Vitamine und Ernährung bei Krebserkrankungen (PDF

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Schweizerische Studiengruppe für Komplementäre und
Alternative Methoden bei Krebs (SKAK)
Patronat: Schweizerische Gesellschaft für Onkologie (SGO), Schweizerische Gesellschaft für
Medizinische Onkologie (SGMO), Schweizerisches Institut für Angewandte Krebsforschung (SIAK)
Vitamine und Ernährung bei Krebserkrankungen
Dokumentation Nr. 05/05
Einleitung
Primäre Prävention
Im Zusammenhang mit Krebserkrankungen gibt es eine Vielzahl von Anlässen, um an eine Vitaminzufuhr zu
denken. So im Rahmen einer möglichen Prophylaxe, um im Sinne einer primären Prävention z.B. oxidative
Produkte im Stoffwechsel zu verringern, die als gesundheitsschädigend gelten. Von verschiedenen Autoren1-5
wird im Zusammenhang mit der Frage nach der Bedeutung der Ernährung bei Krebserkrankungen auf die
Schätzung der britischen Epidemiologen Doll und Peto6, Seite 1235 aus dem Jahr 1981 verwiesen, wonach es
möglich sei, die Krebssterblichkeit in den USA durch die Ernährung um bis zu 35% zu senken, der
tatsächliche Wert aber auch bei 10–70% liegen könne.
Krebserkrankung
Besonders im Hinblick auf PatientInnen mit Krebserkrankung gibt Eichholzer zu bedenken, dass bei bis zu 50
% von ihnen „Störungen in der Nahrungsaufnahme, der Nahrungsverwertung oder im Stoffwechsel“
festgestellt würden.1 Die Gründe hierfür können in Malnutrition durch Tumorprogression (z.B. Kachexie,
Anorexie) liegen. Hierauf gehen auch die meisten Autoren in onkologischen Fachbüchern ein.7,8,9 Aber auch
als Folge der Tumortherapie10 ist das Auftreten von Störungen der Nahrungsaufnahme bis hin zur
Malnutrition möglich1 - so etwa infolge: Operation (je nach betroffenem Organ, v.a. Magen-, Darmkrebs),
Strahlentherapie (z.B. Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Müdigkeit), Chemotherapie (z.B. Stomatitis,
Enterokolitis, Müdigkeitssyndrom, Appetitlosigkeit). Neben den physischen Folgen der Krebserkrankung und
Therapie sind auch Auswirkungen vielfältiger psychosozialer Veränderungen zu bedenken, die ebenfalls die
Ernährungssituation indirekt beeinflussen können: intrapsychisch, partnerschaftlich, familiär, beruflich.
Psychologische Faktoren können so ebenfalls z.B. zu Übelkeit, Erbrechen, früher Sättigung, Durchfall,
Malabsorption führen.9
Ein schlechter Ernährungsstatus (etwa Anorexie, Malnutrition) von Patienten mit Krebs kann, so Aapro, zu
Komplikationen in der Therapie führen und bedarf daher spezifischer Ernährungstherapie, eventuell mit
parenteraler Ernährung. Darüber hinaus empfiehlt er, Patienten mit Krebs sollten vor grossen Operationen,
intensiver Chemotherapie oder Radiotherapie eine Ernährungsberatung erhalten, um die Therapien besser
zu vertragen, auch wenn dies nicht das Endergebnis der Erkrankung verändern würde.9
Tertiäre Prävention
Eine erhöhte Vitaminzufuhr wird ebenso nach einer Krebserkrankung, ganz allgemein zur möglichen
Verbesserung der Gesundheit oder gezielt zur sogenannten tertiären Prävention11, also als Begrenzung bzw.
Ausgleich von Krankheitsfolgen, diskutiert.
Die Vitaminzufuhr ist theoretisch über mehrere Wege denkbar: von der natürlichen Ernährung mit
entsprechend nährstoffreichen Lebensmitteln, die vitaminreich sind (primär auf pflanzlicher Nahrung
basierend mit viel Obst und Gemüse und gering verarbeiteten Vollkornerzeugnissen)5, S.509, 512f., 12 und
eventuell zusätzlich durch die Einnahme von Vitaminpräparaten bzw. Nahrungssupplementen bis hin zu
parenteraler (z.B. Infusion) oder künstlich enteraler Ernährung (z.B. Magensonde). Auf die beiden ersten
Aspekte der Einnahme von Vitaminen geht diese Arbeit ein. Unerwähnt bleibt neben der künstlichen
Ernährung auch die örtliche Anwendung von Vitaminzubereitungen im Sinne eines Medikaments, wie sie seit
den 1970er Jahren beispielsweise mit Vitamin A zur Anwendung kommen; etwa in einzelnen Pilotstudien z.B.
bei Patienten mit kleinen oberflächlichen dermalen Metastasen eines Melanoms13, 14 (Injektion), bei
Metaplasien und Dysplasien des Respirationsepithels15, 16 (Aerosol) oder beim Kaposi-Sarkom17 (Gel).
Leider nur wenige brauchbare Befragungen
Eine genaue Abschätzung über die Häufigkeit der Verwendung von Vitaminsupplementen als komplementärmedizinische Massnahme unter PatientInnen mit Krebserkrankung ist zurzeit nicht möglich, da die entsprechenden Befragungen nicht vergleichbar oder nicht repräsentativ sind. In einer Übersicht zu 26
Befragungen über die Prävalenz des Gebrauchs von CAM (Complementary and Alternative Medicine) bei
Krebs in 13 verschiedenen Ländern weisen Ernst et al. darauf hin, dass es den Studien an Übereinstimmung
und Verlässlichkeit fehle, um ein systematisches Review zu erstellen.18
Aus einer Zusammenfassung von 18 Befragungen zum Gebrauch von CAM bei PatientInnen mit Krebs in den
USA (8.7-84%), mit unterschiedlichem Design und Rücklaufquoten wird ersichtlich, dass, aufgeteilt in drei
Kategorien, die Einnahme von Vitaminen bei Erwachsenen in 4 von 10 Studien (n = 11244) und bei Patientinnen mit Brustkrebs in 1 von 4 Studien (n = 1295) sowie bei Kindern in 2 von 4 Studien (n = 414) unter
den 3 häufigsten Arten von CAM genannt wurde.19 Ernährungsänderungen wurden bei den Erwachsenen in
5, den Patientinnen in 1 und den Kindern in 2 dieser Studien genannt.
In einem neuen Review mit 14 Befragungen über den Gebrauch von CAM bei Kindern mit Krebs in verschiedenen Ländern (8.7-84%) finden sich neben den bereits erwähnten 4 Studien noch 10 weitere (n = 1074),
von denen bei 2 Vitamine und bei 4 Nahrungssupplemente zu den häufigsten komplementärmedizinischen
Methoden gehörten.20
Das Problem der Kausalität des Zusammenhanges
Die zurzeit verfügbare Datenlage über die Wirkung der Aufnahme von Vitaminen im Zusammenhang mit
Krebsprävention oder bei Krebserkrankungen setzt sich vor allem aus Erkenntnissen dreierlei Art zusammen:
a. Untersuchungen der Wirkung bestimmter Ernährungsformen in epidemiologischen Studien (Fall-, Kontrollund Kohortenstudien), b. Untersuchung der Wirkung von bestimmten Supplementierungen in Interventionsstudien (klinisch nichtkontrollierte, kontrollierte oder randomisiert kontrollierte Studien (RCT)), c. die Auswertungen der Ergebnisse aus a. und b. durch Reviews (Übersichtsarbeiten) oder Meta-Analysen
(statistische Aufarbeitung).
Die Aussagekraft der einzelnen Studientypen ist aufgrund ihres jeweiligen methodischen Ansatzes definiert
und begrenzt: Schlüsse zur „Kausalität eines beobachteten Zusammenhanges [können nur] aus der Gesamtheit der Studien unter Berücksichtigung einer Reihe von Kriterien gezogen werden“ (z.B. Wirkung der Dosis,
zeitliche Abfolge, Stärke des Zusammenhangs, Konsistenz der Resultate, Plausibilität etc.). Daher ist zu bedenken, dass die Kausalität beobachteter Zusammenhänge „häufig nicht ’bewiesen’, sondern von unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit“1 ist.2 Epidemiologische Studien können daher nur Hinweise auf
Zusammenhänge geben, die idealerweise in Interventionsstudien genauer untersucht werden müssten oder
wurden (z.B. β-Carotin).
Angesichts der Fülle der Publikationen zum Thema „Vitaminzufuhr und Krebserkrankungen“ schien es für
einen orientierenden Überblick in der vorliegenden Zusammenfassung notwendig, sich vor allem auf die
Erkenntnisse von Auswertungen in Übersichtsarbeiten4, 5, 10, 12 und ausgewählten einzelnen Studien zu stützen, sofern sie sich auf den Menschen beziehen. Zusätzlich wurden aus Fachbüchern und aus den Literaturverzeichnissen der jeweiligen Artikel weitere Publikationen ausgewählt. Diese subjektive Auswahl kann damit
nur eine allgemeine und keine systematische Übersicht bieten.
Welche Vitamine werden betrachtet?
Von den fettlöslichen Vitaminen werden Vitamin A, D, E dargestellt. Als Ausnahme zusätzlich, aus der Gruppe der Carotinoide, die zu den sekundären Pflanzenstoffen gezählt werden, das β-Carotin, das als Provitamin
A Gegenstand vieler Studien ist. Von den wasserlöslichen Vitaminen finden C, Niacin und Folsäure Erwähnung. Keine Angaben erfolgen zu den zum Vitamin-B-Komplex zählenden Vitaminen B1, B2, B6, B12, Pantothensäure, Biotin.
2
Im Folgenden werden die genannten Vitamine und das Provitamin kurz dargestellt, um eine grobe Vorstellung von den jeweiligen Bezeichnungen, physiologischen Wirkungen, Dosierungen, dem Vorkommen in Lebensmitteln, den schädlichen Wirkungen und einer kleinen Auswahl an Studien zu erhalten. Die Kürze all
dieser Darstellungen kann keine Vollständigkeit bieten.
Die Schwierigkeit, einen breiten Konsens bei der Interpretation bzw. praktischen Umsetzung der
wissenschaftlichen Datenlage zu den Vitaminen in Form von Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr zu
erreichen, wird daran deutlich, dass die Food and Agriculture Organization der Vereinten Nationen mit der
WHO erst 1985, das Food and Nutrition Board ab 1997 und die DACH [Deutsche Gesellschaft für Ernährung
(DGE) und Österreichische Gesellschaft für Ernährung (ÖGE) sowie die jetzige Schweizerische Gesellschaft
für Ernährung (SGE)] erst im Jahr 2000 einen Konsens für entsprechende Referenzwerte, allerdings meist
für Gesunde bzw. zur Gesunderhaltung, veröffentlichten, die je nach Land, Organisation, Datenlage und
Interpretation etwas variieren können. Diese Referenzwerte geben einen ersten Anhaltspunkt für die
Ernährung (siehe Tabelle 1).
Mengen und Höchstwerte
Wenn man sich einen groben Überblick über die heutige Datenlage zu dem Themenkomplex Vitamine und
Ernährung bei Krebserkrankung macht, wird klar, dass die Frage „Welche Menge muss ich täglich von einem
bestimmten Vitamin einnehmen, um eine Krebserkrankung zu verhüten?“ im Sinne eines wissenschaftlichen
Nachweises heute noch nicht beantwortet werden kann. Vielmehr fällt auf, dass diese Frage nach einzelnen
Vitaminmengen von jenen Wissenschaftlern, die die Datenlage aufgearbeitet haben, so gar nicht gestellt
wurde. In der zurzeit umfangreichsten Zusammenfassung der Datenlage durch den „World Cancer Research
Fund“ und das „American Institute for Cancer Research“ (WCRF/AICR) von 1997 wird die Frage nach bestimmten Vitaminmengen meist nicht gestellt, sondern allgemein diejenige nach dem Einfluss von Nahrungsmitteln und der gesamten Ernährung auf bestimmte Krebsarten. Die Antworten sind für einen
möglichen Zusammenhang zwischen Krebsentstehung und Ernährung, bezogen auf den wissenschaftlichen
Erkenntnisstand („Evidence“), nach vier Kategorien (überzeugend, wahrscheinlich, möglich oder nicht ausreichend) vorsichtig formuliert.5
Da aber einige PatientInnen mit Krebserkrankung Nahrungssupplemente einnehmen, schien es notwendig,
zu diesem Aspekt auch Stellung zu beziehen. Dies erfolgt ab Seite 10 dieser Arbeit. Bei der Abschätzung der
bislang ungeklärten Frage, welche Vitaminmengen zumindest unbedenklich, wenn schon nicht
erwiesenermassen wirksam sind, wurden neben den oben genannten Referenzwerten die
Höchstmengenempfehlungen, die auch zur Nährstoffanreicherung von Lebensmitteln herangezogen werden21, und der Stand der Diskussion über mögliche Interaktionen zwischen Vitaminen und Chemo- oder
Radiotherapie beachtet.
Die Höchstmengenempfehlungen für die tägliche Nährstoffzufuhr werden heute in drei Wertebereiche
unterteilt, wobei die Werte je nach Land und Organisationen unterschiedlich sein können22-26:
a. Die täglich tolerierbare obere Aufnahmemenge (UL = Tolerable Upper Intake Level), bei der „selbst
bei langfristiger Aufnahme nicht mit negativen Einflüssen auf die Gesundheit einer
Bevölkerungsgruppe zu rechnen ist“27.
b. Neben diesem eher allgemeinem Wert (UL) für eine Bevölkerungsgruppe, der für epidemiologische
Überlegungen sinnvoll sein kann, liegen die Werte für die bisher individuell beobachteten
unerwünschten Effekte meist deutlich höher. Der Wert hierfür ist die bisher bekannte niedrigste
Aufnahmemenge, bei der Nebenwirkungen aufgetreten sind, der Lowest Observed Adverse Effect
Level (LOAEL). Dieser Wert ist nicht für alle Vitamine bekannt.
c. Der nächste wichtige Wert der Höchstmengenempfehlungen ist die höchste Aufnahmemenge eines
Stoffes, bei der keine toxischen Wirkungen beobachtet worden sind. Er wird als No Observed
Adverse Effect Level (NOAEL) bezeichnet.
Der Unterschied zwischen diesen Höchstmengenempfehlungen und den Referenzwerten, die im Folgenden
bei den jeweiligen Vitaminen genannt werden, ergibt sich aufgrund der Berücksichtigung weiterer
Sicherheitsfaktoren (siehe auch Tab. 1).
Wir hoffen diese Zusammenstellung gibt ÄrztInnen und PatientInnen ausreichende Informationen, um im
gemeinsamen Gespräch, gegebenenfalls auch mit Familienangehörigen und Lebenspartnern, Entscheidungen
treffen zu können.
3
Fettlösliche Vitamine
Vitamin A
Begriffsbestimmung: Unter der relativ unspezifischen Bezeichnung Vitamin A versteht man alle Substanzen
und Verbindungen mit Vitamin-A-ähnlicher biologischer Aktivität: zum einen Vitamin A selbst, z.B. als 11-cisRetinol, Retinsäure, all-trans-Retinal, zum anderen aber auch das so genannte Provitamin A, z.B als βCarotin, das hier aber getrennt unter den Carotinoiden abgehandelt wird.28, 29 „Die biologische Aktivität der
einzelnen Vitamin-A-Derivate wird in Internationalen Einheiten (IE) angegeben, wobei 1 IE 0.3 µg Retinol
entspricht.“29
Physiologische Wirkung: Notwendig für den Sehvorgang (als Rhodopsin), die Embryogenese (z.B.
Skelettsystem, Neuralrohr), Zellproliferation und -differenzierung (Haut und Respirationsschleimhaut).
Dosis im Rahmen von Ernährungsempfehlungen: Die empfohlene Menge für die tägliche Zufuhr für gesunde
Erwachsene zwischen dem 25. und 51. Lebensjahr liegt, gemäss der DACH, für Frauen bei 0.8 und für
Männer bei 1 mg Retinol-Äquivalent (= 1 mg Retinol).27, 30 Die für andere Altersgruppen geringfügig
abweichenden Werte sind z.B. in der Schrift der DACH enthalten.
Gehalt in Lebensmitteln: Lange Zeit war es üblich, die Angabe über den Gehalt eines Nährstoffes bezogen
auf 100 g eines Lebensmittels anzugeben. Mittlerweile geben manche Autoren aber auch gleich an, wieviel
Gramm eines Lebensmittels die tägliche empfohlene Menge eines Nährstoffes enthält. Wir geben hier jeweils
Beispiele zu beiden Darstellungsarten:
In 100 g der folgenden Nahrungsmittel sind die jeweils genannten Mengen Vitamin A (Retinol-Äquivalent) in
mg enthalten – tierisch: Rinderleber 15.3; pflanzlich: Karotten (roh) 1.6, Honigmelone 0.78, Aprikosen
0.27.31, Seite 31
Die Menge für die empfohlene tägliche Zufuhr von etwa 0.9 mg sind z.B. enthalten in 10 g Leber (je nach
Tierart), 100 g Leberwurst, 150 g Butter, 200 g Camembert oder Thunfisch, 3 l Vollmilch.29
Toxikologie: Bei Erwachsenen wird die akute toxische Dosis mit 2–5 Mio. IE pro Tag angegeben. Es können
Symptome wie etwa Kopfschmerz, Schwindel, Erbrechen, Benommenheit auftreten.
Die chronische toxische Dosis liegt bei 100’000 IE pro Tag, bei Schwangeren jedoch wegen eventueller
teratogener (Fehlbildungen bewirkender) Wirkungen bei 10’000 IE.29 Dieser Wert liegt in der
Grössenordnung der Höchstmengenempfehlung (Erklärung siehe Seite 3) für die tägliche Einnahme in mg
Retinol-Äquivalent: UL: 3 (ca. 9000 IE), LOAEL: 6.5, NOAEL: 3.27
Aspekte der Datenlage: In der Übersicht von „World Cancer Research Fund“ und dem „American Institute for
Cancer Research“ (WCRF/AICR) von 1997 hat sich für keines der 18 dargestellten Organe bzw. Organsysteme ein Zusammenhang zwischen Vitamin A und einem verminderten oder erhöhten Risiko an Krebs zu erkranken dargestellt.5
Die einzige Meta-Analyse mit epidemiologischen Untersuchungen umfasst 6 Studien, die ein vermindertes
Risiko für die Erkrankung an Blasenkrebs bei einer Ernährung mit hohem Obst- und Gemüseverzehr und
niedriger Fettaufnahme nahe legt. Auf welche Nahrungsbestandteile dies aber genau zurückzuführen ist,
blieb unklar. Es fand sich kein erhöhtes Risiko für eine Ernährung mit niedrigem Gehalt an Retinol oder βCarotin. Der Zusammenhang zwischen erhöhtem Risiko, an Blasenkrebs zu erkranken und niedrigem
Obstverzehr betrug: relatives Risiko (RR) = 1.4; 95% Konfidenzintervall (CI) = 1.08 – 1.83.32 Zwei neuere
epidemiologische Studien mit Befragungen über Ernährungsgewohnheiten weisen in die gleiche Richtung.
Eine Fall-Kontrollstudie mit 812 postmenopausalen Frauen zeigte keinen Effekt zwischen der Aufnahme von
Vitamin A (oder E) und der Inzidenz von Brustkrebs.33 Eine Kohortenstudie mit 58’279 Männern zwischen 55
und 69 Jahren zeigte keinen Effekt zwischen der Aufnahme von Vitamin A (und C sowie E) und dem
Gesamtrisiko an Prostatakrebs zu erkranken.34
Interventionsstudien über Vitamin A und Krebserkrankungen beziehen sich z.B. auf Leukämie (akute
promyelotische Leukämie), wobei die Autoren einer randomisierten kontrollierten Studie (RCT; n = 30 Kinder
aus der APL 93-Studie) eine Standard-Chemotherapie in Kombination mit der oralen Gabe von 45
mg/m2/Tag all-trans-Retinolsäure als Behandlung der ersten Wahl ansehen.35
Vitamin D
Begriffsbestimmung: Die historisch bedingte Bezeichnung Vitamin D3 ist eigentlich nicht korrekt, hat sich
aber im Alltagsgebrauch eingebürgert. Vitamin D3 ist jedoch eine Hormonvorstufe und die hormonelle
Wirkform ist das 1,25-Dihydroxicholecalciferol, abgekürzt: 1,25(OH)2 D3, das ein Secosteroidhormon ist. Es
wird auch als Calcitriol, Vitamin-D-Hormon oder 1,25-Dihydroxi-Vitamin-D3 bezeichnet.
4
Physiologische Wirkung: Stellt den Bedarf des Organismus an Calcium sicher: im Knochen Differenzierung
von Osteoklasten und Anhebung des Knochenumsatzes, im Dünndarm Steuerung der Calcium- und
Phosphataufnahme, in der Niere Rückkopplung des Phosphatstoffwechsels, in der Nebenschilddrüse
Hemmung der Parathormonbildung.36
Im Rahmen der Cholesterolsynthese beim Menschen entsteht 7-Dehydrocholesterol, das als
Ausgangsmolekül für die endogene Vitamin-D-Synthese, durch Einwirkung von Sonnenlicht in der Haut, zu
Vitamin D3 umgewandelt wird. Dieses wird in der Leber in das Prohormon 25(OH)-Cholecalciferol und dann
in der Niere zu 1,25-Dihydrocholecalciferol, dem eigentlichen Hormon umgewandelt.
Durch die photochemische Reaktion der Sonne wird auch das aus pflanzlicher Nahrung aufgenommene
Ergosterol letztlich in Vitamin D3 umgewandelt.
Dosis im Rahmen von Ernährungsempfehlungen: Die empfohlene Menge für die tägliche Zufuhr für gesunde
Erwachsene zwischen dem 25. und 51. Lebensjahr beträgt gemäss der DACH für Frauen und Männer 5 µg
(1µg = 40 IE).27
Trotz dieser Angabe ist darauf hinzuweisen, dass bis „heute keine Einigkeit über die zu empfehlende tägliche
Zufuhr an Vitamin D3 besteht. Empfehlungen von Konsensus-Konferenzen und gesetzlich festgelegte obere
Grenzen werden zeitgleich mit ihrer Publikation bereits wieder infrage gestellt.“ Meinungsunterschiede
bestehen unter anderem deshalb, weil schon eine Ganzkörper-UV-Bestrahlung unterhalb der Erythemdosis
die Produktion von 250 µg Vitamin D3 bewirken kann.36
Gehalt in Lebensmitteln: In 100 g der folgenden Nahrungsmittel sind die jeweils genannten Mengen Vitamin
D3 in µg enthalten - tierisch: Hering 26, Ei 1.75, Sahne (30% Fett) 1.1, Milch 0.03; pflanzlich: Steinpilze 3.1,
Champignons 1.9.31, 36 S. 33
Toxikologie: Die täglichen Höchstmengenempfehlungen (s. S. 3) in µg lauten: UL: 50, LOAEL: 50, NOAEL:
20.27
Aspekte der Datenlage: In der Übersicht von WCRF/AICR wird Vitamin D nur im Zusammenhang mit einer
nicht ausreichenden „Evidence“ für einen Zusammenhang mit einem verminderten Risiko für Tumoren des
Kolons und Rektums erwähnt.5, S. 216 Auch die Resultate neuerer Studien bleiben kontrovers.37
In ihrer Übersichtsarbeit von 36 retrospektiven und 16 prospektiven Studien fanden Giles et al. eine Studie
mit einem Zusammenhang zwischen Prostatakrebs und der Höhe des im Serum gemessenen Vitamin D.
Doch in einer zweiten Studie konnten die Ergebnisse nicht bestätigt werden. Alles in allem beurteilen sie den
Erkenntnisstand für einen Zusammenhang zwischen Ernährung und Prostatakrebs schwach und inkonsistent.38, S.15 Eine neueres Review mit 37 prospektiven Kohortenstudien und vier Interventionsstudien weist in
die gleiche Richtung.39 In einer Fall-Kontroll-Studie mit 858 Männern mit Prostatakrebs und 905 gesunden in
der Kontrollgruppe zeigte die Ernährungsbefragung einen offenbaren schützenden Effekt von Gemüse.40 In
einer Nachanalyse der Nurses’ Health Kohortenstudie zeigte sich an einem Kollektiv von 3482 Frauen, dass
bei jenen in der Postmenopause (n = 2345) die Aufnahme von Milchprodukten, Calcium oder Vitamin D nicht
signifikant mit dem Brustkrebsrisiko zusammenhing.41
Ergebnisse von RCT’s mit dem Fokus auf einem Zusammenhang zwischen Krebs und Vitamin D alleine gab
es kaum, sondern meist in Kombination mit Calcium. Daher ist eine Aussage zur Supplementierung des
Einzelstoffes schwer möglich.
Vitamin E
Begriffsbestimmung: Das bedeutendste in der Natur vorkommende Vitamin E ist α-Tocopherol. Andere
Verbindungen sind das β-Tocopherol, γ-Tocopherol oder Tocotrienole. Als Referenzsubstanz gilt das RRR-αTocopherol und daher wird das Wirkungsäquivalent anderer Tocopherole als α-Tocopherol-Äquivalent (α-TÄ)
angegeben (1 mg = 1.49 IE).42
Physiologische Wirkung: Ist Bestandteil aller biologischen Membranen und schützt wahrscheinlich
Membranlipide, Lipoproteine und Depotfette vor dem Abbau durch Lipidperoxidation (Bezeichnung für die
Wirkung von Oxidanzien und Radikalen auf Lipide bzw. ungesättige Fettsäuren). So schützt Vitamin E in
vitro, etwa in Zellen oder Gewebe den oxidativen Abbau mehrfach ungesättigter Fettsäuren, weshalb es
auch als Antioxidans bezeichnet wird.42
Dosis im Rahmen von Ernährungsempfehlungen: Für Vitamin E gibt es von der DACH keine Referenzwerte
für die empfohlene tägliche Nährstoffzufuhr, sondern nur Schätzwerte (zur Bestimmung des Bedarfs liegen
noch nicht ausreichend Daten vor – die Schätzwerte gelten als unbedenklich)30, S. 9 f. für eine angemessene
Zufuhr pro Tag. Für gesunde Erwachsene zwischen dem 25. und 51. Lebensjahr sind es 12 mg α-TÄ für
Frauen und 14 mg α-TÄ für Männer.27
5
Gehalt in Lebensmitteln: In 100 g der folgenden Nahrungsmittel sind die jeweils genannten Mengen Vitamin
E in mg α-TÄ enthalten – tierisch: Butter 2.2, Hering 1.5; pflanzlich: Sonnenblumenöl 50, Haselnüsse 26.6,
Sonnenblumenkerne 21.8, Erdnüsse 10.3, Olivenöl 13.2, Paprika 2.5, Himbeeren 0.9.31 Wie bei vielen
anderen Vitaminen, so unterliegt auch der Gehalt an Vitamin E in pflanzlicher Nahrung jahreszeitlichen
Schwankungen. Man geht davon aus, dass 20 - 50% der mit der Nahrung aufgenommenen Menge von αTocopherol resorbiert werden.42
Toxikologie: Die täglichen Höchstmengenempfehlungen (s. S. 3) in mg lauten: UL: 1000, LOAEL: keine
Angaben, NOAEL: 800.27
Biesalski et al. erachten oral eingenommene Mengen bis 100 mg pro Tag als physiologisch, und auch 100–
300 mg pro Tag sollen keinerlei Nebenwirkungen hervorrufen.42 Aber Fairfield sieht schon im Bereich von
200 bis 800 mg pro Tag die Möglichkeit von gastrointestinalen Beschwerden.43 Bei gleichzeitiger Einnahme
von Aspirin erachtet Beutler eine Begrenzung von 200 mg pro Tag als notwendig44 und verweist auf eine
mögliche Hemmung der Thrombozytenaggregation mit eventuellen Blutungen ab 800 mg pro Tag.43, 44
Brown et al. empfehlen eine Begrenzung auf 400 bis 800 mg pro Tag.10 Patienten mit Gerinnungsstörungen
sollten vor allem vor Operationen oder unter Behandlung mit Antikoagulantien Vitamin E nicht hoch dosiert
einnehmen.45 Bei mehr als 1200 mg pro Tag kann es zu Müdigkeit, Kopfschmerzen, Übelkeit, Diarrhö,
Krämpfen, Sehstörungen kommen.43 Nach Biesalski et al. sollen aber selbst Höchstdosen von 3200 IE pro
Tag keine Schädigungen verursachen (nicht näher beschrieben).42
Aspekte der Datenlage: WCRF und AICR kamen zu dem Ergebnis, dass ein möglicher Zusammenhang zwischen Vitamin E und einem verminderten Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, besteht.5, S. 130
Bezüglich eines Zusammenhanges zwischen Vitamin E und kolorektalen Krebserkrankungen halten
WCRF/AICR die Datenlage für nicht ausreichend. Sie kommen damit zu einem ähnlichen Ergebnis wie die
Autoren einer Meta-Analyse von 1992, wonach der Zusammenhang zwischen dem Spiegel an α-Tocopherol
im Serum und kolorektalem Krebs nicht gesichert sei.46
Ein Nebenergebnis der Heart Protection Study war, dass 600 mg Vitamin E pro Tag (in Kombination mit 250
mg Vitamin C und 20 mg β-Carotin) keinen signifikanten Einfluss auf die Krebsmortalität hatte.47
In einer 1999 publizierten Kohortenstudie über 17 Jahre mit 2974 gesunden Männern wurde ein signifikant
erhöhtes Risiko, an Prostatakrebs zu sterben (n = 30), festgestellt, bei Rauchern mit zusätzlich niedrigem
Plasmaspiegel an Vitamin E (n = 12).48
Eine Interventionsstudie, die „Alpha-Tocopherol Beta-Carotene Cancer Prevention Study“ kurz ATBC-Studie,
ergab gegenüber Placebo eine reduzierte Inzidenz (n = 246) und Sterberate (n = 62) für Prostatakrebs
unter Rauchern bei der Supplementierung von α-Tocopherol (50 mg/Tag) über durchschnittlich 6 Jahre,
aber nicht in der Kombination mit β-Carotin oder β-Carotin alleine (näheres unter Carotinoide).49 Da die
Wirkung der Supplementierung auf Prostatakrebs zu den sekundären Studienendpunkten gehört, wäre eine
Bestätigung der Ergebnisse in einer unabhängigen Studie notwendig.50
In der gleichen Studie wurden unter der alleinigen Supplementierung von α-Tocopherol keine signifikanten
Effekte auf Inzidenz und Mortalität durch Lungenkrebs beobachtet.5, S. 141 Die Gesamtsterblichkeit war in den
Studiengruppen, die α-Tocopherol einnahmen, aufgrund hämorrhagischer Infarkte höher, wenn auch nicht
signifikant.51
Carotinoide
β-Carotin
Begriffsbestimmung: Carotinoide sind Pigmente, mit einem zentralen System konjugierter Doppelbindungen,
das ihnen eine gelbe bis rote Farbe verleiht, und an deren Enden sie verschiedene Substituenten tragen.
Carotinoide sind lipophil. Die mehr als 600 bekannten Carotinoide (z.B. α-Carotin, β-Carotin, Lutein, Lycopin,
Phytoen) werden von Pflanzen und niederen Organismen synthetisiert. Ca. 30 - 40 Carotinoide werden mit
der Nahrung aufgenommen.52
Physiologische Wirkung: Carotinoide wirken beispielsweise antioxidativ im Stoffwechsel und induzieren die
interzelluläre Kommunikation, die zur Regulation von Wachstums- und Entwicklungsprozessen der Zellen
notwendig ist. Von den Hauptserumcarotinoiden werden α-Carotin, β-Carotin, β-Cryptoxanthin als
Provitamin A im Organismus zu Vitamin A (Retinol) metabolisiert.52
Dosis im Rahmen von Ernährungsempfehlungen: Es gibt noch keinen empfohlenen Referenzwert für βCarotin, aber die DACH-Organisationen nennen einen Schätzwertbereich von 2 – 4 mg pro Tag.30, S.76
6
Gehalt in Lebensmitteln: Der Carotinoidgehalt kann nach Sorte, Reifegrad und Standortbedingungen der
Pflanzen variieren. Pro 100 g Lebensmittel können die folgenden Mengen β-Carotin in mg enthalten sein:
Karotten 1.8 – 14.7, Aprikosen 0.6 – 6.4, Mango 0.1 – 3.7, Broccoli 0.5 – 1.1, frischen Tomaten 0.23.52
Toxikologie: Die täglichen Höchstmengenempfehlungen (s. S. 3) in mg lauten: UL: keine Angabe, LOAEL:
keine Angabe, NOAEL: 25.27
„Es gibt keine Hinweise auf toxische Effekte von Nahrungscarotinoiden, wenn Mengen, die normalerweise in
der Nahrung vorkommen, aufgenommen werden.“ Werden Supplemente in hohen Dosierungen
eingenommen, ist eine reversible Gelbfärbung der Haut festzustellen. Bei „kosmetischer Hauttönung“ mit
dem Carotinoid Canthaxanthin zeigten sich bei Dosen von 30 mg pro Tag über einen längeren Zeitraum
reversible kristalline Ablagerungen in der Retina, die die Dunkeladaptation des Auges störten.52
Aspekte der Datenlage: Viele epidemiologische Daten zeigen eine schwache bis starke Abnahme des Risikos
für Lungenkrebs bei hoher Aufnahme von Carotinoiden durch Nahrungsmittel.5, S. 139 Allerdings hat sich die
Beweislage durch eine Analyse von Fall-Kontroll- und prospektiven Studien im Sinne einer Meta-Analyse
abgeschwächt: Der gesamte Obst- und Gemüseverzehr schien darin protektiv.53 Zuvor führte aber der
Erkenntnisstand, dass das Ernährungsverhalten das Risiko an Krebs zu erkranken senkt, zu dem Versuch,
Risikogruppen isolierte Einzelstoffe in pharmakologischen Dosen zu geben.12 Zwei Interventionsstudien
zeigten dann aber gegenteilige Effekte: I. Die vierarmige ATBC-Interventionsstudie (1. α-Tocopherol; 2. αTocopherol und β-Carotin, 3. β-Carotin, 4. Placebo) unter Rauchern (n = 29’133, Median: Raucher seit 36
Jahren, 20 Zigaretten pro Tag) in Finnland ergab in den Gruppen mit der Supplementierung von β-Carotin
(20 mg/Tag über durchschnittlich 6 Jahre) eine signifikant höhere Inzidenz für Lungenkrebs.51 II. Die BetaCarotene and Retinol Efficiacy Trial (CARET) unter starken Rauchern (aktuell 20 pack-years1 oder innerhalb
der letzten 6 Jahre aufgehört) oder Arbeitern mit Asbestbelastung (Erstexposition vor 15 Jahren) wurde in
den USA durchgeführt. Auch hier zeigte sich eine signifikant höhere Inzidenz für Lungenkrebs (RR = 1.28, p
= 0.02) unter der täglichen Supplementierung (30 mg β-Carotin und 25’000 IE Retinol, im Mittel über 4
Jahre), so dass die Studie nach 4 Jahren abgebrochen wurde.54 Die Gründe für dieses unerwartete Ergebnis
sind bislang nicht geklärt. Die Autoren der ATBC-Studie diskutieren, das β-Carotin eventuell zu kurz
verabreicht wurde oder nicht die aktive krebsverhütende Substanz sei, wie man aufgrund epidemiologischer
Studien angenommen hatte. So stellt sich die Frage, ob β-Carotin nur ein Marker für einen gesunden
Lebensstil sein könnte.51 Auf diese Möglichkeit hatten schon Peto et al. hingewiesen, die sich 1981 für den
Beginn kontrollierter Studien zu β-Carotin aussprachen, obwohl sie damals die wissenschaftliche Erkenntnis,
dass β-Carotin wirklich vor Krebs schütze, trotz einer etwas geringeren Inzidenz in Beobachtungsstudien als
nicht überzeugend ansahen.28
Für die DACH muss daher „die Unbedenklichkeit höherer β-Carotindosen (20 bzw. 30 mg) bei starken
Rauchern in Frage gestellt werden“.30, S. 76 WCRF/AICR bemerken hierzu, die Angaben in den epidemiologischen Studien seien oft grob und unspezifisch gewesen. So sei das in der Nahrung enthaltene gesamte Vitamin A in Retinol und β-Carotin unterteilt worden. Andere Carotinoide seien nicht beachtet und Vitamin A
teilweise mit β-Carotin gleichgesetzt worden.5, S. 138 Auch wenn diese zwei Interventionsstudien mit der
Supplementierung negativ verliefen, scheint die Abnahme des Krebsrisikos mit der Aufnahme von
Carotinoiden in Lebensmitteln (Gemüsen und Früchten) in Zusammenhang zu stehen.5, S. 139
Der Vollständigkeit halber seien noch eine dritte und vierte Interventionsstudie mit β-Carotin erwähnt: III. In
der vierarmigen Physicians’ Health Study (PHS) in den USA nahmen Ärzte (n = 22’071) über 12 Jahre hinweg jeden zweiten Tag 50 mg β-Carotin ein (In den anderen Studienarmen wurden 325 mg Aspirin plus
Placebo oder β-Carotin plus Placebo oder beide Vera oder beide Placebo gegeben.). Am Ende der Studie
fand sich weder ein signifikanter Vorteil noch Nachteil für die Einnahme von β-Carotin bezogen auf
Neoplasien, kardiovaskuläre Erkrankungen oder Sterblichkeit.55 IV. In einer grossen Interventionsstudie in
China, in Linxian, der Gegend mit einer der höchsten Rate an Speiseröhren-/Magenkrebs und
Nährstoffmangel der Bevölkerung, erhielten 29’584 Erwachsene täglich eine Kombination von 15 mg βCarotin, 50 µg Selen und 30 mg α-Tocopherol. Das Ergebnis war eine signifikant geringere
Gesamtsterblichkeit (RR = 0.91, p = 0.03) nach 5 ¼ Jahren.56 Diese beiden Studien sind jedoch weder
bezüglich der Studienteilnehmer noch der Intervention mit den ersten beiden vergleichbar und geben so
singuläre Aussagen für spezielle Bedingungen.
Weitere Erkenntnis versprach die SU.Vi.MAX Studie (Supplémentation en Vitamines et Minéraux
Antioxydants), ein RCT, mit 13’017 Erwachsenen. Sie erhielten über 7.5 Jahre Supplemente in anderen
Dosierungen: täglich 120 mg Vitamin C, 30 mg Vitamin E, 6 mg β-Carotin, 100 µg Selen, 20 mg Zink oder
Placebo. Im Gesamtkollektiv zeigte sich keine Abnahme der Krebsinzidenz. Aber in der stratifizierten Analyse
1
20 pack/years = 1 Pack Zigaretten pro Tag während 20 Jahren
7
nach dem Geschlecht zeigte sich für Männer eine Abnahme. Es ist aber unklar, inwiefern dies mit den
verringerten Basalwerten der Männer hinsichtlich Antioxidanzien zusammenhängt. 57
Auf die mittlerweile auch viel diskutierten Carotinoide Lutein und Lycopin wird im Rahmen dieser
Zusammenstellung nicht näher eingegangen.
Wasserlösliche Vitamine
Folsäure
Begriffsbestimmung: Folsäure wurde erstmals 1941 aus mehreren Tonnen Spinatblättern isoliert; folium
(lateinisch) = Blatt. Die biologisch aktive Form ist die 5,6,7,8-Tetrahydrofolsäure. 1 µg Folat-Äquivalent (FA)
= 1 µg Nahrungsfolat = 0.5 µg synthetische Folsäure (Pteroylmonoglutamat = PGA),58 was die
unterschiedliche Bioverfügbarkeit bzw. Absorption von synthetischem und Nahrungsfolat zeigt.30, S. 119 „Unter
dem Begriff Folsäure oder Folate werden etwa 100 Substanzen mit ähnlicher Struktur verstanden.“31, S. 49
Physiologische Wirkung: Gilt als antianämischer Faktor; Folate (Coenzymformen) fungieren bei vielen
Stoffwechselwegen (z.B. Aminosäuren oder DNA- und RNA-Synthese) auch als Überträger und Akzeptor
verschiedener Stoffgruppen.58
Dosis im Rahmen von Ernährungsempfehlungen: Die empfohlene Menge für die tägliche Zufuhr für gesunde
Erwachsene zwischen dem 25. und 51. Lebensjahr beträgt, gemäss der DACH, für Frauen und Männer 400
µg (1µg = 40 IE).27
Gehalt in Lebensmitteln: In 100 g der folgenden pflanzlichen und tierischen Nahrungsmittel sind die jeweils
genannten Mengen Folsäure in µg enthalten – tierisch: Joghurt (3.5% Fett) 13, Scholle 11, Kalbfleisch 5;
pflanzlich: Spinat (roh) 145, Rote Beete 83, Sauerkirschen 75, Ei 67, Kartoffeln 20. Folsäure ist licht- und
oxidationsempfindlich und hitzelabil.31 S. 49
Toxikologie: Die täglichen Höchstmengenempfehlungen (s. S. 3) in µg lauten: UL: 1000 (für synthetische
Folsäure)30, S. 120, LOAEL: keine Angaben, NOAEL: 1000.27
Aspekte der Datenlage: Nach der Übersicht von WCRF und AICR besteht für den Zusammenhang zwischen
Folsäure und kolorektalen Krebsarten eine unzureichende Datenlage für ein vermindertes Risiko.5, S. 405 Aufgrund zum Teil neuer Studien sehen Baerlocher et al. die Ergebnisse günstiger im Sinne einer möglichen
40%igen Risikoreduktion bei Studienteilnehmern mit hoher Folateinnahme.59 Gerade aber auch wegen
widersprüchlicher Effekte im Tiermodell ist die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt und der Dosierung für
eine sichere und effektive Chemoprävention beim Menschen ungelöst.60 Eine Empfehlung im Rahmen der
Supplementierung zwecks der krebsprophylaktischen Wirkung von Folsäure ist daher nicht möglich.61
Vitamin C
Begriffsbestimmung: Vitamin C ist der Name „für L-Threo-hex-2-enono-Lacton (L-Xylo-Ascorbinsäure bzw. L(+)-Ascorbinsäure) und deren Derivate.“62
Physiologische Wirkung: Antioxidationsschutz, Hydroxylierungsreaktionen im Stoffwechsel, Beteiligung bei
der Biosynthese von Neurotransmittern (Dopamin zu Noradrenalin), Verbesserung der Eisenresorption,
Entgiftungsreaktionen in den Lebermikrosomen.62, 63
Dosis im Rahmen von Ernährungsempfehlungen: Die empfohlene Menge für die tägliche Zufuhr für gesunde
Erwachsene zwischen dem 25. und 51. Lebensjahr beträgt, gemäss der DACH, für Frauen und Männer 100
mg - bei Rauchern 150 mg.27
Gehalt in Lebensmitteln: In 100 g der folgenden Nahrungsmittel sind die jeweils genannten Mengen Vitamin
C in mg enthalten tierisch: Rinderleber 31, Kuhmilch (3.5 % Fett) 231, S. 54; pflanzlich: Sanddornsaft 266,
schwarze Johannisbeere 189, Kiwi 100, rohe Paprika 140, gedünstete Paprika 105, roher Broccoli 110,
Zitronensaft 51, Orangen 50, gekochte Kartoffel 14.62 „Bei unsachgemässer Lagerung und
küchentechnischer Zubereitung von Obst und Gemüse können grosse Anteile des Vitamin-C-Gehaltes
verloren gehen, in ganz ungünstigen Fällen sogar bis zu 100 %.“30, S. 143
Toxikologie: Die täglichen Höchstmengenempfehlungen (s. S. 3) in mg lauten: UL: 2000, LOAEL: keine
Angabe, NOAEL: 1000.27
8
Aspekte der Datenlage: Nach der Übersicht von WCRF und AICR besteht aufgrund der Datenlage zwischen
Vitamin C und Magenkrebs ein wahrscheinlicher Zusammenhang für ein vermindertes Risiko sowie für Mund/Pharynxkrebs oder Krebs an Speiseröhre, Lunge, Bauchspeicheldrüse, Gebärmutterhals ein möglicher Zusammenhang. Unzureichend ist die Datenlage für kolorektalen Krebs, Kehlkopf-, Brust- und Blasenkrebs.5, S.
405
Der epidemiologische Zusammenhang zwischen Vitamin C und verringerten Krebsraten wird dadurch
verzerrt, dass Früchte und Gemüse als Vitamin-C-Quelle auch reich an weiteren Stoffen sind, die protektiv
wirken können.64 Eine Meta-Analyse, die den Einfluss der Ernährung auf Brustkrebs untersuchte, kam zu
dem Schluss, dass ein hoher Anteil von Obst und Gemüse das Risiko der Erkrankung senken könne.65 Vier
weitere Studien zeigten keinen Zusammenhang.33, 53, 66, 67
Eine eigenständige Interventionsstudie mit Vitamin C als alleiniger Substanz wurde bisher nicht
durchgeführt.50, 61 In einer prospektiven Untersuchung sank pro Zunahme des Ascorbinsäurespiegels um 20
mikromol/l die Gesamtmortalität von Erwachsenen um jeweils 20% (20 mikromol/l entsprechen ca. 40 mg
Vitamin C oder 50 g Früchten oder Gemüse pro Tag). Jedoch ist als Confounding (Störgrösse) zu bemerken,
dass Personen mit vorbestehenden Krankheiten oft niedrigere Vitamin-C-Spiegel haben und ein hoher
Obstverzehr mit allgemein gesunder Lebensführung zusammenhängen kann.68
Erwachsene, die Vitamin C weniger als zehn Jahre lang einnahmen, hatten in einer prospektiven
Kohortenstudie seltener Magenkrebs.69 Bei einer Hochrisikogruppe mit Magenschleimhautläsionen sank die
Rate an Präkanzerosen.50, 61 Die Beeinflussung von Präkanzerosen lässt allerdings nicht zwingend einen
Rückschluss auf das eigentliche Magenkrebsrisiko zu.61
Ein hoher Konsum an Vitamin-C-reichen Lebensmitteln könnte einen protektiven Effekt hinsichtlich
Brustkrebs haben.4 Patienten mit fortgeschrittener Krebserkrankung hatten von hoch dosiertem Vitamin C
keinen Nutzen.45 Mehrere Studien belegten die antikoagulatorische Wirkung des Vitamins; Patienten mit
Gerinnungsstörungen oder Patienten, die operiert werden, sollten hoch dosiertes Vitamin C (ca. 2 g pro Tag)
deshalb vermeiden.45
Vitaminzufuhr und Krebserkrankung
Zur Prävention
Ernährung und Vitamine:
Die zurzeit umfangreichste Zusammenfassung der epidemiologischen und klinischen Datenlage zum Thema
Ernährung und Krebserkrankung des WCRF/AICR schliesst mit der Empfehlung, zur Gesunderhaltung primär
eine auf pflanzlicher Nahrung basierende Ernährung mit viel Obst und Gemüse sowie Vollkornerzeugnissen
zu essen. 5, S. 509, 512 f.
Auch die „American Cancer Society“ beschreibt in ihren Richtlinien ein vermindertes Risiko an den häufigsten
Kebsarten zu erkranken bei einer auf pflanzlichen Lebensmitteln basierenden Ernährung, die reich an
Gemüse und Obst, arm an tierischem Fett, Fleisch und Kalorien ist sowie Vollkornerzeugnisse enthält.12, S. 95 f.,
112, 70
Diese klaren allgemein anerkannten Ernährungsempfehlungen erfolgen aufgrund epidemiologischer
Daten, da für objektivierbare wissenschaftliche Entscheidungen die als „golden standard“ angesehenen RCTs
für die meisten Nahrungsfaktoren nicht verfügbar sind und vielleicht nie sein werden.12 Der mittlerweile auch
bei uns bekannte Slogan, fünf oder mehr Portionen Obst und Gemüse pro Tag zu konsumieren, basiert auf
folgender Annahme: „Der kombinierte Effekt von Nährstoffen, enthalten in Zusammensetzungen, die
allgemein als vollwertige Nahrung („whole foods“) bekannt sind, scheint effektiver zu sein, um das
Krebsrisiko zu vermindern als Nährstoffe in Supplementen.“ 71
Dennoch stellt sich auch im Rahmen der Prävention von Krebserkrankungen gelegentlich die Frage, ob eine
Vitaminsupplementierung sinnvoll sei. Die Amerikanische Krebsgesellschaft sagt hierzu, es gäbe zurzeit keine
wissenschaftliche Erkenntnis, dass Supplemente das Krebsrisiko senken könnten. „Um das Krebsrisiko zu
senken sei momentan der beste Rat, Antioxidazien mittels Nahrung aufzunehmen, und nicht mittels
Supplementierung.”12, S. 107 Die wenigen klinischen Studien, die untersuchen ob Supplemente das Krebsrisiko
verringern können, haben enttäuschende Resultate hervor gebracht.12, S. 112 Falls Supplemente eingenommen
werden, gilt: “die beste Wahl ist ein ausgewogenes Mulitvitamin-Mineral-Supplement, das nicht mehr als
100% der Tagesdosis der meisten Nahrungsmittel enthält, da hohe Dosierungen einen gegenteiligen Effekt
haben können.
Vor dem Hintergrund der Frage, warum der Gebrauch von Supplementen zur Prävention allgemein mit Zurückhaltung gesehen wird, finden sich bei Grune interessante Aspekte, wie etwa die „Notwendigkeit der
Aufnahme komplexer Antioxidanziengemische für das normale und effektive Funktionieren des antioxidativen
Schutzsystems.“72 Dabei sei es „äusserst schwierig (und unwahrscheinlich), eine krebshemmende Wirkung
einzelnen Antioxidanzien zuzuordnen. Aufgrund der komplexen Wechselwirkung der Antioxidanzien untereinander sind meist verschiedene Stoffe nötig, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.“ S. 55 Unabhängig von
9
der Krebserkrankung äussert er sich zum Aspekt der Toxikologie, dass keine Studie über Symptome oder
Erkrankungen vorliegt, die „auf eine reine Überdosierung von Antioxidanzien zurückzuführen ist“. Aber Untersuchungen zeigten, „dass Antioxidanzien bei massiver Anwendung normale zelluläre Funktionen unterbinden können.“ So werden etwa den freien Radikalen, gegen die die Antioxidanzien eingenommen werden,
auch zelluläre Funktionen zugeschrieben, wie z.B. die der antimikrobiellen Abwehr. Diese Funktion könnte
durch den „intensiven Einsatz einiger Antioxidanzien“ beeinflusst werden.S. 56
Neben dem hier fokussierten Blick auf Ernährung bzw. Vitamine sei kurz auf vielfältige Ursachen bei der
Krebsentstehung erinnert, die sich auch in den Richtlinien der Amerikanischen Krebsgesellschaft wiederfinden. So tragen auch erhöhte körperliche Aktivität, Normalgewicht und nur geringer Alkoholkonsum zur Verhütung von Krebserkrankungen beiS. 94 (siehe auch 73, 74).
Ernährung und Vitamine während der Krebserkrankung
Ernährung vor der Therapie:
Cody und Selvin weisen bei an Krebs Erkrankten auf die Bedeutung der Nahrung zur Erhaltung eines guten
Ernährungszustandes, allgemeiner Gesundheit und des Wohlbefindens hin.3 Denn ein schlechter
Ernährungsstatus (etwa Anorexie, Malnutrition) von Patienten mit Krebs kann zu Komplikationen in der
Therapie führen und bedarf daher spezifischer Ernährungsberatung und –therapie, gegebenenfalls auch mit
parenteraler Ernährung. Den positiven Einfluss einer vollwertigen Ernährung (s.o.) bezogen auf
Allgemeinzustand und Lebensqualität unterstreichen heute die meisten Autoren. Ebenso sollten Patienten
mit Krebs vor grossen Operationen, intensiver Chemotherapie oder Radiotherapie eine Ernährungsberatung
erhalten, um die Therapien besser zu vertragen.9
Andererseits weisen Cody und Selvin darauf hin, es gäbe keine Erkenntnisse, dass eine tiefgreifende Änderung der Ernährungsgewohnheiten den Verlauf der Krebserkrankung selbst verändert, und sie sehen daher
keine Grundlage dafür, etwa in der Hoffnung, dass dies heilendes Potential haben könnte.3 Auch nach Kolb
war ein Einfluss von Diät, Vitaminen oder Spurenelementen auf das Tumorwachstum in gross angelegten
Studien nicht nachweisbar.75
Nicht allgemein notwendig, aber wohl häufig angewendet. Eine Supplementierung von Nährstoffen bei der
Möglichkeit einer vollwertigen Ernährung scheint heute bei gutem Ernährungsstatus nicht notwendig und der
Nutzen ist nicht belegt. Aber für Risikogruppen einer Vitamin-Unterversorgung, wozu manche Autoren44
unter anderem ganz allgemein kranke Menschen rechnen, wird mitunter eine Vitaminsupplementierung im
sicheren Dosisbereich, d.h. gemäss der Referenzwerte empfohlen9, 12, 44, und zwar mit Vitaminkombinationen
anstatt hoher Dosen einzelner Vitamine. Es wird aber betont, dass Vitaminsupplemente eine ausgewogene
Ernährung mit viel Obst und Gemüse und Vollkornprodukten nicht ersetzen können.
Trotz dieser wissenschaftlichen Direktive möchten manche Patienten Nährstoffsupplemente in höheren
Dosen einnehmen, auch wenn kein Einfluss auf die Krebserkrankung selbst bewiesen ist. Nach dem
Abwägen möglicher unerwünschter Wirkungen aufgrund der Referenzwerte der DACH und der
internationalen Höchstmengenempfehlungen erscheint uns in dieser Situation eine Supplementierung bis
zum doppelten der empfohlenen täglichen Zufuhr für einen Zeitraum von mehreren Monaten unbedenklich
(Tab. 1). Für einzelne Nährstoffe wäre zwar gemessen an den Höchstmengenempfehlungen theoretisch eine
höhere Dosierung möglich, aber es ging uns darum, für alle empfohlenen oder geschätzten
Nährstoffmengen eine klare pragmatische Aussage zu treffen. Dies beinhaltet nur eine Ausnahme: Das
Doppelte des Referenzwertes für Calcium beträgt 2000 mg und würde damit die Höchstmengenempfehlung
für bisher individuell beobachtete unerwünschte Wirkungen, den NOAEL, um 500 mg überschreiten.
Neben der Dosierung wurde in der Vergangenheit auch diskutiert, bis zu welchem Zeitpunkt vor dem Beginn
der Therapien eine Nährstoffsupplementierung relativ risikoarm sei. Im Hinblick auf eine Chemotherapie,
etwa mit Chemotherapeutika aus der Stoffgruppe der alkylierenden Substanzen (Tab. 3), die vor allem über
pro-oxidative Sauerstoffverbindungen wirken, wurde die Hypothese formuliert, dass besonders der Effekt der
lange Zeit im Gewebe gebundenen fettlöslichen Vitamine in Dosierungen über den Referenzwerten kritisch
zu betrachten wäre. Denn Wechselwirkungen zwischen pro-oxidativ wirkenden Chemotherapeutika und antioxidativ wirkenden Nährstoffen sind theoretisch möglich. Die Autoren dieser Warnung weisen aber auch
darauf hin, es gäbe bislang keine Berichte über entsprechende Wechselwirkungen, die allerdings mit dem
bisherigen Reportingsystem auch nicht erfasst würden.76
Aus diesen Überlegungen wäre ein zeitlicher Sicherheitsabstand zwischen der letzten Einnahme von
Antioxidanzien und dem Beginn einer Chemotherapie ratsam. Bisher finden sich hierzu kaum definitive
Angaben. Eine Empfehlung lautet, zur Sicherheit einen Zeitabstand von 2 Wochen vor und nach der
Chemotherapie einzuhalten.77 In Bezug auf Vitamine mit ihren relativen kurzen Halbwertszeiten im Serum im
Bereich von Stunden bei wasserlöslichen Vitaminen (z.B. Vitamin C 10 Stunden) oder wenigen Tagen bei
10
fettlöslichen Vitaminen (z.B. Vitamin E 3.5 Tage) scheint diese Überlegung ausreichend.78 Unklarheit besteht
noch bei der Frage nach der Anreicherung fettlöslicher Vitamine im Gewebe in relevanten Konzentrationen
und daraus resultierendem längerem Vorhandensein im Organismus, da hierzu fast nur tierexperimentelle
Veröffentlichungen vorliegen.79 Hier erscheint uns ein Sicherheitsabstand von 3 Wochen ratsam. Bei
Multivitamin-Präparaten mit einem hohen Anteil an β-Carotin, mit einer langen Halbwertszeit von 5 bis 11
Tagen78, 80 wären unserer Einschätzung nach deutlich längere Zeitabstände notwendig.
Ernährung und Vitaminsupplementierung während der Therapie (Operation, Chemo-, Radiotherapie):
Während einer Krebstherapie ist es empfehlenswert, eine vollwertige Ernährung fortzuführen. Während das
im Rahmen der chirurgischen Therapie, abgesehen vom Operationstag und eventuellen Eingriffen an Verdauungsorganen, meist möglich ist, kann dies unter einer Chemotherapie oder Strahlentherapie z.B. aufgrund von Appetitlosigkeit, Diarrhö, Mundschleimhautentzündung anders sein.
Beispiele. Zum Ernährungsstatus von PatientInnen während der Chemotherapie gibt es zwar einige sehr
kleine Studien, aber die Frage eventueller Supplementierung mit Nahrungsstoffen während der Chemotherapie ist in keiner Weise abschliessend geklärt. So berichtet z.B. Atukorala über den Ernährungsstatus bei 14
Patienten mit metastasierendem testikulärem Teratom. Während der Chemotherapie verloren die Patienten
in dieser älteren Longitudinalstudie mit jedem Zyklus (Vinblastin und Bleomycin und teilweise zusätzlich Cisplatin) an Gewicht und holten den Verlust zwischen den Zyklen nicht wieder auf. Auch die Vitamine Retinol,
E, B1 und B6 seien während der Zyklen gesunken.81 Henquin et al. berichten über die Ergebnisse ihrer Studie
zum Einfluss einer 2-monatlichen Ernährungsberatung auf den Ernährungsstatus von Patienten (n = 19) mit
1-jähriger Chemotherapie wegen Krebsmanifestationen im Gastrointestinaltrakt: Die meisten Patienten mit
gutem Ernährungsstatus hatten diesen beibehalten, jene mit mittlerem Ernährungsstatus konnten ihn
verbessern und ein schlechter Ernährungsstatus sank weiter ab. Sie sehen daher einen möglichen Vorteil in
der Ernährungsberatung, auch wenn aufgrund der kleinen Patientenzahl die Aussagekraft ihrer Studie begrenzt sei. Von den einzeln untersuchten Nährstoffen blieb Carotin unverändert, Retinol leicht verändert,
Vitamin B1 sank vom 2. bis zum 5. Zyklus, dann wieder Zunahme; ähnlich für Vitamin B2 und Eisen, aber für
B6 seien die Werte bei mehr als 50% der Patienten zu Beginn und Ende der Therapie niedrig gewesen. Aufgrund dieses Ergebnisses und der Vergleichbarkeit mit anderen Studien erwägen sie eine Supplementierung
von Vitamin B6.82
Erfahrungen bei Kindern. In einer neuen prospektiven 6-monatigen Beobachtungsstudie bei Kindern (n =
103) mit akuter lymphoblastischer Leukämie (ALL) untersuchten Kennedy et al. die Beziehung der Nährstoffe
zwischen Aufnahme, Plasmakonzentration und die Inzidenz von Nebenwirkungen der Chemotherapie. Die
Analyse der Nährstoffzufuhr über Nahrung und Supplemente für Vitamin A, C, E und Carotinoide zeigte, im
Vergleich der ersten Befragung vor Therapiebeginn mit der letzten Befragung 6 Monate später, eine signifikant gesunkene Aufnahme an Vitamin A (gesamt) und Vitamin E (aus der Nahrung) sowie eine konstante
Aufnahme von β-Carotin und keine signifikanten Unterschiede für Vitamin C. Der Vergleich der Plasmaspiegel von der ersten zur letzten Untersuchung brachte eine signifikante Zunahme für Vitamin A und Carotinoide, für Vitamin C zuerst einen signifikanten Anstieg und dann Abfall und für Vitamin E einen signifikanten
Abfall. Eine grössere Nährstoffaufnahme war assoziiert mit einer geringeren Inzidenz an Nebenwirkungen
(signifikant für Vitamin C und β-Carotin in Bezug auf hämatologische und nicht hämatologische Toxizität)
und in der Regressionsanalyse über alle 3 Untersuchungen blieb Vitamin C signifikant. Eine Erklärung für
diese Beobachtungen konnte nicht gegeben werden. Der Vergleich von Nährstoffzufuhr und dem Ansprechen auf die Therapie zeigte, dass höhere Vitamin-A-Zufuhr bei Diagnosestellung mit langsamer Ansprechrate und hohe Vitamin-E-Zufuhr mit schneller Ansprechrate einherging. Die Vitaminzufuhr durch Supplemente
zwischen dem ersten und letzten Untersuchungstermin lag mit 4% und 1% unterhalb der erwarteten Häufigkeit und war nicht mit Nebenwirkungen assoziiert. Ausser für Vitamin C lag die Zufuhr für alle anderen
gemessenen Nährstoffe unterhalb der empfohlenen täglichen Werte. Aufgrund der Debatte möglicher, unerwünschter Wechselwirkungen zwischen Chemotherapeutika und der Gabe von Antioxidanzien empfehlen die
Autoren keine Supplementierung während der Chemotherapie, aber eine Ernährungsberatung.83
Beispiel Radio- und Chemotherapie. Den Stand der theoretischen Überlegungen über Nutzen oder
eventuelles Risiko von Vitaminen als Antioxidanzien verdeutlicht folgender Satz: „So wirken die Radiotherapie ... sowie einige Chemotherapeutika über die Generierung freier Radikale, so dass die Anreicherung von
Radikalfängern wie Vitamin C, E oder Carotinoiden im Tumorgewebe unerwünscht wäre. Andererseits wäre
eine Anreicherung im gesunden Gewebe ein wichtiges Schutzschild gegenüber therapieinduzierten Schäden.“16
Die Frage in welche Richtung „Vitamine und Spurenelemente eine Modifikation der zellulären Strahlensensitivität bewirken“ könnten, ist noch nicht geklärt.84 Es wird momentan als sicher angesehen, während Krebstherapien die Mengen an Nährstoffen, darunter auch Vitamine, zu sich zu nehmen, die den Mengen der
Ernährungsempfehlungen für die tägliche Aufnahme entsprechen.10 Höhere Mengen werden allgemein kon11
trovers diskutiert. Nur bei Folsäure wird während einer Chemotherapie mit Methotrexat eindeutig vor
Supplementierung in höheren Dosen oder entsprechend angereicherten Lebensmitteln gewarnt, da dieses
Chemotherapeutikum dadurch wirkt, dass es in den Folsäuremetabolismus eingreift und seine Wirkung durch
hohe Folsäurezufuhr verringert werden könnte.10
Frage der Effekte von Anti-Oxidanzien bei der Chemotherapie. Für Chemotherapeutika, die reaktive
Sauerstoffverbindungen bilden, die dann eine oxidative Schädigung des Tumorgewebes verursachen, haben
Labriola et al. theoretische Überlegungen hinsichtlich der Änderungen der Wirksamkeit durch Antioxidanzien
dargelegt (Tab. 2). Die Autoren sehen die Gefahr, dass erzielte Kurzzeiteffekte, wie die Verbesserung der
Verträglichkeit von Chemotherapeutika durch Antioxidanzien, mit einer Verminderung der Wirksamkeit
einhergingen. Bei verminderter Wirksamkeit sehen sie die Möglichkeit unerwünschter Langzeiteffekte, wie
ein Tumorrezidiv durch das Überleben von Mikrometastasen.76 Daher warnen sie während der Chemotherapie vor Dosierung von Supplementen über der Menge der einfachen Referenzwerte (Tab. 1), was von der
Amerikanischen Krebsgesellschaft in ihren Richtlinien übernommen wurde.10 Bagley kritisiert an der Hypothese von Labriola et al., dass die Annahme, eine Verminderung der Konzentration der durch die Chemotherapie gebildeten freien Radikale könne den gleichen Effekt wie eine Dosisreduktion des Chemotherapeutikums haben, ohne Datenbelege nicht gerechtfertigt sei.85 Gleichwohl wurde in einer Studie eine
Methode beschrieben, mit der eine Wechselwirkung zwischen reaktiven Sauerstoffverbindungen, die durch
alkylierende Chemotherapeutika entstanden sind, und Antioxidanzien im Plasma möglich sein soll (TRAP =
Trapping Antioxidant Parameters – total peroxyl radical).86 Es wird sich zeigen müssen, ob sich dieses Verfahren als Messinstrument etablieren kann.
Reilly kritisiert, einige in-vitro-Experimente haben gezeigt, dass einige Antioxidanzien den Antitumoreffekt
von Chemotherapeutika verbessern könnten, wie z.B. bei menschlichen Melanomzellen.87 Er äussert sich
aber nicht inwiefern die experimentellen Daten überhaupt auf den Menschen übertragbar sind. Ratain warnt
vor einer Hemmung des Stoffwechsels von Chemotherapeutika durch Flavonoide und empfiehlt deshalb
während der Chemotherapie auch auf Supplemente zu verzichten.88 Kelly empfiehlt, da der Nutzen
korrigierter Blutspiegel an Antioxidanzien bei Krebspatienten nicht adäquat gezeigt wurde, einen Aufschub
der Supplementierung bis nach der Chemotherapie.89
Eine radikale Hypothese stellen Kong et al. auf. Für sie könnte der Einsatz von Hemmstoffen gegen Antioxidanzien den Effekt der Tumortherapie verbessern.90
Dem gegenüber steht die Hypothese von Prasad et al., wonach in vitro durch Antioxidanzien der wachstumshemmende Effekt von Radiotherapie, Chemotherapie oder Hyperthermie auf das Tumorgewebe verstärkt werden könne. Ausserdem könne die Toxizität einer Standard-Tumortherapie auf gesunde Zellen
durch Antioxidanzien verringert werden.91 Lamson et al. sind ähnlicher Meinung und nennen einige Fallberichte hierzu.92 Weiger nennt aber einzelne Studien in denen widersprüchliche Wirkungen von Antioxidanzien
auf die Chemotherapie beobachtet wurden:45 Etwa eine Studie bei Patientinnen mit Ovarialkarzinom, wo
Vitamin B6 zwar die neurotoxischen Nebenwirkungen signifikant senkte, aber wegen eines unerklärlichen
gegenteiligen Effektes auf die Ansprechdauer die Autoren eine gleichzeitige Anwendung ablehnen.93
Von einer Anwendung von Antioxidanzien während der Chemotherapie in höheren Dosierungen wird aufgrund der widersprüchlichen Meinungen und experimentellen Datenlage auch von anderen Autoren abgeraten.77, 94, 95 Sollte dennoch ein Versuch unternommen werden, nur nach Absprache und Abstimmung mit
dem/der behandelnden ÄrztIn/OnkologIn.
Die Diskussion um Vor- oder Nachteile der Supplementierung mit Antioxidanzien wird dadurch komplexer,
weil neben Vitaminen als Antioxidanzien auch Medikamente als Antioxidanzien bekannt sind (Tab. 3). So
wird das Medikament Mesna als Antioxidans in klinischen Studien auf seine Wirksamkeit zur Minderung von
Nebenwirkungen des Chemotherapeutikums Cyclophosphamid untersucht. Eventuell kann die voraussichtlich
Ende 2004 beendete Women’s Healthy Eating and Living (WHEL)-Studie neue Erkenntnisse bringen. Darin
wird der Effekt einer gemüse-, obst- und faserstoffreichen und fettarmen Ernährung bei Frauen mit Brustkrebs im frühen Stadium untersucht.
Ernährung und Vitaminsupplementierung nach der Therapie (Chemo-, Radiotherapie):
Gerade die Chemotherapie bewirkt aufgrund der gewünschten und notwendigen Hemmung des
Zellstoffwechsels, der stärker im Tumorgewebe als im gesunden Gewebe ausgeprägt ist, einen verminderten
Stoffwechsel z.B. der Proteinsynthese, was teilweise die Abgeschlagenheit der PatientInnen erklären könnte.
Auch nach der Therapie ist es daher wichtig, eine Ernährung mit ausreichend Kalorien und Nährstoffen zu
sich zu nehmen. Auch hier wäre eine vollwertige Ernährung empfehlenswert. Für manche Patienten ist es
wichtig, gerade in dieser Zeit möglichst schnell wieder das Gefühl zu erhalten, nicht mehr andauernd krank
zu sein, wieder das gewohnte Funktionieren ihres Körpers zu spüren und ihr Leben wohlmöglich wieder
stärker selbst bestimmen zu können. Dazu gehört auch das subjektive Empfinden, dass eine Besserung
durch eigene aktive Mitgestaltung unterstützender Massnahmen, etwa in Form von bewusster Entspannung,
12
Psychotherapieformen oder auch Heil- und Arzneimitteln, beeinflusst werden kann. Auch hier stellt sich die
Frage der Ernährung und Supplementierung. Eine vollwertige Nahrung gilt auch hier als empfehlenswert,
und gegebenenfalls zusätzliche Nahrungssupplemente in der einfachen Dosierung der Referenzwerte (Tab.
1) sind unbedenklich. Dem Wunsch mancher PatientInnen die Erholung ihres Organismus nach den
Therapien mit einer erhöhten Nährstoffzufuhr zu begünstigen, kann von der Sicherheit her nach Abwägung
der Höchstmengenempfehlungen in einer Dosierung bis zum doppelten der Referenzwerte entsprochen
werden. Ein wissenschaftlicher Nachweis für eine Wirkung fehlt allerdings bislang nach den Kriterien der
„Evidence-basierten Medizin“ im Hinblick auf randomisierte, kontrollierte Studien. Auch die Amerikanische
Krebsgesellschaft sieht zur Erholung nach der Therapie die Einnahme eines ausgewogenen Multivitamin- und
Multimineralpräparates ein- oder zweimal täglich als vernünftige Empfehlung.10
Neben der Dosierung ist auch hier der Zeitpunkt des Beginns der Supplementierung unklar und wird von
manchen Autoren10 nicht berücksichtigt. Ein zeitlicher Sicherheitsabstand von 2 Wochen77, bzw. unserer
Meinung nach bis zu 3 Wochen, nach der Therapie wird empfohlen.
Nach einer Zeit der erhöhten Zufuhr sollten Supplemente wieder nur im Bereich der empfohlenen
Referenzwerte eingenommen werden. Nach dem 15. Hohenheimer Konsensustreffen gibt es keine
„Evidence“ dafür, dass ein Langzeitgebrauch in der einfachen Dosierung, auch zusätzlich zu einer
vollwertigen Ernährung, Nebenwirkungen hätte.96
Diese Empfehlungen beziehen sich auch auf Aspekte einer adjuvanten (unterstützenden) Therapie und
können unter den Bedingungen einer palliativen (pflegend-symptomatischen) Therapie individuell
abweichend verändert werden.
Fazit
Aus einem rein ernährungsmedizinischen Blickwinkel gilt zur Zeit, z.B. nach Meinung von WCRF/AICR,
American Cancer Society oder DACH, eine vollwertige Ernährung, basierend auf pflanzlichen Nahrungsmitteln, also reich an Gemüse, Obst und Vollkornerzeugnissen, als einer der präventiven Lebensstilfaktoren
in Bezug auf Krebserkrankungen (zu sonstigen Aspekten siehe auch: „Europäischer Kodex zur Krebsprävention“2).
Die gleiche Ernährung gilt auch im Falle der Erkrankung oder während der Therapie als empfehlenswert.
Allgemein bleibt festzuhalten, dass die Erkenntnisse zu Vitaminzufuhr in der Nahrung während der Krebserkrankung nicht abschliessend geklärt sind. Es bleiben einige Unsicherheiten. Dennoch sollte versucht werden, für Betroffene eine Aussage zu treffen. Wenn also aufgrund der Erkrankung oder Therapie die
Nahrungsaufnahme eingeschränkt ist, dann kann die Nährstoffzufuhr durch Supplementierung unterstützt
werden. Dabei liegt unserer Einschätzung nach, basierend auf dem bisherigen Diskussions- und
Wissensstand, die vertretbare Dosierung in Höhe der einfachen Referenzwerte für die tägliche
Nährstoffaufnahme (Tab. 1), bezogen auf den Zeitraum von 3 Wochen vor, bis 3 Wochen nach einer
Chemo- oder Radiotherapie.
Nach dieser Zeitspanne (Sicherheitsabstand) kann die Dosierung nach einer Chemotherapie unter dem
Gesichtspunkt der Rekonvaleszenz auch auf das Doppelte der Referenzwerte erhöht werden. Diese
Einschätzung bezieht sich auf Sicherheits- bzw. Risikoabwägungen, da ein tatsächlicher Nutzen dieser
höheren Dosierung bislang nicht in randomisierten Studien belegt wurde. Für den Fall einer
Supplementierung ist nach bisherigen Erkenntnissen auf jeden Fall zu beachten, dass nicht einzelne Vitamine
bzw. Nährstoffe, sondern ein Präparat mit einer komplexen Mischung an Vitaminen, Mineralien und
Spurenelementen eingenommen wird.
Wir ermuntern Patienten, ihren behandelnden Arzt über die Einnahme von Nährstoffsupplementen zu
informieren oder dies zu besprechen, damit ein umfassendes Therapiekonzept nach den Vorstellungen
beider Seiten partnerschaftlich berücksichtigt werden kann.
***
Diese Dokumentation wurde im Auftrag der SKAK von Dr. med. Jörg Melzer erarbeitet.
Wir danken folgenden Kolleginnen und Kollegen für die kritische Durchsicht der Dokumentation: Hans
Konrad Biesalski für die Deutsche Krebsgesellschaft, Monika Eichholzer, AG Biologische Krebstherapie an der
Medizinischen Klinik 5 in Erlangen, Reinhard Saller, Abt. Naturheilkunde, UniversitätsSpital Zürich, sowie
W. Felix Jungi, Karsten Münstedt, Annette Ridolfi, Sandro Rusconi und Walter Weber für die Krebsliga
Schweiz.
2
http://europa.eu.int/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/03/853&format=HTML&aged=0&language=DE&guiLanguage=en
13
Literatur
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Hinweis
Die vorliegende Dokumentation wurde von der Schweizerischen Studiengruppe für komplementäre und
alternative Methoden bei Krebs (SKAK) und der Krebsliga Schweiz mit aller Sorgfalt und Sachkenntnis
erstellt. SKAK und Krebsliga Schweiz geben jedoch keine Versicherung, Garantie oder Zusage im Hinblick auf
die Richtigkeit, Genauigkeit, Aktualität oder Vollständigkeit der darin enthaltenen Informationen.
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Tabelle 1: Internationale Höchstmengenempfehlungen, Referenzwerte für die empfohlene Nährstoffzufuhr und Gehalt in ausgewählten Supplementen (eine Auswahl)
Höchstmengen
tgl. Nährstoffzufuhr
UL
LOAEL
Nährstoffe
NOAEL
3 mg
6.5 mg
3 mg
2000 mg
1000 mg
50 µg
1000 µg
-
1500 mg
1000 mg
500 mg
50 µg
-
1000 mg
800 mg
50 mg
200 mg
500 mg
200 mg
3000 µg
30’000 µg
20 µg
1000 µg
1000 mg
2500 µg
-
-
-
2500 mg
350 mg
-
2500 mg
-
1500 mg
700 mg
-
45 mg
100 mg
-
1000 µg
65 mg
1000 µg
40 mg
910 µg
60 mg
9 mg
10 mg
0.35 mg
200 µg
30 mg
-
-
-
-
-
35 mg
100 mg
-
10 mg
11 mg
2 mg
Anhang
empfohlene / geschätzte Supplemente
tgl. Nähstoffzufuhr
für gesunde
(21-50 Jahre)
Vitamine
A
C
E
B1
B2
Niacin
Nicotinsäure
B6
B12
K
D
Folsäure
Pantothensäure
Biotin
Vitaminoide
Cholin
Inositol
Betain
PABA
Mineralien
Kalium
Calcium
Calciumpantothenat
Magnesium
Phosphor
Spurenelemente
Chrom
Eisen
Jod
Erwachsene allsan
min
Multivita- Burgerstein Multi-Vitamin-Mineral
careimmun
(1 Kapsel)
ABC 25 (1 Tablette.) CELA (1Tablette)
Hermes
Multivitamin
Orthomol immun
(1 Trinkampulle)
0.8-1 mg RÄ
4500 IE
-
2500 IE
(1 Tablette)
1000 IE (=300 µg) 100 % RDA
100 mg / Raucher 150 mg
(12-14 mg α-TÄ)
1-1.2 mg
1.2-1.4 mg
13-16 mg
1.2-1.5 mg
3 µg
(60-70 µg)
5 µg
400 µg
(6 mg)
(30-60 µg)
40 mg
60 mg
4.5 mg
4.5 mg
30 mg
4.5 mg
2 µg
200 IE D3
1 mg
-
250 mg
200 IE
25 mg
25 mg
25 mg Niacinamid
25 mg
25 µg
30 µg
200 IE D3
0.2 mg
25 mg
25 µg
83.4 mg
13.4 IE
0.67 mg
0.67 mg
6.67 mg Niacinamid
1 mg
3 µg
133 IE D3
0.134 mg
0.1 mg
40 mg
8 mg
0.8 mg
1 mg
10 mg Niacin
1 mg
3 µg
5 µg (= 200 IE)
125 µg
6 mg
70 µg
100
100
100
100
100
100
100
100
100
100
-
30 mg
30 mg
25 mg
25
25
25
25
83.4 mg
83.4 mg
10 mg
-
-
-
1000 mg
300-350 mg
700 mg
40 mg
26 mg
40 mg
-
45 mg (Chlorid)
50 mg (Citrat)
25 mg (Oxid)
-
83.4 mg
5 mg
66.7 mg
83.4 mg
30 mg
-
100 % RDA
-
-
(30-100 µg)
10-15 mg
150-200 µg
35 µg
11.1 mg
45 µg
67 µg
5 mg
50 µg
60 µg
-
-
30 µg
800 µg
150 µg
0.3 mg (Sulfat)
0.3 mg
50 µg
3 mg
25 µg (aus Kelp)
10 mg (Glycinat)
75 µg (Kaliumjodit u. Kelp)
1 mg (Gluconat)
3 mg (Chlorid)
25 µg (aus Kelp)
10 mg (Glukonat)
0.67 mg
1.67 mg
34 µg
6.7 µg
5 mg
1.6 mg
160 µg
33 µg (aus Hefe)
8.3 mg
-
500 µg
2 mg
60 µg
50 µg
10 mg
4 mg Rutosid
-
3 mg β-Carotin
66.7 mg Rutin
1 mg β-Carotin
-
5 mg
5 mg (β-Carotin,
Lutein, Lycopin)
-
-
-
Kupfer
(1-1.5 mg)
Mangan
(2-5 mg)
Molybdän
(50-100 µg)
Selen
(30-70 µg)
Zink
7-10 mg
sekundäre Pflanzenstoffe
Bioflavonoide
25 mg Carotinoid
β-Carotin (nicht für Raucher)
andere
-
6 mg Hesperidin, 9 mg Orotsäure
18
mg
mg
mg
mg
% RDA
% RDA
% RDA
% RDA
% RDA
% RDA
% RDA
% RDA
% RDA
% RDA
2500 IE (=750 µg
RÄ)
950 mg
150 mg (natürl.)
25 mg
25 mg
60 mg
25 mg
6 µg
60 µg
5 µg D3 (= 200 IE)
800 µg
18 mg
225 µg
Tabelle 2: Antioxidantien als Nahrungssupplemente, die Wirkung von Chemotherapeutika verändern könnenLabriola
Chemotherapeutikum
Wirkmechanismus/Wirkhypothese
Stoffklasse
Wirkstoff
Substanzen, deren Wirkung auf reaktiven Sauerstoffverbindungen beruht
Alkylierende Substanzen
Busulfan, Chlorambucil,
bilden reaktive Sauerstoffverbindungen, die durch Antioxidanzien transformiert werden könntenLabriola
Ifosfamid
Q-Enzym-10,
Anthracycline
Doxorubicin,
α-Tocopherol
(Antibiotika)
Daunorubicin, Idarubicin
Epirubicin
Antibiotika
Mitomycin,
Bleomycin,
Streptozocin
Pflanzen-Alkaloide
Etoposid, Teniposid
Epipodophyllotoxine
Substanzen, deren Wirkung kaum auf reaktiven Sauerstoffverbindungen beruht
A, B6, C, β-Carotin
Antimetabolite
Methothrexat, 5-Fluorouracil,
Floxuridin, Cytarabin,
6-Mercaptopurin
Pflanzenalkaloide
Vincristin, Vinblastin, Vindesin
Vinca-Alkaloide
Pflanzenalkaloide
Taxane
Paclitaxel, Docetaxel
Antioxidans
Andere Nährstoffe
Folsäure
Methotrexat
Methotrexat wirkt, indem es in den Folsäurestoffwechsel eingreift; Supplementierung von Folsäure oder Nahrungsmitteln, die mit Folsäure angereichert sind und daher den Referenzwert übersteigen, könnten gegenteilige Effekte
habenBrown
Tabelle 3: Antioxidanzien als Medikamente zur Verringerung von (organspezifischen) Nebenwirkungen der Chemotherapie
Antioxidanzien
Mesna
Amifostine
Anhang
Chemotherapeutikum
Stoffklasse
Wirkstoff
Alkylierende
Ifosfamid
Substanzen
Cyclophosphamid
Cisplatin
Wirkmechanismus/Wirkhypothese des Antioxidans
Mesna im Körper metabolisiert zu Mesna-Disulfid, dies tritt in Wechselwirkung mit dem Metaboliten Acrolein, dadurch
Verminderung der Toxizität alkylierender Stoffe; schnelle renale Elimination ohne WirkungsminderungLabriola
Schutz vor Cisplation-induziertem Nierenschaden Reilly ;
auch zugelassen zur Prävention der sekundären Xerostomie durch Radiatio von Tumoren von Kopf und NackenReilly
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