Gestaltungsfibel der Stadt Lviv (pdf 15 MB)

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GESTALTUNGSFIBEL
DER STADT LVIV
Hinweise und Regeln für den Erhalt historischer Gebäude
DAS GEBÄUDE ALS EINE EINHEIT
Denkmal oder nicht, die Gebäude in der Lviver Innenstadt
wurden als ein Gesamtkunstwerk entworfen und sind als solche
zu betrachten. Ob an der Fassade oder im Inneren des Gebäudes,
überall finden sich wiederholende Details, die zu einem ästhetischen Gesamteindruck beitragen. Achten Sie einmal darauf!
Ob auf dem Fußboden, im Treppenhaus, über der Eingangstür,
unter den Fenstern, auf den Maskaronen oder auch an Ihrem
Kachelofen, überall werden Sie sich wiederholende Motive
finden. Bereits die Zerstörung eines kleinen Details beeinträchtigt das Erscheinungsbild des Ganzen...
2 EINLEITUNG
INHALT
1.EINLEITUNG
1.1
Wofür gibt es eine Gestaltungsfibel?
1.2
Kulturerbe der Stadt Lviv
5
6
8
2.
BAUEN UND SANIEREN
2.1Fassaden
2.2
Balkone
2.3Dächer
2.4Fenster
2.5
Türen und Tore
2.6Treppenhäuser
2.7
Innenhöfe
2.8
Schaufenster und Werbung
11
11
19
25
33
39
45
53
59
ANHANG
Glossar
Schutzzone des historischen Gebietes
Wichtige Kontakte
66
66
72
74
IMPRESSUM
75
3
VORWORT
Wir haben das Glück, in einer Stadt geboren worden zu sein und zu leben, die ein großes
Erbe von vielen Generationen beherbergt. Dadurch besitzen wir einerseits einen sehr
wertvollen Schatz, tragen jedoch andererseits auch eine große Verantwortung. Lviv ist
eine Stadt, die Architekten aus ganz Europa gestaltet haben. Über Jahrhunderte hinweg
sind Menschen aus vielen Teilen der Welt hierher gekommen, um sich mit ganzem
Herzen für die Stadt einzusetzen.
Heute sind wir, die städtische Gemeinschaft von Lviv, die Eigentümer dieses europäischen Juwels. Unser Eigentum endet jedoch nicht an der Türschwelle einer Wohnung.
Sehen Sie sich z.B. im Treppenhaus um, jeder einzelne Balluster ist ein echtes Kunstwerk. Oder betrachten Sie die Dekoration der Wände im Eingangsbereich, wo phantastischer Stuck eines Bildhauers oder vielfarbige Ornamente eines Malers noch heute
erhalten sind. Schenken Sie Ihre Aufmerksamkeit der Hauseingangstür, die von
einem talentierten, meist unbekannten, Handwerker liebevoll geschnitzt wurde. Sogar
Türklinken oder Briefkästen sind teilweise kleine Kunstwerke.
Deshalb ist es wichtig, sich alle Werte eines Hauses bewusst zu machen, beginnend
vom kleinsten Detail, bis hin zum umfassenden Erscheinungsbild. Und man sollte
wissen, wie die einzelnen Elemente eines Gebäudes gepflegt und behandelt werden
müssen.
Die Stadtverwaltung unterstützt vorbildliche Initiativen von Einwohnern der Stadt, welche
die behutsame Sanierung zum Ziel haben. Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH, die mit
uns ihre Erfahrungen bei der Erneuerung historischer Altstädte teilen, sind wir bereit,
jedem Einwohner beratend zur Seite zu stehen und auch die Kosten für die Ausführung
der Arbeiten zu teilen. Die Gestaltungsfibel, welche Sie in Ihren Händen halten, soll ein
Schritt in diese Richtung sein und für Sie einen wertvollen Ratgeber zur fachgerechten
Instandhaltung und Pflege Ihres baulichen Eigentums darstellen.
Oberbürgermeister der Stadt Lviv
4 EINLEITUNG
Andriy Sadovyy
1. EINLEITUNG
Der herausragende baulich kulturelle Status der Stadt Lviv wurde mit der Aufnahme in
die Weltkulturerbeliste der UNESCO bereits 1998 anerkannt. Seitdem stehen das historische Stadtzentrum (ca. 130 ha) und das Ensemble der St. Georgs Kathedrale unter
besonderem Schutz. Laut der ukrainischen Denkmalliste von 2008 befinden sich 11%
der ca. 16.000 lokalen und 7% der 3.541 nationalen Denkmäler in Lviv. Der Schutz dieses
wertvollen europäischen Kulturguts gehört zu den größten Herausforderungen der
heutigen und zukünftigen Einwohner der Stadt Lviv.
Als Weltkulturerbe wird ein Ort bezeichnet, der über außergewöhnliche natürliche oder
von Menschen geschaffene Qualitäten verfügt, die unbedingt geschützt und erhalten werden müssen. Die historische Innenstadt von Lviv ist ein solcher Ort. Nicht nur
einzelne Bauwerke und Objekte sind aufgrund ihrer außergewöhnlichen Gestaltung
oder Funktion besonders schützenswert, sondern das ganze architektonische Ensemble aus Straßen, Plätzen, Parks, Gebäuden, etc. Architektonische und handwerklich
künstlerische Details, angefangen vom kunstvoll geschnitzten Profil eines Holzfensters bis hin zur Gestaltung des Svobody-Boulevards, bezeugen die kreative Kraft von
Lviver Baumeistern und Architekten. Jedes der einzelnen kleinen und großen Elemente stellt einen Teil unserer Geschichte dar. Die Stadt ist jedoch kein Museum, denn hier
wurde schon immer gewohnt, gearbeitet, gehandelt und hier vergnügte man sich – die
Architektur ist ein Zeuge unserer lebendigen Vergangenheit.
Das Ensemble der Lviver Innenstadt ist nicht zu ersetzen. Mit unsensiblen und nicht
fachgerecht durchgeführten Maßnahmen riskieren wir den Verlust der Lviver Einzigartigkeit, eines Vermächtnisses unserer Vorfahren, das noch immer einen so bedeutenden Anteil in unserem täglichen Leben hat und welches wir auch den nächsten Generationen weitergeben sollten.
Mit der vorliegenden Gestaltungsfibel werden den Leserinnen und Lesern die historischen Zusammenhänge der architektonischen Entwicklung erläutert. Gleichzeitig soll
die Fibel als Hilfestellung für eine gebührende Behandlung der Stadt und ihrer Gestaltungselemente dienen.
5
1.1 WOFÜR GIBT ES EINE GESTALTUNGSFIBEL?
PROBLEMSTELLUNG
In der sozialistischen Zeit wurde die Instandhaltung der meisten
historischen Gebäude vernachlässigt. Ab 1990 addieren sich
zum ohnehin schlechten Gebäudezustand noch zum Teil falsche
Instandsetzungsmaßnahmen in den Altstadtquartieren von Lviv.
Unsachgemäße Eingriffe vor allem an den gestaltenden Elementen der Fassaden, der Einbau von PVC-Fenstern, mangelnde
Pflege von Dachentwässerungen oder Balkonen führen auch
jetzt noch zu erheblichen Schäden und unwiderruflichen Verlusten historischer Bausubstanz. Unpassende Materialien und
schlechte Detaillösungen bei Sanierungen verunstalten einzelne
Gebäude und wirken sich negativ auf das historische Stadtbild
aus.
Neben den oben genannten Veränderungen gibt es auch die
folgenden, zum Teil bis in die Zeit zwischen den zwei Weltkriegen zurückliegenden Entwicklungen, die dem Gebäudebestand
schaden:
yy Umnutzung eines Gebäudes oder eines Gebäudeteils mit
zum Teil negativen Auswirkungen auf die Bausubstanz (z.B.
durch gewerbliche Nutzung);
yy Weitere Verdichtung der Bebauung durch Errichten von
Nebengebäuden in Innenhöfen;
yy Aufteilung von Gebäudeeinheiten, teilweise sogar von einzelnen Räumen;
yy Eingriffe in die historische Bausubstanz durch die unsachgemäße Verlegung von neuen technischen Installationen.
6 EINLEITUNG
Seit der Privatisierung von Wohnraum im Rahmen des ukrainischen Gesetzes „Privatisierung von Gebäuden“ aus dem Jahr
1992 verschlechtert sich die prekäre Situation vieler Gebäude weiterhin. Aufgrund scheinbar unklarer Zuständigkeiten
und mangelnder Kommunikation zwischen den verschiedenen
Eigentümern werden dringend notwendige Sanierungsmaßnahmen, die das gesamte Haus betreffen (Dachstuhl, Treppenhäuser, etc.), nicht bzw. unzureichend durchgeführt. Es kommt
auch vor, dass falsche Prioritäten bei einer in Schritten durchgeführten Sanierung gesetzt werden und zunächst mit optischen
Retuschen begonnen wird, anstatt konstruktive Schäden zu
beheben. Die Folgen sind neben den verschwendeten Ressourcen der weitere Verfall der historischen Bausubstanz bis hin zu
Gefahr für Leib und Leben durch nicht mehr funktionstüchtige
Bauteile (Dächer, Treppenhäuser, Balkone, usw.).
Als erster Schritt für eine verbesserte Kommunikation und zur
Umsetzung eines ganzheitlicheren Sanierungsansatzes wurde
im Jahr 2001 das Gesetz zur Förderung der Bildung von Eigentümergesellschaften (OSBB) verabschiedet.
Die Schaffung von OSBB bietet den Bewohnern die Möglichkeit,
für das Haus und seine Umgebung das beste Diensleistungsangebot zu wählen, deren Qualität zu überwachen, das Gebäude
samt Gemeinschaftsflächen selbst zu verwalten, sowie Geldmittel aus dem kommunalen oder staatlichen Budget für Reparaturzwecke gewinnen zu können.
ANLIEGEN DER GESTALTUNGSFIBEL
GELTUNGSBEREICH DER GESTALTUNGSFIBEL
Die Gestaltungsfibel soll den an der Altstadtsanierung und
Stadterneuerung beteiligten und interessierten Personenkreis
sensibilisieren. Sie richtet sich in erster Linie an die Bewohner,
Eigentümer und Mieter der historischen Gebäude von Lviv, aber
auch an Behörden, Institutionen, Bau- und Handwerksbetriebe.
Sie soll zur Information und als Handlungsanleitung dienen, was
bei einer behutsamen Sanierung und Instandhaltung der Gebäude und einzelner Bauteile unbedingt zu beachten bzw. zu vermeiden ist.
Leserinnen und Leser werden auf den folgenden Seiten anhand
von kurzen Erläuterungen und Abbildungen über die denkmalpflegerischen Anforderungen in Lviv informiert. Jedes wichtige
Bauteil eines Gebäudes wird dabei gesondert betrachtet.
Für ein besseres Verständnis der Zusammenhänge werden
zuerst einige historische Aspekte hervorgehoben sowie die
vorhandenen Probleme erläutert. Im Vordergrund stehen jedoch
vor allem Empfehlungen zum richtigen Umgang mit dem Gebäude und Vorgehen bei der Instandsetzung des jeweiligen Bauteils.
In jedem Kapitel der Gestaltungsfibel finden Sie Hinweise und
Anregungen, wie Sie bei der Instandsetzung bzw. dem Neubau
einzelner Bauteile vorgehen sollten und was Sie lieber vermeiden sollten, um teure Folgeschäden zu verhindern. Fragen Sie im
Einzelfall auch immer einen Fachmann, entsprechende Kontakte finden Sie im Anhang (s. „Wichtige Kontakte“, S. 74).
Die Empfehlungen basieren auf den existierenden Gesetzen (DBN b.3.2-1-2004 „Die Restaurierung, Konservierung und
Reparaturarbeiten an den Denkmälern des kulturellen Erbes“,
und Beschluss Nr. 692 vom 22.07.2011 „Genehmigung der
Installation von Schildern in Lviv“) bzw. auf den internationalen
Standards für den Umgang mit historischen Gebäuden (z.B. der
Charta von Venedig (1964), oder den Leitlinien einer behutsamen
Stadterneuerung (Berlin, 1984), etc.).
ZEITLICHER ASPEKT
Die Gestaltungsfibel fokussiert vor allem auf die historischen
Gebäude, die vor dem 2. Weltkrieg errichtet worden sind.
Dazu zählen sowohl das historische Stadtzentrum als auch die
großflächigen Gebiete der Stadterweiterung aus der Zeit ab der
2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Somit werden bauliche Eigenheiten aller Epochen bis hin zur Periode des „Imperial Stils“ (ab
ca. 1950) in der Fibel berücksichtigt bzw. hervorgehoben. Insbesondere die stadtbildprägenden Stile des Historismus und des
Jugendstils werden ausführlich behandelt.
Selbstverständlich können viele Empfehlungen aus der vorliegenden Fibel zum Umgang mit baulichem Kulturerbe auch
auf Gebäude und Ensemble aus anderen Epochen übertragen
werden. Schließlich steht der sensible und maßvolle Umgang
mit Gebäuden im Allgemeinen im Vordergrund.
RÄUMLICHER ASPEKT
Mit der Aufnahme der Altstadt von Lviv auf die Weltkulturerbeliste der UNESCO hat sich die Stadt verpflichtet, dem Erhalt des
historischen Bauerbes eine hohe Priorität einzuräumen.
Die Gestaltungsfibel bezieht sich auf den ausgewiesenen Bereich
der Schutzzone des historischen Gebietes von Lviv (s. Karte im
Anhang, S. 72).
BEGRIFFLICHER ASPEKT
Definition „Denkmal“: Kulturdenkmal von nationaler oder lokaler
Bedeutung, das im staatlichen Register für immobile Objekte der
Ukraine registriert ist (DBN A.2.2-6-2008, Anhang B).
Definition „Schutzzone eines Denkmals“: festgelegter schützenswerter Bereich um ein Denkmal, eine geschützte Landschaft
bzw. eine archäologische Stätte, in dem nur jene Nutzungen
zugelassen sind, die günstige Bedingungen zum Erhalt der
Denkmäler schaffen (DBN A.2.2-6-2008, Anhang B).
„Schutzzone des historischen Gebietes“: festgelegter, besonders
schützenswerter Bereich um das Ensemble der historischen
Altstadt (s. Karte und Beschreibung im Anhang, S. 72 und S. 73).
7
1.2 KULTURERBE DER STADT LVIV
KURZE BAULICHE GESCHICHTE
Lviv verfügt über eine mehr als 750-jährige, bewegende
Geschichte. Die Stadt wurde von König Danilo Halyzkyi um 1256
auf der wichtigsten europäischen Wasserscheide gegründet und
hat sich dank der günstigen Lage an den größten Handelskreuzungen sehr schnell entwickelt.
Der Stadtausbau hat im Laufe von acht Jahrhunderten stattgefunden. Die bauliche und künstlerische Tradition von Kulturen der unterschiedlichen Nationalitäten, die in der Stadt gelebt
haben, wurde stets mit lokaler Bautradition verbunden und an
den jeweiligen höchsten Entwicklungsstand herangeführt. Das
einzigartige architektonische Ensemble und die Vielfältigkeit der
Architekturbeispiele aus verschiedenen Epochen weisen somit
im weltweiten Vergleich einen sehr hohen kulturellen Wert auf.
Auch in der Ingenieurbaukunst wurden modernste Technologien
eingesetzt; so gehörte z.B. das Kanalisationssystem von Lviv bis
Mitte des 20. Jahrhunderts zu den Besten in Europa.
Die Altstadt hat die für das Mittelalter typische klare Planungsstruktur mit einem zentralen Marktplatz bis heute bewahrt. Dort,
wo sich einst die Stadtmauer als ein Teil der Verteidigungsanlagen der Stadt befand, etablierten sich in den letzten Jahrhunderten Parkanlagen, die nun als grüner Ring die mittelalterliche
Altstadt umgeben.
Die ursprüngliche Wohnbebauung am ehemaligen Stadtrand
sowie die Fachwerkhäuser in der Stadtmitte sind nicht erhalten
geblieben. Nach zahlreichen Bränden wurden diese 1527 durch
einen großen Brand letztendlich vollkommen zerstört. Die ältesten Gebäude in Lviv befinden sich am Fuße des Schlossberges.
Es handelt sich hierbei um zwei Kirchen, die St. Nikolauskirche
und die Johannes der Täufer Kirche, aus der sog. Fürstenzeit
(9.-11. Jahrhundert). Aus der Zeit der Gotik ist lediglich die lateinische Kathedrale erhalten geblieben. Nach 1527 wurde in Lviv die
Bauweise mit Stein und Ziegelstein bevorzugt.
Eine besondere Rolle für Lviv spielten die Epochen der Renaissance und des Barocks. In dieser Zeit wurden nicht nur die
interessantesten Sakralbauten der Stadt errichtet – die Mariä
8 EINLEITUNG
Himmelfahrt Kirche, das Bernhardinerkloster, das Dominikanerkloster und die St. Georgs Kathedrale, sondern auch das
Gesamtbild des Marktplatzes geprägt.
Die räumliche Entwicklung von Lviv im 19. Jahrhundert erfolgte radial. Vom Hauptring gehen bis heute strahlenförmig die
wichtigsten Stadtadern ab, zwischen denen eine dichte Bebauung entstanden ist. Die Strahlen sind durch kleinere Straßen,
Grünflächen und Erholungsgebiete miteinander verbunden.
Eine intensive Stadtentwicklung fand auch im zweiten Teil des 19.
Jahrhunderts statt, als Lviv Hauptstadt der galizischen Provinz
innerhalb der Österreichischen Monarchie wurde. In dieser
Zeit haben sich die Bauindustrie, die Herstellung von Ziegeln,
Dachziegeln, künstlichen Steinen und später auch von Stahlbeton sehr intensiv entwickelt. Auf dem Hintergrund des europäischen Historismus und Jugendstils basierend, sind damals in
Lviv sowie in ganz Galizien Gebäude mit Elementen der Volkskunst der Huzulen entstanden – eine besondere und einzigartige
Form des ukrainischen Jugendstils.
Vor dem zweiten Weltkrieg ist die Architektur auch in Lviv den
gesamteuropäischen Strömungen von Art Deco und Funktionalismus gefolgt. Die weitere freie Stilentwicklung wurde jedoch
durch den Krieg unterbrochen. Später wurden der Stadt untypische Baustile, wie der „Imperial Stil“ der Stalinistischen Epoche
aufgezwungen, der zu dieser Zeit in der UdSSR vorherrschend
war.
Die Veränderung der sozialpolitischen Bedingungen nach dem
zweiten Weltkrieg hat dazu geführt, dass die privaten Eigentümer von städtischen Immobilien de facto enteignet wurden, was
den schnellen Untergang der städtischen Kultur beförderte.
Der Mangel an gebührender Nutzung und Pflege der Gebäude und der städtischen Versorgungsnetze hat im Laufe von 50
Jahren des sozialistischen Regimes Verluste von ganzen Teilen
der wertvollen Bebauung und ihrer einzigartigen Elemente zur
Folge gehabt.
UNSER BEITRAG ZUM ERHALT DES KULTURERBES
Um unser einmaliges gebautes Kulturerbe in Lviv zu erhalten, bedarf es großer Anstrengungen, die nur gemeinsam zu
bewältigen sind. Dabei tragen sowohl die Vertreter der Stadtverwaltung, als auch Eigentümer und Mieter eine gemeinsame
Verantwortung.
Als Eigentümer von Wohnungen und Häusern haben Sie nicht
nur Rechte, sondern auch die Pflicht, Ihr Eigentum fachgerecht
instandzuhalten und Gefahren für Andere, z.B. durch lose Bauteile, zu vermeiden.
Da Wohnungen und Häuser Bestandteil eines baulichen Ensembles sind, das als Einheit zu erhalten gilt, ist es üblich, bestimmte
Regeln aufzustellen, die auch privates Eigentum betreffen. Nur
so kann das gesamte bauliche Kulturerbe geschützt und erhalten werden, auch wenn private Interessen und Bauabsichten
dabei manchmal zurück gestellt werden müssen.
Grundsätzlich gilt: Alle baulichen Arbeiten an Denkmälern sowie
an Gebäuden der UNESCO-Zone und der Schutzzone des historischen Gebietes (s. Karte im Anhang, S. 72) müssen genehmigt
werden. Die Beantragung der Bauarbeiten ist von den jeweiligen
Maßnahmen abhängig. Informationen zum Ablauf des Genehmigungsverfahrens, welche Dokumente benötigt werden, etc.
erhalten Sie bei der Informationsstelle der Stadtverwaltung
bzw. auf der Webseite der Stadt Lviv (s. „Wichtige Kontakte“ im
Anhang, S. 74).
Die allgemeine Vorgehensweise ist dabei durch die „Ordnung
über die Erteilung der Genehmigung für die Ausführung von
Bauleistungen“ Nr. 273 vom 05.12.2000, bestätigt durch das
Staatliche Komitee der Ukraine für Bauwesen und registriert
im Justizministerium am 25.12.2000 unter der Nr. 945/5166,
vorgegeben.
Wenn Sie bereit sind, in Modernisierungs- und Sanierungsarbeiten zu investieren, stellen Sie sicher, dass Sie die richtigen Maßnahmen ergreifen. Leider passiert es häufig, dass
viel Geld für Schönheitsreparaturen ausgegeben wird, obwohl
die Ursachen von Schäden nicht behoben wurden. Investieren
Sie in fachgerechte Sanierungsmaßnahmen! Sie tragen damit
nicht nur zum richtigen Erhalt des Kulturerbes bei, sondern
sparen häufig auf lange Sicht auch Geld. Folgeschäden aufgrund
falscher Sanierungen sind teuer!
9
10 BAUEN UND SANIEREN
2.1 _ FASSADEN
Fassaden sind die schützenden Hüllen eines Hauses. Sie haben vor allem eine wichtige konstruktive Funktion, sie schützen das Mauerwerk und sichern ein angenehmes
Raumklima. Darüber hinaus besitzen insbesondere die Straßenfassaden eine wichtige
gestalterische Funktion.
Sie geben Zeugnis über den jeweiligen Baustil und bestimmen das Straßenbild. Das
systematische Zusammenspiel von Fenstern, Türen, Balkonen, Loggien, Bossierungen,
Pilastern, Gesimsen und vielfältigen Zierelementen bringt den Gestaltungswillen des
Architekten zum Ausdruck. Der Reichtum an Formen und Zierelementen gibt Hinweis
auf die einstige Funktion des Hauses und den sozialen Status des Bauherrn.
In der Lviver Altstadt, innerhalb der ehemaligen Stadtmauer, finden sich in direkter Nachbarschaft Häuser aus verschiedenen Zeitepochen. Außerhalb der ehemaligen Stadtkerneinfassung, dennoch aber im historischen Teil der Stadt, befinden sich
überwiegend Gebäude des Jugendstils, der Moderne sowie Gebäude und Bauwerke aus
der Zeit des Sozialismus.
AT TIKA
KRONSTEIN
GESIMS
GIEBEL
DACHRINNE
TRAUFE
KRANZ
FRIES
BALKONGELÄNDER
MASKARON
GIRLANDE
FALLROHR
KONSOLE
FUGENSCHNIT T
IM PUTZ
BRÜSTUNGSSPIEGEL
BOSSE
SOCKEL
11
2.1 _ FASSADEN HISTORISCHE ENTWICKLUNG
15.–17. JAHRHUNDERT
Fassade aus der
Renaissance-Zeit
auf dem zentralen
Marktplatz
Fassade mit neobarocken Elementen
- einem reichlichen
Stuckschmuck
sowie figürlicher
Ausstattung
Die Gestaltung der Fassaden hat sich abhängig vom Baustil verändert und spiegelt auch in Lviv die europäische Auffassung wider.
Der Renaissance-Stil greift in allen Bereichen auf die antiken
Motive zurück. Die Fassaden zeichnen sich durch klare geometrische Gliederung mit Säulen-, Diamantquadern- und Pilasterverzierungen aus. Fassadenverzierung mit Sgraffito (gekratzter
mehrlagiger und farbiger Putz) erlebt in der Renaissance ihre
Hochzeit.
Als Hauptfarbgebung der Fassade wurden meist starke Farbtöne, in Abstufungen von roten oder intensiven Ockerfarbtönen,
gewählt. Die Holzteile sind holzsichtig, manchmal aber auch
einfarbig oder mehrfarbig im Kontrast zur Fassade gestrichen.
Zierelemente wurden in Naturstein ausgeführt, manchmal auch
polychrom gefasst. Skulpturen sind ein traditionelles Zierelement der Lviver Architektur und seit der Renaissance stark
präsent; die europäische Entwicklung der Bildhauerkunst zeigt
sich auch hier.
17.–18. JAHRHUNDERT
Für die Zeit des Barocks sind kraftvolle Verzierungen mit
geschwungenen Formen (z.B. durch Voluten und Muschelwerk),
sowie Bekrönungen von Gebäudeöffnungen typisch. Reiche
Verwendung fand die Stucktechnik sowie Naturstein. Die strenge Symmetrie in der Verzierung und Platzierung der Einzelelemente in der barocken Fassade wurde im Rokoko aufgelöst.
Während der Barockzeit und im Rokoko verwendete man am
liebsten helle Farbtöne wie Hellblau, Gelb oder Orange, wobei
teilweise auch schon Stuckelemente in helleren Abstufungen oder weiß hervorgehoben wurden. Fenster waren oft weiß
gestrichen, die Haustüren und hölzernen Laubengänge häufig
materialsichtig und leicht pigmentiert. Ortstypisch sind figürliche Darstellungen, die einzeln oder in Gruppen an Dachkanten
angebracht wurden.
18.–19. JAHRHUNDERT
Bei einem Gebäude aus der Zeit des
Historismus setzt
sich die Klinkerfassade von den
Zierelementen
deutlich ab.
12 BAUEN UND SANIEREN
In der Zeit des Klassizismus wurden die Gebäude in ihrer
Gliederung geometrischer. Die Formensprache der römischen
und griechischen Antike, wie Säulen, Pilaster, Steinfigurengruppen und Dreiecksgiebel wurde in den Bauwerken wieder aufgenommen. Naturstein wurde seltener verwendet, aufwändige
Stuck- und Putzelemente überwogen.
Im Historismus verwendete man häufig Gestaltungselemente vorangegangener Stilepochen. Typische Verzierungen einer
historistischen Fassade waren unterschiedlich ausgeprägte Pilaster mit skulpturalen Arbeiten im unteren Bereich der
Fassade, räumliche Kapitelle, Atlanten und Karyatiden, welche
die Balkone stützen, Portale mit Puttenfiguren, profilierte
Fensterverkleidungen sowie Gesimse mit einem ornamentalen
Fries. Typisch ist die Verwendung von kunstvollen Materialimitationen. Der enorme Zuwachs an Bauaktivitäten am Ende des
19.Jahrhunderts führte zu einer Produktion von serienmäßig
angefertigten Elementen.
Typische Farbfassungen des Klassizismus und Historismus
ähneln sich sehr. Vorherrschende Fassadenfarben waren
Gelb und Ocker, später auch Grau- und Graublautöne. Stuckund Zierelemente setzten sich oft farbig ab. Türen und Fenster
wurden meist deckend gestrichen, wobei Rotbraun und Weiß
dominieren. In Einzelfällen wurden auch Grautöne verwendet.
Aufwändige Haustüren aus Eiche wurden oft materialsichtig
belassen.
19.–20. JAHRHUNDERT
Jugendstilfassaden lassen sich an geschwungenen Linien und
der floralen Ornamentik erkennen. Verwendet wurden neben
Stuck auch sehr edle Materialien wie Vergoldungen, bemalte Keramiken und Fliesen. Besonders im Fensterbereich findet
man aufwändig gestaltete Kacheln, welche eine herausragende Besonderheit der Stadt bilden. Auch Eisen, vor allem an den
Balkongeländern sowie an den Hauseingangstüren, gewann in
der Zeit des Lviver Jugendstils an Bedeutung.
Die Farbfassungen des Jugendstils sind hauptsächlich an die
Naturfarben angelehnt. Die Fassaden sowie plastischen Zierelemente weisen helle pastellfarbene Töne auf, aber auch kräftiges Gelb oder Orange. Fenster wurden entweder weiß oder in
grünen Farbtönen gestrichen, aber auch das Rotbraun ist als
Fensterfarbe verbreitet.
Im Jugendstil veränderte sich nicht nur die Thematik der plastischen Verzierung, sondern auch die Ausführungsart und Stilistik. Die Skulptur wurde immer weniger realistisch, immer flächiger, stilisierter, Reliefs wurden graphischer, einer Zeichnung
ähnlicher. Die Zierelemente waren floral oder figürlich. Im späteren Jugendstil wurden die Formen vereinfacht, das Dekor immer
edler ausgeführt. Aus dieser Zeit sind Skulpturen des begabten
Bildhauers Sigismunt Kurtschinskij, der von Rodin beeinflusst
wurde, noch an einigen Lviver Fassaden zu finden.
20. JAHRHUNDERT
In der Zwischenkriegszeit, der Zeit von Art-Deco und Funktionalismus, kamen noch einzelne Figurenreliefs oder Graffitos vor,
dreieckige und spitze Verzierungen wurden ebenfalls typisch
(„Zickzack-Stil“). Schon ab der zweiten Hälfte der 1930er Jahre
entwickelte sich jedoch eine neue ästhetische Auffassung. Diese
entstand auch durch neue Baumaterialien und Konstruktionen,
die das Spiel mit dem Volumen in der Architektur erlaubten.
Ornamentik wurde abgelehnt und durch strenge Formen und
Geometrien ersetzt.
In der Architektur des sozialistischen Realismus wurden
Reliefs an Fenster- oder Türenrahmungen wichtiges Zierelement und trugen gleichzeitig sowjetische Symbolik in sich: Der
fünfzackige Stern sowie Hammer und Sichel im Lorbeerkranz
waren Symbole der Macht und des Sieges. Solche Verzierungen
finden sich an den Portals, Giebeln und Gesimsen der Fassaden. Figürliche Skulpturen wurden entweder aus Natur-, Sandoder Kalkstein angefertigt oder als Werkstein mit verschiedenen
Zuschlagstoffen hergestellt.
Typische Jugendstil-Fassade mit
charakteristischen
Verzierungen und
geschwungenen
Formen
Ein Beispiel für
aufwändig gestaltete Fliesen mit
Motiven aus den
Karpaten
Architektur der
klassischen Moderne - geometrische
Formensprache
und neue Konstruktionsmöglichkeiten ersetzen aufwändige
Ornamentik.
Ein Beispiel für
die Bildhauerkunst Sigismunt
Kurtschinskijs
13
2.1 _ FASSADEN ERHALT UND SANIERUNG
GUT
SCHLECHT
Bei allen Sanierungsmaßnahmen ist es wichtig, die Entstehungszeit eines bestimmten Gebäudes zu berücksichtigen. Das oberste Erhaltungsziel ist das Bewahren der
wertvollen historischen Fassaden mit all ihren typischen Merkmalen.
Der Zerstörung der Mauern und damit der Fassaden liegen mehrere Ursachen zugrunde, die sich häufig gegenseitig noch verstärken. Der Zustand der Fassaden sollte in
regelmäßigen Abständen sorgfältig überprüft werden und jegliche auftretende Schäden
samt deren Ursachen durch eine Fachfirma beseitigt werden. Pflichtbewusste Vorsorgemaßnahmen sparen erhebliche, mit der Zeit exponentiell steigende Kosten!
FEUCHTE
Nur noch an den
Fenstergewänden ist die einstige Schönheit
des Gebäudes zu
erkennen. Durch
Vernachlässigung und enorme
Feuchteschäden
ist es heute kaum
bewohnbar.
Durch Verwitterung
und falsch abgeleitetes Wasser
stark in Mitleidenschaft gezogener
Fassadenschmuck
Fliesen im Sockelbereich widersprechen dem historischen Vorbild und
wirken sich negativ
auf die Bauphysik
eines Gebäudes
aus, da ein notwendiger Luftaustausch
verhindert wird.
Eine fachgerecht
sanierte Erdgeschosszone mit
Berücksichtigung
der historischen
Bossierung und
Ausführung des
Sockelbereichs in
Naturstein
14 BAUEN UND SANIEREN
FEUCHTE
Herausforderungen _ Die Feuchtebelastung wirkt sich auf alle
Teile einer Fassade aus. Die Folgen der hohen Luftfeuchtigkeit
und des starken Temperaturgefälles, sowie die Auswirkung der
Schadstoffemissionen werden vor allem an den Verzierungen
der Fassaden sichtbar. Durch undichte oder fehlende Dachrinnen und Fallrohre werden Mauerwerk, Putz sowie Zierelemente durchfeuchtet, es kommt zu Frost-Tau-Wechsel mit entsprechender Materialbelastung und folglich zur Zerstörung der
Fassade und ihrer Elemente. Mangelhaft abgeleitetes Oberflächenwasser oder aus defekten Grundleitungen austretendes
Abwasser kann Fundamente unterspülen und Risse im Mauerwerk sowie Schäden am Sockelputz und im Erdgeschossbereich
verursachen.
Empfehlungen _ Die Behebung der Ursachen vorhandener
Feuchteschäden und eventueller Salzschäden ist Voraussetzung
für eine erfolgreiche und damit dauerhafte Fassadensanierung.
Dachentwässerungssysteme müssen sofort bei Auftreten von
Schäden repariert werden. Feuchteschäden im Sockelbereich
lassen sich durch eine nachträglich eingebaute Horizontal- oder
Vertikalsperre dauerhaft beheben. Besonders anfällige, auskragende Bauteile, z.B. Gesimse, Fensterbänke und –bekrönungen, können mit fachgerecht ausgeführten Abdeckungen aus
Titanzink- oder Kupferblech vor Feuchtigkeit effektiv geschützt
werden.
Gepflegte Fassade aus der Zeit des Historismus
Gut erhaltene bzw. sanierte Fassadenfront der repräsentativen
Renaissance- und Barockgebäude am Marktplatz
GESTALTUNG
Herausforderungen _ Das Antlitz einer Fassade ist von der
Qualität aller in ihr befindlichen Elemente abhängig. Durch
fehlendes Verständnis und mangelhafte Kenntnis der Rechtslage werden Teile historischer Fassaden abgeschlagen oder
verändert. Oft ist der Verlust wertvoller Fassadenelemente auf
mangelnde Pflege zurückzuführen.
Zusätzlich werden an den Fassaden Klimaanlagen, Satellitenschüsseln sowie andere technische Anlagen und Versorgungsleitungen verlegt. Sie beeinträchtigen die Fassade optisch und
sind eine Belästigung für Passanten, z.B. durch abtropfendes
Wasser.
Empfehlungen _ Die originale historische Fassade ist mit allen
prägenden Fassadenelementen unbedingt zu sichern, zu erhalten und ggf. wiederherzustellen – die Restaurierung und Rekonstruktion von Fassadenelementen erfordert hohe handwerkliche Fähigkeiten und entsprechende Techniken und ist nur
von erfahrenen Fachleuten auszuführen. Auch alle Fassadenöffnungen sollten in Form, Maßstab und Rhythmus erhalten
bleiben und auch nach baulichen Maßnahmen dem historischen
Bestand entsprechen. Bei einer Sanierung sollten ausschließlich
orts- und gebäudetypische Materialien zum Einsatz kommen,
bzw. Materialien, die mit den Baustoffen und der Bauweise der
historischen Fassaden kompatibel sind. Zu solchen Materialien
gehören unter anderem Kalkmörtel, Holz oder Schmiedeeisen.
Störende Veränderungen und Umbauten an allen Elementen der
Fassade (d.h. auch an Fenstern, Balkonen, etc.) sollten im Zuge
der Sanierungsmaßnahmen zurückgebaut werden.
Beim Anbringen
der Satelittenschüssel wurde
keine Rücksicht auf
den historischen
Wert der Straßenfassade genommen und die Stuckelemente teilweise
abgeschlagen.
Majolika Verzierung an einer
Jugendstilfassade - die Zierkacheln gehören zu
den individuellen
Elementen lokaler
Architektur.
Beim Einbau von
PVC-Fenstern
zerstörte Fenstergewände beeinflussen negativ den
Gesamteindruck
einer historischen
Fassade.
Gut erhaltene
Ornamentik im
Bereich der Fenster
- bei Sanierungsarbeiten sollten
die aufwendigen Zierelemente höchste
Aufmerksamkeit
bekommen.
15
2.1 _ FASSADEN ERHALT UND SANIERUNG
GUT
SCHLECHT
PUTZ
Gut erhaltene
Fassade mit intakten Zierelementen
Die thermische
Isolierung von
historischen
Gebäuden sowie
Spritzputzverfahren
sind für Altbauten
nicht zu empfehlen
- Bauschmuck geht
dabei unwiderruflich verloren. Die
einstige Pracht
des Gebäudes ist
in diesem Fall nur
noch unterhalb
der Dachtraufe zu
sehen.
Durch falsche
Sanierung (thermische Isolierung)
völlig verunstaltete
historische Fassade
16 BAUEN UND SANIEREN
Herausforderungen _ Putzschäden sind meistens auf eine
schadhafte Dachentwässerung oder auf Feuchtigkeit in der
Sockelzone zurückzuführen. Sie verunstalten nicht nur optisch
das Fassadenbild, sondern gefährden auch das dahinter liegende
Mauerwerk. Die Verwendung technisch ungeeigneter Baustoffe
mit hoher Dichtheit, wie z.B. Zementputz und nicht diffusionsoffene Dispersionsfarben, beeinflusst neben dem Gesamterscheinungsbild des Gebäudes auch die Bauphysik, da es notwendige
Luftaustauschprozesse verhindert und dadurch zur Verstärkung
von Feuchteschäden und -folgen führt.
Außendämmungen verändern die Gliederung der Fassade, die
historische Putzstruktur sowie die Anschlüsse an Zierelemente. Der Einsatz von brennbaren Fassadendämmungen verringert
zusätzlich die Feuerwiderstandsdauer der Gebäude.
Empfehlungen _ Historische Fassadenputze sind nicht zwingend
vollständig zu erneuern, sie können auch partiell instand gesetzt
und unter Verwendung historisch adäquater Putze ausgebessert werden. Diese müssen schlagregendicht, gleichzeitig
jedoch dampfdurchlässig sein, um ein Verdunsten der Feuchte
aus den Innenräumen zu ermöglichen. Eventuell sind in feuchteund salzbelasteten Bereichen spezielle Sanierputze notwendig.
Gepflegte Fassade aus der Zeit des Barocks
VERBOTEN IST*...
yy die Zerstörung historischer Fassaden durch Abschlagen von originalen
Putzflächen, Gesimsen, Fensterumrahmungen und Zierelementen (z. B. Konsolen
und Schmuckplatten) oder durch die Verlegung von Versorgungsleitungen.
yy die Veränderung der Gliederung historischer Fassaden durch Ausbrechen und
Verschließen von Öffnungen – Fenster, Türen – oder durch Ergänzen von Anbauten
und Entfernen von Gestaltungselementen (z. B. Balkone).
yy die Verwendung nicht denkmalgerechter Baustoffe (Zementputz, Spritzputz,
Styroporplatten und Styroporzierelemente).
yy die Montage von Außendämmungen auf den Fassadenflächen.
yy die Montage von nicht denkmalgerechten Verblendungen des Gebäudesockels
(Fliesen, Beton, regional nicht typische Natursteinplatten).
yy die Veränderung der historisch originalen Farbfassung.
yy die Montage von Rollläden und Vergitterungen an Fenstern und Türen.
yy die Montage von Klima- und Antennenanlagen, nicht genehmigten Werbeanlagen,
Abzügen sowie anderen technischen Elementen an der straßenseitigen Fassade.
FARBE
Herausforderungen _ Ungeeignete Farbauswahl bei Erneuerung der Anstriche verändert die Erscheinung des Gebäudes und
des gesamten historischen Straßenzuges.
Empfehlungen _ Die Farbgebung hat nach originalem Befund
zu erfolgen. Neben den traditionellen Kalkfarben können für den
Anstrich historischer Fassaden auch Silikatfarben oder Silikonharzfarben verwendet werden.
GENEHMIGUNGSGRUNDLAGE
Alle baulichen Maßnahmen sind nicht nur mit einem Architekten, sondern auch mit dem zuständigen Denkmalpflegeamt
abzustimmen.
In einem sog. Fassadenpassport werden Art und Beschaffenheit
des Untergrundes, sowie Informationen zu historischen Putzen
sowie Farben dokumentiert. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend, werden die Sanierungsschritte und insbesondere die Wahl
der geeigneten Baumaterialien, Anstrichstoffe und –technologien festgelegt.
Bei der Verlegung von Versorgungskabeln und Leitungen ist die
„Verordnung über Einbau von technischen Elementen an den
Fassaden“ zu beachten.
Vor der Sanierung
dieser Fassade
wurde eine Farbuntersuchung durchgeführt und auf
deren Grundlage
ein Farbkonzept zur
Abstimmung mit
den verantwortlichen Behörden
ausgearbeitet.
Richtige farbliche
Gestaltung und
Hervorhebung von
architektonischen
Details einer Fassade aus der Zeit des
Spätbarocks
Falsch gewählte Farbigkeit und
unterschiedliche Farbkonzepte
der verschiedenen Eigentümer
zerstören den
Gesamteindruck.
* da im Gesamterscheinungsbild einer Fassade auch die Türen,
Fenster, Balkone und Dächer eine zentrale Rolle spielen, berücksichtigen Sie weitere Maßnahmen, die in den Kapiteln 2.2 - 2.5
aufgelistet sind.
Die Erdgeschosszonen werden fälschlicherweise sehr oft
in grellen Farben
geschtrichen, die
sich historisch nicht
belegen lassen.
17
18 BAUEN UND SANIEREN
2.2 _ BALKONE UND LAUBENGÄNGE
Balkone und Erker, ob als auskragende Elemente oder als eingelassene Loggien, sind
prägende Bestandteile der Fassaden Lviver Stadthäuser. Ihre Anzahl, Vielfalt und originelle Detailliertheit findet sich kaum in einer anderen Stadt, ihre Ausführung zeugt von
einer hohen handwerklichen Qualität. Die künstlerische Gestaltung fügt sich in das
Gesamtbild einer Fassade ein – vor allem an Jugendstilgebäuden finden sich florale Elemente, die sich an verschiedenen Stellen eines Gebäudes wiederholen, so zum
Beispiel auch als Metallgeländer eines Balkons.
Zusätzlich stellen Balkone für die Stadtbewohner ein Stück an wertvollem, privatem
Freiraum unter freiem Himmel dar. Ihr Zustand ist leider aufgrund von fehlender Pflege
oftmals sehr schlecht und in vielen Fällen sowohl für deren Nutzer als auch für Passanten gefährlich.
GIRLANDE
METALLGELÄNDER
BALUSTRADE
BALKONPLAT TE
STEINKONSOLE
19
2.2 _ BALKONE
HISTORISCHE ENTWICKLUNG
15.–18. JAHRHUNDERT
Schmiedeeisernes
Balkongeländer
aus der Zeit des
Barocks
Charakteristisch für klassizistische Balkone
sind Geländer mit
geometrischen
Elementen.
In S-Form gebogenes Geländer eines
historistischen
Balkons
Balkone waren in den Profanbauten der Renaissance kaum
verbreitet. In der Barockzeit beginnt sich dies zu ändern. Es
entstehen die ersten Balkone an Bürgerhäusern, die meist eine
geschwungene, von verzierten Konsolen getragene Grundplatte
aus Naturstein haben. Die Geländerkonstruktion besteht meist
aus Schmiedeeisen, in seltenen Fällen aus steinernen Balustern.
18.–19. JAHRHUNDERT
Im Klassizismus kommen Balkone oft als Abschluss eines Portikus mit dekorativen, bildhauerisch bearbeiteten Konsolen vor.
Die Form des Balkons ist meistens viereckig oder von geschweifter Grundform, die Balustrade durch eine feine Schmiedearbeit
ergänzt. In der gesamten Komposition des metallenen, durchsichtigen Balkongeländers finden sich einfache vertikale und
horizontale Streben mit eingezeichneten Kreisen, Diagonalen,
Mäandern und Akanthusblättern.
19. JAHRHUNDERT
Im Historismus verändert sich die Art der Balkonkonstruktion. Dekorative Konsolen bestehen aus einer Stahlkonstruktion,
die mit Stuckfertigteilen verkleidet wurden. Während des Historismus kommt es ebenfalls zur Verbreitung von gusseisernen
Konsolen. Die Balkonplatte selbst wird nun in verschiedenen
Formen ausgebildet, über komplizierte Eckformen bis hin zu
Halbkreisen. Das Balkongeländer wird in eine S-Form gebogen,
ist transparent und mit linear floralen Modulen verziert.
19.–20. JAHRHUNDERT
Zur Jugendstilzeit werden oft dekorative Metallteile zur Imitierung einer Stütze verwendet. Die Balkongrundform wird durch
ein Halboval erweitert, der Querschnitt des Balkongeländers
wieder zu einer geraden Linie. Die Ornamentik des Balkons ist
vom Stil des Hauses bestimmt und häufig anspruchsvoll mit
floralen bzw. geometrischen Elementen ausgebildet.
20. JAHRHUNDERT
Ein Jugendstilgeländer mit charakteristischen floralen
Ornamenten
Schlichte Gestaltung eines Balkons
der klassischen
Moderne mit
Betonung der
Horizontalen
20 BAUEN UND SANIEREN
In der Moderne kehrt die Form des Balkons zum Viereck zurück
und gerade Geländer sind typisch. Auch aus dieser Zeit sind in
Lviv exzellente Zeugnisse der Architektur vorhanden, die in ihrer
Wichtigkeit noch häufig unterschätzt werden.
2.2 _ LAUBENGÄNGE
HISTORISCHE ENTWICKLUNG
BIS 19. JAHRHUNDERT
Laubengänge sind in der Stadt erst zusammen mit dem Bau der
Kanalisation aufgetreten. An das mittelalterliche Haus wurden
auf einigen Stockwerken kleine Werkstätten oder Toilettenhäuschen angebaut, welche von den Wohnungen über die offenen
Laubengänge erschlossen wurden. Die durch Metall- und Steinkonsolen oder Holzstreben gestützten Konstruktionen bestanden aus Holzpodesten mit einfachen Metallgeländern.
19.–20. JAHRHUNDERT
Ab dem 19.-20. Jh. waren Laubengänge bereits im Entwurf als
fester Bestandteil des Hauses vorgesehen. Sie verbinden das
hintere und das vordere Treppenhaus, erschließen die billigeren Wohnungen oder die Werkstätten und dienen als Zugang zu
Hintertüren der teureren Wohnungen.
Eine für Lviv
typische Innenhofsituation einfach konstruierte Laubengänge
erschließen die
Wohnungen der
Seitenflügel.
Eine nur noch
selten anzutreffende Laubengangkonstruktion
Aufwändiges Eisenguss-Ziergeländer mit floralen Formen und
Mäandern aus der Zeit des Klassizismus
21
2.2 _ BALKONE UND LAUBENGÄNGE ERHALT UND SANIERUNG
GUT
SCHLECHT
Wie für fast alle Bauteile gilt auch bei Balkonen und Laubengängen: Mit kleinen Reparaturen kann man zahlreiche weitere Schäden verhindern. Ergreifen Sie Maßnahmen,
bevor es zu spät ist und notwendige Eingriffe sehr teuer werden.
KONSTRUKTION UND SICHERHEIT
Nicht mehr benutzbare, verrottete
Balkonplatte aus
Holz - die Schäden
sind auf mangelnde Pflege sowie
eine unausreichende Entwässerung
zurückzuführen.
Einige gusseiserne
Ballustradenelemente sind bereits
verloren gegangen - der temporäre Absturzschutz
beeinflusst das
Erscheinungsbild der Fassade
negativ.
Durch Witterung geschädigte
Konsole ist nicht
nur unansehnlich, sondern auch
eindringender
Feuchtigkeit und
somit einer Korosionsgefahr an der
Tragkonstruktion
ausgesetzt.
Fachgerecht
sanierte Konsolen
eines Balkons - der
optische Gesamteindruck sowie
die Funktionalität des Balkons
wurden vorbildhaft
wiederhergestellt.
22 BAUEN UND SANIEREN
Herausforderungen _ Offene Balkone sowie Laubengänge sind
ständig der Witterung ausgesetzt und deshalb besonders anfällig für Zerstörungen. Marode und nicht mehr funktionierende
Systeme, die Regenwasser von den Balkonen abführen sollen,
Frost-Tau-Wechsel im Winter und hohe Temperaturwechselspannungen beanspruchen die Konstruktion sehr stark. Dabei
können sich zunächst Stein- und Holzteile lösen und eine Gefahr
für Passanten darstellen.
Empfehlungen _ Alle Elemente von Balkonen, Loggien sowie
Laubengängen müssen regelmäßig (v.a. nach Frostperioden)
gewartet und ggf. gesichert bzw. fachgerecht saniert werden.
Sichern Sie lose Teile des Balkons oder des Geländers. Zum
Einen stellen sie dann keine Gefahr mehr für die Öffentlichkeit
dar, zum Anderen können diese Teile bei einer Sanierung an
ihrer ursprünglichen Stelle wieder angebracht werden. Oft ist es
heute nicht mehr möglich, handwerklich gleichwertige Kopien
zu erstellen.
Bei stark geschädigten Balkonen und Laubengängen sollten
Sie einen Fachmann (Architekten, Statiker) zu Rate ziehen –
die Standsicherheit kann nur ein geschultes Auge überprüfen!
Größere Schäden an der Tragwerkskonstruktion sowie den
Brüstungen und Konsolen sind ausschließlich von Fachfirmen
durchzuführen.
ENTWÄSSERUNG UND FEUCHTESCHUTZ
Herausforderungen _ Konstruktiv falsch ausgebildete Bauteile lassen Wasser eindringen, verhindern oft jedoch das Austreten der Feuchtigkeit. Auch fehlende oder defekte Abdichtungen
sowie Farbanstriche an Metall- und Holzbauteilen ermöglichen
den Eintrag von Feuchtigkeit in die Konstruktion. In der Folge
verfault das Holz und die Tragkonstruktion kann angegriffen
und sogar zerstört werden. Dadurch ist nicht nur die Nutzbarkeit
eingeschränkt, sondern auch die Sicherheit gefährdet.
Empfehlungen _ Die Holzkonstruktionen von Laubengängen
sind konstruktiv so zu gestalten, dass eindringende Feuchte
sicher abgeführt wird. Überprüfen Sie in regelmäßigen Abständen die Entwässerung des Balkons bzw. der Laubengänge sowie
die Abdichtung der Bodenplatten inkl. der Wandanschlüsse. Die
Bodenplatten von Balkonen und Loggien sind fachgerecht gegen
Feuchtigkeit abzudichten. Nach Absprache mit einem Fachmann
VERBOTEN IST...
yy
yy
yy
yy
eine Veränderung der Form und Größe der Balkone* und Laubengänge.
die Entfernung oder Umbau gestalterischer Details, wie z. B. Geländer, Brüstungen.
eine Montage von Jalousien, Überdachungen, Abtrennungen oder Verglasungen.
eine farbliche Veränderung von Teilen der Fassade rings um Balkone ohne
Berücksichtigung des Gesamtkonzeptes und der Genehmigung der zuständigen
Denkmalschutzbehörde.
yy der ungenehmigte Anbau von zusätzlichen Balkonen.
* Der Ausdruck „Balkon“ schließt in diesem Kontext alle architektonischen Ausführungen
mit ein. Es sind unter Anderem Loggien, Galerien und offene Erker.
und mit dem zuständigen Denkmalpflegeamt können besonders witterungsanfällige Bauteile auch durch eine Verblechung
geschützt werden.
Farbanstriche auf Holz– und Metallteilen sind laufend zu prüfen
und instand zu halten, da die Farben Konstruktionsteile vor
Zerstörung schützen. Neue Farbanstriche sollten auf der Grundlage von farblichen Voruntersuchungen erfolgen.
GESTALTUNG UND NUTZUNG
Herausforderungen _ Fassaden im Balkonbereich werden
häufig nach eigenem Geschmack und ohne Berücksichtigung
eines gestalterischen Gesamtkonzeptes des Hauses umgestaltet. Überdachungen oder Schließen der Balkone und Loggien zu einem Wintergarten wirken sich negativ auf das gesamte Erscheinungsbild und die Einheitlichkeit der Fassade aus und
führen zu einer unangebrachten Patchwork-Wirkung.
Abtrennungen von Teilen der Laubengänge als „Bestandteil“ der
Wohnung stört die gestalterische Gesamtwirkung und schränkt
das Eigentumsrecht der Gemeinschaft ein.
Empfehlungen _ Farbanstriche, auch der Fassaden im Bereich
von Balkonen, sind auf Grundlage von Befunduntersuchungen
und eines Gesamtkonzeptes für das Gebäude sowie in Abstimmung mit dem zuständigen Denkmalpflegeamt zu erneuern.
Laubengänge müssen stets als Durchgang frei gehalten werden,
um ihre Notausgangsfunktion zu sichern.
Gut erhaltene
Balkone - alle
architektonischen
Elemente tragen
zum einheitlichen
Gesamteindruck
der Fassade bei.
Die unzulässige Verunstaltung
eines historischen
Balkons durch
einen Wintergarten ändert die
Wahrnehmung
des gesamten
Straßenzuges.
Das Geländer dieses
barocken Balkons
blieb die letzten
Jahrzente ohne
Pflege - nun sieht
man fortgeschrittene Rostschäden.
Alle Elemente eines
schmiedeeisernen
Balkons brauchen
eine regelmäßige
Erneuerung des
entsprechenden
Korrosionsschutzes.
23
24 BAUEN UND SANIEREN
2.3 _ DÄCHER
Steht man auf dem Rathausturm oder auf dem Hügel des Hohen Schlosses (Vysoky
Zamok), liegt die Stadt einem zu Füßen. Wahrgenommen werden nicht mehr nur das
Pflaster, welches wir begehen, sondern vor allem das Gesamtmuster der Stadt sowie
ihre Dachlandschaft. Obwohl diese Vogelperspektive nicht zu den alltäglichen Blicken
auf eine Stadt gehört, können viele Städte anhand von einfachen, skizzenhaften Silhouetten oder eben Bildern ihrer Dachlandschaft auf Anhieb identifiziert werden. Zu den
prägendsten Elementen zählen insbesondere die Kirchtürme, doch auch die Farbgebung, Form und Neigung der Hausdächer sowie die Art der Dachdeckung tragen zur
Unverwechselbarkeit der Stadt bei. Bei allen durchzuführenden Maßnahmen kommt
es deshalb bei Dächern in einem besonders starken Maße darauf an, statt nur das eine
konkrete Gebäude zu betrachten, die Gesamtheit einer Stadt zu berücksichtigen.
GIEBEL
KRONSTEIN
DACHTRAUFE
DACHZIEGEL
DACHGAUBE
FIRST
25
2.3 _ DÄCHER
HISTORISCHE ENTWICKLUNG
16. JAHRHUNDERT
Holzschindeldach
an einem der ältesten Gebäude Lvivs der Kirche „Johannes des Täufers“
Repräsentative
Häuser am Marktplatz haben ein
historisch mit
Ziegeln gedecktes
Dach, andere
Bauherrn konnten
sich das seinerzeit
seltene Deckmaterial nicht leisten.
Mit Steinskulpturen geschmückte Dachkante als
optischer Fassadenabschluss
aus der frühen
Barockzeit
26 BAUEN UND SANIEREN
Bis 1527 wurden die Häuser in Lviv aus leicht entflammbaren
Materialien konstruiert - allesamt waren es Fachwerkhäuser
mit Schindeldächern aus Holz. Nachdem die ganze Stadt 1527
dem großen Brand zum Opfer gefallen, und nur das Haus eines
gewissen Ivan Borodas unversehrt geblieben war, entschied die
Stadtverwaltung, dass nur noch mit feuerfesten Materialien wie
Stein oder Ziegel gebaut werden darf und die Dächer mit feuersicherem Material, wie z.B. Dachziegeln, zu decken sind.
16.–19. JAHRHUNDERT
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts konnten Ziegel jedoch nur
mit manufakturellen Methoden hergestellt werden, Dachziegel
gab es vor Ort nicht. Die Dächer der reicheren Bauherren wurden
mit Kupferblech oder importierten Dachziegeln gedeckt. Einfache Häuser wurden auch weiterhin bis zur zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts mit Schindeln aus Holz gedeckt.
Erst danach begann die Massenherstellung von Ziegelsteinen
und Dachziegeln aus Keramik bzw. Ton. 1890 wurde die keramische Fabrik von Ivan Levinski eröffnet, in der unter anderem bunt
glasierte Dachziegel produziert wurden.
Die Dachform hat sich entsprechend dem Gebäudestil geändert.
Während bei vielen einfachen Wohnhäusern das Dach als flach
geneigtes Satteldach ausschließlich auf die Schutzfunktion vor
Witterungseinflüssen reduziert war, übernahm die Dachkonstruktion bei Geschäftshäusern, z.B. Banken und Hotels, sowie
repräsentativen Wohngebäuden auch zunehmend gestalterische Funktion. Die Dachfläche der Satteldächer wurde steiler
und damit dominanter.
Ab dem Historismus erfüllten Dächer neben den funktionalen
auch die gestalterischen Aufgaben - Giebel und Gauben dienen
neben der Beleuchtung und Belüftung der Dachräume auch als
zierender Abschluss einer Fassade.
19.–20. JAHRHUNDERT
Im 19.-20. Jahrhundert wurden die Dachkonstruktionen sowohl
mit Dachziegeln, als auch mit Blech gedeckt, welches manchmal
in einem Farbton, der dem der Dachziegel ähnlich war, angestrichen wurde. Im Neoklassizismus und vor allem im Jugendstil wurden die Dachflächen deutlich stärker gegliedert. In den
Mansardebereich wurden stehende Gauben aus Holz und auch
Naturstein integriert. Diese dienten der Belichtung und Belüftung der großen Dachräume. Die Verdachungen und auch die
Stiele der Gauben wurden stark gegliedert und reich ornamentiert. Über Risaliten und Erkerachsen der Fassaden wurden im
Dach zimmermannstechnisch angebundene Türme in verschiedenen Formen und Ausführungen angeordnet. Für die natürliche Belichtung von Treppenhäusern wurden Deckenverglasungen oder Glasdachziegel eingebaut.
Attiken und Frontgiebel gehören ebenfalls zur Dachstruktur und
zählen als Zierabschluss der Fassade. Die Dachrinnen wurden
überwiegend auf einem weit auskragendem Traufgesimskasten
aufliegend ausgeführt. Die Traufe als horizontale Abgrenzung
zwischen Fassade und Dach wurde durch ein Gesims gebildet, dessen Stirnseite mit einem profilierten gedrückten Blech
verkleidet wurde.
20. JAHRHUNDERT
In den Häusern der Jahrhundertwende und besonders in den
30er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde das System einer
innenliegenden Entwässerung eingesetzt, bei dem die Dachentwässerungsrohre im Dachgeschoss verlegt und die Fallrohre an
den Hoffassaden entlang geführt wurden.
Aus Geldmangel wurde in den 1970-80er Jahren die traditionelle Dachbedeckung gegen minderwertige Materialien oder
Asbestplatten ausgetauscht. Seit den 1990er Jahren sind es
profilierte Platten aus verzinktem Stahl oder Metalldachsteine,
welche zur Dachreparatur verwendet werden.
Die Dächer repräsentativer Gebäude
wurden Ende des
19. Jahrhunderts
steiler. Wie man
am Beispiel des
Ethnographischen
Museums in Lviv
sieht, kam dadurch
die skulpturale
Ausstattung zur
Wirkung.
Natürliche
Beleuchtung wurde
bei Jugendstilhäusern oft durch
Glasdachziegel
und ein darunter
liegendes Oberlicht
gesichert - bei
diesem Haus sind
die Füllungen des
Oberlichtes leider
bereits verloren
gegangen.
Ein Abbild der
heutigen Dachlandschaft - eine
Sammlung von
Deckmaterialien,
die weder ins historische Stadtbild
passen noch einen
entsprechenden
Schutz bieten.
27
2.2 _ DÄCHER ERHALT UND SANIERUNG
GUT
SCHLECHT
Jedes einzelne Dach ist ein selbstverständlicher Bestandteil eines Hauses, dem im
Alltag kaum Aufmerksamkeit gewidmet wird. Es bietet jedoch den essenziellen Schutz
eines Hauses. Die Witterungseinflüsse können im Falle eines undichten Daches schwerwiegendste Folgen für die Statik und die Bausubstanz eines Hauses mit sich bringen.
„Aus den Augen, aus dem Sinn“ sollte hier also keinesfalls zur Geltung kommen, stattdessen muss jedes Dach mit größter Sorgfältigkeit regelmäßig gewartet und gepflegt
werden. Konstruktive Probleme am Dachstuhl stellen die dramatischsten Schäden dar,
die an einem Haus auftreten können!!!
DACHKONSTRUKTION UND DACHFORM
Die minderwertigen Materialien,
welche in den
letzten Jahrzehnten
in Lviv zur Dachdeckung eingesetzt
wurden, sind
nicht ausreichend
witterungsbeständig und altern
schnell. Solange
sie aus finanziellen Gründen nicht
ersetzt werden
können, benötigen
sie eine regelmäßige Kontrolle und
entsprechende
Pflege.
Ein Beispiel für eine
fachgerechte
Dachsanierung das historische
Dachdeckungsmaterial, die
Dachformen
sowie die Schornsteine wurden
wiederhergestellt.
Beim Dachausbau
wurde das historische Satteldach
zum Mansarddach
geändert. Solche
Maßnahmen sind
besonders für die
ältesten Straßen
Lvivs absolut
unzulässig.
28 BAUEN UND SANIEREN
Herausforderungen _ Ins Dach eindringende Niederschläge
verursachen schwerwiegende Schäden an den Holzdachstühlen und am Mauerwerk. Dadurch gefährden Sie die Standsicherheit des Dachstuhls, eine fortschreitende Zerstörung der Decken
und somit des ganzen Hauses. Problematisch ist, dass diese
Schäden häufig erst zu spät erkannt bzw. als gefährlich wahrgenommen werden.
Gestalterisch und konstruktiv negative Ergebnisse entstehen häufig bei Dachausbauten oder bei Neubauten im historischen Bestand. Die Entwürfe nehmen selten Rücksicht auf
die Umgebung bzw. auf konstruktive Anforderungen beim
Dachausbau.
Empfehlungen _ Achten Sie auf faulende oder kaputte Holzelemente. Nehmen Sie Wasserflecken an Decken und Wänden ernst
und suchen Sie sofort nach Ihren Ursachen. Wenn Sie Schäden
entdecken, ziehen Sie umgehend einen Fachmann zu Rate!
Bei Sanierungen sollten die originalen Dachformen beachtet und
wieder hergestellt werden.
Bei allen Altbauten in den Schutzzonen ist jeglicher Dachausbau
mit dem Denkmalpflegeamt abzustimmen. Besondere Beachtung sollte den der Straße zugewandten Dachflächen gelten,
da hier Eingriffe am ehesten sichtbar sind. Grundsätzlich gilt
jedoch: Dachausbauten sind aufgrund der gestalterischen und
konstruktiven Anforderungen ausschließlich von Fachleuten zu
planen und zu bauen!
Schornsteine sind ein prägendes Element innerhalb der historischen Dachlandschaft und müssen als solche erhalten, repariert,
bzw. wiederhergestellt werden. Eventuelle Schäden, wie z.B.
lose Steine und offene Fugen sollten behoben werden, um die
Standsicherheit der Schornsteine sicherzustellen. Rauchrohröffnungen von Schornsteinen unter dem Dach müssen umgehend
geschlossen werden, damit keine Brandgefahr entsteht.
Über die Jahrhunderte hat sich die Dachdeckungsart entsprechend der ökonomischen Situation und Materialverfügbarkeit immer wieder geändert. Die heutige Lviver Dachlandschaft
wechselt zwischen historisch begründeten, sowie optisch und
technisch unangemessenen Erscheinungsbildern.
DACHDECKUNG
Herausforderungen _ Fehlende Dachsteine oder kleine Defekte
der Dachhaut bieten Angriffspunkte für Wind und können schnell
zum vollständigen Verlust von großen Teilen der Dachdeckung
führen. Auch die Verwendung ungeeigneter und nicht ausreichend dauerhafter Baustoffe, wie z.B. verzinkte Stahlbleche,
sowie unsachgemäße Ausführung der Arbeiten beeinträchtigen
die Lebensdauer der Dachdeckung. Erhebliche Feuchteschäden
entstehen zusätzlich durch unfachgerecht eingedichtete Einbauten am Dach, wie z.B. Antennen oder Werbeschilder.
Empfehlungen _ Überprüfen Sie in regelmäßigen Abständen die
gesamte Dachkonstruktion. Schließen Sie unverzüglich undichte
Stellen, um das Eindringen von Niederschlägen sowie Angriffspunkte für Sturm und damit die Ausweitung von Schäden zu
vermeiden.
Intakte alte Dachziegel sollten nach Möglichkeit bei Dachsanierungen wieder verwendet werden. Neu verwendete Ziegel
sollten in Form, Material und Farbe dem historischen Bestand
entsprechen. Blecheindeckung mit Stehfalz darf man nur bei
Bauwerken verwenden, die nachweislich auch ursprünglich mit
Blech eingedeckt waren und es ist Zink- oder Kupferblech zu
verwenden.
Antennenanlagen sowie Satellitenschüssel sollten als Gemeinschaftsanlage und nur auf der rückwärtigen Hausseite installiert
und Dachanschlüsse fachgerecht abgedichtet werden.
Die Erneuerung der Dachdeckung sowie Instandsetzung statischer Schäden an der Dachkonstruktion sollte durch Fachleute
geplant und durch Fachfirmen ausgeführt werden. Die geplanten Arbeiten sind mit dem zuständigen Denkmalpflegeamt
abzustimmen.
An diesen drei
Abbildungen
werden die Folgen
von ursprünglich einfachen
und kostengünstig zu behebenden
Mängeln deutlich:
Aufgrund
von fehlenden
Dachplatten ist
über Jahre Wasser
ins Gebäude
eingedrungen,...
...welches komplett
die Decken des
obersten Geschosses mit allen
wertvollen Verzierungen zerstörte...
... und schließlich zum Einbruch
der Decke führte.
Solche Schäden
sind leider nur mit
extrem hohem
Aufwand zu
reparieren.
29
2.2 _ DÄCHER ERHALT UND SANIERUNG
GUT
SCHLECHT
DACHBODEN UND NUTZUNG
Feuchteeintrag hat
die Dachkonstruktion angegriffen
und gefährlicher
Schimmelbefall
ist bereits erkennbar. Das Gebäude ist zunehmend
einsturzgefährdet,
die Sanierungskosten können dramatisch steigen.
Solche vermüllten
und vollgestellten
Dachgeschosse
sind idealer
Nährboden für
Ungeziefer, Schimmel und Pilze aller
Art.
Ein ausgebautes
Dachgeschoss,
welches nun
zum begehrten
Wohnraum werden
kann. Die Geometrie der straßenseitigen Fassade wurde
dabei vollständig
beibehalten.
30 BAUEN UND SANIEREN
Herausforderungen _ Unklare Eigentumsverhältnisse führen
dazu, dass sich für die Instandhaltung der Dächer niemand
zuständig fühlt. Vollgestellte Dachböden, Müll und Vogelkot ziehen Ungeziefer an, die Brandlast erhöht sich und eine
ordnungsgemäße Durchlüftung der Dachräume wird verhindert.
Im schlimmsten Fall entstehen Holz zerstörende Pilze, wie z.B.
der Hausschwamm, welche das Holz angreifen und die Konstruktion zum Einsturz bringen.
Empfehlungen _ Halten Sie die Dachräume sauber und stellen
Sie keinen Müll ab, der Ungeziefer anzieht. Schließen Sie Löcher,
durch welche Vögel und andere Tiere in den Dachraum eindringen können, der Kot der Tiere ist gesundheitsschädlich. Offene
Gauben, die der Belüftung des Dachraumes dienen, sollten
jedoch nicht verglast werden. Lüftungsöffnungen können auch
mit einfachen Gittern oder einem feinmaschigen Netz verschlossen werden.
VERBOTEN IST...
yy jegliche Veränderung der originalen Dachform und Höhe (inkl. aller Dachöffnungen
und –aufbauten) an denkmalgeschützten Häusern.
yy die bauliche oder gestalterische Veränderung von historischen Attiken, Giebeln,
Dachfenstern, Dachgauben, Dachkästen und Schornsteinen.
yy die Verwendung von Dachdeckungsmaterialien, welche den historischen
Materialien nicht entsprechen und/oder für eine Altstadt unpassend sind. Hierzu
zählen unter Anderem Profilziegel, Asbest, Kunststoff, Bitumenpappe und
profilierte Blechtafeln.
yy der Abbruch historischer profilierter Dachkästen und der dazugehörigen Konsolen
aus Blech oder Stuck.
DACHENTWÄSSERUNG
Herausforderungen _ Bereits kleine Defekte an Dachrinnen und
Fallrohren verursachen das Eindringen der Feuchte ins Mauerwerk und führen dadurch zu erheblichen Schäden am Gebäude.
Traditionell wurde das Regenwasser vom Dach häufig durch eine
innenliegende Entwässerung abgeleitet. Eventuelle Mängel sind
oft nicht offensichtlich, die Leitungen sind eingebaut und somit
schwer einsehbar. Immense Schäden werden demzufolge erst
viel zu spät erkannt.
Bei der Erneuerung der Dachdeckung werden häufig Form und
Lage der Dachrinnen sowie die Gestaltung der profilierten, oft
mit Konsolen versehenen Dachkästen verändert.
Empfehlungen _ Die Dachentwässerung samt aller Anschlüsse muss vollständig und regelmäßig kritisch überprüft und ggf.
sofort repariert werden. Es ist eine kostengünstige und effiziente Vorbeugung schwerwiegender Bauschäden! Entfernen
Sie Schnee, Laub und ggf. Wildwuchs von den Problemstellen
des Daches rechtzeitig. Reinigen Sie die Rinnen, wenn es nötig
und möglich ist, bzw. bitten Sie die zuständige Behörde um
Unterstützung!
Neue Dachentwässerungselemente sollten sich in das Fassadenbild einfügen, eventuelle Verlegung sollte vorzugsweise an
die Gebäudeecken und in Rücksprünge erfolgen. Anzahl, Lage
und Größe der Fallrohre müssen nach Größe der Dachfläche
berechnet werden. Die Fallrohre sind dicht an die erdverlegten
Grundleitungen anzuschließen, um eine sichere Abführung des
Wassers von den Gebäuden zu ermöglichen.
Erfüllen die Regenrinnen nicht ihre
Funktion, wird
die Konstruktion
des Daches sowie
das Mauerwerk
immens beschädigt. Werden keine
Maßnahmen
getroffen, drohen
Teile der Konstruktion abzustürzen
und stellen somit
erhebliche Verletzungsgefahr dar!
Oft ist eine fehlerhafte Dachentwässerung mit bloßem
Auge und von
der Straße aus zu
erkennen. Auf der
Abbildung sind die
Folgen einer Lücke
in der Dachdeckung bereits an
der Hausfassade zu
sehen.
Eine fachgerecht erneuerte
Dachentwässerung
(Regenrinne) mit
Dachkasten und
Traufe - sowie die
Kupferabdeckung
der Fensterverdachung bieten
einen notwendigen
Witterungsschutz.
31
32 BAUEN UND SANIEREN
2.4 _ FENSTER
Fenster gehören zu den wichtigsten Gestaltungselementen einer Fassade. Durch die
Ausbildung von stimmigen Proportionen, von profilierten Rahmen, Kämpfern und
Schlagleisten mit Kapitell tragen historische Fenster zu einer schmuckvollen, gebäudetypischen Fassadengliederung bei. Gleichzeitig geben sie einen Hinweis auf die
Entstehungszeit eines Gebäudes und den Stil, in dem es errichtet wurde. In der Altstadt
von Lviv sind eine Vielzahl von historischen Fenstern der unterschiedlichsten Epochen
und Bauarten noch erhalten und gehören daher zum schützenswerten Denkmalbestand. Historische Fenster wurden aus abgelagertem Holz gefertigt und weisen eine
hohe handwerkliche Qualität auf. Rahmen und Flügel sind häufig kunstvoll verziert und
besitzen neben ornamentalen oft auch figürliche Schnitzereien. Man kann in der Stadt
kaum zwei Gebäude mit in ihrer Ausführung gleichen Fenstern finden – auch innerhalb eines Gebäudes unterscheiden sich die Fenster oft von einem Stockwerk zum
Anderen. In ihrer Vielfalt von Gestaltung, Größe und Form legen sie ein Zeugnis von
dem Gestaltungswillen der Erbauer ab und sind gleichzeitig ein alltäglicher Bestandteil
des Wohnumfeldes.
GESIMS
FRIES
FENSTERVERDACHUNG
FENSTERGEWÄNDE
RAHMEN
OBERLICHT
KÄMPFER
SCHLAGLEISTE
FLÜGEL
WET TERSCHENKEL
SOHLBANK
BRÜSTUNGSSPIEGEL
33
2.4 _ FENSTER
HISTORISCHE ENTWICKLUNG
15.-18. JAHRHUNDERT
Fenster des
Renaissancestils mit kleinteiliger Gliederung, in
Zusammenspiel
mit der aufwendig geschmückten Fassade mit
antiken Motiven
Schmale Kastenfenster, gefasst im
klassizistischen
Fenstergewände
Fenster aus der
Zeit des Historismus mit Rundbogenabschluss
und halbrunder
Stulpleiste
34 BAUEN UND SANIEREN
Die Größe und Teilung des Fensters hing zunächst mit den
Herstellungsmöglichkeiten von Glasscheiben und Beschlägen
zusammen, was die kleinen Scheiben und die symmetrische
Teilung der Renaissance- und Barockzeitfenster begründet.
In der Renaissance erfolgte die Fensterteilung oft noch mit Stein
und die Flügel waren direkt an diesen Stein angeschlagen.
Erst gegen Ende der Renaissance und dem Übergang zum
Barock entwickelte sich das Fenster mit Holzrahmen. Oft erfolgte die Teilung durch Kämpfer und Pfosten symmetrisch in vier
gleich große Flügel. Gegen Ende des Barocks wurde aus gestalterischen Gründen der Kämpfer mit dem darüber liegenden
Oberlicht weiter nach oben und die unteren Flügel entsprechend
höher gesetzt. Ebenfalls in dieser Zeit entstanden die ersten
Profile, die über den bis dahin üblichen Halbstab hinausgingen.
Die Fenstereinrahmung aus Stein, bildhauerisch bearbeitet, bzw.
aus Stuck war ein edel profiliertes Fenstergewände. Oft wiederholten sich die thematischen Reliefs auch unter den Fenstern im
sogenannten Brüstungsspiegel.
18.–19. JAHRHUNDERT
Im Klassizismus wurden die Fensteröffnungen größer und
insgesamt schlanker, auch direkt nebeneinander liegende
Fenster kommen vor. Die ersten Kastenfenster wurden in dieser
Zeit entwickelt und eingebaut.
Im Historismus behielten die Fenster die bis dahin vorherrschenden Proportionen bei, wobei die Teilung des Oberlichtes
kaum noch vorkam. Bis dahin eher selten verwendete Bögen im
Oberlicht (Rundbogen, Segmentbogen) kamen nun häufiger vor.
Schlagleiste und Kämpfer sind sehr unterschiedlich profiliert,
wobei die Schlagleiste meist die Form antiker Säulen imitiert.
Bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts herrschten Fenster mit
Einfachverglasung vor, die in Einzelfällen im Winter durch
eine zweite Fensterebene, sogenannte Winterfenster, ergänzt
wurden. Danach setzte sich auch im Profanbau das Kasten- oder
Doppelfenster mit zwei Glasebenen durch.
19.-20. JAHRHUNDERT
Während des Jugendstils veränderte sich das Fenster in seiner
Form sehr stark. Es kamen Fenster mit Halbkreis- oder Hufeisenabschluss und mit entsprechend krummlinigen Holzteilen vor. Ein viereckiges Fenster hatte oft eine kleinteilige oder
geschweifte Sprossung im Oberlicht. Die Dekorierung der
Fenster war sehr reichhaltig, flach, in weichen Formen und in
offenen Kompositionen ausgeführt. Unterhalb oder oberhalb der
Fenster kamen oft dekorative Majolika-Einsätze vor. Der Jugendstil war ebenfalls die Zeit der Erker mit komplizierten Holzelementen. Charakteristische Fenster in den Altstadtquartieren von
Lviv sind 2-3 flügelige Kastenfenster. Das Verhältnis von Höhe
zu Breite beträgt dabei mindestens 1:1,5 bis 1:2. In der Regel sind
die Fenster stark vertikal gegliedert und haben zusätzlich einen
horizontalen Kämpfer. Das Verhältnis zwischen Oberlicht und
unterem Fenster beträgt meistens 1:3 bzw. 2/5:3/5.
Sowohl im Historismus als auch bei den Jugendstilbauten spielen
die Fenster in ihrer Anordnung und handwerklichen Ausführung
eine wichtige Rolle für das Erscheinungsbild des Gesamtensembles. Oft zeichnen sich die Fenster durch ihre Zweifarbigkeit aus
(innen und außen unterschiedlich) – die Fassadenansichtsfläche
des Fensters fügt sich harmonisch in das individuelle Farbkonzept der Fassade ein, während die inneren Oberflächen hell
behandelt sind.
Fenster aus der
Zeit des Jugendstils mit häufig in
Lviv anzutreffenden geschwungenen Rauten in den
Oberlichtern
20. JAHRHUNDERT
Dank der neuen konstruktiven Möglichkeiten verändern die
Fenster ihre Größe und Form. Es erscheinen bandförmige
Fenster, verglaste Hausecken sowie runde, in die Fassade integrierte Fenster. Die für die bisherigen Stile typische Vertikale
wechselt zu einer horizontalen Prägung. Die profilierten Verzierungen von Schlagleiste und Kämpfer werden stark reduziert
und die Teilung wird durch horizontale Sprossen unterstrichen.
Neue Materialien, vor allem Stahl, sowie neue Konstruktionen,
wie z.B. Isolierglasfenster, spielen eine wichtige Rolle.
Typisches Jugendstilfenster mit floraler Putzornamentik in der Fassade
aus der gleichen
Epoche - erst durch
das Zusammenspiel der beiden
Elemente wird
die erwünschte
Wirkung erzielt.
Fenster aus der
Zeit der klassischen
Moderne - prägend
sind klare geometrische Formen
ohne aufwendige
Verzierungen und
die Betonung der
Horizontalen.
35
2.4 _ FENSTER ERHALT UND SANIERUNG
GUT
SCHLECHT
Historische Fenster mit ihrer Sprossenteilung besitzen einen hohen ästhetischen Wert
und sind als dekorativer Schmuck und essentieller Teil der Fassade zu erhalten oder
wiederherzustellen. Die historischen Beschläge sind oft aufwändig, manchmal als
Einzelanfertigungen für das entsprechende Gebäude gestaltet. Bei denkmalgeschützten Gebäuden sind nur Fenster in ihrer historischen Form, Gestalt, Gliederung, Farbfassung und der ursprünglichen Einlassung in der Fassade zulässig.
Die enorm wichtige Rolle der Fenster für das Gebäude- und Raumklima ist unbestritten. Zahlreiche Probleme sind auf mangelnde und/oder falsche Informationen über die
breiten Möglichkeiten einer Instandsetzung von historischen Fenstern und den damit
verbundenen Kosten zurückzuführen. Es kommt zu vorschnellen Entscheidungen für
einen kompletten Austausch der Holzfenster. Die Reparatur von originalen Fenstern ist
einem historischen Nachbau der Fenster oder gar dem Austausch durch PVC-Fenster
nicht nur aus Denkmalschutzgründen vorzuziehen. Jeder Verlust der historischen
Substanz bedeutet gleichzeitig (und langfristig gesehen) auch die Minderung des
Wohnungswertes!
INSTANDHALTUNG UND VERBESSERUNG DER
KONSTRUKTION
Die Multifunktionalität und ausgeklügelte technische Lösungen
bei den historischen Holzfenstern werden den
Nutzern leider oft
erst dann bewußt,
wenn sie aufgrund
des Austauches
gegen PVC-Fenster
vermisst werden.
Herausforderungen _ Durch mangelnde Pflege, zahlreiche,
über Jahrzehnte aufgetragene Farbschichten, fehlende Dichtungen sowie einige, der Witterung stark ausgesetzte Holzteile
ist die Funktion der Fenster und der Beschläge häufig negativ
beeinträchtigt.
Empfehlungen _ Grundsätzlich gilt: In den meisten Fällen kann
man mit einfachen handwerklichen Mitteln kostengünstig historische Fenster reparieren, ohne sie ganzheitlich austauschen zu
müssen. Auch mit historischen Holzfenstern können moderne Anforderungen an die Lebensqualität sowie an eine hohe
Energieeffizienz erfüllt werden!
Für einen guten Wärme- und Schallschutz lassen sich in den
meisten Fällen Isolierglasscheiben in vorhandene historische
Fenster einbauen. Allerdings sind beim Einsatz von Isoliergläsern unbedingt die bauphysikalischen Eigenschaften der Außenwand zu beachten, um Schimmelbildung zu vermeiden. Die
Sicherheit kann vor allem bei Erdgeschosswohnungen durch
den Einsatz von Sicherheitsverglasung erhöht werden.
Weitere einfache Maßnahmen, wie eine innen eingefräste
Gummidichtung oder unterschiedliche Glasdicken, verbessern
die Fenstereigenschaften, ohne die Optik zu stören.
Um die Funktionsfähigkeit zu sichern, muss wie bei allen
Gebrauchsgegenständen eine regelmäßige Pflege gewährleistet werden. Ölen Sie die Metallbeschläge, kontrollieren Sie die
Dichtungen und die Wetterschenkel, erneuern Sie regelmäßig
die Anstriche.
Der Einbau von
Sonnenschutz mit
außenliegenden
Plastikrollläden ist
keine Option für die
historische Altstadt.
36 BAUEN UND SANIEREN
Eine mangelhafte Farboberfläche muss nicht gleichzeitig eine
schadhafte Holzsubstanz bedeuten! Eventuell abplatzende Farbe
muss vollständig entfernt werden, bevor das betroffene Holzelement neu gestrichen wird. Bis nach dem ersten Weltkrieg
wurden die Fenster ausschließlich mit Ölfarben gestrichen. Für
die Farbentscheidung bei einem Neuanstrich ist die Befundlage
VERBOTEN IST...
yy jegliche gestalterische Veränderung der Fensteröffnungen, d.h. der Höhe und
Breite sowie deren Zumauerung (Genehmigungsfähigkeit für solche Maßnahmen
in der Erdgeschosszone lesen Sie bitte im Kapitel 2.8).
yy das Zerstören oder Beschädigen der zu den Fenstern optisch gehörenden
Fassadenelemente, d.h. der Fensterverdachung, des Fenstergewändes, des
Brüstungsspiegels u.a.
yy der Austausch der vorhandenen historischen Holz- und Metallfenster gegen
PVC-Fenster oder andere minderwertige Produkte.
yy das Anbringen zusätzlicher Elemente an oder um die Fenster, z.B. Rolläden, Gitter,
Markisen, u.a.
yy der Anstrich von Fensterrahmen, -flügeln und –läden mit ungeeigneten
Farben ohne Befunduntersuchung und Abstimmung mit dem zuständigen
Denkmalpflegeamt.
yy die Entfernung oder gestalterische Veränderung der vorhandenen historischen
Fensterläden und Fenstergitter.
yy der Austausch vorhandener authentischer Beschläge bzw. der Ersatz fehlender
Metallteile durch minderwertige Kopien.
durch restauratorische Untersuchungen festzustellen und es
sind nur geeignete Materialen zu verwenden.
NACHBAU HISTORISCHER FENSTER
Herausforderungen _ Der Einbau von PVC-Fenstern hat in den
letzten Jahren stark zugenommen. Sie stören den optischen
Eindruck der Gebäude und gehen leider häufig neben dem
Verlust der handwerklich hochwertigen Holzelemente auch
mit dem Verlust dekorativer Fassadenelemente rings um die
Fensteröffnungen einher.
Neben der optischen Wertminderung des Gebäudes können
durch den Einbau auch bauphysikalische Schäden entstehen.
PVC-Fenster verhindern aufgrund ihrer Konstruktion und der
hohen Dichtigkeit den Feuchtigkeitsaustausch zwischen Außenund Innenluft, sodass sich die Feuchte an den Innenwänden
niederschlägt und es zu Schimmelbildung kommen kann.
Empfehlungen _ Neue Fenster (wenn überhaupt notwendig)
sind ausschließlich aus Holz nachzubauen. Aus historischen
sowie wärme- und schallschutztechnischen Gründen sind
vorzugsweise Kastenfenster herzustellen, bei denen mindestens der äußere Fensterflügel dem originalen Fenster entsprechen muss, und zwar in seiner Gliederung, Farbfassung, Gestaltung, Position in der Fassade und Ausstattung.
Exakt nach historischem Vorbild
nachgebaute
Fenster, die nicht
mehr saniert
werden konnten.
Oft Bedarf es
bei historischen
Beschlägen nur
einer Reinigung,
um deren Funktionalität wieder
herzustellen.
Das neue Fenster
aus Kunststoff
nimmt weder die
historische Gliederung, Materialität
noch Verzierung
der originalen
Holzfenster auf.
37
38 BAUEN UND SANIEREN
2.5 _ TÜREN UND TORE
Wer aufmerksam durch die Altstadt läuft, wird die außergewöhnliche Vielfalt an historischen Hauseingangstüren und Toren bemerken. Neben aufwändig gestalteten Holztüren findet man in Lviv zahlreiche Metalltüren aus der Zeit des Jugendstils, die oft einen
Hinweis auf den Gebäudeerbauer, den Architekt Ivan Levinski, geben. Jede Tür und jedes Tor wurde gestalterisch auf die Architektur des Hauses abgestimmt und ist somit
ein individuelles Einzelstück. Neben ihrer Funktion zum Schutz der Hausbewohner sind
Türen als optischer Blickfang von Eingangsportalen ein wichtiges Gestaltungselement
der Fassaden und prägen das Erscheinungsbild eines Hauses mit. Die Türen der mehrstöckigen Wohn- und Geschäftshäuser, die seit Ende des 19. Jahrhunderts eingebaut
wurden, weisen eine unglaubliche Varietät an dekorativen Holzreliefs und Glasscheiben mit schmückenden Eisengittern auf, so dass man kaum zwei ähnliche Türen nebeneinander findet. Sowohl die Tore als auch Türen von bedeutenden Häusern sind in
portalartige, reichlich verzierte Gewände aus Naturstein eingebaut.
OBERLICHT
KÄMPFER MIT PROFIL
VERGLASTE FÜLLUNG
ZIERVERGIT TERUNG
SCHLAGLEISTE
FRIES
TÜRGRIFF
PROFIL
FÜLLUNG
SOCKELBRET T
39
2.5 _ TÜREN UND TORE
HISTORISCHE ENTWICKLUNG
14.–18. JAHRHUNDERT
Tür aus der Zeit
des Barocks mit
charakteristischem
Fischgrätmuster
und holzsichtiger
Materialbehandlung
Klassizistische Tür
mit aufwendigen
Schnitzereien und
einem bogenförmigen Oberlicht
Bis zum Beginn der Renaissancezeit bestanden Türen aus
aneinandergereihten Brettern oder Bohlen, die mit aufwändigen Eisenteilen (den „Beschlägen“) verbunden waren. Auf der
Rückseite der Konstruktionen wurden oft waagerechte Riegel
angebracht, die gemeinsam mit einer diagonalen Verstrebung
für mehr Halt sorgten. In Ausnahmefällen wurden die Bretter vollständig mit brüniertem Metallblech abgedeckt, welches
durch dekorativ geschmiedete Nägel und diagonale Stäbe geziert war. Außerdem gab es einen eisernen oder kupfernen Ring
zum Klopfen und eine geschmiedete Klinke.
Die Türen dieser Zeit hatten anfangs noch keine separaten Rahmen, sondern wurden in die Haken in der Einrahmung des Steinportals gehängt. Im Verlauf der Renaissance begann man Türen
auch als Rahmentür zu konstruieren. Erst dann war es möglich,
Füllungen und andere hölzerne Verzierungen zu integrieren. Dabei wurde auf Motive der Antike zurückgegriffen.
Es wurden pigmentierte Öle zur holzsichtigen Behandlung verwendet oder im Gegensatz dazu auch starke Farben wie Blau
oder Rot eingesetzt.
Die älteste erhaltene Tür Lvivs stammt bereits aus dem 16.
Jahrhundert.
Im Barock ändert sich die Art der Konstruktion kaum. Türen
und Tore wurden jedoch oft vergrößert, so dass auch die Innenhöfe erschlossen werden konnten. Die Tore besaßen einen Bogenabschluss oder ein Oberlicht mit einem schmiedeeisernen
Gitter. Sie waren fast immer hölzern, zweiflügelig und mit einer
Schlupftür in einem der Türblätter ausgestattet, welche für die
alltägliche Verwendung als Eingangstür diente.
Typisch war eine fischgratartige Verbretterung mit angehobelten
Profilen oder auch Türen mit Füllungen, die meist stark profiliert
oder mit Schnitzereien versehen waren. Die strenge vertikale
Symmetrie der Teilung aus dem Barock wurde im späteren Rokoko aufgelöst. Zur materialsichtigen Behandlung von Eichentüren und -toren kamen nun auch deckende Anstriche in hellem
Grau hinzu.
18.-19. JAHRHUNDERT
Der Klassizismus erweiterte die Formensprache von Türen
und Toren um Motive und Gestaltungselemente aus der griechischen und römischen Antike. Löwenköpfe auf den Füllungen,
Fabelwesen und geschnitzte Schlagleisten waren bestimmend.
Handhaben und Griffringe aus Messingguss kontrastierten mit
oft pastellfarbenen Anstrichen. Die Oberlichter der Türen waren verglast und manchmal auch in Bogenform ausgeführt. Die
strenge Formensprache des Klassizismus insgesamt findet sich
auch in den Türen und Toren aus dieser Zeit wieder.
Beispiel für eine Tür
aus der Periode des
Historismus mit
einer stark symmetrischen vertikalen
Gliederung
40 BAUEN UND SANIEREN
19. JAHRHUNDERT
Im Historismus wurden Türen (und auch andere Gebäudeteile) eher symmetrisch und vertikal gegliedert. Die Schlagleisten
wurden in dieser Zeit (so wie auch bei den Fenstern) in der Form
einer antiken Säule mit Basis und Kapitell ausgeführt. Die Türblätter der Haustüren haben in der oberen Hälfte häufig verglaste
Felder, welche durch aufwändige Vergitterungen geschützt und
geziert werden. Die Füllungen im unteren Teil werden oft mit Diamantquadern oder Schnitzwerk aus Holz versehen. Oberlichter
über der Tür, auch mit Bögen versehen, werden zur gestaltenden Regel. Bei Eichentüren werden weiterhin materialsichtige
Anstriche bevorzugt, Türen aus Nadelholz werden in dunklen
deckenden Farben gestrichen. Wohnungstüren wurden in dieser
Zeit manchmal mit aufgemalten Maserierungen veredelt.
19.-20. JAHRHUNDERT
Der Jugendstil brachte im Türenbau kaum konstruktive, jedoch
gravierende gestalterische Umwälzungen. Die Gestaltung der
Fassade spiegelte sich auch in der Gestaltung der Türen wieder. Gerade Linien der vorherigen Epochen wurden von floralen und fließenden Formen abgelöst. Füllungen waren oft mit
Blumenmotiven verziert, Verglasungen wurden in facettiertem
Klarglas oder mattiertem Glas ausgeführt, Oberlichter haben oft
geschweifte Bögen und aufwändige Sprossen. Ziergitter kommen weiterhin vor. Neben holzsichtigen Lasuren sind Schwarz,
Grün und Braun häufige Farbtöne. Charakteristisch und einzigartig sind beim Lviver Jugendstil die Türen aus Metall. Sie wirken noch leichter und zierlicher und sind bestimmend für die
Erdgeschosszone.
Die Windfangtür, welche die Eingangstür vom Treppenhaus abgrenzt, ist eine leichte Konstruktion mit großen verglasten Flächen. Die Wohnungstüren aus der Zeit des Historismus und des
Jugendstils sind oft mit Stuckbekrönungen dekoriert.
Bei den Türen
aus der Zeit des
Jugendstils werden
gerade Linien der
vorigen Epochen
durch fließende
Formen ersetzt.
20. JAHRHUNDERT
Die Türen der Klassischen Moderne brachen mit allen bis dahin herrschenden Konstruktions- und Gestaltungsprinzipien.
Klare Formen und Linien ersetzten die verspielt wirkende Formensprache des Jugendstils. Die Türkonstruktion ist versteckt,
die Türen hölzern und holzsichtig lackiert, seltener aus Metall,
und sie vermitteln den Eindruck einer ebenen Platte. Nur die horizontalen Sprossen unterbrechen die Fläche und lockern die
Verglasung auf. Die wenigen Verzierungen basieren auf vorgesetzten geraden Metallkonstruktionen, die oft gleichzeitig als
Handhabe dienen. Dabei wird auf das Wechselspiel der Materialien von lasiertem Holz und Messing oder Nickel gesetzt.
Die Klassische
Moderne hat die
Türgestaltung um
neue Formen sowie
neue Materialien,
wie z.B. Messing,
erweitert.
BESCHLÄGE
Alle Beschläge erfüllen nicht nur eine funktionale, sondern auch
eine ästhetische Aufgabe und zählen mit den anderen aufgesetzten Metallteilen zu den Zierelementen einer Tür. Formen sowie Materialien veränderten sich (vor allem bei den Türklinken)
gemeinsam mit dem jeweiligen Stil. Beschläge können aus Kupfer, Messing oder Schmiedeeisen sein. Die Türen und Tore waren
mit gewöhnlichen Schlössern ausgestattet; an der Innenseite
gab es oft noch zusätzliche Abschlussmechanismen wie Riegel
oder Schnallen.
Historische
Beschläge sind von
hoher kunsthandwerklicher Qualität, oft aufwändig gestaltete
objektbezogene
Einzelstücke.
41
2.5 _ TÜREN UND TORE ERHALT UND SANIERUNG
GUT
SCHLECHT
Wie bei anderen Bauelementen in der Lviver Altstadt, mangelt es auch bei den Türen und Toren an der nötigen Pflege und häufig auch an einem persönlichen Verantwortungsgefühl für gemeinschaftliches Eigentum. Als wichtige historische Zeugnisse
der gestalterischen und handwerklichen Baukunst müssen die originalen Türen und
Tore bewahrt und restauriert werden und dienen auch dem Werterhalt des Gebäudes
insgesamt.
FEUCHTE
INSTANDHALTUNG
Neue Anstriche
über abplatzenden
Farbschichten
beeinflussen
die Ästhetik und
schränken die
Funktionalität einer
Tür stark ein.
Durch mangelnde
Pflege und Vandalismus beschädigtes Tor, das zusätzlich mit Spritzputz
verunreinigt ist.
< Zerstörte Verglasung einer Tür aus
Metall
> Handwerkliche
Details, die noch
gut erhalten sind
42 BAUEN UND SANIEREN
Herausforderungen _ Zahlreiche neue Farbanstriche, welche auf die vorhandenen Farbschichten aufgetragen werden,
schränken die Funktionsfähigkeit der Holz- und Metallelemente
der Türen und Tore stark ein. Umgekehrt fehlt bei einer mangelhaften Instandhaltung des Anstriches ein wirkungsvoller Schutz
gegen Feuchte.
Nach einem Glasbruch werden die Verglasungen kaum gleichwertig ausgetauscht, sondern durch ungeeignete Holzplatten
oder Gitter ersetzt. Auch Vandalismus wirkt sich negativ aus –
Graffiti oder Diebstahl der historischen Beschläge sind leider keine selten anzutreffenden Bilder.
Empfehlungen _ Ölen Sie die Beschläge, um ihre Tür funktionsfähig zu erhalten. Zum Holzschutz gegen die Witterung reicht in
der Regel die Behandlung mit einem mehrschichtigen Leinölanstrich oder entsprechenden Eisenlacken für Metalltüren. Für die
dekorativen Eisengitter sollte ein geeigneter Korrosionsschutz
vorgesehen werden. Die historischen Beschläge bilden mit den
Türen und Toren eine gestalterische Einheit und sind von hoher
kunsthandwerklicher Qualität. Sie sind meist Einzelstücke und
aufwändig gestaltet. Nach einer sorgfältigen Reinigung können
sie wieder verwendet werden.
VERBOTEN IST...
yy das Austauschen historischer Haus-, Windfang-, Wohnungs-, Balkon- oder
anderer Türen gegen Türen aus Kunststoff, Aluminium, Metall oder gegen eine
Kopie aus minderwertigem Holz.
yy das Austauschen, Verdecken oder Entfernen authentischer Teile historischer
Türen, u.a. der Verglasung, der Metallelemente und der Ziervergitterung.
yy die Beschädigung historischer Türen oder deren Teile, u.a. durch das Montieren von
Sprechanlagen, Codeschlössern und anderen zusätzlichen Verriegelungen.
yy das Anbringen zusätzlicher Elemente, welche nicht historisch belegt sind.
yy eine historisch unbegründete Metallverkleidung der Holztür.
SANIERUNG
Herausforderungen _ Die Schlösser wurden durch Umbauten
häufig zerstört, wodurch die Treppenhäuser für jedermann frei
zugänglich sind. Seit einigen Jahrzehnten werden unmittelbar in
die Türblätter Codeschlösser und Türsprechanlagen eingebaut,
ohne dabei Rücksicht auf die Gestaltung oder die Konstruktion
der Türen zu nehmen. Zur Erleichterung der Benutzbarkeit werden die Türen und Tore häufig unsachgemäß umgebaut, z.B. mit
schlecht integrierten Schlupftüren.
Empfehlungen _ Der Zustand einer historischen Tür wird oftmals schlechter eingeschätzt als er tatsächlich ist. Statt die
ganze Tür auszuwechseln, können kostengünstig nur die beschädigten Holz- oder Metallteile repariert bzw. ersetzt werden.
Lassen Sie einen Fachmann die Schäden kartieren sowie eine
originale Farbfolge feststellen. Vor einem Neuanstrich sollten
die alten Farbschichten entfernt werden. Falls traditionelle Farbsysteme, z.B. auf Leinölbasis, nicht auf dem Markt zu erwerben
sind, achten Sie darauf, dass Sie nur Farben verwenden, welche diffusionsoffen sowie ausreichend elastisch sind. Fehlende
Garnituren können durch die Beschläge aus der gleichen Entstehungszeit ersetzt werden. Sind aus funktionalen Gründen zusätzliche Garnituren erforderlich (z.B. Sicherheitsschlösser), so
sind diese aus dem gleichen Material herzustellen und zurückhaltend einzubauen.
NACHBAU
Ein Nachbau einer historischen Tür oder eines Tores ist nur
dann erlaubt, wenn eine Tür nicht restaurierungsfähig oder nicht
mehr vorhanden ist. Der Nachbau muss dem originalen Vorbild entsprechen. Falls weder das Original, noch ein historisches
Foto oder eine Zeichnung vorliegt, ist darauf zu achten, dass die
baustiltypische Gliederung, Materialauswahl sowie die Proportionen dem Gesamtensemble entsprechen. Ist die originale Farbfolge nicht mehr feststellbar, sollte die Farbe im Einklang mit der
Farbgebung der gesamten Fassade gewählt werden.
Die Gestaltung sollte durch einen Fachmann erfolgen und muss
mit dem zuständigen Denkmalpflegeamt abgestimmt werden.
Fachgerecht
sanierte Tür mit
neuem Schloss
zur Erhöhung der
Sicherheit Auf dem oberen
Bild wird sichtbar,
wie viele Farbanstriche über
Jahrzehnte aufgetragen wurden.
Diese beeinträchtigten nicht
nur negativ die
Funktion, sondern
verfremdeten
auch den Stil, denn
spätklassizistische Türen wurden
meist holzsichtig
belassen.
Ein Austausch von
historischen Türen
gegen eine PVCoder eine Metalltür
ist in allen architektonischen Schutzzonen unzulässig.
Falls eine Tür in den
letzten Jahrzehnten
verloren gegangen ist, kann diese
nach historischem
Vorbild nachgebaut
werden. In Lviv gibt
es herausragende Handwerker,
die dieser Aufgabe
nachgehen können.
43
44 BAUEN UND SANIEREN
2.6 _ TREPPENHÄUSER
Der Eingangsbereich eines Wohnhauses sowie das Treppenhaus bieten Gästen,
Mietern und potentiellen Eigentümern einen ersten Eindruck und sprechen für
den Zustand und die Gestaltung des Hauses. Aus diesem Grund haben die Bauherren die Wände im Flur und den Treppenhäusern besonders auffällig dekoriert,
Decken wurden oft mit Stuck und einer dekorativen Rosette um die Beleuchtung
verziert. Ob kunstvolle Boden- und Wandfliesen, Stuck- und Malerarbeiten an den
Wänden und Decken oder Schnitzereien, überall gibt es künstlerische Objekte zu
bewundern. Wie eine Fassade unterschiedliche Elemente zu einer Einheit zusammenführt, so sind auch die Treppenhäuser Orte, welche stets als ein Gesamtensemble betrachtet werden sollten.
BLEIGLASFENSTER
METALLGELÄNDER
PFOSTEN
WANDVERKLEIDUNG
PODEST
HANDLAUF
STEINSTUFE
45
2.6 _ TREPPENHÄUSER
HISTORISCHE ENTWICKLUNG
Eine Holztreppe
der zweiten Hälfte
des 19.Jhds. mit
Metallelementen im
Treppengeländer,
wie sie in ihrer historischen Substanz
noch in vielen Lviver
Wohnhäusern zu
finden ist.
18.-19. JAHRHUNDERT
In den Wohnhäusern des Klassizismus waren die Treppenhäuser meist sehr großzügig bemessen und nahmen die Formensprache der Fassade auf.
Mit der Verbreitung der Miethauskultur im Historismus wurden
die Treppenhäuser dem Zweck angemessener gestaltet, wobei
durch Ausmalungen an den Decken und Wänden dennoch eine
sehr repräsentative Wirkung erzielt werden sollte. Ende des 19.,
Anfang des 20. Jahrhunderts ist die Decke oft mit sogenannten
Deckenspiegeln bemalt worden, deren Muster sich auch auf den
Treppenpodesten wiederholt haben.
19.-20. JAHRHUNDERT
Ab dem Ende des
19. Jhds. kamen
beim Treppenbau
zwei neue Materialien zum Einsatz
- Stein und Metall.
Die Metalltreppen
vermitteln durch
ihre Transparenz den Eindruck
einer schwebenden, leichten
Konstruktion.
Am Anfang des
Jugendstils sind
zur natürlichen
Beleuchtung der
Treppenhäuser die
sog. Dachlaternen sehr beliebt
geworden.
Eine repräsentative,
steinerne Wendeltreppe mit metallenem Geländer,
aufwendig gestalteten Bodenfliesen
auf den Podesten
und hochwertiger steinerner
Wandverkleidung
als Trittschutz.
46 BAUEN UND SANIEREN
Bis zum Anfang des Jugendstils wurden die Treppenanlagen
überwiegend aus Holz, meist Eiche oder Kiefer, hergestellt. Nicht
nur als ein Zeichen des wachsenden Wohlstands, sondern auch
als Brandschutz verbessernde Massnahme, wurden die Treppen im Jugendstil überwiegend in Stein ausgeführt. Die gesamte
Gestaltung der Treppenhäuser dieser Zeit verändert sich gravierend. Insbesondere durch Bodenbeläge aus keramischen Fliesen mit geometrischem Muster oder aus Mosaikbeton, das sogenannte „Lastrico“, durch Stuckverzierungen in floraler Form
oder mit dekorativen Masken sollte ein vollkommen anderer
Eindruck als im vorangegangenen Historismus erzielt werden.
20. JAHRHUNDERT
In der Moderne ist die Innengestaltung monochrom geworden. Die Verzierung erfolgte mit edlen Materialien wie Marmor,
Alabaster oder deren hochwertigen Imitaten wie Terrazzo und
Messingeinlagen.
In Lviver Wohnhäusern kommen verschiedene Arten von Treppen vor. Die Haupttreppen sind meist zweiläufig mit Zwischenpodesten oder als Wendeltreppen ausgebildet. Die Stufen sind
aus Holz, Metall, Beton oder Stein hergestellt. Geländer und
Handläufe sind hölzern, metallen oder kombiniert, in den 30er
Jahren des 20. Jahrhunderts kommen auch Steinelemente vor.
Der Treppenansatz wurde häufig mit einem dekorativen Pfosten
für einen Leuchter akzentuiert. Außerdem gibt es meistens eine
Hintertreppe als Zugang für die Bediensteten, bzw. zu billigeren
Wohnungen in den Seitenflügeln. Diese Anlagen sind oft einfache
Holzkonstruktionen oder metallene Wendeltreppen. Eine natürliche Belichtung der Treppenhäuser erfolgt entweder durch Seitenfenster oder über ein Oberlicht, die sogenannte Dachlaterne.
Im Folgenden werden einzelne Zierelemente näher erläutert,
welche in den Lviver Treppenhäusern besonders Ende des 19.
Jahrhunderts Verwendung fanden.
KERAMISCHE FLIESEN
Die Herstellung keramischer Fliesen begann im letzten Viertel
des 19.Jahrhunderts. Schnell fanden sich diese Fliesen in der
lokalen Architektur in verschiedenen Formen wieder. Noch erhaltene Beläge in Fluren und Treppenhäusern bzw. besonders
beständige Fliesen auf den Fußböden zeugen von der Qualität
und den reichen Gestaltungsmöglichkeiten. Die Vielfalt der Boden- und Wandfliesen in verschiedenen Farbtönen und mit einer Ornamentik, welche sich an die karpatische Volkskunst und
Farbgebung anlehnt, ist der fördernden Konkurrenz unter den
Herstellern zu verdanken. Bis heute gibt es erhaltene Fliesen mit
den Namen der Hersteller wie z.B.: Bracia Mund, Giovanni Zuliani
und Sohn u.a.
BLEIVERGLASUNGEN
Bleiverglasungen gehören zu den schönsten, zugleich jedoch
auch zu den anfälligsten Zierelementen. Sie sind Ende des 19.
Jahrhunderts in den Wohnhäusern populär geworden und sind
in die Treppenhausfenster, die Lichtdecken und in die Oberlichter
der Türen eingesetzt worden. Klassische Bleiglasfenster hat für
Lviv meist die Krakauer Firma Zhelenski angefertigt.
Die Ausführung ist im Laufe der Zeit gestalterisch und in Abhängigkeit von der Einbausituation auch technisch unterschiedlich
umgesetzt worden. Treppenhausfenster wurden meist traditionell aus einzelnen Buntglasscheiben und Bleistegen verlötet,
Lichtdecken dagegen als filigrane Eisenkonstruktionen mit verschiedenfarbigen Gläsern ausgeführt.
Eine Besonderheit bildet durch Säure geätztes Glas. Durch das
Einätzen von Mustern, Namen, Hausnummern oder Werbungen
erfüllten solche Gläser auch eine informative Funktion. Manchmal ist deren Kombination mit Bleiverglasungen anzutreffen.
Später wurde oft mit preiswerten und teilweise eingefärbten
Walzgläsern gearbeitet. Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind sog. Pseudobleigläser verbreitet, bei welchen die
Bleiruten durch intransparente Linien imitiert werden, die lediglich aufgeklebt sind.
Die große Vielfalt
an Fliesen, die in
den Treppenhäusern zu Beginn
des 20. Jhds. zu
finden ist, ist der
großen Konkurrenz zwischen den
damaligen Herstellern zu verdanken.
Das abgebildete Bleiglasfenster
zieht sich über die
gesamte Höhe des
Treppenhauses.
Das landschaftliche
Motiv weißt eindeutig auf die Epoche
des Jugendstils
hin. >
< Unterschiedlich
gefärbte Glasfüllungen eines
Jugendstiloberlichtes über einem
Treppenauge
47
2.6 _ TREPPENHÄUSER
HISTORISCHE ENTWICKLUNG
AUSMALUNGEN
Bemalter Deckenspiegel in einem
Treppenhaus durch den Einsatz
des Hell-DunkelKontrastes wurde
eine plastische,
dreidimensionale
Wirkung erzielt.
Während Sanierungsarbeiten freigelegte
und fachgerecht
instandgesetzte
Deckenmalerei aus
der Zeit des Historismus. Außerdem
wurden die stark
in Mitleidenschaft
gezogenen Stuckaturen restauriert.
Die Eingangsbereiche der Mietshäuser wurden
aufwendig mit
Stuck, Malereien,
sowie Wandverkleidungen
gestaltet. Auch
die sogenannte
Windfangtür gehört
zur schützenswerten, hochfunktionalen Ausstattung der
Treppenhäuser.
48 BAUEN UND SANIEREN
Die Ausmalungen der Wände in der Innengestaltung waren zuerst primär in Kirchen und Fürstenhäusern anzutreffen. Ab der
Renaissance gehörten sie zunehmend auch zur Ausstattung der
bürgerlichen Bauten. Mit den einzelnen Baustilen veränderten
sich die Motive und die Techniken der Ausmalung. Im Klassizismus kamen erstmalig auch mit der Hand gemalte Papiertapeten auf. In den mehrstöckigen Mietshäusern war Wandmalerei im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts beliebt geworden
und wurde zur Besonderheit und einem oft vertretenen Instrument in der Lviver Architektur. Bemalt wurden die Wände, die
Decken in den Treppenhäusern, die Flächen unter Treppenläufen
und Podesten oder die Decken in Wohnungen. In den historistischen Ausmalungen fanden vor allem Darstellungen der Volksgeschichte ihren Ausdruck. Meist wurde ein Hell-Dunkel Kontrast eingesetzt, um eine dreidimensionale Illusion zu erzeugen.
In einem großen Anteil wurden die Farbtöne von Altgold, Kupfer,
Bronze sowie Purpur eingesetzt.
Im Jugendstil kommen sowohl die symmetrischen, als auch die
asymmetrischen, in Naturfarben ausgeführten Kompositionen
vor. Dargestellt werden die für den Jugendstil typischen floralen Elemente (Mohn, Lilie, Gänseblume, Magnolie, Aster) und
romantisch gedeutete weibliche Figuren mit landschaftlichem
Hintergrund. Für die Decken wird oft das Motiv eines Sommerhimmels mit Wolken, Vögeln und Schmetterlingen gewählt.
Die Zeit des Sozialistischen Realismus hat keine Innovationen
hervorgebracht. Mosaiken oder Wandmalereien waren meist
politisch und in öffentlichen Gebäuden platziert.
STUCKELEMENTE
Unter Stuck versteht man die plastischen Mörtelausformungen
auf Decken und Wänden. Im Allgemeinen wird zwischen einer
Quadratur und einem ornamentalen Schmuck unterschieden,
welches das Spektrum von Flora, Fauna und des Menschen
umfasst.
In den Mietshäusern begrenzte sich die Verwendung von Stuck
nicht nur auf die Innenraumgestaltung. Sie trat häufig auch in
den gemeinschaftlich genutzten Räumlichkeiten, wie z.B. in den
Treppenhäusern, auf. Motive, welche im Treppengeländer oder
in den Fassadenelementen dargestellt werden, finden sich oft im
Stuck wieder.
2.6 _ TREPPENHÄUSER
ERHALT UND SANIERUNG
Treppenhäuser haben sich von den einst repräsentativsten Orten eines Hauses zu Orten
gewandelt, die man am liebsten meiden möchte. Muffiger Geruch bezeugt den Zustand
des Mauerwerkes sowie des vermoderten Holzes. Ansammlungen von Müll, fehlende Beleuchtung, abgelaufene Stufen, zerstörte Fliesen und fehlende Geländerelemente
sind leider nicht selten anzutreffende Erscheinungsbilder. Mit kleinen Maßnahmen und
in Absprache mit Ihren Nachbarn können Sie viele Missstände selbst beheben, ohne
auf fremde Hilfe zu warten. Dadurch erhöhen Sie Ihre eigene Sicherheit und tragen zum
Erhalt Ihres Hauses bei!
GUT
SCHLECHT
FEUCHTE
SICHERHEIT UND REINIGUNG
Herausforderungen _ Wie bei allen anderen gemeinschaftlich
genutzten Nutzungseinheiten und Bauelementen (z.B. Dachraum, Haustür, etc.) mangelt es an klaren Zuständigkeiten und
damit regelmäßiger Pflege und Instandsetzung. Häufig fehlt eine
ausreichende Beleuchtung. Defekte Elektroinstallationen sowie
das Abstellen von brennbaren Gegenständen im Treppenhaus
verursachen eine hohe Brandgefährdung. Ebenso stellen fehlende Handläufe und morsche Stufen eine Beeinträchtigung der
Sicherheit dar.
Empfehlungen _ Bereits einfache Maßnahmen steigern die Sicherheit und das Wohlbefinden im Treppenhaus. Dazu zählen
u.a. der Austausch defekter Glühlampen, die regelmäßige Pflege
und Reinigung von Fluren sowie das Entrümpeln von Treppenabsätzen. Achten Sie darauf, dass die Haustüren geschlossen gehalten werden, damit unbefugten Personen der Zugang ins Treppenhaus erschwert wird. Sprechen Sie mit Ihren Nachbarn und
organisieren Sie nötige dringende bzw. regelmäßige Arbeiten
gemeinsam. Das ist auch ein Anlass, um darüber hinaus weitere
Maßnahmen zur Gebäudesanierung zu besprechen.
Die Treppenhauspflege und -sanierung ist nur dann
effektiv, wenn alle
Schadensursachen
behoben werden hier hat zuerst die
Dachabdichtung die
höchste Priorität.
Beim Betreten vieler
Häuser sind Angst
und Geruchsbelästigung die ersten
Wahrnehmungen.
Müllentfernung
sowie Erneuerung
der Beleuchtung
sind einfache Schritte auf dem Weg zu
erhöhter Sicherheit.
KONSTRUKTION
Herausforderungen _ Die Holzteile des Treppenlaufes im Erdgeschoss sind durch mikroklimatische Bedingungen (hohe Luftfeuchte im Keller) sowie aufsteigende Feuchte stark belastet.
Derart geschädigte Stufen, Wangen und Geländerteile gefährden
die sichere Benutzbarkeit der Treppen.
Empfehlungen _ Lose Geländer und Handläufe müssen wieder befestigt und gesichert werden, vor allem für Kinder und
alte Menschen stellen sie eine große Gefahr dar. Arbeiten zur Instandsetzung defekter Treppenläufe und –wangen sollten durch
geeignete Fachfirmen ausgeführt werden.
Kaputte, morsche
Stufen und fehlende
Geländer stellen
eine große Gefahr
für Nutzer dar.
Treppenanlagen
können einfacher
und kostengünstiger instandgesetzt werden, als
gedacht. Hier ein
Nachher-Bild der
darüber liegenden
Aufnahme.
49
2.6 _ TREPPENHÄUSER
ERHALT UND SANIERUNG
GUT
SCHLECHT
DEKORATIVE DETAILS UND AUSSTATTUNG
Die einstige Zierde
des Treppenhauses ist nur
noch anhand des
Treppengeländers
zu erahnen. An den
Wänden erkennt
man die fast
vollständig verlorenen Wandmalereien. Heute ist
dieses Treppenhaus ein Ort zu
Meiden - verrostete
Stufen, Lichmangel
und Vandalismus
sind einige Gründe
dafür.
Auch die
Wohnungseingangstüren
gehören zur
dekorativen
Ausstattung der
Treppenhäuser.
Zur Erhöhung der
Sicherheit können
auch in die originalen Türen Sicherheitsschlösser
eingebaut werden.
Ein Austausch und
Veränderung
der Proportionen
von Türen sind
in Häusern der
architektonischen Schutzzone
unzulässig.
50 BAUEN UND SANIEREN
Herausforderungen _ Bei der Ausführung von Arbeiten im
Treppenhaus, z.B. nach der Verlegung von Installations- und
Versorgungsleitungen, wird der Putz oft abgeschlagen bzw. der
historische Putz mit Spritzputz, Buntsteinputz oder Lackfarbe
überzogen. So gehen häufig wertvolle Ausmalungen und Stukkaturen verloren.
Bleigläser in Fensterflügeln sowie im Oberlicht sind aufgrund ihrer Anfälligkeit mittlerweile leider fast verloren gegangen oder
befinden sich in einem extrem schlechten Zustand. Als Folge dringen Feuchtigkeit und Wasser ins Gebäude ein und verschlechtern kontinuierlich den Zustand der Treppenhäuser. Deshalb sind auch die Spiegeldecken über den Treppen meist durch
Feuchtigkeit beschädigt. Sonstige Wandmalereien in den Treppenhäusern befinden sich insgesamt in einem guten Zustand,
obwohl die meisten noch nie saniert wurden. Leider werden sie
sehr oft einfarbig übermalt, da der Erhalt zu aufwendig scheint.
Einzelne Eigentümer tauschen die historischen Wohnungstüren
willkürlich gegen neue, völlig anders gestaltete Türen aus. So
geht der harmonische Gesamteindruck der Treppenräume verloren. Vandalismus und Diebstahl einzelner Elemente tragen zur
weiteren Verwahrlosung bei. In den modernistischen Häusern
fehlen teilweise die Wandverkleidungen. Nicht nur Messinggeländer, Klinken, Briefkästen u.a., sondern auch diese Verkleidungen sind ein begehrtes Diebstahlobjekt.
Empfehlungen _ Defekte Fenster, Verglasungen sowie Dachdeckungen über dem Treppenhaus sind umgehend zu reparieren,
damit ein effektiver Feuchteschutz sichergestellt ist.
Ausmalungen im Innenbereich sind in Lviv in den öffentlichen
Gebäuden und Wohnhäusern ab der Renaissancezeit nachgewiesen. Die Bemalungen wurden an Steinelementen, verputzten Wänden und Holzteilen angebracht. Tragen Sie den Putz von
Ihren Wänden nicht ohne Voruntersuchung ab! Sichern und konservieren Sie die wertvollen Wandmalereien. Sie sind in ihrer detailierten Ausführung und handwerklichen Qualität heutzutage
unbezahlbar und erhöhen somit den Wert Ihrer Wohnung und
des Hauses.
Erhalten Sie die noch vorhandenen Bleiglasfenster! Sprechen
Sie mit einem Fachmann bevor Sie Arbeiten an diesen Fenstern
ausführen wollen.
VERBOTEN IST...
yy der Austausch einzelner Elemente eines Treppenhauses (u.a. Geländer, Stufen,
Brüstungen, Verzierungen, Beleuchtung, Säulen, Teppichbefestigungen) und
des authentischen Fußbodens gegen minderwertige Kopien oder untypische
Materialien.
yy das Beschädigen, Entfernen oder Verdecken von Zierelementen, wie z.B.
keramische Fliesen, Bleiglasfenster, Lichtdecken, Malereien und Stuck.
yy das Austauschen historischer Wohnungseingangstüren.
yy eine neue, historisch unbegründete Farbgebung oder Verkleidung des
Treppenhauses oder seiner Teile.
yy die Verwendung von Lackfarben an den Wänden.
yy das Verputzen der Wände mit Strukturputzen.
yy die Einrichtung von Gasanschlüssen, Stromverteilungskästen und sonstigen
technischen Anlagen, wodurch dekorative Elemente beschädigt werden.
VERSORGUNGSLEITUNGEN
Herausforderungen _ Bei der Verlegung von Versorgungsleitungen, vor allem Gasleitungen, werden Schäden an historischen
Gebäuden verursacht und Kulturerbe zerstört. Auch bei der Anbringung von Stromverteilern, Zählerschränken, Briefkastenanlagen u.a. werden historische Bauelemente oft ignoriert.
Empfehlungen _ Weisen Sie die öffentlichen Versorgungsunternehmen auf deren Verantwortung und Pflicht zum Erhalt der
Bausubstanz hin. Melden Sie entsprechende Fälle den zuständigen Unternehmen, der Stadtverwaltung sowie dem Denkmalamt! Es ist Ihr Haus, welches durch unfachgerechte Maßnahmen
an Wert verliert.
Bei einer geplanten Instandsetzung der Treppenräume sollten
die Leitungen, Klingelanlagen, Beleuchtung und sonstige technische Anlagen überprüft und erneuert werden. Stillgelegte Leitungen sollten entfernt und die Verwendeten gebündelt und in
unter Putz geführten Leerrohren verlegt werden. Elektroverteiler, Anschlussleitungen sowie Zähler sollten in abgeschlossenen
Kästen an ausgewiesenen, nicht störenden und nicht sichtbaren
Stellen installiert werden.
Die Planung der Installationen muss durch fachkundige Ingenieure erfolgen. Die Ausführung hat durch zugelassene Fachfirmen zu erfolgen.
Bei Sanierungsarbeiten freigelegter
Deckenspiegel im
Eingangsbereich
einer Schule, der
fachmmännisch
restauriert wurde.
Bei der Installation des Gasleitungsrohres blieb
die Wandmalerei aus der Zeit
des sozialistischen Realismus
leider vollkommen
unberücksichtigt.
Jeder kennt das
Kabelwirrwarr in
vielen Treppenhäusern. Aus ästhetischen
und sicherheitstechnischen Gründen
sollten stillgelegte
Kabel entfernt und die
Restlichen in Leerrohren unter Putz verlegt
werden. Nötigen
Zugang bekommt
man über abschließbare Kästen.
BESSERES BILD, BZW.
VERPUTZT....
51
52 BAUEN UND SANIEREN
2.7 _ INNENHÖFE UND VORGÄRTEN
Innenhöfe stellen in einer Stadt wichtige, halböffentliche Räume dar, welche ein hohes
Freiraumpotential besitzen. In dicht bebauten Altstadtquartieren sind Innenhöfe oft die
einzigen Freiräume, welche von den Stadtbewohnern zur Erholung genutzt werden
können, ohne lange Wege zurücklegen zu müssen. Sie können zu wunderbaren grünen Oasen verwandelt werden, zu Spielplätzen, als Nachbarschaftstreff, zu Ruheorten,
welche vom Stadtlärm kaum beeinträchtigt werden.
Es gibt zwei Typen von interessanten Innenhöfen bei den dicht aneinandergebauten Lviver Wohnhäusern. Zum einen sind es Innenhöfe, die nur als Zugang zu den Seitenflügeln dienen, zum anderen solche, welche mehrere Häuser erschließen. Einige Höfe in
Lviv dienen gleichzeitig als Durchgang, der zwei Straßen verbindet und oft als Einkaufspassage genutzt wird.
LAUBENGANG
BEGRÜNUNG
PFLASTERFLÄCHE
53
2.7 _ INNENHÖFE UND VORGÄRTEN
HISTORISCHE ENTWICKLUNG
BIS ZUM 19. JAHRHUNDERT
Historische Toreinfahrt mit nach
historischem
Vorbild erneuertem
Hirnholzpflaster
Eine gemütliche
Innenhofsituation mit saniertem
Fachwerkanbau
und erneuerter
Ziegelpflasterung
Beispiel eines
Gartenhauses
vom Ende des 19.
Jhds. mit gestalterisch hochwertigen eisernen
Zaunfeldern
Cour d`honneurs
in der Bohomoltsia
Straße vom Architekten Levinskyi
(Quelle: Journal
`Architekt`,
September 1908,
Krakow)
Während des sozialistischen Regimes
wurden viele Lviver
Innenhöfe versiegelt.
Falsche Entwässerung sowie beschädigte Wasserleitungen verursachen
schwerwiegende
Schäden an der
Bausubstanz, Moosbewuchs weist eindeutig auf die hohe
Feuchtigkeit hin.
54 BAUEN UND SANIEREN
Die Innenhöfe wurden historisch gesehen zunächst zum Abstellen der Kutschen und zur Pflege der Pferde verwendet. Im Hof
war dafür ein spezielles Gebäude vorgesehen, das man noch sowohl in den Höfen der mittelalterlichen Häuser (z.B. in der Armenischen Straße), als auch in den Mietshäusern vom Ende des
19., Anfang des 20. Jahrhunderts (z.B. in der Straße Hlibova, Stefanyka oder Rutkovytscha) findet. Ein solcher Anbau war oft mit
thematischen Dekorationselementen verziert, einstöckig gebaut
und mit einem breiten Einfahrtstor, dessen Seiten mit Begrenzern, sogenannten Ochsen aus Stein oder Gusseisen, ausgestattet waren.
Archäologische Untersuchungen haben bewiesen, dass die mittelalterlichen Innenhöfe ursprünglich mit Holzbohlen gepflastert
waren. Leider ist diese Art der Pflasterung bis heute nicht erhalten geblieben. Später wurden die Höfe mit Ziegel- oder Pflastersteinen belegt.
19.-20. JAHRHUNDERT
Ende des 19. Jahrhunderts haben Architekten angefangen,
mehrstöckige Häuser mit der Idee zu entwerfen, die Natur in
die Stadt zu integrieren und sogenannte Gartenhäuser zu bauen. Die Häuser wurden ein Stück vom Bürgersteig nach hinten
abgesetzt und vor der Fassade entstand somit Platz für einen
Vorgarten, einen abgezäunten Bereich mit Rasen, Blumen und
Sträuchern.
Den Abschluss zum öffentlichen Straßenraum bildeten Einfriedungen aus Mauerwerkspfeilern, die mit Zierelementen des Jugendstils wie z. B. Verdachungen, Ornamenten, Girlanden und
Putzspiegeln versehen worden sind. Im gleichen Stil wurden
zwischen den Pfeilern architektonisch hochwertige, schmiedeeiserne Zaunfelder sowie Eingangstüren und –tore angeordnet.
Durch das Eingangstor der Gartenhäuser gelangte man direkt in
den Innenhofgarten. Ebenfalls aus dieser Zeit stammen einige
„cour d’honneurs“ – durch Rücksprung der Gebäudekante entstandene, zur Straße hin offene Freiflächen, wie sie z.B. an der
Pantelmona-Kulisha-Straße, der Bohomoltsia-Straße oder der
Ivan-Franka-Straße zu finden sind.
20. JAHRHUNDERT
In den vergangenen Jahrzehnten wurden die Innenhöfe asphaltiert, betoniert oder mit Bodenplatten belegt, in den meisten Fällen schlicht versiegelt. Zurückbleibende Restgrünflächen
präsentieren sich meistens als ein chaotischer Wildwuchs von
spontanen Aufkömmlingen. Vertikale Begrünung kommt selten
vor, meistens handelt es sich um Efeu oder Wilden Wein.
2.7 _ INNENHÖFE UND VORGÄRTEN
ERHALT UND SANIERUNG
Innenhöfe und Vorgärten haben ein großes Erholungspotenzial - nutzen Sie es für sich
und Ihre Kinder, nicht für das Auto! Viele der folgenden Maßnahmen sind nicht teuer und
können in gemeinsamer Arbeit selbst erledigt werden. Sprechen Sie mit Ihren Nachbarn darüber!
GESTALTUNG
Herausforderungen _ Der allgemeine Zustand der Innenhöfe in
Lviv ist in den meisten Fällen extrem unbefriedigend, sowohl auf
den baulichen Zustand als auch auf die gestalterische Qualität
bezogen. Häufig stellen sich die Innenhöfe als Unorte dar, für die
sich niemand zuständig fühlt. Es gibt häufig weder Eigentümer,
Hausverwalter, noch Eigentümergemeinschaften, die eine systematische Pflege organisieren oder Aufwertungsmaßnahmen in
die Wege leiten würden.
Ecken werden mit Gerümpel vollgestellt, Müll zurückgelassen
und dadurch Ungeziefer angelockt. Über viele Jahre planlos aufgestellte kleine Nebengebäude tragen zu einem oft anzutreffenden negativen Erscheinungsbild bei.
Aufgrund von beschädigten Entwässerungsleitungen sind die
Höfe oft sehr feuchte, kalte Orte. Der versiegelte Bodenbelag mit
nicht ausreichender oder falscher Entwässerung trägt außerdem
zu Feuchteschäden am Mauerwerk bei und schränkt gleichzeitig
die Möglichkeiten einer Hofgestaltung stark ein.
Empfehlungen _ Zur Aufwertung des Hofes können als einfache
Maßnahmen störende Objekte, Müll und Gerümpel entfernt werden. Versiegelter Bodenbelag sollte entfernt und durch eine fachgerechte Pflasterung, eine wassergebundene Wegedecke und
Pflanzbeete ersetzt werden. Beim Anlegen von neuem Bodenbelag sollte stets auf ein von der Bebauung wegführendes Gefälle
geachtet werden.
Eine grundsätzliche Erneuerung der Trink- und Abwasserleitungen ist zum Erhalt der historischen Substanz sowie zur Verbesserung der Lebensbedingungen in der Altstadt dringend
erforderlich. Die Verantwortung liegt bei den öffentlichen Versorgungsunternehmen – kontaktieren Sie sie, bevor Sie weitere Arbeiten in Ihrem Innenhof vornehmen.
GUT
SCHLECHT
Innenhöfe sind
wertvolle, halböffentliche Räume, oft
noch mit erhaltenen historischen
Elementen - bereits
eine funktionierende Sitzbank und ein
paar Blumentöpfe
würden hier zum
Verweilen einladen!
Jeder nach seinen
eigenen Möglichkeiten - bereits
Kleinigkeiten
können die oft
triste Situation
aufwerten.
Zahlreiche Innenhöfe in Lviv sind
sehr eng und
können nur eine
Belüftungsfunktion
erfüllen. Doch viele
bergen auch ein
großes Potential,
das ausgeschöpft
werden sollte!
Beide untere Abbildungen zeigen beispielhaft umgestaltete Innenhöfe - es sind Räume entstanden, die abseits vom städtischen
Lärm ein Stück privaten Himmels über dem Kopf anbieten.
55
2.7 _ INNENHÖFE UND VORGÄRTEN
ERHALT UND SANIERUNG
GUT
SCHLECHT
NUTZUNG
Innenhöfe sind
Räume zum Leben,
nicht zum Parken
Innenhöfe sind
gemeinschaftliche Orte. Es liegt
ausschließlich
in der Hand der
Bewohner, ob
diese zu Lagerstellen ungebrauchter Gegenstände
oder zu beliebten
Treffpunkten für die
Freizeit werden.
Ansammlungen
von Müll ziehen
Ungeziefer an
und verhindern
einen notwendigen Luftaustausch.
Dies führt oft zur
gesundheitsschädlichen Schimmelbildung und starken
Geruchsbelästigung.
56 BAUEN UND SANIEREN
Herausforderungen _ Man findet kaum begrünte Innenhöfe mit
Sitzgelegenheiten, welche zum Verweilen und zu Gesprächen unter Nachbarn einladen würden, an kinderfreundlichen Bereichen
mangelt es ebenfalls. Die Nutzung dieser kleinen halböffentlichen
Freiräume als Parkplätze mindert nicht nur die Lebensqualität in
den ohnehin schon engen Höfen - die Bodenbeläge werden zusätzlich durch das Befahren zerstört und mit Öl und anderen Substanzen kontaminiert.
Eigentümer von Cafés und Restaurants bauen oft die Be- und
Entlüftungssysteme in die Innenhöfe ein, welche die Hoffassaden verunstalten und vor allem Lärm- und Geruchsbelästigung
verursachen.
Empfehlungen _ Eine sinnvolle Ausstattung mit Freisitzmöbeln
sowie Spielflächen für Kinder erzeugt eine hohe Aufenthaltsqualität. Eine passende Begrünung stellt nicht nur Bezug zur Natur
her, sondern erfreut das Auge und verbessert durch das Auffangen von Staubpartikeln sowie durch die Sauerstoffproduktion ein
Kleinklima im Wohnumfeld. Doch so wie alle technischen Anlagen eine regelmäßige Pflege benötigen, so müssen auch die vorhandenen Grünanlagen gepflegt werden.
Mit den einfachsten Mitteln haben die Anwohner diesen Innenhof
zu einem wahren Gemeinschaftsort verwandelt. Die Ausstattung
mit Sitzbänken, Bildern an den Hauswänden und die Verwendung
von Kletterpflanzen tragen dazu bei, dass sich hier jeder gern
aufhält. In der angenehmen Umgebung werden alle Themen zur
Instandhaltung des Hauses regelmäßig besprochen.
VERBOTEN IST...
yy die Bebauung der Innenhöfe oder ihrer Teile. Hierzu zählt u.a. der Bau von Garagen,
Wirtschaftsräumen oder beliebiger Zäune.
yy eine Umnutzung des Innenhofes zum Parkplatz.
yy die Zerstörung der Pflanzbeete, Fällung von Bäumen oder Sträuchern ohne
gleichwertigen Ersatz.
yy die Beschädigung, Zerstörung oder Entfernung authentischer Elemente der
Kleinarchitektur, u.a. der Beleuchtung, Skulpturen, Fontänen, Gartenhäuser, Zäune,
Pflaster, etc.
yy eine Versiegelung der Flächen.
yy der Abbruch historischer Einfriedungen der Vorgärten.
yy die Demontage von metallischen Ziergittern und Toren und der Ersatz durch
ungeeignete, architektonisch wertlose Baustoffe.
EINFRIEDUNGEN UND VORGÄRTEN
Herausforderungen _ Schmiedeeiserne Zaunsfelder erhielten meist keinen erforderlichen Anstrich und sind daher häufig
durch Korrosion geschädigt. Deshalb sind vor allem die Befestigungen an den Pfeilern zerstört und die Gitter können häufig
einfach demontiert werden. Sie werden durch Betonelemente,
Kunststoff- oder Asbestplatten ersetzt.
Die Mauerwerkspfeiler und –sockel der Einfriedungen zeigen
häufig Schäden durch starke Beanspruchung aufgrund aufsteigender Feuchte und Frost – Tauwechsel, die bis zum Verlust der
Standsicherheit führen können. Die entstehenden Putzschäden
wurden meist nicht beseitigt bzw. durch ungeeignete Zementputze ersetzt. Oftmals wurden die Einfriedungen komplett abgebrochen und die Grünfläche stellt einen völlig verwahrlosten
Bereich dar.
Empfehlungen _ Die Anstriche von Zaunfeldern und Türen sind
in regelmäßiger Zeit zu kontrollieren und zu erneuern. Risse im
Putz der Mauerwerkspfeiler der Einfriedungen sind umgehend
zu beheben, damit keine Feuchtigkeit eindringen kann.
Defekte und nicht mehr standsichere Einfriedungen sind exakt
nach historischem Vorbild und mit den noch vorhandenen Zaunelementen zu erneuern. Die Planung und Ausführung sollte
durch qualifizierte Fachleute erfolgen und mit dem zuständigen
Denkmalpflegeamt abgestimmt werden. Besonderes Augenmerk muss auf die ausreichende frostfreie Gründung der Fundamente der Einfriedungen sowie den Feuchtigkeitsschutz gelegt werden.
Die Vorgärten sollten mit ortstypischen Sträuchern und Blumen
begrünt werden, damit die ursprüngliche Qualität dieser Quartiere wieder hergestellt wird.
Gepflegte Vorgärten
tragen zur effektiven Wohnumfeldverbesserung
bedeutend bei.
Leider sind
gegenwärtig viele
Vorgärten samt
der Einfriedung in
einem schlechten
Zustand.
Durch eine durchdachte Pflanzenverwendung kann
eine ganzjährige
Wirkung erreicht
werden - während
die Sommerflora
eine Blütenpracht
bietet, sind es
Gräser und immergrüne Gehölze, die
durch ihre Struktur
auch in den Wintermonaten prächtige
Effekte zaubern.
Es ist vor allem
dem Engagement
der Lviver Bewohner zu verdanken,
dass viele farbenfrohe Vorgärten das
Auge erfreuen.
57
58 BAUEN UND SANIEREN
2.8 _ SCHAUFENSTER UND WERBUNG
Die Lebendigkeit unserer europäischen Innenstädte entsteht durch die intensive Mischung unterschiedlicher Nutzungen wie Wohnen, Büros, Läden, Restaurants, Cafés,
etc. Am stärksten bildet sich dieser Nutzungsmix in der Zone der Erdgeschosse ab,
wo Geschäfte und Restaurants um die Gunst der Vorbeilaufenden werben. Schaufenster mit den dazugehörigen Werbeschildern und Reklamen müssen zwei wesentliche
Funktionen erfüllen - zum Einen Waren und Leistungen der Geschäftsinhaber verkaufsfördernd präsentieren und zum Anderen mit ihrer Gestaltung zur positiven Wahrnehmung des öffentlichen Raums beitragen. Das ist eine hohe gestalterische Herausforderung, die leider in den letzten Jahren in Lviv nicht immer erfüllt wurde. Nach dem
Motto: je größer, lauter, bunter, greller, umso besser, stören viele Erdgeschosszonen
die Wahrnehmung des öffentlichen Raumes und zerstören die allgemeine harmonische
Fassadengliederung und Farbgebung des gesamten Gebäudes. Es wird oft vergessen,
dass eine gut gestaltete Fassade mit maßvollen, ansprechenden Schildern eine größere Anziehungskraft besitzt und für qualitätsvolle Ware spricht, als ein überdimensioniertes, mit allen Farben spielendes Erscheinungsbild.
FEST VERGLASTES
SCHAUFENSTER
KRONSTEIN
SOCKEL
PLATZ FÜR
SCHILDER
GIEBEL
ÜBER DER TÜR
GESIMS
59
2.8 _ SCHAUFENSTER
HISTORISCHE ENTWICKLUNG
BIS ZUM 19. JAHRHUNDERT
Schaufenster
aus der Zeit des
Historismus
In Wohnhäusern gab es zunächst keine Läden oder Verkaufsmöglichkeiten. Kaufleute arbeiteten meist als Großhändler, sie
besaßen Lagerhäuser und überließen den Einzelhandel den fahrenden Krämern mit ihren mobilen Marktständen. Den Anfang
für feste und unabhängige Verkaufsmöglichkeiten machten die
Handwerksinnungen und Zünfte in den Erdgeschossen ihrer eigenen Zunftsgebäude. Meistens wurde die Werkstatt um ein Ladengeschäft ergänzt. Es handelte sich um zur Straße hin offene
Räume, die nach Ladenschluss mit am Mauerwerk verankerten
und mehrteilig gefügten Brettern geschlossen wurden: den sogenannten Läden.
Die ersten Schaufenster besaßen, wie die Fenster der Obergeschosse, vertikale Formate und waren axial an diesen Fenstern
ausgerichtet.
19. JAHRHUNDERT
Zeichnung eines
Jugendstilschaufensters
Erst ab dem 19. Jahrhundert wurden Schaufenster, wie wir sie
heute kennen, gebaut. Die Händler wollten ihren Kunden mehr
Ware präsentieren und umfangreicher ausstellen. Ihnen kamen
dabei bautechnische Neuerungen entgegen. Mittlerweile war
man in der Lage, auch größere Mauerwerksöffnungen problemlos zu überspannen und entsprechend große Gläser herstellen
zu können. Allerdings waren bei der um 1900 gewählten Lösung
die großflächigen Glasscheiben oft nicht in das Mauerwerk montiert, sondern von massiven Holzrahmen eingefasst, die aus der
Fassadenebene um einige Zentimeter herausstanden.
20. JAHRHUNDERT
Ladengestaltung
vom Anfang des 20.
Jahrhunderts
Nachträglich eingebautes Schaufenster aus Stahl
aus der Zeit des
Sozialismus
60 BAUEN UND SANIEREN
Die zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichteten Gebäude, bei
denen auch eine Geschäftsnutzung vorgesehen war, verfügten
im Erdgeschoss über große Fensterflächen. Die historischen
Schaufenster setzten sich aus mehreren einzeln gerahmten
Scheiben zusammen und besaßen eine Gliederung und Gestaltung, welche auf das Gesamterscheinungsbild der Gebäude abgestimmt war. Die Läden waren in ihrer Gesamtheit manchmal
wahre Kunstwerke, einige Apotheken oder Konditoreien können
noch heute in der Lviver Altstadt bewundert werden.
In den 1960er und 1970er Jahren des 20.Jahrhunderts wurden großformatige Schaufenster in Erdgeschosse gebaut, welche für eine Ladennutzung nicht vorgesehen waren. Dabei ist
nicht selten die komplette Fassade sowohl bezüglich der Gliederung als auch des Dekors verloren gegangen. Vielerorts ist sogar das gesamte Mauerwerk durch Stahlbetonkonstruktionen
ersetzt worden. Diese mit den historischen Fassaden unverträglich großen Öffnungen veränderten das Stadtbild erheblich.
2.8 _ WERBESCHILDER UND REKLAME
HISTORISCHE ENTWICKLUNG
BIS ZUM ENDE DES 19. JAHRHUNDERTS
Werbeschilder gehören seit dem Mittelalter zur städtischen Ausstattung. Den Eingang in eine Kneipe hat man beispielsweise mit
einem Löwenkopf, oftmals mit Weintrauben im Maul, gekennzeichnet. Über dem Haus, wo man Bier ausschenkte, hing üblicherweise ein Stroh- oder Heubüschel. Werkstätten und Läden
wurden meistens mit Schildern aus Metall gekennzeichnet. Sie
bildeten z.B. einen Löwen mit Schlüssel (Zeichen der Schlosser),
ein Pferd (Schmiedewerkstatt) oder einen Säbel (Waffenwerkstatt) im Schild ab.
Die wahren Meister der Werbung waren die Apotheker. Um Kunden anzulocken, haben sie in den Läden der Drogerien ausgestopfte Krokodile und andere exotische Tiere oder riesige Glasgefäße mit bunten Flüssigkeiten ausgestellt. Ansonsten war
Werbung ursprünglich ziemlich schlicht gehalten. Kaufleute und
Handwerker haben meistens ihre Waren verbal angepriesen. Sie
haben sich dabei nicht nur auf ihre Stimme verlassen, sondern
auch auf die Qualität der Waren. Deshalb übernahm im mittelalterlichen Lviv im wahrsten Sinne des Wortes „der Ruf des Meisters“ bzw. der Name des jeweiligen Handwerkers auf den Waren
selbst die Rolle der Werbung.
20. JAHRHUNDERT
Mit Beginn des 20. Jahrhunderts erhielt die Werbung in Lviv
eine neue Form. Listen von Waren oder Bilder wie Zuckerhut,
Ölfässer usw. wurden direkt auf die Wände gemalt. Heutzutage
treten auf manchen Häusern solche Werbeaufschriften auf Ukrainisch, Polnisch, Hebräisch u.a. hinter später aufgetragenen
Farbschichten hervor. Für schlichte Schilder bzw. Warentafeln
haben damalige Architekten in ihren Entwürfen spezielle Einbuchtungen an den Fassaden vorgesehen.
Vor dem ersten Weltkrieg verwandelte sich Werbung in eine
Sonderindustrie. Der König der Werbung in Lviv war Y.-A. Bachewski, Hersteller von Likören und Schnaps. Beim Ost-Handel
im Stryiskyi Park baute er einen riesigen 20 Meter hohen Turm,
der aus einer großen Menge von mit bunten Getränken gefüllten
Flaschen bestand, was große Begeisterung hervorrief. In dieser
Zeit fing man auch damit an, Werbung auf Brandmauern (blinde
Seitenmauern) aufzutragen. Auch noch heute kann man Werbungen von bekannten Firmen, wie z.B. von Mercedes oder von
Phillips sehen.
Die Weiterentwicklung der Werbung in Lviv wurde während der
sowjetischen Ära unterbrochen, Werbung wurde nutzlos. Nach
der Rückkehr zur Marktwirtschaft kehrte auch die Werbung in
ihrer mittlerweile an globale Trends angepassten Ausprägung
zurück. Die Zwangspause der Werbetradition hinterlässt jedoch
ihre Spuren im alltäglichen Straßenbild. Heutige Werbungen in
Lviv sind meistens standardisierte Globalproduktionen, welche
die Besonderheit der Stadt kaum berücksichtigen.
Bereits seit dem
Mittelalter werden
Schilder hergestellt,
welche auch ohne
schriftliche Erläuterung Hinweise auf
die Dienstleistungsart geben.
Eine originelle
Werbekampagne
der Vorkriegszeit
- seit dieser Zeit
gilt die Werbebranche als eine
Sonderindustrie.
Beispiel einer
mehrsprachigen
Werbung an der
Fassade eines
Lebensmittelladens.
In der sowietischen
Zeit wurde auf
Werbung verzichtet, an den Läden
wurden oft nur
Piktogramme zur
Darstellung der
Ladenfunktion
verwendet.
61
2.8 _ SCHAUFENSTER
GUT
SCHLECHT
ERHALT UND SANIERUNG
In Lviv gibt es noch sehr viele gut erhaltene und wertvolle Schaufensteranlagen. Doch
um ihr gestalterisches Potenzial für die Verkaufsflächen der Innenstadt völlig auszuschöpfen, bedarf es fachgerechter Pflege- und Instandsetzungsmaßnahmen. Neben
den hier erwähnten, spezifischen Themen, beachten Sie bitte auch die für historische
Fenster in Kapitel 2.4 beschriebenen Herausforderungen und Lösungsmöglichkeiten.
Grundsätzlich gilt: eine regelmäßige Kontrolle und ggf. notwendige Teilreparatur von
kaputten Bauteilen ist immer billiger, als die Behebung eines großen Folgeschadens
oder ein Neubau.
SCHAUFENSTER
Ein wunderschöner
und gut erhaltener
Ladeneingangsbereich, der leider
mit zu viel Werbung
verunstaltet wurde.
Ein dezent gestaltetes Schaufenster die ausgestellte
Ware macht
weitere Werbung
überflüssig.
Hier werden
beispielhaft die
Schaufenster einer
alten Apotheke
saniert. >
< Aggressive
Werbung sowohl in
der Menge als auch
in der Farbauswahl
62 BAUEN UND SANIEREN
Herausforderung _ Der Wert der historischen Schaufensteranlagen wird oft nicht erkannt, die Ästhetik für altmodisch gehalten. Vernachlässigung der Instandhaltung sowie unfachgerechte Umbauten und Ergänzungen führen zum Verschwinden von
wertvollen baulichen Details. Im schlimmsten Fall hegen neue
Inhaber innerstädtischer Ladenflächen auch den Wunsch, ein
komplett neues bauliches Image zu schaffen, was einen vollständigen, unwiderbringlichen Verlust der historischen Bausubstanz
zur Konsequenz haben kann. Auch der wertmindernde Einbau
von Fensterprofilen aus Kunststoff nimmt in den letzten Jahren
leider stark zu.
Empfehlungen _ Historische Schaufenster haben einen heute
kaum bezahlbaren Wert. Sie werten den Laden ungemein auf,
weisen auf etwas Besonderes hin und sprechen für einen guten
Geschmack sowie qualitätsvolle Ware. Nutzen Sie diese Ausstrahlung der historischen Substanz zu Ihren Gunsten! Schaufenster sind in der Regel Konstruktionen aus Holz und sie bedürfen der gleichen Pflege und Instandsetzungsmaßnahmen wie
auch gewöhnliche Fenster (s. Kapitel 2.4).
Im Zuge von Umbaumaßnahmen an vorhandenen Ladenfassaden sollten falsche Ausführungen aus dem 20.Jahrhundert oder
gestalterische Missstände korrigiert werden. Ziel ist eine Neugestaltung entsprechend der überlieferten Proportionen, Materialität und Farbigkeit. Dazu ist der ursprüngliche Zustand mit Hilfe
alter Fotos, Schriftstücke, Bauzeichnungen oder anderer Untersuchungen zu ermitteln.
2.8 _ ERDGESCHOSSZONE
ERHALT UND SANIERUNG
Vitalität der Innerstädte hängt unter Anderem von der Verfügbarkeit der Produkte ab,
die für Bewohner wichtig oder wünschenswert sind. Um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, müssen Ladeneinheiten oft auch in den Erdgeschossen historischer
Gebäude neu angelegt werden, welche vom Erbauer nicht zur Geschäftsnutzung vorgesehen waren. Die Planung neuer Läden mit Schaufenstern ist im historischen Kontext
in der Tat eine besondere Herausforderung, doch es kommt zunehmend zu Missständen, die mit mehr Aufmerksamkeit gegenüber dem historischen Kontext leicht hätten
vermieden werden könnten.
Wie bei allen Kapiteln gelten die folgenden Empfehlungen zur Orientierung, um ein genehmigungsfähiges Projekt bei der zuständigen Behörde einreichen zu können und Ihnen somit Zeit und Geld zu ersparen. Alle Baumaßnahmen dürfen nur mit entsprechender Zustimmung durchgeführt werden!
UMBAU ZU LADENNUTZUNG
Herausforderung _ Neue Öffnungen werden unverhältnismäßig
groß gebaut und es kommt zum Einsatz von Materialien, die für
eine historische, UNESCO geschützte Altstadt (z.B. PVC-Fenster)
unpassend sind. Zusätzlich werden Fassaden im Erdgeschossbereich in historisch unbegründeten, grellen Farben gestrichen,
welche keine Rücksicht auf die restliche Farbgebung der Fassade
nehmen und den Gesamteindruck eines Straßenzuges immens
stören. Und nicht zuletzt – um Kellerräume oder erhöhte Erdgeschosse zu erschließen, werden Stufenanlagen tief in die Gehwege hineingebaut, welche oft eine große Sturzgefahr für die Fußgänger darstellen.
Empfehlungen _ Bei der Neuanlage einer Ladeneinheit mit
Schaufenstern muss darauf geachtet werden, dass ein ganzheitlicher Charakter der historischen Fassade erhalten bleibt. Die Ladenfassade darf keine historisch wertvollen Elemente zerstören
und muss sich farblich in das Gesamtbild der Fassade einfügen.
Die Schaufensterformate müssen mit den Proportionen der übrigen Öffnungen harmonieren.
Der Gebäudesockel darf nicht vollständig aufgelöst werden. Neu
angelegte Eingänge dürfen Kellerlichtschächte oder Kellerzugänge nicht überbauen. Es darf höchstens eine Stufe in den Bürgersteig hineingebaut werden, um eine ausreichende Breite auch
für Kinderwagen oder Rollstuhlfahrer zu gewährleisten und Stolpergefahr zu vermeiden.
Weniger ist oft
mehr - die Umnutzung einer Erdgeschosswohnung
zum Laden kann
auch mit sehr
einfachen Mitteln
erfolgen. Dieses
Beispiel fügt sich
harmonisch in
die historische
Umgebung ein.
Eine Überfrachtung von visuellen
Eindrücken durch
billige und bunte
Schilder wirkt
sich als zusätzlicher Stressfaktor
eher negativ auf
Passanten aus.
Ein neu entstandenes Geschäft, das in
seiner Gestaltung
keine Rücksicht
auf das historische
Gebäude nimmt. >
< Ein geschmackvoll eingerichtetes Schaufenster
- die Ware spricht
für sich, es sind
keine zusätzlichen
Aufschriften nötig.
63
2.8 _ WERBESCHILDER
GUT
SCHLECHT
ERHALT UND SANIERUNG
Werbeschilder lassen sich in zwei Kategorien einordnen: parallel zur Fassade angebracht oder als auskragendes Schild (Ausleger). Die Schilder gehören selbstverständlich zu einer Stadt, denn sie sind ein Beweis für ihre wirtschaftliche Aktivität, heute
mehr denn je. Allerdings bringt die fortschreitende Aggressivität von Werbung Nachteile für die allgemeine Wahrnehmung der Stadt und ihrer architektonisch wertvollen Bestandteile mit sich. Denn immer noch gilt: Die Stadt ist ein Ort des Wohnens, Arbeitens
und Handelns – Letzteres darf aber nicht zum alleinigen Merkmal der Innenstadt werden. Werbung, die sich in den Vordergrund drängt, oder gar andere wichtige Funktionen
(wie Verkehrsleiteinrichtungen) verdrängt, ist keinesfalls angemessen für die historische Innenstadt von Lviv und führt zum erheblichen Attraktivitätsverlust.
WERBESCHILDER UND REKLAME
Eine geschmackvolle Schilder- oder
Werbegestaltung
deutet schon an
sich auf qualitätsvolle Ware hin.
Beide Abbildungen
zeigen Ladenschilder mit herausragender Qualität.
Die künstlerische
Ausführung sowie
das verwendete
Material fügen sich
gut in die historische Umgebung
ein.
64 BAUEN UND SANIEREN
Herausforderung _ Werbeschilder und Reklamen aller Art konkurrieren um Aufmerksamkeit möglicher Kunden. Als Folge
werden Werbeschilder und deren Träger ungerechtfertigt vergrößert und stören den Gesamteindruck einer Fassade. Überdimensionierte und konstruktiv massive Schilder überdecken oder
zerstören gar die Architekturelemente eines Hauses (z.B. Skulpturen, dekorative Gesimse, Pilaster, Konsolen, Rustika, dekorative Elemente auf den Balkonen, Erker, Fensterbedachung, Türportale usw.).
An Durchfahrten und Eingängen zu Hinterhöfen gibt es häufig
eine ungeordnete Ansammlung von Schildern, die auf Firmen in
den Hinterhäusern verweisen.
Viele Schilder zeigen eine lediglich mangelhafte Gestaltung, die
häufig nicht auf die Architektur des Hauses abgestimmt ist. Stil,
Material, Farbigkeit, Größe, etc. konkurrieren mit der Gestaltung
des Hauses. Leider lassen sich außerdem noch inhaltliche oder
orthografische Fehler finden.
Besonders negative Beispiele für die Anbringung von Werbeschildern sind Werbungen auf Dächern, die zur Zerstörung der
städtischen Dachlandschaft führen und oft die Funktionalität des
Daches beeinträchtigen. Großformatige Werbeflächen schränken
die Verkehrssicherheit ein, da sie den Blick auf Verkehrszeichen
versperren.
Empfehlungen _ Beim Entwerfen und Herstellen von Werbeschildern müssen sich Architekten, Maler und Designer dessen bewusst sein, dass ihr Werk in einen spezifischen baulichen
und städtischen Kontext eingebunden wird. Beim Entwerfen der
Schilder sollte man einerseits architektonische, plastische und
farbliche Besonderheiten einer konkreten Fassade in Betracht
ziehen und andererseits kreative Lösungen zur Präsentation eines Ladens entwickeln. Repräsentativ und passend wirken Schilder aus natürlichen Materialien (z.B. Bronze , Messing, Keramik,
Kobaltglas, edlem Holz, Stein, Kunst- oder Bleiglas) ausgeführt
mit Techniken, die für die historische Umgebung charakteristisch
und für Handwerke in Lviv typisch sind (Farbe auf Putz, Schmiedearbeiten, Kunstguss, Fräsen und Gravieren auf Metall, Glas,
Bleiglas, etc.) oder Schilder aus einzelnen plastischen Buchstaben. Bei Häusern mit mehreren Eingängen und Unternehmen
sollten Sammelwerbeträger zur Verwendung kommen, um eine
Überfrachtung verschiedener Stile und Materialien zu vermeiden.
VERBOTEN IST...
yy bzgl. der Schaufenster jeglicher Eingriff, der bereits im Kapitel 2.4 „Fenster“
aufgeführt wird.
yy der Einbau von Schaufenstern oberhalb eines Erdgeschosses (mit der Ausnahme
historischer Kaufhäuser).
yy die Beschädigung oder Verdeckung einer Fassade oder ihrer Elemente durch das
Anbringen von Werbung oder Schildern.
yy die Behinderung der Fußgänger (z.B. durch zu weit auskragende Schilder) oder des
Verkehrs durch das Anbringen von Werbung oder Schildern.
yy das Anbringen oder der Anbau von historisch nicht begründeten Markisen oder
Vordächern.
BELEUCHTUNG
Herausforderungen _ Werbeanlagen und Reklamen sollen
ebenso in der Dunkelheit die Aufmerksamkeit der Passanten auf
sich ziehen. Auch hier entsteht ein Wettbewerb um die Sichtbarkeit, welcher einer zurückhaltenden Gestaltung historischer Gebäude nicht zuträglich ist. So finden sich Leuchtkästen mit äußerer polychromer Beleuchtung, mit Neonlicht, Laufschriften, oder
auch Schilder mit intensiven Lichtwellen- und opto-elektronischen Effekten (z.B. Laser).
Empfehlungen _ Für die Beleuchtung der Schilder am Abend
eignet sich milde monochrome Außenbeleuchtung.
Die Lichtquelle sollte unter dem Schild angebracht sein, um nur
einzelne Buchstaben oder Logos beleuchten zu können.
GENEHMIGUNGSGRUNDLAGE
Für Webeschilder und Reklamen ist im Detail den folgenden Gesetzen zu entnehmen:
yy Beschluss Nr. 692 vom 22. 07. 2011 Genehmigung der Installation von Schildern in Lviv
yy Beschluss Nr. 569 vom 21. 05. 2010 Genehmigung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Außenwerbung in Lviv
Historische
Straßenbeleuchtung - solche
Elemente sind
prägend für eine
Stadt und sollten
unbedingt erhalten
werden!
Sind in einem Haus
mehrere Firmen
angesiedelt, sollten
die Schilder in
einheitlichem Stil
ausgeführt werden.
Eine Ansammlung unterschiedlicher Formate
und Farben ist zu
vermeiden.
Großformatige
Werbungen sind
in der Innenstadt
verboten - sowohl
in der Erdgeschosszone als
auch auf dem
Dach.
65
GLOSSAR
ALABASTER
Sehr häufig vorkommende, mikrokristalline Varietät von Gipsspat bzw. Calcit; optische Ähnlichkeit mit Marmor; Farben differieren je nach Förderstelle zwischen weiß,
hellgelb, rötlich, braun oder grau
AKANTHUSBLÄT TER
Das distelartige Akanthus-Blatt bzw. der Blätterkelch des Acanthus spinosus ist als
stilisiertes Ornament ein bekanntes Architekturmotiv, das häufig zur Verzierung von
Säulen, Decken und anderen Gebäudeteilen verwendet wird.
ART-DECO
Auch als Dekorationsstil bezeichnete Stilrichtung des ersten Drittels des 20.Jhds.
ASBEST
Wird im Bauwesen meist als Armierungsfaser für Asbestzement verwendet; ist hochgradig gesundheitsschädigend und krebserregend; Einsatz von Asbest ist deshalb z.B.
in der EU verboten.
ATLANT
Skulptur einer männlichen Figur mit tragender Funktion in der Architektur; ersetzt in
der Architektur Säulen oder Pfeiler bei Portalen und in der Fassadengliederung (siehe
auch Karyatide)
AT TIKA
Bezeichnet in der Architektur ein über dem Kranzgesims befindliches Halbgeschoss
bzw. eine Abschlusswand zur Verdeckung des Daches
BAROCK
Europäische Stilrichtung der Architektur zwischen ca. 1580 und 1770, die durch eine
reiche und opulente Formensprache gekennzeichnet ist
BALUSTER
Niedrige, meist runde Einzelsäule einer Balustrade
BALUSTRADE
Individuell gestaltete niedrige Säulenreihe, die als Brüstung oder Geländer an Treppen, Terrassen und Balkonen dient
BASIS, SÄULENBASIS
Sockel, Fuß oder auch (optisches) Fundament einer Säule oder eines Holzpfostens,
einer Schlagleiste in Säulenform
BEFUND, BEFUNDUNTERSUCHUNG
Herausarbeitung und Dokumentation des ursprünglichen Zustands eines Bauteils
bzw. ganzen Gebäudes
BLEIGLAS, BLEIVERGLASUNG
Zusammenfügung von einzelnen - manchmal auch bemalten oder eingefärbten - Gläsern mittels verlöteter Bleistege. Früher verwendet in Ermangelung der Herstellungsmöglichkeit größerer Scheiben, solche Verglasungen dienen in späteren Jahrhunderten nur noch der Verzierung.
BOSSE
Bezeichnet im Bauwesen das überstehende Material eines Natursteines oder einer
profilierten Putzfläche innerhalb einer Mauer
BOSSIERUNG
Rohe, unbearbeitete Ansichtsflächen von Steinmauerwerk oder deren bewusste Grobbearbeitung, z.B. Bossenquader; meist im Sockel- und Erdgeschossbereich
vorzufinden
BRANDLAST
Bezeichnet die Energie, die bei der Verbrennung eines Gegenstandes frei wird und damit bei Schutzmaßnahmen für einen möglichen Gebäudebrand zu berücksichtigen ist.
BRANDMAUER
Begrenzung von Brandabschnitten; bei fehlenden Gebäuden in einer Blockrandbebauung sind die Brandmauern der Nachbargebäude fensterlose Giebelwände
BRÜNIERT (BRÜNIERTES
METALLBLECH)
Historischer Rostschutz durch Tauchen von Metall in heißes Öl bzw. Auftragen von Öl
auf heißes Metall
BRÜSTUNG
Absturzsicherung an Brücken, Emporen, Terrassen, Balkonen usw. Im Gegensatz zu
Geländer bzw. Balustrade handelt es sich um eine geschlossene, in der Regel massiv
ausgeführte Wandscheibe.
BRÜSTUNGSSPIEGEL
Putzfläche unterhalb von Fenstern, entweder zurückgesetzt oder erhaben
BUNTSTEINPUTZ
Lösemittelfreie Beschichtung auf Dispersionsbasis mit eingefärbten Quarzsanden.
66 ANHANG
ANHANG GLOSSAR
DACHKASTEN, AUCH GESIMSKASTEN
Bauteil an einem Hausdach, das auftretende Lücken zwischen der Unterseite der
Sparren, dem Dachüberstand und der Außenwand eines Gebäudes schließt.
DACHRINNE
Sammelt das von der Dacheindeckung ablaufende Regenwasser an der Dachtraufe
und leitet es an das Fallrohr weiter.
DAMPFDURCHLÄSSIG
Bezeichnung der Materialeigenschaft, dass von Außen kein Wasser eindringen kann,
jedoch die Verdunstung von Feuchtigkeit von Innen möglich ist (z.B. bei Fassadenfarben, Unterspannbahnen im Dach)
DECKENSPIEGEL
Hier: bildliche Darstellungen, Ornamente, Muster oder Reliefs an Decken
DIAMANTQUADER
Wichtiges Zierelement aus der Renaissance, dem Barock und dem Historismus. Er
beschreibt einen quadratischen oder rechteckigen Grundriss, wobei die Ansichtsseite
wie eine Pyramide oder ein (Walm) Dach ausgebildet ist: wurde sowohl als Element
im Wandputz, aber auch sehr oft bei Türfüllungen verwendet.
DICHTHEIT
Bezieht sich hier auf die Eigenschaften von Baumaterialien zur Durchlässigkeit von
Wasserdampf
DIFFUSIONSOFFEN
(DIFFUSIONSOFFENE ANSTRICHE)
Lassen keine Feuchtigkeit durch Regen in das Baumaterial eindringen, lassen jedoch
den nötigen Feuchteausgleich nach Außen zu. Für Holzbauteile können sie auf der Basis von natürlichen Ölen (Leinöl), synthetischen Ölen oder auch wasserbasiert hergestellt sein. Eisenteile sollten vorher mit Rostschutz grundiert werden.
DISPERSIONSFARBE
Zähflüssige Anstriche, die aus einer chemischen Dispersion aus Binde- und Lösungsmitteln, Farbmitteln (meistens Pigmenten) und Zusatzstoffen bestehen. Dispersionsfarben sind nicht diffusionsoffen, d.h. sie lassen keine Verdunstung von Feuchte aus
dem Bauteil zu.
EINFACHVERGLASUNG
Einschichtiges Glas ohne besondere Anforderungen an Wärme- oder Schallschutz in
Fenstern, Türen, etc.
EISENLACK
Schwarzbraunes Anstrichmittel für Eisen, u.a. für Rostschutz
FACET TIERT (FACET TIERTES
KLARGLAS)
Umlaufend an Gläser angeschliffene Verzierung in Form einer Schräge, einer Fase
FALLROHR
Senkrechte Rohre zur Ableitung des Regenwassers und des Hausschmutzwassers
innerhalb und außerhalb von Gebäuden (siehe auch Dachrinne)
FASSADENPASSPORT
Dokument, in dem die denkmalgerechte Farbgebung einer Fassade sowie die erforderliche Ausführungstechnologie festgelegt sind
FENSTERLAIBUNG
Rechtwinklig zur Mauer eingeschnittene Umfassung eines Fensters oder eines Portals (siehe auch Gewände)
FENSTERÜBERDACHUNG, AUCH
FENSTERBEKRÖNUNG
Ziergiebel oberhalb von Fenstern als Dekoration bzw. Ornament
FRONTGIEBEL
Umgangssprachliche Bezeichnung für verschiedene dekorative Giebel in einer Fassade im Bereich des Daches (z.B. Giebel über einem Portikus)
FEUERWIDERSTANDSDAUER
Mindestdauer in Minuten, während der ein Bauteil eine Temperaturbeanspruchung
durch Feuer ohne Festigkeitsverlust aushält.
FROST-TAU-WECHSEL
Wechsel von Temperaturen um den Gefrierpunkt von Wasser; gefährlich v.a. bei porösen Bauteilen, wo Wasser häufig gefriert, sich ausdehnt und dabei Schäden verursacht
FUNKTIONALISMUS
Architektonische Stilrichtung, die ab ca. 1930 auftritt und bis heute in verschiedenen
Ausprägungen vorkommt; im Vordergrund steht die Funktion des Gebäudes / Objekts, dem sich die Gestaltung unterordnet
GAUBE
Dachaufbau im geneigten Dach eines Gebäudes; dient zur Belichtung und Belüftung
der Dachräume.
67
ANHANG GLOSSAR
GEDRÜCKTES BLECH
Zierteile oder auch ganze Friese und Fassadenteile, die mittels eines profilierten Gegenstücks (Druckstempel) aus einer Blechtafel hergestellt werden
GESIMS, AUCH SIMS
Allgemeine Bezeichnung für aus der Wand herausragende, meist horizontale Bauteile; dient der Fassadengliederung
GEWÄNDE, FENSTERGEWÄNDE
Seitliche, schräg in die Mauer eingeschnittene Umfassung eines Fensters oder eines
Portals (siehe auch Fensterlaibung)
GRAFFITO
In eine Wand eingekratzte Inschrift bzw. in eine Marmorfliese eingeritzte, mehrfarbige
ornamentale oder figurale Dekoration
GIEBEL
Obere Wandfläche eines Gebäudes im Bereich des Daches; auch Kurzform für
Giebelwand
GUSSEISEN
Bestimmte Eisenlegierungen mit einem hohen Gehalt an Kohlenstoff; Herstellung von
Bauteilen im Gießverfahren; Bauteile sind sehr druckfest, nicht korrosionsanfällig, jedoch kaum zugfest
ISOLIERGLAS (THERMOPANGLAS)
Aus zwei (bis neuerdings auch drei) Einzelscheiben zusammengesetztes Glaselement mit Luftzwischenraum; sehr gute Wärme- und Schallschutzeigenschaften; auch
als Thermopanglas benannt nach einem amerikanischen Hersteller; Isolierglas lässt
sich unter Umständen auch in vorhandene Holzfenster nachträglich einbauen; nachgebaute Holzfenster können von vornherein mit Isolierglas ausgestattet werden;
fälschlicherweise wird heutzutage der Begriff „Thermopan“ mit Fenstern aus Kunststoff gleichgesetzt, es handelt sich dabei jedoch ausschließlich um die Bezeichnung
des Glases und gibt keinen Hinweis auf das Material des Rahmens.
JUGENDSTIL
Auch Sezessionsstil genannt. Kunst-und Baustilepoche (ca. 1896-1914)
HANDHABE
Vertikaler oder horizontaler Stab zum Aufdrücken bzw. Aufziehen einer Tür; taucht vor
allem ab Beginn des 20. Jhds. mit dem Jugendstil und der Klassischen Moderne auf
HALBSTAB
Zierelement aus Stein, Stuck, Putz oder Holz mit einem halbrunden Querschnitt
HAUSSCHWAMM
Gefährlichster aller holzzerstörenden Pilze, der auch andere Materialien befällt und
deshalb auch die Statik von Gebäuden beeinträchtigen kann. Die Analyse und Bekämpfung darf nur von Spezialisten vorgenommen werden, da umfangreiche Maßnahmen zu treffen sind.
HISTORISMUS
Baustilepoche (ca. 1870 – 1918) mit dem stilistischen Rückgriff auf frühere Bauepochen wie Renaissance, Barock oder Klassizismus
HORIZONTALSPERRE
Im Mauerwerk eingebrachte, horizontal verlaufende Sperrschicht, die verhindert,
dass Feuchtigkeit aus unteren Mauerwerksabschnitten über mikroskopisch kleine
Poren im Mauerwerk kapillar aufsteigen und ins Gebäudeinnere transportiert werden
kann; nachträgliche Einbringung ist durch verschiedene Verfahren möglich und durch
eine Fachfirma vorzunehmen (siehe auch Vertikalsperre)
KÄMPFER
Stets horizontales Teilungselement innerhalb einer Tür- oder Fensterkonstruktion,
üblich sind auf den Kämpfer aufgesetzte Profile
KAPITELL
Oberer, meist profilierter und plastisch ausgeformter Abschluss einer Säule oder einer hölzernen Verzierung (z.B. Schlagleiste) in Form einer stilisierten Säule
KARYATIDE
Skulptur einer weiblichen Figur mit tragender Funktion in der Architektur; ersetzt in
der Architektur Säulen oder Pfeiler bei Portalen und in der Fassadengliederung (siehe
auch Atlant)
KASTENFENSTER
Zwei Einfachfenster, die durch einen Holzkasten verbunden sind und ein Doppelfenster bilden
KERAMIK
Bezeichnet eine Gruppe anorganischer, nichtmetallischer Werkstoffe sowie ebenso
die daraus hergestellten Produkte, wie z.B. verschiedene Baumaterialien
68 ANHANG
ANHANG GLOSSAR
KLASSIZISMUS
Stilepoche, die sich der Zeit des Barocks anschließt, ca. 1770-1870; künstlerischer Gegensatz zum Barock mit hauptsächlichen Anleihen aus der griechischen Antike (Tempelbau) bzw. der italienischen Frührenaissance; nicht zu verwechseln mit dem Neoklassizismus (siehe unten)
KLINKER (KLINKERFASSADE)
Klinker sind Ziegel, die unter so hohen Temperaturen gebrannt sind, dass die Poren
des Brenngutes geschlossen werden. Klinker nehmen kaum Wasser auf und sind
sehr widerstandsfähig und frostbeständig. Da je nach Zuschlagsstoff verschiedenen Farbnuancen hergestellt werden können, eignen sich Klinker zur Gestaltung von
Fassaden.
KOBALTGLAS
Durch Cobaltoxid gefärbte blaue Glasart, die im 16. Jhd. in Kirchenfenstern weite Verwendung fand; heute für Signalzwecke und als Zierglas verwendet
KONSOLE
Ein aus der Wand herausragender, tragender Vorsprung, auf den andere Bauteile, wie
Gesimse, Bögen, Figuren, Säulen, Balkone oder Balken aufgesetzt sein können; in der
Regel in Naturstein oder Mauerwerk ausgeführt; auch aus Holz, Eisen; zur Dekoration
auch aus gebranntem Ton, Gips, etc.
KUNSTGIESSEREI
Spezialbetriebe zur Herstellung von Kunst- und Architekturteilen aus Metall (Eisen,
Messing, Bronze, etc.)
KUPFERBLECH
Wegen langer Haltbarkeit beliebter Werkstoff, wird durch Walzen hergestellt; orangefarbiger Glanz geht durch Oxidation in mattes Anthrazitgrau über
LEERROHR
Starres oder flexibles Rohr aus Kunststoff oder Metall zur Installation von elektrischen
Leitungen; Verlegung unter Putz
LEINÖL
Aus Leinsamen hergestelltes Pflanzenöl; wichtigstes Bindemittel für Ölfarben; ist ein
natürlicher Holzschutz und wird seit Jahrhunderten für die Imprägnierung von Holz
(z.B. Fachwerk, Fenster, Türen, Holzfassaden), Putz, Stuck, Mauerwerk und Terracotta
verwendet; wasserabweisend, jedoch dampfdiffusionsoffen und dringt im Gegensatz
zu anderen Bindemitteln (Acrylaten) tief ins Holz ein
LOGGIA
An mindestens einer Seite offener Bereich eins Gebäudes; kann sich in allen Geschossen eines Gebäudes (auch im Erdgeschoss) befinden; tritt im Gegensatz zu einem Balkon jedoch nicht aus der Fassadenflucht hervor
MÄ ANDER
Geometrisches, meist orthogonales Element, das in Borden, Friesen, Reliefs, etc. zum
Einsatz kommt; Name in Anlehnung an die Schlaufen eines Flusses; auch als Doppelmäander verwendet
MAJOLIKA
Objekt aus gebranntem Ton, meist farbig und glasiert. Im Zusammenhang mit Baukunst hauptsächlich im Jugendstil als Fassadenschmuck (Einzelelemente oder Friese, auch ganze Bilder) verwendet
MANSARDE
Bezeichnung für eine bestimmte Dachform, bzw. eine Wohnung oder ein Zimmer im
Dachgeschoss
MESSING
Metalllegierung mit den Hauptbestandteilen Kupfer und Zink; ähnelt in der Farbigkeit
Gold
MODERNE, KLASSISCHE MODERNE
Baustilepoche aus dem späten 1.Drittel des 20. Jhds. mit verschiedenen Strömungen
und Ausrichtungen (z.B. Bauhaus)
MUSCHELWERK
Muschelförmige Ornamente (Rocaille); auch in Kombination mit Blatt- und Rankwerk
(typisch für das Rokoko)
NATURSTEIN
Allgemeine Bezeichnung für in der Natur vorkommende Steine; werden im Bereich
der Architektur unbearbeitet (Bruchstein) oder bearbeitet (Naturwerkstein) verwendet
NEOBAROCK
Stilrichtung des Historismus mit barocker Formensprache
NEOKLASSIZISMUS
Stilrichtung innerhalb des Historismus unter Verwendung klassizistischer Elemente
69
ANHANG GLOSSAR
OBERFLÄCHENSCHUTZ
Metall, meist in chemisch galvanischem Verfahren als Oberflächenschutz aufgebracht (Metall wird vernickelt)
OBERLICHT
stets oberhalb des Kämpfers sitzendes verglastes Feld als feste Verglasung oder als
Öffnungsflügel.
PILASTER
Vertikales Gliederungselement einer Fassade, als tragendes Element in den Mauerverbund eingearbeitet, bzw. als Schmuckelement (Scheinarchitektur) nur aus Putz
oder Stuck bestehend; häufig in Form von griechischen Säulen ausgebildet
PFOSTEN
Senkrechte Teilung innerhalb eines Fenster-oder Türelementes als feststehendes
konstruktiv integriertes Element
PORTIKUS
Mit Säulen gesäumte Vorhalle oder Gang, in der Regel einem Gebäude vorgelagert
PUT TE (AUCH PUT TENFIGUR)
Skulptur von Kindergestalt, manchmal auch mit Flügeln
RAUCHROHRÖFFNUNG
Öffnung im Schornstein, in die das Abgasrohr des Ofens eingebunden wird
RAUMKLIMA
wesentlicher Bestandteil der Wohnqualität und Behaglichkeit; vor allem durch Temperatur und Luftfeuchtigkeit bestimmt; weiterer Einfluss: chemische Zusammensetzung der Luft (Schadstoffe, Geruchsbelästigung), Luftzug, Beleuchtung
RENAISSANCE
Stilepoche mit der Hauptzeit 15.-17. Jhd.; Wiederbelebung der strengen Formensprache der klassischen Antike
RISALIT
zumeist auf ganzer Höhe aus der Fluchtlinie eines Baukörpers hervorspringender Gebäudeteil; dient der Fassadengliederung
ROKOKO
manchmal auch als Spätbarock bezeichnete Stilrichtung. Hauptmerkmal sind Verzierungen in der Form von Muscheln (Rocaille) und die asymmetrische Aufteilung der
Bauteile und Fassaden.
ROSET TE
1. Dekorative Rundelemente mit geometrischen Formen bzw. Blatt- und Blütenwerk,
z.B. an Decken, als Schlusssteine, etc.
2. Kreisrunde Fenster in Kirchen, wobei diese durch Streben zum Mittelpunkt gegliedert werden
RUSTIKA
Mauerwerk aus Steinquadern, deren Stirnseite nur grob behauen ist; siehe auch Bosse und Diamantquader
SANIERPUTZ
Atmungsaktiver Putz aus Spezialmörtel und Zement mit hoher Porosität; kann Salze
aus dem Mauerwerk aufnehmen und binden; dampfdiffusionsoffen aber wasserabweisend; dient der Sanierung von feuchte- und salzbelastetem Mauerwerk
SCHLAGLEISTE
vertikale Abdeckung eines Fenster- oder Türstulps Innen und Außen. Die innere
Schlagleiste ist meist schlichter ausgeführt und die äußere Schlagleiste ist mit Profilen, Kapitellen und Fräsungen (oft an eine antike Säule erinnernd) sehr viel aufwändiger gestaltet.
SCHINDEL, SCHINDELDACH
Produkt zur Dacheindeckung bzw. auch Fassadenverkleidung; Dachschindel waren
früher aus Holz, heute gibt es eine Reihe von Ersatzmaterialien (Bitumen, Beton, Metall, etc.), wobei die aus Ton gebrannte Dachschindel am häufigsten verwendet wird;
die Formen und Verlegearten der Dachschindeln sind regional sehr unterschiedlich
SCHLAGREGENDICHT
Material bzw. Konstruktionen, die vom Wind lotrecht auf die Fassade getragenen Regen abweisen
SCHLUPF TÜR
In ein großes Tor integrierte Durchgangstür, um bei gewöhnlichem Fußgängerverkehr
nicht die großen Torflügel öffnen zu müssen
SCHMIEDEEISEN
Im Schmiedeverfahren hergestellte Eisenteile (z.B. Flacheisen), bzw. die Verbindung
von einzeln geschmiedeten Teilen zu ganzen Elementen
70 ANHANG
ANHANG GLOSSAR
SICHERHEITSGLAS
Glas, das beim Bruch besondere Sicherheitsmerkmale aufweist und z.B. Personen
vor Verletzungen schützt
SILIKATFARBE
Langlebiges und witterungsbeständiges Anstrichmittel, das sich unlösbar mit dem
Untergrund verbindet; v.a. für Anstriche von Putzen und Beton geeignet, für Holz und
Eisen ungeeignet
SILIKONHARZFARBE
Wasserabweisende und gleichzeitig diffusionsoffene Farbe; aufgrund der physikalischen Eigenschaften perlt Regen an der Fassade ab und reinigt diese dabei
(Lotuseffekt)
SOZIALISTISCHER REALISMUS
Von der Sowjetunion ab 1932 ausgehende ideologisch begründetet Stilrichtung, die
später im gesamten Ostblock Anwendung fand; geprägt durch Monumentalarchitektur und Motive des Arbeiter- und Bauernlebens.
SPRITZPUTZ
Mit einem Reisigbesen (später auch mit mechanischen Hilfsgeräten) aufgeworfener
Putz
SPROSSE
In unterschiedlichen Breiten eingesetztes Teilungselement zur Gliederung der Scheiben und Erzielung optischer Akzente. Möglich sind vertikale und horizontale Sprossen
und deren Kombination als Sprossenkreuze.
STEHFALZ
Verbindung von Blechen und Blechbahnen (z.B. bei der Dachdeckung), wobei nebeneinanderliegende aufgekantete Bleche einmal bzw. doppelt gefalzt werden
STUCK, STUCKFERTIGTEIL,
STUCKELEMENTE
Zierelemente an oder innerhalb der Fassade aus Stuckgips in Form von mit Schablonen gezogenen Profilen oder aus Gips gegossenen Einzelelementen.
TERRAZZO
Sehr verschiedenfarbige Steine und farbige Elemente werden mittels Zement zu einer
Fußbodenfläche gegossen und später mehrfach geschliffen; es entstehen schlichte
bis sehr aufwändig gemusterte Böden bzw. einzelne Verlegeplatten
THERMOPANGLAS
Siehe Isolierglas
TRAUFE
Konstruktiver und optischer Übergang zwischen Fassade und Dachfläche. Oft hervorgehoben durch starke und optische zum Dach hin aufsteigende Profile aus Holz oder
Stuck
TRAUFKASTEN,
TRAUFGESIMSKASTEN
Siehe Dachkasten
VERTIKALSPERRE
Außen an das Mauerwerk angebrachte Sperrschicht, die das Eindringen von Wasser
im erdberührten Bereich verhindert; (siehe auch Horizontalsperre).
VOLUTE
In Schnecken-oder Spiralform gestaltetes Zierelement, welches meist im Barock oder
auch im Historismus verwendet wurde.
WALZGLAS/ZYLINDERGLAS
Entsteht, wenn nach dem Aufschneiden des geblasenen Glaszylinders die noch weiche Glasmasse durch Walzen mit einer Stahlwalze geglättet wird. Bis zur Mitte des 20.
Jhds. entstanden so alle Gläser am Bau. Durch den Einsatz von strukturierten Walzen
können auch Muster eingearbeitet werden (Walzornamentglas)
WASSERGEBUNDENE DECKE
(WEGEDECKE)
Unbefestigte Deckschicht für Straßen und Wege, aus einem gebrochenen
Natursteinmaterial;
WERKSTEIN
Bearbeitetes, behauenes Steinmaterial jeglicher Form für sichtbare, verzierende
Anwendung
WET TERSCHENKEL
Unterer Abschluss eines Fenster-oder Türflügels durch ein herausstehendes Holzteil
zur Ableitung von Regenwasser. Die Oberseite ist deshalb abgeschrägt, an der Unterseite ist eine Nut zum Abbrechen des Wasserflusses.
71
SCHUTZZONE DES HISTORISCHEN GEBIETES
N
Schutzzone des historischen Gebietes
72 ANHANG
Grenzen des Ensembles des historischen Zentrums, wie es
in der der UNESCO-Weltkulturerbeliste eingetragen ist
ANHANG SCHUTZZONE DES HISTORISCHEN GEBIETES
Gemäß dem Anhang Nr. 2 zum Beschluss № 1311 des Exekutivkomitees der Lviver Stadtverwaltung von 9. 12. 2005, sind
die Grenzen der historischen Schutzzone von Lviv wie folgt
festgelegt:
yy Promyslowa Str., Bobynskoho Str., Smila Str., Naftowa Str.,
Dubljanska Str.;
yy Bohdana Chmelnyzkoho Str. mit angrenzender Bebauung
№№ 146, 144, 142, 140, 138, 136, 134, 132, 130, 128, 126, 124
und innerhalb der Grundstücke;
yy Ratytscha Str. mit angrenzender Bebauung №№ 1, 3, 5, 7 und
innerhalb der Grundstücke;
yy entlang der Bahnstrecke nach Osten;
yy Bohdaniwska Str.;
yy Eisenbahnstrecke Richtung Nordwesten;
yy Beresowa Str. mit angrenzender Bebauung von № 1 bis № 53
(Straßenseite mit ungeraden Hausnummern) und innerhalb
der Grundstücke;
yy Krywtschyzka Str. mit angrenzender Bebauung von № 19
bis № 33 (Straßenseite mit ungeraden Hausnummern) und
innerhalb der Grundstücke;
yy Eisenbahnstrecke Richtung Süden bis Hruschewa Str.;
yy Hruschewa Str. mit angrenzender Bebauung №№ 2, 4, 6, 8, 10,
12;
yy Nischtschynskoho Str. und Kosyka Str.;
yy Lytschakiwska Str. mit angrenzender Bebauung № 148, №
179 und innerhalb der Grundstücke;
yy Pasitschna Str. mit angrenzender Bebauung von № 1 bis
№ 37 (Straßenseite mit ungeraden Hausnummern) und
innerhalb der Grundstücke, Richtung Süden № 36 inklusive;
yy nord-westliche und südliche Grenze von Pohuljanka Waldpark;
yy Pasiky Halyzki Str.;
yy südliche Grenze von Pohuljanka Waldpark;
yy Schasmynowa Str.;
yy Lypowa Aleja Str. entlang der Grenze des Snopkiwskyj
Parks, überquert die Stusa Str, bis № 57 inklusive;
yy südliche Grenze von Salisna Woda Park, die durch die
Ternopilska Str. nach Westen läuft;
yy Ternopilska Str. nach Süden mit angrenzender Bebauung
von Süden №№ 15, 17, 19 und innerhalb der Grundstücke;
yy Panasa Myrnoho Str.;
yy Enerhetytschna Str. mit angrenzender Bebauung №№ 12, 10,
8, 6, 4, 2 und innerhalb der Grundstücke;
yy Koselnyzka Str.;
yy Ivana Franka Str.;
yy südliche Grenze des Stryjskyj Parks;
yy Stryjska Str. und Akademika Sacharowa Str.;
yy Knjahyni Olhy Str., entlang der Eisenbahnstrecke nach
Westen, Kulparkiwska Str., Antonowytscha Str., Salisnjaka
Str., Boberskoho Str., Kulparkiwska Str., Horodozka Str. zum
Regionalbahnhof;
yy das Regional- und Hauptbahnhofsterritorium, inklusive
Bahnhofsgebäude und entlang der hinteren Grenzen der
Halte;
yy Tscherniwezka Str. inklusive Gebäude № 2, № 4 und ihren
Grundstücken;
yy Tatarbunarskoji Str., südliche Grenze des Kortumowa Hora
Parks, entlang der Eisenbahnstrecke nach Nord-Osten
und nach Süd-Osten bis zur Chimitschna Str., Chimitschna
Str. bis Tschornowola Str., entlang Chimitschna Str. mit
angrenzender Bebauung №№ 2-20 (Straßenseite mit
geraden Hausnummern) und innerhalb der Grundstücke;
yy Samarstyniwska Str. mit angrenzender Bebauung bis № 53,
№ 72 und innerhalb der Grundstücke;
yy Usbezka Str.;
yy Daschkewytscha Str. mit angrenzender Bebauung №№ 1-13
(Straßenseite mit ungeraden Hausnummern);
yy Janky Kupaly Str.;
yy Daschkewytscha Str. mit angrenzender Bebauung №№ 39,
41, 43 und innerhalb der Grundstücke;
yy Schowkiwska Str. mit angrenzender Bebauung №№ 4359 (Straßenseite mit ungeraden Hausnummern) und mit
angrenzender Bebauung № 18 bis № 30 (Straßenseite mit
geraden Hausnummern) und innerhalb der Grundstücke;
yy Donezka Str. mit angrenzender Bebauung №№ 1-21
(Straßenseite mit ungeraden Hausnummern) und innerhalb
der Grundstücke Promyslowa Str..
Die Schutzzone des historischen Gebietes von Lviv umfasst
2441 ha.
73
WICHTIGE KONTAKTE
Informationsmaterial und Beratung zur behutsamen Stadterneuerung erhalten alle Interessenten auch beim Ukrainisch-Deutschen Kooperationsprojekt „Kommunalentwicklung und Altstadtsanierung in Lviv“. Das Projekt wird von der Stadtverwaltung Lviv
und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH, im
Auftrag des deutschen Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) durchgeführt.
Das Projekt hat zum Ziel, den Prozess einer behutsamen Stadterneuerung zu unterstützen und zu stärken. Unter behutsamer Stadterneuerung versteht man eine denkmalgerechte, eine schrittweise an den Möglichkeiten der Eigentümer ausgerichteten
und mit diesen gemeinsam durchgeführte Sanierung und Modernisierung von Gebäuden. Ein weiteres Ziel des Projekts ist die Verbesserung der ökonomischen Situation
der Bewohner in den Altstadtvierteln.
Das Projekt ist in zwei Phasen mit jeweils drei Jahren angelegt. Die erste Phase hat im
Juni 2009 begonnen und endet 2012.
In dieser Zeit werden Bewohner der Altstadtviertel, Partner der Stadtverwaltung, lokale Handwerksfirmen, Baufirmen und verschiedene Gruppen der Zivilgesellschaft ermutigt und unterstützt, eine behutsame Stadterneuerung aktiv zu betreiben.
GIZ - PROJEKT „KOMMUNALENTWICKLUNG UND ALTSTADTSANIERUNG IN LVIV“
Bohomoltsia Straße 6/6
79005 Lviv, Ukraine
T +380322751308, +380322760552
E [email protected]
I
www.urban-project.lviv.ua
Informationen zum Förderprogramm „Restaurierung von historischen Haueingangstüren und Fenstern“ erhalten Sie auch beim Stadtinstitut oder dem Denkmalamt.
STADTINSTITUT
Rynok 1/204
79006 Lviv, Ukraine
T +380322546082
E [email protected]
DENKMALAMT
Walowa Straße 20
79008 Lviv, Ukraine
T +380322975566
BÜRGERBÜRO
Rynok 1
79006 Lviv, Ukraine
T +380322975795
E [email protected]
74 ANHANG
IMPRESSUM
KOORDINIERUNG
Ukrainisch-Deutsches Kooperationsprojekt
„Kommunalentwicklung und Altstadtsanierung in Lviv“
Konzept: Iris Gleichmann, Vasyl Kosiv, Lenka Vojtová
AUTOREN
Michael Engel, GIZ
Christoph Junghans, GIZ
Lylia Onyschchenko, Stadtverwaltung Lviv
Volodymyr Skolozdra, Stadtverwaltung Lviv
Thorsten Spohler, GIZ
Lenka Vojtová, GIZ
REDAKTION
Maryana Boryk, GIZ
Michael Engel, GIZ
Iris Gleichmann, GIZ
Vasil Kosiv, Stadtverwaltung Lviv
Lylia Onyschchenko, Stadtverwaltung Lviv
Yuri Petrash, Stadtverwaltung Lviv
Daniela Schön, GIZ
Lenka Vojtová, GIZ
LAYOUT
Michael Engel, GIZ
Lenka Vojtová, GIZ
Orest Chuguievets, GIZ
BILDMATERIAL
Archiv der Stadtverwaltung
Archiv des Ukrainisch-Deutschen Kooperationsprojektes
„Kommunalentwicklung und Altstadtsanierung in Lviv“
Archiv des Zentrums für Stadtgeschichte Ost-Mittel-Europa
Zeichnungen: Viktor Pidhirnyy
ÜBERSETZUNG
Maryana Boryk (deutsch-ukrainisch)
Olha Sydor (ukrainisch-deutsch)
HERAUSGEBER
Stadtverwaltung Lviv, November 2011
Die Gestaltungsfibel ist unentgeltlich erhältlich!
© Alle Rechte vorbehalten. November 2011
Підтримка
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