Wärmepumpe im Audi Q7 e-tron Audi präsentiert die

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Text
Johannes Köbler
Fotos
Ulrike Myrzik
hEISS
KALT
Wärmepumpe im Audi Q7 e-tron
Audi präsentiert die weltweit erste Wärmepumpe in einem Plug-in-Hybridmodell.
Sie klimatisiert den Innenraum mit neuartiger Effizienz.
Hauptbauteil:
Ein sogenannter
Scrollverdichter dient
als elektrischer
Kompressor. Das kompakte Bauteil bildet
das Herzstück
der Wärmepumpe.
WärmepumpenEntwickler:
Dr. Klaus Straßer,
Bert Brandes
und Michael Schuster
(von links).
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Dialoge Technologie
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Dialoge Technologie
Im Schatten der großen Baukomplexe
der Technischen Entwicklung gelegen,
wirkt das Technikgebäude N 16 klein und unscheinbar. Es
dient als eine von fünf Kältezentralen des Kältever­bundes am
Audi-Standort Ingolstadt, der sich über das ganze nördliche
Werksgelände zieht. Pro Stunde strömen bis zu 4.000 Ku­
bikmeter Kaltwasser durch die aufwendig isolierten Rohre
des Verbundnetzes, sie versorgen die Kühldecken und Lüf­
tungs­anlagen in vielen Büros ebenso wie die Lackiererei, den
größten Verbraucher.
Termin in der N16 mit Dr. Klaus Straßer, dem Lei­
ter für die Bereiche Simulation, Strömungstechnik und Ent­
wicklung Thermomanagement Elektrifizierte Fahrzeuge. Mit
seinem Team hat Straßer die Wärmepumpe im Audi Q7 3.0 TDI
e-tron quattro entwickelt, der Anfang 2016 zu den deutschen
Händ­lern kommt. Der neue Technikbaustein im Plug-inHybrid­modell und die großtechnische Kältemaschine machen
sich dasselbe physikalische Prinzip zunutze: Durch einen
Kreis­prozess mit den Phasen Verdichtung, Wärme­ab­fuhr,
Expan­sion und Wärmeaufnahme kann mechanische Leistung
in einen nutzbaren Wärmestrom umgewandelt werden.
Im Winter heizen die Wärmepumpe und der in
das System integrierte elektrische Heizer den Innenraum des
Audi Q7 e-tron 3.0 TDI quattro schnell auf die vom Fahrer
gewünschte Temperatur auf. Danach kann ihn die Wärme­
pumpe bis zu einer Außentemperatur von null Grad Celsius
alleine auf der Wohlfühltemperatur halten, die meist um 22
Grad liegt. Wenn es bei feuchter Witterung darum geht, den
Beschlag der Scheiben zu verhindern, spielt die Wärmepumpe
eine weitere Stärke aus: Mit ihr ist es möglich, die frische Luft
zunächst zu kühlen und dabei zu entfeuchten und anschließend ohne elektrischen Heizer wieder zu erwärmen. Konven­
tio­nelle Heizsysteme von elektrisch betriebenen Fahrzeugen
müssen hier zweimal Energie aufwenden.
„Ich bin stolz auf das, was mein Team geleistet
hat“, sagt Dr. Klaus Straßer. „Mit der Wärmepumpe im Q7
e-tron quattro präsentieren wir eine Schlüsseltechnologie für
das elektrische Fahren und zugleich eine Weltneuheit. Denn
diese Technologie gab es noch nie in einem Plug-in-Hybrid­
fahrzeug.“
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Steuergerät Batterie
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Steuergerät
Leistungselektronik
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Steuergerät
Klimabedienteil
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Motorsteuergerät
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E-Maschine
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Leistungselektronik
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Hochvolt-Batterie
200 Schaltzustände
Als integraler Bestandteil des Thermo­
managements im Audi Q7 e-tron quattro ist
die Wärmepumpe mit drei Kühlmittelkreisen verbunden, in denen Temperaturen von
–30 bis +110 Grad Celsius herrschen können. Der Hochtemperatur-Kreis versorgt den
3.0 TDI, dessen Nebenaggregate sowie das
Automatikgetriebe. Der Niedertemperaturkreis temperiert die E-Maschine und ihre
Leistungselektronik. Ein weiterer Kreis kühlt
die Batterie und das Ladegerät; er lässt
sich an die Klimaanlage und an den NT-Kreis
der E-Maschine ankoppeln.
Um die Kreise hinsichtlich Komfort, Fahr­
zeug-­Performance und Effizienz optimal mit­
einander zu verschalten, nutzt das System
eine Vielzahl von Sensoren, Ventilen und
Pumpen. Das TME-Steuergerät kommuniziert
mit weiteren Steuergeräten (siehe Bild), um
je nach Anforderung den besten von über
200 möglichen Schaltzuständen zu wählen.
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Ladegerät
Wir erzeugen mit einem Kilowatt
elektrischer Leistung
bis zu drei Kilowatt Heizleistung.
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Chiller als Wärme­
tauscher zwischen
NT-Kreis
und Wärmepumpe
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Ventilblock
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Indirekter Kondensator
der Wärmepumpe
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Elektrisch
angetriebener
Scrollverdichter
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Heizen und trocknen
Die drei wichtigsten Betriebszustände der
Wärmepumpe sind der Heizbetrieb, der
Kühlbetrieb und der Reheat-Betrieb zum
Entfeuchten der Luft.
Heizbetrieb: Zum Heizen des Innenraums
verdichtet der elektrische Klimakompressor
gasförmiges Kältemittel, wobei er es stark
erwärmt. Der indirekte Kondensator, ein
kompakter Plattenwärmetauscher, überträgt
die Wärme des heißen Gases auf den Heizkreis des Innenraums, wobei das Gas abgekühlt und verflüssigt wird.
Das nunmehr flüssige Kältemittel wird über
ein elektrisches Expansionsventil ent­
spannt und verdampft anschließend im Chiller, einem weiteren Plattenwärmetauscher.
Dabei entzieht der Chiller dem Niedertemperaturkreis des elektrischen Antriebsstrangs
Wärme, wodurch dessen Temperatur um
etwa 3 bis 5 Grad Celsius absinkt. Mit diesem
Prozess macht die Wärmepumpe die Abwärme des elektrischen Antriebsstranges für
die Heizung des Innenraumes nutzbar.
Reheat-Betrieb: Hier wird die Luft zunächst
gekühlt und dabei entfeuchtet und anschließend wieder erwärmt. Der indirekte
Kondensator stellt dem Innenraum die
Wärme zur Verfügung, die bei der Abkühlung
der Luft vom Kältemittel aufgenommen
worden ist. Bei Bedarf kann das System zu­
dem über den Chiller auf die Abwärme
des elektrischen Antriebsstrangs zugreifen.
Kühlbetrieb: Das heiße, gasförmige Kältemittel wird nicht wie beim Heizbetrieb
im indirekten Wärmetauscher verflüssigt,
sondern im großen Kondensator in
der Fahrzeugfront. Es wird expandiert, verdampft im Verdampfer des Klimageräts
und kühlt so den Innenraum.
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Reheat-Betrieb
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Das Team
Der erste Audi mit einer Wärmepumpe war der R8 e-tron – die Erfahrungen, die Audi mit dem elektrisch angetriebenen Hochleistungssportwagen gesammelt hat, flossen voll in das neue Projekt Q7 e-tron
quattro ein. Seine Entwicklungsarbeit vollzog sich in einem interdis­
ziplinären Team, in dem Fachleute aus Simulation, Versuch Regelung
und Konstruktion eng zusammenarbeiteten.
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Das Kühlsystem:
Die Hauptbausteine des elektrischen
Antriebsstrangs.
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Die Kernkomponenten – der elektrische Klimakompressor, der indirekte
Kondensator, die Kältekreisventile, die Drucktemperatursensoren
sowie das TME-Steuergerät – sind als Konzernmodule konzipiert. Damit
eignen sich diese Bauteile, die unter Leitung von Martin Kronbichler
entwickelt wurden, für den marken- und modellübergreifenden Einsatz.
Auch bei der Software, die im Team von Thomas Kobs entstand,
handelt es sich um eine Eigenentwicklung – das spezielle Know-how,
das hier geschaffen wurde, bleibt geschützt.
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Heizbetrieb
Von links:
Dr. Klaus Straßer (Leiter), Christian Stippler (Versuchsingenieur),
Bert Brandes (Koordination Bauteilentwicklung), Erwin Sander
(Konstruktion Kältemittelkreislauf), Michael Schuster (Funktionsteamleiter), Martin Kronbichler (Leiter System- und Bauteil­
entwicklung), Andreas Djermester (Regelung und Applikation),
Frank Meller (Kühlungsauslegung, Simulation).
Scannen Sie den QR-Code und sehen
Sie sich das Video zum Q7 e-tron 3.0 TDI quattro an.
Dialoge Technologie
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Wärmetauscher
im Klimagerät
für die
Innenraumheizung
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Auf dem Bild fehlen:
Thomas Kobs (Leiter Funktionsentwicklung), Thomas Wegele
(Versuchsingenieur), Stephen Rost (Entwickler Klimakompressor)
und Tim Groke (Konstruktion Kühlmittelkreis).
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PTC-Gerät auf
Hochvolt-Basis
als elektrischer Heizer
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Kondensator
vor dem
Hauptwasserkühler
Breit vernetzt:
Wichtige Steuergeräte
im Zusammenspiel mit der Wärmepumpe.
Dr. Klaus Straßer
Leiter Entwicklung Thermomanagement
Elektrifizierte Fahrzeuge
In der Kältezentrale N 16 bringen vier Kälte­ma­
schinen gemeinsam 10 Megawatt Kälteleistung auf, wofür
ihre elektrisch angetriebenen Kompressoren nur zirka 1,8
Megawatt Leistung benötigen. Wenn das Verbund-Wasser
im Rücklauf in die N 16 gelangt, beträgt seine Temperatur
12 Grad Cel­sius; wenn es nach dem Kühlprozess ins Netz zurückströmt, ist es auf 6 Grad abgekühlt. „Bei uns im Auto ist
das prinzipiell ähnlich, wenn auch etwas komplizierter“, sagt
Dr. Straßer. „Unsere Wärmepumpe sammelt die Verlust­
wärme der Kom­ponenten im elektrischen Antriebsstrang ein
und bringt sie auf ein höheres Temperaturniveau. So können
wir mit einem Kilowatt elektrischer Leistung bis zu drei
Kilowatt Heiz­leis­tung erzeugen.“
Die Multiquellen-Wärmepumpe für den neuen
Audi Q7 e-tron quattro bietet viele überzeugende Stärken.
Funktionsteamleiter Michael Schuster berichtet: „Bei der
Entwicklung galten zwei große Leitlinien. Erstens: Wir wollen
mit der Wärmepumpe die Reichweite im elektrischen Fahr­
betrieb erhöhen. Zweitens: Der Kunde muss mindestens den
gleichen Komfort genießen können wie in einem konventionellen Fahrzeug.“
Audi hat beide Ziele erreicht. Gegenüber einer
herkömmlichen Klimaanlage mit elektrischem Heizer spart
die Wärmepumpe erheblich Energie. Im Alltag verlängert sie
die elektrische Reichweite um etwa 15 Prozent, rund sieben
Kilometer im Q7 e-tron 3.0 TDI quattro. Noch mehr Reich­
weite erhält der Kunde, wenn er den Innenraum schon vor
Fahrbeginn vortemperieren lässt, während das Auto noch an
der Steck­dose lädt.
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Steuergerät
Thermomanagement
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Dialoge Technologie
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