Plusenergieschule Diedorf Der Neubau des Schmuttertal-Gymnasiums Diedorf präsentiert sich im Bereich des Energiekonzeptes als Modellprojekt. Konventionelle Schulgebäude verursachen durch ihre Nutzung erhebliche Primärenergiebedarfe und CO2-Emissionen. Das bei diesem Projekt angestrebte Ziel der Konzipierung eines Plusenergiegebäudes bedingt nicht nur eine Minimierung des Energiebedarfs für das Gebäude und die technischen Anlagen, sondern sieht auch eine hocheffiziente Gebäudehülle im Passivhausstandard und den Einsatz regenerativer Energieerzeugung vor. [mehr zu diesem Thema] Energiekonzept Der Plusenergiestandard wurde für das Projekt so definiert, dass der gesamte nichtregenerative Primärenergiebedarf des Gebäudes, sowohl der Haustechnik als auch der nutzerinduzierten Bedarfe, in der Jahresbilanz geringer ausfällt als der durch Eigenerzeugung auf dem Schulgelände produzierte Primärenergieeinsatz. Dies gilt ebenfalls für die CO2-Emmissionen. Im energetischen Pflichtenheft werden dazu für alle haustechnischen Gewerke, die Gebäudehülle und den thermischen Komfort Zielwerte vorgesehen, die kontinuierlich in der Planung weiterentwickelt und eingehalten werden mussten. Gebäudehülle Das Gebäude wird in Holzskelletbauweise mit integrierten Holzstahlbetonverbunddecken als tragende Konstruktion errichtet. Die geplante hochwärmegedämmte Konstruktion erfüllt den Passivhausstandard und ist wärmebrückenfrei. Außenwand U-Wert 0,14 W/ (m² K) Fenster Dach 0,80 W/ (m² K) 0,10 W/ (m² K) Boden 0,33 W/ (m² K) Beschreibung Holzrahmenkonstruktion mit einer gedämmten, hinterlüfteten Fassade mit sägerauer, lasierter Holzschalung Massivholzfensterelemente mit 3-fach-Verglasung flach geneigtes Satteldach mit Dachbegrünung auf einer wurzelfesten EPDM-Dachabdichtungsbahn WU-Konstruktion (d= 30 – 45 cm) Der angestrebte Gebäudedichtigkeitswert (n50-Wert < 0,4 1/h) liegt sogar deutlich unter den üblichen Passivhausanforderungen von < 0,6/h. Über einen Blower-Door-Test wird nach Fertigstellung die Dichtigkeitsprüfung durchgeführt, um sicherzustellen dass die erforderlichen Werte auch eingehalten werden. Zur Minimierung von Dachdurchdringungen wurde eine effiziente Befestigung der Photovoltaikanlage mittels eines durchdringungslosen Tragsystems mit punktueller Balastierung vorgesehen. Effiziente außenliegende Sonnenschutzeinrichtungen minimieren bei Bedarf die Solarlasten. Nachhaltige Energieerzeugung Der neue Schulbau besticht zudem durch eine optimierte nachhaltige Haustechnik, die das Erreichen des Plusenergiestandards ermöglicht. Dazu wurden verschiedene Varianten der Wärmeversorgung über ein Ranking-Verfahren, bei dem neben Kosten auch der Primärenergiebedarf und die CO2-Emissionen Berücksichtigung fanden, verglichen. Als ressourcenschonende Wärmeerzeugung wurde dabei eine Holzpelletfeuerungsanlage (Biomasse) mit zwei Pelletskesseln gewählt. Der eingesetzte regenerative Brennstoff Holzpellets senkt den jährlichen Primärenergiebedarf und verursacht geringe CO2‐Emissionen. Mit der Erzeugung von elektrischer Energie durch die dachgestützte Photovoltaikanlage wird der Primärenergiebedarf der Schule kompensiert und in der Primärenergiebilanz mehr Energie erzeugt, als von der Schule verbraucht wird. Zusätzlich wird CO2‐ Neutralität erreicht. Typ Heizkessel PV-Anlage Energieträger Holzpellets Solar Nennleistung 2 x 100 kW 433 kWp Einsatz Hauptlast Wärme Erzeugung Elektroenergie Der Holzbau erfordert eine besondere Betrachtung des Speicherverhaltens des Gebäudes. Die Gefahr von Temperaturschwankungen ist aufgrund der geringeren Speicherkapazität von Holz in Verbindung mit einer leichteren Abführbarkeit der Wärme aus dem Gebäude wesentlich größer als beim Massivbau. Durch den Einsatz einer Fußbodenheizung mit niedrigen Vorlauftemperaturen kann im gesamten Lernbereich (Klassenraum und Marktplatz) über die Strahlungswärme der Fußbodenheizung ein angenehmes Raumklima geschaffen werden, ohne durch hohe Temperaturen bei der Wärmeübertragung zu große Temperaturunterschiede in den verschiedenen Lernbereichen befürchten zu müssen. Dies wird unterstützt durch die guten Dämmwerte der Wände. Um den Mangel an Speichermassen im Holzbau zusätzlich entgegen zu wirken, werden sowohl bei der Erzeugung der Wärme als auch bei der Erzeugung von Kälte zwei Pufferspeicher als Ersatz für die zu geringen Speichermassen des Holzbaus eingesetzt. Dadurch konnten Leistungsspitzen abgefangen und die Kessel kleiner dimensioniert werden. Zudem wurde auch eine Verlängerung der Laufzeit der beiden Pelletskessel erreicht, das häufige Takten vermieden und die Schadstoffemissionen der Pelletskessel im Anfahr- und Abschaltbetrieb deutlich reduziert. Zur Warmwasserbereitung in der Schule werden für Teeküchen und Putzmittelräume elektrische Durchlauferhitzer eingesetzt. Die Duschanlagen der Dreifachsporthalle werden dagegen mit Warmwasser aus Frischwasserstationen versorgt, welche von den Pelletskesseln mit Heizwärme versorgt werden. Aufgrund kurzer Anbindeleitungen mit geringsten Wassermengen ist die Gefahr der Legionellenbildung unwahrscheinlich. Thermisch-Dynamische Simulationsrechnung Mittels thermisch-dynamischer Simulationsrechnung wurde insbesondere der Einfluss der baulichen Ausführung auf den thermischen Komfort detailliert untersucht. Der wirksamen thermischen Masse unter Berücksichtigung der Holzbauweise wurde besondere Beachtung geschenkt. Dabei wurde auch ermittelt, dass zur Erreichung des Komfortziels (< 5 % der Betriebszeit über 27 °C Empfindungstemperatur) eine leichte Kühlung des Gebäudes im Sommer erforderlich ist. Auch hier wurde der Einsatz einer ressourcenschonende Kälteerzeugung mittels freier Kühlung und hocheffizienter Kältemaschinen (indirekte adiabate Kühlung und Klein-Kompressions-Kältemaschine) verfolgt. Gekühlt wird die Zulufttemperatur für die Klassen- und Büroräume im Sommer sowie in der Nacht der Fußboden der Klassenräume (als Bauteilkühlung), wobei hierzu die Fußbodenheizung verwendet wird. Ein Teil der benötigten Kühlung erfolgt über die indirekte adiabate Kühlung der Lüftungsanlagen durch Verdunstung von Wasser im Bereich der Fortluft, die dabei entstehende kühle Luft wird mittels Wärmerückgewinnung an die warme Außenluft übertragen. Lüftungskonzept Schlechte Luft im Klassenraum, insbesondere hohe CO2-Konzentrationen, mindern die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit von Schülern und Lehrern. Der CO2-Gehalt der Luft erreicht bei Schulen mit manueller Fensterlüftung oft hygienisch katastrophale Ausmaße. Für eine gute Lernumgebung ist jedoch eine gesunde Raumluft eine wichtige Voraussetzung. Die Raumluftqualität wird messtechnisch insbesondere durch den CO2-Gehalt der Raumluft bestimmt. Um sowohl die Luftqualität und die Behaglichkeit in Klassenräumen zu verbessern als auch die gewünschte Nutzungsflexibilität der Marktplätze zu unterstützen, muss dem Lüftungskonzept für das Pilotprojekt besondere Beachtung geschenkt werden. Die kontrollierte Lüftung verhindert hohe Lüftungswärmeverluste und verbessert schon dadurch die Energiebilanz einer gut gedämmten Schule. Durch ein Wärmerückgewinnungssystem wird zudem die in der Fortluft enthaltene Wärme genutzt. Beim Neubau des Gymnasiums wird eine flächendeckende, energieeffiziente mechanische Zu- / Abluftanlage vorgesehen. Pro Schüler wird eine Luftmenge von ca. 28 m³/h zu Grunde gelegt. Die Zuluft wird über Quellauslässe im Fensterbereich in die Klassenräume eingebracht. Die Luftmenge wird über variable Volumenstromregler und CO2 Fühler auf max. 1.100 ppm geregelt. Die offenen Räume der neuen Lernlandschaften wurden dafür genutzt, die in den Klassenräumen eingebrachte Zuluft in Richtung der Marktplätze überströmen zu lassen. In den Marktplätzen befindet sich die zentrale Abluft. Dadurch kann zum einen die Luftmenge reduziert, zum anderen jedoch auch sichergestellt werden, dass dort, wo Personen sich aufhalten, immer genügend frische Luft zur Verfügung steht. Frische Luft strömt dadurch permanent und völlig zugfrei aufgrund der geringen Luftgeschwindigkeiten ein. Filter in den Zuluftventilen reinigen die Frischluft zudem zuverlässig von Partikeln wie Pollen oder Staub. Für die Be- und Entlüftung der Küche ist ein eigenes Lüftungsgerät vorhanden. Energiebilanz Die Energiebilanz ergibt einen Primärenergiewert für alle Anwendungen (Heizung, Warmwasser, Kühlung, gesamter Strom) von nur 39,7 kWh/(m² a). Damit sind alle Anforderungen an den Passivhausstandard mehr als erfüllt. Übliche Werte von 100 und 200 kWh/ (m2 a) im Schulbau werden bei diesem Projekt deutlich unterschritten. Beim Neubau des Schmuttertal-Gymnasiums wurden auch die nutzerinduzierten Bedarfe in die primärenergetische Bilanzierung und das Plusenergie-Kriterium einbezogen. Dazu gehören u.a. die Verbräuche der Vollküche und der Computer. Der erzielbare spezifische Primärenergiebedarf der Haustechnik liegt hier bei 62,9 kWh/ (m² a) und damit weiterhin deutlich unter üblichen Werten für Schulneubauten. Die erzielbaren Werte sind nachfolgend nach Anwendungen dargestellt (linke Darstellung ohne nutzerinduzierte Bedarfe; rechte Darstellung mit nutzerinduzierte Bedarfe) Gegenüber einem konventionellen Schulbau stellt sich der Primärenergiebedarf dadurch wie folgt dar: Mit der Erzeugung von elektrischer Energie durch die Photovoltaikanlage lässt sich in der Jahresbilanz der Primärenergiebedarf des Schmuttertalgymnasiums Diedorf vollständig kompensieren und darüber hinaus ein Primärenegieüberschuss in Höhe von ca. 113.000 kWh im Jahr erzielen, wodurch das Ziel der Plusenergieschule gemäß den aktuellen Berechnungsergebnissen erreicht wird. CO2Neutralität wird ebenfalls erreicht. Dabei wird sogar um 43 t mehr CO2 im Jahr vermieden als an CO2-Emissionen durch den Gebäudebetrieb jährlich entstehen. Die Grafiken veranschaulichen das Ergebnis: