Klimawandel in der Stratosphäre: Wann regeneriert sich die Ozonschicht? Martin Dameris Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Physik der Atmosphäre, Oberpfaffenhofen Frankfurt, 21. Januar 2010 Klimawandel in der Stratosphäre: Wann regeneriert sich die Ozonschicht? Martin Dameris mit wesentlichen Beiträgen von Hella Garny und Rudolf Deckert Frankfurt, 21. Januar 2010 Science, Juni, 2007 Institut für Physik der Atmosphäre Nature, Januar, 2008 Institut für Physik der Atmosphäre Kopplung von Stratosphäre und Troposphäre Prozesse des Klimawandels beeinflussen die thermische und dynamische Struktur der Troposphäre (0-15 km) und Stratosphäre (bis 50 km). Die Troposphäre und die Stratosphäre sind in vielfältiger Weise miteinander gekoppelt. Die dynamische Kopplung ist in erster Linie durch die Dynamik großskaliger (planetare und synoptische) Wellen gegeben, die in der Troposphäre angeregt werden. Die saisonale und die Jahr-zu-Jahr Variabilität in der Erzeugung, Ausbreitung und Dissipation dieser Wellen sowie alle systematischen Veränderungen der Wellenaktivität, haben einen Einfluss auf die thermische Struktur und Zirkulation der Stratosphäre. Diese Variationen in der Stratosphäre beeinflussen troposphärische Prozesse. Institut für Physik der Atmosphäre Klima-Chemie Wechselwirkungen Um ein vollständiges Verständnis der Veränderungen der chemischen Zusammensetzung der Atmosphäre zu erlangen ist es erforderlich, den Klimawandel und seine Rückkopplung zu berücksichtigen. Der Anstieg der Konzentrationen gut durchmischter Treibhausgase in der Atmosphäre führt zu höheren troposphärischen und niedrigeren stratosphärischen Temperaturen. Die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre ist davon unmittelbar beeinflusst, da viele chemische Reaktionen temperaturabhängig sind. Darüber hinaus beeinflussen Temperaturänderungen die atmosphärische Zirkulation und somit den Transport von Spurengasen und -stoffen. Institut für Physik der Atmosphäre Schema der Ozon-Temperatur Rückkopplungen aufgrund von Änderungen der chemischen Zusammensetzung der Stratosphäre Institut für Physik der Atmosphäre Schema eines Klima-Chemie Modells (engl. Climate-Chemistry Model, CCM) Institut für Physik der Atmosphäre FCKW-Gehalt in der Troposphäre Chlorgehalt in der Stratosphäre Institut für Physik der Atmosphäre Volumenmischungsverhältnis CH4 und Cly [ppbv] Volumenmischungsverhältnis CO2 und N2O [ppmv] Randbedingungen für das Klima-Chemie-Modell: Treibhausgase und stratosphärischer Chlorgehalt (Cly) Jahr Institut für Physik der Atmosphäre Randbedingungen für das Klima-Chemie-Modell: Der 11-jährige Sonnenaktivitätszyklus 10.7 cm Radiofluss [10-22 Wm-2] 350 300 250 200 150 100 50 1950 2007 Jahr Agung El Chichón Pinatubo Institut für Physik der Atmosphäre Randbedingungen für ein Klima-Chemie-Modell: Meeresoberflächentemperaturen und weitere Emissionen Meeresoberflächentemperaturen und Seeeisbedeckung: Monatsmittel des UK Met Office, Hadley Centre: Beispiel für Juni 1985 (Rayner et al., 2003). Natürliche und anthropogene NOx Emissionen: Industrie (Benkovitz et al., 1996) Biomasse Verbrennung (Lee, pers. comm., 2003) Blitze (Grewe et al., 2001) Bodenverkehr (Matthes, 2003; Corbett et al., 1999) Luftverkehr (Schmitt und Brunner, 1997) Institut für Physik der Atmosphäre : 12.0 - 33.0 TgN/a : 6.3 - 7.2 TgN/a : ~5.0 TgN/a : 4.8 - 13.1 TgN/a : 0.1 - 0.7 TgN/a Temperaturtrend in der unteren Stratosphäre Institut für Physik der Atmosphäre Temperaturentwicklung in der Stratosphäre Temperaturanomalien 37-52 km 30-45 km 23-38 km 13-22 km Jahr Institut für Physik der Atmosphäre SPARC CCMVal Report, 2010 Validierung: Zonalmittel Gesamtozon (1995 - 2008) Institut für Physik der Atmosphäre Loyola et al., 2009 Validierung: Jahreszeitenmittel Gesamtozon (1995 - 2008) Institut für Physik der Atmosphäre Loyola et al., 2009 Validierung: Standardabweichung Gesamtozon (1995 - 2008) Institut für Physik der Atmosphäre Loyola et al., 2009 Entwicklung der Ozonschicht (1960 - 2050) Ozonanomalie [DU] 60°N - 60°S Jahr Institut für Physik der Atmosphäre Loyola et al., 2009; Dameris, 2009 Einfluss des Klimawandels auf die Ozonschicht WACCM Druck [hPa] E39C ΔT [°C] FMA REF–NCC WACCM Druck [hPa] E39C ΔO3 [%] FMA geogr. Breite (°) geogr. Breite (°) Institut für Physik der Atmosphäre Die meridionale Massenzirkulation (Brewer-Dobson Zirkulation) Institut für Physik der Atmosphäre Holton et al., 1995 Wasserdampf "Tape recorder" (10°S-10°N) HALOE E39C-A Institut für Physik der Atmosphäre Stenke et al., 2009 Einfluss des Klimawandels auf die Brewer-Dobson Zirkulation (REF-NCC) Änderung der Wellenaktivität im Jul./Aug. geogr. Breite [°] geogr. Breite [°] Druck [hPa] Änderung der Wellenaktivität im Dez./Jan. Sommer Winter Winter Sommer Verursacht durch Änderungen in der Aktivität stationärer Wellen Institut für Physik der Atmosphäre Änderung der Meeresoberflächentemperatur, SST (REF-NCC) Änderung der SST im Juli/August geogr. Länge [°] geogr. Länge [°] geogr. Breite [°] Änderung der SST im Dezember/Januar Δ(SST)max ≈ +1°C Institut für Physik der Atmosphäre Änderung des konvektiven Niederschlags (REF-NCC) Juli/August geogr. Länge [°] geogr. Länge [°] geogr. Breite [°] Dezember/Januar Δ(konvektiver Niederschlag)max ≈ +7% Institut für Physik der Atmosphäre Einfluss tropischer SST auf die Brewer-Dobson Zirkulation © H. Schlager Untersuchung der UrsacheWirkung Beziehung: Ansteigende Temperaturen der Ozeanoberfläche führen zu: • verstärkter hoch reichender Konvektion, • erhöhte Freisetzung von latenter Wärme, • verstärkte Anregung von quasistationären planetaren Wellen, • Intensivierung des Aufsteigens tropischer Luftmassen. Institut für Physik der Atmosphäre Deckert and Dameris, 2008a; b Aufsteigen tropischer Luftmassen: Zeitliche Veränderungen DJF Jahresmittel JJA Institut für Physik der Atmosphäre Garny et al., 2009 Relativer Trend [%/Jahr] im tropischen Aufsteigen E39CA: 1960-2049 (SCN-B2d) Institut für Physik der Atmosphäre Relativer Trend [%/Dek.] im tropischen Aufsteigen Differenz 2000s – 1960s Differenz 2040s – 2000s Differenzen von SCN2 REF1 Differenzen von "Zeitscheiben": SST + GHG SST GHG Institut für Physik der Atmosphäre Zukünftige Entwicklung Abkühlung führt zu einer Zunahme der NettoOzonproduktion Rückgang der Temperatur: Ozonabbau wird verstärkt Rückgang der Temperatur: Ozonabbau wird verstärkt Institut für Physik der Atmosphäre Was wissen wir bisher? Die Veränderungen des stratosphärischen Klimas und der Ozonschicht können mittels von Klima-Chemie-Modellen nachvollzogen werden, wenn sowohl natürliche als auch anthropogene Antriebe berücksichtigt werden. Klima-Chemie-Modelle zeigen in konsistenter Weise, dass die Erholung der Ozonschicht in einigen Regionen schneller von statten geht, wenn die Stratosphärentemperatur aufgrund des Klimawandels weiter sinkt; dies gilt nicht für die Polregionen. Dort führen niedrigere Temperaturen zu einer stärkeren Bildung von polaren Stratosphärenwolken (PSCs). Die modellierte Intensivierung des Aufsteigens von Luftmassen in der tropischen unteren Stratosphäre (GCMs, Klimamodelle, CCMs) ist ein deutliches Indiz für eine veränderte Zirkulation. Bis heute sind die Gründe und Mechanismen unklar, die diese Veränderungen verursachen. Institut für Physik der Atmosphäre Was wissen wir bisher? ? Die Erholung der Ozonschicht verläuft möglicherweise regional unterschiedlich. Sie ist keine simple Umkehrung des Abbaus. Eine vollständige Erholung der Ozonschicht einschließlich der Polarregionen wird etwa zur Mitte des Jahrhunderts erwartet. Ein "super-recovery" der Ozonschicht scheint möglich. Institut für Physik der Atmosphäre Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Institut für Physik der Atmosphäre Verwendung des Lagrang'schen Advektionsschemas ATTILA (Reithmeier und Sausen, 2002) • ATTILA: Atmospheric Tracer Transport In a Lagrangian • Model. Modellatmosphäre wird in eine große Zahl (498.000) von Luftpaketen gleicher Masse eingeteilt, die mit dem simulierten Windfeld advehiert werden. • Jedem Luftpaket wird für jedes Spurengas ein Mischungsverhältnis zugeordnet. Strikt Masse erhaltend. • • Starke Gradienten werden reproduziert. Institut für Physik der Atmosphäre Der Temperatur- und Feuchtefehler E39/SLT vs. HALOE E39/SLT vs. ERA40 Institut für Physik der Atmosphäre Der Temperatur- und Feuchtefehler E39/ATTILA vs. HALOE E39/ATTILA vs. ERA40 Institut für Physik der Atmosphäre Tropopausendruck und -temperatur Institut für Physik der Atmosphäre Zonalwind: Januar und Juli ERA40 E39/SLT E39/ATTILA Institut für Physik der Atmosphäre Jahresgang Zonalwind: Nord- und Südhemisphäre ERA40 E39/SLT E39/ATTILA Institut für Physik der Atmosphäre Wasserdampf: 50 hPa, Oktober Institut für Physik der Atmosphäre Stratosphärischer Chlorgehalt Institut für Physik der Atmosphäre Ozonprofile (80er Jahre) 74°N, 95°W E39C E39C-A Sonden Institut für Physik der Atmosphäre Ozonprofile "Südpol" frühe 1980er 1990er E39C E39C-A Institut für Physik der Atmosphäre Anomalie: Gesamtozon 60°-90°S, SON Institut für Physik der Atmosphäre Zeitreihen des tropischen Aufsteigens DJF (red), MAM (cyan), JJA (blue) and SON (magenta) Institut für Physik der Atmosphäre Zeitreihen des tropischen Aufsteigens DJF (red), MAM (cyan), JJA (blue) and SON (magenta) Institut für Physik der Atmosphäre Zeitreihen des tropischen Aufsteigens DJF (red), MAM (cyan), JJA (blue) and SON (magenta) Institut für Physik der Atmosphäre McLandress and Shepherd, 2009; J. Clim Zeitreihen des tropischen Aufsteigens Institut für Physik der Atmosphäre Impact of SSTs on climatologies and trends (see Garny et al., 2009) Upwelling 76 hPa REF1 JJA Mass flux [kg/s] annual Mass flux [kg/s] DJF Upwelling 76 hPa SCN2 years years Trends may vary on decadal time-scales Institut für Physik der Atmosphäre Changes of upwelling in Past and Future: Sensitivity to region of integration Difference 2000s – 1960s Difference 2040s – 2000s Pressure [hPa] Pressure [hPa] Diff from SCN2 VARYING: Integration over region where wstar points upward FIXED: Integration over 20°S to 20°N relative Difference in tropical Upwelling / decade [%] Institut für Physik der Atmosphäre Sensitivity simulations Time-slice experiments, running under same conditions for 15-20 years (+5 years spinup). Experiment SSTs GHGs Reference 2000 2000 1960SST 1960 2000 1960GHG 2000 1960 1960SST+GHG 1960 1960 2040SST 2040 2000 2040GHG 2000 2040 2040SST+GHG 2040 2040 Institut für Physik der Atmosphäre Ozone depleting substances are left unchanged (year 2000 conditions)