Protokoll zur 52

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BUNDESINSTITUT FÜR ARZNEIMITTEL
UND MEDIZINPRODUKTE
Ergebnisprotokoll
71. Sitzung des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht nach
§ 53 Abs. 2 AMG vom 14.01.2014
Tagungsort:
Bundesinstitut für Arzneimittel
und Medizinprodukte
D-53175 Bonn, Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3
Teilnehmer:
Der Vorsitzende
Die Sachverständigen des Ausschusses für Verschreibungspflicht
Vertreter des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG)
Vertreter des BfArM
Hinweis:
Der Ausschuss unabhängiger Sachverständiger nach § 53 Absatz 2 des
Arzneimittelgesetzes berät das BMG und das BMEL im Hinblick auf Fragen zur
Verschreibungspflicht von Arzneimitteln und gibt hierzu fachliche Empfehlungen ab.
Mit diesen Ausschussempfehlungen wird der - in jedem Einzelfall erforderlichen –
Entscheidung des Verordnungsgebers nicht vorgegriffen. Änderungen der
Arzneimittelverschreibungsverordnung erfolgen jeweils durch Rechtsverordnung des
BMG bzw. des BMEL; diese Verordnungen bedürfen grundsätzlich der Zustimmung
des Bundesrates.
Tagesordnung
1.
Eröffnung der Sitzung
2.
Annahme der Tagesordnung
3.
Geschäftsordnung des Ausschusses
4.
Chinin
Antrag auf Unterstellung unter die Verschreibungspflicht für die Anwendung
beim Menschen
5.
Ketotifen
Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht für Ketotifen 0,25 mg/ml
Augentropfen Lösung
6.
Levonorgestrel zur Notfallkontrazeption
Auftrag des BMG zur Aktualisierung des Votums vom 1.Juli 2003
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7.
Verpflichtende Dosierungsangaben auf dem Rezept
Auftrag des BMG
8.
Verschiedenes
TOP 1
Eröffnung der Sitzung
Der Vorsitzende begrüßt die
verfahrenstechnische Hinweise.
Anwesenden.
Es
folgen
verschiedene
TOP 2
Annahme der Tagesordnung
Die Sachverständigen stimmen dem Vorschlag des Vorsitzenden zu, den TOP 6 zu
Levonorgestrel vorzuziehen. Mit dieser Änderung wird die Tagesordnung
angenommen.
TOP 3
Geschäftsordnung des Ausschusses
Ein Vertreter des BfArM informiert darüber, dass die Vorstellung eines Entwurfs für
eine aktualisierte Geschäftsordnung auf die 72. Sitzung verschoben wurde.
TOP 4
Chinin
Ein Vertreter des BfArM führt in die Thematik ein (s. Anlage 1). Es wurde dem BfArM
zwischenzeitlich bekannt, dass der Antrag auf ausnahmslose Unterstellung von
Chinin unter die Verschreibungspflicht nur für die Anwendung beim Menschen gelten
soll.
Ein Sachverständiger erkundigt sich danach, ob die dargestellten Nebenwirkungen
auch in niedriger Dosierung auftreten könnten. Außerdem habe eine frühere
Befragung von Referenzapotheken ergeben, dass es inzwischen keinen Missbrauch
mit Chinin mehr gäbe.
Der Vertreter des BfArM antwortet darauf, durch Chinin ausgelöste
Thrombozytopenien seien dosisunabhängig und könnten daher auch bei niedriger
Dosierung auftreten. Die Nebenwirkungen auf das kardiale Reizleitungssystem mit
der Gefahr von Herzrhythmusstörungen, schweren Hautreaktionen wie StevensJohnson-Syndrom sowie Sehstörungen und Tinnitus träten ebenfalls auch unter den
niedrigen Dosen auf, wie sie zur Behandlung nächtlicher Wadenkrämpfe angewendet
würden.
Bezogen auf die Frage nach dem Missbrauch laute die Antwort, dass nach eigenen
Recherchen die Wirkungsverstärkung von Loperamid durch Chinin als Thema in den
einschlägigen Internetforen vertreten sei.
Auf eine entsprechende Frage nach der eher niedrigen Anzahl vorliegender
Nebenwirkungsmeldungen antwortet der Vorsitzende, dass es sich um
Spontanberichte handele. Da außerhalb von klinischen Studien, d.h. im
Spontanberichtssystem, von einer hohen, aber unbekannten Zahl von nicht
gemeldeten Nebenwirkungen auszugehen sei, seien quantitative
Häufigkeitsabschätzungen problematisch. Dem BfArM lägen aber qualitativ
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beurteilbare, schwerwiegende Meldungen vor. Die Herzrhythmusstörungen könnten
potenziell tödlich verlaufen. Deshalb sei aus seiner Sicht die Unterstellung unter die
Verschreibungspflicht die angemessene Maßnahme.
Ein Vertreter des BfArM informiert darüber, dass das Bundesinstitut für
Risikobewertung Chinin in Lebensmitteln als problematisch betrachte und eine
Neubewertung durch das betreffende Wissenschaftsgremium der europäischen
Kommission, das Scientific Committee on Food, angefordert habe. Chinin in
Lebensmitteln werde vor allem für Schwangere, Menschen mit vorbestehenden
Herzrhythmusstörungen oder solche unter Medikation mit bestimmten Arzneimitteln
als Risiko angesehen.
Nach Ansicht eines Sachverständigen würde sich die Anzahl der
Nebenwirkungsmeldungen sehr relativieren, wenn man sie in Relation zu den hohen
Expositionszahlen aus Deutschland setze.
Ein anderer Sachverständiger führt aus, in dem Cochrane-Review seien 1586
Patienten betrachtet worden, davon sei nur bei 1140 Patienten Chinin gegen Placebo
getestet worden. Aus anderen Studien sei bekannt, dass auch Dehnübungen der
Wadenmuskulatur zu einer signifikanten Verbesserung führten. Für ihn bestehe ein
großer Unterschied zwischen den beiden Anwendungsgebieten von Chinin. Bei einer
lebensbedrohlichen Malaria müssten Herzrhythmusstörungen, Thrombozytopenie
und andere Nebenwirkungen, anders als bei der Behandlung nächtlicher
Wadenkrämpfe, in Kauf genommen werden. Nicht erwähnt worden sei das Risiko für
Phototoxizität unter Chinin. Inzwischen sei bekannt, dass das Long QT-Syndrom
vererbt würde. Dies sei aber für den Patienten nicht erkennbar, dennoch könne der
Patient einen plötzlichen Herztod erleiden. Aufgrund dieser Risiken plädiere er dafür,
Chinin zur Behandlung nächtlicher Wadenkrämpfe der Verschreibungspflicht zu
unterstellen.
Auf eine entsprechende Frage antwortet ein Vertreter des BfArM, dass Informationen
zur Entwicklung der Anzahl von Nebenwirkungsmeldungen in Frankreich und
Großbritannien nach Unterstellung von Chinin unter die Verschreibungspflicht in der
europäischen UAW-Datenbank EudraVigilance nicht zu recherchieren seien.
Der externe Sachverständige hält seinen Vortrag (s. Anlage 2). Anschließend werden
Fragen an ihn gerichtet.
Ein Sachverständiger erkundigt sich, ob Daten zur Dosisabhängigkeit von QTVerlängerungen unter Chinin bekannt seien.
Der externe Sachverständige antwortet, es gebe eine Dosisabhängigkeit, deren
Ausprägung sei aber individuell verschieden bzw. sie sei von verschiedenen
Faktoren des einzelnen Patienten abhängig. Aus seiner Sicht seien aber deutlich
höhere Dosen als 10 g erforderlich. Interessant sei auch, dass mit nächtlichen
Wadenkrämpfen eine erhöhte Sensitivität für kardiale Nebenwirkungen verbunden
sei. Dasselbe gelte für den Schmerzzustand an sich. Er denke, dass das kardiale
Risiko keine Rolle spiele.
Ein Sachverständiger erläutert, dass die betroffene Firma einen Vorschlag für eine
Packungsgrößenbegrenzung unterbreitet habe, der eine Anwendung über 5 Tage
ermögliche. Ein Problem sehe er insofern, als ein verlängertes QT-Intervall mit den
entsprechenden Folgen sehr schnell und sicher bereits innerhalb der ersten 5 Tage
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aufträte, falls ein Patient zusätzlich zu Chinin ein weiteres Arzneimittel mit die QTZeit verlängernder Wirkung einnähme.
Außerdem sei aus einer publizierten Studie zu Immunthrombozytopenien bekannt,
dass die im Vortrag aufgeführten klinischen Symptome als Hinweise auf eine
Thrombozytopenie entweder fehlen oder vom Patienten übersehen werden könnten.
So sei es möglich, dass die Thrombozytopenie erst diagnostiziert würde, wenn der
Patient bereits eine bedrohliche Blutung entwickelt habe.
Ein Sachverständiger führt aus, dass beim plötzlichen Herztod sicherlich nicht der
Chininspiegel im Blut gemessen werde. Daher sei davon auszugehen, dass solche
Todesfälle nicht aufgeklärt und nicht gemeldet würden. Aus seiner Sicht stünden die
schweren Nebenwirkungen von Chinin in keinem Verhältnis zu dem Krankheitsbild
der nächtlichen Wadenkrämpfe.
Auf eine entsprechende Frage antwortet der externe Sachverständige, dass
Überdosierungen bei den der Firma bekannten Nebenwirkungsmeldungen keine
Rolle gespielt hätten. Er halte im Übrigen das Risiko für sehr gering, dass ein Patient
mit nächtlichen Wadenkrämpfen gar nicht zu seinem Arzt ginge. Bei niedriger
Dosierung seien QT-Verlängerungen nicht zu erwarten. Dies rechtfertige die
Freistellung einer ‚Notfallpackung‘ für 5 Tage als Soforthilfe.
Ein Sachverständiger führt aus, nächtliche Wadenkrämpfe träten bei den davon
Betroffenen nicht jede Nacht, sondern in größeren Zeiträumen und vor allem in
unregelmäßigen Abständen auf. Daher sei es nicht sinnvoll, 5 Tage hintereinander
Chinin einzunehmen. Chinin könne nicht als Notfallmedikament angesehen werden.
Chinin sei in den zitierten Studien des Cochrane-Reviews bis zu 60 Tage
angewendet worden, informiert ein anderer Sachverständiger und erkundigt sich
nach Resorptionszeiten und Wirkungseintritt nach Einnahme.
Der externe Sachverständige antwortet, es sei möglich, mit einer Dauereinnahme
eine Frequenzminderung der nächtlichen Krämpfe zu erreichen. Zu einer
prophylaktischen Wirkung seien ihm aber keine Daten bekannt, insofern würde er
diese Therapie tatsächlich in erster Linie als Akuttherapie ansehen.
Ein Sachverständiger möchte die Gründe für die Rücknahme der Indikation in
England und Frankreich erfahren. Der externe Sachverständige verweist auf den
unterschiedlichen Umgang mit Arzneimittelrisiken durch Patienten wie auch
Behörden in verschiedenen Ländern sowie darauf, dass das BfArM Zugang zu
Studiendaten erhalten habe, die in den anderen Ländern nicht vorlägen. Daraus
resultiere seine Annahme, dass die deutsche Behörde ein größeres Zutrauen in den
Nutzen des Arzneimittels habe.
Der Sachverständige verlässt den Raum.
Auf eine diesbezügliche Frage antwortet ein Vertreter des BfArM, dass die
Regelungen in der Arzneimittelverschreibungsverordnung unabhängig von den
lebensmittelrechtlichen Regelungen zu Chinin seien.
Ein Vertreter des BfArM erläutert hinsichtlich der Bezugnahme des externen
Sachverständigen auf die Packungsgrößenbegrenzungen anderer Arzneimittel, dass
die Limitierung der Packungsgröße für die OTC-verfügbaren Triptane erfolgte, um
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das Risiko eines Übergebrauchs zu minimieren. Die Begrenzung der Packungsgröße
für Paracetamol begründe sich aus den Rückmeldungen der deutschen
Giftnotrufzentralen, nach denen Paracetamol in hohen Dosen über 10 g vermehrt für
Suizidversuche verwendet werde. In beiden Fällen sei es um die Verhinderung des
nicht bestimmungsgemäßen Gebrauchs gegangen, insofern sei die Rationale mit der
für Chinin nicht vergleichbar.
Ein Sachverständiger erkundigt sich, wie schnell Chinin im Notfall wirkt. Ein Vertreter
des BfArM informiert, dass die dem BfArM vorliegenden Studien eine Anwendung
von Chinin über 14 Tage untersuchten. Der Sachverständige stellt fest, es handele
sich offenbar nicht um ein Notfallmedikament. Der BfArM-Vertreter bestätigt dies.
Ein weiterer Sachverständiger unterstützt den Antrag auf Unterstellung. Ein
Arzneimittel mit QT-verlängernder Wirkung würde nach heutigem Stand nicht mehr
zugelassen. Die Verlängerung der QT-Zeit werde als Surrogatparameter für
gravierende kardiale Nebenwirkungen angesehen, die nach einer Zulassung mit den
Mitteln der Pharmakovigilanz kaum noch aufzudecken seien.
Außerdem müsse die Ursache nächtlicher Wadenkrämpfe durch den Arzt abgeklärt
werden. Häufige Ursachen der Krämpfe seien unerkannte Grundleiden wie
Niereninsuffizienz oder die Therapie z.B. mit Diuretika.
Ein Sachverständiger widerspricht der Darstellung des externen Sachverständigen,
es gäbe bei einer Thrombozytopenie Frühwarnsymptome, dies sei keineswegs der
Fall. Es gebe schwere Thrombozytopenien bei Patienten ohne klinische Zeichen wie
Petechien, dafür aber schwere Blutungen. Chinin erfülle bei einer so variabel
verlaufenden Erkrankung nicht die Definition eines Notfallmedikamentes.
Nach Aussage eines Sachverständigen treten QT-Verlängerungen bereits bei
weniger als den vom externen Sachverständigen genannten 10 g Chinin auf. In der
Malariatherapie sehe man häufig auch schon bei Tagesdosen von 1,5-2 g schwere
Nebenwirkungen. Diese Menge würde bereits mit 5 Tabletten der vorgeschlagenen
‚Notfallpackung‘ erreicht.
Auf Nachfrage der Sachverständigen erläutert ein Vertreter des BfArM, im Rahmen
des laufenden Stufenplanverfahrens solle das Anwendungsgebiet auf „second-line“
eingeschränkt werden. Die Anwendung von Chinin würde nur noch dann erlaubt
sein, wenn zuvor alle anderen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen wie
beispielsweise Physiotherapie ausgeschöpft worden seien. Daher sollten beide
Maßnahmen, Stufenplanverfahren und die Unterstellung unter die
Verschreibungspflicht, zusammen betrachtet werden.
Ein Sachverständiger bezweifelt, dass die Unterstellung unter die
Verschreibungspflicht angemessen sei, da die Expositionszahlen so hoch und die
Gesamtzahl gemeldeter Nebenwirkungen so niedrig seien. Darauf antwortet ein
Vertreter des BfArM, eine relativ niedrige Zahl von Nebenwirkungsmeldungen könne
im Fall von Chinin keinesfalls als Beleg für seine Unbedenklichkeit angesehen
werden. Vielmehr werde ein über Jahrzehnte apothekenpflichtig erhältliches
Arzneimittel von den Patienten und den Ärzten als harmlos wahrgenommen mit der
Folge, dass auftretende Nebenwirkungen kausal nicht mit Chinin in Verbindung
gebracht würden.
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Ein Sachverständiger erklärt, er würde für die Unterstellung stimmen, weil die
erforderliche Abklärung der Kontraindikationen, insbesondere hinsichtlich der QTVerlängerung, für den Patienten zu komplex sei. Außerdem seien nächtliche
Wadenkrämpfe sehr gut durch physikalische Maßnahmen wie Dehnungsübungen zu
behandeln.
Nach Aussage eines Sachverständigen sei in einem kleinen Glas polnischer
Limonade, die Patienten problemlos beschaffen könnten, relativ viel Chinin enthalten.
Der Vorsitzende erinnert daran, dass der Ausschuss nur für den Bereich der
Arzneimittel zuständig sei.
Abstimmung:
Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt mehrheitlich,
Chinin
– zur Anwendung bei Menschen –
ausnahmslos der Verschreibungspflicht zu unterstellen.
TOP 5
Ketotifen
Ein Vertreter des BfArM führt in die Thematik ein (s. Anlage 1).
Zu diesem Punkt der Tagesordnung gibt es keine Wortmeldung.
Abstimmung:
Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt einstimmig,
Ketotifen
– zur Anwendung am Auge in einer Konzentration von bis zu 0,025% –
aus der Verschreibungspflicht zu entlassen.
TOP 6
Levonorgestrel zur Notfallkontrazeption
Ein Vertreter des BfArM führt in die Thematik ein (s. Anlage 1).
Auf die Bitte eines Sachverständigen um Erläuterung der Hinweise in der
Fachinformation von levonorgestrelhaltigen Arzneimitteln zur Notfallkontrazeption zur
möglichen Wirkungsabschwächung mit zunehmendem Körpergewicht erläutern
Vertreter des BfArM, dass diese Hinweise als vorläufig anzusehen seien. Auf
europäischer Ebene solle ein Referral-Verfahren eingeleitet werden, das die
Datenlage zu allen Wirkstoffen untersuchen wird, die zur Notfallkontrazeption
angewendet werden. Ziel dieses Verfahrens sei, auf der Grundlage
wissenschaftlicher Evidenz harmonisierte Hinweise in die Produktinformationen aller
betroffenen Arzneimittel aufzunehmen bzw. die bestehenden Hinweise anzupassen
(Redakt. Anmerkung: das Artikel-31-Referral wurde im Januar 2014 gestartet).
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Ein Vertreter des BfArM führt aus, dass die Informationstexte von PiDaNa 1,5 mg
Tablette® dem europäisch harmonisierten Referenztext eines in Frankreich
zugelassenen Arzneimittels entsprächen. Die Tatsache, dass es in Europa ein
weiteres levonorgestrelhaltiges Arzneimittel - mit dem Referenzland UK und ohne
einen Hinweis zu Wirkungsabschwächung in den Informationstexten - gibt, mache
ein Referral erforderlich. Dieses Referral würde auch den Wirkstoff Ulipristal
einschließen. Als ein Ergebnis des Verfahrens sei eine Festlegung der
Gewichtsgrenzen für die Wirksamkeit der einzelnen Wirkstoffe zu erwarten,
ausgedrückt entweder in kg Körpergewicht oder dem Body-Mass-Index. Nachfolgend
würden dann die Informationstexte aller betroffenen Arzneimittel angepasst. Zur
Anwendung höherer Dosen als 1,5 mg Levonorgestrel lägen keine Studiendaten vor.
Auf die entsprechende Frage eines Sachverständigen antwortet ein Vertreter des
BfArM, die Rate der Schwangerschaftsabbrüche sei nach den bisher vorliegenden
Daten in den Ländern, in denen Notfallkontrazeptiva rezeptfrei erhältlich sind, nicht
bzw. kaum rückläufig. Die Gründe für diese Beobachtung seien nicht geklärt. Eine
mögliche Erklärung dafür sei, dass eine Notfallkontrazeption mehr von eher
vorsichtigen Frauen mit einem geringen Schwangerschaftsrisiko angewendet werde,
während die Gruppe der Frauen mit einem durch Risikoverhalten erhöhten
Schwangerschaftsrisiko, z.B. durch mehrfachen ungeschützten Verkehr während
eines Zyklus, davon seltener Gebrauch machte.
Ein Sachverständiger stellt fest, dass ein Vergleich verschiedener Länder bezüglich
der Rate von Schwangerschaftsabbrüchen oder Veränderungen der Zahlen aus
seiner Sicht nicht zulässig sei. Hauptursache der fehlenden Vergleichbarkeit sei der
länderspezifisch, auch innereuropäisch, sehr unterschiedliche Umgang mit der
Aufklärung von Kindern und Jugendlichen in Familie und Gesellschaft. Direkte Folge
dieser traditionell großen Unterschiede sei, dass in anderen Ländern beispielsweise
eine der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) vergleichbare
Organisation sowie ein mit der Situation in Deutschland vergleichbarer
Sexualkundeunterricht an den Schulen fehle.
Ein Sachverständiger regt an, jeder Packung eines Notfallkontrazeptivums eine
schriftliche Information der BZgA beizufügen. Nach einer Freistellung könne man auf
diese Weise gerade wenig aufgeklärten jungen Mädchen viele Informationen
vermitteln. Außerdem würde er dafür plädieren, dass nach einer Freistellung nicht für
diese Arzneimittel geworben werden dürfe und rege an, die Freistellung an eine
solche Auflage zu binden, falls dies möglich sei.
Ein Vertreter des BfArM antwortet darauf, dass es im Rahmen der europäischen
Verfahren möglich sei, sogenanntes Schulungsmaterial zu beauflagen, das
zusammen mit dem Arzneimittel abgegeben wird. Die Möglichkeit der Umsetzung in
diesem Fall würde vom BfArM geprüft.
Ein weiterer Sachverständiger äußert den Wunsch, die pharmazeutischen
Unternehmer würden im Rahmen einer freiwilligen Selbstverpflichtung auf Werbung
für Notfallkontrazeptiva verzichten. Aus den Reihen der Sachverständigen kommt die
Anregung, das Heilmittelwerbegesetz dahingehend zu ergänzen, dass Werbung für
Notfallkontrazeptiva nicht erlaubt sei. Es gebe bereits jetzt sehr gute, von BZgA und
pro familia entwickelte Broschüren für diese Notfallsituation, die über die Apotheken
verteilt würden.
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Ein Sachverständiger antwortet darauf, die betreffenden Firmen könnten zwar um
größtmögliche Zurückhaltung bezüglich der Werbung gebeten werden, es gebe aber
kein Weisungsrecht von Seiten der Industrieverbände. Das Heilmittelwerbegesetz
müsse sich am europäischen Recht orientieren und es sei daher nicht möglich, es
beliebig zu ergänzen oder zu ändern. Man solle nach einer Freistellung zuerst
beobachten, ob überhaupt eine Situation eintritt, in der Maßnahmen ergriffen werden
müssten.
Ein Vertreter des BMG bestätigt, das Heilmittelwerberecht sei europäisch
harmonisiert und seitens der Juristen würden kaum Möglichkeiten für die
vorgeschlagene Gesetzesänderung gesehen.
Ein Sachverständiger stellt wegen der aus seiner Sicht schlechteren Wirksamkeit die
Frage, ob es das Ziel sei, mit Levonorgestrel nur die zweitbeste Substanz frei zu
stellen, die dann gegenüber Ulipristal präferiert würde, weil sie leichter zu bekommen
sei. Er erkundigt sich außerdem, ob der Ausschuss frei sei, über die verschiedenen
Präparationen der Substanz zu entscheiden oder nur über die 1,5 mg Dosis, so dass
im Fall einer Ablehnung der 1,5 mg immer noch die zweimal 0,75 mg Dosis
zugelassen bzw. frei gestellt bliebe. Außerdem sei die Formulierung aus dem
Positionsvorschlag des BfArM „… 1,5 mg und in einer Gesamtmenge von 1,5 mg je
Packung“ falsch, da das „und“ durch ein „oder“ zu ersetzen sei.
Ein Vertreter des BfArM erinnert daran, dass die Sachverständigen grundsätzlich nur
eine Empfehlung zu Wirkstoffen abgeben. Die Freistellung von Levonorgestrel würde
durch die Empfehlung eingeschränkt auf
- die einmalige orale Anwendung
- eine Einzeldosis von 1,5 mg, wobei die Formulierung sowohl die Anwendung
in Form einer Tablette wie auch die von 2 Tabletten à 0,75 mg einschließt
- eine Gesamtmenge von 1,5 mg je Packung.
Das Bindewort „und“ sei beabsichtigt, da es die Packungsgrößenbegrenzung zur
Folge habe und damit der intendierten einmaligen Anwendung entspräche.
Ein Sachverständiger kommentiert, kürzlich sei in den Medien ausführlich über die
Risiken und Nebenwirkungen des bei Schweinen angewendeten Gestagens
Altrenogest informiert worden. Es seien offensichtlich bei der EMA in London zu
verschiedenen Gestagenen unterschiedliche Meinungen vorhanden. Beim Tier
angewendet, würden sie sehr kritisch gesehen, während sie zur Anwendung beim
Menschen von der Verschreibungspflicht frei gestellt werden könnten. Da es sich um
Nutztiere handele, würden sehr strenge Grenzwerte gelten, während dies beim
Menschen nicht der Fall sei. Aus seiner Sicht würde mit zweierlei Maß gemessen.
Dazu informiert ein anderer Sachverständiger, hier werde eine Studie des BUND
angesprochen, die nicht in allen Punkten fachlich unstrittig sei. Die EMA habe über
die Festlegung von MRLs und damit die Wartezeiten zu entscheiden (redakt.
Anmerkungen: MRL(„Maximum Residue Limits“) - Rückstandshöchstmengen für
Wirkstoffe in Lebensmitteln tierischen Ursprungs. Wartezeiten - zeitlicher
Mindestabstand zwischen letzter Arzneimittelgabe und Schlachtung, um eine
Belastung des Menschen durch Wirkstoffrückstände im Fleisch zu vermeiden). Es
handele sich daher um sehr unterschiedliche Sachverhalte, die nicht miteinander
vermischt werden sollten.
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Bezüglich der vorgeschlagenen Position zu LNG schlage er vor, sie um „…in einer
Einzeldosis von bis zu 1,5 mg…“ zu ergänzen, damit eindeutig auch die 0,75 mgTablette eingeschlossen sei.
Ein Vertreter des BfArM stimmt dem zu. Der Zusatz werde in die Position
aufgenommen, die später zur Abstimmung komme.
Ein Vertreter des BfArM informiert darüber, dass zu dem anderen, zentral
zugelassenen Notfallkontrazeptivum EllaOne® mit dem Wirkstoff Ulipristal bei der
EMA ein Verfahren zur Entlassung aus der Verschreibungspflicht anhängig sei.
Ein Vertreter des BMG erkundigt sich, wie wahrscheinlich es denn sei, dass eine
Anwenderin LNG im Fall einer Freistellung häufiger anwenden würde und ob die
nach der Apothekenbetriebsordnung übliche Beratung als ausreichend anzusehen
wäre.
Darauf antwortet ein Vertreter des BfArM, dass es bei häufigerer Einnahme zu
Zyklusstörungen mit resultierenden Blutungsstörungen komme, die von den Frauen
nicht erwünscht seien. Daher sei eine solche häufigere Anwendung aus seiner Sicht
nicht wahrscheinlich.
Ein Vertreter des BMG erkundigt sich danach, ob keine schweren Nebenwirkungen
bei Anwendung von Levonorgestrel bekannt seien. Ein Vertreter des BfArM
antwortet, entsprechende Recherchen in den vorliegenden klinischen Studien sowie
der UAW-Datenbank des BfArM hätten ergeben, dass keine ursächlich auf
Levonorgestrel zurück zu führenden schweren Nebenwirkungen berichtet worden
seien. Der Vorsitzende ergänzt, ein völliges Fehlen von Arzneimittelrisiken sei von
keinem wirksamen Arzneimittel bekannt.
Ein anderer Sachverständiger erinnert daran, dass eine Vielzahl von Arzneimitteln
rezeptfrei verfügbar sei, die erheblich toxischer seien als Levonorgestrel, z.B.
verdreifache Diclofenac das Mortalitätsrisiko.
Ein Vertreter des BfArM erinnert daran, dass es sich außerdem um eine
Einmalanwendung in einer niedrigen Dosis handele. Dies sei nicht zu vergleichen mit
der Daueranwendung von Hormonpräparaten, die mit dem bekannten
Thromboembolierisiko verbunden sei. Bei Einmalanwendung seien alle
Anwendungserfahrungen in Übereinstimmung mit den Ergebnissen der vorgestellten
Daten zu Levonorgestrel positiv.
Ein Sachverständiger erkundigt sich nach Daten zur Altersverteilung der
Anwenderinnen der Notfallkontrazeption. Der Vertreter des BfArM informiert darüber,
dass nach dem GKV-Arzneiverordnungsreport (redakt. Anmerkung: Daten der
gesetzlichen Krankenkassen über zu ihren Lasten ausgestellte Rezepte, d.h. Anzahl
selbst bezahlter Rezepte unbekannt) von ca. 400.000 jährlich ausgestellten
Rezepten nur ca. 50.000 an unter 20-jährige Anwenderinnen abgegeben würden.
Ein Sachverständiger ergänzt, dass nach den Zahlen eines Bundeslandes die
Verteilung der Verordnungszahlen aussehe wie folgt: Auf die Altersgruppe der unter
15-jährigen entfielen ca. 2%, 15-16 Jahre 20%, 17-18 Jahre 37% und auf die
Altersgruppe 19-20 Jahre 27%.
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International liege der Anwendungsschwerpunkt in den rund 80 Ländern, in denen
die Notfallkontrazeption seit Jahren bzw. Jahrzehnten rezeptfrei erhältlich sei, in der
Altersgruppe der 20-24-Jährigen.
Auf die entsprechende Frage des Vorsitzenden antwortet ein Vertreter des BfArM,
bei der als ‚umstritten‘ bezeichneten Studie handele es sich um eine
Subgruppenanalyse randomisierter Studien, bei denen Levonorgestrel mit Ulipristal
verglichen wurde, mit Fokus auf dem Körpergewicht der Anwenderinnen. Es sei
keine prospektiv geplante Subgruppenanalyse, sondern eine retrospektive
Metaanalyse von Studiendaten. Aus seiner Sicht sei der gezeigte Effekt, d.h. ein mit
höherem Körpergewicht zunehmendes Schwangerschaftsrisiko, für Levonorgestrel
signifikant. Bei höherem Gewicht und Body-Mass-Index gebe es für Ulipristal einen
Trend zu höheren Schwangerschaftsraten. Man könne über Details der
Subgruppenanalyse durchaus diskutieren. So seien Studien einbezogen worden, in
denen Ulipristal z.B. nicht in der in Europa zugelassenen Darreichungsform
verwendet worden sei, sondern in einer davon abweichenden Form, die vermutlich
zu dem in Europa zugelassenen Arzneimittel nicht bioäquivalent sei. Diese Fragen
würden in dem anstehenden europäischen Referral fachlich diskutiert. (redakt.
Anmerkung: Nach der Metaanalyse wurden insgesamt 60 von 3445 Frauen trotz
Notfallkontrazeption schwanger. 27 dieser Frauen waren normalgewichtig, 13 hatten
ein höheres Körpergewicht (BMI < 29.9 kg/m2) und 20 waren korpulent (BMI (≥ 30 kg
/m2. Die Ergebnisse der Metaanalyse sind teilweise publiziert: Glasier et al. Contraception 84, 363 –
367 [2011]).
Ein Sachverständiger schlägt vor, eine Empfehlung des Ausschusses für eine
Freistellung zu verknüpfen mit speziellem Informationsmaterial und vielleicht auch
spezieller Beratung durch den Apotheker. Er und ein weiterer Sachverständiger
hielten das Argument des Zeitgewinns durch die schnellere Verfügbarkeit nach einer
Entlassung aus der Verschreibungspflicht nicht für so schwerwiegend. Jede Frau
könne sich schon vorab, ohne einen bereits eingetretenen Notfall, beim Arzt beraten
lassen und dieser könne dann ein Rezept für ein Notfallkontrazeptivum ausstellen.
Ein anderer Sachverständiger spricht sich dafür aus, dass der Apotheker eine
korrekte Beratung vornehmen solle und erkundigt sich, ob man die wichtigsten
Inhalte, über die der Apotheker beraten solle, auf einem Informationsblatt festlegen
könne.
Ein Sachverständiger antwortet, die überwiegende Zahl der Verordnungen würde im
Rahmen einer nächtlichen Notfallkonsultation am Wochenende erfolgen und diese
würden auch überwiegend im Nachtdienst der Apotheken eingelöst. Es sei
unrealistisch anzunehmen, dass zu jeder Tageszeit und in jeder Apotheke
Deutschlands eine umfassende gynäkologische Beratung erfolgen könne. Bisher
erfolge die Beratung durch den Arzt.
Die Bundesapothekerkammer habe jedoch bereits seit 2005, als Reaktion auf das
erste Votum des Ausschusses zur Freistellung von Levonorgestrel im Jahr 2003 und
in Vorbereitung auf die bisher nicht erfolgte Umsetzung durch das BMG, ein
Curriculum verabschiedet sowie Informationshilfen und eine mit der BZgA und pro
familia abgestimmte Broschüre erstellt. Diese Materialien seien verfügbar, nach
einem erneuerten positiven Votum würden sie zügig aktualisiert. Im Falle einer
Entlassung von LNG-Notfallkontrazeptiva aus der Verschreibungspflicht würden die
Landesapothekerkammern mit diesen Unterlagen ihrer Pflicht zur Schulung der
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Apothekerinnen und Apotheker hinsichtlich der kompetenten Beratung zur
Notfallkontrazeption nachkommen. Insofern würde die berechtigte Forderung nach
Informationen, die Qualitätsstandards genügen, erfüllt.
Ein weiterer Sachverständiger weist darauf hin, Vertreter der Apotheker hätten in
zwei Anhörungen dargelegt, sie seien in der Lage und bereit, ausführliche
Beratungen durchzuführen.
Auf die Frage nach dem möglichen Bezug der Arzneimittel über das Internet
antwortet ein Vertreter des BfArM, Patienten könnten eine Vielzahl
verschreibungspflichtiger und apothekenpflichtiger Arzneimittel über das Internet
beziehen. Dies könnten die Strafverfolgungsbehörden zwar eindämmen, aber nicht
vollständig unterbinden. Im Zusammenhang mit der Notfallkontrazeption sei es nicht
wahrscheinlich, dass eine betroffene Frau das Arzneimittel im Internet bestellen und
sich auf Auftragsbearbeitung und postalische Zusendung an einem der nächsten
Werktage verlassen würde, anstatt in die nächste Apotheke zu gehen.
Auf Nachfrage von Sachverständigen weisen Vertreter des BfArM darauf hin, dass
der Ausschuss im Fall einer Entlassung von Levonorgestrel aus der
Verschreibungspflicht zwar keine rechtlich bindenden Auflagen aussprechen könne,
dass aber der Wunsch nach Beratung durch die Apotheken sowie die zuvor
gegebenen Informationen über die geplanten Schulungen von Apothekern durch
dieses Protokoll publik gemacht würden.
Daraufhin erfolgen keine weiteren Wortmeldungen.
Abstimmung:
Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt mehrheitlich,
Levonorgestrel
– in Zubereitungen zur Notfallkontrazeption ohne Zusatz weiterer arzneilich
wirksamer Bestandteile zur einmaligen oralen Anwendung in einer Einzeldosis
von bis zu 1,5 mg und in einer Gesamtmenge von 1,5 mg je Packung –
aus der Verschreibungspflicht zu entlassen.
TOP 7
Verpflichtende Dosierungsangaben auf dem Rezept
Ein Vertreter des BMG führt in die Thematik ein (s. Anlage 1).
Nach Ansicht eines Sachverständigen dürfte es aufgrund der geringen Größe von
Rezepten schwierig werden, Dosierungsempfehlungen zu mehreren Arzneimitteln in
lesbarer Form auf dem Rezept zu dokumentieren.
Vertreter des BMG informieren, dass die Vertragspartner in der kassenärztlichen
Versorgung über neue Formulare zu entscheiden hätten. Das BMG selbst sei
möglichen Lösungen gegenüber offen.
Mehrere Sachverständige sehen einen erhöhten Verwaltungsaufwand für die Ärzte.
Jede Praxissoftware sei in der Lage, Medikationspläne auszudrucken, die erheblich
übersichtlicher seien als Angaben auf dem Rezept. Die Übertragung von
Informationen in ein neues Formular und später auf die Arzneimittelpackungen sei
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mit Fehlermöglichkeiten behaftet. Hinzu kämen die Schwierigkeiten, die sich aus
notwendigen Änderungen der Dosierung ergäben. Daher sei ein Medikationsplan als
Dokumentationsmittel vorzuziehen.
Der Vorschlag sei daher, von der Dosierungsangabe auf dem Rezept in den Fällen
abzusehen, in denen eine schriftliche Dosierungsanweisung des Arztes bzw. ein
Medikationsplan vorliegt. Dies würde auch den Umgang mit Dosierungsänderungen
während der Verbrauchszeit einer Arzneimittelpackung erleichtern, wie
beispielsweise bei Kortikoiden.
Ein Sachverständiger macht auf mögliche Schwierigkeiten der praktischen
Umsetzung aufmerksam. Auch in Spezialsprechstunden von Fachärzten wäre diese
Vorschrift für chronisch kranke Patienten mit häufig wechselnden Dosierungen
schwer umzusetzen.
Aus Sicht eines Sachverständigen sollte die Verbreitung von Medikationsplänen
gefördert werden. Insbesondere sollten schnellstmöglich die technischen
Möglichkeiten für deren regelmäßige Erstellung und Aktualisierung geschaffen
werden. Ein Medikationsplan sei sehr gut geeignet, die Qualität der
Medikationsanamnese bei Krankenhausaufnahme und der Informationsübermittlung
bei Entlassung zu verbessern. Darüber hinaus würden Dosierungsfehler etwa bei
niereninsuffizienten Patienten besser erkennbar.
Ein Vertreter des BMG erläutert, Regelungen zu Art und Inhalt der Verschreibung
seien in der Arzneimittelverschreibungsverordnung vorgesehen. Angaben zur
Dosierung gehörten zum Inhalt der Verschreibung, mithin sei die rechtliche
Grundlage für die beabsichtigte Ergänzung gegeben.
Ein Sachverständiger plädiert für die Einführung eines Auswahlkästchens zum
Ankreuzen „Medikationsplan liegt vor“ auf dem Rezept. Gerade in der Geriatrie wäre
eine breite Versorgung der Patienten mit Medikationsplänen sehr wünschenswert
und eine große Verbesserung.
Dieser Vorschlag wird von anderen Sachverständigen unterstützt.
Ein Sachverständiger bringt den Antrag zur Abstimmung ein, auf dem Rezept ein
Auswahlkästchen zum Ankreuzen „Medikationsplan liegt vor“ aufzunehmen. Nur
wenn dies angekreuzt sei, dürfe auf eine zusätzliche Dosierungsangabe auf dem
Rezept verzichtet werden.
Abstimmung:
Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt mehrheitlich die
Aufnahme folgender Ergänzungen in die AMVV:
Bei Arzneimitteln, die zur Anwendung beim Menschen bestimmt sind, sind
Dosierungsangaben auf in Deutschland ausgestellten und eingelösten Rezepten
verpflichtend einzutragen, es sei denn, es liegt dem Patienten ein Medikationsplan,
der das verordnete Arzneimittel umfasst, oder eine entsprechende schriftliche
Dosierungsanweisung der ärztlichen Person vor.
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TOP 8
Verschiedenes
Informationen zur Zulassung von Nexium Control 20 mg in der EU (Entlassung von
Esomeprazol aus der Verschreibungspflicht) und der daraus folgenden Änderung der
AMVV
Ein Vertreter des BMG führt in die Thematik ein.
Das BMG informiert die Sachverständigen über seine Absicht, im Rahmen der
nächsten Änderungsverordnung die Position zu Esomeprazol, in Anlehnung an die
Position zu Omeprazol, zu ändern in:
Esomeprazol
- ausgenommen zur Behandlung von Sodbrennen und saurem Aufstoßen in
einer Einzeldosis von 20 mg und in einer Tageshöchstdosis von 20 mg für
eine maximale Anwendungsdauer von 14 Tagen und in einer maximalen
Packungsgröße von 280 mg Wirkstoff.
Da es zu dieser Information keine Wortmeldungen gibt, beschließt der Vorsitzende
die Sitzung und bedankt sich bei den Mitgliedern für ihre Beiträge.
Termin der nächsten Sitzung:
Dienstag, der 01.07.2014
Beginn: 10.00 Uhr
Sitzungsort: Bonn
Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3
Anlagen
Anlage 1: Voten und Begründungen zu Positionen, deren Änderung zugestimmt
wird (zu TOP4, 5, 6 und 7)
Anlage 2: Präsentation zu TOP 4 externer Sachverständiger
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