Freie Universität Berlin FB Politik – und Sozialwissenschaften Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft SS 2003 PS Einführung in die Umweltsoziologie Dozentin: Dr. Corinna Fischer Referentinnen: Sophie Gindensperger, Nina Löchte 26.06.03 Anwendungsbeispiele Umweltkommunikation: Beratung, Bildung und Kampagnen 1. Theorie: Einführung in die Umweltpsychologie a) umweltpsychologische Interventionsforschung Definition: Anwendung psychologisch begründeter Techniken zur Verhaltensänderung und gleichzeitige Beurteilung ihrer Wirksamkeit Entwicklung: 70er Jahre USA: Energiesparen (s. Ölkrise): Reduktion PKW-Nutzung durch Belohnung bei Nutzung alternativer Verkehrsmittel/Fahrgemeinschaften; Ende70er/Anfang 80er: Recycling/Vermeidung von Littering, besonders Kommunikationsstrategien und Selbstverpflichtung; Anfang 90er Rückgang der Studien Erklärung: mangelnde Resonanz in Öffentlichkeit). Deutschland: nur wenig frei zugängliche Literatur (häufig Auftragsstudien); relevante Infoquelle: Rundbrief „ipublic“ der Initiative Psychologie für den Umweltschutz e.V. (IPU) (2 mal jährlich) Konzepte und Methoden: Entwicklung theoret. Basis haupts. Unabhängig von Modellforschung, 1. akuter Problemdruck - keine Zeit f. Erprobung von Techniken und Ausbildung konsensfähiger Theorien 2. Rückgriff auf bereits vorhandene Konzepte psycholog.Teildisziplinen, z.B. Konzepte der Sozialpsychologie, konkrete Techniken der Verhaltensänderung. Theoret. Fundierung ist entsprechend heterogen. Vorschlag Homburg/ Matthies: neues Ordnungssystem, dass an Unterscheidungen bestehender Strukturierungsversuche anknüpft aber gleichzeitig die neuere Modellforschung berücksichtigt b) Techniken und Methoden der umweltpsychologische Interventionsforschung Individuumsbezogene Interventionstechniken Techniken, die an externe Handlungsbedingungen ansetzten: Verhaltenserleichterung: z.B. Nähe der Recyclingbehälter, Wasserspartaste WC, Energiespartasten etc. Verhaltenserschwernis: z.B. Verzögerungsmechanismen, Türschlussdauer von Fahrstühlen erhöhen, so dass kurze Strecken sich nicht lohnen Belohnungen/Bestrafungen. Pfand, Steuerersparnis, Bußgelder etc. Techniken, die an internen Handlungsbedingungen ansetzen Wissenszentriert: Annahmen: Individuen steuern Verhalten wissensbasiert ; bestimmte Infos zu angemessener Verhaltenssteuerung fehlen Schriftliche Vermittlung von Handlungs- und Problemwissen durch Broschüren; Hinweisschilder (Prompts), etc. Feedback: Vermittlung von Wissen über das eigene Verhalten und dessen Konsequenzen Normenzentriert: Techniken, die auf Übernahme von sozialen Normen und Verantwortung zielen; setzen Akzeptanz der jeweiligen Normen voraus Persönliche Vermittlung von Problem – und Handlungswissen Vorgabe von Zielen: Konfrontation mit vorgegebenen Verhaltensnormen Verpflichtung (Commitment): schriftl. oder mündl. Verpflichtung zu umweltgerechtem Verhalten ggü. Institution oder anderen Personen Soziale Modelle: z.B. Filme mit gewünschtem Verhalten Blockleader: Auswahl v. Personen, die bereits erwünschtes Verhalten zeigen, Ansprechpartner, Vorbildfunktion Gruppenbezogene Interventionstechniken Gellers Ansatz zur Verknüpfung von angewandter Verhaltensanalyse (applied behavior analysis) und sozialem Marketing: s. Folie Gellers Modell der hierarchischen Intervention: Interventionsprogramm aus verschiedenen Programmteilen, die verschiedene Zielgruppen ansprechen. Bei Personengruppen, die unterschiedlich schwer zu Verhaltensänderung zu bewegen sind – Anwendung unterschiedlich intensiver Interventionstechniken Partizipatives soziales Marketing : setzt auf Schneeballeffekt, d.h. Bereitschaft der Zielgruppe die soz. Idee weiterzutragen Intervention im geschlossenen Setting: Zielgruppe überschaubar, gut abgrenzbar und vernetzt, in räumlich abgeschlossenem Setting miteinander agierend (Schulklasse, Bewohner Mietshaus); Zielverhalten sollte abgrenzbar sein (z.B. Müllaufkommen einer Schule); Einbeziehung der Zielgruppe in Organisation, Planung und Durchführung 1 c) Probleme und Perspektiven der umweltpsychologischen Interventionsforschung Problem der Übertragbarkeit auf Gesamtbevölkerung (oft nur kleine Stichproben) Studien oft auf private Haushalte beschränkt- Konzentration auf Entscheidungsträger und Akteurinnen in Kommune und Wirtschaft ratsam Vernachlässigung von Kindern Widerspruch akadem. Psychologie (konkretes, beobachtbares Verhalten) –globale Umweltkrise (Konzepten wie Nachhaltigkeit und ökologischer Lebensstil) s. 198 nachlesen 2. Praxis: Anwendungsbeispiele Mobilisierung für eine kommunale Umwelt-Aktion von Geschwindigkeitsreduktion Bei einer Aktion zur Geschwindigkeitsreduktion in einer Gemeinde gelang es, über 1000 Personen zur Teilnahme zu bewegen. Der gesamte Prozess wurde von Umweltpsychologen initiiert, beraten und evaluiert. Strategie zur Abfallvermeidung für die Schulen einer Großstadt Hier werden die theoretische Konzepte der Umweltsoziologie und des sozial Marketings skizziert, am Beispiel der Duisburger Schulen. 3. Fazit/Zusammenfassung Die Umweltpsychologische Forschung hat in den letzten 30 Jahren eine Vielzahl von vielversprechenden Konzepten und Techniken zur Bildung von Umweltbewußtsein und Förderung des umweltbewußten Handels entwickelt. Der Erfolg der psychologischen Intervention ist abhängig von einer Reihe von Faktoren. Zu nennen sind u.a: 1. Verhaltens- , Zielgruppen und Situationsspezifität 2. Schwierigkeitsgrad des Umweltverhaltens 3. Orientierung an Langzeitwirkungen 4. Antizipation von Reaktanz 5. Einflussnahme von Störfaktoren Eine Kombination aus mehreren Techniken hat sich ggü. der Beschränkung auf nur eine Technik, als wirkungsvoller erwiesen. Normezentrierte Interventionen wirken generell nachhaltiger, als andere. Wobei rein wissenszentrierte Strategien nur geringe Wirkung haben und auf die Veränderung externer Handlungsbedingungen abzielende Strategien oft nach Ende der Intervention ihre Wirkung verlieren, d.h. die intrinsische Motivation nicht angesprochen wird. Der Erfolg der Intervention hängt außerdem in großem Maße von der Berücksichtigung der oben genannten Faktoren ab. Bis jetzt hat sich die Umweltpsychologie größtenteils auf „kleine“ überschaubare Beobachtungsräume beschränkt (Privathaushalte, „geschlossene Settings“) ob und inwieweit die umweltpsychologische Forschung zu den wachsenden globalen Umweltproblemen beitragen kann muss sich erst noch zeigen 4. Einordnung in den Kontext der Umweltsoziologie: Was kann die Umweltsoziologie zu diesem Anwendungsfeld beitragen? Gibt durch Milieustudien etc. Aufschluss über das soziale Umfeld der Interventions-Zielgruppen Betrachtet Zielgruppen in gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang (Sozialstruktur, Kultur, Grad der funktionalen Integration) und macht so bestimmte Verhaltensweisen und Handlungen nachvollziehbar fragt nach Bedingungen, die dazu führen, dass Veränderungen in der Umwelt des Menschen überhaupt als ökologisches Problem wahrgenommen werden (Stichwort: Konstruktivismus) erklärt den Einfluss von gesellschaftlichen Normen und Werten auf das individuelle Umweltverhalten informiert über den Stellenwert von Umweltthemen in der Öffentlichkeit (Politik, Medien, Umweltbewegungen) kann durch ihre Methoden und Techniken Vorschläge etc. zur Konzeption empirischer Studien geben und vieles mehr.............. 5. Diskussion Aufgabe: Erstellen von drei Strategien zur Veränderung des Stromverbrauches in einem Mietshaus Abschließende Bewertung der Strategien Literatur/Quellen: Mosler, H.-J. und H. Gutscher (1998): Umweltspychologische Interventionsformen für die Praxis. In : Umweltpsycholgie 2, 6479 Joußen, W. (1995): Kampagnen als Instrument zur Steuerung des Umweltverhaltens. In: W.Joußen und A.G. Hessler (Hrsg.): Umwelt und Gesellschaft. Eine Einführung in die sozialwissenschaftliche Umweltforschung. Berlin: Akademie, 129-139, UB: 18/96/4417(0) Homburg, A. und E. Matthies (1998): Umweltspychologie. Weinheim: Juventa. Kapitel 6 http://ipu.umweltpsychologie.de 2 3