Asymmetrische Katalysen, 13 [1] Chelat-Liganden und ihre Rhodium-Komplexe mit seitlichen Asymmetriezentren und ihre Anwendung in der enantioselektiven Katalyse Asymmetric Catalyses. 13 [1] Chelate Ligands and their Rhodium Complexes with Lateral Asymmetrie Centers and their Use in Enantioselective Catalysis Henri Brunner* und A. F. M. Mokhlesur Rahman Institut für Anorganische Chemie der Universität Regensburg, Universitätsstraße 31, D-8400 Regensburg Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. mult. E. 0. Fischer zum 65. Geburtstag gewidmet Z. Naturforsch. 38b, 1332-1338 (1983); eingegangen am 16. Mai 1983 Optical Activity, Asymmetrie Induction, Enantioselective Catalysis The chelate ligands 1 - 3 with lateral asymmetric centers at the nitrogen atoms were prepared and characterized. In the Rh complexes 4 and 5 the asymmetric centers directly interact with those coordination positions where during enantioselective catalysis prochiral substrates are converted into optically active products. The compounds 4 and 5, as well as the in situ catalysts [Rh(COD)Cl]2/2 were used in the asymmetric hydrogenation of a-N[acetamino]cinnamic acid and in the asymmetric hydrosilylation of acetophenone with diphenylsilane. The low optical inductions obtained result from the catalyst loosing its chiral information during catalysis due to racemization or fragmentation. Einleitung Die meisten der bisher in der asymmetrischen Katalyse mit Übergangsmetall-Komplexen verwendeten Liganden sind Chelatphosphine mit zwei Phenylgruppen am Phosphor und der induzierenden Chiralität im Chelatgerüst zwischen den beiden Phosphoratomen [2, 3], in Formel A von Schema 1 durch Punkte gekennzeichnet. Die originäre Chiralität bewirkt meist eine Wellung des Chelatrings und damit verbunden eine Differenzierung der beiden Phenylgruppen am Phosphor in axiale und äquatoriale sowie in kanten- bzw. flächenorientierte Phenylgruppen, wie in A angedeutet [3-8]. Die chirale Einstellung der beiden Phenyl,,ohren" am Phosphor wird als der eigentliche Überträger der Chiralität vom Chelatgerüst auf die Koordinationsstellen am Metallatom angesehen, an denen das prochirale Substrat in das optisch aktive Produkt umgewandelt wird. Es wurde bereits auf den Aspekt hingewiesen, daß im Chelatgerüst der verschiedenen Liganden zwar verschiedene spezifische Chiralitätselemente vorhanden sind, aber mit den P(C6Hö)2-Oruppen * Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. H.J. Keller. 0340-5087/83/1100-1332/$ 01.00/0 immer der gleiche Übertragungsmechanismus benlitzt wird [9-11]. Dies muß auf einen Informationsverlust hinauslaufen. Es wurden auch Modelle vorgeschlagen, das induzierende Asymmetriezentrum an die Stelle zu rücken, wo in den Chelatphosphinen die P(C6H5)2-Überträger sitzen. Damit wäre eine direkte Wechselwirkung der induzierenden Chiralität mit dem prochiralen Substrat ohne Zwischenschaltung eines Überträgers möglich. Dies gilt zum Beispiel für Chelatliganden, die über einen Imin-Stickstoff wie in B ans Metallatom gebunden sind. Geht man bei der Schiffbasenkondensation zu diesen Liganden von primären optisch aktiven Aminen aus, in B zum Beispiel von (B)-l-Phenylethylamin, so befindet sich das stickstoffgebundene Asymmetriezentrum genau dort, wo in den Phosphinen die die Chiralität übertragenden Phenylgruppen lokalisiert sind. Über neue Derivate dieser Art und ihren Einsatz in der asymmetrischen Katalyse wird im folgenden berichtet. Diskussion Darstellung der Liganden 1, 2 und 3 Kondensation von (i?)-( + )-l-Phenvlethylamin mit Salicvlaldehyd und Acetylaceton ergibt die Unauthenticated Download Date | 8/19/17 8:44 AM H. Brunner et al. • Asymmetrische Katalysen 1333 Schema 1. Verbindungen 1 und 2, die ein seitliches Asymmetriezentrum im Sinne von Formel B, Einleitung, enthalten, in Ausbeuten von 90% (Schema 2). Das Salicylaldimin (1) läßt sich mit Tl(OH) oder Tl(OEt) in das Tl-Salz überführen. Von Verbindung 2 dagegen konnte kein Tl-Salz isoliert werden. Läßt man 70-proz. HC104 in Ethanol auf 1.1.3.3-Tetramethoxypropan und (i?)-(+)-l-Phenylethylamin einwirken, so erhält man das Vinamidiniumsalz (3) (Vinamidin = vinyloges Amidin) als schwachgelbes Pulver (Schema 2) [12, 13]. Die IR-Spektren der Imine 1-3 enthalten die C=N-Valenzschwingung bei 1618-1630 cm - 1 , gegenüber den Carbonylverbindungen, von denen sie sich ableiten, nach niedrigeren Wellenzahlen verschoben. Im Massenspektrum (Feiddesorption, DMF-Lösung) des Salzes 3 erscheint das dem Vinamidinium-Kation entsprechende Molekülion bei m/e = 279 [13]. In den iH-NMR-Spektren (Tab. I) zeigen die Verbindungen 1 und 2 nur je einen Satz von Signa- (0 len, wie für die H-verbrückten Strukturen in Schema 2 zu erwarten. Das iH-NMR-Spektrum der Verbindung 3 dagegen enthält alle Signale dreifach, besonders gut an den drei Dubletts der Methylgruppe zu sehen (Tab. I). Das mittlere Proton des C-Gerüsts H 2 bildet durch Kopplung mit H 1 Tripletts, von denen zwei gut, das dritte nur andeutungsweise zu erkennen ist, weil es mit anderen Signalen zusammenfällt. Das Proton H 1 koppelt mit H 2 und mit den NH-Protonen und ergibt ebenso ein Multiplett wie die Methinprotonen des 1Phenylethylrestes, die zusätzlich zu den Methylprotonen mit den NH-Protonen koppeln. Aus dem Auftreten von drei Dubletts im Methylbereich folgt, daß zumindest in Lösung mehrere der isomeren Formen all-cis (U-Form), all-trans (WForm) und cis-trans (Sichel-Form) bezüglich des Vinamidin-Gerüsts [12, 13] bzw. der cis-trans-Isomeren bezüglich der CN-Doppelbindung vorliegen. Dabei sind zwei Isomere in fast gleicher Menge vorhanden, während das dritte deutlich überwiegt. CH3 11^ / H CcHc V"CH3 C6hS Schema 2. Unauthenticated Download Date | 8/19/17 8:44 AM 1334 H. Brunner et al. • Asymmetrische Katalysen Tab. I. iH-NMR-Parameter der Verbindungen 1-5. (5-Werte in ppm, Kopplungskonstanten in Hz, i-TMS (Numerierung de Protonen siehe Schema 2). Verb. H-aromat. CHI J H^-RH CH 2 JH'-H 2 1 6,62-7,53 2 7,05(m) 3 7,25-7,47 7,72-8,12(m) 5,24-5,75(m) 3C 7,25-7,38 7,63-7,72(br) 4 6,31-7,53 5 7,22-7,34 7,91(d) (2,1) 7,17d (2,1) 5,46(t) (11,5) a CH3a JCH3-CH CH 3 [3, 4] CHa 8,36(s) 4,56(q) 4,83(s) 4,68(t) (7,1) Signale des 1-Phenylethylrestes; b l,93(s) l,73(s) 4,60(q) 4,65-4,85(m) 4,64(q) 4,48(q) 4,41(q) 1,65(d) (9,6) 1,43(d) (9,6) 1,43(d) 1,47(d) 1,51(d) (6,8) 1,44(d) (6,7) 1,67(d) (7,2) 1,61(d) (6,8) Signale der 1.5-Cyclooctadienprotonen; Auch bei 100 °C ist die Geschwindigkeit der Umwandlung zwischen den verschiedenen Formen in DMSO-dö immer noch so klein, daß keine NMRKoaleszenz festzustellen ist. Bei 160 °C dagegen ist die Umwandlung so rasch, daß ein gemitteltes Spektrum zu beobachten ist, das nur noch ein einziges Methyl-Dublett und ein H 2 -Triplett enthält (Tab. I). Darstellung der Komplexe 4 und 5 Komplex 4 (Schema 2) läßt sich durch Einwirken des Tl-Salzes von 1 auf eine Suspension von [Rh(COD)Cl]2 in Ether erhalten [13]. Nach 24stündigem Rühren wird die gelbe Lösung filtriert und an Si0 2 chromatographiert. 4 schließt sich in seinen Eigenschaften an ähnliche Verbindungen an [14, 15]. Ein entsprechender Komplex mit dem Liganden 2 ließ sich auf diese Weise nicht isolieren. Auch Versuche, Komplex 5 aus [Rh(COD)Cl]2 und 3 mit einem Überschuß von LiO(^-Bu) bzw. NaH in THF darzustellen, schlugen fehl. Dagegen gelang die Synthese von 5 unter den Bedingungen der Phasentransfer-Katalyse. Eine Suspension von [Rh(COD)Cl]2, BU 4 N+HS0 4 - und 3 in Methylenchlorid/wäßrige KOH ergibt 5 in 70% Ausbeute [13]. Im Gegensatz zu Cu", Co11 und Ni 11 [16, 17] ist bisher nur ein Rhi-Komplex mit einem Vinamidinato-Liganden bekannt [18], der allerdings an den N-Atomen unsubstituiert ist. In den iH-NMR-Spektren der Komplexe 4 und 5 (Tab. I) koppelt das Azomethinproton H 1 mit dem e = CHb CH 2 b Lösungsmittel CCU CDC13 DMSO-d DMSO-d 4,58-4,81(br) 3,62-4,03(br) 4,22-4,63(br) bei 160 °C; d l,81-2,72(br) CDCI3 l,82-2,02(br) CDCI3 2,31-2,56(br) Dublett eines Dubletts. Zentralmetall Rhodium und erscheint als Dublett. Bei Verbindung 5 ergibt das Azomethin-Signal im 250-MHz-iH-NMR-Spektrum vier eng nebeneinanderliegende Linien auf der Hochfeldseite des Phenylbereichs. Entkoppelt man H 2 bei ö1 = 4,68 ppm, so vereinfacht sich das Azomethinsignal zu einem Dublett, das durch die Kopplung mit Rhodium zustandekommt. Dieser Befund erlaubt sowohl die Zuordnung der <5-Werte als auch der Kopplungskonstanten Jith-H1 der Azomethinprotonen in 5. Komplex 4 zeigt im olefinischen Bereich für das 1.5-Cyclooctadien zwei Multipletts, Komplex 5 dagegen nur eines. Dies ist darauf zurückzuführen, daß der Vinamidato-Ligand in 5 im Gegensatz zum Salicylaldiminato-Liganden in 4 eine C2Achse enthält. Enantioselektive Hxjdrierungen mit den Komplexen 4 und 5 Die isolierten Komplexe 4 und 5 zeigen bei Raumtemperatur und 1,1 bar H 2 -Druck in THF/Methanol-Gemischen keine katalytischen Eigenschaften bei der homogenen Hydrierung von (Z)-a[N-Acetamino]zimtsäure (AAZ) zu N-Acetylphenvlalanin [13]. Bei Zusatz von Triphenylphosphin jedoch katalysieren beide Komplexe 4 und 5 die Hydrierung unter normalen Bedingungen, nicht dagegen bei Zusatz von i?-(-j-)-iminphos (o-[N-(i2)-l-Phenylethyl]aldiminophenyl-diphenylphosphin [13,19]). Mit dem System Komplex5/Triphenylphosphin (Rh:Ligand-Verhältnis 1:2) zum Beispiel läßt sich Unauthenticated Download Date | 8/19/17 8:44 AM 1335 H. Brunner et al. • Asymmetrische Katalysen AAZ (Katalysator: Substrat-Verhältnis = 1:100) innerhalb von 20 h vollständig hydrieren [20]. Das Hydrierprodukt fällt dabei allerdings racemisch an. Das seitliche Asymmetriezentrum am N-Atom in 5 bewirkt also bei der Produktbildung keine Stereoselektivität. Dies deutet darauf hin, daß entweder das Asymmetriezentrum während der Hydrierung racemisiert bzw. abgebaut wird oder das zugesetzte Phosphin den optisch aktiven Liganden verdrängt, obwohl dieser als anionischer Chelatligand fest gebunden sein sollte. Zusatz von (—)-Norphos zu Komplex 5 (Rh: Ligand-Verhältnis 1:1) ergibt mit 95% ee bei relativ langsamem Umsatz eine Enantioselektivität wie die des Systems [Rh(COD)Cl]2/(—)Norphos [21]. x\uch in diesem Fall sind also die seitlichen Asymmetriezentren an den N-Atomen ohne Einfluß auf die asymmetrische Induktion. Enantioselektive Hydrosilylierungen mit Komplex 4 und den Katalysatoren [Rh(COD)Cly2/2 Es waren nur phosphorhaltige optisch aktive Liganden in die asymmetrische Hydrosilylierung eingesetzt worden, bis in einer Arbeit dieser Publikationsreihe [11] gezeigt werden konnte, daß Rhodium- und Platin-Komplexe von optisch aktiven Stickstoff-Liganden mit seitlichem Asymmetriezentrum des Typs B, Einleitung, die asymmetrische Hydrosilylierung von Acetophenon mit Diphenylsilan katalysieren. Das Hydrolyseprodukt 1-Phenyl ethanol konnte in optischen Ausbeuten bis zu 87,6% ee erhalten werden [22], Demgegenüber ist der isolierte Komplex 4 bei der Hydrosilylierung von Acetophenon mit Diphenylsilan [13] zwar katalytisch aktiv, er führt aber zu keiner optischen Induktion (Tab. II. Nr. 3). Der in sifw-Katalysator aus [Rh(COD)Cl]2 und einer stöchiometrischen Menge des Liganden 2 zeigt ebenfalls katalytische Aktivität, aber auch keine optische Induktion. Dagegen ergibt [Rh(COD)Cl]2 mit einem zehnfachen Überschuß an 2 eine geringe optische Induktion von 0,3% ee (Tab. II, Nr. 1, 2). Vergleich der Chiralitätsübertragung in den Komplexen 4 und 5 Bei Betrachtung der Struktur von Komplex 4 lassen sich Gründe dafür finden, warum die Hydrosilylierung trotz guter Aktivität des Katalysators nicht enantioselektiv verläuft. Geht man davon aus, daß der 0,N-Chelatring bei der Katalyse erhalten bleibt, der COD-1.5-Ligand dagegen abgespalten wird, so sind bei oktaedrischer Koordination am Rh-Atom vier weitere Koordinationsstellen in die Überlegung einzubeziehen. Drei davon sind cisständig zum N-Atom, eine in der Ebene des Chelatrings, eine oberhalb und eine unterhalb dieser Ebene ; eine Position ist £raws-ständig zu N in der Ebene des Chelatrings (Schema 2). Die genannten Positionen sind alle voneinander verschieden. Drei, in eis- Stellung zu N, befinden sich im direkten Einflußbereich des chiralen Substituenten. Eine, in trans-Stellung zu N, ist dagegen von der induzierenden Chiralität weit entfernt. Komplexe der Art 4 haben damit in der fraws-Position zu N (cis zu O) eine „achirale" Stelle. Der Neuaufbau des Asymmetriezentrums, bei der asymmetrischen Hydrosilylierung vorwiegend an dieser Position, wäre eine mögliche Erklärung dafür, daß keine meßbare Enantioselektivität zustandekommt. Dieser Gedankengang führte uns zur Darstellung eines Liganden, der an beiden N-Atomen des Chelatringes Tab. II. Asymmetrische Hydrosilylierung von Acetophenon mit Diphenylsilan. Reaktionsbeginn 0 °C, Aufwärmen auf Raumtemperatur [11]. Rh: Ligand- Rh: Substrat- LösungsVerhältnis Verhältnis mittel Konfiguration Reakt.zeit % Hydrosi- Opt. Induktion 1-Phenyllylierung [h] ethanol [%] [ % ee] [Rh(COD)Cl]2/2 [Rh(COD)Cl]2/2 4 5 5 5 1 1 1 1 1 1 48 40 41 72 64 64 81 75 82 72 65 53 0 0,3 0 0,1 0,2 0 5/Ä-( + )-iminphos [19] 5/( +)-Norphos [20, 21] 5/(—)-Norphos [20, 21] 1 1 1 1 1 1 68 65 65 92 86 86 6,3 1,9 1,9 NTr. Katalysator 1 2 3 4 5 (5 7 8 9 1 10 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 400 400 400 835 835 835 1 800 1 800 1 800 2 2 2 2 ml ml ml ml THF THF THF THF - 5 ml Petrolether - _ R — S S — s R S Unauthenticated Download Date | 8/19/17 8:44 AM 1336 den gleichen optisch aktiven 1-Pheny lethylsubstituenten trägt. In einem Chelatkomplex eines derartigen Liganden gibt es keine „achiralen" Stellen mehr, denn alle Positionen des Rh-Oktaeders werden von den chiralen Resten direkt beeinflußt. Dieses Konzept ist im Yinamidin-System der Verbindung 3 und in Komplex 5 (Schema 2) verwirklicht. Komplexe des Typs 5 bieten gegenüber Verbindungen des Typs 4 einen weiteren Vorteil. Wie erwähnt, sind die bei Chelatkomplexbildung mit einem unsymmetrischen Liganden wie 1 verbleibenden vier Positionen an einem Metalloktaeder alle vier voneinander verschieden. In einem Chelatkomplex mit einem Liganden wie 3, der eine C2Achse enthält, dagegen, werden die verbleibenden vier Koordinationsstellen paarweise gleich. In der Formel 5 von Schema 2 entsprechen die beiden Positionen oberhalb der Zeichenebene und in der Zeichenebene rechts in bezug auf den optisch aktiven Rest rechts exakt den beiden Positionen unterhalb der Zeichenebene und in der Zeichenebene links in bezug auf den optisch aktiven Rest links. Da sich die Verminderung der konfigurativen und konform ativen Vielfalt immer wieder als Leitlinie bei der Verbesserung der Stereoselektivität in asymmetrischen Reaktionen und Katalysen erwiesen hat, sollte auch unter diesem Aspekt der Katalysator 5 der Verbindung 4 bei der enantioselektiven Hydrosilylierung überlegen sein. Wie die Versuche zeigten, ist Komplex 5 bei der Hydrosilylierung von Acetophenon mit Diphenylsilan katalytisch aktiv, aber mit einer enttäuschenden optischen Induktion von 0,1-0,2% ee (Tab. II, Nr. 4-6). Dieses reproduzierende Ergebnis wTar im Hinblick auf die oben angestellte Überlegung überraschend und machte folgende weitere Untersuchungen erforderlich. Drehwertverlust von Komplex 5 während der Katalyse Ein Zusatz von stöchiometrischen Mengen an ( + )-Norphos, (—)-Norphos bzw. i?-( + )-iminpbos zu Komplex 5 ergibt zwar denselben Drehsinn, aber geringere optische Induktionen als in den Systemen aus (-|-)-Norphos, (—)-Norphos bzw. i?-( + )iminphos und [Rh(COD)Cl] 2 (Tab. II, Nr. 7-9). Mit den gleichen Liganden führen damit die Prokatalysatoren [Rh(COD)Cl]2 und 5 zu verschiedenen Ergebnissen. Daraus muß geschlossen werden, daß H. Brunner et al. • Asymmetrische Katalysen im einen Fall der Cl-Ligand und im anderen Fall der Vinamidinato-Ligand während der Hydrosilylierung im Katalysator verbleiben. Wenn der Vinamidinato-Ligand in 5 während der Katalyse nicht abgespalten wird, sollte 5 mit (-f-)-Norphos und (—)-Norphos zwei diastereomere Katalysatoren ergeben, die unterschiedliche Enantioselektivitäten bei der Produktbildung zur Folge haben sollten. Tabelle II (Nr. 8,9) zeigt jedoch, daß beide Systeme exakt gleiche Enantioselektivität bei unterschiedlicher Produktkonfiguration für ( + )-Norphos und (—)-Norphos ergeben. Diese Ergebnisse führten uns zu der Vermutung, daß Komplex 5 unter den Hydrosilylierungsbedingungen seine optische Aktivität verlieren könnte (durch Racemisierung oder Fragmentierung [23]). Zur Überprüfung dieser Hypothese wurde die Katalysatormenge im Standardansatz der Hydrosilylierung von 2 ml Acetophenon mit 3,5 ml Diphenylsilan [11] soweit vergrößert, daß der Drehwertabfall polarimetrisch verfolgt werden konnte. Nach Durchmischen aller Komponenten bei Raumtemperatur fiel der Dreh wert ausgehend von 142 Skalenteilen für 8 mg der Verbindung 5 (2-cm-Küvette) in etwa 30 min auf den Wert Null, der sich innerhalb von 3 h nicht änderte. Bei 0 °C erfolgt der Drehwertabfall zwar langsamer, der Drehwert nähert sich aber auch unter diesen Bedingungen im Verlauf von Stunden dem Wert Null. Diesen Ergebnissen muß gegenübergestellt werden, daß der Katalysatorkomplex 5 auch nach 24 h bei Raumtemperatur weder in Benzol noch in THF einen nennenswerten Abfall des Drehwerts aufwies. Die polarimetrischen Untersuchungen beweisen daher, daß der Katalysatorkomplex unter den Hydrosilylierungsbedingungen seinen Drehwert verliert. Es ist daher ratsam, alle optisch aktiven Katalysatoren, die bei der asymmetrischen Katalyse keine hohen optischen Induktionen ergeben [11], auf Drehwertabfall zu testen, bevor man das Fehlen hoher optischer Induktion ungünstiger Chiralitätsübertragung vom optisch aktiven Liganden auf das prochirale Substrat zuschreibt . Experimenteller Teil Alle Operationen wurden unter N2-Schutz mit getrockneten Lösungsmitteln durchgeführt. Die Ausbeuten. Schmelzpunkte und analytischen Daten der neuen Verbindungen sind in Tab. III zusammengefaßt. Unauthenticated Download Date | 8/19/17 8:44 AM 1337 H. Brunner et al. • Asymmetrische Katalysen Tab. III. Ausbeuten, Schmelzpunkte und analytische Daten der Verbindungen 1-5. Verbindung Ausbeute [%] Summenformel Mol.-Gew. 1 89 C15H15NO 225,3 73 2 91 C13H17NO 203,1 - 3 12 Ci9H23C104 4 50 C23H26NORh 5 69 QJ7H33N2RI1 Ber. Gef. Ber. Gef. Ber. Gef. Schmp. [°C] 378,9 279a 435,4 435b 488,5 488b 230-232 163 178-180 Feiddesorption aus DMF-Lösung, entspricht dem Kation CI 9 H 2 3 + ; N-[(R)-l-Phenylethyl]-salicylaldimin (1) 12,2 g (0,1 mol) frisch destillierter Salicylaldehyd in 30 ml CH 3 OH werden mit 14,1 g (0,12 mol) (i?)-( + )-l-Phenylethylamin gerührt. Aus der klaren Lösung fällt innerhalb kurzer Zeit ein gelber Niederschlag aus, der abgefrittet, mit Methanol nachgewaschen und im Hochvakuum getrocknet wird. Ausbeute 20,5 g (89% d.Th.). Schmp. 73 °C [24, 25], 1 ist in allen organischen Solventien außer Methanol gut löslich. I R : J>c=N 1630 cm" 1 (KBr). Optische Drehung: [a]§?8 - 1 7 0 ° , [a]||6 - 2 0 5 ° , [a]§ 6 —555° (1,6 • lO- 2 mol/1, Benzol). Thallium-Salz von aldimin N-[(R)-l-Phenylethyl]-salicyl- 442 mg (2 mmol) Tl(OH) und 450 mg (2 mmol) 1 werden in 50 ml Methanol 20 h am Rückfluß gekocht, bis alles Tl(OH) gelöst ist. Dabei ändert sich die Farbe der Lösung von gelb nach rot. Die Methanollösung wird abfiltriert und eingeengt. Nach Aufnehmen mit wenig Benzol wird mit Petrolether ausgefällt. Das Thalliumsalz der Schiffschen Base stellt ein rotes Pulver dar. Ausbeute 0,8 g (93% d.Th.). 4-N[( R )-l-Phenylethyl]-amino-3-penten-2-on (2) 5 g (50 mmol) frisch destilliertes Acetylaceton und 6,05 g (50 mmol) (i?)-(+)-l-Phenylethylamin werden in 10 ml Benzol mit 20 mg ^-Toluolsulfonsäure 2 h am Rückfluß gekocht. Nach dem Abziehen des Lösungsmittels wird das leicht gelbe Öl mit einer Kugelrohrdestille destilliert (Übergangstemperatur im Hochvakuum 135 °C). Nach der Destillation erstarrt das farblose bis hellgelbe Öl zu einer kristallinen Masse, die in allen gebräuchlichen Lösungsmitteln gut löslich ist. Ausbeute 9,2 g (91% d.Th.) [26]. I R : Vc=N 1620 cm- 1 (Film). Optische Drehung: [a]|f 8 -860°, [a]§l6—1035°, [a]||6—2440°, [a]|g5 —6990° (6,0 • 10~2 mol/1, Benzol). b Analysenwerte [ % ] N C H Ber. Gef. Ber. Gef. Ber. Gef. Ber. Gef. Ber. Gef. 79,97 80,12 76,89 76,93 60,23 60,06 63,47 63,22 66,38 66,35 6,71 6,72 8,43 8,45 6,12 5,82 6,02 5,96 6,81 6,82 6,21 6,12 6,89 6,90 7,39 7,39 3,22 3,13 5,73 5,79 massenspektroskopisch (70 eV). ( Cyclooctadien-1.5 ) ( N-[ ( R )-l-Phenylethyl ]salicylaldiminato)rhodium (I) (4) Zur Suspension von 197,2 mg (0,4 mmol) [Rh(COD)Cl]2 in 20 ml Ether werden 344 mg (0,8 mmol) des Tl-Salzes von 2 zugegeben. Nach 24 h Rühren bei Raumtemperatur wird die gelbe Lösung filtriert, eingeengt und durch Säulenchromatographie an Si0 2 (Akt. I ; 40 • 1,5 cm) aufgetrennt. Dabei wird mit Benzol zuerst eine gelbe Zone eluiert, die das Produkt und geringe Mengen unumgesetztes [Rh(COD)Cl]2 enthält. Nach zweimaliger Kristallisation aus THF/Petrolether 1:5 bei —35 °C ist das Produkt analysenrein. Ausbeute 175mg (50%d.Th.). Schmp. 163 °C. Gelbe, im festen Zustand luftstabile Kristalle; sehr gut löslich in Benzol, THF, CHCI3, Aceton; gut löslich in Ether; wenig löslich in Petrolether und Methanol. I R : vc=s 1618cm" 1 (KBr). Optische Drehung: [a]lf8 +215°, [a]||6 + 2 7 5 ° (7,0 • lO" 3 mol/1, Benzol). N,N'[( R)-1-Phenylethyl J-3-amino-2-propen1-imonium-perchlorat (3) In eine Lösung aus 5,5 g (33 mmol) 1.1.3.3-Tetramethoxypropan in 5 ml Ethanol läßt man bei Raumtemperatur 5 ml 70-proz. HCIO4 einfließen. Nach 15 min Rühren wird die Lösung gelb. Dann wird die Lösung abgekühlt und mit 6,05 g (50 mmol) (R)-(Jr) - 1-Phenylethylamin versetzt. Nach 30 min Rühren bei Raumtemperatur wird noch 30 min bei 40 °C gerührt, wobei sich ein gelber Niederschlag abscheidet. Man filtriert den Niederschlag ab, wäscht mit Ether und trocknet im Hochvakuum. Ein weiterer Teil der Verbindung kann aus der Mutterlauge gewonnen werden, indem man die Mutterlauge einengt, mit wenig Ethanol aufnimmt und soviel Ether zusetzt, bis ein gelber Niederschlag ausfällt. Ausbeute 1,5g (12% d.Th.). Schmp. 230 bis 232 °C. Das Produkt ist unlöslich in CH2C12 und Methanol, sehr gut löslich in DMF und DMSO. I R : vc=n 1620. vuh 3280, vCio4 1100 cm- 1 (KBr). Op- Unauthenticated Download Date | 8/19/17 8:44 AM 1338 H. Brunner et al. • Asymmetrische Katalysen tische Drehung: [a]§f 8 + 4 1 0 ° , [a]fd6 + 5 0 0 ° , [a]|i 6 + 1125°, [a]§g5 + 2 9 7 0 ° (1,3 • 10~ 2 mol/1, D M F ) . ( Cyclooctadien -1.5 )-{N ,N' [ (R)-l-phe l-imino-2-propen-3-aminato}-rhodium(I) nylethyl ] (5) Zur Suspension v o n 750 m g (2 m m o l ) N , N ' - [ ( i ? ) l-Phenylethyl]-2-amino-3-propen-l-imonium-perchlorat wird in Gegenwart v o n 375 m g (0,75 m m o l ) [Rh(COD)Cl] 2 und 52,5 mg B u 4 N + H S 0 4 - in 15 ml CH2CI2 unter kräftigem R ü h r e n eine Lösung v o n 500 mg K O H in 5 ml Wasser zugetropft. Es wird 1 h bei Raumtemperatur gerührt bis die organische Phase klar ist. Die organische Phase wird abgetrennt und mit 5 ml Wasser ausgewaschen. E i n d a m p f e n der organischen Phase liefert einen gelben R ü c k stand, der mehrmals mit Ethanol gewaschen wird. Nach zweimaliger Kristallisation aus CH2Cl2/EtOH [1] 12. Mitteilung: siehe ref. [19]. [2] L. Marko und J. Bakos, in R. Ugo (Herausg.): Aspects of Homogeneous Catalysis, Bd. 4, S. 145, D. Reidel, Dordrecht, Boston 1981. [3] H. B. Kagan, in G. Wilkinson, F. G. A. Stone und E. W . 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R a h m a n dankt dem Bangladesh Council of Scientific and Industrial Research Laboratories f ü r die Freistellung zum Studium und dem D A A D , B o n n , für ein Stipendium. [12] D. Lloyd und H. McNab, Angew. Chem. 88, 496 (1977); Angew. Chem. Int. Ed. Engl. 16, 459 (1977). [13] A. F. M. M. Rahman, Dissertation, Universität Regensburg 1983. [14] R. J. Cozens, K. S. Murray und B. O. West, J. Organomet. Chem. 27, 399 (1970). [15] J. T. Mague und M. O. Nutt, J. Organomet. Chem. 166, 63 (1979). [16] S. G. McGreachin, Can. J. Chem. 46, 1903 (1968). [17] R. Knorr und A. Weiß, Chem. Ber. 114, 2104 (1981) und dort zit. Lit. [18] M. E. Howden, R. D. W. Kemmit und M. D. Schilling, J. Chem. Soc. Dalton Trans. 1980, 1716. [19] H. Brunner und A. F. M. M. Rahman, Chem. Ber., im Druck. [20] H. Brunner und W. Pieronczyk, J. Chem. Res. (S) 1980, 76; (M) 1980, 1275. [21] H. Brunner, W . Pieronczyk, B. Schönhammer, K. Streng, I. Bernal und J. Korp, Chem. Ber. 114, 1137 (1981). [22] H. Brunner, G. 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