Katholisch-Theologische PrivatUniversität Linz Lehrstuhl für Moraltheologie Prof. Dr. Michael Rosenberger Tierschutz in die Verfassung? Theologisch-ethische Betrachtungen zu einem juristischen Problem 1.1 Der Ist-Stand in der Schweiz 1973: Art. 25bis – heute Art. 80 „Tierschutz: (1) Der Bund erlässt Vorschriften über den Schutz der Tiere. (2) Er regelt insbesondere: … (3) Für den Vollzug der Vorschriften sind die Kantone zuständig, soweit das Gesetz ihn nicht dem Bund vorbehält.“ Rein formale Zuständigkeitsbestimmung Gliederung der Verfassung: 1. Titel: Allgemeine Bestimmungen (Art. 1-6) 2. Titel: Grundrechte, Bürgerrechte und Sozialziele (Art. 7-41) 3. Titel: Bund, Kantone und Gemeinden (Art. 42-135) 1992: Art. 24novies – heute Art. 120: Gentechnologie im nichtmenschlichen Bereich (2) „Der Bund… trägt dabei der Würde der Kreatur… Rechnung...“ Was ist geschöpfliche Würde? 1.2 Der Ist-Stand in Deutschland 1993: Tierschutzgesetz § 1: Tiere als Mitgeschöpfe achten + artgerecht behandeln 1994: Gemeinsame Verfassungskommission: Art. 20a: Staatsziel Umweltschutz ja, Tierschutz nein 2002: Art. 20a neu: „Der Staat schützt… die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere…“ inhaltlich, aber vage Gliederung der Verfassung: I. Die Grundrechte (Art. 1-19) II. Der Bund und die Länder (Art. 20 – 37) Art. 20a = Staatsziel, kein Grundrecht/ -wert Praxis der Rechtsprechung: wenige Fälle des Rekurses (Tierversuche, Tierhaltung) 1.3 Der Ist-Stand in Österreich 2004: Bundesverfassungsgesetz Art 11 (1): „Bundessache ist die Gesetzgebung, Landessache die Vollziehung in folgenden Angelegenheiten: (…) 8. Tierschutz…“ Rein formale Zuständigkeitsbestimmung Trotz Beteuerungen aller Parteien keine Nachbesserung 2.1 Die Tiere als BundegenossInnen in der bibl. “Bundesverfassung” Biblische Schöpfungserzählungen - Gen 1: gleiche Lebensräume, Vermehrungssegen, Nahrung - Gen 6-8: im selben Überlebensboot der Arche - Gen 9: Tiere = BundesgenossInnen = Rechtssubjekte: 3x ausdrücklich gesagt 2.1 Die Tiere als BundegenossInnen in der bibl. “Bundesverfassung” Übersetzt: Tiere = TrägerInnen von “Würde” - Würde Unersetzbarkeit, Unbezahlbarkeit schließt n aus, dass Würdenträger auch Preis haben! - Würde =: nicht völlig verzwecken (Kant, kategor. Imperativ) - Würde skalar; mehr oder weniger, gleich viel sondern: die qualitativ gleiche Würde - Träger von Würde = Adressat der Gerechtigkeit: muss gerecht = fair behandelt werden seine Güter müssen abgewogen werden 2.2 Der Noachbund als orientierende “Verfassung” für den Korpus der Tora Gesetzestexte der Tora - Tiere haben ähnlichen Rechtsschutz wie Frauen, Kinder, Witwen, Waisen, SklavInnen, AsylantInnen: wie alle rechtlich schwachen Menschen - Architektur der Tora: Gen 1 – 9 = “Verfassung” Gen 10 – Dtn 34 = spezielle Rechtsvorschriften - Die Bibel hat den Tierschutz in der Verfassung – seit 2500 Jahren – auch wenn sich das Christentum (von der Stoa + Descartes beeinflusst) nicht immer daran hielt… 3. Tierschutz in die Verfassung? Arche Noah, Paris 1410 3. Tierschutz in die Verfassung? Danke für Ihre Aufmerksamkeit!