Vorlesung Eigenspannungen in Bauteilen und Werkstoffen 0. Inhalt/Organisatorisches Inhalt: 1. Eigenspannungen (Ursachen, Auswirkungen, Einteilung, Messung, Beispiele, …) (1) 2. Grundlagen der Elastizitätstheorie (tensorielle Eigenschaften von Kristallen) (2) 3. Röntgenographische Verfahren (3-9) a) Messanordnungen (3) b) Bestimmung der Dehnungen (4) c) Beugungsverfahren – Euler-Wiege (5) d) Beugungsverfahren – Auswertung (6) e) Beugungsverfahren – streifender Einfall (7) f) Vom Dehnungstensor zum Spannungstensor - Anisotropie (8) g) Fehler bei der Spannungsbestimmung (9) 4. nicht-röntgenographische Verfahren (10-11) a) Stokes-Gleichung (10) b) Ultraschalltechnik (11) 5. Fragestunde (12) Literatur: Noyan, Cohen, Hauk, Welzel 2 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - Physikalische Grundlagen - Einfluss von Spannungen auf magnetische Eigenschaften in ferromagetischen Materialien - Hysteresekurven, Suszeptibilitäten, Permeabilitäten, Koerzitivfeldstärke, Magnetostriktion, etc. - typischerweise wird eine Hysteresekurve (vollständige Ummangnetisierung) aufgenommen um aus deren Verlauf Parameter mit Bezug zum Spannungszustand zu extrahieren - Effekte beruhen zumeist auf der Interaktion von Strukturdefekten und intrinsischen (Eigen-)Spannungen mit Bloch-Wänden (Mikromegntische Eigenschaften) 3 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - Physikalische Grundlagen - Bloch-Wände 1. Art: - begrenzen magnetische Domänen, wobei die magnetostriktiven Eigenspannungen angrenzender Domänen in der Bloch-Wand nicht verschwinden - haben ein großes Wechselwirkungsvolumen - die Bewegung einer solchen Bloch-Wand verändert die innere (elastische) Energiedichte (z.B. durch ein äußeres Magnetfeld) - direkte Wechselwirkung zwischen Bloch-Wand und Makroeigenspannungen 4 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - Physikalische Grundlagen - Bloch-Wände 2. Art: - erzeugen Eigenspannungen nur innerhalb der Bloch-Wand - separieren Gebiete gleicher Magnetostriktion, daher verursacht deren Bewegung keine Änderung der inneren Energie - keine Wechselwirkung zwischen Bloch-Wand 2. Art und Makroeigenspannungen - interagieren nur mit starken Spannungsgradienten in der Größenordnung der Bloch-Wanddicke, wie. z.B. die Spannungsfelder von Versetzungen 5 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - Messstrategien - Ziel ist die Bestimmung mikromagnetischer Parameter auf Basis makroskopischer magnetischer und magnetostriktiver Kenngrößen - zur Quantifizierung: - definierte Probengeometrie - konstantes Magnetfeld über gesamte Probe (Eintauchen in Magnetfeld) 6 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - Messstrategien - Ziel ist die Bestimmung mikromagnetischer Parameter auf Basis makroskopischer magnetischer und magnetostriktiver Kenngrößen - Verfahren ähnlich der Ultraschallmessung: Ankoppeln eines Magnetfeldes mittels Signalgebers und Messen mittels Empfänger - es werden verschiedende Prozesse angeregt, welche unabhängige physikalische Informationen tragen - mehrere Parameter können gleichzeitig bestimmt werden - Störeinflüsse minimieren, da verschiedene Signalquellen (Prozesse) angeregt werden 7 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - Messstrategien 8 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - Wann werden welche Prozesse angeregt? polykristalliner Ferromagnet - BW2-Bewegung: Ummagnetisierung nahe Hc BW1-Bewegung bei hohen Magnetfeldstärken Rotation: nachdem Blochwanddichte gesättigt ist und sinkt - Eigenspannungen: BW1, RP - wirken magnetostriktiv 9 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - Messsignale und deren Informationsgehalt - magnetisches/akustisches Barkhausen-Signal (maximale Amplitude Größe und Richtung der Eigenspannungen) - Wirbelstromverfahrenmessung - Permeabilitätsmessung - zeitabhängige Magnetfeldstärke - (dynamische) Magnetostriktion - Haupteinflussgrößen auf die Messsignale: - Hauptspannungskomponenten BW1, RP - Mikroeigenspannungen - Temperatur - Mikrostruktur - Setup der Messung, Anregungsfrequenz, Anregungsspannung, analysierter Frequenzbereich) 10 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - Barkhausen-Rauschen: = magnetischer Barkhausen-Effekt - Anstieg der magnetischen Flussdichte bei Erhöhung der magnetischen Feldstärke (Hysteresekurve) ist nicht kontinuierlich - Stufen korrespondieren mit - dem Verschieben der Bloch-Wände (Pinning an Gitterbaufehlern, Suszeptibilität) = horizontale Sprünge, reversibel - Umklappen ganzer Weiß‘scher Bezirke = vertikale Sprünge, irreversibel - akustischer Nachweis über ein Rauschen diskontinuierliche Änderungen der Magnetisierung von ferromagnetischen Werkstoffen in einem sich stetig ändernden magnetischen Feld 11 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - Barkhausen-Rauschen: = magnetischer Barkhausen-Effekt - Amplitude des BarkhausenRauschens korrespondiert mit dem mikromagnetischen Vorgängen im Werkstoff 12 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - Barkhausen-Rauschen: = magnetischer Barkhausen-Effekt - Amplitude des BarkhausenRauschens korrespondiert mit dem mikromagnetischen Vorgängen im Werkstoff - Signal hat Sensitivität bzgl. der Ausrichtung der Bloch-Wände, welche wiederum durch Eigenspannungen beeinflußt wird 13 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - Hauptspannungen - werden durch Bewegung von BW1 abgebaut (Reduzierung der inneren Energie) - magnetische Domänen ordnen sich parallel oder senkrecht zum Spannungsfeld an (parallele und antiparallele Anordnung nicht unterscheidbar) - wenn ein Magnetfeld ein Spannungsfeld überlagert, ordnen sich die magnetischen Momente entlang der wirkenden Spannung an - bei Zugspannungen: Richtung leichter Magnetisierbarkeit - bei Druckspannungen: Richtung schlechter Magnetisierbarkeit - spannungsinduzierten magnetischen Anisotropie: Bestimmung der Hauptspannungsachsen (bei Rotation des Anregungsfeldes) 14 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - Makroeigenspannungen - magnetische Domänen (Weißsche Bezirke) < Korngröße - wenn Makroeigenspannungen vorliegen, erfahren die die Blochwände nur das Spannungsfeld im „Einkristall“ Mikroeigenspannungen sind für Anordnung der Blochwände verantwortlich - oftmals sind die Änderungen bei der Messung von Eigenspannungen nichtlinear: Abhilfe durch Messung mehrerer Parameter Magnetostriktion in Fe Wechsel von pos zu neg durch zunehmenden Einfluss von (111)-BW und (110)-BW gegenüber (100)-BW 15 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - Einflüsse der Mikrostruktur - BW1 werden durch Strukturdefekte gepinnt - hohe EIgenspannungen un Subkörnern verringern die BW1-Dichte - starke H-Felder werden zur Ummangnetisierung benötigt (geringe Sensitivität, lineares Verhalten der magn. Parameter mit H) - rekristallisierte Ferromagneten sind sehr spannungssensitiv (hohe Sensitivität, häufig nicht-lineares Verhalten) 16 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - Barkhausen-Rauschen vs. Härte nicht linear (rekristallisiert) ~ linear (stark deformiert) 17 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - Einfluss der Temperatur - Bloch-Wand-Anordnung bzw. lokale Magnetisierung werden durch magnetische Kristallanisotropie vorgegeben - Anisotropie ist temperaturabhängig (Curie-Temperatur) - Spannungssensitivität steigt mit steigender Temperatur 18 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - Messungen und deren Auswertung - keine standardisierten Verfahren - Design der Messeinrichtung richtet sich nach Nutzerbedürfnissen (variable Charakteristiken der Sensoren) - keine standardisierten Auswerteroutinen - Kalibrierung Zug- oder Druckversuch, Röntgenbeugung Kombination mit Ultraschallmethoden simultane Messung mehrerer magnetischer Parameter 19 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - typische Messanordnung zur Aufnahme des Barkhausen-Rauschens 20 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - typisches Kalibrationsexperiment: - typisches Messergebnis a,b,c,d … Kalibrationsparameter Pmax … max. Barkausen-Amplitude Imax … max. Impulszahl vs. Amplitude Dt … Peak shift 𝜎𝐵𝑁 = 𝑎𝑃𝑚𝑎𝑥 + 𝑏Δ𝑡 + 𝑐𝐼𝑚𝑎𝑥 + 𝑑 21 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - Beispiele (laserbehandelte Stahloberfläche) - erzeugt Eigenspannungen unter der Oberfläche - erzeugt Phasenumwandlung an der Oberfläche (Martensitbildung) mehrere Signale müssen genutzt werden - Kalibration: Biegeversuch mit gehärteten und ungehärteten Proben - Datenanpassung über NLSF (multidimensionale Anpassungsfunktionen) 22 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - Beispiele (laserbehandelte Stahloberfläche) - erzeugt Eigenspannungen unter der Oberfläche - erzeugt Phasenumwandlung an der Oberfläche (Martensitbildung) mehrere Signale müssen genutzt werden (Barkhausen-Rauschen+tangentiale Feldstärke+Permeabilität+ Wirbelstromparameter: gleichzeitig messen Eigenspannung+Härte+Hartetiefe) - Abweichungen: - unterschiedliche Eindringtiefen - Beträge mehrachsiger Spannungszustände 23 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - Beispiele (kugelgestrahlte Stahloberfläche) - Nachweis von Eigenspannungen II. Art mittels mikomagnetischer Methoden Röntgenbeugung + Ätzen Barkhausen-Rauschen 24 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - hochortsaufgelöste Bestimmung von mikromagnetische Parametern - derzeit: kleinste Auflösung: ca. 10 µm - erforderlich sind miniaturisierte Messköpfe - zieht eine hochpräzise Positionierung nach sich, um z.B. die Bewegung von Bloch-Wänden detektieren zu können (~ 1 µm) - Oberfläche kann abgerastert werden (ortsaufgelöste Messungen) Laserspot-induzierte Eigenspannungen 25 11. Mikromagnetische Techniken zur Eigenspannungsmessung - typische Anwendungsempfehlungen - außer Eigenspannungen auch Mikrostrukturparameter und Spannungen messbar - Kalibrierung ist essentiell für die Quantifizierung - Beeinflussung des Messsignal durch el.-magn. und akustische Störungen - kein standardisiertes Verfahren (spezielle Messanordnungen) - schnelles und kontaktloses Verfahren ermöglicht in-line ParameterProzesskontrolle 26