032-035 Martinsheim Visp.indd

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Architektur Erweiterung Martinsheim Visp/VS
PANORAMABLICK
Der Bedarf an Alters- und Pflegeplätzen wächst stetig — auch
eine kleine Parzelle. Dennoch punktet der Bau mit gröss-
in der kleinen Walliser Gemeinde Visp. Dem Martinsheim
zügigen Gesten. Der gläserne Kubus gibt den Blick frei auf
wurde von Steinmann & Schmid und Mooser Lauber Architek-
das weite Gleisfeld des Bahnhofs Visp und das majestätische
ten ein neuer Flügel angefügt. Der gläserne Kubus besetzt
Bergpanorama. TEXT Jørg Himmelreich FOTOS Ruedi Walti
Der fünfgeschossige Erweiterungsbau des Martinsheims in Visp ist als gläserner Kubus mit gerundeten
Ecken geformt und an den bestehenden Altbau über einen Zwischentrakt angebunden.
Visp ist ein kleines Städtchen im Oberwal-
bau besteht aus einem Wohntrakt und einem
lis. Nachdem im Jahr 2007 der Personen-
Alterspflegeheim. Mit dem stetig wachsen-
bahnhof neu gebaut wurde, steigen täg-
den Bedürfnis nach Bewohnerplätzen wurde
lich 60 000 Passagiere dort um. Der Ort ist
ein Erweiterungsbau notwendig. Zudem
von 6500 auf 7100 Einwohner angewach-
galt es, die innere Struktur den aktuellen
sen. Diese neue Baudynamik ist nicht nur im
Betriebsabläufen anzugleichen. Ein benach-
neuen Visp-West zu spüren, sondern auch
bartes Gebäude wurde abgerissen, um Platz
im nördlich des Bahndammes gelegenen
für die Erweiterung zu schaffen.
Kleegärten-Quartier. Dort liegt unmittelbar
Situation
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architektur + technik 10 | 2013
neben den Gleisen das Martinsheim — ein
Wettbewerb
Alters- und Pflegeheim mit rund 70 Betten.
2009 fand ein international ausgeschriebe-
Die zweiflügelige Anlage wurde vor 35 Jah-
ner Wettbewerb im selektiven Verfahren
ren erbaut und war eine der ersten Instituti-
statt. Gewonnen hat ihn die Arbeits ge-
onen ihrer Art im Oberwallis. Der Bestands-
meinschaft Steinmann & Schmid Architek ten
Grundriss Erdgeschoss
Grundriss Obergeschoss
aus Basel zusammen mit Mooser Lauber
Quartier
Stucky Architekten ein kompakter Baukörper,
Stucky Architekten aus Zermatt. Anfang
Die Bebauung des Quartiers ist heterogen,
der durch seine vollständige Verglasung
September wurde der neue Flügel einge-
eine klare Ordnung ist nicht erkennbar. Im
jedoch eine Leichtigkeit aufweist, welche
weiht. Er bietet 40 neue Pflegezimmer und
Hintergrund ragt die Mühle von Visp mit
die enge räumliche Situation überspielt. Der
circa 4300 m2 Nutz fläche. Insgesamt wur-
einem Turm auf. Schulen, Gewerbebauten
Blick öffnet sich auf ein spannungsreiches
den für den Anbau rund CHF 15 Millionen
und Wohnungen vor allem aus den 1970er
Panorama: Die raue Stadtlandschaft von
investiert. Der Kanton Wallis hat sich daran
und -80er Jahren umzingeln das Altenheim
Visp mit den Bahngleisen im Vordergrund, mit
mit CHF 3,8 Millionen beteiligt, Visp schoss
und liessen wenig Platz für eine Erweite-
Industriebauten und betongrauen Wohnhäu-
5 Millionen zu und weitere 3 kamen von den
rung. Entsprechend ist der neue Baukörper
sern. Doch darüber gleitet der Blick auf das
umliegenden Gemeinden.
von Steinmann & Schmid und Mooser Lauber
versöhnende Panorama der Walliser Alpen.
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Architektur Erweiterung Martinsheim Visp/VS
Im Zwischentrakt liegen grösszügige Aufenthaltsräume. Noch sind sie leer …
Optimierte Disposition
grosszügige Aufenthaltsräume. Eine Koch-
Durch die winkelförmige Anordnung der Flü-
zeile sowie mehrere Sitzgelegenheiten laden
in den Obergeschossen haben hindernis-
gel ist vor Alt- und Neubau ein gefasster Vor-
zum Verweilen ein.
freie Nasszellen. Ein Akazienparkett verleiht
Warme Materialien
Falls es den Bewohnern dennoch einmal zu
platz entstanden. Im Scharnierpunkt ist das
neue Foyer angeordnet. Von dort kann das
Die 40 neuen geräumigen Einbettzimmer
einen wohnlichen Charakter.
gesamte Ensemble durchwegt werden. Vom
Obwohl die gesamte Fassade verglast ist,
langweilig werden sollte: Zum Bahnhof ist
Foyer aus sind die neuen Verwaltungsräume,
wirken die Innenräume wohnlich. In den
­
es nicht weit ! n
der Schulungs- und Werkraum sowie das Res-
­Fluren sorgen Tapeten mit Pflanzenmotiven
taurant im bestehenden Gebäude einfach zu
für eine beschwingte Atmosphäre. Die Böden
erreichen. Weitere Räume im Untergeschoss,
im Foyer sind aus Ornavasso-Granit und in
wie zum Beispiel die Garderoben der Mitarbei-
den Fluren aus braunem Polyurethan.
tenden oder auch das Kleiderlager, ergänzen
Trotz der grossen Fensterflächen erreicht das
und optimieren die betrieblichen Abläufe des
Bauwerk einen Heizwärmebedarf von 54 MJ/
gesamten Heimes. Im Erdgeschoss springt
m2. Unregelmässig positionierte vertikale
die Glasfassade zurück und bietet zwischen
Aluminiumschwerter, lackiert in zwei F
­ arben,
den Pilotis wettergeschützte Autostellplätze.
geben der Fassade einen abwechslungs­
Im Trakt zwischen Neu- und Altbau liegen
reichen Rhythmus.
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Steinmann & Schmid
Architekten AG
wurde 1992 von Peter Steinmann und Herbert Schmid gegründet. Steinmann & Schmid
Architekten planen anspruchsvolle Bauten für private und institutionelle Kunden sowie für die öffentliche Hand. Zu den
Kernkompetenzen gehören unter anderem
... aber schon bald sollen sie — wie im Rendering sichtbar — als gemütliche Lounges zum Verweilen
einladen. Indem Erschliessung und Aufenthaltsraum zusammengefasst wurden, werden
­B egegnungen zwischen den Bewohnern stimuliert.
Auch im Innenbereich kommt das Element der gerundeten Ecke zum Einsatz. Die robusten Tapeten
mit floralen Motiven wurden extra für den Erweiterungsbau angefertigt.
Wohnungsbauten, Industrie- und Gewerbebauten, Bauten im Bereich Spital und Altenpflege, Bahnhöfe und Ausstellungsarchitektur. www.steinmann-schmid.ch
Projektauswahl
2014 Baufeld G Erlenmatt, Basel
2014 Jugendherberge und Aqua Allalin,
Saas-Fee/VS
2013 Brückenweg, Visp/VS
2013 Kestenholz Truck Center,
Pratteln/BL
meint
Der Bezug auf den bestehenden Kontext
ist in der Schweizer Architektur ein gros­
ses Thema. Aber wie kann ein neuer Flügel für ein Altenheim gestaltet sein, wenn
der Altbau eine uninspirierende 1970er
Jahre Architektur ist und der städtebauliche K
­ ontext ein undefiniertes Nebeneineinander von Versatzstücken? Steinmann & Schmid haben daher ein autarkes
Stück Architektur entworfen, das mit seiner Glashülle an die gerundeten Bauten Emil
­Fahrenkamps und an die luftigen Pavillons
von Sepp Ruf erinnert. Schade nur, dass der
Erweiterungstrakt nicht wie der Expo-Pavillon in Brüssel aus dem Jahr 1958 von einem
Park, sondern von heterogenen Baustrukturen umspült wird.
Jørg Himmelreich
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