben gelegene Netzhautstruktur einsehen, kann man die Spaltlampe nach unten oder aber die Linse nach oben bewegen. 8. Die sektorenförmige Untersuchung der Peripherie erfolgt nach der Aufforderung an den Patienten, nacheinander in wenigstens 4, besser jedoch 8 verschiedene Richtungen zu blicken. Spaltlampe und Linse müssen dann in jeder Blickposition neu zum Auge justiert werden. Zur leichteren Orientierung beginnt man am besten in der Nähe eines großen Gefäßbogens und dringt durch eine stetige Veränderung der Linsen- und Spaltlampenposition so weit wie möglich in die Peripherie vor. Eine Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 246 Ophthalmoskopische Untersuchung des Augenhintergrundes 247 periphere Auffälligkeit betrachtet man, indem man den Patienten hin zur Auffälligkeit blicken lässt. Liegt ein Nävus auf der Netzhaut oben (im Bild unten!), lässt man den Patienten nach oben schauen. Bei weiten Pupillen gelingt die Einsicht auf noch vor dem Äquator gelegene Netzhautstrukturen. Vorgehensweise. 1. Den Patienten geradeaus auf ein entferntes, einfaches Fixationsobjekt blicken lassen. 2. Instrument vor das eigene rechte Auge setzen und aus ca. 20 cm Entfernung den roten Fundusreflex des rechten Patientenauges aufsuchen. Vorgehensweise für links analog. 3. Vorsichtig an das Patientenauge annähern. Instrument dabei ggf. mit den Fingern einer Hand an der Stirn des Patienten abstützen. Beide Augen offen halten, um die eigene Akkommodation zu entspannen. 4. Mittels Schieber (Keeler) oder Daumenrad (Welch Allyn) das Gerät auf die Papille oder Blutgefäße fokussieren. 5. Systematische Untersuchung des hinteren Augenpols analog direkte Ophthalmoskopie. 6. Das Abscannen der Peripherie erfolgt, indem der Patient in einer systematischen Reihenfolge in verschiedene Blickrichtungen schaut. Beim Blick nach unten ggf. Oberlid leicht nach oben ziehen. Abb. 7.58a u. b Normaler Augenhintergrund. a Normaler Fundus mit „feuchten“ Reflexen im rechten Auge eines jungen Patienten. Markante Stellen sind: Die Papille (P), die retinalen Blutgefäße mit dem oberen und unteren temporalen Gefäßbogen (OTG und UTG) sowie dem oberen und unteren nasalen Gefäßbogen (ONG und UNG, nur ausschnittweise sichtbar), eine etwas stärker pigmentierte zentrale Zone (Makula) und in deren Mitte die Foveola (FA), der Wallreflex (WR; entspricht der Außengrenze der Fovea) sowie die Venen (V) und die etwas dünneren Arterien (A). b Getäfelter Fundus eines linken Auges (Ausschnitt mit unterem temporalem Gefäßbogen). Ophthalmoskopische Untersuchung des Augenhintergrundes Normaler Augenhintergrund Abb. 7.58 zeigt Funduskamera-Aufnahmen vom Augenhintergrund zweier normaler Augen. Pigmentierung Die Färbung des gesunden Fundus wird bestimmt vom Blutgehalt der Aderhaut und vom Melaningehalt des retinalen Pigmentepithels, das die außen liegende Aderhaut teilweise maskiert. Da auch die Gesundheitszustand des Auges In den englischsprachigen Ländern hat die MIO mit dem Panoptic Ophthalmoskop von Welch Allyn und einem ähnlichen Instrument der Firma Keeler ein Comeback gefeiert. Dieses verspricht eine 5fache Erweiterung des Gesichtsfeldes (25° statt 5°) gegenüber dem direkten Ophthalmoskop bei gleichzeitiger Erhaltung des aufrechten Bildes und einer mäßig hohen Vergrößerung. 7 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Monokulare indirekte Ophthalmoskopie 248 7.5 Ophthalmoskopie 7 Hautfarbe vom Melaningehalt abhängt, erscheint der Augenhintergrund eines Menschen mit stärker pigmentiertem Hauttypus dunkler. Dem gegenüber kann die Pigmentierung so schwach ausgeprägt sein, dass die sonst unsichtbaren Aderhautgefäße durch das retinale Pigmentepithel hindurch schimmern („blonder“ Fundus). Bei einer geringen Pigmentierung des Pigmentepithels und einer stärkeren Pigmentierung der Aderhaut erscheinen helle und dunkle Stellen am Fundus („getäfelter“ Fundus, Abb. 7.58). Im Zentrum des Augenhintergrundes hebt sich die gewöhnlich etwas stärker pigmentierte Makula (lat. Fleck ) hervor, in deren Mitte im jüngeren Auge der kleine gelblich-rötliche Foveolarreflex (Umbo) zu sehen ist, der einer winzigen Vertiefung im Zentrum der Netzhautgrube (Fovea) entspricht. Ein weiterer, in jungen Augen meist deutlich ausgeprägter, feucht schimmernder Reflex entsteht an der inneren Grenzmembran, einer Trennschicht zwischen Glaskörper und Netzhaut. Dieser verliert sich im Alter. Er markiert oft den wallartigen Rand der ovalen Fovea, tritt aber auch an anderen Stellen auf. Im Bereich des Sehnervenaustritts (Papille oder Sehnervkopf) fehlt das Pigmentepithel der Retina, weshalb dieser stets blasser als der übrige Fundus erscheint (Abb. 7.58). Im Zentrum des Sehnervaustritts bilden die einzelnen Nervenfasern eine kleine Vertiefung (Exkavation), die heller erscheint als das aus durchbluteten Gliazellen und Nervenfasern bestehende Papillengewebe, das als neuroretinaler Randsaum bezeichnet wird (s. Abb. 7.61). Im Alter ist das Papillengewebe jedoch weniger stark durchblutet und wirkt dadurch etwas blasser als im jungen Auge. Im gesamten Netzhautbereich kann es zu Anhäufungen von Pigment, aber auch zu unterpigmentierten Arealen kommen, wie auf der Haut des übrigen Körpers auch. Besonders häufig sind über- oder unterpigmentierte Zonen am Rand der Papille. Diese Stellen sind aber nur dann als unkritisch anzusehen, wenn mit Sicherheit gesagt werden kann, dass diese nicht erhaben und in ihrem Ausmaß nicht veränderlich sind. Geographie Der Sehnnervaustritt (Papille oder Sehnervkopf) befindet sich ca.15° nasal der Sehachse. Mit einem Durchmesser von rund 1,5 mm dient diese markanteste Stelle des Augenhintergrundes als Orientierung und als Maßeinheit für Orts- und Größenangaben zugleich. Der hintere Augenpol wird von der horizontal etwa 3 Papillendurchmesser (PD) großen Makula gebildet, in deren Mitte die rund 1 PD große Fovea und in deren Mitte wiederum die rund 1⁄5 PD große Foveola liegt. Die Foveola befindet sich ca. 2 PD temporal und etwa 0,5 mm unterhalb der Papille. Ausgehend von der Papille ziehen die paarig verlaufenden Blutgefäße in 2 großen Bögen um die Makula herum (oberer und unterer temporaler Gefäßbogen) und in 2 weiteren Bögen zur nasalen Netzhaut hin (oberer und unterer nasaler Gefäßbogen). Viele der feineren Kapillargefäße ziehen zur Fovea hin, diese selbst ist in ihrem Zentrum jedoch gefäßfrei (avaskuläre Zone). In der Nähe des gedachten Bulbusäquators, der die vordere von der hinteren Augenhälfte trennt, verlaufen die in weniger stark pigmentierten Augen sichtbaren Vortexvenen der Aderhaut. Weiter peripher (d. h. weiter vorn im Auge) verlaufen die Ziliarnerven ge- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Gesundheitszustand des Auges Abb. 7.59 Schematische Darstellung des gesamten Fundus. Abb. 7.60 Querschnitt der Netzhaut und deren angrenzenden Schichten (schematisch). meinsam mit den Ziliararterien, die bei 3 und 9 Uhr besonders prominent sind. Der gezackte Übergang der Netzhaut (Ora serrata) in den flacheren Teil des Ziliarkörpers (Pars plana) ist nur mit dem Kontaktglas oder mit dem indirekten Kopfophthalmoskop bei stark erweiterten Pupillen sichtbar. Abb. 7.59 zeigt die geographischen Verhältnisse im Überblick. Angewandte Anatomie Alle der Aufnahme, Verarbeitung und Weiterleitung von Lichtreizen dienenden Nervenzellschichten werden als sensorische Netzhaut zusammengefasst. Die dem Licht und somit dem Untersucher zugewandte Schicht besteht aus den Ganglienzellen, deren Fortsätze (Axone) die Nervenfaser- schicht und schließlich den Sehnerv bilden. Sowohl die Ganglienzellen als auch die in der mittleren Netzhaut befindlichen Bipolarzellen werden von den ophthalmoskopisch sichtbaren Blutgefäßen ernährt, deren Kapillaren bis in diese Schichten hineinreichen. Die zum gefäßfreien äußeren Drittel der sensorischen Netzhaut gehörenden Zapfen und Stäbchen hingegen erhalten ihre Nährstoffe von der Aderhaut, die durch die bindegewebige Bruch-Membran und das retinale Pigmentepithel von der Netzhaut getrennt ist. Den beiden letztgenannten Schichten kommt eine hohe Bedeutung für den Stoffwechsel und den Schutz der Rezeptorzellen zu. Abb. 7.60 zeigt schematisch den Aufbau der Netzhaut und deren angrenzenden Schichten. Gesundheitszustand des Auges 249 7 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Ophthalmoskopische Untersuchung des Augenhintergrundes 7.5 Ophthalmoskopie Eine anatomische Besonderheit stellt die Netzhautgrube (Fovea) dar. Die im jüngeren Auge durch den bereits erwähnten Wallreflex sichtbare Vertiefung entsteht dadurch, dass die den Weg des Lichtes behindernden Ganglien- und Bipolarzellen seitwärts abgedrängt sind. Das ungehinderte Eindringen des Lichtes in die Zapfen wird außerdem durch das Fehlen von Netzhautgefäßen im Zentrum der Fovea ermöglicht. Zusätzlich tragen die große Zapfendichte sowie eine verbesserte neuronale Verschaltung zum hohen Auflösungsvermögen der Fovea bei. Um den sehr aktiven Stoffwechsel der fovealen Zapfen zu gewährleisten, sind die Kapillaren der Aderhaut besonders dicht, und die Pigmentkonzentration ist hier am größten. Ophthalmoskopische Untersuchung ausgewählter Strukturen Gesundheitszustand des Auges Papille 7 In der Papille verlassen die Fortsätze der Ganglienzellen den Bulbus und ziehen als gemeinsamer Strang, dem Sehnerv (N. opticus), zum Gehirn weiter. Im gesunden Auge erscheint der neuroretinale Randsaum leicht rötlich oder rosa gefärbt und am Übergang zur übrigen Netzhaut scharf abgegrenzt. Im Zentrum wirkt die Papille dagegen blasser, da das sternförmige Zusammenlaufen der einzelnen Sehnervfasern dort gewöhnlich eine trichterförmige Vertiefung (Exkavation) ergibt. Gelegentlich sieht man am Boden der Exkavation auch die Siebplatte (Lamina cribrosa), die man an den kleinen, milchig-grauen Flecken erkennt. Das Aussehen von Papille und Exkavation im gesunden Auge variiert dabei erheblich von Mensch zu Mensch, ähnelt sich jedoch sehr zwischen den gesunden Partneraugen eines Menschen. So kann man in manchen gesunden Augen kleine Papillen mit überhaupt keiner Exkavation beobachten, in anderen dagegen sehr große Papillen mit einer sehr großen und tiefen Exkavation. Papille und Exkavation sollten stets hinsichtlich ihrer Größe, Lage, Färbung und Form sowohl mit einem durchschnittlichen Auge als auch mit dem Partnerauge verglichen werden. Eine blasse Papille kann beispielsweise auf einen Sehnervschaden hindeuten und somit einen herabgesetzten Visus erklären. Eine unscharfe Papille kann auf eine Schwellung des Sehnervs hindeuten, die sowohl Zeichen einer akuten Entzündung als auch eines überhöhten Hirndruckes sein kann. Bei einem solchen Verdacht ist eine sofortige Überweisung an den Facharzt angezeigt. Eine große und/ oder tiefe Exkavation erhärtet in Verbindung mit einem erhöhten Augendruck und/oder einem Gesichtsfelddefekt einen Glaukomverdacht (S. 253f). Abb. 7.61 zeigt einige Normalpapillen und Abb. 7.62 einige auffällige Papillen. ! Für eine qualitative Schätzung der Exkavation (flach, mittel, tief) ist die Spaltlampenophthalmoskopie wegen des stereoskopischen Seheindruckes besser geeignet als die direkte Ophthalmoskopie. Bei der direkten Ophthalmoskopie ist jedoch eine qualitative Abschätzung der Exkavationstiefe in dpt möglich. Die Tiefe entspricht der Brechkraftdifferenz der Vorschaltgläser beim aufeinander folgenden Fokussieren auf den Papillenrand und auf den Boden der Exkavation. Dabei entsprechen 3 dpt Tiefendifferenz einer Exkavationstiefe von rund 1 mm. Gefäße Ein Gefäßschaden kann einen Schaden der zu versorgenden Netzhautstrukturen und damit einen Sehschaden nach sich ziehen, zugleich aber wichtige Hinweise auf allgemeine Erkrankungen der Blutgefäße im Körper geben. Der Beuteilung der Netzhautgefäße kommt daher fachübergreifend eine besondere Bedeutung zu. Da die Gefäßwände größtenteils transparent sind, lässt sich vor allem die in den Gefäßen verlaufende Blutsäule ophthalmoskopisch betrachten. Die wichtigsten Gefäße der Netzhaut sind die 4 jeweils aus annähernd parallel verlaufenden Arterien und Venen bestehenden Gefäßbögen (s. Abb. 7.58) sowie die Kapillargefäße der Makula. Die Arterien (A) führen sauerstoffreicheres Blut als die Venen (V) und haben aufgrund ihrer dickeren Gefäßwand einen dünneren Innendurchmesser (Lumen), weshalb sie ophthalmoskopisch heller und im Verhältnis von rund 3:4 oder 2:3 dünner erscheinen (A/V-Verhältnis). Bei verschiedenen Gefäßkrankheiten (S. 254ff) verschiebt sich das A/V-Verhältnis jedoch zugunsten der Venen. Gefäßwandschäden können die sichtbare Blutsäule sowohl partiell verengen als auch erweitern, weshalb man dann von Kaliber- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 250 c Rechtes Auge mit einer größeren Exkavation. Die leicht querovale Exkavation nimmt fast die Hälfte der Papille ein (E/P = 0,5). d Geneigter Sehnerveintritt (= Streckung auf der temporalen und Stauchung auf der nasalen Seite der Papille). Alle Gefäße sind stark nach nasal abgedrängt. Sie scheinen nasal oben regelrecht in der Papille zu verschwinden. Die Exkavation verläuft dadurch bei 3–4 Uhr sehr flach, bei 8–11 Uhr dagegen sehr tief. Innerhalb der Exkavation ist die Lamina cribrosa in Form von kleinen grauen Flecken sichtbar. Gesundheitszustand des Auges Abb. 7.61a–d Beispiele für Normvarianten der Papille. a Rechtes Auge eines jüngeren Patienten. Die Exkavation (E) ist klein und flach. Der neuroretinale Randsaum (NRR) ist zartrosa gefärbt, zur übrigen Netzhaut scharf abgegrenzt und im gesamten Umfang gut ausgeprägt. Bei 7 Uhr entspringt ein zilioretinales Gefäß (ZRG), das eigentlich zur Aderhaut gehört (in vielen Augen vorzufinden). b Rechtes Auge eines älteren Patienten. Die Färbung der Papille erscheint insgesamt blasser. Färbung und Gefäßverlauf lassen eine sehr flache Exkavation vermuten. 251 7 Abb. 7.62a–c Auffällige Papillen. a Schwellung der Papille (Papillenödem). Sowohl die über der Papille verlaufenden Blutgefäße als auch der Rand der Papille scheinen verwaschen. Auffällig sind außerdem die angestauten Venen (aus: Gareis u. Lang 2004, s. S. 297). b Atrophie des Sehnervs (Optikusatrophie). Die gesamte Papille erscheint blass. Eine Unterscheidung zwischen neuroretinalem Randsaum und Exkavation ist hier nicht mehr möglich (aus: Gareis u. Lang 2004, s. S. 297). c Drusenpapille – eine leicht mit einem Papillenödem zu verwechselnde Anomalie. Ungefährliche Einlagerungen (Hyalinkörperchen) lassen die Ränder der Papille unscharf erscheinen. Im Gegensatz zum Papillenödem ziehen die Blutgefäße unbeeinträchtigt über die Papille hinweg und haben ein normales Erscheinungsbild. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Ophthalmoskopische Untersuchung des Augenhintergrundes 7 7.5 Ophthalmoskopie schwankungen spricht. Eine Verminderung der Flexibilität der Gefäße lässt diese mehr als üblich schlängeln und/oder sich in einem stumpferen Winkel kreuzen. Eine verhärtete Arterie kann auf die an einer Kreuzung meist unter ihr liegende weichere Vene drücken (s. Abb. 7.65). Veränderungen an den Gefäßkreuzungen werden Kreuzungszeichen genannt. Kranke Blutgefäße neigen zur Verstopfung (Okklusion) und/oder zum vermehrten Austritt von Blutbestandteilen (Leckage). Tritt nur Blutwasser (Plasma) ins Gewebe aus, entsteht eine oftmals schwer erkennbare Schwellung (Ödem), die nach längerem Bestehen mitunter kleine Lipidausschwemmungen (Exsudate) zeigt. Größere Defekte lassen auch Blutungen (Hämorrhagien) entstehen, die je nach Tiefenlokalisation punkt-, fleck- oder flammenförmig aussehen können (s. Abb. 7.66, Abb. 7.67, Abb. 7.68). Verstopfte oder schlecht durchblutete Gefäße führen zu einem Nährstoffmangel (Ischämie) und nachfolgend zu einem Sauerstoffmangel (Hypoxie) in den betroffenen Netzhautgebieten, was die Bildung von neuen Blutgefäßen (Neovaskularisation) anregt (S. 255f). Diese neuen Gefäße lassen aufgrund ihrer viel schwächeren Struktur häufig Blutungen und Ödeme entstehen, die bleibende Netzhautschäden nach sich ziehen können. Kleinere, durch defekte Kapillargefäße unterversorgte Gebiete der Nervenfaserschicht sind an den nur einige Zeit bestehenden Baumwollherden (engl. cotton-wool spots) erkennbar. Diese liegen gewöhnlich etwas weiter peripher als die Exsudate und lassen sich ophthalmoskopisch zudem durch ihre verwaschenen Ränder und den gewöhnlich etwas größeren Durchmesser von diesen unterscheiden (s. Abb. 7.66 u. Abb. 7.68). Peripherie Neben den allgemeinen Merkmalen der Fundusperipherie (s. Abb. 7.59) können u. a. folgende Veränderungen anzutreffen sein: l periphere Netzhautdegenerationen verschiedener Natur (S. 258), l Risse oder Löcher in der Netzhaut (meist in der Nähe von peripheren Netzhautdegenerationen), die u. U. Vorboten einer Netzhautablösung sein können (S. 258), l kleinere Pigmentansammlungen, l l größere über- oder unterpigmentierte Areale, die besonders dann einer Überweisung an den Facharzt bedürfen, wenn sie erhaben, unscharf begrenzt und/oder ungleichmäßig pigmentiert sind oder von auffälligen Blutgefäßen durchzogen werden, lokale Entzündungsherde oder daher rührende Narben (z. B. nach Toxoplasmose). Makula Schäden in der Makulagegend führen unmittelbar zu einem Verlust des zentralen Sehens und sind deshalb von besonderer klinischer Bedeutung. Ophthalmoskopisch zu beachten sind vor allem Veränderungen der Pigmentierung, Ablagerungen und Schwellungen im Makulabereich (Makulaödem). Drusen Im älteren Auge kommt es häufig zu Ablagerungen von Stoffwechselprodukten an Bruch-Membran und Pigmentepithel (Drusen), die ophthalmoskopisch als Inhomogenitäten der Pigmentierung oder als kleine helle Pünktchen erkennbar werden. Letztere können weiche, unscharfe Ränder (weiche Drusen) oder scharfe Ränder (harte Drusen) haben oder in gemischten Formen vorkommen (Abb. 7.63 u. Abb. 7.69). Makulaödem Ein kürzlich aufgetretener moderater Visusabfall erklärt sich mitunter durch eine Schwellung des Netzhautgewebes in der Makulagegend (Makulaödem), die mit verschiedenen Erkrankungen einhergehen kann (Gefäßkrankheiten, feuchte Makuladegeneration u. a.). Sie ist ophthalmoskopisch schwierig erkennbar, jedoch können das Fehlen des Foveolarreflexes (Abb. 7.63) oder das Vorhandensein von kleinen, weißlichen Lipidablagerungen (Exsudate, s. Abb. 7.66 u. Abb. 7.68) wertvolle Hinweise liefern. Letztere erscheinen meist an den Rändern eines Ödems, nachdem es bereits über mehrere Wochen besteht. Auch eine neben einem moderat herabgesetzten Visus auftretende Änderung der Refraktion in Richtung Plus kann auf ein Ödem hindeuten, da die Schwellung der Netzhaut zu einer relativen Verkürzung der Baulänge des Auges führt. Zudem klagt der Betroffene mitunter Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Gesundheitszustand des Auges 252 253 Abb. 7.63a–c Beispiele für Auffälligkeiten in der Makula. a Ablagerungen (Drusen), wie sie im älteren Auge häufig zu finden sind. Beachte auch den Verlust der im jungen Auge sichtbaren Reflexe (aus: Schneider 2004, s. S. 297). b Makulaödem. Auffällig sind der fehlende Foveolarreflex sowie fehlende oder verwaschene Blutgefäße im Bereich der Makula. Eine solche Veränderung kann besonders leicht übersehen werden (aus: Reim et al. 2004, s. S. 297). c Linkes Auge mit einer Entzündungsnarbe (Toxoplasmose). Diese eher seltene Auffälligkeit kann auch außerhalb der Makula auftreten. (Foto: Daniela Nosch.) über Verzerrtsehen (Metamorphopsie), das von einer schwellungsbedingten Lageveränderung der Rezeptorzellen herrührt. Der erfahrene Untersucher erkennt ein mäßiges Makulaödem bei der stereoskopischen Fundusuntersuchung an der leicht konvexen Vorwölbung und an der verwaschenen Struktur der betroffenen Stelle, jedoch stehen dem Spezialisten auch sensitivere Verfahren zur Diagnose und Verlaufskontrolle zur Verfügung (z. B. Fluoreszenzangiographie, Retinal Thickness Analyzer). Häufige Netzhauterkrankungen und deren ophthalmoskopischen Erscheinungsbilder Andere, in der Makulagegend auftretende Auffälligkeiten sind (Auswahl): l Narben (Abb. 7.63 u. Abb. 7.70), – Ursachen: lokale Entzündungen, hohe Myopie, feuchte Makuladegeneration u. a., l Atrophie (s. Abb. 7.69), – Ursachen: trockene Makuladegeneration, hohe Myopie u. a., l Pigmentveränderungen/Ablagerungen (s. Abb. 7.69), – Ursachen: Dystrophien und Degenerationen, Medikamente u. a., l Makulaloch, – Ursachen: altersbedingt, traumatisch, hohe Myopie, l Blutungen, Ödem, Exsudate (s. Abb. 7.67, Abb. 7.68, Abb. 7.69), – Ursachen: Gefäßkrankheiten, entzündliche Prozesse, feuchte Makuladegeneration. Diese im alternden Auge häufige Erkrankung geht mit einem fortschreitenden Verlust von Nervenfasern einher, der sich in fortschreitenden Veränderungen im Bereich der Papille äußert. Eine glaukomverdächtige Papille weist häufig eine vergrößerte Exkavation (E/P ≥ 0,6) auf, die eine eventuelle Schädigung der dort am empfindlichsten Nervenfasern anzeigt. In Augen mit kleinen Papillen kann jedoch schon eine viel kleinere Exkavation durch einen Glaukomschaden entstanden sein, in Augen mit großen Papillen ist dagegen eine viel größeres E/P-Verhältnis normal (Jonas et al. 1999). Ein weiteres Kriterium bei der Beurteilung der Papille ist deshalb die Dickenverteilung des neuroretinaler Randsaumes, der im gesunden Auge oben und unten am breitesten und nasal schwächer als temporal ausgeprägt ist. Ein Glaukom schädigt zuerst die in der Papille temporal unten und/oder die temporal oben liegenden Nervenfasern (Jonas et al. 1993), sodass der neuroretinale Randsaum (NRR) an diesen Stellen zuerst dünner wird und sich im Gegensatz zum gesunden Auge eine eher längsovale Exkavation ergibt. Bei einem fortgeschrittenen Glaukom vergrößert sich die Exkavation mitunter derartig, dass sie im Querschnitt statt der Form eines Trichters die Form einer Schüssel annimmt. Die in Richtung Zentrum verlaufenden Gefäße werden dann an deren Rand förmlich abgeknickt, um an einer anderen Stelle Gesundheitszustand des Auges Weitere Auffälligkeiten der Makula Glaukom 7 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Ophthalmoskopische Untersuchung des Augenhintergrundes 7.5 Ophthalmoskopie Abb. 7.64a u. b Glaukomatös veränderte Papille. a Querschnitt (schematisch). Das Gewebe des Sehnervkopfes ist ausgehöhlt, sodass eine schüsselförmige Vertiefung entsteht. Die oberflächlichen Blutgefäße knicken am Rand der Schüssel ab (Pfeil) und ziehen in die Tiefe (aus: Lang 2004, s. S. 297). b Draufsicht bei der Ophthalmoskopie: Die Exkavation nimmt einen Großteil der gesamten Papillenfläche ein. Die Blutgefäße knicken am Rand der Exkavation ab (Pfeil), um am Rand der Schüssel in die Tiefe zu ziehen. Auf dem Boden der Schüssel erscheinen sie für den Betrachter erneut, jetzt jedoch leicht versetzt (aus: Reim et al. 2004, s. S. 297). Gesundheitszustand des Auges Bluthochdruck und Atherosklerose 7 Abb. 7.65a–c Kreuzungszeichen bei hypertensiver Retinopathie (schematisch). a Normale Arterien-Venen-Kreuzung im spitzen Winkel. b Stumpfwinklige Gefäßkreuzung. c Abdrücken der unten liegenden Vene mit Verdünnung auf beiden Seiten der Kreuzung. am Boden der Schüssel wieder aufzutauchen. Auch ein Unterschied von E/P ≥ 0,2 zwischen den Partneraugen lässt ein einseitiges oder ungleich fortgeschrittenes Glaukom vermuten. Abb. 7.64 zeigt eine glaukomatös veränderte Papille. Ein zu hoher Blutdruck (arterielle Hypertonie) kann zu einer Reihe von ophthalmoskopisch sichtbaren Veränderungen führen, nach denen die Stadien der hypertensiven Retinopathie eingeteilt werden. Im auch als hypertonischer Fundus bezeichneten Frühstadium ist der Innendurchmesser der Arterien (A) verengt und/oder die Venen (V) sind geweitet. Das A/V-Verhältnis ist deshalb oft verändert (A/V z. B. 1:2 statt 2:3). Die Gefäße sind stärker geschlängelt als im normalen Auge (Abb. 7.66), weshalb sie sich oft nicht in einem spitzen, sondern in einem stumpfen Winkel kreuzen (Abb. 7.65). Zudem weisen die Arterien häufig einen helleren Oberflächenreflex als im normalen Auge auf. Eine Arterie mit verdickter Gefäßwand und verringerter Flexibilität kann an einer Gefäßkreuzung auf die zumeist unten liegende weichere Vene drücken, sodass die Vene an der Kreuzung wie eine Sanduhr erscheint (Abb. 7.65). Gelegentlich ist die Vene deshalb auf der papillenabgewandten Seite der Kreuzung angestaut oder, im schlimmeren Falle, sogar von der Arterie verschlossen (Abb. 7.67). Auffälligkeiten an den Gefäßkreuzungen werden Kreuzungszeichen genannt. Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung treten zusätzlich Netzhautödeme mit Exsudaten auf, die von Blutungen, Baumwollherden und sogar von einem Papillenödem begleitet sein können (Abb. 7.66). Eine Atherosklerose (auch: Arteriosklerose), die häufig in Vergesellschaftung mit der Hypertonie vorkommt, führt zu Gefäßwandveränderungen Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 254 Abb. 7.66a u. b Beispiele für Fundusveränderungen bei Hypertonie. a Frühstadium. Auffallend die im Verhältnis zu den Venen dünner erscheinenden Arterien und die vermehrte Schlängelung der zur Makula ziehenden kleineren Gefäße. b Fortgeschrittenes Stadium. Zu den auffälligen Gefäßveränderungen gehören das A/V-Verhältnis (1:2 statt 2:3) und die Kaliberschwankungen (KS). Zusätzlich sieht man Baumwollherde (BWH), kleinere Blutungen (Bl) und Exsudate (Ex), die ein Ödem (Öd) in der Makulagegend kennzeichnen. Abb. 7.67a u. b Mögliche Folgen hypertensiver und/ oder atherosklerotischer Gefäßveränderungen. a Arterienastverschlüsse. Die von den Arterien versorgten Netzhautgebiete sind nicht durchblutet und geschwollen. Ursache sind mehrere Emboli (Pfeile), die jedoch nur in rund 20% der Fälle sichtbar sind. b Venenastverschluss. Im von der betroffenen Vene drainierten Netzhautgebiet kommt es zum Blutrückstau und damit zu mehreren flammenförmigen Blutungsherden. Sowohl Arterien- als auch Venenverschluss können die Zentralarterie bzw. Zentralvene betreffen. Dann zeigt die gesamte Netzhaut ein ähnliches Erscheinungsbild. und Ablagerungen an der inneren Wand der Arterien, weshalb diese ophthalmoskopisch ungleichmäßig dick erscheinen. Man spricht dann von Kaliberschwankungen, die allerdings auch durch die Gefäßveränderungen bei Hypertonie und Diabetes eintreten können. Die Gefäßwandveränderungen geben den Arterien außerdem einen drahtartig schimmernden Reflex. Gelegentlich löst sich ein Fragment von einem Ablagerungsherd anderswo und zirkuliert als frei bewegliches Teilchen (Embolus) im Blutkreislauf. Verschließt das Teilchen eine Arterie, kommt es zum Zusammenbruch (Infarkt) des von der Arterie versorgten Gewebes (Abb. 7.67). Diabetische Retinopathie Ein länger bestehender Diabetes mellitus führt sowohl zu Undichtheiten (Leckagen) als auch zu Verstopfungen (Okklusionen) der kleineren Netzhautgefäße. Im Frühstadium kommt es meist temporal der Fovea zu kleinen Aussackungen der Gefäßwände (Mikroaneurysmen) oder zu punktförmigen Blutungen, die beide ophthalmoskopisch sichtbar, jedoch nicht voneinander unterscheidbar sind. Im 2. Stadium (präproliferatives Stadium) sieht man eher fleckförmige Blutungen und Baumwollherde (lokale Durchblutungsstörungen in der Nervenfaserschicht). Zusätzlich kann es zu Ödemen in der Makulagegend kommen, an deren Rändern häufig weißliche Ablagerungen (Exsudate) ausgeschwemmt sind. Im 3. Stadium (proliferatives Sta- Gesundheitszustand des Auges 255 7 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Ophthalmoskopische Untersuchung des Augenhintergrundes 7 7.5 Ophthalmoskopie Abb. 7.68a–c Diabetische Retinopathie. a 1. Stadium (Hintergrund-Retinopathie). Auffällig sind mehrere kleine punktförmige Blutungen und/oder Aneurysmen (aus: Reim et al. 2004, s. S. 297). b 2. Stadium (präproliferative Retinopathie). Auffällig sind mehrere fleck- und flammenförmige Blutungen (e), die auf ein Ödem hindeutenden harten Exsudate (†) in der Makula sowie mehrere Baumwollherde (E). Erst ist in diesem Stadium ist die zentrale Sehschärfe herabgesetzt (aus: Lang u. Lang 2004, s. S. 297). c 3. Stadium (proliferative Retinopathie). An mehreren Stellen breitet sich ein Geflecht von neuen Blutgefäßen aus. Zudem können auch alle Veränderungen vom Stadium 2 vorhanden sein (aus: Lang u. Lang 2004, s. S. 297). dium) versucht der Körper, den durch die Gefäßveränderungen bedingten Sauerstoffmangel in der sensorischen Netzhaut mit der Neubildung von Blutgefäßen (Neovaskularisation) zu bekämpfen. Da diese neuen Gefäße aber besonders anfällig sind, kommt es oft zu Blutungen zwischen sensorischer Netzhaut und Glaskörper. Mögliche Folgeerscheinung einer solchen Blutung sind Fibrinfäden, die Zugkräfte (Traktion) auf die Netzhaut zwischen Glaskörper und Netzhaut oder entlang der Netzhautoberfläche ausüben. Dadurch können Netzhautrisse entstehend und/oder die Netzhaut kann durch die Zugkräfte vom versorgenden Pigmentepithel abgelöst werden (S. 258). Ophthalmoskopisch sieht man zusätzlich zu allen bereits aufgeführten Merkmalen einen oder mehrere Neovaskularisationsherde, die häufig in der Nähe der Papille oder in der Nähe größerer Blutgefäße auftreten. Abb. 7.68 zeigt die Stadien der diabetischen Retinopathie. Form der AMD, Abb. 7.69) oder aber die Aderhaut versucht, den sauerstoffbedürftigen Netzhautzellen durch die Neubildung von Blutgefäßen zu helfen (feuchte Form der AMD). Diese neuen Gefäße bilden eine Art Blutschwämmchen, durch das im Gegensatz zu den regulären Blutgefäßen des Körpers vermehrt Flüssigkeit oder sogar Blut austritt (daher auch der Name „feuchte Form der AMD“). Der Sehschaden tritt ein durch ein lange bestehendes Ödem, eine flüssigkeitsbedingte Abhebung der sensorischen Netzhaut vom Pigmentepithel (seröse bzw. exsudative Netzhautablösung) und/oder durch die Bildung von Narbengewebe nach einer Blutung. Neben der AMD gibt es seltenere Formen der vererbten Makuladegeneration, die jedoch meist das jüngere Auge betreffen. Abb. 7.69 zeigt vergleichend das Erscheinungsbild der trockenen und der feuchten AMD. Screening für AMD Altersabhängige Makuladegeneration (AMD) Altersbedingte Ablagerungen von Stoffwechselprodukten (Drusen) an der Bruch-Membran und im retinalen Pigmentepithel behindern den für die Rezeptorzellen lebenswichtigen Stoffaustausch mit der Aderhaut. Wenn die in vielen älteren Augen auffälligen Drusen (VanNewkirk et al. 2000) eine entsprechende Größe annehmen, kommt es zu einer Schädigung der Rezeptorzellen (Mukesh et al. 2004). Es entstehen ein oder mehrere scharf abgegrenzte Herde verkümmerter Netzhaut (trockene Ein AMD-Screening ist dann effektiv, wenn es vermag, möglichst viele Fälle mit einer feuchten AMD im Anfangsstadium herauszufinden, denn nur für diese bestehen zurzeit eingeschränkte Behandlungsmöglichkeiten. Hierfür eignet sich neben der regelmäßigen ophthalmoskopischen Untersuchung die regelmäßige Visusmessung (Kap. 3.1) sowie die Kampimetrie mit dem Amsler-Gitter (Kap. 3.3). Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Gesundheitszustand des Auges 256 Abb. 7.69a–c Altersabhängige Makuladegeneration (AMD). a Im Anfangsstadium überlagern sich größere weiche Drusen (konfluierende Drusen) (aus: Schneider 2004, s. S. 297). b Trockene Form der AMD. Die über den Drusen liegenden Zellen sind verkümmert und die Drusen sind dort verschwunden. Übrig bleibt ein klar abgegrenztes, atrophisches Gebiet (aus: Reim et al. 2004, s. S. 297). c Feuchte Form der AMD. Aus der (meist schwer zu erkennenden) Neovaskularisationsmembran der Aderhaut (choroidale Neovaskularisation = CNV) heraus kommt es zur Einlagerung von Flüssigkeit und Blut (aus: Reim et al. 2004, s. S. 297). Abb. 7.70a u. b Fundusveränderungen bei hoher Myopie. a Durch Dehnung erscheinen die Netzhautgefäße relativ gestreckt und die Aderhautgefäße schimmern durch das RPE hindurch. Die unterpigmentierte Sichel am temporalen Rand der Papille entspricht einer lokalen Atrophie des Netzhautgewebes. b Durch Dehnung können Risse in der Bruch-Membran und im Pigmentepithel entstehen, die kleine Gefäßeinsprossungen von Aderhautgefäßen, kleine Blutungen und schließlich Atrophie mit typischen Pigmentansammlungen (Fuchs-Flecken) zur Folge haben. In diesem Fall ist die Makula und somit die zentrale Sehfähigkeit betroffen. Insgesamt erscheinen die Gefäße verdünnt und gestreckt. Progressive Myopie Die mit einer progressiven Myopie einhergehende Verlängerung des Bulbus führt zu Dehnungserscheinungen und zu degenerativen Veränderungen von Netzhaut und Aderhaut. Der Fundus zeigt gewöhnlich eine geringe Pigmentation, weil das Pigmentepithel durch die Dehnung transparenter geworden ist. Typisch ist eine weißliche Sichel an der temporalen Seite der Papille, die jedoch auch die gesamte Papille umschließen kann und so den Eindruck einer Riesenpapille entstehen lässt (Abb. 7.70). Häufig findet man hellere Degenerationsareale, die mit fortschreitender Myopie größer und durchscheinender werden, sodass die weiße Sklera und mitunter große Blutgefäße der Aderhaut durchschimmern. In der Bruch-Membran können als „Lacksprünge“ bezeichnete Risse entstehen, die ophthalmoskopisch wie gelbliche, verzweigte Äste aussehen. Später wachsen neue Blutgefäße (Neovaskularisation) aus der Aderhaut in diese Risse ein, die zu Pigmentansammlungen und/oder zu kleineren Blutungen neigen. Die in der Peripherie myoper Augen häufiger zu findenden Netzhautlöcher und -risse sind schließlich dafür verantwortlich, dass höhergradig Myope häufiger zu Netzhautablösungen neigen. Aus diesem Grunde sollten sich diese mindestens einmal jährlich einer gründlichen Fundusuntersuchung mit Gesundheitszustand des Auges 257 7 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Ophthalmoskopische Untersuchung des Augenhintergrundes 7.5 Ophthalmoskopie l l traktionale Netzhautablösung: Nach einer Blutung defekter Netzhautgefäße in den Glaskörper hinein bilden sich Fibrinfäden, die eine Zugkraft (Traktion) auf die Netzhaut ausüben und diese dadurch vom RPE abziehen. Häufige Ursache ist die bei fortgeschrittener diabetischer Retinopathie entstehende Neovaskularisation der Netzhautgefäße, seröse oder exsudative Netzhautablösung: Aus der Aderhaut stammende Flüssigkeit (z. B. aus der Neovaskularisationsmembran bei feuchter AMD) gelangt durch geschädigtes RPE unter die sensorische Netzhaut und hebt diese vom RPE ab. Abb. 7.71 zeigt 2 Formen der Netzhautablösung. Gesundheitszustand des Auges Myopie und periphere Netzhautdegenerationen 7 Abb. 7.71a u. b Netzhautablösung. a Rhegmatogene Netzhautablösung. Der obere Teil der transparenten Netzhaut liegt wie ein Schleier in Falten. Im Bild sichtbar der Hufeisenriss (Pfeil), durch den Flüssigkeit unter die Netzhaut dringt. Oft befindet sich der Riss weit in der Peripherie und ist deshalb nicht ohne weiteres auffindbar (aus: Lang u. Lang 2004, s. S. 297). b Traktionsamotio. Narbenstränge ziehen an der Netzhaut und heben sie vom RPE ab (aus: Reim et al. 2004, s. S. 297). erweiterter Pupille unterziehen. Abb. 7.70 zeigt typische Fundusveränderungen bei der Myopie. Netzhautablösung Eine Netzhautablösung (Amotio retinae) entsteht, wenn die sensorische Netzhaut von ihrer ernährenden Unterlage, dem retinalen Pigmentepithel (RPE) durch eine der folgenden Mechanismen getrennt wird: l rhegmatogene Netzhautablösung (griech. rhegma = Riss): Ein Teil des gelartigen Glaskörpers verflüssigt sich, gelangt durch einen bestehenden Netzhautriss unter die sensorische Netzhaut und hebt diese vom RPE ab. Voraussetzung ist ein vorangegangener Glaskörpervorfall (s. u.). Häufigste Form der Netzhautablösung, Augen mit einer hohen Myopie oder peripheren Netzhautdegenerationen neigen eher zur Rissoder Lochbildung als gesunde Augen (Lewis 2003). Wird ein solches Loch bei einer Ophthalmoskopie entdeckt, kann durch eine geeignete Behandlung (z. B. Anschweißen der Lochränder mittels Laser) einer Netzhautablösung vorgebeugt werden. Daher sollte eine Untersuchung des peripheren Fundus vor allem dann erfolgen, wenn l periphere Degenerationen bereits bekannt sind, l Familienmitglieder oder das Partnerauge bereits eine Netzhautablösung erlitten haben, l das Auge höhergradig myop ist. ! Gewöhnlich wird eine Netzhautablösung von ty- pischen Symptomen begleitet. Der Betroffene bemerkt einen Schatten, der sich von oben oder unten als „Vorhang“ oder als „Mauer“ in das Gesichtsfeld schiebt. Bei der rheghmatogenen Form der Netzhautablösung können dem Schatten in einem variablen Zeitraum Lichtblitze, eine vermehrte Anzahl von Schwebeteilchen (Mouches volantes) und/oder eine Art „Rußregen“ oder „Wolke“ vorangehen, die vom Vorfall des Glaskörpers herrühren. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 258 Dokumentation 259 Bei dem häufig auftretenden und in den meisten Fällen weniger folgenschweren Glaskörpervorfall führen altersbedingte Prozesse zu einer teilweisen Verflüssigung des Glaskörpergels. Die Flüssigkeit drängt sich zwischen die Netzhaut und die äußere Membran des verbleibenden Glaskörpers, sodass dieser von der Netzhaut weg nach vorn gedrückt wird. Normalerweise ist der Glaskörper nur an seiner Basis (in der Nähe des Ziliarkörpers) und an der Papille mit der Netzhaut verbunden. Bestehen jedoch weitere Verbindungsstellen zur Netzhaut (z. B. an peripheren Degenerationen), kann die Netzhaut bei einem Glaskörpervorfall an diesen Stellen einreißen. Dokumentation Medien Medientrübungen sollten einer Struktur zugeordnet werden (z. B. Hornhaut) und deren Ausmaß, Dichte und Tiefe skizziert oder mit einfachen, klaren Worten bzw. Abkürzungen beschrieben werden. Papille Die Färbung des neuroretinalen Randsaumes sollte in einfachen, klaren Worten beschrieben werden (z. B. „NRR blass“). Zur Beschreibung partieller oder sektorenförmiger Abblassungen bedient man sich der Einteilung des Ziffernblattes der Uhr. Form und Tiefe der Exkavation in Worten beschreiben (z. B. „trichterförmige E., schüsselförmige E., flache E., mitteltiefe E. oder tiefe E.“) oder im Längsschnitt skizzieren (Abb. 7.72). Bei der direkten Ophthalmoskopie ist eine Tiefenangabe in dpt möglich (= Brechkraftdifferenz der Vorschaltgläser beim aufeinander folgenden Fokussieren auf den Papillenrand und auf den Boden der Exkavation). Das Ausmaß der Exkavation im Verhältnis zur Papille skizzieren (Abb. 7.72) oder mittels horizontalem und vertikalem E/P-Verhältnis beschreiben (z. B. hor. E/P 0,6, vert. E/P 0,4). Nimmt der horizontale Durchmesser der Exkavation beispielsweise rund 50% des horizontalen Durchmessers der gesamten Papille ein, so beträgt das E/P-Verhältnis 0,5. Auffälligkeiten wie Drusen, Über- oder Unterpigmentationen, myelinisierte Nervenfasern, geneigter Sehnerveintritt usw. skizzieren oder in ein geeignetes Diagramm (Abb. 7.72 u. Abb. 7.73) eingetragen. Gefäße Den relativen Durchmesser von Arterien und Venen an einem vergleichbaren Gefäßabschnitt (z. B. hinter der zweiten Abzweigung nach der Papille) als A/V-Verhältnis notieren (z. B. A/V = 2/3). Kreuzungszeichen mit Lokalisation beschreiben, skizzieren oder im Foto markieren. Auffälligkeiten in Verlauf und Gefäßkaliber notieren (z. B. „Arterien vermehrt geschlängelt“, „starke Kaliberschwankungen“). Auffälligkeiten in Färbung und Reflexionsgrad notieren (z. B. „Silberdrahtreflex“, „Kupferdrahtreflex“). Zur Klassifikation der Gefäßveränderungen bei Hypertonie existieren verschiedene Gesundheitszustand des Auges Glaskörpervorfall 7 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Abb. 7.72 Skizzen verschiedener Papillen für die Dokumentation. Neben Lage und Größe der Exkavation ist deren Querschnitt in jeweils einer separaten Skizze angedeutet. Gefäßansatz und -verlauf kann sogar noch weiter vereinfacht werden. 260 7.5 Ophthalmoskopie und Tiefe aller Abnormalitäten beschreiben. Den Papillendurchmesser (PD) als Maßeinheit für Größe und Lage verwenden. Ursprung des Zifferblatt-Koordinatensystems ist die Papille selbst (z. B. „ovaler, flacher Pigmentfleck Ø 1⁄2 × 1,5 PD; Lage 5 h; Entfernung 3 PD“). Alternative: Auffälligkeit möglichst akkurat in ein Fundusdiagramm einzeichnen (Abb. 7.73) oder fotografieren. 7 Abb. 7.73 Beispiel für ein einfaches Fundusdiagramm zur Dokumentation. Eingezeichnet ist eine Blutung, die sich im nasalen oberen Quadranten des linken Auges befindet. Die Entfernung zur Papille sowie die horizontale und vertikale Größenausdehnung sind in Papillendurchmessern (PD) angegeben. Tabelle 7.10 Modifizierte Klassifikation der hypertensiven Retinopathie nach Scheie Grad 0 keine Veränderungen Grad 1 geringfügige Verengung der Arterien Grad 2 offensichtliche Verengung der Arterien mit örtlichen Unregelmäßigkeiten Grad 3 Grad 2 + Exsudate und/oder Netzhautblutungen Grad 4 Grad 3 + Papillenödem Möglichkeiten, von denen jedoch keine universell akzeptiert ist. Für Optometristen empfiehlt sich die modifizierte Klassifikation nach Scheie (Scheie 1953; Tab. 7.10). Zentraler und peripherer Fundus Das allgemeine Aussehen des Fundus beschreiben (z. B. „dunkel pigmentierter Fundus“, „blonder Fundus“, „getäfelter Fundus“). Lage, Größe, Färbung An- oder Abwesenheit des Foveolarreflexes notieren. Auffälligkeiten (z. B. veränderte Pigmentierung, Drusen, Blutungen, Ödem, Narben usw.) analog zu den übrigen Fundusveränderungen beschreiben oder einzeichnen. Zeigen sich für einige oder alle der genannten Strukturen keine Auffälligkeiten, so sollte auch dies für jede Struktur separat dokumentiert werden (z. B. „Fundus: k.A.“ für keine Auffälligkeiten, oder „Fundus: o. B.“ für ohne Befund). Zusammenfassung Jede der vorgestellten Methoden eignet sich für bestimmte Anwendungen besonders gut, für andere dagegen weniger. Zur Erhöhung der Sicherheit für den Patienten sollten daher möglichst mehrere Methoden beherrscht werden. Für eine allgemeine Fundusbetrachtung wird dem Nichtaugenarzt die direkte Ophthalmoskopie als Mittel der Wahl empfohlen, das im Bedarfsfalle von der indirekten monokularen Ophthalmoskopie ergänzt werden kann. Für die Beurteilung der Papille im Rahmen eines Glaukomscreenings und bedingt für die Beurteilung der Fundusperipherie empfiehlt sich die Spaltlampenophthalmoskopie. Bei einer Routineuntersuchung ist auf Folgendes zu achten: Die Medien sollten frei von jeder Art von Trübungen sein. Die Papille sollte ein E/P-Verhältnis ≤ 0,6 aufweisen und eine querovale bis runde Exkavation aufweisen. Der neuroretinale Randsaum sollte neben der zartrosa Färbung superior und inferior breiter als nasal und temporal sein. Arterien und Venen sollten gleichmäßig und wenig geschlängelt verlaufen und sich in einem spitzen Winkel kreuzen. Das A/V-Verhältnis beträgt gewöhnlich zwischen 3⁄4 und 2⁄3. Der Fundus sollte frei von Blutungen, Exsudaten und Pigmentveränderungen sein. Ein gelegentlicher Nävus („Leber- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Gesundheitszustand des Auges Makula Zusammenfassung Jonas JB, et al. Pattern of glaucomatous neuroretinal rim loss. Ophthalmology. 1993;100:63–8. Jonas JB, et al. Ophthalmoscopic Evaluation of the Optic Nerve Head. Surv Ophthalmol. 1999;43:293–320. Lewis H. Peripheral retinal degenerations and the risk of retinal detachment. Am J Ophthalmol. 2003; 136:155–60. Mukesh BN, et al. Five-year incidence of age-related maculopathy. The Visual Impairment Project. Ophthalmology. 2004;111:1176–82. Scheie HG. Evaluation of ophthalmoscopic changes of hypertension and arteriolar sclerosis. Arch Ophthalmol. 1953;49:117–38. VanNewkirk MR, et al. The prevalence of age-related maculopathy : The visual impairment project. Ophthalmology. 2000;107:1593–600. de Voogd S, et al. Incidence of Open-Angle Glaucoma in a General Elderly Population. The Rotterdam Study. Ophthalmology. 2005;112:1487–93. Weiterführende Literatur Reim M, Kirchhof B, Wolf S, Hrsg. Diagnosen am Augenhintergrund. Stuttgart: Georg Thieme Verlag; 2004. Kanski JJ. Klinische Ophthalmologie. Lehrbuch und Atlas. München: Urban & Fischer/Elsevier; 2008. Lang GK. Augenheilkunde. Verstehen – Lernen – Anwenden. 3. Aufl. Stuttgart: Georg Thieme Verlag; 2004. 1. Welche der folgenden Aussagen zur Beschreibung der Venen am Augenhintergrund ist falsch? a. Venen erscheinen dunkler als Arterien. b. Venen erscheinen breiter als Arterien. c. An Kreuzungen liegen Venen meist unter den Arterien. d. Die Gefäßwand der Venen ist stärker als die der Arterien. 2. Was ist ein Baumwollherd? a. eine Durchblutungsstörung in der Nervenfaserschicht b. eine Ablagerung an der Bruch-Membran c. eine Lipidausschwemmung innerhalb eines Netzhautödems d. eine Aussackung eines Blutgefäßes 3. Welche der folgenden Angaben zur Geographie des Auges ist richtig? a. Die Foveola liegt etwa 0,5 mm höher als die Mitte der Papille. b. Die Foveola befindet sich 3 PD temporal der Papille. c. Der gedachte Augenäquator trennt die vordere von der hinteren Bulbushälfte. d. Die Ziliarnerven sind am häufigsten bei 6 Uhr und 12 Uhr zu sehen. 4. Mit Ihrem direkten Ophthalmoskop stellen Sie fest, dass die Makula im linken Auge verschwommen aussieht. Im Vergleich zum rechten Auge fehlen Wallreflex und Foveolarreflex, die Papille ist jedoch normal. Welche der folgenden Veränderungen im linken Auge ist die unwahrscheinlichste Ursache? a. diabetische Retinopathie b. Glaukom c. feuchte Makuladegeneration d. hypertensive Retinopathie 5. Sie ophthalmoskopieren ein –14 dpt myopes Auge. Welche der folgenden Fundusveränderungen erwarten Sie am wenigsten? a. sklerale Sichel b. gestreckte Nethautgefäße c. Baumwollherde d. durchschimmernde Aderhautgefäße Gesundheitszustand des Auges Quellenangaben Testfragen 7 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. fleck“), ein getäfelter Fundus oder eine Pigmentsichel am äußeren Rand der Papille sind jedoch normal. Im alternden Auge sind leichte Kerntrübungen der Linse, geringe Pigmentveränderungen und/ oder kleinere Drusen in der Makula, geringfügige Kreuzungszeichen sowie eine leichte Verengung der Arterien und eine leichte Verstärkung der Arterienreflexe normal. Die Abwesenheit des Foveolarreflexes jenseits des 40. Lebensjahres ist ebenfalls normal. Auffälligkeiten sollten in jedem Falle notiert und beschrieben, besser jedoch skizziert oder fotografiert werden und, wenn möglich, mit der Dokumentation vorangegangener Sitzungen verglichen werden. Bestehen geringste Zweifel an der Unbedenklichkeit einer Auffälligkeit, sollte der Patient zur fachärztlichen Begutachtung überwiesen werden. Eine hinreichende Beschreibung oder Bilddokumentation muss der schriftlichen Begründung der Überweisung beigefügt sein. 261 7.6 Tonometrie 6. Was ist ein Umbo? a. ein Reflex in der Mitte der Foveola b. ein stärker pigmentierter, ungefähr 3 Papillendruchmesser großer Bereich am hinteren Augenpol c. ein Reflex, der durch seitwärts gedrängte Bipolar- und Ganglienzellen entsteht d. ein feuchter Reflex entlang der großen Blutgefäße Gesundheitszustand des Auges 7. 7 Bei welcher der folgenden Erkrankungen ist eine Netzhautablösung am unwahrscheinlichsten? a. periphere Netzhautdegeneration b. diabetische Retinopathie c. hohe Myopie d. hypertensive Retinopathie 8. Was trifft zu für die Spaltlampenophthalmoskopie im Vergleich zur direkten Ophthalmoskopie? a. eine geringere Abhängigkeit der Vergrößerung von der Fehlsichtigkeit 7.6 Tonometrie Die Tonometrie ist die Messung des Augeninnendruckes (Intraokulardruck, IOD). Dieser gilt als ein entscheidender Risikofaktor für die Entstehung des Glaukoms. Das vorliegende Kapitel beschreibt die physikalischen und physiologischen Hintergründe der Tonometrie sowie einige Verfahren, die vor allem im Hinblick auf das Glaukomscreening durch den Augenoptiker/Optometristen ausgewählt worden sind. Augeninnendruck Physiologische Aspekte Der Intraokulardruck (IOD) gewährleistet die kugelförmige Gestalt des Augapfels und damit die stabile Positionierung der brechenden Elemente. Er entsteht als Gleichgewicht zwischen Produktion und Abfluss des Kammerwassers. Ist der Abfluss b. ein kleinerer Bildausschnitt c. ein aufrechtes Bild d. weniger störende Reflexe 9. Welches der nachfolgend genannten Merkmale spricht am wahrscheinlichsten für ein Glaukom? a. Der neuroretinale Rand (NRR) ist inferior breiter als temporal. b. Das E/P-Verhältnis beträgt rechts 0,5 und links 0,2. c. Die Papille ist queroval. d. Auf dem Grund der Exkavation sieht man die Lamina cribrosa. 10. Welche der folgenden Veränderungen können Sie zu Beginn einer diabetischen Retinopathie am wahrscheinlichsten erwarten? a. Exsudate b. Baumwollherde c. Mikroaneurysmen d. Gefäßneubildung an der Papille H.-J. Grein des Kammerwassers im Verhältnis zu dessen Produktion gestört, steigt der IOD solange, bis sich ein neues Gleichgewicht einstellt. Das Kammerwasser stammt primär aus dem Blut der Ziliarkörperkapillaren und wird größtenteils über das nichtpigmentierte Epithel des Ziliarkörpers in die Hinterkammer des Auges abgegeben. Auf seinem Weg durch das vordere Auge fließt es zwischen Iris und Linse in die Vorderkammer. Der größere Teil (ca. 85%) des Kammerwassers wird über das im Kammerwinkel befindliche schwammartige Trabekelmaschenwerk in den Schlemm-Kanal drainiert. Von dort fließt es über feine Sammelkanäle in das Venensystem des Auges. Der übrige Teil (15%) gelangt zurück in den Ziliarkörper und von dort in das Venensystem des Auges oder durch die Sklera hindurch in die Orbita. Abb. 7.74 zeigt den Weg des Kammerwassers durch das Auge. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 262