Psychopharmaka im Kindes

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Diplomarbeit
„Wenn Kinderseelen Hilfe brauchen“
Psychopharmaka im Kindes- und Jugendalter
eingereicht von
Anna Scherz
zur Erlangung des akademischen Grades
Doktor(in) der gesamten Heilkunde
(Dr. med. univ.)
an der
Medizinischen Universität Graz
ausgeführt am
Institut für experimentelle und klinische Pharmakologie
unter der Anleitung von
Univ.-Prof.i.R. Mag.pharm. Dr. Eckhard Beubler und
Univ.-Prof. Dr.med.univ. Josef Donnerer
Graz, 5. September 2016
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne
fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet
habe und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen
als solche kenntlich gemacht habe.
Graz, am 5. September 2016
Anna Scherz eh
2
Vorwort
Im Laufe meines Lebens bin ich bereits vielen Menschen mit vielen verschiedenen
Lebensgeschichten und Erkrankungen begegnet. Als ich mich für eine berufliche
Ausbildung entscheiden musste, stand für mich ohne Zweifel fest, das Studium
der Medizin zu wählen, mit dem Wunsch nach Studienabschluss im Bereich der
Kinder- und Jugendheilkunde zu arbeiten. Aus diesem Grund und da ich schon
privat mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie im Berührung kam, absolvierte ich
einen Teil meines klinisch-praktischen Jahres in der Abteilung für Kinder- und
Jugendpsychiatrie im Kepler Universitätsklinikum Linz. Dort konnte ich in direkten
Kontakt mit Kindern und Jugendlichem mit psychiatrischen Erkrankungen treten
und einige dieser Kinder werden mir noch lange in Erinnerung sein. Zu dieser Zeit
begann ich mich mit psychiatrischen Erkrankungen und ihren therapeutischen
Möglichkeiten auseinanderzusetzen und bemerkte das große Defizit, welches die
zugelassen Medikamente betrifft. Aus diesem Grund entstand auch die Motivation
meine Diplomarbeit über das Thema „Psychopharmaka im Kindes- und
Jugendalter“ zu schreiben, um eine Übersicht über die medikamentösen
Möglichkeiten zu erstellen.
3
Danksagung
Ich möchte meinem Betreuer, Univ.-Prof.i.R. Mag.pharm. Dr. Eckhard Beubler,
danken, der mir die Bearbeitung dieses Themas ermöglicht hat.
Ein weiterer Dank gilt meiner Familie, die mich während meines Studium und beim
Verfassen dieser Diplomarbeit im Rahmen ihrer Möglichkeiten immer unterstützt
hat.
4
Zusammenfassung
Viele Medikamente werden in der Kinderheilkunde im „Off-Label-Use“ verwendet,
so
auch
Psychopharmaka
zur
Unterstützung
und
Ergänzung
bei
der
psychotherapeutischen Behandlung. In der Öffentlichkeit wird der Gebrauch von
Psychopharmaka eher skeptisch gesehen und zum Teil heftig diskutiert. Dies liegt
unter anderem daran, dass sich Kinder noch in der Entwicklung befinden und viele
Eltern Angst haben, dass sich solche Medikamente langfristig auf ihr Kind
auswirken und die natürliche Entwicklung schädigen. Das Gebiet der Kinder- und
Jugendpsychiatrie selbst ist noch „ jung“ in der Medizin und somit gibt es wenig
klinische Studien zur Wirkung von Psychopharmaka im Kindes- und Jugendalter.
Darum stützt sich die Anwendung oftmals auf die Erfahrung der behandelnden
Ärztin / des behandelnden Arztes.
Die zentrale Fragestellung in dieser Diplomarbeit ist, welche Indikationen es für
Psychopharmaka im Kindes- und Jugendalter gibt und ob es Unterschiede in den
Anwendungsgebieten zum Erwachsenen gibt.
Abstract
In paediatrics a lot of drugs are used in the so-called “off-label-use”, such as
psychiatric medication in addition to psychotherapy of psychiatric disorders of
children. In the public opinion these drugs are often frowned upon and their
necessity is more often than not argued about because children are still
developing and therefore a lot of parents are afraid about negative long-term
effects.
Paediatric psychiatry is one of the most recent domains of medicine and therefore
few studies about the impact of psychiatric medication exist. A lot depends on the
practical experience of doctors.
The aim of this diploma thesis is the find out which indications of paediatric
disorders require psychiatric medications, how they influence the patients and if
there is a distinction between juveniles and adults.
5
Inhaltsverzeichnis
Vorwort ................................................................................................................... 3
Danksagung ........................................................................................................... 4
Zusammenfassung ................................................................................................. 5
Abstract .................................................................................................................. 5
Glossar und Abkürzungen ...................................................................................... 8
Tabellenverzeichnis .............................................................................................. 10
1. Einleitung.......................................................................................................... 11
2. Allgemeines zur Psychopharmakotherapie ...................................................... 14
2.1. Grundlagen und Definitionen ..................................................................... 14
2.2. Entwicklungspsychopharmakologie ........................................................... 15
2.3. Rechtliche und ethische Aspekte ............................................................... 16
3. Antidepressiva .................................................................................................. 17
3.1. Trizyklische Antidepressiva ........................................................................ 18
3.2. Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer ........................................... 21
3.3. Selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (NRIs) .......................... 24
3.4. Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRIs) ....................... 25
3.5. Monoamin-Oxidase-Hemmer ..................................................................... 26
3.6. α2-Adrenozeptor-Antagonisten ................................................................... 27
3.7. Andere antidepressiv wirkende Arzneimittel .............................................. 27
4. Antipsychotika .................................................................................................. 29
4.1. Klassifikationen und Einteilungen............................................................... 29
4.2. Wirkungen .................................................................................................. 31
4.3. Klinische Psychopharmakologie................................................................. 32
4.4. Psychiatrische Indikationen für Antipsychotika........................................... 34
5. Sedativa/Hypnotika und Anxiolytika ................................................................. 36
6
5.1. Klassifikation .............................................................................................. 36
5.2. Benzodiazepine.......................................................................................... 37
5.3. Antidepressiva........................................................................................... 38
5.4. Niedrigpotente Antipsychotika .................................................................... 38
5.5. Andere Arzneimittel .................................................................................... 39
6. Stimulanzien und bei ADHS verwendete Medikamente ................................... 41
6.1. Klassifikation .............................................................................................. 41
6.2. Wirkungsmechanismen .............................................................................. 42
6.3. Klinische Psychopharmakologie................................................................. 42
7. Stimmungsstabilisatoren .................................................................................. 45
7.1. Wirkungsmechanismus .............................................................................. 45
7.2. Klinische Psychopharmakologie ausgewählter Arzneistoffe ...................... 46
8. Psychische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter ................................... 49
8.1. Aggressives Verhalten und Störungen des Sozialverhaltens ..................... 49
8.2. Angststörungen und Phobien ..................................................................... 50
8.3. Autismus .................................................................................................... 51
8.4. ADHS ......................................................................................................... 52
8.5. Enuresis / Enkopresis ................................................................................ 53
8.6. Depressive Störungen und Manie .............................................................. 54
8.7. Schizophrenie ............................................................................................ 55
8.8. Schlafstörungen ......................................................................................... 56
8.9. Tic-Störungen............................................................................................. 56
8.10. Zwänge .................................................................................................... 57
8.11. Essstörungen ........................................................................................... 58
9. Conclusio.......................................................................................................... 60
10. Literaturverzeichnis ........................................................................................ 61
7
Glossar und Abkürzungen
-
= keine bis schwache Wirkung
+
= leichte Wirkung
++
= mittlere Wirkung
+++
= starke Wirkung
AACAP
= American Academy of Child and Adolescent Psychiatry
ADHS
= Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Syndrom
AN
= Anorexia nervosa („Magersucht“)
AV-Kanal
= atrioventrikulärer Septumdefekt, angeborener Herzfehler,
Kombination aus Ventrikelseptumdefekt und
Vorhofseptumdefekt
BMI
= Body-Mass-Index
BN
= Bulimia nervosa („Ess-Brech-Sucht“)
CYP
= Cytochrom P450, eine Hämoprotein mit enzymatischer
Aktivität
DGBS
= Deutsche Gesellschaft für Bipolare Störungen
DGKJP
= Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie
DGPPN
= Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie,
Psychosomatik und Nervenheilkunde
Dyspepsie
= Symptomkomplex unterschiedlicher Ursache mit
Oberbauchbeschwerden
EMA
= European Medicines Agency = Europäische Arzneimittel-
Agentur
EPS
= Extrapyramidal Syndrom, eine Gruppe von Nebenwirkungen
8
Hypothyreose
= Unterfunktion der Schilddrüse
i.d.R
= in der Regel
MAO
= Monoamin-Oxidase
MDMA
= 3,4-Methylendioxy-N-methylamphetamin, auch „Ecstasy“,
gehört zur Gruppe der Amphetamine
NRI
= (selektiver) Noradrenalin-Reuptake-Inhibitor = (selektiver)
Noradrenalin- Wiederaufnahme-Hemmer
„Off-Label-Use“
= Anwendung von Medikamenten außerhalb des
Zulassungsbereichs
Pankreatitis
= Entzündung der Bauchspeicheldrüse
PEG
= Polyethylenglykol, als Macrogel als Laxans verwendet
Pharmakokinetik = Teilbereich der Pharmakologie, beschreibt die Einwirkung des
Organismus auf das eingenommene Arzneimittel
SNRI
= Serotonin-Noradrenalin- Reuptake-Inhibitor = SerotoninNoradrenalin- Wiederaufnahme-Hemmer
SSRI
= selektiver Serotonin-Reuptake-Inhibitor = selektiver
Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer
SSV
= Störung des Sozialverhaltens
TDM
= therapeutisches Drug-Monitoring (Bestimmung der
Konzentration eines Wirkstoffes im Blut zu Therapiekontrolle)
UAWs
= unerwünschte Arzneimittelwirkungen
u.ä.
= und ähnliche(s)
WHO
= World Health Organisation = Weltgesundheitsorganisation
9
Tabellenverzeichnis
Tab. 1. Wirkungsspektrum ausgewählter trizyklischer Antidepressiva (Mod. nach
Bezchlibnyk-Butler u. Virani 2007 [6]) (S. 18)
Tab. 2. Tagesdosen ausgewählter trizyklischer Antidepressiva (Mod. nach
Taurines et al. 2014 [7]) (S. 18)
Tab. 3. Wirkungsspektrum ausgewählter SSRIs (Mod. Nach Bezchlibnyk-Butler u.
Virani 2007 [6]) (S. 20)
Tab. 4. Tagesdosen ausgewählter SSRIs (Mod. nach Taurines et al. 2014 [7]) (S.
21)
Tab. 5. Übersicht ausgewählter Antipsychotika nach ihrer antipsychotischen
Potenz (Mod. nach Möller et al. 2001 [24]) (S. 29)
Tab. 6. Psychiatrische Indikationen und geeignete Antipsychotika zur Therapie
(Dosierungsempfehlungen für Kinder und Jugendliche) (Mod. nach Gerlach et al.
2016 [2]) (S. 33)
Tab. 7. Dosierungsempfehlungen der bei ADHS verwendeten Arzneimittel im
Kindes- und Jugendalter (Mod. nach Gerlach et al. 2016 [2]) (S. 43)
1. Einleitung
„Wenn Kinderseelen Hilfe brauchen“ – ein auf den ersten Blick relativ harmloser
Ausspruch, der aber bei genauerer Betrachtung ein komplexes und vielschichtiges
Thema beinhaltet.
Kinder befinden sich im Wachstum und in einer ständigen Entwicklung, sowohl
psychisch als auch physisch. Aus diesem Grund ist eine genaue Differenzierung
zwischen „normalen“ und „krankhaftem“ Verhalten erforderlich bevor irgendeine
Therapie, egal ob psychotherapeutisch oder medikamentös, gestartet wird.
Zusätzlich spielt das soziale Umfeld eine große Rolle, da dieses einen großen
Einfluss auf Entwicklung und Reifung eines Menschen hat und im Falle einer
Therapie mit eingebunden werden soll. Dies trifft vor allem in der Kinder- und
Jugendpsychiatrie zu, da in diesen Fällen die Psyche mit ihren Störungen
behandelt
werden
soll,
aber
eine
psychische
Auffälligkeit
nicht
immer
gleichbedeutend mit einer Therapieindikation ist. Oft glauben Eltern, dass ihr Kind
an einer psychiatrischen Erkrankung „leidet“, dies aber aus Sicht der Ärztin / des
Arztes nicht der Fall ist, oder umgekehrt. Darum benötigt es eine genaue
Diagnosestellung und die Aufklärung der Eltern, dass es beim Einsatz von
Psychopharmaka strenge Indikationen und Kontrollen gibt. Zu wissen ist auch,
dass noch andere Arten von Therapien existieren, wie zum Beispiel die
Psychotherapie, die mit der medikamentösen Behandlung verbunden werden, im
Sinne eines ganzheitlichen Konzeptes. Im Rahmen dieses Konzeptes erfahren die
Kinder Unterstützung, um sich altersgerecht (weiter- )entwickeln zu können,
weswegen eine Formulierung von zu behandelnden Zielsymptomen wichtig ist.
Ein Erfahrungsbericht aus meiner eigenen medizinischen Ausbildungszeit soll dies
veranschaulichen:
„M.S. kam mit Trisomie 21 (Down-Syndrom) zu Welt. Bei seiner Geburt stellten die
Ärzte einen Herzfehler, genauer einen AV-Kanal, fest, der operativ behandelt
wurde. Bis auf eine medikamentös substituierte Hypothyreose ist er sonst
körperlich gesund. In der geistigen Entwicklung zeigten sich die für Trisomie
bekannten Einschränkungen, dennoch entwickelte sich M. bis zu seinem 12.
11
Lebensjahr für seine Familie zufriedenstellend. Vom Charakter her zeigte sich M.
als ein fröhliches Kind, das gerne lachte und reges Interesse an seinem Umfeld
zeigte. Im Kindergarten sowie in der Schule besuchte der Junge eine IntegrationsGruppe bzw. -Klasse, die die geistige Entwicklung fördern und unterstützen sollte.
Gleichzeitig sollte M. dadurch die Möglichkeit haben, sich in soziale Gruppen zu
integrieren. Kurz nach seinem 12. Geburtstag beobachtete die Familie jedoch eine
Veränderung seines Verhaltens. Der Bub zog sich immer mehr zurück, interagierte
von sich aus nicht mehr mit der Umwelt, lachte auch nicht mehr so oft wie früher
und machte generell einen eher abweisenden Eindruck. Zusätzlich entwickelte er
Ein- und Durchschlafstörungen und Tendenzen zur Autoaggressivität (Kratzen mit
Fingernägel am Unterarm bis die Haut gerötet war u.ä.). Da die Eltern sehr
besorgt um ihr Kind waren, suchten sie einen Arzt
für Kinder- und
Jugendpsychiatrie auf und fragten diesen um Rat.
Nachdem sich dieser die Vorgeschichte anhörte und einige Untersuchungen zum
Ausschluss einer organischen Erkrankung durchführte (EKG, EEG, MRT des
Schädels), fand ein ausführliches Beratungsgespräch bezüglich medikamentöser
und psychotherapeutischer Optionen statt. In diesem distanzierte sich der Arzt
aber von einer Psychopharmakotherapie mit der Begründung, dass M. sich noch
mitten in seiner Entwicklung befinde und die beginnende Pubertät ihren Teil zum
veränderten
Verhalten
beitragen
kann
und
aus
seiner
Sicht
eine
Medikamentengabe noch nicht zwingend indiziert sei. Er riet den Eltern dazu, den
Jungen immer wieder in die Kommunikation und Interaktion zu „zwingen“ und den
sozialen Rückzug nicht zu fördern. Sollte dies im Laufe der nächsten Monate
keine Besserung bewirken, könnte man noch immer eine Behandlung mit
Psychopharmaka starten. Da die Eltern einer solchen Behandlung eher skeptisch
gegenüberstanden, wurde eine psychotherapeutische und tiergestützte Therapie
begonnen, die die Geschwister und Eltern mit einbezog.
Im Laufe der nächsten 5 Jahre trat M. wieder vermehrt mit seiner Umwelt in
Kontakt, auch das Lernen besserte sich nach einem Schulwechsel wieder. Als der
Junge ungefähr 17 Jahre alt war, meinte die Familie, dass „er wieder der alte M.
ist, den sie kennen“ und sie froh sind keine Medikamente benötigt zu haben, auch
wenn der Weg lang und teilweise frustrierend war. Mittlerweile befindet sich M. in
12
einer Tagesstätte, hat viel Freude im Leben und macht in seiner Entwicklung
immer wieder große Fortschritte. “
Dieses Fallbeispiel zeigt einen Jungen mit Symptomen einer Depression, die bei
schwerer Ausprägung in vielen Fällen eine medikamentöse Therapie erfordert. In
diesem Fall wurde aber auf eine Psychotherapie gesetzt, da die Familie bereit
war, sich die Zeit zu nehmen M. aus seinem „Schneckenhaus“ herauszuholen.
Wäre dies nicht der Fall gewesen, hätte man sehr wahrscheinlich eine zusätzliche
Therapie mit Antidepressiva gestartet, um einerseits dem Jungen besser helfen zu
können und um andererseits das soziale Umfeld etwas zu entlasten.
Doch was tun, wenn es heißt „ihr Kind braucht Psychopharmaka“? Welche
Medikamente gibt es und wie werden sie eingesetzt?
Der Einsatz von Psychopharmaka bei Kindern und Jugendlichen ist sowohl in der
Öffentlichkeit als auch teilweise in der Fachwelt umstritten, es kommt immer
wieder zu Diskussionen, wann und wie diese Medikamente verwendet werden
dürfen bzw. sollen. Ziel dieser Diplomarbeit ist eine Übersicht über die
verwendeten
Psychopharmaka
und
eine
kurze
Beschreibung
ihrer
Anwendungsgebiete.
13
2. Allgemeines zur Psychopharmakotherapie
2.1. Grundlagen und Definitionen
Die Pharmakologie im Allgemeinen beschäftigt sich mit der Wechselwirkung
zwischen einem Stoff und einem Lebewesen. Sobald ein Stoff mit einem
Lebewesen in Wechselwirkung tritt, wird er als Wirkstoff oder Pharmakon
bezeichnet. Der Begriff „Pharmakon“ ist im Gegenteil zu den Bezeichnungen
„Arzneistoff“ und „Gift“ nicht wertend. Ein Arzneistoff nützt dem Körper, da er
Krankheiten heilt, lindert oder verhindert. Sobald dieser in eine zur Anwendung
geeignete Arzneiform (Tablette, Lösung, Salbe etc.) gebracht wurde, wird er als
Arzneimittel bezeichnet [1], das Fach dazu als Galenik. Bevor ein Arzneimittel
aber zum Einsatz kommen darf, muss dessen therapeutische Wirksamkeit und
Unbedenklichkeit nachgewiesen werden. Die Wirksamkeit („efficacy“) wird meist
mit Hilfe von klinischen Versuchen geprüft, wobei das Hauptaugenmerk auf
Morbidität und/oder Mortalität liegt. Die Unbedenklichkeit („safety“) wird anhand
des Risikos von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAWs) ermittelt, die
während oder in zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung entstehen [2].
Als Teilgebiet der Neuropharmakologie beschäftigt sich die Psychopharmakologie
mit Medikamenten, die Einfluss auf psychische Prozesse des Menschen nehmen,
mit dem Ziel psychopathologische Syndrome und psychische Erkrankungen zu
mildern oder gar ganz zu beseitigen. Unterteilt werden diese Arzneimittel grob
nach ihrem therapeutischen Effekt, da aber die meisten Psychopharmaka ein
breites Wirkungsspektrum haben, können viele Arzneistoffe mehreren Kategorien
zugeteilt werden.
Es gibt folgende Kategorien:
- Antidementiva (Nootropika)
- Antidepressiva (älter: Thymoleptika)
- Anitpsychotika (Neuroleptika)
- Anxiolytika (Ataraktika) und Hypnotika (Sedativa)
- Psychostimulanzien (Psychoanaleptika, Psychotonika)
- Stimmungsstabilisatoren (Phasenprophylaktika)
- Arzneimittel zur Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssymptomen
14
2.2. Entwicklungspsychopharmakologie
Die Entwicklungspsychopharmakologie befasst sich mit allen Fragestellungen
bezüglich der Anwendung von Neuro-/ Psychopharmaka im Kindes- und
Jugendalter, der Arzneimittelsicherheit und den Rahmenbedingungen einer
medikamentösen Behandlung. Somit werden auch Einflüsse der alters- und
geschlechtsabhängigen geistigen und körperlichen Reifung und Entwicklung
berücksichtigt. Dabei ist ein wichtiger Aspekt die Zugrundelegung einer normalen
Entwicklung. Da man davon ausgehen kann, dass bei einem Säugling ein
Arzneimittel anders wirkt als bei einem Jugendlichen, muss man die Behandlung
immer in Bezug zum Alter und zum biologischen und psychosozialen
Entwicklungsstand des Patienten sehen.
Beispielsweise haben Kinder zwar eine höhere gastrointestinale Resorptionsrate
als
Erwachsene,
anderseits
ist
das
Bindungsvermögen
von
lipophilen
Arzneistoffen an Plasmaproteine und Fettgewebe bei Kindern niedriger. Dies kann
erklären warum bei gleicher, auf das Körpergewicht bezogener Dosis, die
Bioverfügbarkeit und das Risiko für das Auftreten von UAWs bei Kindern erhöht
ist. Weiters haben Kinder meist eine höhere glomeruläre Filtrationsrate, wodurch
Medikamente schneller renal ausgeschieden werden (Vgl. [2]).
Berücksichtigt man die Entwicklungspsychopharmakologie, ist eine individuelle
Dosisanpassung durch das therapeutische Drug-Monitoring (TDM) möglich. Bei
diesem wird die Konzentration eines Arzneimittels im Blut bestimmt, mit dem Ziel,
Informationen über die Pharmakokinetik zu erhalten und so die Dosis adaptieren
zu können. Dies beruht auf der Annahme, dass die Wirkstoffkonzentration im Blut
ein besseres Maß für die Konzentration am Wirkort selbst (z.B. ZNS) darstellt als
die Dosierung alleine [3]. Außerdem wird davon ausgegangen, dass eine
Beziehung zwischen Konzentration und klinischem Effekt (therapeutische
Wirkung, UAWs) besteht. Da aber noch zu wenig über altersspezifische
therapeutische Blutspiegel bekannt ist, wurde Ende 2008 das internationale
„Kompetenznetz Therapeutisches Drug Monitoring Kinder- und Jugendpsychiatrie
e.V.“ gegründet, an dem zahlreiche Kliniken und Praxen aus Deutschland,
Österreich und Schweiz beteiligt sind. In einer Datenbank werden Angaben zur
Patientin/ zum Patienten (Alter, Nieren-/Leberfunktion, Drogen-/Nikotinabusus
etc.), zur Medikation (Dosis, Komedikation), Indikation, Zielsymptome, Diagnostik,
15
klinische Wirksamkeit und UAWs gemeinsam mit Angaben zu Blutspiegel der
verordneten Medikamente gesammelt. Somit sollen Zusammenhänge zwischen
Dosierung und Wirkung besser erkannt und therapeutische Blutspiegelbereiche für
Neuro-/Psychopharmaka im Kindes- und Jugendalter optimiert werden. Dadurch
ergeben
sich
auch
die
weiteren
Ziele,
nämlich
die
Förderung
der
Patientensicherheit in Zusammenhang mit Überdosierung, UAWs, rasche
Dosisoptimierung und damit verbunden eine verkürzte Hospitalisierungsdauer [4].
2.3. Rechtliche und ethische Aspekte
Aufgrund der aktuellen rechtlichen und ethischen Bedingungen bei der
Zulassungsprüfung von Medikamenten, gibt es momentan nur wenige klinische
Studien zur Wirkung von Neuro-/ Psychopharmaka im Kindes- und Jugendalter.
Daher werden viele Arzneimittel zurzeit im sogenannten Off-Label-Use verwendet,
da es an entsprechenden Zulassungen fehlt. Dies wiederum bedeutet, dass in der
Therapie von Kinder und Jugendlichen eine sorgfältige und genaue Aufklärung
aller an der Behandlung beteiligten Personen erforderlich ist. Zusätzlich ist man
auf die Rückmeldung von Eltern bzw. vom direkten Umfeld bezüglich Compliance,
Wirkung und das Auftreten von UAWs angewiesen. Ebenso gehört es zur
Therapie
mit
Psychopharmaka
regelmäßige
(ambulante)
Kontrollen
durchzuführen, welche Laboruntersuchungen (Blutbild, Hormonstatus), EKG,
EEG, Blutdruck sowie Größe und Gewicht beinhalten. Zu jeder Zeit soll das Kind
bzw. der Jugendliche in die Behandlung miteinbezogen werden (Aufklärung u.ä.),
da
mit
zunehmender
Reife
Jugendliche
das
Recht
haben
über
ihre
Pharmakotherapie mitzuentscheiden. Im akuten Notfall (z.B. Selbst- oder
Fremdgefährdung)
kann
sich
die
Entscheidung
zur
symptomatischen
medikamentösen Therapie ergeben, und erfordert nicht immer eine Aufklärung
und Einwilligung von der Patientin / dem Patienten und
der / des
Sorgeberechtigten.
Grundsätzlich erfordert jede Diagnostik und etwaige Behandlung die Einwilligung
der Patienten und der Sorgeberechtigten, ist diese nicht gegeben so ist auch keine
Diagnostik oder Therapie jeglicher Art möglich.
16
3. Antidepressiva
Der Begriff „Antidepressiva“ fasst eine chemisch und pharmakologisch heterogene
Klasse von Neuro- und Psychopharmaka zusammen. Wurden früher diese
Pharmaka hauptsächlich bei Depressionen eingesetzt, finden sie heutzutage eine
breite therapeutische Anwendung z.B. bei Angst-/ Zwang-/
Essstörungen
und
beim
Panik- und
Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Syndrom.
Zusätzlich finden sich trizyklische Antidepressiva auch in der Schmerztherapie
durch ihre Na+-Kanal-blockierende Wirkung. Die Wirkung sowie das Auftreten von
unerwünschten Arzneimittelwirkungen während einer Therapie mit Antidepressiva
hängen davon ab, in welchem Ausmaß die Wiederaufnahme von Serotonin,
Noradrenalin und Dopamin gehemmt und zentrale wie periphere NeurotransmitterRezeptoren antagonisiert werden. So tritt eine sedierende Wirkung bei Blockade
des Histamin-H1-Rezeptors und ein anxiolytischer Effekt durch Blockade eines
serotonergen 5-HT2-Rezeptors auf. Obwohl die Erhöhung der Neurotransmitter in
der Synapse innerhalb kurzer Zeit eintritt, kann man eine antidepressive
(klinische) Wirkung erst nach 2-4 Wochen erkennen [1].
Die Antidepressiva lassen sich einerseits entsprechend ihrer primären Wirkung auf
molekulare Zielstrukturen einteilen und andererseits nach vorhandener bzw. nicht
vorhandener sedativ-hypnotischer Wirkung [5].
Einteilung nach Wirkung auf molekulare Zielstrukturen:
o Hemmer der Wiederaufnahme von Monoaminen
- nichtselektive Hemmer von Dopamin, Noradrenalin und/oder Serotonin
(trizyklische Antidepressiva) (Amitriptylin, Clomipramin, Doxepin, Imipramin,
Nortriptylin, Opipramol, Trimipramin)
- selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (Maprotilin, Reboxetin)
-
selektive
Serotonin-Wiederaufnahmehemmer
(SSRI)
(Citalopram,
Escitalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin, Sertralin)
-
Serotonin-
und
Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer
(Duloxetin,
Venlafaxin)
17
o Selektive Hemmer der Monoamin-Oxidase, Typ A (MAO-A-Hemmer)
(Moclobemid)
o α2-Adrenozeptor-Antagonisten (Mianserin, Mirtazapin)
o Andere Antidepressiva (Johanniskraut-Extrakte)
Einteilung nach sedativ-hypnotischer Wirkung:
o Ohne intiiale Sedierungspotenz sind z.B. Moclobemid, Clomipramin,
Desipramin, Nortryptilin, Citalopram, Escitalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin,
Paroxetin, Sertralin, Reboxetin, Venlafaxin
o Mit primär sedativ-hypnotischer Wirkung z.B. Amitriptylin, Doxepin,
Maprotilin, Mianserin
3.1. Trizyklische Antidepressiva
Nach den Fachinformationen können trizyklische Antidepressiva bei folgenden
Störungen/ Erkrankungen eingesetzt werden:
- depressive Symptomatiken,
- Zwangserkrankungen (Clomipramin),
- Phobien und Panikstörungen (Clomipramin),
- generalisierte Angststörungen (Opipramol),
- langfristige Schmerzbehandlung (Amitriptylin, Clomipramin, Imipramin),
- Kataplexie/ Narkolepsie (Clomipramin),
- somatoforme Störungen (Opipramol),
- Enuresis (Imipramin, Amitriptylin),
- Pavor nocturnus (Imipramin, Clomipramin),
- Unruhe, Angst und Schlafstörungen in Zusammenhang mit depressiven
Erkrankungen (Doxepin, Trimipramin) oder leichten Entzugssyndromen
(Doxepin)
- sowie ausgewählte Essstörungen (Bulimia nervosa) und ADHS.
Generell
sollen
Antidepressiva
Stimmung,
Antriebslage,
Konzentration,
Aufmerksamkeit, Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen positiv beeinflussen und
Schuldgefühle, Gefühle der Wertlosigkeit und negativistisches Denken in den
18
Hintergrund rücken. Als positiven Nebeneffekt verbessern Antidepressiva
Schlafstörungen und steigern den Appetit.
Wirkungsspektrum ausgewählter trizyklischer Antidepressiva:
Tab. 1. Wirkungsspektrum ausgewählter trizyklischer Antidepressiva (Mod. nach
[6])
Antidepressiv
Aktivierend
Sedierend
anxiolytisch
Amitriptylin
+++
-
++
++
Clomipramin
+++
+++
-
+
Doxepin
++
-
+++
++
Imipramin
+++
++
+
++
(-) keine oder schwache Wirkung, (+) leichte Wirkung, (++) mittlere Wirkung, (+++) starke
Wirkung
Bezüglich der Dosierung ist anzumerken, dass initial mit einer niedrigen Dosis
begonnen und dann alle 4-5 Tage je nach klinischer Wirkung gesteigert werden
soll. Tabelle 2 führt die Tagesdosis in Milligramm von ausgewählten Wirkstoffen
und ihren Indikationen an, wenn diese im Kindes- und Jugendalter eingesetzt
werden.
Tab. 2. Tagesdosen ausgewählter trizyklischer Antidepressiva (Mod. nach [7])
Amitriptylin
Clomipramin
Doxepin
Indikation
Tagesdosis in mg
Depression
25 – 150 (2-3 Einzeldosen)
Enuresis
10 – 50 (einmalig zur Schlafenszeit)
Zwangsstörung
Max. 3mg/kg KG oder 1x 200 abends
Enuresis nocturna
10 – 50 (einmalig zur Schlafenszeit)
Depression
50 – 150 (einmalig zur Nacht oder 2
Einzeldosen tagsüber)
Imipramin
Enuresis nocturna
25 – 75 (einmalig zur Schlafenszeit, je
nach KG)
KG = Körpergewicht
19
Besondern
bei
trizyklischen
Antidepressiva
besteht
die
Gefahr
einer
Überdosierung und einem damit verbundenen letalen Ausgang bei Intoxikationen,
da sie eine geringe therapeutische Breite haben. Eine Überdosierung zeichnet
sich durch verstärkte unerwünschte anticholinerge Effekte aus, wie Myoklonien,
Atemdepression,
Obstipation,
zerebrale
Krampfanfälle,
Tachykardien
und
Herzrhythmusstörungen. Im Falle eines zentralen anticholinergen Syndrom
(Fieber, Mydriasis, Herzrhythmusstörungen, Tachykardie, delirante Symptome,
zerebrale Krampfanfälle, Somnolenz bis Koma) besteht die Therapie im sofortigen
Absetzen der anticholinerg wirkenden Stoffe und einer intensivmedizinischen
Überwachung [1].
Wie bei allen Medikamenten existieren auch für Antidepressiva Wechselwirkungen
mit Arznei-, Genuss-, Sucht- und Nahrungsmitteln, darum wird ein regelmäßiges
therapeutisches Drug-Monitoring empfohlen, um Blutspiegelschwankungen und
Unter- bzw. Überdosierungen frühzeitig zu erkennen. Eine Erhöhung der
Plasmaspiegel (Gefahr der Intoxikation) bewirken andere Antidepressiva, das
Antikonvulsivum Valproinsäure, Kontrazeptiva und Methylphenidat; zu einer
Erniedrigung der Plasmaspiegel kommt es bei Carbamazepin (Antikonvulsivum).
Antipsychotika und Anticholinergika wiederum verstärken die anticholinergen
Effekte [8].
Bei Verschreibung eines trizyklischen Antidepressivums ist besondere Vorsicht
geboten, wenn eine Kombinationstherapie mit anderen Neuro-/ Psychopharmaka
besteht, in der Anamnese zerebrale Krampfanfälle waren (trizykl. Antidepressiva
senken die Krampfschwelle!), bei bipolaren Störungen (Induktion eine manischen
Episode
möglich)
oder
bei
Suizidalität
(Antriebssteigerung
vor
Stimmungsbesserung). Andere Anwendungseinschränkungen sind akute Alkohol-,
Sucht-,
Schlafmittel-
Nierenschädigungen,
oder
akute
Psychopharmakavergiftungen,
Delirien,
Blutbildungsstörungen,
Leber-
und
Hypokaliämie,
Bradykardie, Schilddrüsenüberfunktionen, Diabetes mellitus und paranoide
Schizophrenien (laut Fachinformationen).
20
3.2. Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer
Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) werden verwendet in der
Therapie von:
- depressiver Symptomatik,
- Zwangsstörungen (Citalopram, Fluoxetin, Paroxetin, Fluvoxamin ab 8.
Lebensjahr, Sertralin ab 6. Lebensjahr),
- Bulimia nervosa (Fluoxetin),
- Panikstörungen und/oder Agoraphobie (Citalopram, Paroxetin), soziale
Phobie (Citalopram, Paroxetin) und generalisierte Angststörung (Paroxetin),
- posttraumatische Belastungsstörung (Paroxetin),
- sowie aggressives und impulsives Verhalten, Mutismus, ADHS, TouretteSyndrom, Trennungsangst, Autismus, unklare Schmerzzustände und
Anorexia nervosa.
Wirkungsspektrum ausgewählter SSRIs:
Tab. 3. Wirkungsspektrum ausgewählter trizyklischer Antidepressiva (Mod. nach
[6])
Antidepressiv
Aktivierend
Sedierend
anxiolytisch
Citalopram
+++
++
-
++
Fluoxetin
+++
+
-
++
Fluvoxamin
+++
+
-
++
Paroxetin
+++
-
-
++
Sertralin
+++
-
-
++
(-) keine oder schwache Wirkung, (+) leichte Wirkung, (++) mittlere Wirkung, (+++) starke
Wirkung
In den letzten Jahren hat die Bedeutung der SSRIs in der Behandlung von
depressiven Symptomen im Kindes- und Jugendalter zugenommen, was
wahrscheinlich nicht nur auf die gute Wirksamkeit sondern auch auf die gute
Verträglichkeit und relativ leichte Handhabbarkeit zurückzuführen ist. Ein
zusätzlicher Vorteil ist, dass SSRIs kaum psychomotorische und kognitive
Funktionen negativ beeinflussen, sodass eine Fahrtauglichkeit weiterhin besteht.
21
Aktuell gibt es die beste Studienlage zu Fluoxetin, wobei einige Studien zeigten,
dass eine der besten Therapien bei depressiver Symptomatik
aus einer
Kombination von Fluoxetin und einer kognitiven Verhaltenstherapie besteht. [9]
[10]
Wie alle Neuro- /Psychopharmaka sollen auch SSRI mit einer niedrigen Dosis
begonnen und dann sukzessive aufdosiert werden, um ein pharmakologisches
Delir zu vermeiden. Eine antidepressive Wirkung stellt sich bei den SSRIs nach
1-4 Wochen ein, die Therapie selbst soll nach Remission der Symptome noch 6-9
Monate fortgeführt werden [11]. Tabelle 4 führt die Tagesdosis in Milligramm von
ausgewählten Wirkstoffen und ihren Indikationen an. Zu beachten ist jedoch, dass
in Tabelle 4 nur Richtwerte für den Einsatz in Kindes- und Jugendalter angegeben
sind.
Tab. 4. Tagesdosen ausgewählter trizyklischer Antidepressiva (Mod. nach [7])
Citalopram
Fluoxetin
Fluvoxamin
Indikation
Tagesdosis in mg
Depression
20 – 40 (einmalig morgens)
Angststörung
10 – 20 (einmalig morgens)
Depression
10 – 20 (-40) (einmalig morgens)
Bulimie, Zwangsstörung
20 – 60 (einmalig morgens)
Zwangsstörung
50 – 200 (-300) (2 Einzeldosen,
höhere ev. abends)
Paroxetin
Sertralin
Depression
20 – 40 (einmalig morgens)
Angst- u. Zwangsstörung
10 – 50 (einmalig morgens)
Angststörungen
25 – 50 (einmalig morgens)
Depression u. Zwangsstörung
25 – 200 (einmalig morgens)
Eine Absetzung oder Umstellung der Medikation ist langsam vorzunehmen, da ein
abruptes
Absetzen
zu
Schwindel,
Gangstörungen,
gastrointestinalen
Beschwerden, Sensibilitätsstörungen und Verschlechterung des psychischen
Befindens führen kann. [12] [13]
Im Falle einer Überdosierung ist die Toxizität eher gering, Todesgefahr besteht nur
bei extrem hohen Dosierungen z.B. 6000mg bei Fluoxetin. Zeichen einer etwaigen
22
Überdosierung sind Übelkeit, Erbrechen, Erregung, Tachykardie und sehr selten
zerebrale Krampfanfälle.
SSRIs sind im Allgemeinen gut verträglich, UAWs treten nur selten und meist
vorübergehend am Therapiebeginn auf. Unter den wichtigsten UAWs finden sich
Kopfschmerzen,
Appetitlosigkeit,
Übelkeit,
Schwitzen,
Gewichtsabnahme,
Mundtrockenheit, sexuelle Funktionsstörungen, allergische Reaktionen und selten
extrapyramidal-motorische Störungen. Kardiale UAWs treten im Vergleich zu
trizyklischen Antidepressiva selten auf. SSRIs weisen keine sedierende Wirkung
auf, können aber bei bipolaren Störungen eine manische Episode auslösen.
Kontrovers diskutiert wird eine erhöhte Suizidalität unter der Therapie mit SSRIs,
da am Anfang eine antriebssteigernde Wirkung ohne Stimmungsbesserung
bestehe. Die konnte zwar in einigen (Meta-)Analysen [14][15] nicht bestätigt
werden, dennoch gilt eine relative Anwendungseinschränkung bei akuter
Suizidalität. Weitere Einschränkungen der Anwendung sind (Hypo-)Manie,
Diabetes
mellitus,
Leber-
und
Nierenfunktionsstörungen,
Störungen
der
Thrombozytenfunktion und erhöhtes Blutungsrisiko.
Eine seltene aber lebensbedrohliche UAW bzw. Wechselwirkung ist das
Serotonin-Syndrom, das durch Herzrhythmusstörungen, zerebrale Krämpfe und
komatöse Erscheinungen charakterisiert ist. Die Therapie besteht aus Absetzen
der Medikation, Kühlung des Patienten und vermehrter Flüssigkeitszufuhr (oral
oder intravenös), wenn nötig im intensivmedizinischen Bereich. Wie bei allen
Medikamenten gibt es auch bei den SSRIs Wechselwirkungen mit Arznei-, Sucht-,
Genuss- oder Nahrungsmitteln. Alkohol kann unerwünschte Arzneimittelwirkungen
ebenso
verstärken
gleichzeitiger
wie
Einnahme
Beta-Blocker
von
oder
Antikonvulsiva
andere
Antidepressiva.
(Carbamazepin,
Bei
Phenytoin,
Valproinsäure) können deren Plasmaspiegel steigen, was das Risiko für UAWs
erhöht. Bei Einnahme von Fluvoxamin und Sertralin wird vom Trinken von
Grapefruitsaft abgeraten, da sonst die Plasmaspiegel steigen. Rauchen wiederum
vermindert die Plasmaspiegel von SSRIs (laut Fachinformationen).
23
3.3. Selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (NRIs)
Zu den selektiven Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmern gehören Maprotilin und
Reboxetin.
Anwendungsgebiete
von
Maprotilin:
ängstlich-agitierte
Depression
mit
Schlafstörungen, Enuresis, Pavor nocturnus und Schulverweigerung.
Indikationen
von
Reboxetin:
akute
depressive
Erkrankungen
(im
Erwachsenenalter) und ADHS.
Zu Maprotilin liegen kaum empirisch gesicherte Daten zur Anwendung im Kindesund
Jugendalter
vor,
weder
zu
Wirksamkeit
und
Sicherheit,
noch
zu
Dosierungsempfehlungen. Zur Depressionsbehandlung bei Erwachsenen ist eine
ähnliche Wirkung wie bei SSRIs festgestellt worden [16][17]. Durch eine zu
Therapiebeginn starke Sedierung und damit eingeschränkte Reaktionsfähigkeit
empfiehlt
sich
eine
Mundtrockenheit,
abendliche
Einnahme.
Gewichtszunahme,
UWAs
Übelkeit,
von
Diarrhö
Maprotilin
und
sind
erhöhte
Anfallsbereitschaft. Vorsicht ist geboten bei gleichzeitiger Einnahme zentraldämpfender
Substanzen,
bei
akuten
Delirien,
Leber-
und
Nierenfunktionsstörungen und Stoffwechselerkrankungen (Diabetes mellitus,
Hyperthyreose) (für genauere Informationen siehe Fachinformationen).
Für Reboxetin wurde eine Wirksamkeit in der Therapie von ADHS, Aggressivität,
Angst oder Depression sowie Enuresis nachgewiesen [18][19]. Als UAWs unter
einer Reboxetin-Therapie gelten Schlafstörungen, Agitiertheit und Nervosität,
Schwindel, Mundtrockenheit, Miktionsbeschwerden, kardiovaskuläre (Tachykardie
und Hypotonie) und gastrointestinale Beschwerden, sexuelle Funktionsstörungen
und zerebrale Anfälle bekannt. Bei zerebralen Krampfanfällen oder kardialen
Erkrankungen in der Anamnese, einer bipolaren Störung oder bei Einnahme
blutdrucksenkender Arzneimittel oder anderen Antidepressiva ist Reboxetin eher
zurückhaltend einzusetzen.
Wechselwirkungen mit Arznei-, Genuss- und Nahrungsmitteln sind in den
Fachinformationen aufgelistet.
24
3.4. Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRIs)
Zu dieser Klasse der Antidepressiva zählen Duloxetin und Venlafaxin, die beide
für die Behandlung einer akuten Episode einer Depression beim Erwachsenen
geeignet sind. Zusätzlich wird Venlafaxin zur Rezidivprophylaxe einer schweren
Depression und bei sozialen Angststörungen verwendet, Duloxetin findet eine
weitere Anwendung in der Therapie von generalisierten Angststörungen. Hierbei
muss beachtet werden, dass die obigen aufgeführten Indikationen für den
Erwachsenen gelten und die Datenlage für die Anwendung im Kindes- und
Jugendalter noch zu gering ist. Laut S3-Leitlinie der ‚Deutschen Gesellschaft für
Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie‘ (DGKJP) soll
Venlafaxin nicht bei Kindern und Jugendlichen mit depressiven Störungen
eingesetzt werden [11].
Sollte dennoch Duloxetin eingenommen werden, so ähneln die UAWs bei der
Therapie von Kindern und Jugendlichen denen der Erwachsenen. Dazu zählen
Übelkeit, Kopfschmerz, Mundtrockenheit, Somnolenz und ein vorübergehender
Blutdruckanstieg.
Unter der Therapie von Venlafaxin können häufig Schwitzen, Mundtrockenheit,
gastrointestinale Beschwerden und Kopfschmerzen auftreten. Seltener sind
Blutdruckregulationsstörungen,
Akkomodationsstörungen
Schwindel,
und
Sedierungen,
sexuelle
aber
Dysfunktion,
auch
Agitiertheit,
Schlafstörungen und erhöhte Nervosität. Reduziert werden diese UAWs durch den
Einsatz eines Retardpräparates, dennoch können sie beim abrupten Absetzen
auftreten.
Wechselwirkungen
können
mit
anderen
Antidepressiva
(Erhöhung
der
Plasmaspiegel, verstärkte antidepressive Wirkung aber auch erhöhtes Risiko für
UAWs) ebenso auftreten wie mit Anticholinergika (Risiko anticholinerger UAWs
erhöht), Antipsychotika (Erhöhung des Plasmaspiegels und des Risikos
extrapyramidaler UAWs und QT-Verlängerung), Lithiumsalzen (Risiko für UAWs
wie
Serotonin-Syndrom
erhöht
–
engmaschige
Kontrollen!)
oder
Psychostimulanzien (unter Amphetamin Risiko für UAWs/ Serotonin-Syndrom
erhöht) [8].
25
Absolute Kontraindikation für die Anwendung von Serotonin-NoradrenalinWiederaufnahmehemmer ist die gleichzeitige Gabe irreversibler, nichtselektiver
MAO-Hemmer aufgrund des Risikos für ein Serotonin-Syndrom. Zu den weiteren
Gegenanzeigen
für
Duloxetin
Leberfunktionseinschränkungen
zählen
führen,
Lebererkrankungen,
die
zu
Nierenfunktionseinschränkungen
und
unkontrollierbarer Bluthochdruck (Fachinformation).
3.5. Monoamin-Oxidase-Hemmer
Heutzutage
werden
im
Erwachsenenbereich
nur
selektive
MAO-Hemmer
(Moclobemid) bei schweren Episoden einer Depression verwendet. Nichtselektive
MAO-Hemmer finden kaum noch Anwendung, da es bei gleichzeitiger Einnahme
tyraminreicher Nahrungsmittel zum Cheese-Effekt kommt. Beim Cheese-Effekt
kommt es zu hypertensiven Krisen mit Schwitzen, Gesichtsrötung, stark
pochendem
Herzschlag,
Übelkeit
und
Erbrechen,
da
Tyramin
(blutdrucksteigerndes Sympathomimetikum) normalerweise durch beide MAOEnzyme abgebaut wird.
Bei der Anwendung eines selektiven MAO-Hemmers,
steht somit immerhin ein Enzym zum Tyramin-Abbau zur Verfügung [1]. Da es im
Kindes- und Jugendalter zur Behandlung von Depressionen besser verträgliche
Alternativen (v.a. SSRIs) gibt, wird Moclobemid nicht empfohlen. In der Studie von
Avci et al. 1999 [20] war es kaum besser als das Placebo.
Unerwünschte
Kopfschmerz,
Arzneimittelwirkungen
Übelkeit,
im
Mundtrockenheit,
Erwachsenenalter
Schlafstörungen
sind
und
häufig
Schwindel.
Seltener können Angst, Agitiertheit, Unruhe, Parästhesien, orthostatische
Hypotonie,
Erbrechen,
Obstipation,
Diarrhö,
Ausschlag
oder
Reizbarkeit
vorkommen. Bei bipolar affektiver Störung können manische Episoden ausgelöst,
und bei schizophrener Psychose die Symptome verstärkt werden.
Die wichtigsten Anwendungseinschränkungen sind: gleichzeitige Kombination mit
SSRIs, da das Risiko für das Auftreten eines Serotonin-Syndroms erhöht wird, und
die Verabreichung bei akuten Intoxikationen mit psychotropen Wirkstoffen. Zu
Therapiebeginn mit Moclobemid sind engmaschige Kontrollen empfohlen, da es
zu suizidalen Impulsen kommen kann. Informationen zu den Wechselwirkung sind
in der Fachinformation zu finden.
26
3.6. α2-Adrenozeptor-Antagonisten
Mianserin und Mirtazapin sind nach Fachinformationen bei depressiven Störungen
im Erwachsenenalter indiziert. Im Kindes- und Jugendalter wird Mianserin zur
Therapie von Enuresis, Pavor nocturnus, Schulverweigerung und Mutismus
verwendet.
Mirtazapin
findet
im
Off-Label-Use
in
der
Behandlung
von
Angsterkrankungen und Schlafstörungen Gebrauch und ist nach S3-Leitlinie bei
depressiven Störungen [11] nicht empfohlen.
Da beide Arzneimittel eine ausgeprägte sedierende Wirkung zeigen, empfiehlt sich
eine abendliche Einnahme, wobei beide Medikamente langsam aufdosiert werden
sollen.
In Hinblick auf die UAWs können Gewichtszunahme, Mundtrockenheit, Übelkeit
und Diarrhö auftreten. Des Weiteren besteht die Möglichkeit von orthostatischer
Hypotonie,
Tremor,
Dyskinesien,
Blutbildveränderungen
(Agranulozytose,
Leukopenie), erhöhte Anfallsbereitschaft, Exantheme und Ödeme. Im Gegensatz
zu anderen Antidepressiva führen Mianserin und Mirtazapin nicht zu ausgeprägten
sexuellen Dysfunktionen. Der sedierende Effekt kann durch Alkohol oder
Benzodiazepine verstärkt werden. Wird Mirtazapin mit SSRIs, Lithiumsalzen oder
Psychostimulanzien kombiniert, kann sich sowohl die antidepressive Wirkung als
auch das Risiko für UAWs verstärken.
Akute Intoxikationen mit psychotropen Substanzen, (Hypo-)Manien, erhöhte
Krampfbereitschaft, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus, Suizidalität
und Leber- und Nierenfunktionsstörungen stellen Anwendungseinschränkungen
dar [2].
3.7. Andere antidepressiv wirkende Arzneimittel
Andere antidepressiv wirkende Arzneimittel sind Bupropion und JohanniskrautExtrakte. Obwohl Johanniskraut-Extrakte (sogenannte Phytopharmaka) zur
Behandlung von depressiver Symptomatik ab dem 12. Lebensjahr zugelassen ist,
sprechen mögliche UAWs gegen den Einsatz [11]. Zu den UAWs von
27
Johanniskraut-Extrakten zählen dermatologische (Photosensibilisierung) und
gastrointestinale Beschwerden [21], grundsätzlich sind das UAW-Profil und
mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten noch nicht vollständig
untersucht.
Über eine Enzyminduktion in der Leber kann bei Einnahme von
Johanniskraut-Extrakten die Sicherheit oraler Kontrazeptiva herabgesetzt sein.
28
4. Antipsychotika
Unter dem Begriff „Antipsychotika“, auch als Neuroleptika oder Psycholeptika
bezeichnet,
werden
Medikamente
verstanden,
die
hauptsächlich
zur
symptomatischen Behandlung von Erkrankungen aus dem schizophrenen
Formenkreis sowie bei psychotischen Symptomen im Rahmen anderer Störungen
eingesetzt werden. Typischerweise dämpfen Antipsychotika psychomotorische
Erregungszustände und verringern affektive
Spannungen, Angst, formale
Denkstörungen und Wahnwahrnehmungen (Vgl. [2]). Wurden sie früher vor allem
für die obigen genannten Zustände verwendet, finden sie mittlerweile eine
zusätzliche Anwendung bei Kindern und Jugendlichen mit manischen Syndromen
(zur Abschwächung der manischen Symptome und manche Antipsychotika als
Stimmungsstabilisatoren), Tic-Störungen, Reizbarkeit, Agitiertheit und aggressiven
Verhaltensweisen.
4.1. Klassifikationen und Einteilungen
Die
Antipsychotika
lassen
sich
auf
drei
Arten
klassifizieren,
nach
strukturchemischen Eigenschaften, nach der antipsychotischen Potenz und in
Antipsychotika der ersten und zweiten (und dritten) Generation.
Einteilung nach strukturchemischen Eigenschaften:
Das älteste bekannte Antipsychotikum Chlorpromazin hat eine trizyklische Struktur
und eine offene Seitenkette, wie auch Levomepromazin und Promethazin. Ebenso
eine trizyklische Struktur aber eine Piperazin-Seitenkette besitzen Fluphenazin,
Perazin, Perphenazin und Zuclopenthixol. Beide Typen können auch als
Phenothiazine zusammengefasst werden.
Zur Gruppe der sog. Butyrophenone zählen Haloperidol und Pipamperon. Als
Diphenylbutylpiperiden-Typen werden Fluspirilen und Pimozid bezeichnet.
Clozapin (Prototyp der „atypischen“ Antipsychotika), Olanzapin und Quetiapin
unterscheiden sich trotz ihrer trizyklischen Struktur in ihrem Wirkprofil (v.a. bei den
UAWs) von den Phenothiazinen.
29
Weitere Antipsychotika sind Sulpirid und Amisulrid (sog. Benzamide) sowie
Risperidon, Ziprasidon und Aripiprazol.
Einteilung nach der antipsychotischen Potenz:
Für die Einteilung nach der antipsychotischen Potenz gibt es mehrere
Definitionen. Die Definition nach Hasse [22] [23] ist mit dem Auftreten von
extrapyramidal-motorischen unerwünschten Arzneimittelwirkungen, kurz EPS für
„extrapyramidal side effects“, verbunden. Nach dieser definiert sich die
antipsychotische Potenz als jene Dosierung, die notwendig ist um die
neuroleptische Schwelle (Auftreten von EPS z.B. mittels Mikrografie erfassbar) zu
überschreiten. Demnach werden bei hochpotenten Antipsychotika EPS im
niedrigen Dosisbereich, bei niederpotenten Antipsychotika erst bei hohen Dosen
ausgelöst.
Eine etwas neuere Definition richtet sich nach der Rezeptorblockade von
Dopamin-D2-Rezeptoren im ZNS. Jene Antipsychotika mit einer hohen Affinität
werden als hochpotent bezeichnet, jene mit niedriger Affinität als niederpotent.
Klinisch können Antipsychotika als niedrig-, mittel- und hochpotente Wirkstoffe
eingeteilt werden. Für einen besseren Vergleich der Wirksamkeit wird die
sogenannte Chlorpromazin-Äquivalenzdosis verwendet, wobei für Chlorpromazin
der Referenzwert 1 festgelegt wurde. Ein Wirkstoff mit der ChlorpromazinÄquivalenzdosis von 2 ist doppelt so stark antipsychotisch wirksam wie
Chlorpromazin [1]. In Tab. 5. sind einige ausgewählte Antipsychotika in ihrer
Potenz zusammengefasst, wobei dies vor allem beim Erwachsenen und im
Kindes- und Jugendalter aufgrund der geringen Studienlage nur mit Vorbehalt gilt.
Zu beachten ist, dass so ein Vergleich nur bei typischen Antipsychotika sinnvoll
ist, da sich diese hinsichtlich ihrer Wirkung und den UAWs ähnlich sind.
Hochpotente Wirkstoffe werden vor allem zur Behandlung von Positivsymptomen
wie Wahn und Halluzinationen eingesetzt. Niedrigpotente Antipsychotika werden,
da
sie
im
üblichen
Dosisbereich
hauptsächlich
sedierend
und
wenig
antipsychotisch wirken, bei Unruhe, Angst, Agitiertheit und Schlafstörungen
verwendet (Vgl. [2]).
30
Tab. 5. Übersicht ausgewählter Antipsychotika nach der antipsychotischen
Potenz (Mod. nach [24])
Wirkstoff
ChlorpromazinÄquivalenzdosis
Hochpotente Antipsychotika
Haloperidol, Olanzapin, Risperidon
50
Flupenazin
40
Perphenazin
15
Mittelpotente Antipsychotika
Chlorpromazin, Clozapin, Melperon, Quetiapin
1
Niedrigpotente Antipsychotika
Pipamperon
0,8
Levomepromazin
0,5
Amisulprid, Sulprid
0,2
Einteilung nach „Generationen“:
Ursprünglich differenzierte man zwischen typischen und atypischen Antipsychotika
wegen der Annahme, dass atypische Antipsychotika keine EPS verursachen. Da
aber atypische Antipsychotika vor allem im hohen Dosenbereich ihre atypischen
Eigenschaften verlieren und der Begriff „Atypikum“ mittlerweile erheblich erweitert
wurde, ist diese Klassifikation wenig sinnvoll. Dennoch ist sie im Sprachgebrauch
noch weit verbreitet. Weniger mit unklarer Bedeutung belastet ist die Einteilung in
Antipsychotika der ersten und der zweiten (und dritten) Generation [2]
1. Generation: Chlorpromazin, Haloperidol, Perphenazin
2. und 3. Generation: Aripiprazol, Clozapin, Olanzapin, Paliperidon, Quetiapin,
Risperidon, Ziprasidon
4.2. Wirkungen
Alle klinisch wirksamen Antipsychotika sind Antagonisten der Dopamin-D2Rezeptorfamilie, was bedeutet, dass sie zwar an diese Rezeptoren binden, aber
31
keine Wirkung wie der Neurotransmitter Dopamin auslösen. Die daraus
resultierende Hemmung der mesolimbischen Bahnen könnte demzufolge die
antipsychotische
Wirkung
erklären,
da
nach
der
gängigen,
aber
nicht
unumstrittenen Dopamin-Hypothese der Schizophrenie Positivsymptome wie
Wahngedanken
und
Halluzinationen
durch
eine
erhöhte
Konzentration
des Neurotransmitters Dopamin im mesolimbischen Trakt des Gehirns verursacht
werden. Da sich die Wirkung der Antipsychotika der 1. Generation auf das
gesamte dopaminerge System erstreckt, kommt es zum Auftreten von UAWs, so
wirken
Neuroleptika
im
nigrostriatalen
System
störend
auf
körperliche
Bewegungsabläufe, bei denen Dopamin eine wichtige Rolle spielt. Auch wirken
klassische
Neuroleptika
nicht
auf
die
sogenannten Negativsymptome der
Schizophrenie, sondern können sie sogar verschlimmern, da diese gemäß der
Dopaminhypothese
durch
eine
verminderte
Dopaminkonzentration
im
mesokortikalen System des Gehirns verursacht werden ([2]).
Die Antipsychotika der 2. Generation („atypischen Neuroleptika“) haben eine mit
den
klassischen
Neuroleptika
vergleichbare
antipsychotische
Wirkung,
verursachen aber weniger extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen und wirken
zusätzlich auch auf die sogenannten Negativsymptome der Schizophrenie. Diese
Eigenschaften
werden
auf
Besonderheiten
ihres
Rezeptorbindungsprofils
zurückgeführt, das sich je nach Wirkstoff signifikant unterscheiden kann [2].
Da Antipsychotika wahrscheinlich auch mit anderen Neurotransmittern wie
Acetylcholin, Histamin, Serotonin und Noradrenalin interagieren, nimmt man an,
dass das Wirkungsprofil und das Auftreten der UAWs wesentlich vom
Bindungsprofil an die Neurotransmitter-Rezeptoren abhängen. Beispielsweise wird
der sedierende Effekt der Histamin-H1-Rezeptorblockade zugewiesen.
4.3. Klinische Psychopharmakologie
Indikationen von Antipsychotika bei Kindern und Jugendlichen sind Schizophrenie,
schizoaffektive
Störungen
(v.a.
paranoide
und
paranoid-halluzinatorische
Zustände), akutes psychotischen Syndrom, Unruhe, Angst und Anspannung,
Einschlaf-
und
Impulskontrollstörungen,
(auto-)aggressives
Verhalten,
Tic-
32
Störungen, Entzugssyndrome (bei Medikamenten oder Substanzmissbrauch),
Alkoholdelir und bipolare Störungen.
Sowohl die „American Academy of Child and Adolescent Psychiatry” (AACAP) [24]
als auch die deutschen Leitlinien empfehlen aufgrund der besseren Wirksamkeit
und Verträglichkeit und der geringeren Rezidivrate den Einsatz von Antipsychotika
der zweiten Generation. Hochpotente Antipsychotika werden zur symptomatischen
Behandlung
von
(auto-)aggressiven
Anspannungszuständen
empfohlen,
Verhaltensweisen,
niedrig
dosiert
Unruhe-
und
unterhalb
der
antipsychotischen Schwelle bei Ängsten, depressiv-ängstlichen Zuständen und
Schlafstörungen. Mittelpotente finden vorrangig Anwendung zur unterstützenden
Sedierung oder bei geringgradiger Verwirrtheit. Niedrigpotente Antipsychotika und
Antipsychotika der zweiten Generation werden zur Therapie von Angst- oder
Schlafstörungen herangezogen, da bei diesen vor allem die sedierenden Effekte
hilfreich sind (Vgl. [2])
Die Dosisanpassung soll langsam und in kleinen Schritten erfolgen und sich am
individuellen Response (Wirkung und UAWs) orientieren. Vor allem am
Behandlungsbeginn können hoch- und niedrigpotente Antipsychotika kombiniert
werden, um sowohl eine Sedierung als auch eine Anspannungslösung zu
erreichen. Bei der Wahl des Antipsychotikums soll auch das UAW-Profil
berücksichtigt werden, da sonst ev. lebensbedrohliche Zustände auftreten können.
Bei eingeschränkter Compliance können Retard- oder Depotpräparate erwogen
werden, da die UWAs aber problematischer sein können und die Feinjustierung
schwierig und zeitaufwändig ist, eignen sich diese nicht zur Akuttherapie. Bei
diesen soll anfangs oral aufdosiert werden, um dann idealerweise auf eine
Depotformulierung mit demselben Wirkstoff umzusteigen.
In Bezug auf die UAWs haben Kinder und Jugendliche ein höheres Risiko
bestimmte UAWs zu entwickeln als Erwachsene z.B. stärkere Sedierung, EPS,
nach
Absetzen
der
Antipsychotika
auftretende
Dyskinesien,
Prolaktin-
Spiegelerhöhungen, Gewichtszunahme und metabolische Veränderungen [26]. Im
Gegensatz dazu treten Spätdyskinesien und Diabetes seltener auf, was aber auch
dazu zurückzuführen sein kann, dass es einerseits unzureichend lange
Beobachtungen bzw. zu kleine Fallzahlen bei Studien bezüglich dieser zwei UAWs
33
gibt
und andererseits
Erwachsene durch
ein höheres Lebensalter und
Komorbiditäten vulnerabler sind.
Als EPS zusammengefasst sind Frühdyskinesien, Parkinsonoid, Akathisie
(Sitzunruhe,
Trippelbewegungen),
Spätdyskinesien
und
das
maligne
neuroleptische Syndrom, wobei letzteres eine dramatische aber seltene UAW ist,
die in 20% der Fälle tödlich verläuft (Haupttodesursache ist ein durch
Rhabdomyolyse
bedingtes
Nierenversagen).
Kennzeichen
des
malignen
neuroleptischen Syndroms sind Zunahme von EPS begleitet von Fieber,
Veränderungen
der
kardiovaskulären
Parameter
(Tachykardie,
Rhythmusstörungen) und häufig fluktuierende Bewusstseinszustände (bis Stupor).
Seltenere Symptome sind Muskelkrämpfe, Myoklonien und pyramidale Symptome.
Als
Blutbildveränderungen
gesteigerte
können
erhöhte
Aktivität
Erythrozyten-Sedimentationsrate,
der
Leukozytose
Kreatininkinase,
und
erhöhte
Transaminasen auftreten sowie im Urin eine Myoglobinurie mit Dunkelfärbung.
Therapeutische
Maßnahmen
Volumensubstitution,
sind
Behandlung
des
das
Absetzen
Fiebers
und
der
Antipsychotika,
Verlegung
auf
eine
Störungen
des
internistische Intensivstation.
Weitere
UAWs:
Hyperprolaktinämie
mit
Libidoverlust,
Menstruationszyklus, Spannungsgefühle in der Brust, Galaktorrhö bei weiblichen
Patienten, beim männlichen Patienten Gynäkomastie und Potenzprobleme;
Leukozytopenie,
Agranulozytose,
EKG-Veränderungen
(QTc-Intervall-
Verlängerung, ST-Streckensenkung, Abflachung der T-Welle) und Arrhythmien,
Gewichtszunahme, metabolische Störungen (erhöhte Glukose- und Lipidwerte).
Seltenere
UAWs
und
Wechselwirkungen
mit
Arznei-,
Genuss-
und
Nahrungsmitteln sind in den Fachinformationen der Arzneimittel (z.B. Austria
Codex) zu finden, eine Auflistung würde den Rahmen dieser Arbeit übersteigen.
4.4. Psychiatrische Indikationen für Antipsychotika
Psychiatrische Indikationen für Antipsychotika und Dosierungsempfehlungen für
den Einsatz im Kindes- und Jugendalter sind in Tabelle 6 angeführt.
34
Tab. 6. psychiatrische Indikationen und geeignete Antipsychotika zur Therapie
(Dosierungsempfehlungen für Kinder und Jugendliche) (Mod. nach [2]) (i.v.
intravenös, i.m. intramuskulär, p.o. per oral)
Erkrankungen aus dem
Hochpotente Antipsychotika
schizophrenen
Akut: Haloperidol (5-10mg i.v.) oder
Formenkreis
Olanzapin (10mg i.m. oder als Schmelztbl)
Langfristig: Antipsychotika der 2. Generation
Motorische Agitation,
Mittel- bis hochpotente oder sedierende
Erregungszustände
Antipsychotika
Akut: Haloperidol (5-10mg i.v), Olanzapin (5-10mg
i.m.), Ziprasidon (10mg i.m.), Chlorprothixen (50mg
i.m.) oder Levomepromazin (50mg i.m.)
Mittelfristig: Chlorprothixen (3x 30mg p.o.)
Psychomotorische
Mittel- bis niedrigpotente Antipsychotika der 1. oder
Anspannung
sedierende Antipsychotika der 2. Generation
(Aggressivität, ängstliche
Akut: Chlorprothixen (50mg i.m. oder 3x30mg p.o.)
Unruhe)
Mittelfristig: Levomepromazin (bis 4x50mg p.o.)
Schizoaffektive Erkrank.
Antipsychotika der 2. Generation
- Manische Phasen und
- Olanzapin (je 20mg p.o.), Quetiapin (langsame
maniforme Enthemmung
aufdosieren über mehrere Tage auf ca. 400mg/Tag)
- Phasenprophylaxe
- Olanzapin (niedrig dosiert)
Impulskontrollstörungen
Sedierende Antipsychotika oder Antipsychotika der
2. Generation
Längerfristig: Risperidon (0,25-2mg/Tag) oder
Pipamperon (4x30mg p.o.)
Tics
Tiaprid (150-300mg/Tag p.o. auf 3 Dosen verteilt)
Risperidon (0,5-6mg/Tag verteilt auf 2-3 Dosen,
schrittweise aufdosieren!)
Bewegungsdrang und
v.a. sedierende Antipsychotika der 2. Generation
innere Anspannung bei
mittelfristig z.B. Melperon 4x25mg/Tag p.o.
AN
Einschlafstörungen
Niedrigpotente Antipsychotika der 2. Generation
z.B. Levomepromazin 25-50mg p.o. abends
35
5. Sedativa/Hypnotika und Anxiolytika
Die Wirkstoffklasse Sedative/Hypnotika und Anxiolytika umfasst eine sehr
heterogene Gruppe von Neuro-/Psychopharmaka, deren Wirkungsspektrum von
Anxiolyse über Sedierung und Schlaf bis hin zur Narkose und letaler Gefährdung
(wenn die Atmung betroffen ist) reichen kann. Anxiolytika wirken vorwiegend bei
Spannungs-, Angst- und Furchtzuständen und werden darum meist zur
symptomatischen
Therapie
von
Angsterkrankungen
verwendet.
Sedativa
wiederum besitzen v.a. entspannende und beruhigende Effekte, während
Hypnotika Schlaf entweder induzieren oder aufrechterhalten. Zu beachten ist,
dass Sedativa/Hypnotika eine steile Dosis-Wirkungs-Kurve haben, d.h. ihr
anxiolytischer Effekt geht schnell in eine hypnotische und narkotische Wirkung
über [2].
5.1. Klassifikation
Zu der heterogen Gruppe von Sedativa/Hypnotika und Anxiolytika gehören:
- Barbiturate (als typische Vertreter dieser Klasse; nicht mehr im Gebrauch)
- Benzodiazepine (ebenfalls typische Vertreter)
- Antidepressiva mit serotonerger und/oder antihistaminerger Wirkung
- niedrigpotente Antipsychotika mit sedierender Wirkung
- andere Neuro-/Psychopharmaka wie Buspiron, Pregabalin, Melatonin und
Opipramol
- β-Adrenozeptor-Antagonisten (β-Blocker)
- zentral wirksame Antihistaminika
- Phytopharmaka
- best. Antiepileptika mit stimmungsstabilisierenden Effekten
- sowie Choralhydrat (erstes synthetisch hergestellte Hypnotikum, 1869 als
Schlafmittel eingeführt und noch immer verwendet)
Der
Wirkungsmechanismus
von
Sedativa/Hypnotika
und
Anxiolytika
ist
weitgehend unbekannt, da sowohl die Ätiologie als auch die Pathophysiologie der
Angsterkrankungen
und
Schlafstörungen
teilweise
ungeklärt
sind
und
wahrscheinlich multifaktoriell bedingt sind. Dennoch wurde ihre Wirksamkeit für
36
den Erwachsenen sowie teilweise für Kinder und Jugendliche in klinischen Studien
bestätigt.
5.2. Benzodiazepine
Benzodiazepine können nach der Dauer ihrer Wirksamkeit eingeteilt werden in:
- kurz wirksam (Midazolam, Triazolam),
- mittellang wirksam (Bromazepam, Flunitrazepam, Lorazepam, Oxazepam)
- lang wirksam (Clonazepam, Diazepam, Flurazepam)
Da Benzodiazepine ein großes pharmakologisches Wirkungsspektrum besitzen,
gibt es eine Vielzahl von Indikationen, bei Prämedikation für chirurgische Eingriffe,
Muskelspasmen, Anfallskontrolle und Alkoholentzugssyndrom. In der Kinder- und
Jugendpsychiatrie werden sie aufgrund ihres breiten Wirkungsspektrums bei
Angsterkrankungen, Unruhe und Spannungszuständen, psychosomatischen
Symptomen, als Initialbehandlung ängstlich-agitierter Depression in Kombination
mit Antidepressiva, in Kombination mit Antipsychotika in der Akutbehandlung
schizophrener Psychosen und Manien, bei akuter Suizidalität, Notfalltherapie
aggressiver
Erregungszustände,
funktionellen
Schlafstörungen
und
als
Notfalltherapie eines Anfallgeschehens eingesetzt.
Eine Anwendungsdauer über 4 Wochen soll genauso vermieden werden wie eine
hohe
Dosierung,
da
Gedächtnisstörungen
das
und
Risiko
einer
Abhängigkeitsentwicklung,
einer
verminderten
Wahrnehmungs-
von
und
Reaktionsfähigkeit besteht. Obwohl Benzodiazepine in placebokontrollierten
Doppelblindstudien mit Kindern und Jugendlichen keine Wirksamkeit bei
Angsterkrankungen zeigten [27], werden sie in der Akutbehandlung (v.a. in
Kombination mit Antidepressiva oder Antipsychotika) verwendet, um eine rasche
Angstreduktion und Entspannung zu erreichen, damit eine weitere kognitivverhaltenstherapeutische und/oder medikamentöse Therapie möglich ist.
UAWs können am Therapiebeginn auftreten und sind dann meist dosisabhängige,
überschießende
Wirkeffekte
Konzentrationsstörungen
und
wie
Schläfrigkeit,
verminderte
Tagesmüdigkeit,
Aufmerksamkeit.
Unruhe,
Schlafstörungen, Angstzustände, Halluzinationen und Albträume werden als
37
paradoxe Reaktionen bezeichnet. Seltenere UAWs und Wechselwirkungen sind
in den jeweiligen Fachinformationen beschrieben.
5.3. Antidepressiva
Bei den Antidepressiva werden jene Arzneimittel als Sedativa/Hypnotika und
Anxiolytika
verwendet,
die
eine
serotonerge
und/oder
antihistaminerge
Wirkkomponente haben (Clomipramin, Doxepin, Fluoxetin, Fluvoxamin, Imipramin,
Sertralin).
Indikationen
für
diese
Medikamente
sind
Angsterkrankungen
(Panikstörungen, Phobien), Beruhigung, Schlafinduktion und Angsterleben bei
Zwangs- und depressiven Störungen.
Mittel der ersten Wahl bei Angsterkrankungen sind (laut amerikan. Leitlinien, [27])
SSRIs, zweite Wahl sind trizyklische Antidepressiva aufgrund fehlender Evidenz
für die Wirksamkeit und des Risikos für UAWs. Eine in placebokontrollierten
Studien nachgewiesene Wirksamkeit bei der Therapie von generalisierten
Angststörungen, emotionaler Störung mit Trennungsangst und/oder sozialer
Phobie existiert von Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin und Sertralin [27].
Niedrig dosierte, sedierende Antidepressiva sind wegen dem Risiko schwerer
UAWs (z.B. Arrhythmien, orthostatische Hypotension, sedierender Überhang,
anticholinerge Effekte) bei Schlafstörungen von Jugendlichen nur bei komorbider
Depression oder anderem therapeutischen Versagen indiziert.
5.4. Niedrigpotente Antipsychotika
Indikationen von niedrigpotenten Antipsychotika mit sedierender Komponente
(Quetiapin, Sulpirid und Thioridazin) sind generalisierte Angststörung und andere
Angsterkrankungen
sowie
ängstlich-depressive
Symptome
und
Einschlafstörungen. In Ausnahmefälle können hochpotente Antipsychotika ohne
stark sedierendem Effekt (Clozapin, Flupentixol, Risperidon) verabreicht werden.
Laut Leitlinien der AACAP (American Academy for Child and Adolescent
Psychiatry)
und
Jugendpsychiatrie)
der
DGKJP
werden
(deutsche
niedrigpotente
Gesellschaft
Antipsychotika
für
aber
Kinderweder
und
bei
38
Angsterkrankungen noch bei Schlafstörungen empfohlen, da es kaum kontrollierte
Studien beim Erwachsenen und noch weniger bei Kindern und Jugendlichen für
diese Anwendungsbereiche gibt. Schizophrenen Patienten mit komorbider
Schlafstörung können von Antipsychotika der 2. Generation (Quetiapin oder
Olanzapin) profitieren, da zusätzlich zur antipsychotischen Wirkung auch ein
sedierender Effekt besteht.
5.5. Andere Arzneimittel
Buspiron: Partialagonist eines Serotonin-Rezeptors, Antagonist der Dopamin-D2Rezeptorfamilie; in der Therapie der generalisierten Angststörungen bei Kinder
und Jugendlichen wurde aber in zwei Studien [28] keine Wirksamkeit
nachgewiesen, obwohl beim Erwachsenen ein anxiolytischer Effekt besteht. Nach
AACAP als Monotherapie oder in Kombination mit SSRIs bei Angsterkrankungen
empfohlen. Im niedrigen Dosisbereich gut verträglich, häufigste UWAs sind
Kopfschmerz, Benommenheit und Dyspepsie. Absolute Kontraindikationen sind
Myasthenia gravis, Anfallserkrankungen in der Anamnese, schwere Nieren- und
Leberfunktionsstörungen und akutes Engwinkelglaukom.
Opipramol: Laut AACAP zur Therapie von Angsterkrankungen im Kindes- und
Jugendalter nicht empfohlen. Nachgewiesene Wirksamkeit bei Angsterkrankungen
beim Erwachsenen [29]. Bezüglich der UAWs gute Verträglichkeit. Keine
Anwendung bei akutem Engwinkelglaukom, Epilepsie, Pylorusstenose, Störung
der Blutbildung, gleichzeitiger Einnahme von MAO-Hemmern, akute Intoxikationen
(mit Alkohol, Schlafmittel, Analgetika, Psychopharmaka), AV-Blockierungen oder
Reizleitungsstörungen des Herzens.
Beta-Blocker: Da sie auf Angstsymptome wie Palpationen, Zittern u.ä. wirken,
werden sie beim Erwachsenen mit Angsterkrankungen verwendet. Nach Leitlinien
der AACAP bei Kindern und Jugendlichen nicht empfohlen. Kontraindikation sind
Asthma bronchiale und Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems (AV-Block,
Bradykardie, Hypotonie usw.).
Antihistaminika: Verwendete Antihistaminika sind zentral wirksame HistaminRezeptor-Antagonisten und führen über die Hemmung der Wirkung von Histamin
39
zu verminderter Wachsamkeit, verlangsamter Reaktionszeit und Schläfrigkeit. Als
Indikationen gelten akute und chronische Angstzustände, Schlafstörungen und
akute Unruhe-/Erregungszustände. Obwohl die Wirksamkeit kaum bestätigt
wurde, werden Antihistaminika häufig bei Kindern im Vorschulalter verwendet. Die
Leitlinie der DGKJP empfiehlt sie zur vorübergehenden Entlastung bei
nichtorganischer Insomnie (z.B. Diphenylhydramin). Die AACAP spricht sich
gegen eine Verwendung bei Kinder und Jugendlichen mit Angsterkrankungen aus.
UAWs: häufig Sedierung, anticholinerge Effekte.
40
6. Stimulanzien und bei ADHS verwendete Medikamente
Unter
(Psycho-)Stimulanzien
versteht
man
Neuro-/Psychopharmaka
mit
erregender Wirkung auf das zentrale Nervensystem und die Psyche. Die
Weltgesundheitsorganisation WHO definiert sie als Substanzen, die die Aktivität
der Nerven erhöhen, beschleunigen oder verbessern, was eine vorübergehende
Leistungssteigerung,
unterdrücktes
Hungergefühl
und
Zunahme
des
Wachzustandes durch Unterdrückung von Schlaf und Müdigkeit bewirkt. Daraus
ergeben sich die Indikationen ADHS, Narkolepsie und Übergewicht (als
Appetitzügler). Missbräuchliche Verwendung ist die kognitive Leistungssteigerung
im Sinne eines Neuro-Enhancement beim Gesunden.
6.1. Klassifikation
Die
eingesetzten
Medikamente
können
nach
ihren
strukturellen
und
pharmakologischen Unterschiede in Psychostimulanzien (Methylphenidat und
Amphetamin) und Nicht-Psychostimulanzien (Atomoxetin, Clonidin, Guanfacin)
eingeteilt werden. Neben den „klassischen“ Psychostimulanzien aus der ADHSTherapie gibt es auch Naturprodukte und missbräuchlich verwendete Substanzen.
Arzneimittel:
- Amphetamin und Methylphenidat (Indikation: ADHS, Narkolepsie),
- Benzphetamin, Diethylpropion, Norephedrin (Ind.: Appetitzügler =
Anorektikum)
Naturprodukte:
- Cathinon (Alkaloid des Kathstrauches Catha edulis und des
Spindelbaumgewächses Maytenus krukovii; als „Kath“ wegen
psychostimulierender Wirkung gekaut)
- Ephedrin (aus Meerträubel Ephedra vulgaris gewonnen, andere Namen
Mormonentee oder Ma-Huang; eingesetzt bei Hypotonie, Narkolepsie,
Augenheilkunde und Asthma bronchiale)
- Koffein (in Kaffeebohnen und Tee) und Phenylethylamine (Käse, Rotwein)
Missbräuchlich verwendete Substanzen sind Kokain, Methamphetamin und
Methylen-dioxy-methamphetamin (MDMA, „Ecstasy“).
41
6.2. Wirkungsmechanismen
Da die Wirkung der verwendeten (Nicht-)Psychostimulanzien nur ansatzweise
geklärt ist, werden aufgrund der präklinischen Daten verschiedene molekulare
Angriffspunkte
und
Wirkmechanismen
Methylphenidat
sind
sowohl
Wiederaufnahme
als
auch
Hemmer
indirekte
angenommen.
der
Dopamin-
Agonisten
Amphetamin
und
peripherer
und
Noradrenalinund
zentraler
dopaminerger und noradrenerger Rezeptoren (durch Wiederaufnahmehemmung
erhöhte Konzentration dieser Neurotransmitter im synaptischen Spalt). Atomoxetin
hemmt
vorwiegend
die
Noradrenalin-Wiederaufnahme
(indirekter
Agonist
peripherer und zentraler noradrenerger Rezeptoren) und ist ein Antagonist des
glutamatergen NMDA-Rezeptors.
Die indirekte Stimulation zentraler dopaminerger Rezeptoren wird für die
euphorisierende und motorische Wirkung verantwortlich gemacht, die indirekte
Stimulation zentraler noradrenerger Adrenozeptoren für die stimulierende und
antriebssteigernde Wirkung. Durch die Stimulation peripherer Adrenozeptoren
(indirekt sympathomimetisch) kommt es zur Steigerung von Blutdruck und
Herzfrequenz,
zur
Erweiterung
der
Atemwege,
zur
allgemeinen
Leistungssteigerung und zur Erhöhung des Energieverbrauches (Vgl. [2].
Clonidin und Guanfacin sind zentral wirksame α2-Adrenorezeptor-Agonisten und
beide stimulieren postsynaptische α2-Adrenorezeptoren im präfrontalen Kortex
und präsynaptische Autorezeptoren im Loecus caeruleus (Clonidin die Subtypen
α2A, α2B
und α2C; Guanfacin nur α2A), der genaue Mechanismus wie sie die
Symptome des ADHS beeinflussen ist aber noch nicht geklärt [30].
6.3. Klinische Psychopharmakologie
Bevor eine Therapie mit (Nicht-)Psychostimulanzien begonnen wird, wird eine
genaue
klinische
Untersuchung
mit
Durchführung
eines
körperlichen,
neurologischen und psychiatrischen Status (Größe, Gewicht, Blutdruck, EKG, ev.
EEG) empfohlen. Während der Behandlung sollte zusätzlich, zur regelmäßigen
Kontrolle
der
anfangs
erhobenen
Werte,
eine
fortlaufende
begleitende
Psychoedukation aller beteiligten Personen angeboten werden.
42
Methylphenidat und Amphetamin: Die Wirksamkeit und Sicherheit dieser
Medikamente wurde bereits bewiesen [31]. Eine klinische Wirkung tritt bereits
nach der ersten Dosis ein.
Indikationen von Methylphenidat: v.a. bei ADHS im Rahmen einer therapeutischen
multimodalen Behandlung ab dem 6. Lebensjahr, zusätzlich bei aggressiven
Verhaltensweisen und bei aggressiven oder hyperaktivem Verhalten bei Kindern
mit Autismus-Spektrum-Störungen; weiteres Lachinkontinenz und Narkolepsie.
Indikation von Amphetamin: als Teil einer multimodalen Therapie von ADHS bei
Kindern und Jugendlichen zwischen 6 und 17 Jahren, wenn eine vorangegangene
Therapie mit Methylphenidat nicht erfolgreich war (Fachinformationen).
Bezüglich der UAWs scheinen sie bei Methylphenidat und Amphetaminen ähnlich
zu sein. Häufig kommen reduzierter Appetit, Gewichtsverlust, Kopfschmerzen,
Anstieg von Puls und Blutdruck, Irritabilität und Einschlafstörungen (bei Einnahme
spät am Tag) vor. Selten kann zu Therapiebeginn eine Dysphorie entstehen (ev.
Zeichen einer Überdosierung). Psychotische Reaktionen treten i.d.R. nur selten
auf, sind meist reversibel und verschwinden mit Absetzen der Medikation
innerhalb weniger Tage.
Arznei-, Genuss- und Nahrungsmittelwechselwirkungen kommen bei AmphetaminPräparaten häufiger vor als bei Methylphenidat, vor allem bei gleichzeitiger
Einnahme von SSRIs oder Monoamin-Oxidase-Hemmer mit Amphetamin ist
Vorsicht geboten, da der Plasmaspiegel des Stimulans steigen kann. Eine genaue
Auflistung der Wechselwirkungen findet sich in den Fachinformationen.
Atomoxetin: Anwendungsgebiet ist die Behandlung von ADHS ab dem 6.
Lebensjahr. Atomoxetin gilt normalerweise als Medikament zweiter Wahl, kann
aber erste Wahl bei Gefahr eines Substanzmissbrauches oder komorbider Angstoder Tic-Störung sein. Eine klinische Wirkung tritt erst nach mehrwöchiger
regelmäßiger Einnahme ein (volle Wirkung meistens nach 12 Wochen). Häufige
UAWs
sind
Kopfschmerzen,
Übelkeit,
Bauchschmerzen,
Appetitlosigkeit,
Launenhaftigkeit und Somnolenz. Bei gleichzeitiger Einnahme von Medikamenten
die das Herz-Kreislauf-System beeinflussen, kann es zum verstärkten Auftreten
kardialer UAWs kommen [1].
43
Clonidin und Guanfacin: In den USA werden Clonidin und Guanfacin als
retardierte Formulierungen als Mono- oder Begleitherapie von ADHS von Kindern
und Jugendlichen zwischen 6 und 17 Jahren verwendet. Guanfacin kann als
retardiertes Präparat für die Therapie von ADHS bei Kindern und Jugendlichen
zwischen 6 und 17 Jahren eingesetzt werden, wenn eine Therapie mit
Psychostimulanzien nicht möglich ist, nicht vertragen wurden und sich als
unwirksam erwiesen hat.
Im Off-Label-Use bei Aggressionen bei ADHS und
autistischen Störungen, Tic-Störungen und Alkohol- und Opioidentzugssymptome
(Clonidin). Als UAWs treten auf Puls- und Blutdrucksenkungen, Somnolenz,
Sedierung, Abgeschlagenheit, Schmerzen im Oberbauch, Obstipation und
Kopfschmerzen. Vorsicht bei Synkopen und Arzneimittel, die die SinusknotenFunktion oder AV-Knoten-Überleitung beeinträchtigen (Gefahr einer Bradykardie
oder eines AV-Blockes).
Tabelle 7 bietet einen Überblick über die Dosierungen der Arzneimittel im Kindesund Jugendalter.
Tab. 6.3.1. Dosierungsempfehlungen der bei ADHS verwendeten Arzneimittel im
Kindes- und Jugendalter (Mod. nach [2])
Internationaler Freiname bzw. Dosierung (mg/kg Dosierung/Tag (mg)
geschützter Markenname
Köpergewicht)
Amphetamin-Präparate:
- Dexamphetamin
0,1-0,5
- Lisdexamphetamin
Atomoxetin
30, max. 70
0,5-1,2
Clonidin retardiert
Guanfacin retardiert
5-20, max. 40
18-60, max. 100 bei >70kg
0,1-0,4
0,05±0,08;
1-4
max. 0,12
Methylphenidat:
- schnell freisetzend
0,3-1,0
5-40, max. 60
- retardiert: Concerta®
0,3-1,0
18-54mg (Concerta®)
- retardiert: andere
0,3-1,0
10-40, max. 60mg
44
7. Stimmungsstabilisatoren
Der Begriff „Stimmungsstabilisatoren“ umfasst eine heterogene chemische und
pharmakologische
Gruppe
von
Neuro-/
Psychopharmaka,
die
starke
Stimmungsschwankungen dämpfen bis beseitigen sowie die Affektlabilität
während und zwischen den Episoden einer bipolaren Störung positiv beeinflussen
sollen. Ein idealer Stimmungsstabilisator soll in manischen als auch in gemischten
und depressiven Phasen wirken.
Klassische Vertreter sind Lithiumsalze und Valproinsäure, weiters werden
Antiepileptika mit stimmungsstabilisierenden Wirkungen wie Carbamazepin,
Gabapentin, Lamotrigin, Oxcarbazepin und Topiramat sowie Antipsychotika der
zweiten Generation (Aripiprazol, Olanzapin, Risperidon, Quetiapin und Ziprasidon)
dazugezählt.
7.1. Wirkungsmechanismus
Wie
bei
anderen
Neuro-/
Psychopharmaka
ist
die Wirkungsweise
von
Stimmungsstabilisatoren nicht vollständig geklärt, was unter anderem auf die in
großen Teilen unklare Ätiologie von bipolaren Erkrankungen zurückzuführen ist.
Dazu gibt es verschiedene Theorien, so werden neben einer hohen Heritabilität
und einer gestörten neuronalen Entwicklung auch im zentralen Nervensystem
erniedrigte Glukokortikoid-Rezeptor-Dichten (erhöhte Spiegel von Kortisol sollen
zur Schädigung von Neuronen und verminderter Neurogenese beitragen) sowie
eine gestörte glutamaterge Neurotransmission diskutiert [32].
Stimmungsstabilisatoren haben keine selektive Wirkung auf NeurotransmitterRezeptoren, vielmehr besitzen sie eine große Bandbreite zellulärer und
molekularer Effekte. So verändern sie über Einwirkung auf die neuronale
Erregbarkeit
Second-Messenger-Systeme
(v.a.
den
Inositolphosphat-
Stoffwechselweg) oder die Calcium-Homöostase. Diese Systeme können aber
auch durch Modulation von Neurotransmitter-System (Dopamin, GABA, Glutamat,
Noradrenalin
und
neuroprotektiver
Serotonin)
beeinflusst
Mechanismen
und
werden.
Durch
Prozesse
wird
die
die
Aktivierung
zelluläre
Überlebensfähigkeit und neuronale Plastizität verändert.
45
Eine Darstellung von molekularen und zellulären Effekten von Lithiumsalzen und
anderen Stimmungsstabilisatoren in präklinischen Untersuchungen wurde von
Schloesser et. al (2012)[32] und Grunze und Bauer (2012)[33] vorgenommen.
7.2. Klinische Psychopharmakologie ausgewählter Arzneistoffe
Da eine detaillierte Darstellung aller Stimmungsstabilisatoren und der Ergebnisse
klinischer Studien den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, werden die
wichtigsten Arzneistoffe nur kurz vorgestellt.
Lithiumsalze:
Auch
wenn
sich
Lithiumsalze
in
der
Akuttherapie
und
Rezidivprophylaxe von bipolaren Störungen als wirksam und sicher erwiesen
haben, gibt es zurzeit wenig Studien im Kindes- und Jugendalter, die eine
eindeutige Wirksamkeit belegen. Dennoch werden sie in der Phasenprophylaxe
der bipolaren Störung und Episoden einer Major Depression, manischen Episoden
und akuten Depressionen z.B. bei Therapieresistenz oder Unverträglichkeit von
Antidepressiva eingesetzt. Zu wissen ist aber, dass ein therapeutischer Effekt erst
nach 1-2 Wochen eintritt, sodass in der Behandlung einer akuten manischen
Episode
initial
eine
zusätzliche
Therapie
mit
stimmungsstabilisierenden
Antipsychotika empfohlen ist. Lithiumsalze sollen regelmäßig und zur selben Zeit
eingenommen und langsam aufdosiert werden. Sollte nach Absetzen der
Medikation eine erneute Behandlung notwendig sein, kann mit der zuletzt
wirksamen Dosierung gestartet werden, eine erneute Aufdosierung ist nur bei
körperlichen Veränderung oder Nierenerkrankungen notwendig.
Häufige UAWs sind: Übelkeit, Erbrechen, Kopf- und Bauchschmerz, gesteigerter
Appetit mit Gewichtszunahme, Hypothyreose, Akne und ein hochfrequenter, oft
feinschlägiger Tremor. Bei Zeichen einer Intoxikation (grobschlägiger Tremor,
Rigor, Ataxie, Hyperreflexie, Schwindel, Dysarthrie, Verwirrtheit bis zu delirantem
Verhalten)
muss
das
Lithium-Präparat
sofort
abgesetzt
und
eine
intensivmedizinische Therapie begonnen werden.
Antipsychotika, Carbamazepin, kochsalzarme Diäten und Phenytoin können den
Lithium-Serumspiegel steigern und damit das Risiko einer Intoxikation erhöhen.
46
Carbamazepin: Carbamazepin ist ein Antiepileptikum, dass nicht nur in der
antiepileptischen Therapie und in der Behandlung von Schmerzzuständen (v.a.
Neuralgien) angewendet wird, sondern auch Verwendung in der Behandlung der
Manie oder Mischzuständen im Erwachsenenalter findet. Hinweise auf eine
Wirksamkeit bei Kindern und Jugendlichen mit bipolaren Störungen gibt es nur in
2 offenen Studien [34][35]. Vor und während der Therapie wird empfohlen ein
großes Blutbild (inkl. Thrombozytenzahl und Differentialblutbild) zu erstellen, da
als
UAWs
Blutbildveränderungen
Thrombozytopenie)
gastrointestinale
vorkommen
Beschwerden,
(Leukozytose,
können.
Häufige
Kopfschmerz
Leukopenie,
UAWs
und
Eosinophilie,
sind
Sedierung,
Schwindel.
Sollten
Hautreaktionen auftreten (Symptome des Lyell-Syndroms oder Stevens-JohnsonSyndroms), muss die Therapie beendet werden. Carbamazepin wird durch das
CYP3A4-Enzym metabolisiert und induziert dieses auch, deshalb ist besondere
Vorsicht geboten, wenn andere Arzneimittel eingenommen werden, die durch
dieses Enzym metabolisiert werden oder es beeinflussen. In diesen Fällen wird ein
therapeutisches Drug-Monitoring empfohlen, um die Dosen der Medikamente
anpassen (reduzieren oder erhöhen) zu können.
Lamotrigin: Ebenfalls ein Antiepileptikum, das zur Behandlung von bipolaren
Störungen und zur Prophylaxe depressiver Episoden beim Erwachsenen benutzt
wird. Trotz der dürftigen Datenlage zum Einsatz bei Kindern und Jugendlichen gibt
es Hinweise auf eine Wirksamkeit [36][37]. Aufgrund der Gefahr seltener
Hautreaktionen (Lyell-, Stevens-Johnson-Syndrom) soll Lamotrigin langsam
eindosiert
und
die
Erhaltungsdosis
nicht
überschritten
werden
(Dosierungsschemata sind in Biederman et al. 2010 [37] dargestellt). Häufige
UAWs sind Infektionen, gastrointestinale Beschwerden, Schwindel, Somnolenz
und Grippesymptome.
Oxcarbazepin: Da es ähnlich zu anderen Antiepileptika nur eine spärliche
Datenlage zur Wirksamkeit bei bipolaren Störungen bei Erwachsenen, Kindern
und Jugendlichen gibt, wurde in den Leitlinien zur Diagnostik und Therapie
bipolarer Störungen keine Empfehlung formuliert [38]. Dennoch existieren
Hinweise auf positive Effekte bei Anwendung im Kindes- und Jugendalter [39][40].
Auftretende UAWs (Schwindel, Übelkeit, Somnolenz und Exantheme) ähneln
denen unter Carbamazepin, scheinen aber weniger schwerwiegend zu sein.
47
Topiramat: Bisher gibt es keine Empfehlungen für den Einsatz von Topiramat bei
bipolaren
Störungen
[38].
In
den
existierenden
Studien
war
aber
die
Gewichtsabnahme unter Topiramat alleine und die reduzierte Gewichtszunahme
bei Kombination mit Antipsychotika [41][42] auffällig. Häufige (in Studien
vorkommende) UAWs sind: Übelkeit, Appetitverlust, Insomnie, Schwindel,
Koordinations-/ Aufmerksamkeitsstörungen, gastrointestinale Beschwerden und
Somnolenz. Obwohl Topiramat überwiegend nichtenzymatisch metabolisiert und
renal ausgeschieden wird, gibt es einige Wechselwirkungen mit anderen
Arzneimitteln.
Eine
Steigerung
der
Dosis
ist
bei
Kombination
mit
enzyminduzierenden Antiepileptika (Carbamazepin, Phenytoin, Phenobarbital)
erforderlich. In Kombination mit Valproinsäure kam es zur Hyperammonämie
(mit/ohne Enzephalopathie), die aber nach Absetzten eines der beiden
Arzneimittel verschwand, und zur Hypothermie.
Valproinsäure: Nach S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von bipolaren
Störungen [38] im Erwachsenenalter empfohlen in der Behandlung der Manie als
Monotherapie und zur Phasenprophylaxe bipolarer Störungen. In einigen Studien
[43][44][45] zur Wirksamkeit bei Kindern und Jugendlichen war Valproinsäure im
Vergleich zu anderen Medikamenten (Lithium, Quetiapin, Risperidon) nicht
überlegen. Bei der Behandlung von Störungen des Sozialverhaltens weisen zwei
Studien [46][47] einen positiven Effekt bezüglich der Impulskontrolle auf, jedoch
sind die Ergebnisse aufgrund methodischer Schwächen mit Vorsicht zu
betrachten. Beobachtete UAWs sind gastrointestinale Beschwerden, Sedierung,
Gewichtszunahme,
Schwindel,
Anstieg
des
Ammoniak-Spiegels,
Thrombozytopenie und (bei Kindern häufiger als beim Erwachsenen) eine
lebensbedrohliche Pankreatitis.
48
8. Psychische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter
Nachdem in den vorigen Kapiteln die verwendeten Medikamente mit ihren
Wirkungen und Indikationen dargestellt wurden, werden nun die häufigsten
psychischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter kurz vorgestellt, die eine
medikamentöse Behandlung mittels Psychopharmaka erfordern können.
8.1. Aggressives Verhalten und Störungen des Sozialverhaltens
Aggressives Verhalten kann isoliert oder als Teil einer psychiatrischen Erkrankung
auftreten. Die Behandlungsbedürftigkeit ist abhängig von dem individuellen
Leidensdruck des Kindes bzw. der Umwelt. Aggressives Verhalten kann gegen
sich selbst (Selbstverletzungen wie Kratzen oder Schneiden, Suizidalität) oder
gegen andere gerichtet sein. In vielen Fällen ist Aggressivität Folge bzw. Symptom
einer psychiatrischen Erkrankung z.B. einer Psychopathie, einer Störung der
Impulskontrolle (ADHS), einer kognitiven Einschränkung, einer Störung des
Sozialverhalten oder als Folge einer Traumatisierung. Selten tritt die Aggression
isoliert auf. Das Erscheinungsbild reicht von verbal, tätlich, impulsiv bis hin zur
geplanten bzw. persönlichkeitsassozierten Aggressivität. Desweiteren kann sie als
Stimmungsschwankungen, Gereiztheit, Nervosität oder als offene Gewalt bis hin
zur akuten Selbstgefährdung (Suizid) zum Ausdruck gebracht werden.
Eine Störung des Sozialverhaltens (SSV) ist charakterisiert durch aggressives,
dissoziales oder aufsässiges Verhalten, das über einen Zeitraum von mindestens
6 Monaten wiederholt und andauernd auftritt und dem Entwicklungsalter nicht
entspricht. Man kann vier Arten unterscheiden: 1. auf den familiären Rahmen
beschränkte Störung des Sozialverhaltens, 2. SSV bei fehlenden sozialen
Bindungen, 3. SSV bei vorhandenen sozialen Bindungen und 4. SSV mit
oppositionellem aufsässigen Verhalten.
Abhängig davon, ob eine Grunderkrankung existiert, werden verschiedenste
Medikamente in der Therapie verwendet. Allen gemeinsam ist aber, dass die
Therapie meistens längerfristig und eine zusätzliche Psychotherapie sinnvoll ist.
Als
indiziert
bei
Aggressivität
gelten
u.a.
Antipsychotika
(bei
49
Impulskontrollstörungen und aggressiver Gespanntheit), Psychostimulanzien (bei
Kombination mit ADHS), Stimmungsstabilisatoren (bei bipolaren Erkrankungen)
und Benzodiazepine zur Akutbehandlung.
8.2. Angststörungen und Phobien
Ängste existieren in vielen Formen und in jedem Lebensalter und sind
normalerweise
nicht
behandlungsbedürftig.
Angststörungen
und
Phobien
hingegen sind behandlungsbedürftige Formen der „normalen“ Ängste, die durch
Vermeidungsverhalten und übermäßige Angst gekennzeichnet sind, die normale
Entwicklung des Kindes beeinträchtigen oder zu Problemen in der Familie und
anderen Lebensbereichen führen.
Angststörungen sind übermäßig ausgeprägte Angstreaktionen, wobei die Angst
selbst nicht auf bestimmte Objekte oder Situationen beschränkt ist. Nach der ICD10-Klassifikation können Angststörungen in 1. Panikstörungen, 2. generalisierte
Angststörungen, 3. sonstige gemischte Angststörungen und 4. Emotionale
Störung mit Trennungsangst des Kindes eingeteilt werden.
Phobien hingegen sind auf bestimmte Objekte oder Situationen beschränkt, was
dazu führt, dass Betroffene diese Objekte oder Situationen vermeiden, was
wiederum die Ausprägung der Einschränkungen im täglichen Leben bestimmt.
Nach ICD-10 kann man unterscheiden: 1. Agoraphobie, 2. soziale Phobien, 3.
spezifische (isolierte) Phobien, 4. Phobische Störungen des Kindesalters, 5.
Störung
mit
sozialer
Überempfindlichkeit
des
Kindesalters
und
6.
Posttraumatische Belastungsstörung [48].
Sowohl bei den Angststörungen als auch bei Phobien, muss vor Beginn einer
Therapie die Diagnose mittels multiaxialer Diagnostik und Verhaltensanalyse
gesichert werden. Die Therapie selbst ist multimodal, wobei am bedeutsamsten
die Psychotherapie, vor allem in Form der Verhaltenstherapie (Konfrontation von
angstbesetzen Situationen und Objekten), ist. Sollte die Psychotherapie nicht
ausreichen, kann eine begleitende symptomatische Therapie mit Medikamenten
gestartet werden. Sie ist meistens bei akuter Krisenintervention, schweren
Symptomen oder chronischen Verläufen indiziert. Die Pharmakotherapie lindert
50
jedoch nur subjektiv die Angstbeschwerden ohne dass eine Verhaltensänderung
erreicht
wird.
Verwendete
Medikamente
sind
v.a.
selektive
Serotonin-
Wiederaufnahmehemmer (SSRIs). Andere medikamentöse Möglichkeiten wären
Antipsychotika, trizyklische Antidepressiva und das Antidepressivum Venlafaxin.
8.3. Autismus
Als Autismus-Spektrum-Störungen werden der frühkindliche Autismus, das
Asperger-Syndrom
und
der
atypische
Autismus
zusammengefasst.
Die
Unterscheidung dieser anhand des klinischen Bildes gestaltet sich als relativ
schwierig, auch gleichen sie sich hinsichtlich ihrer Therapie. Allen gemeinsam sind
folgende Diagnosekriterien: 1. Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion
(„Beziehungsstörung“), 2. Schwierigkeiten in der Kommunikation (ev. mit
Sprachentwicklungsverzögerung)
und
3.
repetitive
und
stereotype
Verhaltensweisen und Sonderinteressen. Dennoch gibt es vor allem zwischen
dem frühkindlichen Autismus und dem Asperger-Syndrom Unterschiede. So tritt
beim frühkindlichen Autismus die Beziehungsstörung häufig früher und in stärkerer
Ausprägung auf als beim Asperger-Syndrom, außerdem haben Kinder mit
Asperger-Syndrom meistens eine normale Sprachentwicklung.
Als Ursache diskutiert werden biologisch wirksame Umweltrisikofaktoren (z.B.
virale
Infektionen
sowie
Einnahme
bestimmter
Medikamente
in
der
Schwangerschaft), immunologische und genetische Mechanismen.
Neben der geistigen Behinderung treten bei Kinder und Jugendlichen mit
Autismus-Spektrum-Störungen gehäuft andere psychiatrische und neurologische
komorbide Erkrankungen auf. Dazu zählen die Epilepsie, Angststörungen,
Zwangsstörungen, Schlafstörungen, Enuresis/Enkopresis und soziale Phobien.
Da es keine medikamentöse Basistherapie gibt, mit der Autismus-SpektrumStörungen „geheilt“ werden können, richtet sich die Pharmakotherapie darauf, die
Begleiterkrankungen zu behandeln. So befinden sich momentan Antipsychotika
(z.B. Risperidon, Aripiprazol), SSRIs (Fluoxetin, Sertralin, Citalopram u.a),
Psychostimulanzien
(v.a.
Methylphenidat)
und
Noradrenalin-
Wiederaufnahmehemmer (z.B. Atomoxetin) im Einsatz. In der klinischen Praxis
51
werden
in
der
Regel
verhaltenstherapeutische
Maßnahmen
mit
pharmakologischen Interventionen kombiniert.
8.4. ADHS
Die Abkürzung ADHS steht für Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Syndrom,
wobei die Kardinalsymptome Unaufmerksamkeit bzw. erhöhte Ablenkbarkeit und
Hyperaktivität (erhöhte motorische Unruhe) verschieden stark ausgeprägt sein
können. So ist dem ADHS das reine Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom (ADS)
genauso zu zuordnen wie eine vorwiegend hyperkinetische Störung (HKS).
Kinder mit ADHS zeigen üblicherweise die Symptome, die je nach Umgebung und
Situation variieren können, schon früh in ihrer Entwicklung. Zu den am häufigsten
existierenden komorbiden Störungen bei ADHS zählen die Störung des
Sozialverhaltens,
Lese-Rechtschreib-Störungen,
Depressionen,
Tic-
und
Angststörungen sowie Impulskontrollstörungen.
Aufgrund der Symptomatik besteht die Gefährdung der psychischen Entwicklung
sowie in der schulischen / beruflichen Bildung und der sozialen Integration. Da
erhöhte Unruhe und Unaufmerksamkeit mit einem schulischen Alltag eher schwer
vereinbar sind, kommen die meisten Kinder erst im Grundschulalter zum ersten
Mal in ärztliche Betreuung. Für eine medikamentöse Therapie ist dann eine
gründliche klinisch-neurologische Untersuchung mit differentialdiagnostischer
Abklärung
notwendig,
um
somatische
Ursachen
(z.B.
Hyperthyreose)
auszuschließen. Wie bei allen psychiatrischen Erkrankungen im Kindes- und
Jugendalter besteht die Therapie von ADHS aus multimodalen Ansätzen. Das
Umfeld der Betroffenen wird genauso aufgeklärt und beraten wie das Kind, wobei
dieses zusätzlich eine (verhaltenstherapeutische) Psychotherapie neben einer
Pharmakotherapie erhalten sollte. Indiziert bei ADHS sind Psychostimulanzien wie
Methylphenidat und Amphetamine und Nicht-Psychostimulanzien wie Atomoxetin.
Zu Beachten ist aber, dass Kinder im Vorschulalter nur in Ausnahmefällen (starke
Beeinträchtigung der Entwicklung durch Symptome) medikamentös behandelt
werden sollen und dann Methylphenidat vorzuziehen ist. Sollten Komorbiditäten
vorhanden sein, werden diese entsprechend (symptomatisch) behandelt.
52
8.5. Enuresis / Enkopresis
Als Enuresis wird das Einnässen, als Enkopresis das Einkoten bezeichnet, wobei
beim nächtlichen Einnässen (Enuresis nocturna) und bei der Enkopresis eine
primäre Form (noch nie trocken bzw. sauber) von einer sekundären Form
(Rückfall nach 6 Monaten) unterschieden wird.
Die Enuresis kann man in folgende Untergruppen unterteilen: nächtliches
Einnässen
mit/ohne
Blasendysfunktion
und
Einnässen
tagsüber
mit
Dranginkontinenz, Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination und Harninkontinenz bei
Miktionsaufschub. Eine Pharmakotherapie ist nur indiziert bei der Enuresis
nocturna, bei der Dranginkontinenz und selten bei der Lachinkontinenz. Im Falle
des nächtlichen Einnässens wird meistens Desmopressin, ein Analogon zum
antidiuretischen Hormon, verordnet. Weitere mögliche Wirkstoffe sind trizyklische
Antidepressiva wie Imipramin und Clomipramin oder ein selektiver NoradrenalinWiederaufnahmehemmer wie Reboxetin. Bei der Dranginkontinenz indiziert sind
Anticholinergika.
Bei der Enkopresis wiederum lässt sich zwischen vorhandener und nicht
vorhandener Stuhlretention unterscheiden. Ist das Einkoten begleitet von einer
Obstipation, so ist initial eine medikamentöse Entleerung des Stuhles mithilfe von
Laxanzien (Polyethylenglykol oral oder Klistiere)
erforderlich. Danach soll für
mindestens 6 Monate eine Erhaltungstherapie mit Laxanzien erfolgen, Mittel der
ersten Wahl ist dabei Polyethylenglykol (PEG). Weitere mögliche Wirkstoffe zur
Erhaltungstherapie sind Lactulose oder Gleitmittel wie Paraffinum subliquidum,
oder aber eine Steigerung der Ballaststoff- bzw. Flüssigkeitszufuhr.
Sowohl
bei
der
Enkopresis
als
auch
bei
der
Enuresis
stehen
aber
verhaltenstherapeutische Maßnahmen im Vordergrund. Bei der Enkopresis
bestehen diese beispielsweise aus Toilettentraining, bei Enuresis aus der
apparativen Verhaltenstherapie. Sollten beide Fälle existieren, so wird die
Enkopresis vor der Enuresis therapiert. Zusätzlich gilt es zu beachten, dass das
Einnässen tagsüber vor dem Einnässen nachts therapiert wird.
Da die Enkopresis und die Enuresis ein hohes Risiko für psychiatrische
Komorbiditäten besitzen, gilt es diese auch zu diagnostizieren und entsprechend
zu behandeln.
53
8.6. Depressive Störungen und Manie
Depressive Störungen können nach ICD-10 in depressive Episoden und in
rezidivierende depressive Störungen eingeteilt werden. Typische Charakteristika
einer
depressiven
Episode
sind
gedrückte
Stimmung,
Interessenverlust,
Freudlosigkeit und eine Verminderung des Antriebes. Weitere Symptome können
sein:
vermindertes
Denk-
und
Konzentrationsvermögen,
vermindertes
Selbstvertrauen, Gefühle von Wertlosigkeit, negatives Denkmuster und leicht
reizbare Stimmung. Häufig bestehen auch somatische Beschwerden wie Kopfoder Bauchschmerzen. Eine depressive Episode dauert mindestens 2 Wochen
und ist wenig situationsgebunden. Kennzeichen einer rezidivierenden depressiven
Störung sind rezidivierende depressive Episoden, die jeweils zwischen 3 und 12
Monaten andauern und häufig durch belastende Lebensumstände ausgelöst
werden.
Ziel
einer
Psychopharmakotherapie
ist
die
Verbesserung
der
Stimmungslage, Steigerung des Antriebes usw. Meistens kann die Behandlung
ambulant erfolgen. Bei schwerer Symptomatik, akuter Suizidalität, ungenügender
Unterstützung durch das soziale Umfeld oder Funktionseinschränkung durch die
Symptomatik ist eine stationäre Therapie indiziert. Bei der medikamentösen
Therapie verwendete Pharmaka sind Antidepressiva, wobei das SSRI Fluoxetin
die
erste
Wahl
darstellt,
in
Monotherapie
oder
in
Kombination
mit
Benzodiazepinen (bei akuter Suizidalität) oder Antipsychotika (bei motorischer
Unruhe und Getriebenheit sowie Schlafstörungen).
Krankheitsmerkmale und gleichzeitig Zielsymptome von manischen Episoden sind
gehobene oder gereizte Stimmung, deutliche Antriebssteigerung, gesteigertes
Selbstwertgefühl und Selbstüberschätzung, Rededrang, Ideenflucht, Verlust
normaler
sozialer
Schlafbedürfnis,
Hemmungen,
gesteigerte
Libido,
erhöhte
Ablenkungen,
vermindertes
Wahrnehmungsveränderungen
und
Wahnvorstellungen. Bipolare Störungen sind gekennzeichnet durch oft raschen
Wechsel der beiden Pole Depression und Manie. Ziel der Pharmakotherapie ist
die Stabilisierung der Stimmung und des Antriebes, das Erreichen der
Verhaltenskontrolle und das Auftreten von weiteren Phasen zu verhindern
(Phasenprophylaxe). Als Mittel der ersten Wahl zur Behandlung der akuten Manie
gilt das Antipsychotikum der zweiten Generation Aripiprazol, zweite Wahl sind
54
Olanzapin, Quetiapin und Risperidon. Zur Phasenprophylaxe kommt ebenfalls
Aripiprazol als erste Wahl zum Einsatz, gefolgt von Lithiumsalzen als zweite Wahl
und den stimmungsstabilisierenden Antiepileptika Lamotrigin und Valproinsäure.
8.7. Schizophrenie
Die Schizophrenie ist eine psychotische Störung, die durch eine Vielzahl von
möglichen Symptomen gekennzeichnet ist. Zu diesen Symptomen gehören die
positive (Plussymptome) und negative (Minussymptome) psychotische sowie
kognitive
und
häufig
affektive
Symptomatik.
Als
Plussymptome
werden
Halluzinationen, Wahn (inhaltliche Denkstörung), Zerfahrenheit im Denken
(formale Denkstörung) und Handeln und motorische Störungen bezeichnet. Zu
den
Minussymptomen
zählen
Mangel
an
Spontanität,
Sprachverarmung,
sozialer/emotionaler Rückzug, reduzierte nonverbale Kommunikation (expressive
Defizite) sowie Apathie und Störung der Willensbildung.
Nach ICD-10 können 4 Subtypen unterschieden werden: 1. Paranoide
Schizophrenie (Wahn, Halluzinationen), 2. Hebephrene Schizophrenie (affektive
Veränderungen
im
Vordergrund),
3.
Katatone
Schizophrenie
(v.a.
psychomotorische Störungen) und 4. Undifferenzierte Schizophrenie (Symptome
nicht passend für andere Subtypen).
Zur Therapie der Schizophrenie wird eine Kombination aus antipsychotischen und
psychosozialen Interventionen empfohlen. Die psychosozialen Interventionen
beinhalten kognitiv-behaviorale Therapie, Familientherapie, Psychoedukation und
Rehabilitation. Die Pharmakotherapie besteht zum Großteil aus dem Einsatz von
Antipsychotika, wobei für die Auswahl der Leitsatz „primum non nocere“ („zuerst
einmal nicht schaden“) gilt. Während die initial niedrige Dosis langsam gesteigert
wird,
werden
unerwünschte
Arzneimittelwirkungen
beobachtet
und
deren
subjektiver und objektiver Beeinträchtigungsgrad beachtet. Nicht empfohlen
werden Olanzapin (starke Gewichtszunahme) und Clozapin (AgranulozytoseRisiko) als Medikament der ersten Wahl. Bei Therapieresistenz ist Clozapin Mittel
der ersten Wahl.
55
8.8. Schlafstörungen
Eine Schlafstörung definiert sich als das subjektive Leiden unter Schwierigkeiten
beim Ein- bzw. Durchschlafen, der Schlaftiefe/-dauer oder der Qualität des
Schlafes.
Nach
ICD-10
können
Schlafstörungen
unterteilt
werden
in
nichtorganische Insomnie, Hypersomnie, Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus,
Somnambulismus
(Schlafwandeln),
Pavor
nocturnus
(Nachtschreck)
und
Albträume.
Bei der Untersuchung bzw. Diagnostik ist es wichtig herauszufinden, ob eine
organische Ursache für eine Schlafstörung oder eine begleitenden psychiatrische
Erkrankung existiert bevor eine Therapie gestartet wird. Bei der Diagnostik sind
außerdem die altersspezifischen Richtwerte eines gesunden Schlafverhaltens zu
berücksichtigen, so benötigt ein 10 Jahre altes Kind im Durschnitt 2 Stunden mehr
Schlaf als ein Erwachsener.
Die Therapie nichtorganischer Schlafstörungen beruht hauptsächlich auf Beratung
zur
Schlafhygiene
und
verhaltenstherapeutischen
Behandlungsansätzen.
Indikationen für eine medikamentöse Therapie sind psychiatrische Erkrankungen,
Insomnie, Hypersomnie, Pavor nocturnus (Nachtschreck) und Schlafwandeln.
Wird eine medikamentöse Therapie gestartet, können bestimmte (sedierende)
Antihistaminika, Antipsychotika, Benzodiazepine oder Phytopharmaka verordnet
werden. Die Wahl des Pharmakons hängt dabei von der Art der Schlafstörung und
etwaigen psychiatrischen Komorbiditäten ab.
8.9. Tic-Störungen
Tics
sind
plötzlich
einsetzende,
kurz
andauernde,
sich
wiederholende
unwillkürliche Bewegungen oder Lautäußerungen, die keinem erkennbaren Zweck
dienen und sich im Laufe der Zeit verändern können. Stress und emotionale
Erregungen wirken sich negativ auf Häufigkeit und Intensität aus, das
Konzentrieren auf eine Sache und/oder Handlung oder Schlaf wiederum positiv
auf die Tics (Häufigkeit verringern). Eine kurzzeitige willkürliche Unterdrückung der
Tics ist möglich. Die Bewegungen und Lautäußerungen haben ein breites
Spektrum, sie reichen von einfachen bis hin zu komplexen motorischen und
56
vokalen Tics. Zu den komplexen motorischen Tics zählen die Kopropraxie
(Ausführen obszöner Gesten) und die Echopraxie (Imitation von Gesten anderer
Menschen), zu vokalen Tics die Koprolalie (Ausstoßen obszöner Wörter), die
Palilalie (Wiederholung eigener gerade gesprochener Silben oder Wörter) und die
Echolalie (Wiederholung von gesprochenen Wörtern anderer). Die Symptome der
Tic-Störungen können sich in verschiedenen Lebensjahren manifestieren und
reduzieren sich häufig im jungen Erwachsenenalter, auch ohne Behandlung.
Die bekannteste Tic-Störung ist das Tourette-Syndrom, wobei bei diesem eine
Kombination von motorischen und vokalen Tics für eine Zeit von mindestens 1
Jahr besteht und die Symptome vor dem 18. Lebensjahr zum ersten Mal
aufgetreten sind.
Komorbiditäten sind ADHS oder Zwangsstörungen, andere (psychiatrische)
Symptome
oder
Störungen
z.B.
affektive
Störungen,
Lernstörungen,
Schlafstörungen, Autismus-Spektrum-Störungen.
Wie bei anderen psychiatrischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter haben
auch hier psychotherapeutische Interventionen und Methoden in der Therapie
Vorrang.
Eine
pharmakologische
Therapie
ist dann
indiziert,
wenn
die
Beeinträchtigung des alltäglichen Lebens durch die Tics über ein akzeptables Maß
hinausgeht, der subjektive Leidensdruck der Betroffenen sehr hoch ist oder ein
chronischer Verlauf (über 12 Monate) vorliegt. Ziel der Medikation ist es, die Tics
auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Zu diesem Zweck werden vor allem
Dopamin-Antagonisten verwendet (1. Wahl: Tiaprid, Sulpirid; 2. Wahl: Risperidon
und Aripiprazol).
8.10. Zwänge
Zwangsstörungen sind wiederkehrende und anhaltende Verhaltensweisen, Ideen,
Gedanken und Impulse, die sich gegen inneren Widerstand aufdrängen und als
unsinnig,
übertrieben
und
quälend
empfunden
werden
und
schließen
Zwangsgedanken und Zwangshandlungen mit ein.
Zwangsgedanken
Verschmutzung,
beinhalten
Infektionen,
Ideen,
Gedanken
und
Vorstellungen.
Symmetrie, Genauigkeit oder das Sammeln
57
bestimmter Gegenstände sind häufige Inhalte dieser. Manchmal können auch
Bilder mit aggressivem, sexuellem oder religiösem Inhalt dabei sein.
Zwangshandlungen sind sich ständig wiederholende Handlungen, bei deren
Nichtausführung es zum Anstieg von Angst und Anspannung kommt. Diese
Handlungen erscheinen teils ritualisiert und teils stereotyp.
Nach
der
ICD-10-Klassifikation
müssen
Zwangsgedanken/-handlungen
für
mindestens 2 Wochen die meiste Zeit des Tages bestehen, als quälend oder
störend oder den Alltag beeinträchtigend empfunden werden und es muss ein
Widerstand gegen die Symptomatik bestehen.
Bezüglich der Therapie von Zwangsstörungen wird eine Kombination aus
Psychoedukation,
kognitiv-verhaltenstherapeutischer
Therapie
und
einer
Pharmakotherapie empfohlen. Bei der medikamentösen Therapie haben sich vor
allem die selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs; z.B. Sertralin und
Fluvoxamin) als effektiv gezeigt und gelten daher als Mittel der ersten Wahl. Als
Medikament der zweiten Wahl gilt das trizyklische Antidepressivum Clomipramin.
Spricht das Kind nicht auf eine Monotherapie mit einem SSRI oder Clomipramin
an, kann eine Augmentation mit Antipsychotika (Risperidon, Aripiprazol) überlegt
werden,
wobei
aber
das
dadurch
erhöhte
Risiko
für
unerwünschte
Arzneimittelwirkungen zu beachten ist.
8.11. Essstörungen
Die zwei häufigsten und bekanntesten Formen der Essstörungen sind die
Anorexia nervosa (AN, „Magersucht“) und die Bulimia nervosa (BN, „Ess-BrechSucht“). Obwohl bei beiden Störungen eine Gewichtsphobie und/oder eine
Körperschemastörung mit dysfunktionalen Gedanken bezüglich Gewicht und Figur
auftreten kann, gibt es dennoch Unterschiede.
Bei der AN steht vor allem das gestörte Essverhalten mit einer daraus
resultierenden Kachexie im Vordergrund. Bezüglich der Kachexie existieren zwei
Möglichkeiten, das Köpergewicht zu beurteilen. Einerseits über die Errechnung
des Body-Mass-Index (BMI, kg/m²), der Gewichtsschwellenwert für die Diagnose
der AN liegt bei 17,5 kg/m², andererseits kann man die 10. Altersperzentile als
58
Gewichtsgrenze heranziehen. Die Anorexia nervosa kann in zwei Typen auftreten,
der ‚restriktive Typ‘, der ausschließlich fastet oder exzessiv körperlich aktiv ist und
der bulimische (‚binge/purging‘) Typus, der durch zusätzliche Heißhungerattacken,
den Gebrauch von Laxanzien oder selbstinduziertes Erbrechen gekennzeichnet
ist.
Die
Bulimia
nervosa
wird
charakterisiert
durch
wiederkehrende
Heißhungerattacken mit Kontrollverlust. Große Mengen hochkalorischer Nahrung
werden aufgenommen, um dann mit selbstinduziertem Erbrechen, Fasten, Diäten
und durch Einnahme von Laxanzien und/oder Diuretika der Gewichtszunahme
entgegen
zu
wirken.
In
seltenen
Fällen
kann
die
BN
Teil
einer
Persönlichkeitsstörung z.B. Borderline-Störung sein.
Die medikamentöse Therapie der AN beschäftigt sich vorwiegend mit den Folgen
der reduzierten Nahrungsaufnahme (z.B. Substitutionstherapie von Vitaminen,
Spurenelementen
und
Enzymen).
Eine
weitere
Indikation
für
eine
Pharmakotherapie kann in der erhöhten körperlichen Aktivität und einer inneren
Unruhe bei AN und in den bereits erwähnten Begleiterkrankungen liegen. Wichtig
ist, dass vor dem Beginn einer Therapie mit Pharmakotherapie zuerst der
antidepressive Effekt einer Gewichtsrehabilitation abgewartet werden soll. In der
Akutphase werden Hyperaktivität und Unruhe mit niederpotenten Antipsychotika
und
Benzodiazepinen
behandelt.
Nach
Erreichen
eines
„normalen“
Körpergewichtes kann eine bestehende depressive oder zwanghafte Symptomatik
mit einem anfangs niedrig dosiertem SSRI (z.B. Fluoxetin) therapiert werden.
In der Akut- und Langzeitbehandlung der BN kann ein SSRI (Fluoxetin oder
Fluvoxamin) gegeben werden. Bei beiden Essstörungen können komorbide
psychische, meist depressive, ängstliche oder zwanghafte Störungen auftreten
und sollen in der Therapie beachtet werden.
59
9. Conclusio
In Anbetracht der aktuellen Datenlage kann man festhalten, dass bei Kindern und
Jugendlichen zu großen Teilen dieselben Medikamente wie beim Erwachsenen
verwendet werden. Eine Einschränkung in den Anwendungen liegt aber sicher in
den wenigen Studien zu Wirksamkeit und Sicherheit, was zur Folge hat, dass es
noch
zu
wenige
Zulassungen
und
damit
verbunden
wenig
Dosierungsempfehlungen gibt. Vieles ist von Beobachtungen und Erfahrungen
von Ärztinnen und Ärzten abhängig – Guidelines werden nur in relativ großen
Zeitabständen aktualisiert.
Dennoch existieren Empfehlungen zur Indikation insofern, dass von manchen
Medikationen abgeraten wird (aufgrund schwerer beobachteter UAWs u.ä.) oder
als erste Wahl einer Behandlung die Psychotherapie einen großen Stellenwert
einnimmt. Bei vielen Erkrankungen und Störungen wird erst dann eine
medikamentöse Intervention begonnen, wenn der objektive Schweregrad und/oder
der subjektive Leidensdruck sehr groß ist. Selbst dann müssen das Kind bzw. der
Jugendliche und die Sorgeberechtigten einer Behandlung nach sorgfältiger
Aufklärung zustimmen. Während der Therapie müssen dann regelmäßige
Kontrollen erfolgen, um UAWs und Wechselwirkungen zu erkennen, damit keine
Folgeschäden oder lebensbedrohliche Situationen entstehen.
Trotzdem hängen vielmals die therapeutischen Erfolge von der weiteren
Entwicklung der Kinder und Jugendlichen ab, genauso wie der Zeitpunkt des
Erkrankungsbeginns nicht zu unterschätzen ist. Auch weiß man noch zu wenig
über die Ätiologie psychiatrischer Erkrankungen.
In diesem Sinn benötigt es noch viele Studien und Untersuchungen zum Thema
„Psychopharmaka im Kindes- und Jugendalter“, um noch genauere Indikationen
stellen und eventuell bessere Medikamente entwickeln zu können. Trotz den
vielen Mängeln wäre es aber dennoch unverantwortlich einem Kind /
Jugendlichem eine medikamentöse Therapie vorzuenthalten, da es vor allem bei
psychotherapeutischen Maßnahmen in Kombination mit Arzneimittel schon viele
positive Rückmeldungen gibt.
60
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Weitere gelesende Werke:
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o Rothenberger A, Steinhausen HC: Medikamente für die Kinderseele. Ein
Ratgeber zu Psychopharmaka im Kindes- und Jugendalter. Hogrefe,
Göttingen, 2005.
o Kasper S, Volz HP (Hrsg.): Psychiatrie und Psychotherapie compact. Das
gesamte Facharztwissen. 2. Auflage, Thieme, Stuttgart, 2009.
o Poustka F, van Goor-Lambo G: Fallbuch Kinder- und Jugendpsychiatrie.
Erfassung und Bewertung belastender Lebensumstände von Kindern nach
Kapitel V (F) der ICD-10. Ein Lese- und Lernbuch. 2. Auflage, Huber, Bern,
2008.
o Mayatepek E: Pädiatrie, 1. Auflage, Elsevier, München, 2007.
o Fachinformationen im AustriaCodex
66
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