2 Abb. 1: Resol-Hartschaum-Systeme ­unter­scheiden sich in ihrer Verarbeitung nicht ­wesentlich von anderen WDV-Systemen. Dennoch sieht der Hersteller zur Qualitäts­ sicherung ein Ver­arbeiter-Training vor. Abb. 2: Die meiste Wärme geht über die Wände eines Hauses verloren. Entsprechend hoch ist der Heizenergieverlust bei einer ungedämmten ­Fassade. Abb. 3 bis 6: Der Aufbau von vier unterschied­lichen WDVS-Typen im Vergleich: Dämmputz (3), EPS (4), vollmineralisch (5) und ­Resol-Hartschaum (6). 1 Etwas Wärme braucht das Haus Außendämmsysteme im Überblick ❚ Dämmputz, EPS, Mineralwolle, Resol-Hartschaum – die Möglichkeiten der ­Fassadendämmung sind vielfältig. Jedes dieser Systeme hat seine spezifischen Vorteile, die in unterschiedlichen ­Anwendungsbereichen zum Tragen kommen. Die nachfolgende Übersicht verschafft Klarheit. Georg J. Kolbe V or dem Hintergrund steigender Energiepreise, der CO2-Diskussion und der Anforderungen durch die Energieeinsparverordnung (EnEV) kommt der Wärmedämmung von Gebäuden eine stetig wachsende Bedeutung zu. Wie die Praxis zeigt, sorgt eine Fassadendämmung bei 20 Neu- wie auch Altbauten für den effizientesten Wärmeschutz (Abb. 2). Eine an der Außenseite des Gebäudes angebrachte Dämmung hält die Wärme im Haus. Die Wände können die Raumwärme aufnehmen, so dass die Energiespeicherfähigkeit des Mauerwerks umfassend genutzt wird. Bis zu 40 Prozent der Heizenergie lassen sich auf diese Weise einsparen. Die Möglichkeiten der Fassaden­dämmung sind vielfältig. Deshalb ist es wichtig zu wissen, was es für Systeme gibt und für welchen Anwen­dungs­bereich sie sich im Hinblick auf die ­L eistungsfähigkeit, die B+B ❘ 2.2010 Abb.: Saint Gobain-Weber Gebäudehülle ❚ Fassadensanierung Fassadensanierung ❚ Gebäudehülle 3 4 5 Funk­tiona­lität und den Werterhalt eines ­Gebäudes besonders eignen (Abb. 3 bis 6). Nicht zuletzt stellt sich die Frage nach der passenden Ober­f lä­chenbe­schichtung. Im Altbau kommt es auf die Dämmung an Beim Bauen im Bestand haben wir es mit Untergründen zu tun, die in der Regel nicht im Hinblick auf Energieeinsparung nach heutigem Standard konzipiert wurden. Moderne, hoch wärmedämmende Mauersteine aus Poren- oder Leichtbeton mit geringer Rohdichte und spezieller Lochgeometrie sowie Wärmeleitfähigkeitskoeffizienten zwischen 0,16 W/(mK) und 0,09 W/ (mK) wird man kaum vorfinden. Umso wichtiger sind hier die Dämmmaterialien, die auf der alten Fassade B+B ❘ 2.2010 6 angebracht werden. Die leistungsfähigste Dämmung bieten dabei immer noch Wärmedämm-Verbundsysteme. Doch auch mithilfe eines mineralischen Dämmputzsystems können bemerkenswerte Effekte erzielt werden. Mineralische Dämmputze passen sich Untergründen an Mineralische Dämmputzsysteme empfehlen sich zum einen als Ergänzung für wär- medämmendes Mauerwerk, da sie eine hohe Entkopplung vom Putzgrund und folglich einen größeren Schutz vor Putzrissen bieten. Darüber hinaus hat ein mineralisches Dämmputzsystem aber auch bei der Sanierung historischer Altbaufassaden seine Vorteile. Es ermöglicht fugenlose Dämmschichten, die sich allen geometrischen Formen des Untergrundes anpassen. Durch eine Auftragsdicke von bis zu 100 Millimetern können selbst­ Resol-Hartschaum Verarbeiter müssen sich zertifizieren ❚ Erstmals zum Einsatz kam Resol-Hartschaum beim WDV-System „weber.therm plus ultra“. Aus Gründen der Qualitätssicherung müssen sich Fachbetriebe im Rahmen eines einführenden Trainings für die Verarbeitung zertifizieren lassen. ❯❯ 21 Gebäudehülle ❚ Fassadensanierung 7 große Unebenheiten problemlos ausge­ glichen werden. Speziell bei nicht ausreichend tragfähigen Untergründen sollte man vor dem Putzauf­ trag einen Putzträger spannungsfrei aufbrin­ gen. Es handelt sich dabei um ein verzinktes, gewelltes Stahlgitter, das per Verdübelung im Untergrund verankert werden muss. Danach wird der wärmedämmende Unterputz in der gewünschten Dicke aufgetragen. Nach etwa einer Woche Standzeit lässt sich die Ober­ fläche mithilfe eines mineralischen Ober­ putzes individuell gestalten. Ein solches mineralisches System ist dif­ fusionsoffen und kapillaraktiv. Um eine optimale Dämmleistung zu erreichen sowie eine lange Lebensdauer zu gewährleisten, sollten die vom Hersteller vorgesehenen Systemkomponenten eingesetzt werden. Bestandteile eines WDVS müssen harmonieren 8 Abb. 7: Ideal für eine ökologisch-nach­ haltige Bauweise: Vollmineralische Sys­teme bestehen aus rein natürlichen Rohstoffen und bieten dazu höchsten Brandschutz. Abb. 8: Resol-Hartschaum verfügt mit einem ­­Wärmeleitfähigkeitskoeffizienten von 0,022 W/(mK) über eine fast doppelt so hohe Dämmleistung wie herkömmliche WDV-Systeme. 9 22 Abb. 9: Mit Dämmungen aus ResolHartschaum können Fensterlaibungen schlank ­gehalten werden. Auch bei einem Wärmedämm-Verbundsys­ tem (WDV-System) ist es entscheidend, dass die einzelnen Bestandteile miteinander harmonieren. Andernfalls ist mit einer ein­ geschränkten Leistungsfähigkeit und unter Umständen sogar mit Bauschäden zu rech­ nen. Aus diesem Grund legen die Hersteller großen Wert darauf, dass ausschließlich die vorgesehenen Einzelkomponenten mitei­ nander kombiniert werden. Die Bestandteile einer Fassadendäm­ mung variieren von System zu System. Abhängig davon unterscheiden sich WDVSysteme bezüglich ihrer Dämmleistung, Anwendungsbereiche und Verarbeitung. Grundsätzlich setzt sich aber jedes WDVSystem aus den folgenden Bestandteilen zusammen: einem Klebemörtel zur Befes­ tigung des Dämmstoffs auf dem Mauer­ werk, dem Dämmstoff selbst – zum Beispiel Polystyrol, Mineralwolle oder neuerdings auch Resol-Hartschaum – einer Armie­ rungsschicht als Untergrund für die Schlussbeschichtung sowie einem Oberputz für die Fassadengestaltung und zum Schutz vor witterungsbedingten Einflüssen. Im Altbau müssen EPS-Platten oft verdübelt werden WDV-Systeme auf der Basis von EPS bezie­ hungsweise expandiertem Polystyrol-Hart­ schaum können auf eine jahrzehntelange Erfolgsgeschichte verweisen. Bis zum heu­ tigen Tag sind sie prädestiniert für eine B+B ❘ 2.2010 Fassadensanierung ❚ Gebäudehülle preiswerte und dennoch leistungsstarke Dämmung von Alt- und Neufassaden. Abhängig von der Dämmplatte verfügen EPS-Systeme über einen Wärmeleitfähigkeitskoeffizienten von 0,040 W/(mK) bis 0,032 W/(mK). Als Untergrund eignen sich sowohl Beton als auch unterschiedliche Mauerwerkssteine. Während es bei einem Neubau in der Regel genügt, die Dämmplatten mithilfe des entsprechenden Klebemörtels anzubringen, müssen sie im Altbau mitunter verdübelt werden. Dies gilt insbesondere, wenn der Untergrund aus einem sandenden Putz oder aus einem Putz mit einem Altanstrich auf Dispersionsbasis besteht. Auch organische Anstriche oder Putze sind ohne Verdübelung nicht ausreichend tragfähig. Nach einer Standzeit von mindestens drei Tagen wird die Armierungsschicht, bestehend aus Armierungsmörtel und Armierungsgewebe, aufgebracht. Die Schlussbeschichtung erfolgt nach weiteren sieben Tagen. Wenn ein dickschichtiger Oberputz – zum Beispiel ein Edelkratzputz – vorgesehen ist, sollten die Dämmplatten auch bei tragfähigen Untergründen verdübelt werden. Der Mehraufwand lohnt sich, da ein EPS-System durch einen dickschichtigen, mineralischen Putzaufbau deutlich aufgewertet wird. Er macht das gesamte System robuster und langlebiger. Zudem ist für einen erhöhten Brandschutz gesorgt. Vollmineralische WDVS haben Stärken im Feuchteschutz Vollmineralische WDV-Systeme eignen sich vor allem für Alt- und Neubauprojekte, bei denen wirkungsvoller Wärmeschutz mit einer nachhaltig-ökologischen Bauweise einhergehen soll. Alle Komponenten dieser Systeme setzen sich aus natürlichen, mineralischen Rohstoffen zusammen. Die Dämmplatten bestehen aus Mineralwolle. Vollmineralische Systeme besitzen deutlich bessere Diffusionseigenschaften als Systeme auf EPS-Basis. Sie sorgen für einen optimalen Feuchteschutz und eine extrem schnelle Bauaustrocknung. Zudem gehören vollmineralische Systeme zur Baustoffklasse A1 und sind dementsprechend nicht brennbar. Es handelt sich daher auch um eine hervorragende Lösung für Gebäude, bei denen maximaler BrandB+B ❘ 2.2010 schutz gefordert ist, wie zum Beispiel Krankenhäuser oder Schulen. Mineralwolle-Dämmplatten verfügen über einen Wärmeleitfähigkeitskoeffizienten, der zwischen 0,041 W/(mK) und 0,035 W/(mK) liegt. Sie können auf Beton wie auch Mauerwerk bei einer Gebäudehöhe von bis zu 100 Metern eingesetzt werden. Bei einem ausreichend tragfähigen Untergrund sowie der Verwendung von Mineralwolle-Lamellen genügt es, die Dämmschicht zu verkleben. Erst ab einer Gebäudehöhe von 20 Metern oder bei nicht ausreichend tragfähigen Untergründen ist eine Verdübelung erforderlich. Das Auftragen der Armierungsschicht sowie die Schlussbeschichtung erfolgt wie bei EPS-Systemen nach etwa drei bis sieben Tagen. Für die Schlussbeschichtung eines vollmineralischen Systems eignen sich ausschließlich mineralische Oberputze (Abb. 7). Ein organisch gebundener Putz würde sich kontraproduktiv auf sämtliche positiven Eigenschaften des Systems auswirken. Resol-Hartschaum ermöglicht schlanke Aufbauten Erst seit Kurzem wird neben Polystyrol und Mineralwolle auch Resol-Hartschaum zur Dämmung von Gebäudefassaden genutzt. Dabei handelt es sich um einen Kunststoff, der hauptsächlich aus Bakelit besteht. Bakelit wird auf Basis von Phenolharz hergestellt. Resol-Hartschaum verfügt über einen Wärmeleitfähigkeitskoeffizienten von 0,022 W/(mK) und damit über eine fast doppelt so hohe Dämmleistung wie herkömmliche WDV-Systeme. Ein solcher Dämmwert ermöglicht schlankere Systemaufbauten, was sowohl im Neubau als auch bei energetischen Sanierungen zu umfangreichen Vorteilen führt (Abb. 8). Bei Sanierungen sind zum Beispiel die Umbaukosten für die Anpassung von Dachüberständen und Detailanschlüssen geringer oder entfallen sogar komplett. Zudem bleiben Tür- und Fensterlaibungen schlank, so dass die Gebäudecharakteristik nicht beeinträchtigt wird und weiterhin ein ausreichender Lichteinfall gewährleistet ist (Abb. 9). Letztendlich können auch Gebäude energetisch aufgerüstet werden, bei denen es mithilfe konventioneller Dämmstoffe unmöglich ist, die geforderte oder gewünschte Dämmleistung zu erzielen. Sogar eine nachträgliche Dämmung auf Passivhaus-Niveau ist mit einem solchen System möglich. Bereits eine Dämmschicht von 16 Zentimetern kann den Heizwärmebedarf eines Altbaus auf unter 15 kWh/(m²a) senken. Um einen solchen Effekt mit konventionellen Dämmstoffen zu erzielen, wäre eine Schichtstärke von rund 30 Zentimetern erforderlich. Die 120 × 40 Zentimeter großen Dämmplatten unterscheiden sich in ihrer Handhabung nicht wesentlich von denen herkömmlicher WDV-Systeme (Abb. 1). Sie werden nach den gleichen Kriterien geklebt und verdübelt. Als Untergrund für ein Resol-Hartschaum-System eignen sich Beton und Mauerwerk. Ein Dämmstoffwechsel in Fenster- und Türstürzen ist nicht erforderlich. Resol-Hartschaum ist in die Brandschutzklasse B1 eingestuft und kann bis zur Hochhausgrenze von 22 Metern eingesetzt werden. Das Material ist gesundheitlich unbedenklich und 100 Prozent FCKW- und H-FCKW-frei. Autor Georg J. Kolbe Leiter Produktmarketing Fassade/Wand Saint Gobain-Weber, Ludwigshafen Online-Archiv unter www.BauenimBestand24.de Themen Außenwände, Energetische Sanierung Schlagworte Klimaputz, Wärmedämmung, Wärmedämm-Verbundsystem 23