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ABBRUCH
Abbruch an umsatzstärkster Einkaufsmeile
Das Ende der Zeilgalerie in Frankfurt läutet den Neubeginn von „UpperZeil“ ein
Die Skyline von Frankfurt hatte der Kranführer im Blick, der das Abbruchmaterial in Krankübel und Container nach unten beförderte.
FRANKFURT AM MAIN (SR). Im Sommer 2016 waren die Abbrucharbeiten an
Frankfurts umsatzstärkster Einkaufsmeile angelaufen und wurden noch vor Jahresende zum erfolgreichen Abschluss gebracht. Das Abbruchunternehmen Antal
aus der Mainmetropole hatte für die Bauherren, dem Immobilienunternehmen RFR
und dem Einzelhandelsunternehmen DC Values, die Entkernung und Schadstoffsanierung von Asbest, KMF, PAK sowie PCB der Zeilgalerie übernommen. Dann
machte sich Antal an den kontrollierten Rückbau. Es ging um 132 500 Kubikmeter
Bruttorauminhalt. Dabei musste sich die Firma streng an eine ausgeklügelte Baustellenlogistik halten. Weil der Abbruch mitten in der Fußgängerzone erfolgte und
die Baustelle von der Zeil aus erschlossen wurde, mussten vielseitige Vorkehrungen
getroffen werden, um den Geschäftsverkehr so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. Die Zeil zählt zu den meistfrequentierten Einkaufsstraßen Deutschlands –
mehr als 10 000 Menschen pro Stunde sind dort im Schnitt unterwegs.
Die Baustelle war zur dieser Zeit nicht die
einzige rund um die Zeil. Sieben weitere
Baumaßnahmen wurden innerhalb der
letzten Monate im Umfeld abgewickelt,
darunter gleich in unmittelbarer Nachbarschaft die MyZeil. Das bedeutete jede
Menge Verkehr. Die Stadt hatte aus diesem
Grund klare „Spielregeln“ aufgestellt, was
die Baustellenlogistik betraf. In der Spitze
rollten bis zu 70 Lkw pro Tag durch die
Zeil – 25 Lkw gingen alleine auf das Konto
der Abbrucharbeiten, um das anfallende
Abbruchmaterial zu entfernen. Zu entsorgen waren an die 20 000 Tonnen.
Es wurde an mehreren Stellen gleichzeitig
gearbeitet, um der Zeilgalerie den Garaus
zu machen. Zu Spitzenzeiten waren rund
75 Mitarbeiter der Firma Antal vor Ort im
Einsatz. Gearbeitet wurde im Zweischichtbetrieb. Von oben nach unten wurde das
Gebäude auf einer Bruttogeschossfläche
von 33 000 Quadratmetern Etage für
Etage mithilfe von Kompaktmaschinen
und im Schneidverfahren abgetragen. CatBaumaschinen vom Typ 305 bearbeiteten
mit Hammer den Stahlbeton und zwei
308E2CR waren mit Darda-Abbruchzangen zu Gange, um die Stahlträger zu
zerlegen. Diese wurden von der Zeppelin
Niederlassung Hanau und ihrem leitenden
Verkaufsrepräsentanten Harald Eichmann
geliefert.
Insgesamt waren neun Stockwerke rückzubauen. Stahl und Beton wurden strikt voneinander separiert. 800er HEB-Stahlträger
mit einer Länge von 19 Metern mussten
für den Abtransport gekürzt werden. Betonbrocken sollten im Schnitt nicht größer
als 40 Zentimeter sein, um sie noch verladen zu können. Kleingeräte wie Deltalader
oder ein Elektrolader schoben das Material
auf der Baustelle zusammen. Gesammelt
wurde alles in Krankübeln und Containermulden, die dann per Kran nach unten
gehoben wurden. Dort schichtete ein Cat
Mobilbagger M320F mit einem Sortiergreifer das Abbruchmaterial in größere
Sammelcontainer um, die dann im vorgegebenen Zeitfenster abgefahren wurden.
Um möglichst wenig Transporte zu erzeugen, wurde das Material tagsüber noch an
Ort und Stelle platzsparend zusammengepresst. „Schließlich sollte kein Transportvolumen unnötig verschenkt werden“, erklärte Bauleiter Daniel Deigert.
Auf der Zeil wurde eine temporäre Baustraße mit recycelbaren Bodenmatten
verlegt, um den Straßenbelag vor Beschädigungen durch die Laster zu schützen.
Die Fußgängerzone durfte so wenig wie
möglich eingeschränkt werden. Allein
deshalb musste der Baustellenverkehr klar
geregelt werden. Die Abbruchfirma Antal
entwickelte auf Grundlage eines Logistikhandbuchs eine effiziente TransportStrategie. Darin ist festgehalten, welche
Fahrzeuge mit welchen Lasten wann und
wo Zufahrt erhalten. Im Falle von Antal
durften die fünf eingesetzten Lkw nur innerhalb eines Zeitfensters von 22 Uhr bis
1.30 Uhr und von 6 Uhr bis 10 Uhr das
Abbruchmaterial abtransportieren, wenn
wenig Passanten über die Zeil schlendern.
Die Einkaufsmeile durfte nur von einem
Fotos: Zeppelin
Lkw gleichzeitig befahren werden. Diesem Lkw ging eine Person voraus, um für
maximale Sicherheit zu sorgen. Leere Lkw
erreichten über die Große Eschenheimer
Straße die Baustelle. Volle Lkw verließen
die Baustelle über die Stiftstraße. Diese
Regelung war aus Gründen der Statik nötig, weil sich unter der Zeil die Tunnel für
U-Bahnen und S-Bahnen befinden.
Auf der Zeil wurde eine temporäre Baustraße mit recycelbaren Bodenmatten
verlegt, um den Straßenbelag vor Beschädigungen durch die Laster zu schützen.
Diese bestanden aus rutschfestem Kunststoff, waren dreieinhalb Meter breit und
lagen auf der nördlichen Fußgängerseite.
Entlang der Baustraße gab es keine Zäune, damit Besucher auch weiterhin in die
Läden kommen konnten. Umzäunt war
lediglich die Baustelle vor der Zeilgalerie.
Der Bauzaun ragte bis zur ersten Reihe
der Platanen in die Fußgängerzone hinein
und trennte die Abbrucharbeiten des seit
Frühjahr leerstehenden Gebäudes von den
Passanten.
Es waren immer wieder Vertreter der
Frankfurter Bauaufsicht und vom Regierungspräsidium Hessen vor Ort, um den
Verkehr zu kontrollieren und die Emissionen zu überwachen. Ein Lärmschutzgutachten war im Vorfeld erstellt worden.
Permanent erfolgten während der Arbeiten Lärmmessungen. „Wir mussten genau
vorgeben, mit welchen Maschinen wir die
Bausubstanz abtragen und wie viele Stunden sie arbeiten“, so Bauleiter Deigert. Für
den innerstädtischen Bereich mit seinen
besonderen Anforderungen wurden von
dem Unternehmen Antal Spezialgeräte
wie Elektrolader und Elektroroboter eingesetzt, um Lärmpegel und Staubentwicklung möglichst gering zu halten. Sobald
erste Anzeichen von Staub auftraten, die
sich nie völlig verhindern lassen, kamen
spezielle Wasser-Nebelanlagen zum Einsatz, um die Staubquelle im Keim zu ersticken. Auch Erschütterungen wurden
mittels Seismografen aufgezeichnet.
Mit Abbruchobjekten in der Größenordnung und Komplexität der Zeilgalerie
will sich Antal weiter im Abbruchgeschäft
rund um Frankfurt etablieren. Das Unternehmen hat sich ursprünglich auf die
Entkernung und Schadstoffbeseitigung
konzentriert, doch inzwischen baut es
unter der Leitung von George Antal seine Leistungen sukzessive aus. Bewältigt
werden immer größere Objekte respektive Industrieanlagen. Darüber hinaus bietet das Portfolio des Unternehmens den
Abbruch bei laufendem Betrieb an und
erstellt dafür entsprechende Rückbaukonzepte. Dazu gehört das komplette Paket
vom fachgerechten Rückbau über die Materialaufbereitung bis hin zur Entsorgung
und Wiederverfüllung. Denn der Betrieb
verfolgt die größtmögliche und umweltgerechte Wiederverwertung der anfallenden
Abbruchmaterialien. Ob Mauerwerk oder
wie bei der Zeilgalerie Beton – sie kön-
Etage für Etage wurde mithilfe von Kom
nen mittels Brecher aufbereitet werden.
Abbruchabfälle werden, wie das Projekt
zeigt, gleich auf den Baustellen sortiert und
durch eigene Lkw zu Verwertungs- beziehungsweise Entsorgungsanlagen abtransportiert. Weil das Konzept der Baustellenlogistik beim Rückbau der Zeilgalerie
optimal funktionierte, soll es auch bei anderen Objekten Schule machen.
Rolltreppen der Zeilgalerie führten ein
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DEUTSCHES BAUBLATT NR. 390 Januar | februar 2017
Darda-Abbruchzangen zerlegten den Stahl.
Ein Cat Mobilbagger schichtete mit einem Sortiergreifer das Abbruchmaterial in größere Sammelcontainer um.
Daniel Deigert, Antal Bauleiter, Vasile und George Antal, Prokurist und Geschäftsführer von Antal, Georgiana Dan, Mitarbeiterin von Antal, und Harald
Eichmann, leitender Verkaufsrepräsentant von Zeppelin (von links).
mpaktmaschinen abgetragen.
1992 war die Zeilgalerie unter dem prestigeträchtigen Namen Les Facettes errichtet
worden. Für brisante Schlagzeilen sorgte
Baulöwe Jürgen Schneider, als er die Baupläne fälschen ließ und aus den 9 000
Quadratmetern Verkaufsfläche 22 000
Quadratmeter machte, um Kredite zu
bekommen. Als dieser Pleite ging, wechselten mehrfach die Eigentümer. 2011
nst nach oben.
Beim Rückbau ging es um 132 500 Kubikmeter Bruttorauminhalt.
wurde das Shoppingcenter noch einmal
umgestaltet, doch ganz ging das Einkaufskonzept nie auf, aller Revitalisierungsmaßnahmen zum Trotz. Dominierende
Elemente waren eine aufwendige Glasund Stahlkonstruktion. Im Zentrum
stand ein Innenhof, der durch offene Rolltreppen und zwei gläserne Aufzüge ausgefüllt war. Über eine Vertikalpassage ging
es spiralförmig nach oben. Dort bot sich
den Besuchern auf der Außenterrasse ein
Blick über Frankfurts Skyline mit seinen
Hochhäusern. Weil der Einkaufstempel
mit seinen Ebenen und seinem verschachtelten Treppenhaus schlecht erschlossen wurde und viele Läden leer standen,
wurde sein Abriss bis auf die Decke des
zweiten Untergeschosses beschlossen. Die
übrigen drei Untergeschosse bleiben bestehen. Auf ihnen setzt der Neubau „Upper
Zeil“ auf, der in einer Flucht zur Galeria
Kaufhof und dem Einkaufszentrum „My
Zeil“ bestehen soll. Das neue Geschäftshaus, entworfen von dem Frankfurter
Büro KSP Jürgen Engel Architekten, soll
2018 fertig sein. Geplant ist ein siebengeschossiges Gebäude mit rund 14 800
Quadratmetern Gesamtmietfläche, dessen
Traufhöhe sich an den Nachbargebäuden
anlehnt. Vorgesehen ist, dass zwei Staffelgeschosse leicht zurücktreten. Neues
Markenzeichen wird die 45 Meter breite
Fassade mit einer transparenten Fläche,
wie sie auch sonst auf der Zeil dominiert,
und somit Einblicke und Ausblicke auf die
belebte Einkaufsmeile ermöglicht.
Beton musste für den Abtransport auf eine Größe von 40 Zentimetern gebracht werden.
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