Yoga entdecken „Das Festhalten des Bewusstseins in der Leere des Raumes ist Konzentration.“ - Patanjali (indischer Gelehrter) - Wenn man an Yoga denkt, fallen einem vermutlich zuerst gymnastische Körperübungen ein, verbunden mit Atemtechnik und Meditation. Doch das ist nur ein Teil des Yoga. Yoga zu praktizieren heißt, sich auf einem spirituellen Weg zu begeben, der uns weit in die Jahrtausende alte hinduistische Tradition hineinführt. Doch nicht jeder Hindu praktiziert Yoga und nicht jeder Yogi ist ein Hindu. Die Philosophie des Yoga entwickelte sich vor etwa vier Jahrtausenden in der vedischen Kultur Indiens. Yoga ist keine Religion sondern eine spirituelle Lebensphilosophie. Die yogischen Denk- und Verhaltensweisen sind bis heute aktuell, denn sie geben Antwort auf grundsätzliche Fragen zu Gesundheit, Wohlbefinden und Spiritualität. Zwar stehen heute bei uns in den westlichen Yogaschulen meist die Vorteile des Yoga für Gesundheit und Wohlbefinden im Vordergrund, doch Yoga ist weit mehr als Fitness und Körpertraining. Beim Yoga geht es um die Balance von Körper, Geist und Seele. Es geht darum, sein Konzentrationsvermögen zu verbessern sowie zu Gelassenheit und innerer Einkehr bzw. einen Weg zum Göttlichen zu finden. Dennoch ist Yoga ein Weg ganz ohne Dogmen und ohne zwingende Religionszugehörigkeit. Es gibt sechs verschiedene Yoga–Wege, die ich hier kurz erläutern möchte: Hatha-Yoga: Das im Westen gebräuchlichste Yoga ist eine Mischung aus körperlichen Übungen, genannt Asanas und Atemübungen, genannt Pranayama. Kundalini-Yoga Hier geht es um die Lehre von der Kundalini-Energie, die durch körperliche Übungen, Visualisierungen und Atemübungen den Körper aufwärts durch alle Chakren (Energiezentren) im menschlichen Körper geleitet werden soll. Die aufsteigende Kundalini-Energie, die im Wurzelchakra (im Beckenboden) schläft, soll dabei erweckt werden, um die Chakren zu reinigen und diese wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Dadurch ist eine höhere Harmonie, höhere Lebensqualität und die Erkenntnis des eigentlichen Lebensplanes möglich. Bhakti-Yoga Ist der Weg der liebenden Verehrung des Göttlichen. Karma-Yoga Ist der Weg der Tat und des selbstlosen Handelns, um schlechtes Karma abzubauen. Jnana-Yoga Ist der Weg der Erkenntnis durch die Erlangung von Wissen sowie durch Selbst- und Realitätsprüfung. Raja-Yoga Das Yoga-Sutra legt einen achtgliedrigen Pfad dar. Dabei ist das Raja-Yoga (auch Ashtanga-Yoga genannt) die höchste Stufe, d. h. der reine spirituelle Königsweg des Yoga. Yoga – eine Lebensphilosophie In den wichtigsten überlieferten Schriften der Yogalehre ist Yoga ein Weg der Selbstvervollkommnung, zu dem außer körperlicher Ertüchtigung auch Vorgaben für die richtige Lebensführung und ethische Grundwerte gehören. Wie etwa die Begierden zu zügeln und sich Methoden zur inneren und äußeren Reinigung anzueignen. Man unterscheidet dabei verschiedene Techniken und Begriffe wie z. B. Yama - Haltung gegenüber anderen, beinhaltet: Ahimsa Satya Asteya Brahmacharya Aparigraha Nicht-Gewalt (weder Tieren noch Menschen gegenüber) daher ernähren sich die meisten Yogis vegetarisch Wahrheit und Wahrhaftigkeit nicht stehlen (weder materielle noch geistige Dinge, Ideen) Enthaltsamkeit – Reinheit der Gedanken in Wort u. Tat (teilweise auch sexuelle Enthaltsamkeit) kein Ausnutzen anderer, keine Belohnungen annehmen Niyama - Haltung gegenüber sich selbst, beinhaltet: Shauca Samtosha Tapas Svadhyaya Ishvarapranidhana Sauberkeit und Reinheit, äußerlich für den Körper u. innerlich für den Geist (durch Meditation) Bescheidenheit und Zufriedenheit mit dem was man hat den Körper fit halten mit Disziplin und Ausdauer Selbstreflexion, (sich in seiner Denkweise überprüfen) Hinwendung zu Gott, Gottvertrauen entwickeln „Loslassen heißt Gott überlassen“ Kriyas - sind körperliche Reinigungstechniken, die aber in den westlichen YogaSchulen kaum angewendet werden. wie z. B. Nasenspülungen, Lungenreinigung durch Schnellatmung, Reinigung der oberen Verdauungskanäle sowie Darmreinigung durch besonders scharfes Essen und Einläufe (dies gilt speziell für Indien, da die Nahrung in der Hitze schnell verdirbt) Meditation und Pranayama Meditation fördert das innere und äußere Gleichgewicht. Wer über einen längeren Zeitraum regelmäßig meditiert, wird sich vitaler, zufriedener und ausgeglichener fühlen und das Meditieren nicht mehr missen wollen. (siehe Rubrik Heilung – Meditation) Die Meditation im Yoga dient zur täglichen Reinigung des Geistes, ähnlich wie wir auch für unsere tägliche Körperhygiene sorgen. Zur Meditation sollte man sich möglichst täglich eine bestimmte Tageszeit frei halten. Für den Anfang reichen 10 – 15 min, die man dann Schritt für Schritt auf 30 min ausweitet. Um in Ruhe zu meditieren, sind eine ruhige Atmosphäre und eine stille harmonische Ecke in der Wohnung unerlässlich. (siehe Rubrik Heilung – Ein Ort der Ruhe) Man kann sowohl auf dem Boden, als auch auf einem Stuhl meditieren. o Meditation auf dem Boden - entweder im Schneidersitz oder im Fersensitz o Mediation auf dem Stuhl – die Beine fest auf den Boden aufstellen, ohne sich anzulehnen o dann die Augen schließen und die Hände entspannt in den Schoß legen, die Handflächen zeigen nach oben o während der Meditation den Atem beobachten und die Gedanken kommen und ziehen lassen (Merke, es geht um die Beruhigung des Geistes!!) In einer Yoga-Meditation ist der Atem (Pranayama) unser bester Freund. Das Beobachten der Atmung hilft dabei, konzentriert zu bleiben und Überanstrengung zu vermeiden. Das heißt, wir sollten uns während der Meditation ständig unseres Atems bewusst sein. Wenn man sich auf seinen Atem konzentriert, verhindert man auch, dass die Gedanken abschweifen. Das kann z. B. durch stilles Zählen geschehen – wie z. B. Einatmen 1, 2, 3 Ausatmen 1, 2, 3, 4 Oder aber durch bestimmte Mantras, das sind Gebetssprüche, die man während des Einund Ausatmens im Geiste formuliert. Ein bekanntes Mantra ist z. B.: „Om Namah Shivaya“ Einerseits bedeutet es so viel wie: „Ich grüße und ehre den Gott Shiva.“ Andererseits bedeutet es auch die Anrufung des Gütigen, des Liebevollen, des höheren Selbst in uns. Wir können dieses Mantra aber auch verwenden als Anrufung des Liebevollen, des Gütigen überall. Und wir können es als Gruß verwenden, indem wir, wenn wir mit einem anderen Menschen zu tun haben, innerlich sagen: „Om Namah Shivaya. Ich grüße das Gute, das Liebe, das höhere Selbst in dir.“ Die Spiritualität des Yoga Die Wurzeln des Yoga sind vor allem im Hinduismus (als älteste Religion entstanden etwa 3000 v. Chr.) und in den philosophischen Systemen Indiens zu finden, die sich über Jahrtausende entwickelten. Die Glaubenswelt des indischen Subkontinents beruht in erster Linie auf mündlichen Überlieferungen, hymnischen Gesängen und religiösen Ritualen. Schriftliche Zeugnisse wie die Veden entstanden erst im zweiten Jahrtausend vor Chr., der erste umfassende Yogatext erst 500 n. Chr. Der undogmatische Hinduismus ist eine polytheistische Religion. Das heißt, es existieren verschiedene Gottesbilder ohne ein gemeinsames, für alle gleichermaßen gültiges Glaubensbekenntnis. Gemäß dem Leitsatz „Einheit in der Vielfalt“. Nach Auffassung der Advaita-Vedanta Philosophie ist der Mensch in seinem Innersten mit der unpersönlichen Weltseele Brahman identisch und diese Identität gilt es zu erkennen. Brahman wird im Hinduismus als Weltseele empfunden, während Atman die persönliche Seele des Einzelnen ist. Trotz unterschiedlicher Ansichten über Gott im Hinduismus glauben die meisten Hindus an den Kreislauf der Wiedergeburt (Reinkarnation = Samsara). Die Veden (heilige Schriften) mit den Upanishaden und der Bhagavad Gita gelten als grundlegende heilige Schriften der Hindus. Im Hinduismus kennt man eine Trimurti (göttliche Dreiheit), welche sinnbildlich für die kosmischen Funktionen der Schöpfung steht. Dabei findet jeder der drei männlichen Hauptgötter seine weibliche Entsprechung in einer Göttin. Brahma der Schöpfer und Vergeber weibliches Pendant: Saraswati - die Schöpfende Göttin der Kunst u. der Wissenschaft Vishnu der Erhalter und Verwandler weibliches Pendant: Lakshmi - die Erschaffende Göttin des Glücks u. der Schönheit Shiva der Zerstörer und Erlöser weibliches Pendant: Parvati, dargestellt als sanfte Uma oder als kriegerische Durga bzw. als die schwarze (Tod bringende) Kali Im Hinduismus, werden die männlichen Götter als passiv und als reiner Geist (universelles Bewusstsein) gesehen, während die weibliche Shakti als deren aktives Prinzip gilt. Shakti ist also die aktive Kraft hinter allen anderen männlichen Göttern im Hinduismus und gleichzeitig wirkt sie als schöpferische Kraft in allen Göttinnen. Shakti wird somit auch als zauberkräftige Schöpfungskraft (bezeichnet als Mahamaya) und als Mutter der Welt angesehen. Die Göttin Devi wird im Shaktismus (einer Religionsrichtung des Hinduismus) als große Göttin verehrt, die alle anderen Göttinnen in sich vereint (wie Saraswati, Lakshmi oder Durga). Sie ist als Shakti die Schöpferin der Welt und die Beherrscherin des Universums. Devi ist die Kraft, mit der Brahma erschafft, mit der Vishnu erhält und mit der Shiva vernichtet. Sie verkörpert das höchste Bewusstsein, das in seinem mütterlichen Aspekt erscheint. Sie trägt das Universum in ihrem Schoß. (vergl. Rubrik - Glaube und Bewusstsein - Anima mundi) Weitere Begriffserklärungen im Yoga Asanas yogische Körperübungen Askese freiwillige Enthaltsamkeit von z. B. Genussmittel, Fasten, Sex, bescheidene Kleidung, freiwillige Armut, Unterordnung in Gruppendisziplin, z. T. auch Schweigegelübde Bhagavad Gita Bestandteil der vedischen Schriften, besteht aus 18 Gesängen mit 700 Strophen und entstand etwa 400 v. Chr. Chakra Ist ein Wort aus dem altindischen Sanskrit und bedeutet Rad oder Wirbel. Chakras sind feinstoffliche Kraftzentren des Körpers, die sich in ständiger Drehbewegung befinden und so für den energetischen Austausch sorgen. Es gibt 7 Hauptchakren, entlang der Wirbelsäule von unten nach oben. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Chakra = Muladhara-Chakra oder Wurzelchakra Chakra = Svadhisthana-Chakra oder Sakralchakra Chakra = Manipura-Chakra oder Solarplexuschakra Chakra = Anahata-Chakra oder Herzchakra Chakra = Visuddha-Chakra oder Kehlchakra Chakra = Ajna-Chakra oder Stirnchakra Chakra = Sahasrara-Chakra oder Scheitelchakra (siehe Rubrik Heilung – Reiki und Edelsteine) Chanten hymnische Gebetsgesänge Ida weibliche Energie, Mondenergie (weiß, kühl) ähnlich: Yin im Taoismus Karma Karma hat etwas mit Taten und Erfahrungen zu tun, ähnlich dem Prinzip von Ursache und Wirkung. Die Hindus betrachten das Leben wie eine Schule, in der wir gute und schlechte Erfahrungen machen. Durch gute Taten entsteht gutes Karma und wir machen gute Erfahrungen, durch schlechte Taten entsteht schlechtes Karma, welches wiederum durch gute Taten abgebaut werden muss. (dies geschieht nach Lehre des Hinduismus über mehrere Leben – siehe Reinkarnation) Doch nicht alle Erfahrungen sind karmisch bedingt, da wir nur durch Erfahrungen, besonders durch schlechte wachsen und reifen können. Mantras heilige Gebetssprüche während der Meditation z. B. „Om Namah Shivaya“ s. o. Mudras heilige Fingerhaltungen während der Meditation z. B. Chin-Mudra (das Berühren von Daumen und Zeigefinger schließt den Kreis zwischen körperlicher und geistiger Welt) Meditation tägl. ca. 10 – 15 min (Einatmen 1, 2, 3 – Ausatmen 1, 2, 3, 4) durch tägliche Achtsamkeits- und Konzentrationsübungen soll sich der Geist beruhigen. Nadi Energielaufbahnen Pengala männliche Energie, Sonnenenergie (rot, heiß) ähnlich Meridiane in der chinesischen Medizin ähnlich: Yang im Taoismus Pranayama Atemübungen, (Konzentration auf den Atem) Pratyahara nach innen richten des Geistes Reinkarnation Glaube an die Wiedergeburt der Seele in einem anderen Körper. Das ewige Rad der (leidvollen) Wiedergeburten soll im Hinduismus durch die Erleuchtung der Seele durchbrochen werden. Sanskrit altindische Sprache Upanishaden siehe Veden – letzter philosophischer Teil der Veden, sie wurden etwa 800 v. Chr. verfasst Veden heilige Schriften im Hinduismus Quellen: Yoga – konzentriert – stabil - entspannt - v. Germaine Schneider u. Eberhard J. Wormer 15 Minuten Yoga für jeden Tag - v. Louise Grime