Volkswirtschaftslehre Geld, Banken und Inflation Die Messung der Preisstabilität Inflation = Prozentuale Steigerung des allgemeinen Preisniveaus Das Preisniveau ist definiert als der Preis eines repräsentativen, also den durchschnittlichen Konsumgewohnheiten angepassten, Warenkorbs = LIK LIK (Landesindex der Konsumentenpreise) = Der LIK indexiert den Preis des Warenkorbs. Die prozentuale Veränderung des LIK entspricht der Inflation. LIK: - Der LIK ist eine wichtige wirtschaftliche Grösse Der LIK ist die Basis für den Teuerungsausgleich, z.B. bei Löhnen oder Renten Hauptprobleme des LIK: - Qualitätsverbesserungen von Gütern werden unvollständig erfasst, dies führt zu einer Überschätzung der Inflation - Die Zusammensetzung des Güterkorbs wird nur ca. alle 5 Jahre grundlegend neu überprüft. Was ist Geld? Geld dient als: 1. Tauschmittel 2. Wertaufbewahrungsmittel 3. Masseinheit Allgemein: • • • • In fast allen Ländern darf alleine die Zentralbank, ein staatliches Monopol, Geld schaffen. In der Schweiz ist dies die Schweizerische Nationalbank (SNB). Zum Geld zählen nicht nur Noten und Münzen, sondern auch das „Buchgeld“, das auf Bankkonten liegt. Wie viel Geld ist im Umlauf? Darüber gibt uns die Geldmenge Auskunft, die in verschiedene unterschiedlich liquide Aggregate unterteilt ist. Verschiedene Definitionen der Geldmenge, die weitergehenden Konzepte schliessen immer illiquidere Geldformen mit ein: • Notenbankgeldmenge: Bargeld + Konten der Geschäftsbanken bei der Nationalbank. • M1: Bargeld, Sichteinlagen und Transaktionskonten (Konten, die für den Zahlungsverkehr verwendet werden, sehr liquide). • M2: M1 + Spareinlagen (Sparkonten, weniger liquide). • M3: M2 + Termineinlagen (Einlagen, die erst bei Fälligkeit kostenlos in Bargeld umgetauscht werden können). Geldmengendefinitionen und Grössenordnungen, 2009: Die Entstehung von Geld Instrumente der SNB zur Steuerung der Geldmenge Allgemein: expansive und restriktive Geldpolitik expansiv: Geld wird in die Wirtschaft gepumpt restriktiv: Geld wird aus der Wirtschaft genommen Instrumente: Wichtigstes Mittel der Zentralbank, um Geldmenge zu steuern, ist die Offenmarktpolitik Offenmarktpolitik: Kauf und Verkauf von Aktiva (hauptsächlich Wertschriften) durch die Zentralbank, um ihre geldpolitischen Ziele zu erreichen. Beispiel: SNB -> Kauf von Wertpapieren CHF 1 Mio. -> Geschäftsbank SNB <- Bezahlung von CHF 1 Mio. <- Geschäftsbank Die SNB bringt damit CHF 1 Mio. an neu geschaffenem Geld in Umlauf. Die Geldmengen (M1 bis M3) erhöhen sich je um CHF 1 Mio. -> der Geldschöpfungsmultiplikator setzt ein. Aktiva stilisierte Bilanz der SNB Passiva Gold Notenumlauf Inländische Wertpapiere neu in Umlauf gebrachtes Geld (CHF 1 Mio.) neu gekaufte Wertpapiere (CHF 1 Mio.) Girokonten der Geschäftsbanken Ausländische Wertpapiere (Devisen) Andere Aktiva Reserven Bei einer expansiven Geldpolitik verlängert sich die Bilanz der SNB. Bei einer restriktiven Geldpolitik wird die Bilanz kürzer. • Kommuniziert wird die Geldpolitik der Zentralbanken meist über einen kurzfristigen Zinssatz (Leitzins) • • Es handelt sich dabei nicht um ein alternatives Instrument, das an die Stelle der Geldmengensteuerung tritt. Denn die Zentralbanken steuern so lange mit der Offenmarktpolitik die Geldmenge, bis der festgelegte Leitzinssatz erreicht wird. In der Schweiz ist der Leitzins der 3-Monats-LIBOR für Schweizer Franken Diskontpolitik Wechselkurspolitik Zinspolitik Kreditpolitik Mindestreservepolitik Geldschöpfungsmultiplikator: • • • Aus wenig Notenbankgeldmenge kann eine umfangreiche Geldmenge M3 werden. Die Geschäftsbanken vermehren das Geld, das sie von der Zentralbank erhalten, durch Kreditvergabe. Dabei dürfen sie aber nicht 100% ausleihen, sondern müssen Geld im Umfang des Reservesatzes zurückbehalten. Durch den Geldschöpfungsmultiplikator können aus den CHF 1 Mio. Zentralbankgeld maximal CHF 10 Mio. liquide Mittel werden (Annahme: Reservesatz = 10%). Banken siehe Betriebswirtschaftslehre Unternehmensfinanzierung • Haushalte sparen meist und haben ein Überschussangebot an Kapital. • Unternehmen müssen Investitionen tätigen und haben meist Überschussnachfrage nach Kapital. Möglichkeiten der Unternehmensfinanzierung • Direkte Finanzierung über Finanzmärkte: Haushalte kaufen Aktien oder Obligationen der Unternehmen v.a. geeignet für grosse und bekannte Unternehmen. • Indirekte Finanzierung über Banken: Spargelder der Haushalte gehen als Bankkredite an Unternehmen v.a. geeignet für kleinere und mittlere Unternehmen. Der Zusammenhang zwischen Geld und Inflation Was hat die Geldmenge mit der Inflation zu tun? Quantitätsgleichung Folgende Beziehung gilt gemäss der Quantitätsgleichung immer: P x Q = M x V • • • • P = Preisniveau nominales BIP Q = reales BIP M = Geldmenge, die im Umlauf ist V = Geldumlaufgeschwindigkeit (Anzahl der Transaktionen, die mit einer Banknote pro Jahr durchschnittlich durchgeführt werden) Wenn wir annehmen, dass bei der Quantitätsgleichung PxQ=MxV • die Angebotsseite langfristig das reale BIP Q bestimmt und • die Geldumlaufgeschwindigkeit V konstant bleibt, dann führt eine Veränderung der Geldmenge M zu einer Veränderung des Preisniveaus P. Expansive Geldpolitik: Erhöhung der Geldmenge Erhöhung der Geldmenge M führt gemäss Quantitätsgleichung langfristig zu proportionaler Erhöhung des Preisniveaus P (Inflation). Restriktive Geldpolitik: Reduktion der Geldmenge Reduktion der Geldmenge M führt gemäss Quantitätsgleichung langfristig zu proportionaler Senkung des Preisniveaus P (bei konstanter Geldumlaufgeschwindigkeit V und realem BIP Q). Inflation und Konjunktur: • In einem Boom ist die Wirtschaft stark ausgelastet: Nachfrage > Angebot dies erhöht Löhne und Preise steigende Inflation • In einer Rezession gilt: Nachfrage < Angebot die Arbeitslosigkeit drückt auf die Löhne und die schwache Nachfrage auf die Güterpreise sinkende Inflation Wieso sind Inflation und Deflation schädlich? Kosten der Inflation: • Eine sogenannte Hyperinflation (>50% pro Monat) ist selbstverstärkend und wirtschaftlich verheerend. • Aber auch eine moderate Inflation führt zu wirtschaftlichen Kosten. Kosten einer moderaten Inflation: Transaktionskosten o Die Opportunitätskosten der Geldhaltung sind hoch, weil die nominalen Zinsen in Inflationszeiten hoch sind. o Die Menschen schützen sich vor Inflation, indem sie wenig Bargeld halten und oft zur Bank gehen. Diese Aktivitäten sind kostspielig. o Die Menschen flüchten in Sachwerte, um sich vor Geldentwertung zu schützen (z.B. Kauf von Immobilien). Kosten der Unsicherheit o o Der Verlauf einer Inflation ist schwierig vorherzusagen. In Verträgen, besonders Kreditverträgen, wird zusätzlich zur erwarteten Inflation oft ein zusätzlicher Risikozuschlag auf den Zins erhoben. Kosten aufgrund der Verzerrung der relativen Preise o Nicht alle Preise und Löhne sind gleich flexibel. Die Preise von unterschiedlichen Gütern erhöhen sich deshalb unterschiedlich schnell. o Dies führt bei Inflation zu einer Verzerrung der relativen Preise. o Die effiziente Allokation der Ressourcen wird dadurch beeinträchtigt. Kosten für die Kreditgeber o Bei Inflation verlieren die Zinszahlungen und die Rückzahlung des Kredits real an Wert. Kosten wegen der kalten Progression der Steuern o Die Einkommenssteuern in der Schweiz sind progressiv, d.h. die Steuersätze steigen mit höheren nominalen Einkommen. o Steigen die Löhne bei Inflation zwar nominal, aber nicht real, können einige Leute bei stagnierenden Realeinkommen in höhere Steuerklassen mit höheren Steuersätzen aufrücken. o Die Steuerrechnung wird höher, das verfügbare reale Einkommen kleiner. Kosten der Deflation: • Gehen alle Preise über eine längere Zeit in konstanten oder steigenden Raten zurück, spricht man von Deflation. • Eine Deflation ist meist von einer schweren Rezession begleitet. • Deflation wird als schlimmer eingestuft als Inflation, da schwieriger zu bekämpfen. Gründe: Selbstverstärkende Wirkung der Deflation. Sinkende Preise können mit der Reduktion der Zinssätze (expansive Geldpolitik) bekämpft werden. Die Zinsen haben aber eine natürlich Untergrenze bei 0%. • • • • • • Für die Wirtschaft sind die Realzinsen zentral. Definition: r (Realzins) ≈ i (Nominalzins) – pe (erwartete Inflation) In einer Deflation ist pe also negativ, und die Realzinsen sind dann selbst beim tiefsten Nominalzins von 0% positiv und damit zu restriktiv! Weltwirtschaftskrise nach 1929 und die Krise Japans in den 1990er-Jahren zeigen drastische Kosten einer Deflation. Auch in der jüngsten Wirtschaftskrise war Angst vor Deflation gross, weshalb die Zentralbanken zu unkonventionellen geldpolitischen Massnahmen griffen. Beispiel für unkonventionelle Geldpolitik: Kauf von länger-fristigen Obligationen, um langfristige Zinsen zu senken. Geldpolitische Strategien - Preisstabilität kann über 3 grundsätzlich verschiedene Strategien erreicht werden. Die SNB hat im Laufe der Zeit alle 3 Strategien einmal verfolgt Orientierung am Wechselkurs (in der CH 1945-1973): • • • Die Geldpolitik widmete sich nicht primär der Preisstabilität, sondern der Einhaltung eines Wechselkurszieles. Die Schweiz war in der genannten Periode ins Bretton-Woods-System fixer Wechselkurse eingebunden. Der Kurs zum US-Dollar («Leitwährung») war fixiert. Problem: Steigt die Inflation im Land der Leitwährung, wird die Inflation bei fixen Wechselkursen in die anderen Länder «exportiert». Dies geschah 1973 und führte zum Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems. Wie kann der Wechselkurs durch die Geldpolitik beeinflusst werden? nominaler Wechselkurs: Relativer Wert einer Währung gegenüber einer anderen Währung Steigernder nominaler Wechselkurs = Abwertung des CHF Sinkender nominaler Wechselkurs = Aufwertung des CHF