Tanzpaare schweben zur Klaviermusik

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SCHWANDORF
©MITTELBAYERISCHE | Schwandorf, das Städtedreieck und Neunburg | Schwandorf
| 29 | Dienstag, 7. März, 2017
MITTELBAYERISCHE ZEITUNG
D
ST03
Tanzpaare schweben zur Klaviermusik
KULTUR Der 11. Schwandorfer
Klavierfrühling steht im Zeichen des Tanzes. Beim
schwungvollen Auftakt lautete das Motto „Der Kongress tanzt“.
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VON RENATE AHRENS
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SCHWANDORF.
Wie anmutig, wie fließend sind ihre Bewegungen. Die edlen
Damen sind in weit schwingende Kleider mit Spitzen und Rüschen gekleidet, die Männer in elegantem Frack.
Man fühlt sich um Jahrhunderte in
der Zeit zurückversetzt. Mit langgezogenen Schritten, würdevoller Haltung
und in originalgetreuen, historischen
Kostümen betreten die Mitglieder der
Tanzgruppe „La Danza“ den Saal im
Oberpfälzer Künstlerhaus – nein, sie
schweben herein und formatieren sich
in choreografisch perfekt abgestimmten Bewegungen zu Reigen, die sich
immer wieder auflösen. Locken fliegen und Röcke rauschen. Paare finden
sich zusammen, knicksen und verneigen sich elegant voreinander und drehen sich, um sich majestätisch zum
Rhythmus der Musik wieder zum
Kreis zusammenzufinden.
Die Tänze waren 1814 modern
„Die Polonaise ist in Polen entstanden,
daher auch der Name“, erklärt Professor Kurt Seibert, künstlerischer Leiter
des 11. Schwandorfer Klavierfrühlings, und erweckt die Zuschauer damit ein wenig aus dem Zauber. Um das
„Tänzerische“ geht es in diesem Jahr –
und was ist naheliegender als das Eröffnungskonzert unter das Motto „Der
Kongress tanzt“ zu stellen. „La Danza“
aus München faszinierte die Besucher
mit Tänzen, die zur Zeit des Wieder
Kongresses im Jahr 1814 in Mode waren. „Ich höre oft von Zuschauern, die
Schrittfolgen würden doch gar nicht
stimmen“, erklärt Leiterin Jadwiga Nowaczek schmunzelnd. „Dabei tanzen
wir in original historischen Schritten.“
Zur Zeit des Wiener Kongresse sei
überhaupt viel getanzt worden, so Seibert, auch die russische Zarin liebte die
Polonaise. „Beethoven hat seine Chance genutzt und ihr eine gewidmet –
sein Ziel war natürlich Geld zu bekommen, was ihm auch gelang“, so erzählt Seibert immer wieder interessante Anekdoten. Gerade die Polonaisen
seien poetische, charaktervolle Stücke,
sagt er, und spielt zwischen den Tänzen Kompositionen von Beethoven
und Chopin – eine spannende Gegenüberstellung von Tanzmusik und
Kunstmusik. So wird das Trennende
und Verbindende deutlich. Walzer,
Polkas, Polonaisen und Mazurkas
zählten im 18. und 19. Jahrhundert zu
den beliebtesten Gesellschaftstänzen.
Ecossaise in rasantem Tempo
„La Danza“ formiert sich erneut zu
langen Reihen, dieses Mal zu einer
Ecossaise zu Musik von Schubert. Elegant schwebt die Formation übers Parkett und wechselt geschickt die Tanzpartner, immer mit einem Lächeln auf
den Lippen. Was so leicht erscheint,
haben die Mitglieder in einem mehrjährigen Training einstudiert, um so
authentisch wie möglich zu wirken.
Spaß hat so etwas schon immer gemacht. „Gerade junge Leute fanden die
Ecossaise damals hinreißend“, wusste
der Professor. Schließlich hat sie ein
verhältnismäßig rasantes Tempo und
man liebte es, sich dem Takt der Musik
zu ergeben und sich herumschwingen
zu lassen.
Passend dazu spielte Seibert anschließend sechs Ecossaisen Es-Dur
von Ludwig van Beethoven aus dem
Jahr 1806. Ob die Polka, die die Gruppe
zur Musik von Joseph Lanner (1801 bis
1843) tanzt, auch als Polen stamme, sei
nicht geklärt, so Seibert und fügt hinzu: „Um Polka tanzen zu können,
muss man verliebt sein.“ Schließlich
gehöre „blindes Vertrauen dazu, sich
in die Arme des Tanzpartners zu werfen.“ Bei dem Komponisten Smetana,
dessen „Souvenirs de Bohème“ in Polkaform Seibert spielt, sei „nichts Lusti-
Mitglieder der Tanzgruppe „La Danza“ schweben durch den Saal.
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PROFESSOR KURT SEIBERT UND DER KLAVIERFRÜHLING
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➤ Neue Idee: Professor Kurt Seibert, der
künstlerische Leiter des Festivals und international tätige Pianist, beschreitet in
diesem Jahr neue Wege beim Programm
des Klavierfrühlings. Renommierte
Künstler gestalten das Thema „Tanz in
der Kunstmusik“ aus verschiedenen
Perspektiven. Das Programm sieht im
Weiteren Folgendes vor:
➤ Dienstag, 7. März, 19.30 Uhr:
Ragtime und Boston - Musik um 1920
aus Übersee in Deutschland. Professor
Jaques Ammon und Robert Bily am Klavier und Elena Postumi mit Violine
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Foto: Ahrens
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ges“ zu hören, sondern das Stück habe
einen sehr sentimentalen Zug – man
spüre die Sehnsucht nach Böhmen
und nach Freiheit in einem Zeitalter,
das von der Zensur bestimmt gewesen
sei. Smetana ist einer der Begründer
der unverwechselbaren böhmischtschechischen Musikkultur.
Von der Mazurka zum Walzer
Immer beliebter in den Salons des Bürgertums wurde zur Zeit des Wiener
Kongresses auch die Mazurka, laut Seibert der Vorläufer des Walzer, ebenfalls im Dreivierteltakt gespielt. International bekannt wurde die Mazurka
durch Chopin, der dafür 51 Stücke
komponierte und dessen „Cinq Mazurka Opus 7“ Seibert vortrug. Um 1800
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Professor Kurt Seibert
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habe es die Begriffe „Deutscher Tanz“
und „Mazurka“ nebeneinander gegeben, noch zur Zeit Mozarts sei der
Deutsche Tanz brandneu gewesen. Seibert spielte sechs deutsche Tänze von
Mozart am Flügel, „La Danza“ zeigt einen Tanz zu Mozarts „La Lyra“. Anfang
des 19. Jahrhunderts ging der „Deutsche“ schließlich in den Walzer über –
und was wäre der Wiener Kongress
ohne Walzer gewesen? Er darf auch
beim Klavierfrühling nicht fehlen,
schließlich gab es früher 25 verschiedene Arten, ob langsam oder schnell,
so Seibert.
„Der Wiener Walzer beinhaltete damals einen Sprung als Tanzschritt“, demonstriert Jadwiga Nowaczek, die sich
seit dem Jahr 1980 mit der Rekonst-
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➤ Donnerstag, 9. März, 19.30 Uhr: Dances Macabres: Wolfgang Manz am Klavier, Einführung: Kurt Seibert
➤ Freitag, 10. März, 19.30 Uhr: Duo
D’Accord: Lucia Huang und Sebastian
Euler spielen Klavier zu vier Händen
➤ Sonntag. 12. März, 11 Uhr: Matinée:
Kammermusik für Violine und Klavier
mit Christian Seibert und Jung Won Seibert-Oh
➤ Karten: Reservierung erbeten unter
der Telefonnummer (0 94 31) 97 16; Infos gibt es auch auf www.oberpfälzerkuenstlerhaus.de
Foto: tre
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ruktion historischer Tänze beschäftigt
und einen Lehrauftrag an der Musikhochschule München hat. Seibert ergänzt: „Wichtig waren auch der Balancewalzer oder der luftige C-4-Walzer.“
Trotzdem seien nicht zufällig Tänze
aus der Zeit des Wiener Kongresses gewählt worden. Dessen Ergebnis und
die dadurch enttäuschten Hoffnungen
nach Freiheit hätten zur Politisierung
Europas und damit auch zum Entstehen nationaler Kunstmusik geführt.
Bis heute ist „Der Kongress tanzt“ ein
geflügeltes Wort. Tatsächlich wollte
man nach den Schrecken des Krieges
das Leben wieder voll genießen – diese
Zerstreuung gelang in der Walzerstadt
natürlich am besten beim Tanz in rauschenden Ballnächten.
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