I. Mechanik I.3 Mechanik deformierbarer Körper und Medien Physik für Mediziner 1 Aggregatzustände vonMaterie • Materie kann in 3 Aggregatzuständen vorkommen: Kristall-, FlüssigkeitsGasmodelle • fest: form- und volumenstabil, homogen Atome und Moleküle sind dicht gepackt und starr miteinander verbunden • flüssig: volumenstabil, nicht formstabil, homogen Atome und Moleküle sind dicht gepackt aber verschiebbar • gasförmig: weder form- noch volumenstabil, homogen, verdünnte Anordnung; Atome bzw. Moleküle frei beweglich Physik für Mediziner 2 Elastische Deformationen fester Körper • die Verformung eines festen Körprs unter der Wirkung einer Kraft heißt elastisch, wenn nach der Beanspruchung der Körper seine ursprüngliche Form wieder annimmt. • Beispiel: Dehnung eines Drahtes: Hooke‘sches Gesetz (wie bei Feder) Längenänderung proportional Kraft Δ L ∼ F A Querschnittsfläche ΔL F ∼ L A 1 ΔL 1 F = ⋅ Proportionalitätsfaktor: ; ⇒ E L E A relative Längenänderung: E Elastizitätsmodul; Materialparameter: [E] = N/m2 ΔL L F Zugspannung (Druck) σ = A relative Längenänderung ε = Physik für Mediziner ε= 1 ⋅σ E Dehnung eines Drahts Einheit: [σ]= N/m2 = Pa (Pascal) 3 Klassifizierung elastischer Verformungen • wie bei der Dehnung gibt es Materialparameter, die das elastische Verhalten beschreiben Physik für Mediziner 4 Kompressibilität von Festkörpern • Wie stark ändert sich das Volumen eines Festkörpers unter allseitigem Druck ? Auf alle Würfelflächen wirkt der gleiche Druck p= F A analog um Hookeschen Gesetz gilt: ΔV 1 = − ⋅p V κ κ ist der Kompressionsmodul (Materialparameter) Volumina von Festkörpern sind unter allseitigem Druck nur schwer veränderbar: ΔV ≈ 10− 6 für p = 105 Pa ≈ 1 atm (Atmosphäre) V Physik für Mediziner 5 Hydrostatischer Druck in Flüssigkeiten • Eigenschaften idealer Flüssigkeiten: Nahezu inkompressibel wie Festkörper ⇒ Dichte ρ =Masse/Volumen=const; keine Scherspannungen; Moleküle verschiebbar; Anpassung an Volumen Der Druck senkrecht zur Fläche des Druckmessers ist unabhängig von seiner Orientierung; d.h. in Flüssigkeiten herrscht allseitig der gleiche hydrostatischer Druck Druckmesser: Gleichgewichtsstellung: Federkraft = Druck x Fläche Physik für Mediziner Hydrostatischer Druck 6 Hydraulische Presse Anwendung: hydraulische Hebebühne Prinzip: Man drückt mit Kraft F1 den linken Kolben mit Querschnitt A1 um s1 nach unten. Der hydrostatische Druck p ist überall in der Flüssigkeit gleich groß. Der rechte Kolben mit Querschnitt A2 wird mit der Kraft F2 nach oben gedrückt und hebt sich um s2 Inkompressibilität: V1= A1·s1 = A2·s2= V2 F1 F2 p = = = const Hydrostatischer Druck: A1 A 2 Energieerhaltung: F1 ⋅ s1 = Physik für Mediziner Die Kraft, um etwas zu heben, wird kleiner aber der Verschiebungsweg verlängert sich !! F1 ⋅ A1 ⋅ s1 = p ⋅ V1 = p ⋅ V2 = F2 ⋅ S2 A1 7 Schweredruck in Flüssigkeiten • Gewichtskraft der Flüssigkeitssäule: G= m·g= ρ·V·g= ρ·A·h·g p= G = ρ ⋅ g⋅h A G = ρ ⋅ g⋅h A Der Schweredruck ist abhängig von der Höhe der Flüssigkeitssäule p= Kommunizierende Röhren Wegen der Inkompressibilität der Flüssigkeit wird die Dichte durch den Schweredruck nicht geändert (Näherung) Physik für Mediziner 8 Wasserwaage FM h ΔR 2R Wie hoch muß Wassersäule stehen, damit der Schweredruck des Wassers dem Druck der Person auf Brett das Gleichgewicht hält? Gleichgewicht: pMetag = pWasser M ⋅g pM = M = ρW ⋅ g ⋅ h A M M = ρW ⋅ A ⋅ h ρW=103kg·m-3 R = 0.19 m ΔR = 0.12 m A= 2π·R·ΔR = 0.143 m2 Wasserwaage Experiment: h = 0.56 m Physik für Mediziner ⇒ MMetag=103kg m-3· 0.143 m2· 0.56 m = 80 kg 9 Quecksilber-Barometer Vakuum • Messung des Luftdrucks: Wie hoch steht die Quecksilbersäule, wenn der Luftdruck 1 atm = 101,325 kPa beträgt ? Luft Gleichgewicht: Gewichtskraft der Quecksilbersäule = Kraft durch Luftdruck mQ ⋅ g = pLuft ⋅ A = ρQ ⋅ V ⋅ g = ρQ ⋅ A ⋅ h ⋅ g = pLuft ⋅ A h= pLuft ρQ ⋅ g Quecksilber (Hg) hat bei O0C eine Dichte von 13,595 g/cm3 h= 1,01325 ⋅ 105 N / m2 13,595 kg / m3 ⋅ 9,81m / s2 = 0,7597 Physik für Mediziner kg ⋅ m ⋅ s −2 ⋅ m2 kg ⋅ m −3 ⋅m⋅s −2 H2O- und HgSäulen ≈ 0,760 m (Hg) = 760 Torr 10 Auftrieb und Archimedisches Proinzip • Kraftwirkung auf Körper in Flüssigkeit: • seitliche Kräfte heben sich auf: Fl − Fr = 0 • Kräfte oben und unten bewirken eine Auftriebskraft: Fa = F2 − F1 = g ⋅ ρ fl ⋅ A ⋅ h2 − g ⋅ ρ fl ⋅ A ⋅ h1 = g ⋅ ρ ⋅ A ⋅ (h2 − h1) = g ⋅ ρ fl ⋅ V = g ⋅ mfl Archimedisches Prinzip: Die Auftriebskraft ist gleich der Gewichtskraft der verdrängten Flüssigkeitsmenge Die Gewichtskraft des eingetauchten Körpers wird um die Auftriebskraft verringert: Fges = FG − Fa = (ρK − ρ fl ) ⋅ g ⋅ V Auftrieb: Eintauchen eines AlZylinders in Wasser Physik für Mediziner 11 Kartesischer Taucher Auftrieb: Kartesischer Taucher Luft p • unten offener luftgefüllter Glaskörper schwimmt in Flüssigkeit • Wird der Druck auf Stopfen erhöht, so erhöht sich allseitig der Druck in der Flüssigkeit ⇒ Luft in Glaskörper komprimiert ⇒ weniger Wasser verdrängt ⇒ Auftriebskraft kleiner ⇒ Taucher sinkt • Durch geeignete Druckwahl kann Taucher steigen, sinken oder schweben Physik für Mediziner 12 Oberflächenspannung Moleküle in Flüssigkeiten ziehen sich an: Kohäsion • an der Oberfläche gibt es nur eine geringere Zahl von Bindungspartnern. ⇒ Kraft senkrecht zur Oberfläche ins Innere der Flüssigkeit gerichtet ⇒ Oberflächenspannung • Flüssigkeitsmoleküle an Oberfläche weniger stark gebunden ⇒ Flüssigkeitsmoleküle an Grenzflächen (flüssig-fest) können von Atomen des Festkörpers angezogen werden ⇒ Adhäsion • Konsequenzen: Benetzungseigenschaften; Kapillarität Physik für Mediziner 13 Oberflächenspannung • Um weitere Moleküle an die Oberfläche der Flüssigkeit zu bringen, muss Arbeit gegen die Kohäsionskraft geleistet werden. Oberflächenspannung: σ= aufzuwendende Arbeit vergrößert e Oberfläche Einheit [σ]= N·m/m2=N/m • Da Arbeit aufgewendet werden muss, um eine Oberfläche zu vergrößern, stellt sich ohne äußere Einflüsse für das gegebene Volumen immer die minimale Oberfläche ein ⇒ Kugel, Tropfen Physik für Mediziner Tropfenbildung: Oberflächen minimieren sich Oberflächenspannung: Nadeln auf Wasser 14 Innendruck einer Seifenblase Energiebilanz bei Vergrößerung der Oberfläche; Änderung des Radius von r → r+Δr Δ W aufzuwendende Arbeit = σ= Δ A vergrößerte Oberfläche • Änderung der Oberflächenenergie: [ ΔW = σ ⋅ ΔA = σ 4π(r + Δr )2 − 4πr 2 [ ] ] = 4πσ ⋅ r 2 + 2r ⋅ Δr + Δr 2 − r 2 ≈ 8 π ⋅ σ ⋅ r ⋅ Δr • mechanische Arbeit: ΔW = F ⋅ Δr = p ⋅ ( 4 π r 2 ) ⋅ Δ r Gleichsetzen ⇒ p= Druck in kleinerer Blase größer Physik für Mediziner 2σ r Innendruck in Seifenblase Oberflächenspannung: 2 Seifenblasen Die Großen fressen die Kleinen !! HgKügelchen 15 Kapillarität • Hineinziehen/ Herausdrängen von Flüssigkeiten in engen Kanälen (Kapillaren) Höhe h bestimmt durch Gleichgewicht: Gewichtskraft = Kraft durch Oberflächenspannung m⋅g = p⋅ A Adhäsion > Kohäsion Oberfläche konkav gekrümmt z.B. Wasser (H2O) Kohäsion > Adhäsion Oberfläche konvex gekrümmt z.B. Quecksilber (Hg) Anwendung: Wassertransport in Bäumen Physik für Mediziner Kapillarität 2σ ρ ⋅h⋅ A ⋅ g = ⋅A r h= 2σ ρ ⋅r ⋅ g abhängig von OberflächenSpannung σ und Radius r der Kapillare 16 Zusammenfassung • Druck und Spannung (skalare Größen) gegeben durch Verhältnis von wirkender Kraft und Angriffsfläche • Festkörper: form- und volumenstabil; elastisches Verhalten • Flüssigkeiten: volumenstabil, nicht formstabil; inkompressibel ⇒ konstante Dichte, Allseitigkeit des Drucks; keine Scherspannungen • Archimedisches Prinzip: Auftriebskraft = Gewichtskraft der verdrängten Flüssigkeitsmenge • Oberflächenspannung: Moleküle an Flüssigkeitsoberflächen schwächer gebunden; Wechselspiel von Kohäsion, Adhäsion und Gewichstkraft bestimmen Benetzungseigenschaften Physik für Mediziner 17