Geschichte Alexandra Schäfer Der Ausbruch des zweiten Punischen Krieges Studienarbeit 1 Inhaltsverzeichnis Seite 1. Der Ausbruch des Zweiten Punischen Krieges – Einleitung 2 2. Welche Ursachen begünstigten den Ausbruch des Zweiten Punischen Krieges? 2 3. Aus welchem Anlass kam es 218 zum Kriegsausbruch? 4 3.1. Die Beziehung zwischen Sagunt und Rom 4 3.2. Die Lage von Sagunt 5 3.3. Die Chronologie der Ereignisse um Sagunt 6 4. Wer trägt die Schuld am Ausbruch des Zweiten Punischen Krieges? 10 4.1. Der Ebrovertrag in der Kriegsschulddiskussion 10 4.2. Die Rolle des Lutatiusvertrags in der Diskussion um die Kriegsschuld 12 5. Konklusion 13 6. Literaturverzeichnis 6.1. Quellen 14 6.2. Wissenschaftliche Literatur 15 2 1. Der Ausbruch des Zweiten Punischen Krieges – Einleitung Im Vorspann zu Ab urbe condita libri schreibt Livius: „...bellum omnium memorabile, quae unquam gesta sint, me scripturum, quod Hannibale duce Cartaginienses cum populo Romano gessere. Nam neque validiores opibus ullae inter se civitates gentesque contulerunt arma neque his ipsis tantum unquam virium aut roboris fuit;...“ .1 Doch wie und weshalb kam es zu diesem denkwürdigen Konflikt zwischen den zwei Großmächten um die Hegemonie im Mittelmeerraum, dem damaligen orbis terrarum, und wem ist die Schuld an diesem Krieg zuzuweisen? Nach der Niederlage um Sizilien, dem „Raub Sardiniens“ und den zusätzlichen Tributzahlungen waren die Karthager weiterhin kriegsbereit. Einmütig wurde der erst 26jährige Hannibal 221 v. Chr. nach der Ermordung Hasdrubals, der nach dem Tod des gefallenen Hamilkar das Kommando in Iberien übernommen hatte, von den Soldaten zum Feldherrn gewählt. Das karthagische Volk bestätigte einstimmig die Wahl des Heeres. Sofort brach Hannibal auf, um den iberischen Volksstamm der Olkaden zu unterwerfen. Nach einem raschen Sieg begab sich der junge karthagische Feldherr ins Winterlager in NeuKarthago. Im Sommer 220 begann er mit der Unterwerfung der Vaccaeer. Die Karpesier stellten sich den Karthagern auf deren Rückmarsch in den Weg. Nach der siegreichen Schlacht Hannibals am Tagos wagte jenseits des Ebro niemand mehr, außer Sagunt, sich den Karthagern entgegenzustellen.2 2. Welche Ursachen begünstigten den Ausbruch des Zweiten Punischen Krieges? Zwischen Rom und Karthago herrschten Misstrauen und Spannungen. Karthago war so erstarkt, dass sie Rom als Konkurrentin um die Weltmachtstellung auf gleicher Augenhöhe begegnete.3 Das machtpolitische Moment als Kriegsauslöser fand viele Anhänger in Forscherkreisen.4 Wenn zwei so mächtige Kontrahenten auf solch engem Raum nebeneinander leben und agieren, gleichzeitig ihr Hoheitsgebiet vergrößern und damit ihren Machtbereich ausbauen, kommen sie sich zwangsläufig in die Quere und müssen daher ihre Hoheitsgebiete zunächst klar definieren und dann auch zu verteidigen suchen. Nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ scheint Rom sein Interessengebiet stetig erweitert zu haben.5 Hier bot sich gleichzeitig die Gelegenheit, sich auf Dauer vom metus punicus zu befreien. Karthago jedoch eine hauptsächlich machtpolitische Motivation zuzuschreiben ist fraglich. Diese Kaufmannsnation war in stärkerem Maße an einer Sicherung ihres Handelsmonopols interessiert als an machtpolitischen Streitereien. Deutlich zeigt schon die Organisation des Heerwesens außerhalb des Staates, dass die Karthager nicht auf waffengelenkte Machtexpansion drängten.6 Dennoch schien auch in den Augen von Polybios ein Krieg damals unvermeidlich von den äußeren Umständen bedingt zu sein, wohingegen Livius Hannibal zuschrieb, dass dieser den 1 Liv. 21, 1 Polyb. 3, 13-14; vgl. App. Ib. 8, 28-29; Liv. 21, 5; abweichend: Zu Frühlingsanfang Zug gegen Vacaeer, Liv. 21, 5, 6-7; Karpetener statt Karpesier, Liv. 21, 5, 8-9 3 Polyb. 2, 36 4 Seibert 1, S. 146, nüchternes, machtpolitisches Kalkül der Senatoren, vgl. Seibert, S. 150; Bleicken, S. 159, S. 161; Täubler, S. 15; Schwarte, S. 69: Alle Senatoren wollen ganz Spanien unter römische Hoheit bringen.; Christ, S. 23, spricht von der Eroberungspolitik der Römer in Spanien und der grenzenlosen Risikofreudigkeit Roms Sagunt betreffend. 5 Hampl, S. 433 6 Konkurrenten beim Handel, alte See- und Handelsstellung, Hoffmann 1, S. 11 2 3 Krieg gewollt und daher bewusst herbeigeführt hätte.7 Hannibal wollte nach seiner Ernennung zum Feldherrn nichts aufschieben, so dass ihn ein Unglück wie zuvor Hamilkar (im Krieg gefallen) und Hasdrubal (ermordet) treffen könnte, die beide zu früh starben, um den Hass gegen die Römer umsetzen zu können.8 Seinen Kriegswillen ererbte Hannibal nach den antiken Quellen vom Vater. Dieser hatte sich nicht besiegt gefühlt, als er seine Truppen vom Eryx abziehen musste.9 Als neunjähriger Junge ließ Hamilkar seinen Sohn bei den Göttern schwören, niemals ein Freund der Römer zu sein.10 Groll, Feindschaft und Hass sind starke Beweggründe, die führende Staatsmänner von vernunftgeleiteten Entscheidungen abbringen können.11 Ob uns hier allerdings realistische und glaubwürdige Einschätzungen des Charakters von Hannibal vorliegen, erscheint mir fraglich, da die uns erhaltenen antiken Autoren alle keine Zeitgenossen des großen karthagischen Feldherrn im Zweiten Punischen Krieg waren, geschweige denn ihn persönlich kannten, aber gleichzeitig auch Quellen wie Sosylos oder Silenos, die in Hannibals Gefolge gereist sein sollen, ablehnten.12 Wie in der annalistischen Tradition zum Teil geschehen, die Ursachen des Krieges allein an einem Gefühlsmoment festzumachen, reicht nicht aus, um diesen großen Krieg zu erklären. Dass Hannibal allerdings zu einem gewissen Maße kriegsgewillt war, zeigt sich darin, dass er die Warnung der römischen Gesandtschaft, die ihn beschwor, sich von Sagunt fernzuhalten, ignorierte13 und damit bewusst das Risiko eines Krieges mit Rom einging. Für Karthago handelte es sich um eine Frage der Ehre und des Prestiges. Zudem glaubten sie sich im Recht und das nicht unbegründet, wie sich später zeigen wird. Auf Seiten der Römer lässt sich nur bedingt ein Wille zum Krieg feststellen. Diplomatische Aktivitäten vor dem Kriegsausbruch und das lange Zögern, bevor man wegen Sagunt tätig wurde, sprechen für Friedensbereitschaft. Dennoch überwog schließlich augenscheinlich die Überzeugung, sich den Affront Hannibals nicht bieten lassen zu können – vielleicht auch ein wenig Wiedergutmachung gegenüber Sagunt betreiben zu sollen – und nicht zuletzt die von der Machterweiterung der Karthager ausgehende Gefahr eindämmen zu müssen.14 Den Groll der Barkiden teilte die karthagische Bevölkerung, spätestens seit der Räumung Sardiniens und der Zahlung weiterer 1200 euböischer Talente zugestimmt werden musste, um einen Krieg mit Rom zu diesem Zeitpunkt zu verhindern (Aufstand von Söldnern und Libyern 7 Polyb. 2, 36; Hoyos, S. 274; Auseinandersetzung mit Hannibal unumgänglich, Schwarte, S. 73; Liv. 21, 5, 1-2; auch App. Ib. 10, 36; Unterstützung finden sie in Eckstein 2, S. 67 8 Liv. 21, 5, 1-2; Polyb. 3, 12; Hannibal stand in einem Interessenkonflikt, den er nicht selbst verursacht hatte, meint Christ 1, S. 14.; Übermaß an Hassgefühlen auf beiden Seiten, Liv. 21, 1, 2 9 Polyb. 3, 9 10 Polyb. 3, 11-12; Liv. 21, 1 oder 35, 19; App. Iber. 9, 34; Es gibt keinen Grund diese Anekdote für nicht historisch zu halten, so Walbank, S. 314.; Der Eid verpflichtete Hannibal nicht zum Krieg gegen Rom, sondern belegt lediglich den Hass des Hamilkar auf Rom, so Händel-Sagawe, S. 20-21. 11 Hampl, S. 440; Seibert S. 142 12 Seibert 1, S. 12 oder Hoffmann 1, S. 8; Hier liegen typische Merkmale für den idealen Feldherrn vor, ohne individuelle Züge, schreibt Christ 2, S. 494, ganz richtig.; Ein gutes und ausführliches Hannibalbild findet sich bei Christ 2, S. 461-495. 13 Polyb. 3, 15; Polyb. 3, 20; Albert, S. 102; Eckstein 2, S. 64-65; Vollmer, S. 130-131; Anderer Ansicht ist Seibert 2, S. 64-69, S. 72, für den Hannibal seit der römischen Gesandtschaft mit seinem Beraterstab bereits den Krieg plante, wobei er die Belagerung Sagunts eindeutig schon als Teil des Kriegsplanes sieht.; Allerdings hätten Hamilkar und Hasdrubal, wenn der barkidische Groll so groß gewesen wäre, schon zuvor Gelegenheit gefunden, gegen Rom vorzugehen, so Seibert 2, S. 86.; Auch Hoffmann 1, S. 12-13, sieht zu Zeiten Hamilkars und Hasdrubals kein barkidisches Kriegsinteresse.; Keine feindlichen Aktivitäten Hamilkars sind Walbank, S. 312, bekannt.; Keine Aggressionen auf beiden Seiten sieht Astin, S. 593.; Hannibal wollte den Krieg, wurde aber auch durch die Intervention Roms in Sagunt zusätzlich provoziert, ist Meyer, S. 367, sich sicher.; Hannibal zwang Rom und Karthago den Krieg anzunehmen., Meyer, S. 368 14 Albert, S. 102; Krieg aus Prestigegründen auf Seiten Roms, Vollmer, S. 129, und Schwarte, S. 66; gefährlichen Gesichtsverlust von Rom gefürchtet, Hoyos, S. 237; Nicht das Schicksal Sagunts war kriegsentscheidend, sondern Hannibals Widerstand gegenüber der Bitte der ersten römischen Gesandtschaft zu ihm., Hoyos, S. 240; Die karthagische Ehre war bedroht, so Meyer, S. 352.