Die Verfahrenskette zur Herstellung individueller Implantate Tomography Imageprocessing Surgery CAMProduction CADDesign Abb. 1 Wie kommen die Daten des Patienten in den Computer? Um die genauen Ausmaße eines Schädeldefektes erfassen zu können, werden von dem Kopf des Patienten Röntgenschichtaufnahmen, eine so genannte Computertomographie (CT), angefertigt. Dabei fährt die Röntgenröhre im Kreis um den auf einem beweglichen Tisch liegenden Patienten herum, während der Tisch langsam vorgeschoben wird. Die Röntgenröhre beschreibt somit in Relation zum Patienten eine spiralförmige Bewegung. Diese spezielle Art der Datenaufnahme wird daher auch SpiralComputertomographie oder kurz Spiral-CT genannt. Die so gewonnenen Daten werden über eine Computer-Schnittstelle an das Planungssystem übermittelt. Nach welchen Kriterien wird der Knochenersatz geplant? Im Computer Aided Design (CAD)-System wird aus den Daten ein dreidimensionales Modell erstellt. Die Kontur des Knochenersatzes wird aus den Randbereichen des Defektes abgeleitet und bei Bedarf durch Spiegelung der Ge- genseite rekonstruiert. Dabei muß eine ausreichende Abstützung des Implantats im Randbereich gewährleistet und die natürliche Kontur des Kopfes wiederhergestellt sein. Im Randbereich des Implantats werden zur Befestigung mittels kleinen Schrauben Löcher vorgesehen. Abb. 2a b c d Die Abbildung 2 zeigt ein konstruiertes Implantat im CAD-System aus verschiedenen Perspektiven. Welche Körperteile können auf diese Weise ersetzt werden? Grundsätzlich ist technisch der Ersatz nahezu aller knöcherner Strukturen des Körpers denkbar. In der Realität sind dem Knochenersatz in Abhängigkeit von dem verwendeten Material durch den Organismus Grenzen gesetzt. Bisher wurde das Verfahren vor allem zur Versorgung ausgedehnter Schädeldefekte mit großem Erfolg (Abb. 3a – Stirngegend) angewendet. Auch im Bereich des Unterkiefers konnte der Knochen operativ erfolgreich mit Implantaten aus Titan ersetzt werden (Abb. 3b – Implantat und Sägeschablone). Wegen fehlender Bedeckung mit Gewebe gingen diese Implantate aber vorzeitig verloren. Abb. 3a Wie kann der Knochen ggf. an das vorgefertigte Implantat angepasst werden? Die Implantate werden mit höchster Präzision gefertigt, so dass eine Anpassung während der Operation bei bereits vorhandenem Defekt nicht erforderlich ist. Es gibt jedoch spezielle Fälle, wo in einem einzigen operativen Eingriff der knöcherne Defekt geschaffen und zeitgleich mit einem vor der Operation hergestellten Implantat versorgt werden muss. Dies ist z. B. bei Tumoren der Hirnhäute mit Beteiligung des Knochens der Fall. Vor der Operation erfolgen dann Planung und Fertigung eines Implantats sowie der dazu passenden Schablone zur Führung einer Knochensäge (Abb.4a). Entlang dieser Schablone aus Aluminium, deren innerer Durchmesser dem äußeren Durchmesser des Implantats bei gleicher Neigung des Rands entspricht, wird der Knochen entfernt (Abb. 4b). b Wie kann der Knochenersatz entsprechend der Planung hergestellt werden? Abb. 4a Die Daten des CAD-Systems werden an eine computergesteuerte Fräsmaschine übermittelt, die das Implantat aus einem massiven Block Titan fräst. b Alternativ kann mit den Patientendaten ähnlich wie zur Steuerung der Fräsmaschine auch ein Roboter angesteuert werden und die Knochenentfernung präzise durchführen (Abb. 5). Alternativ kann auch eine Hohlform aus Metall oder Kunststoff gefertigt werden, um ein Implantat zu gießen oder zu pressen. Den Vorgang der computergestützten Herstellung bezeichnet man als Computer Aided Manufacturing oder kurz CAM. Abb. 5 Welche Materialien können verarbeitet werden? Nach dem beschriebenen Verfahren sind europaweit bereits über 190 Patienten an 37 Kliniken erfolgreich mit Implantaten aus TITAN versorgt worden. Ein Vertreter dieser Gruppe ist das POLYLACTID (PLA). Durch ein spezielles Begasungsverfahren mit Kohlendioxid (CO2) bei hohem Druck kann PLA bei Raumtemperatur in einer Form aus Teflon (Abb. 7) verarbeitet werden. TITAN zeichnet sich durch seine sehr gute Verträglichkeit bei hoher Stabilität und geringem spezifischen Gewicht aus. Auch sehr komplexe Defekte sind bereits auf diese Weise mit hohem Gewinn für die betroffenen Patienten verschlossen worden. Abb. 7 Abb. 8a Abb. 8b Die Abbildung 8 zeigt ein auf diese Weise hergestelltes auflösbares Implantat aus PLA. Abb. 6 Die Abbildung 6 zeigt das Röntgenbild eines Patienten, der nach einem Motorradunfall mit zwei TITAN-Implantaten versorgt ist. Die Verfahrenskette erlaubt jedoch grundsätzlich auch die Verarbeitung anderer Materialien durch Fräsen oder in einer Hohlform (Gießen oder Pressen). Da die hohen Anforderungen an einen idealen Implantatwerkstoff in Bezug auf die Stabilität, die Auflösbarkeit, die Verträglichkeit und die Potenz der Knochenbildung von einem einzelnen bekannten Werkstoff allein nicht erbracht werden können, ist die Entwicklung eines Gradientenwerkstoffes, bestehend aus mehreren Substanzen Gegenstand aktueller Forschung. Dieser Werkstoff wir dann vor der Anwendung im Tierversuch und später am Menschen zunächst im Labor mit knochenbildenden Zellen (Abb. 9 – Lichtmikroskopie) besiedelt, um die Verträglichkeit der Materialien nachzuweisen. Interessant sind hier vor allem auflösbare Materialien, die gleichzeitig die Möglichkeit bieten, dass sich Knochen neu bilden kann. Hier sind vor allem Kunststoffe, so genannte Polymere, zu nennen. Abb. 9