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Oskar Weber AG, c/o Swiss Life AG, General-Guisan-Quai 40, 8002 Zürich
Revitalisierung Bahnhofstrasse 75 –– 79, Zürich
Bericht des Architekten
Baugeschichte
Das ehemalige Warenhaus Brann an der Bahnhofstrasse 75 wird in mehreren Etappen von
den Architekten Pfleghard und Pfleghard & Haefeli zwischen 1910 und 1929 erbaut. Das
Geschäftshaus an der Bahnhofstrasse 79 (Naefen - Haus) realisiert Otto Honegger von 1930
bis 1931. Gleichzeitig erstellen die Architekten Schürch & Merkli das heutige Geschäftshaus
Noerr an der Bahnhofstrasse 77. Trotz unterschiedlicher Gebäudetypologie werden mittels
gleicher Abstände zwischen den Fassadenpfeilern, durchgehender Gesimslinien und
einheitlichem Walmdach die stilistisch unterschiedlichen Bauten zu einer harmonischen Einheit
verbunden.
Siehe auch Gutachten Denkmalpflege, Abklärung Schutzwürdigkeit vom 08.04.13
Ausgangslage
Die Liegenschaften Bhfstr. 75 und 79 sind im Eigentum der Swiss Life, die Liegenschaft
Bhfstr. 77 gehört den Gebr. Noerr. Zur zeit wird im grössten Teil des Gebäudekomplexes ein
Warenhaus betrieben. Im Gebäude Bhfstr. 77 und 79 werden das Erdgeschoss und
teilweise das Unter- sowie das 1. Obergeschoss durch Einzelläden genutzt. Heute bilden die
drei Liegenschaften funktional sowie gebäude- und brandschutztechnisch eine Einheit.
Der auslaufende Mietvertrag des Warenhauses und der Entscheid der Gebr. Noerr ihre
Liegenschaft zukünftig wieder autonom zu betreiben, löst eine tiefgreifende
Strukturbereinigung aus.
Das vorliegende Baugesuch betrifft nur die Liegenschaften der Swiss Life (Bhfstr. 75 und 79).
Das erstellen der Brandmauern sowie die Erweiterung des gemeinsamen Innenhofes wurde
bereits mit dem Baugesuch vom 17.12.12 bewilligt.
Nutzungskonzept
Das Nutzungskonzept sieht für die Liegenschaften Bhfstr. 75 und 79 Einzelläden vor, die sich
über eine interne Erschliessung vom 1. Untergeschoss bis ins 1. Obergeschoss erstrecken. Für
das 2. bis 5 Obergeschoss sind Büroräume vorgesehen. Die Gebäudetechnik befindet sich
im 2. und 3. Untergeschoss sowie im Dachgeschoss. Die Anlieferung im 3. Untergeschoss
bleibt unverändert.
Architektonisches Konzept
Bahnhofstrasse 75
Erschliessung
In Anlehnung an die vorhandene, periphere Erschliessungsstruktur wird an der Brandmauer
zur Liegenschaft Bhfstr. 77 ein neuer Kern erstellt. Dieser dient als neuer Hauptzugang für die
Bürogeschosse mit offizieller Bahnhofstrasse-Adresse. Gleichzeitig wird auch das südliche
Treppenhaus an der Lintheschergasse genutzt. Das Ecktreppenhaus Bahnhofstrasse /
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Uraniastrasse sowie das nördliche Treppenhaus an der Lintheschergasse dienen als
Fluchttreppenhäuser und interne Erschliessung.
Das neue Treppenhaus an der Bahnhofstrasse sowie das südliche an der Lintheschergasse
werden brandschutztechnisch als Sicherheitstreppenhäuser ausgebildet. Alternativ könnten
auch Interventionsöffnungen an der Fassade erstellt werden. Diese wären aber nur mit
massiven Veränderungen in der geschützten Fassade möglich. In einer intensiven
Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege, der Feuerpolizei sowie dem Amt für
Baubewilligungen wurde die Lage der Sicherheitstreppenhäuser definiert. Alle Beteiligten sind
der Überzeugung, mit dem vorliegenden Layout die optimale Lösung gefunden zu haben.
Damit die Sicherheitsanforderungen erfüllt werden können, muss das südliche Treppenhaus an
der Lintheschergasse im obersten Bereich erweitert werden.
Das nördliche Treppenhaus an der Lintheschergasse wird um ein Geschoss bis ins
5. Obergeschoss erhöht. So kann in allen Geschossen die Fluchtwegdistanz eingehalten
werden. Zudem dient es der Liegenschaft Bhfstr. 79 als zweites Fluchttreppenhaus.
Ladennutzung
Sämtliche Läden sind direkt vom Strassenraum aus zugänglich. Interne Treppen erschliessen
die weiteren Ladengeschosse. Die Grundstruktur ist für eine flexible Ladeneinteilung ausgelegt.
Dabei erlaubt die periphere Lage des neuen Treppenkerns auch grosse Ladenflächen
zusammenzulegen. Die Anlieferung kann weiterhin über das 3. Untergeschoss und die
Anlieferungskorridore in den Ladengeschossen erfolgen.
Büronutzung
Die Büroflächen werden über den vorhandenen Hof belichtet, welcher an die Liegenschaft
Bhfstr. 77 angrenzt. Gemäss einer Vereinbarung zwischen der Swiss Life und den Gebr.
Nörr wird dieser wieder in das 2. Obergeschoss erweitert, dabei werden die
Fassadenfluchten bereinigt.
Ein zusätzlicher Lichthof wird bis ins 2. Obergeschoss geschlagen und erneuert an
ursprünglicher Lage den alten Verkaufshof des Warenhauses. Büroräume und der neue
Erschliessungskern grenzen an den Hof an und profitieren so von attraktivem Tageslicht.
Die Nebenräume sind, typisch für ein Warenhaus peripher angeordnet. Diese Massnahme
erhöht ebenfalls eine flexible Raumaufteilung. Pro Geschoss sind 1 –– 3 Mieteinheiten
vorgesehen.
Fassade Bahnhof- und Uraniastrasse
Die Fassadensanierung orientiert sich an der ursprünglichen Erscheinung. Das Vordach wird
abgebrochen und die Schaufenster in voller Grösse wieder hergestellt. Das Ziergitter über
dem Erdgeschoss wird rekonstruiert und die weitgehend originalen, einfach verglasten Fenster
in den Obergeschossen bleiben erhalten. Damit die bauphysikalischen Anforderungen erfüllt
werden können, wird im inneren ein Kastenfenster als thermischer Abschluss erstellt.
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Fassade Lintheschergasse
Die einst prächtige Kundenerschliessung an der Lintheschergasse wurde 1960 mit dem
Einbau der Rolltreppen vollständig zerstört. Ein letzter Zeuge davon bleibt die eindrückliche
Glasmalerei von Otto Morach. Eine neue, fünfgeschossige Halle gibt dem Werk seine
ursprüngliche Kraft und dem Gebäudeteil seine Bedeutung zurück. Im Erdgeschoss führt die
neue Kundenerschliessung durch die Halle und macht das Kunstwerk für alle Besucher
erfahrbar. Auch aus allen Bürogeschossen sind die farbigen Gläser erlebbar.
Auf dem Dach werden die Aufbauten über den heutigen Rolltreppen zurückgebaut. Ein neues
Schrägdach beruhigt diesen Fassadenabschnitt und schafft einen selbstverständlichen
Abschluss. Lukarnen, als neues Element, fügen sich in die vertikale Fassadenstruktur ein und
bringen Licht ins 5. OG und in die darunter liegende Halle. Die daneben liegenden
Treppentürme werden erhöht. Form und Materialisierung dafür ergeben sich aus dem
Bestand. Über den alten Verglasungen der Treppenhäuser bilden neu grosse Fassadenreliefs
einen markanten Abschluss und setzen einen zeitgenössischen Akzent.
Bahhofstrasse 79
Erschliessung
Die bestehende Haupterschliessung mit Adresse an der Bahnhofstrasse bleibt erhalten und
wird zukünftig wieder als Bürozugang und Fluchttreppenhaus verwendet. Um den Fluchtweg
aus dem 6.Obergeschoss zu gewährleisten wir das Treppenhaus um ein Geschoss erhöht.
Das heute vorhandene, zweite Treppenhaus, welches bis ins 6.Obergeschoss reicht, genügt
den Ansprüchen des Brandschutzes nicht mehr und wird abgebrochen.
Laden- und Büronutzung
Die geplante Nutzungsstruktur entspricht der ursprünglichen Gebäudetypologie. Mit den
wiedererstellten Brandmauern zur Liegenschaft Bhfstr. 75 und 77 wird das Gebäude der
Warenhausnutzung entzogen und zur ursprünglichen Nutzung als Geschäftshaus mit Läden
bis ins 1. OG und Büroräumlichkeiten in den Obergeschossen zurückgeführt. Das
Ladenkonzept verhält sich analog zum Ladenkonzept Bhfstr. 75. Die Büronutzung ist für eine
Mieteinheit pro Geschoss ausgelegt.
Die von MC Donalds und Lush gemieteten Flächen werden zu einem späteren Zeitpunkt
projektiert.
Fassade
Die Schaufenster und Ladeneingänge werden ersetzt. Ebenso nicht ursprüngliche Fenster im
1. Obergeschoss.
Die meisten Fenster im 2. bis 5. Obergeschoss sind original. Sie können erhalten und mit
einer Isolierverglasung bauphysikalisch aufgewertet werden. Strukturelle Anpassungen sind
keine vorgesehen.
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Grundsätze im Umgang mit der Substanz
Die grundlegenden Fragen in Bezug auf die Substanz treten insbesondere bei der
Liegenschaft an der Bahnhofstrasse 75, dem ehemaligen Warenhaus Brann, auf. Die
Ertüchtigung für einen angemessenen Brandschutz und die Umnutzung von einem Warenhaus
in ein Geschäftshaus mit Läden und Büro bedingt massive Eingriffe in die Struktur des
Gebäudes. Um die über die Zeit bereits stark veränderte Grundsubstanz zu klären, wurden
alle nötigen Massnahmen gezielt und präzise geplant. Das neue Treppenhaus entspricht der
Erschliessungstypologie wie sie vorliegt und ist peripher im Gebäude positioniert. Die
Adressbildung an der Bahnhofstrasse trägt der Bedeutung des Gebäudes Rechnung.
Der neue Lichthof wird an gleicher Lage wie der ursprüngliche Verkaufshof erstellt und passt
sich somit präzise in die statische Struktur ein. Durch die Lage der Büroerschliessung wird der
neue Lichthof für die Öffentlichkeit erfahrbar gemacht. In den Bürogeschossen sind die
Nebenräume analog zum neuen Erschliessungskern peripher angeordnet um möglichst grosse
und freie Flächen im Inneren zu erzeugen. Die Warenhaustypologie dient auch in diesen
Geschossen als Leitfaden.
Grundsätzlich werden alle Fassaden wieder dem ursprünglichen Ausdruck angenähert. Die
originalen Fenster in den Obergeschossen werden saniert und bauphysikalisch verbessert
ohne den Ausdruck zu verändern. Die neuen Schaufenster und Eingangselemente im
Erdgeschoss werden formal zurückhaltend ausgestaltet. Wo nötig und sinnvoll wird
rekonstruiert.
Die grösste Veränderung erfährt die Fassade an der Lintheschergasse. Mit den neuen, klar
strukturierenden Massnahmen wird die Fassade beruhigt und ein in ein neues Gleichgewicht
gestellt. Dazu gehört auch die Neuinterpretation der ursprünglichen Kundenerschliessung.
Ausser an den Fassaden, sind einzig in den Treppenhäusern ursprüngliche Oberflächen
erhalten geblieben. Diese wurden jedoch durch diverse Um- und Einbauten teilweise
schwerwiegend zerstört. Neu Materialien und konstruktive Eingriffe orientieren sich am
Bestand und dem ursprünglichen Ausdruck. Die Treppenhäuser sollen mit den erhaltenen
Oberflächen einen Einblick in die Erstellungszeit ermöglichen.
Die strukturellen Eingriffe werden aus dem Bestand heraus entwickelt, in die bestehende
Struktur und Typologie eingepasst und in ihrer Gestaltung neu interpretiert. Unglückliche
Eingriffe der Vergangenheit werden entfernt oder subtile angepasst. Wertvolle Bauteile
werden möglichst rekonstruiert und wenn nötig mit neuen architektonischen Elementen
ergänzt.
Den Gebäuden soll der ursprünglich prächtigen Ausdruck zurückgeben werden, und neue
Elemente, ohne die heutige Zeit zu verleugnen, in den Bestand verwoben werden.
29.10.13, Hans Peter Häberli
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